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01. Zeitloser Traum von ulimann644

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SITUATIONSANALYSE


Etwas mehr, als drei Stunden später lag die Antwort der feloiden Kommandeurin vor. Sie hatte sich dazu entschieden, das Angebot der Terraner anzunehmen.
Christina Mitchell hatte daraufhin die gesamte Besatzung der DESTINY, über die Bordsprechanlage, von den jüngsten Entwicklungen informiert. Inzwischen stand fest, dass der Flug zum Heimatsystem der Fiarrmyden etwas länger als drei Tage dauern würde.
Am Abend hatte sich Elena Sabatini sehr neugierig gezeigt. Gemeinsam mit Eli hatte sie die Aussichts-Lounge aufgesucht. Zur Freude der Argentinierin war die große Couch auf der linken Seite der Lounge noch frei. Dieses große und sehr gemütliche Möbelstück war einer ihrer Lieblingsplätze an Bord der DESTINY geworden.
Neben dem jungen Mann fast auf der Ledercouch liegend, sah sie ihn an und fragte: „Was hältst du davon, dass der Colonel in diesen Krieg zweier Spezies eingreifen will?“
Eli verzog das Gesicht etwas. „Ich bin mir nicht ganz sicher, was ich davon halten soll. Jetzt, nachdem ich etwas Zeit hatte darüber nachzudenken, ist mir nicht ganz wohl bei dem Gedanken daran, dass mein Einwand Colonel Mitchell erst auf die Idee gebracht haben könnte. Zumindest Amanda Perry war hinterher nicht begeistert von mir.“
Die junge Frau lachte leise: „Ich sage dir was: Colonel Christina Victoria Mitchell lässt sich ganz bestimmt nicht so leicht beeinflussen. Die hat sich angewöhnt, das zu tun, was sie für richtig hält. Ungeachtet dessen was andere Leute sagen oder meinen. Außerdem erfuhr ich, dass Kamarov denselben Vorschlag bereits vor dir machte.“
Sie sah kurz zur Frontscheibe hinaus, wo in einiger Entfernung die fünf Kreuzer der Fiarrmyden im Hyperraum zu erkennen waren. Mit veränderter Stimme sagte sie: „Apropos, was Mitchell meint. Sie gab mir vorhin den Auftrag dir schonend beizubringen, dass du eines der normalen Quartiere beziehen sollst. Der Raum für die fliegenden Augen soll zukünftig allgemein zugänglich sein. Natürlich darfst du dort weiterhin deine Aufnahmen zu deinem Laptop übertragen. Aber dort zu übernachten ist nicht länger drin.“
„Was? So ein Mist!“
„Hey, sieh mich nicht so finster an“, forderte die Schwarzhaarige. „Meine Idee war das nicht, auch wenn ich sie gar nicht so verkehrt finde. Zumindest hast du jemanden, der dir beim Umziehen helfen wird.“
„Toll!“
Die Augen der Frau begannen zu rollen. „Na hör schon auf zu jammern und sieh dir erst einmal das Quartier an, das ich für dich, im Auftrag des Colonels, reserviert habe.“
Erst nach einem Moment bemerkte der etwas Beleibte den auffordernden Blick und etwas erstaunt fragte er: „Jetzt sofort?“
Na, wann denn sonst? Oder willst du erst abwarten, bis dir die Augen zufallen?“
Eli erhob sich mürrisch. Dabei entfuhr es ihm: „Wie schön könnte die Raumfahrt sein, ohne das Militär.“
„Danke, Eli!“
Erst beim Blick ihrer funkelnden Augen wurde dem jungen Mann bewusst, was er gesagt hatte und entschuldigend erwiderte er: „Das passiert mir immer wieder. Ich quatsche irgendeinen Blödsinn und jemand Anderes fühlt sich deswegen schlecht.“
Beruhigend legte Elena Sabatini ihre Hand auf seinen Unterarm. So, wie sie es bereits mehrmals getan hatte, seit sie einander begegnet waren. Dabei beruhigte sie ihn: In deiner Nähe fühle ich mich nie schlecht, Eli.“
Bevor Eli etwas darauf erwidern konnte, drängte sie ihn: „Los jetzt, sonst ziehst du am Ende doch noch allein um.“
Gemeinsam verließen die beiden jungen Leute die Aussichts-Lounge. Nachdem sie die wenigen Sachen und Habseligkeiten des Mannes zusammengepackt hatten, ließ er sich von seiner Begleiterin durch die Korridore des Raumschiffes führen. Dabei erklärte sie: „Ich habe darauf geachtet, dass dein neues Quartier auf der unteren Ebene des Brückenturmes liegt, ganz in der Nähe des Interface-Kontrollraumes und dem Raum für die fliegenden Augen. Dadurch hast du, trotz des Umzuges, auch zukünftig relativ kurze Wege.“
Eli´s Gesicht heiterte sich auf. „Klingt schon nicht mehr ganz so trüb.“
Ist es auch nicht. Da sind wir schon.“
Elena öffnete das Schott und nachdem es sich vor ihnen geöffnet hatte, traten sie in den großzügig dimensionierten Raum ein.
