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How you remind me von Lenari

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(Teil 2)


Kapitel 4: Doktor Janet Fraiser Teil 1

- Dienstagnachmittag -


Ich betrat eine kleine Praxis im Herzen von Memphis. Es war ein altes Gebäude - eines der Letzten, die noch in den USA existierten. Alles war erneuert worden, nachdem das Stargateprogramm der Welt bekannt gegeben worden war. Die hohen Tiere unseres Landes sahen das wohl als eine Art neue Ära an, die sie nach Außen hin sichtbar machen mussten.

Ihre Methode, Macht zu demonstrieren und anderen Ländern vor den Kopf zu stoßen, ohne dafür Rechenschaft ablegen zu müssen. Ich hielt das zwar für pure Zeitverschwendung und Idiotie, aber immerhin waren so für einige Zeit Arbeitsplätze geschaffen worden, anstatt alles ins Militär und in die Raumfahrt zu stecken. Das war nun nicht mehr vorrangig notwendig.

Die Erkenntnisse des Stargateprojekts hatten uns über zehn Jahre in unserer Entwicklung in die Zukunft katapultiert und langsam hatte man damit umzugehen gelernt. Immer wieder wurden Technologien anderer Völker missbraucht, aber das war doch schon immer so gewesen, man hatte das Machtspiel nur auf eine andere Ebene der Zerstörungskraft gebracht. Unsere Rasse würde es wohl nie lernen, aber vielleicht gab es irgendwo da draußen ja doch noch ferne Verwandte von uns, die den Sinn am Frieden erkannt und schätzen gelernt hatten.

Ich sah mich interessiert um, denn allein diese Praxis würde mir eine Menge über Doktor Fraiser erzählen. Wahrscheinlich hätte sie sich jede Praxis des Landes aussuchen können, hätte vielleicht sogar ein Krankenhaus leiten können, doch sie hatte sich für etwas Kleines und Unscheinbares entschieden. Das Rampenlicht interessierte sie anscheinend nicht. Sie war in diesem Punkt nicht anders als ihre Freunde.

Von Außen war das Haus nur in dem Maße renoviert worden, der nötig war, damit die Sicherheit gewährleistet wurde, doch von innen war alles saniert worden. Ihr Wartezimmer war nur spartanisch, jedoch auch gemütlich eingerichtet. Es verbreitete sogar eine gewisse Atmosphäre der Sicherheit. Sie wollte ihre Patienten wohl nicht unnötig beunruhigen. Nur warme Farben, die jedoch auch nicht zu grell erschienen.

Eine schwarze Sitzecke aus Leder, ein Glastisch und ein dunkler Schrank, dessen Spiegeltüren das Lampenlicht reflektierten. Es bewahrte die sterile Ordnung eines Wartezimmers, aber es ging nicht so weit, dass sich die Leute, die hierher kamen, sich abgelehnt oder sogar unerwünscht vorkamen. Sie hatte die richtige Mischung aus Berufs- und Privatbild betroffen - hier würde ich mich auch untersuchen lassen, wenn ich krank wäre.

Andererseits hatte ich schon immer eine gewisse Abneigung gegen Ärzte, also war ich auch ganz froh, dass ich nicht wegen meiner Gesundheit, sondern wegen meinem Buch hier war. Als Patient hätte ich auch einen zu schlechten Eindruck hinterlassen. Ich benahm mich dann nicht älter als fünf oder sechs, quengelte und verwehrte jegliche Art der Untersuchung. Ich hoffte nur, dass unsere Kinder nicht solche Quälgeister werden würden.

Eine Frau mittleren Alters - ihr hellbraunes Haar war zu einem Knoten zusammengebunden und ein schneeweißer Kittel hing locker über normaler Straßenkleidung - trat aus einer der drei Türen auf mich zu und reichte mir zur Begrüßung die Hand. Ich erkannte sie sofort, denn ich hatte ihr Foto in den Unterlagen schon mehrmals zur Hand genommen.

„Doktor Fraiser.“, sagte ich mit ruhiger Stimmlage und erwiderte den sanften Händedruck.

„So steht es an der Tür. Wie kann ich Ihnen helfen?“, entgegnete sie galant und mit einem zuckersüßen Lächeln auf den Lippen.

