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Ein Fahrstuhl, Jonas und andre Probleme von Caro

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Vorwort

Original-Veröffentlichung auf der Seite Ein Herz für Probie
Ein Fahrstuhl, Jonas und andre Probleme


Es war ein normaler Tag wie jeder andere. Es war nicht einmal ein besonders schlechter Tag. Sam hatte die Lösung zu einem Problem gefunden, dass ihr nun schon seit Tagen Kopfzerbrechen bereitete. Beschwingt schlenderte sie durch die Gänge der Basis. Ein freier Nachmittag seit Ewigkeiten. Nachdem sie sich mehrmals vergewissert hatte, dass sie alles erledigt hatte und das Personal im Labor etliche Male mit der Frage genervt hatte, ob sie wirklich verstanden hätten, was zu tun war, hatte sie nun mit ihrer Arbeit abgeschlossen.
Selbst Hammond bemerkte, wie gewissenhaft sie in der letzten Woche gearbeitet hatte und wie sehr sie sich diesen freien Nachmittag verdient hätte.
Sam kam an den Quartieren vorbei und linste durch eine offene Tür in den Raum.
Er war ungefähr so vollgestellt wie ein Ameisenhaufen der von Ameisen besiedelt wurde. Ein extrem geschmacklos eingerichteter Ameisenhaufen.
Ihr war nicht klargewesen, dass Kulturgegenstände, Stapel von Notizen, Bücher und einige nicht definierbare andere Dinge ein solches Chaos verursachen konnten.
Auf dem Bildschirm des kleinen Fernsehgerätes flimmerte die Wettervorhersage. Sonnig und heiter. Der Nachrichtensprecher erschien im Bild und zeigte sein Zahnpasta-Werbungs-Lächeln. Während Sam dem braunhaarigen Mann im Nadelstreifenanzug zuhörte, wie er etwas von den Azoren, Hochdruckgebieten und einem weit entfernten Tief namens Luise faselte, vergaß sie fast, wohin sie wollte. Sie sah sich um und suchte vergeblich nach dem jungen Außerirdischen, der gewöhnlich gebannt vor irgend einer irdischen Nichtigkeit hockte.
Sam schlich leise aus der Tür und sagte sich selbst Vielleicht ist er nicht da oder er hat mich nicht gesehen.
"Major Carter! Major, warte!" Er hatte.

Sie drehte sich um und beobachtete fasziniert, wie Jonas mit einer schwarzen Krawatte um die Stirn gebunden auf sie zu rannte. "Jonas?!?!"
Er bremste keuchend vor ihr ab und wedelte mit einem Buch vor ihrer Nase herum. Mühsam konnte sie Fetzen seiner Erläuterung über eine japanische Kampfsportart, bei der "ähnliche Bänder" um den Kopf gebunden wurden bis zu seiner überraschenden Erkenntnis, dass eine solche Tradition auch hierzulande zu finden sei, folgen.
Mit sehr viel Mühe unterdrückte Sam ein schallendes Lachen, was ihr bei Jonas Aussehen und Ernsthaftigkeit entsetzlich schwer fiel. Sie klärte ihn über die Tatsache auf, dass "hierzulande" eine etwas andere Kleidungsvorschrift herrschte als in Japan, versprach, ihm bei Gelegenheit "die korrekte Art der Benutzung" zu zeigen und riet ihm dringend davon ab, so Colonel O`Neill über den Weg zu laufen.
Sie drehte sich um und ging mit einem breiten Grinsen zum Fahrstuhl. Als sie die Chipkarte zum Öffnen der Tür herausholte, erschien Jonas schon wieder neben ihr. Er hatte die Krawatte abgelegt und sah sie erwartungsvoll an. "Ich würde gern etwas mehr über die Sitten und Gebräuche hier auf der Erde lernen, ich hatte noch nicht die Gelegenheit, eure Kultur genau zu studieren." Sam sah ihn immer noch verständnislos an. "Könntest du mir nicht etwas über die irdischen Verhaltensweisen beibringen?"
Die Türen glitten zur Seite und Jonas trat völlig ungefragt ein. Sie zögerte, doch dann seufzte Sam, hob leicht die Schultern an und bereitete sich psychisch auf einige Minuten der "Nachhilfe in Erdendingen" vor. Das werden die längsten 10 Minuten meines Lebens...