Gegenüber dem Bett zu seiner Linken, in dem bequem drei Leute hätten schlafen konnten, entdeckte Eli unter einem der drei Fenster eine große Couch. Davor stand ein breiter Tisch flankiert von zwei Sesseln. An der Wand gegenüber entdeckte er rechts und links zweier karoförmiger Kunstwerke, wie sie im gesamten Raumschiff zu finden waren, die auffälligen Doppelzylinder der Klimaanlage. Daneben gab es ein breites Waschbecken mit einem Spiegel darüber. Zwei Tischlampen, die rechts und links des Bettes auf niedrigen quadratischen Kommoden standen und bei Bedarf ein blass-blaues Licht verbreiteten, rundeten die Einrichtung ab. Abgesehen davon gab es hier natürlich auch die obligatorischen Boden-, Wand- und Decken-Leuchtkörper.
Nachdem Eli sich umgesehen hatte, legte seine Sachen zunächst auf dem Tisch ab. Dabei meinte er: „Gar nicht schlecht. Auch, wenn ich das bisher nie vermisst habe.“
„Die nächste Dusche liegt gleich gegenüber deines neuen Quartiers“, säuselte Elena und grinste zufrieden, als sich das Gesicht ihres Gegenübers nochmal deutlich aufheiterte. Sie legte die Sachen, die sie in ihren Händen hielt, neben die anderen. „Und dann erst diese wunderbare Aussicht.“
Eli wandte sich zu ihr um. „Sogar die Richtung, in die diese Fenster zeigen stimmt. Hast du etwa gewusst, dass ich lieber nach Steuerbord aus den Fenstern sehe?“
„Nein, das dieses Quartier an Steuerbord liegt, ist reiner Zufall.“
Elena schloss das Schott und schritt langsam zu Eli. Das Farbenspiel des Hyperraumes auf der einen Gesichtshälfte und der warme, goldgelbe Ton auf der anderen Seite verliehen ihm gegenwärtig fast etwas Magisches. Dicht vor ihm stehenbleibend legte sie beide Hände auf die Wangen ihres Gegenübers. Leise sagte sie: „Ich bin Colonel Mitchell wirklich dankbar für diesen Auftrag.“
Im nächsten Moment küsste Elena den Mann, den sie erst so kurze Zeit kannte. Nachdem sie sich wieder von ihm getrennt hatte, lachte sie leise. „Ich habe noch nie zuvor einen Mann geküsst, der über einhundert Jahre alt ist.“
„Einhundertundsiebzehn um genau zu sein. Das bringt uns auf dieselbe Ebene. Ich habe noch nie eine Frau geküsst, die neunzig Jahre jünger ist, als ich.“
Elena Sabatini ging nicht auf die Worte ihres Gegenübers ein. Nachdrücklich nahm sie seine Hände und legte sie sich um die Hüften. Dabei meinte sie: „Wir haben unser Gespräch noch nicht zu Ende geführt. Ich meine, das unter der Dusche.“
Eli runzelte die Stirn. „War da noch etwas unklar?“
„Ja, du hast mir nicht gesagt, ob du noch sauer auf mich bist.“
Ein ungläubiges Lachen klang auf. „Hat sich das eben etwa für dich so angefühlt, als wäre ich sauer?“
Die Latina schüttelte den Kopf. „Nein, nicht wirklich. Ich wollte nur sichergehen, denn es ist so, wie ich es dir unter der Dusche gesagt habe. Da war vom ersten Moment an diese unerklärliche Verbundenheit.“
Eli grinste schief. „Ja, wer hätte geahnt, dass Mathematik so etwas bewirkt.“
„Mathematik?“
Der junge Mann schmunzelte und meinte: „Das erkläre ich dir an einem anderen Tag. Jetzt brauche ich erst einmal eine Dusche.“
„Nimmst du mich mit?“
Die Augenlider des etwas Beleibten weiteten sich. „Ernsthaft?“
Elena nickte, wobei sie dem jungen Mann mit den so sanft blickenden Augen direkt ansah. „Also nimm bitte zwei Badetücher und Handtücher mit.“