Sie war lebensfroh, davon war ich überzeugt, auch wenn die vielen Jahre im Stargateprogramm nicht spurlos an ihr vorübergegangen waren. Man sah ihr die vielen schlaflosen Nächte, die langwierigen und komplizierten Operationen sowie die endlosen Verluste an. Es spiegelte sich in ihren Augen wieder, dessen braune Iris im Augenblick hell leuchtete.

Ich stellte mich vor: „Mein Name ist Maximilian Wilkins. Ich würde mit Ihnen gerne über die Zeit im Stargatecenter sprechen.“

Sie wies mit der Hand in Richtung der Tür, aus der sie gekommen war, und setzte sich dann in Bewegung. Ich folgte ihr auf den Fuß.

„Normalerweise sind es Doktor Carter und Doktor Jackson, die mit dem Programm behelligt werden. Ich war nur die Ärztin.“, versuchte sie ihre Rolle herunterzuspielen.

Dennoch konnte ich sehen, dass sie sich geschmeichelt fühlte. Sie strich sich eine Strähne ihres sonst perfekt sitzenden Haares aus dem Gesicht und verbannte sie hinter ihr linkes Ohr. Daraufhin verkroch sich ihre zierliche Hand in die Tasche ihres Kittels.

„Und eine gute Freundin von SG-1, soviel ich mitbekommen habe.“

Ich schenkte ihr ein anerkennendes Lächeln, während ich die Tür zu ihrem Büro hinter mir schloss. Dieses war so ganz anders eingerichtet als der Warteraum. Wärme strahlte von den Wänden und erfüllte den ganzen Raum. Dunkle Erdfarben und Ebenholzmobiliar gaben dem Ganzen einen beruhigenden Touch. Kein Wunder also, dass sie einen großen Zulauf hatte, seit auch sie das Militär verlassen hatte.

Sicherlich hatte ihre Person im Stargateprogramm auch eine herausragende Position inne gehabt, sowohl als Ärztin als auch als Major. Darüber hinaus war sie eine gute Freundin von SG-1 gewesen. Einer der Hauptgründe, warum ich hier war, aber auch, um sie besser kennen zu lernen, damit auch ihr Beitrag am Gelingen all der unzähligen Missionen nicht in meinem Buch verloren ging.

„Für welche Zeitung arbeiten Sie?“, wollte Doktor Fraiser abschätzend wissen.

Sie war wohl noch misstrauischer, als es zuerst den Anschein gemacht hatte. Man konnte sich ja auch nie sicher sein, wie die Worte eines Menschen ausgelegt werden würden. Es gab genug Klatschblätter, die jede Persönlichkeit durch den Dreck zogen und Lügen über Lügen erfanden, nur um die Auflage zu erhöhen. Ich musste ihr also versichern, dass ich nicht solch ein Schmierenautor war. Ob das leicht sein würde, würde sich wohl erst hinterher herausstellen.

„Für keine. Ich bin Autor und habe die Chance erhalten, ein Buch über das Stargateprogramm und speziell das SG-1-Team zu schreiben. Eventuell sogar eine ganze Reihe. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir Ihre Sicht der Dinge schildern könnten. Ich habe großes Verständnis dafür, wenn Sie sich lieber nicht äußern möchten, aber Sie wären mir eine große Hilfe.“

„Na dann, fragen Sie.“

Wir hatten platz genommen und ich holte mein Aufzeichnungsgerät aus der Tasche. Ich warf ihr einen fragenden Blick zu und sie gab mir mit einem Nicken ihr Einverständnis. Doktor Fraiser war wirklich eine sehr umgängliche Frau - es war kein Wunder, dass Colonel O’Neill und die anderen sie so sehr mochten.

Ich begann mit dem Üblichen: „Beschreiben Sie mir doch bitte, wie Sie SG-1 empfunden haben?“

„Als sehr zeitraubend.“, meinte sie amüsiert.

Diese freundschaftliche Zuneigung schien auf Gegenseitigkeit zu beruhen.

„Sie waren so ziemlich nach jeder Mission bei mir und das nicht nur zur Nachuntersuchung. Einer von ihnen hatte immer etwas. Sei es nun eine Schusswunde, einen außerirdischen Virus, einen Tok’ra, einen unsichtbaren Freund oder eine andere außerirdische Lebensform. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie je ohne wenigstens einen Kratzer zurückgekehrt waren.“

Janets Blick verriet mir, dass sie an die vergangenen Jahre denken musste. Dieser war irgendwie verträumt und melancholisch. Ihr war auf jeden Fall damals nicht langweilig gewesen.