*******


Die Türen schlossen sich und die Kabine setzte sich träge in Bewegung. Durch die Gitter an der Decke fielen Lichtstreifen in den Raum. Jonas stand ihr gegenüber, seine Augen leuchteten vor Freude. Wie ein kleines Kind, dem man ein Bonbon geschenkt hat.
Auch wenn es schier unmöglich schien, einen so freundlichen Menschen wie Jonas nicht zu mögen, so waren doch seine erschreckende Naivität und seine schier unbändige Neugierde auf Dauer entnervend. Mit jemandem zu Arbeiten, der ein etwas zu hohes Maß an guter Laune injiziert bekommen hat, während man selbst mit kärglichen Resten dieser Laune herumläuft, kann sich zu einer echten Herausforderung entwickeln. Oder zu einem ganz miesen Tag.
Da letzteres nicht zutraf, war Sam relativ gelassen und erklärte Jonas sogar geduldig ihre Antworten. Ein Ende dieses Ausfluges war abzusehen, und Sam war in Gedanken bereits zu Hause, um ihren Nachmittag zu planen.
Mit einem plötzlichen Ruck kam der Lift zum stehen, die Lichter flackerten und erloschen einige Sekunden, bevor sie erneut aufglühten.
Die Kabine bewegte sich keinen Millimeter mehr. Sam war in diesem Augenblick froh, dass Jonas ihr gegenüberstand, denn hätte er sich hinter ihr befunden, wäre sie ihm vermutlich direkt in die Arme gefallen. Sie lehnte sich an die Wand und erwartete, dass sich das unterschwellige Knirschen und Rattern wieder in Gang setzen würde. Doch das tat es nicht.

Sie hechtete zur Konsole und riss den Telefonhörer von der Gabel. Die Leitung war tot.
Durch die dicken Wände der Kabine hörten sie gedämpft eine Stimme aus einem Lautsprecher. Sie schnappte die Worte "Stromausfall", " Schäden auf Ebenen 3-5" und "sofort behoben" auf. Den letzten Satz verstand sie komplett: Bewahren Sie Ruhe.
Bewahren Sie Ruhe?!? Wenn der Kaffee ausgegangen war, oder der Computer abgestürzt-
Dann konnte sie Ruhe bewahren. Aber nicht, wenn sie in einem Fahrstuhl feststeckte, es ihr freier Tag war und sie diese Kabine mit einem Außerirdischen teilte, der täglich den Wetterbericht ansah.
Sam legte ihre Stirn gegen die kühle Wand und bemühte sich, nicht mit den Fäusten darauf einzuschlagen. Es wird schon nicht so schlimm. Sie haben den Schaden bald behoben.


*******


Zwei Stunden später saß sie auf dem Boden, den Rücken an die Wand gelehnt und schielte zu Jonas hinüber. Die Stille war noch unerträglicher als seine Ausführungen.
Ihr schlechtes Gewissen begann sich zu regen. Sie hätte ihn nicht so anfahren sollen. Warum konnte sie nicht einfach lächeln und seine Äußerung übergehen? Warum musste sie so reagieren? Die Wände des Aufzugs schienen zusammenzurücken. Es wurde enger und die Temperatur fiel so tief, dass ein Thermometer vereist wäre.
Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, was sie gesagt hatten. Es war auch egal. Das einzige, was zählte war, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Dass sie überreagiert hatte und Jonas völlig zu unrecht angefaucht.
Sam schloss die Augen und versuchte, die Geschehnisse noch einmal Revue passieren zu lassen...

"Anscheinend wird der Defekt sofort behoben." Jonas sah sich interessiert um, während Sam noch immer den Telefonhörer in der Hand hielt. "Wir sitzen fest..." sagte sie mehr zu dem Hörer als zu Jonas. Sie legte das Telefon zurück und ließ sich mit dem Rücken die Wand hinunter gleiten. War dieser Aufzug plötzlich kleiner als vorher?
Jonas begann zu sprechen, doch sie hörte ihm kaum zu. Stattdessen beobachtete sie ihn und fragte sich, warum sie oft so genervt auf seine Gesellschaft reagierte.
Natürlich, seine kindliche Neugierde war auf Dauer etwas anstrengend, und die gesamte Situation war wirklich verzwickt. Doch sie hatte sich selbst immer wieder ermahnt, ihm eine Chance zu geben. Auch wenn es schwer fiel.
Der Colonel war in dieser Hinsicht etwas nachtragender als sie. Manchmal hatte Sam das Gefühl, er benutzte Jonas als eine Art Ursache aller Schwierigkeiten. Solange er Schuld ist, habe ich nichts falsch gemacht.
Und sie selbst? Sam strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn.
War es Angst? Angst, Daniel zu vergessen? Angst, dass jemand seine Stelle einnehmen konnte?
Es hatte das Team erschüttert und jedes Mal, wenn sie an die Ereignisse auf der Krankenstation dachte, spürte sie einen dicken Kloß im Hals.
Doch war es richtig, Jonas dafür die Schuld zu geben?
Sam hatte sich nie Gedanken über seine Situation gemacht. Vielleicht waren sie nicht fair zu ihm. Sie alle.
Doch gerade in dem Moment, als sie innerlich beschloss, in Zukunft nachsichtiger zu sein, drangen ihr Jonas Worte ins Bewusstsein.
Vielleicht könnte ich Dr. Jackson`s Quartier übernehmen... Seine Bücher wären mir eine große Hilfe und...
Diese wenigen Worte schienen einen Schalter in ihrem Gehirn umzulegen. Wie ein Kurzschluss schoss ein Gefühl des Zorns durch ihren Körper.
Es waren völlig belanglose Worte, doch für Sam waren sie voller Bedeutung.
Wie oft hatte sie in Daniels Quartier gesessen, geweint und alte Fotos angesehen.
Durch diese Umgebung schien er ihr wenigstens kurz nah zu sein. Und nun kam Jonas und wollte seinen Platz einnehmen? Einfach so?
Zu spät wurde ihr klar, dass er seine Worte nicht bedacht hatte, ja gar nicht wusste, was er da sagte. Doch auf einmal musste sie ihren Gefühlen Luft machen, der angestauten Wut und Ohnmacht. Später konnte sie sich nicht mehr erinnern, was genau sie sagte, doch es musste voller Vorurteile und Zorn gewesen sein.
Ein eisiges Schweigen beherrschte den Raum.