* * *


Etwa zu derselben Zeit, als Eli und Elena gemeinsam duschten, beendeten Vanessa James und Varro das allabendliches Lauftraining. Vor ihrem Quartier angekommen, sah die vollbusige Frau den Blonden fragend an.
„Was ist?“, erkundigte sich Varro, der den Blick bemerkt hatte. Obwohl er ahnte, warum sie ihn so ansah. Ihre Antwort bestätigte seine Vermutung.
„Wir haben noch ein Gespräch zu führen. Kommst du nach der Dusche vorbei?
Der kräftige Mann lächelte schwach. „Also schön, du lässt ja doch nicht locker. Sagen wir, in dreißig Minuten?“
Die Mundwinkel der Frau verzogen sich in die Breite. Abgemacht.“
Nach etwas weniger als dreißig Minuten öffnete sich das Schott von Vanessas Quartier und Varro trat ein, nachdem er sich versichert hatte, dass sie anwesend war.
In T-Shirt und Uniformhose saß die Soldatin, mit angezogenen Beinen auf einem der breiten Sessel. Dabei hatte sie die nackten Füße auf die Kante der Sitzfläche gestellt. Die Arme um die Knie geschlungen sah sie nachdenklich zu ihm auf.
Varro bemerkte den Gemütszustand der schwarzhaarigen Frau und so fragte er ohne lange Umschweife: „Warum so trübselig, Vanessa?“
Die Soldatin druckste etwas herum, bevor sie sich dazu durchrang zu sagen: „Mir ist unser letztes Gespräch etwas peinlich. Dabei hatte ich mir fest vorgenommen, diesmal nichts übers Knie zu brechen. Doch anscheinend passiert mir das immer wieder, sobald ich etwas für einen Mann empfinde. Dann versuche ich, sofort eine Entscheidung herbeizuführen. Das letzte Mal bei Matthew Scott. Was daraus wurde, das weißt du ja wohl.“
Varro schritt langsam zu dem zweiten Sessel. Sich darauf niederlassend meinte er: „Du hast mir nie erzählt, dass du mal mit Scott zusammen warst.“
Na ja, das waren wir irgendwie auch nie wirklich. Wir haben ein paarmal miteinander geschlafen, doch für ihn war es nie wirklich etwas Ernsthaftes. Als er dann mit Chloe zusammen war, da kam ich anfangs überhaupt nicht damit klar. Zu dem Zeitpunkt hätte ich die Kleine am liebsten über den Haufen geschossen.“
Varro nickte nachdenklich. „Hast du nun Angst, dass ich mich in Gedanken an eine Frau klammern könnte, mit der ich nie zusammen war?“
Vanessa nickte wortlos. Erst nach geraumer Zeit sagte sie rau: „Ich weiß selbst, wie blöd das ist, doch als wir zuletzt von TJ sprachen, da kam mir dieser Gedanke.“
Der Mann sah für einen Moment durch Vanessa hindurch. In Gedanken meinte er: „Bevor ich meine Frau getroffen habe war ich manchmal auch so ungeduldig. Sie hatte einen guten Einfluss auf mich. Durch sie wurde ich deutlich reifer, als ich es zuvor war. Sie zu verlieren war ein schwerer Schlag für mich. Doch damals habe ich begriffen, dass Verlust zum Leben dazugehört. Niemand kann daran etwas ändern. Trotzdem ist es vollkommen normal, dass wir uns davor fürchten. Deshalb klammern wir uns an irgendetwas, oder an irgendjemanden, Vanessa. Uns allen geht das so.“
Er sah zu ihr und erkannte die glitzernden Tränen, die über ihre Wangen rannen. Geschmeidig stand er auf, schritt zu ihr und reichte ihr seine rechte Hand. Als sie ihre Hand in seine legte, zog er sie sanft aus dem Sessel, bis sie dicht vor ihm stand.
„Ich bin vielleicht jetzt noch nicht über Tamaras Tod hinweg, Vanessa, aber das heißt nicht, dass ich für dich nichts empfinde. Das zu glauben wäre falsch.“
Varro zog die Frau zu sich heran und legte tröstend seine Arme um sie. Dabei spürte er, wie sich die Frau an ihn schmiegte. Ebenfalls das schwache Zucken ihrer Schultern. Nach einer Weile sagte er rau: „Gib uns einfach etwas Zeit, dann wird sich am Ende alles finden.“

* * *


In ihrem Quartier saß Christina Mitchell an diesem Abend mit Alexander Kamarov, Jan-Findus Nordqvist und Hauke Hansen zusammen. Sie hatten in der letzten Stunde über das Für und Wider einer Intervention auf dem Planeten Fiarrmyd diskutiert.
Lieutenant-Colonel Kamarov und Major Nordqvist hatten sich zunächst ähnlich erstaunt gezeigt, als ihn die Kommandantin darüber in Kenntnis setzte, was sie plante. Dabei hatte es sich besonders Kamarov nicht nehmen lassen seine Bedenken kundzutun, in Bezug auf das bevorstehende Unternehmen.
Etwas anders hatte sich Major Hansen geäußert, der die Fiarrmyden persönlich kennengelernt hatte. Nach seiner Meinung war der geplante Einsatz, schon aus der moralischen Verantwortung heraus, unbedingt notwendig.
Die Kommandantin fasste zusammen: „Die Fiarrmyden haben uns detaillierte Pläne von der Umgebung ihres Sternentores zukommen lassen, meine Herren. Wir sind also in der Lage, einen groben Plan zu entwickeln, wie wir das Problem am besten angehen können. Das werden Sie erledigen Major. Lassen Sie Raum für Korrekturen. Rechnen Sie damit, dass wir einhundert unserer Leute aufbieten werden. Die Fiarrmyden bringen es auf knapp zweitausend, womit wir gut zwei zu eins überlegen sein werden, was die reine Anzahl an Personen betrifft.“
„Sie wissen, so gut wie ich, dass das Verhältnis zwischen Verteidigern in einer gut befestigten Stellung und Angreifern einer solchen, bei etwa drei zu ein liegt, Colonel“ wandte Kamarov ein. „Wenn die Fiarrmyden mehr Soldaten abstellen könnten, wäre das von Vorteil.“
Die rotblonde Frau schüttelte bedauernd den Kopf. „Die Feloiden haben kaum mehr Leute an Bord ihrer fünf Raumschiffe. Doch unsere überlegene Waffentechnik und die Kenntnisse der Fiarrmyden in Bezug auf die lokalen Gegebenheiten gleicht das Kräfteverhältnis in etwa aus. Was wir dringend nutzen müssen, ist der Überraschungseffekt. Die Invasoren rechnen nicht mit einem Angriff von innen heraus.“
„Was mich etwas stutzig macht ist, dass die Riesenkatzen uns keine Angaben über den Gegner machen wollen. Ich finde das reichlich merkwürdig.“
Christina Mitchell machte eine zustimmende Geste. „Es scheint mir ebenfalls seltsam. Bei der Aussage von Maz’Kanaar, sie wolle unsere Entscheidung ihnen zu helfen nicht durch dieses Detail beeinflussen, hatte ich das erste Mal das Gefühl, sie verbirgt etwas vor uns. Was etwas seltsam scheint, da sie ansonsten einen sehr offenen und direkten Eindruck bei mir hinterließ. Mit Betonung auf direkt.“
Hauke Hansen lachte unterdrückt. „Ja, diese Feloiden nehmen kein Blatt vor den Mund. Ist Ihnen aufgefallen, dass bei denen offensichtlich die Frauen das Sagen haben?“
„Bei uns etwa nicht?“, erkundigte sich die Britin mit ironischem Unterton. „Aber ich weiß, was Sie andeuten wollen. Die beiden weiblichen Fiarrmyden wirkten kräftiger, als ihr männlicher Begleiter. Vielleicht war das aber auch nur Zufall.“
Kamarov rieb sich das Kinn. „Ich schlage vor, dass wir in Bezug auf unsere neuen Verbündeten vorsichtig bleiben. Leute, die etwas verbergen, sind mir suspekt.“
„Das sehe ich auch so“, sprang Nordqvist ihm zur Seite.