******


Sie saß hier und fühlte sich schlechter als je zuvor. Sam wollte ihn nicht verletzen. Doch sie konnte auch ihre Gefühle nicht länger mit sich herumtragen. Es erschreckte sie, dass unter ihrer fröhlichen Fassade und guten Laune eine solche Wut loderte, die durch eine Kleinigkeit an die Oberfläche kochte.
Es war Zeit für eine Entschuldigung. Nicht nur für die letzten Stunden. Für alles.

"Jonas?" Er zeigte keinerlei Reaktion.

"Hör mir bitte zu. Ich..." Der Anfang fiel ihr furchtbar schwer, doch sie zwang sich, weiterzusprechen.

"Es tut mir leid. Ich komme damit nicht klar... mit.. der ganzen Sache hier. Ich habe sicher Dinge gesagt, die... ich nicht so meine."
Und aus irgendeinem Grund sprach sie weiter, redete sich alles von der Seele.

"Wir haben einen Freund verloren. Einen großartigen Freund.
Und es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass man ihn ersetzen kann. Dass man einfach so weiterleben kann, als wäre nichts gewesen." Einige Tränen fanden ihren Weg über Sams Wangen.

"Ich bin sicher, dass ich deine Situation nicht verstehen kann. Und es auch nie tun werde.
Aber bitte glaub mir, das Letzte was ich will, ist..."
Sie zögerte kurz und bemerkte, dass Jonas sie ansah.

" ...ist, einem Menschen weh zu tun nur weil ich mein Leben nicht mehr im Griff habe.
Wir alle können nicht ungeschehen machen, was passiert ist, aber...
Vielleicht können wir uns gegenseitig vergeben."

Wieder herrschte Stille, doch es war eine beruhigende, friedliche Stille.
Jonas stand Wortlos von seiner Wand auf und setzte sich neben Sam. Er legte seine Hand auf ihren Arm und fragte: "Freunde?"
Sam lächelte und antwortete: "Freunde."


******


Als sich die Kabine wieder in Bewegung setzte, war Sam nicht so erleichtert, wie sie dachte. Nicht auf diese Weise. Sie war erleichtert, dass nicht länger ungesagte Worte zwischen ihnen standen, und sie war sicher, Jonas würde seinen Anschluss im Team finden.
Dieser Tag hatte sie zum Nachdenken gebracht. Während sie gegen Abend in ihrem Haus umherlief, fiel ihr ein altes Foto von Daniel, Jack, Teal`c und ihr selbst in die Hand.
Sie betrachtete es eine Weile, stand dann auf und ging auf die Veranda.
Es war kühl und ein leichter Wind wehte.
Sie betrachtete die Straße im fahlen Licht der Laternen und erblickte plötzlich eine Gestalt.
Wie ein leises Flüstern hörte sie eine bekannte Stimme. Daniel.
Gut gemacht, Sam.
Sie lief auf die Straße, sah sich nach allen Richtungen um, doch sie konnte niemanden mehr sehen. Sie kehrte ins Haus zurück und versuchte nicht mehr an Daniel zu denken. Sie wurde noch wahnsinnig.
Sie hob das Foto vom Tisch und erstarrte.
Auf dem Bild waren noch immer die gleichen vier Personen zu sehen-
Doch mitten zwischen ihnen stand Jonas.
Sam lächelte und murmelte: "Verstanden. Und... Danke."

Ende

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