„Vielleicht sehen Sie die Situation etwas zu schwarz, meine Herren?“, bemerkte Hansen nachdenklich. „Auf mich wirken diese Fremden, als könne man ihnen trauen.
„Ja, vielleicht“, gab der Belaruse zu. „Aber bedenken Sie, dass eine Schwiegermutter auch nicht gleich beim ersten Besuch zeigt was mit ihr los ist.“
Die beiden Majore und Colonel Mitchell wirkten gleichermaßen amüsiert. Am Ende war es die Frau, die sagte: „Wir werden die Fremden sehr genau im Auge behalten. Kommen wir jetzt, da wir schon beim Thema sind, zu einem anderen Problem. Ich meine die Personen, die wir an Bord behalten haben. Sie haben über neunzig Jahre lang im Tiefschlaf gelegen, während sich die Erde sehr verändert hat. Noch können wir nicht sagen, welche psychischen Folgen dies in der Zukunft haben wird.“
„Dieser Doktor Rush ist eine seltsame Type“, stimmte Kamarov zu. „Obwohl Eli Wallace behauptet hat, der wäre auch zuvor nie anders gewesen. Was halten Sie übrigens die Entwicklung, in Bezug auf ihn und Lieutenant Sabatini? Da scheint etwas zu laufen.“
„Ja“, stimmte Christina Mitchell zu. „Lieutenant Sabatini hat von mir gestern sehr klare Anweisungen erhalten. Sie behält den Jungen für mich im Auge.“
Etwas überrascht erwiderte Kamarov: „Das wird für Spannungen sorgen, wenn Mister Wallace das herausfindet. An dem ist kein Falsch, wenn Sie meine Meinung hören wollen.“
„Vielleicht ist es dennoch ganz gut, dass er sich mit Lieutenant Sabatini so gut versteht“, meinte Nordqvist. „Auch wenn ich es nicht gerne sehe, dass Sie mir dafür einen meiner besten Offiziere abspenstig gemacht haben.“
„Ich glaube auch nicht, dass Wallace etwas vor uns verbirgt“, beschwichtigte die Frau beide Männer. „Doch ich kann es mir nicht leisten, darauf zu vertrauen. Zumindest jetzt noch nicht. Ich halte Wallace für die gefährlichste Person an Bord, falls er sich gegen uns wenden sollte. Der Knabe weiß mehr über die Systeme des Raumschiffs, als Rush oder Perry. Das hat mir zumindest Lieutenant Sabatini berichtet. Ich denke, sie kann das beurteilen.“
„Wer weiß von dem Auftrag?“, erkundigte sich Major Hansen bei dem Colonel.
„Nur wir vier. Der Lieutenant natürlich auch.“
Missmutig warf Kamarov ein: „Was ist mit Brody, Volker und Fisher? Nach meiner Einschätzung geht von den dreien keinerlei Gefahr aus. Obwohl die Gerüchte besagen, der Fusel, den Brody in seiner Destille brennt, wäre waffentauglich.“
Die Britin nickte knapp. „Dem stimme ich zu. Die drei scheinen froh zu sein, eine vernünftige Aufgabe in unserer Crew zu haben.“
„Was ist mit diesem Varro“, hakte Nordqvist nach. „Der war immerhin bei der Luzianer-Allianz. Laut dem, was wir in Erfahrung bringen konnten, gehörte er sogar einem Angriffstrupp der Allianz an, die dieses Raumschiff übernehmen wollten.“
Christina Mitchell sah zu dem Skandinavier. „Das stimmt, Major. Aber Sie wissen selbst, dass man sehr viele Mitglieder der Allianz dazu zwang mitzumachen. Die meisten von denen hatten keine andere Wahl und kannten auch gar nichts anderes. Die an Bord gebliebenen Personen haben übereinstimmend ausgesagt, er hätte sich auch während des Überfalls, als einer der Wenigen, stets anständig verhalten und nach Möglichkeit versucht, Leben zu schonen. Ansonsten würde sich Lieutenant Vanessa James wohl kaum so gut mit ihm verstehen. Ich hatte zumindest nicht den Eindruck, sie würde ihn als einen Feind betrachten. Beide verhalten sich übrigens seit Tagen, wie gefangene Tiger. Denen fehlen wohl die Außenmissionen.“
„Nach unserer nächsten Außenmission legt sich das vielleicht“, spottete Hansen düster. „Denn die könnte ziemlich haarsträubend werden.“
„Sie sagen es“, stimmte die Kommandantin zu. Danach sah sie zu Nordqvist und fragte ihn: „Wie weit sind Sie damit, die drei mitgebrachten ZPM an die Energieversorgung der DESTINY anzupassen? Sie sagten, es gäbe Probleme bei der Kompatibilität.“
„Ja, leider“, erwiderte der Major. „Als die Antiker die Vorrichtung zur Aufnahme der ZPM bauten, da haben sie noch keine dieser Energiequellen besessen. Weshalb die Technik dieser Vorrichtung damals auf reiner Theorie basierte. Außerdem sind die von ZPM ihrer Bauweise ausgegangen und nicht von effektiveren Nachbauten. Deshalb müssen wir die Vorrichtung zuerst an unsere ZPM und deren Leistungsniveau anpassen. Ansonsten könnte es uns passieren, dass uns das gesamte Raumschiff um die Ohren fliegt. Hoffentlich reicht das Potenzial der DESTINY für den kommenden Einsatz, auch ohne die Energie der ZPM.“
Der Colonel nickte zustimmend in Richtung des Majors. „In etwas weniger als drei Tagen erfahren wir das vielleicht.“
Die drei Männer verstanden den Wink. Sie erhoben sich und verließen das Quartier ihrer Vorgesetzten.
Nachdem sich das Schott hinter den Männern geschlossen hatte, erhob sich Christina Mitchell und schritt zu einem der Fenster. Auf die vorbeiziehenden Sterne blickend fragte sie sich, ob sie mit ihrer Entscheidung, den Fiarrmyden zu helfen, nicht zu weit ging. Bei jeder militärischen Auseinandersetzung gab es Verluste. Was sollte sie den Hinterbliebenen sagen, wenn es wirklich dazu kam? Würden die verstehen, dass die Menschen, die sie geliebt hatten, für die Freiheit einer Spezies ihr Leben gegeben hatte, deren Lebensraum von der Milchstraße mehrere Milliarden Lichtjahre entfernt lag? Würden sie Verständnis dafür aufbringen, dass diese Menschen von ihr in den Tod geführt worden waren?
Wie immer bei solchen Überlegungen sagte sie sich, dass Soldaten das Risiko zu tragen hatten, im Einsatz zu sterben. Soldaten wussten um dieses Risiko. Seit Jahrtausenden. Christina Mitchell war gleichfalls klar, dass es an ihr war, die Last der Verantwortung zu tragen und das würde sie. Auf die ein oder andere Weise.

* * *


Knapp drei Tage später erreichte der Raumschiff-Pulk einen Punkt im Weltall, der etwas weniger als drei Lichtmonate von der Heimatwelt der Fiarrmyden entfernt lag.
Im Torraum verfolgte Eli Wallace auf dem Bildschirm einer der beiden Steuerkonsolen des Sternentores an Bord, was für Ergebnisse die Scanner der DESTINY lieferten. Nach einer Weile deutete er auf die Anzeige und rief: „Es sind insgesamt vier Tore in Reichweite.“
Elena Sabatini, die an der zweiten Konsole stand, bestätigte und sah zu ihren beiden Vorgesetzten, Colonel Mitchell und Lieutenant-Colonel Kamarov. „Wir können damit beginnen, das erste Tor anzuwählen um zu ermitteln, ob der Planet unbewohnt ist. Hoffentlich wurden nicht alle von den Feinden der Fiarrmyden besiedelt.“
Eli Wallace sah lächelnd zu der Argentinierin und meinte: „Das halte ich für eher unwahrscheinlich. Vermutlich haben die Feinde der Fiarrmyden ewig gebraucht, um deren Adresse zu ermitteln und eine Verbindung herzustellen.“
Christina Mitchell sah auffordernd zu dem Zivilisten. „Wählen Sie eines der vier Tore an und schicken Sie ein fliegendes Auge dorthin.“
Eli Wallace übernahm sofort die Anwahl des ersten Tores.
Nachdem sich der leuchtende Vortex etabliert hatte, trat er vor und positionierte eins der mitgebrachten Aufklärungsgeräte in der Luft. Es schwebte auf der Stelle, bis der junge Mann seine Fernbedienung zur Hand nahm und es auf den Weg durch den Vortex steuerte.
Als das fliegende Auge im Vortex verschwand, rannte Eli schnell wieder zu seiner Konsole. Er wusste, dass Rush in diesem Moment im Interface-Kontrollraum stand und über den Holo-Bildschirm alles mitverfolgte und aufzeichnete, was das Auge aufnahm.
Die beiden Stabsoffiziere begaben sich zu den Konsolen, wobei sich Kamarov zu dem Zivilisten gesellte, während Christina Mitchell sich neben Elena Sabatini aufbaute.
Alexander Kamarov erkannte sofort, dass offensichtlich zufällig der Heimatplanet des bisher unbekannten Gegners angewählt worden war, denn im Hintergrund erhoben sich die Gebäude einer großen Stadt.
„Lassen Sie das Auge bitte um seine Achse rotieren“, sagte Kamarov zu Eli.
Auf den Bildschirmen begann die angezeigte Umgebung sich zu verändern. Nach einer Weile geriet das aktive Sternentor in Sicht. Zur Überraschung der Beobachter waren einige seltsame Apparaturen seitlich an dem Sockel des Sternentores angebracht.
Eli hielt das Auge für einige Sekunden lang auf diese Geräte gerichtet, bevor er es weiter rotieren ließ. Nachdem es sich bereits um mehr als 300 Grad gedreht hatte, geriet etwas in den Fokus der Kamera, das seine Aufmerksamkeit erregte. Er stoppte die Rotation des Gerätes und steuerte es, über die Subraumverbindung des aktiven Wurmloches, schnell darauf zu, da er zuvor undeutlich Wesen gesehen hatte, die sich dem Tor näherten.
Nach einem kurzen Moment stand für Eli fest, dass er sich nicht geirrt hatte. Fast gleichzeitig drang die Stimme von Nicholas Rush aus den Lautsprechern der Kommunikationsanlage. „Sehen Sie das, Eli?“
„Das ist jetzt nicht Ihr Ernst, Rush“, versetzte der junge Mann. „Warum, denken Sie wohl, steuere ich das Auge darauf zu?“
Kamarov, der nicht wusste, wovon die beiden Männer redeten und was sie so aus der Fassung brachte, fragte drängend: „Was ist, Mister Wallace? Wovon reden Sie denn?“
Bevor Eli antworten konnte, tauchten aus dem seitlichen Erfassungsbereich nachtschwarze Gestalten auf. Sie trugen weitgehend helle Kombinationen, die Uniformen ähnelten und von denen sich die tiefschwarze Haut der Gestalten deutlich abhob. Sie starrten auf das fliegende Auge und hoben die Waffen in ihren Händen an. Mit einem Blitz erlosch die Anzeige und der Bildschirm wurde dunkel. Doch Eli und der Lieutenant-Colonel hatte die Zeit genügt, um zu erkennen, welcher Spezies die Einheimischen angehörten.
Christina Mitchell, die es auch gesehen hatte, sagte ungläubig: „Jetzt weiß ich, warum die Fiarrmyden uns etwas verschwiegen haben. Die Invasoren ihrer Welt sind Menschen.“
„Ja, aber das ist noch nicht alles, Colonel“, mischte sich Eli ein. „Das Objekt, auf das ich die Kamera zugesteuert habe, ist das Wrack eines Vorhutschiffes der Antiker. Wir sind, etwa ein Jahr nach unserer Ankunft hier, einem solchen Raumschiff begegnet. Es dockte an der DESTINY an. Bei einer Besichtigung dieses Vorhutschiffes fanden wir einen riesigen Bereich, der einer Werkstatt glich. In ihm haben wir Sternentore gefunden, eines davon noch nicht ganz fertiggestellt. Die Tore werden an Bord dieser Raumschiffe gebaut, bevor sie auf geeigneten Planeten aufgestellt werden.“
Noch während die drei Soldaten der Terranischen Union die Worte des Zivilisten verarbeiteten, klang erneut die Stimme von Rush im Torraum auf. „Eli, ich habe die Koordinaten und die Adresse des Tores mit den Angaben der Antiker-Datenbank verglichen. Auf diesem Planeten sollte es gar kein Sternentor geben. Vermutlich, weil eine weitere Welt mit einem Tor in relativer Nähe zu diesem System liegt und die dortigen Rohstoff- und Nahrungsvorräte besser zur Aufnahme geeignet sind.“
Eli bemerkte die fragenden Blicke der Anwesenden und sagte: „Das klingt plausibel. Damit ist aber nicht geklärt, warum es auf dem Planeten pechschwarze Menschen gibt. Wie ist so etwas überhaupt möglich?“
„Vielleicht können uns das die Fiarrmyden erklären“, knurrte Christina Mitchell. „Zumindest werde ich diesen Leuten bald, und das ziemlich eindringlich, ein paar kritische Fragen stellen. Mister Wallace, wir brechen ab. Die übrigen Welten überprüfen wir nicht, bevor ich noch einmal mit Maz’Kanaar gesprochen habe. Vorerst brauche ich Sie und den Lieutenant hier nicht mehr.“
Eli Wallace und Elena Sabatini verließen den Torraum, nachdem der junge Mann die Wurmloch-Verbindung unterbrochen hatte.
Als Christina Mitchell allein mit ihrem Stellvertreter war, sah sie ihn an und fragte düster: „Was denken Sie, Lieutenant-Colonel. Sind die Fiarrmyden wirklich die Opfer einer Invasion, oder sind am Ende sie die Bösen?“
„Das kann ich Ihnen nicht beantworten“, erwiderte Kamarov. „Aber bevor wir vielleicht einen schwerwiegenden Fehler machen sollten wir das herausfinden. Eli hat übrigens Recht: Menschen hier draußen - das ist im Grunde unmöglich.“
„Dennoch sind sie da draußen, auf der Welt die wir eben angewählt haben. Auch dieses Mysterium sollten wir klären bevor wir den Fiarrmyden weiterhin vertrauen.“
Die Kommandantin sah sich im Torraum um und meinte nach einer Weile: „Wissen Sie, als wir hier ankamen, da hätte ich mit den heutigen Ereignissen nicht gerechnet.“
„Ich auch nicht, Colonel.“
Die Frau lächelte. „Hätte mich auch gewundert. Kommen Sie mit zur Brücke. Ich habe einige Fragen, die ich den Fiarrmyden dringend zu stellen gedenke.“

ENDE
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