„Aber sie hatten es alle immer wieder zurück geschafft.“, bemerkte ich anerkennend.

Sie grinste und meinte sarkastisch: „Ab und an ist uns schon mal einer von ihnen abhanden gekommen, doch wir haben ihn immer wiedergefunden.“

„Nur einmal nicht.“

Ich wusste, dass diese Bemerkung gewagt war, dass sie mir das eben Gesagte übel nehmen und mich achtkantig hinauswerfen lassen könnte, aber ich wollte ihre Reaktion auf diese Erinnerung sehen, um auch sie richtig einschätzen zu können. Sie gehörte mit zum Team und musste ebenfalls charaktergetreu in meinem Buch dargestellt werden. Ich hatte sogar das Gefühl, dass ihre Rolle im Leben des SG-1-Teams weitaus wichtiger war und auch noch ist, als die Missionsberichte und medizinischen Unterlagen vermuten ließen.

„Sie spielen auf Daniels Tod an, nicht wahr?“

Doktor Fraiser blickte mir in wissendem Ernst entgegen. Nur in ihren Augen spiegelte sich die damalige Trauer über den Verlust eines guten Freundes - vielleicht sogar mehr - wider. Sie war eine sehr starke und selbstbewusste Frau, die sich in der Männerwelt zu behaupten gelernt hatte. Genauso schien sie aber auch eine überaus sanfte Seite zu besitzen, die sie jedoch nicht oft zeigte. Meine Frau Dana erinnerte mich irgendwie an sie.

„Wie haben Sie sich damals gefühlt?“, fragte ich monoton, aber auch mit einer seichten Stimme.

Ich wollte nicht unhöflich klingen, aber irgendwie musste ich eine gewisse Distanz wahren. Außerdem würde es ihr so womöglich leichter fallen, darüber zu reden, was damals geschehen war.

„Wie jemand, der einen guten Kollegen und Freund verliert. Am Zermürbendsten war wohl, dass wir uns nicht hatten sicher sein können, ob er wirklich für immer von uns gegangen war. Diese Aufstiegsnummer hatte uns allen sehr zugesetzt. Besonders Sam kam damit zum Anfang nicht klar. Sie hatte schließlich so etwas wie ihren Bruder verloren. Erst Jonas konnte sie wieder etwas ablenken. Sie mochten sich sehr.“, erklärte sie ruhig.

Etwas in ihrer Stimme sagte mir, dass sie etwas zu verschweigen versuchte. Nicht, was Sam und Daniel anging oder einen der anderen, sondern mehr ihre eigenen Gefühle. Ich sagte jedoch nichts dazu, ging einfach in der Fragestellung weiter. Es ging mich nichts an. Wenn da etwas war, würde sie es mir erzählen oder es lassen. Das war ihre Sache. Die nächste Frage würde mir den Verdacht sicher auch bestätigen oder ihn entkräften.

„Wie standen die anderen zu Jonas Quinn?“

Janet überlegte einen Augenblick und antwortete dann: „Teal’c hatte endlich einen Verbündeten gefunden. Sie freundeten sich sehr schnell an. Sam hatte wieder einen wissenschaftlichen Mitstreiter und Colonel O’Neill jemanden, auf dem er herumhacken konnte. Er war von dieser ganzen Sache zu Anfang nicht sehr angetan gewesen. Er hatte Jonas auch die Schuld an Daniels Tod gegeben. Nach und nach gewöhnten sie sich jedoch aneinander. Es muss genauso gewesen sein, wie früher mit Doktor Jackson. Jonas hatte sich erst beweisen müssen.“

„Also hatten Sie keine besondere Beziehung zu Jonas Quinn?“, hakte ich vorsorglich nach.

„Nur die Beziehung zwischen Ärztin und Patient.“, brachte sie die Sache auf den Punkt. „Sam und ich, wir waren wohl am engsten befreundet. Allem voran kam das durch Cassandra, meine Tochter, die ich vor Jahren adoptierte. Sie dürften diese Geschichte ja sicher kennen. Sam hätte meine Kleine gerne selbst behalten, wenn sie es gekonnt hätte, aber ihre Arbeit machte es ihr so gut wie unmöglich, sich auch noch um ein Kind zu kümmern, dass sich kaum in unserer Welt auskannte. Mittlerweile hatte sich das zwar alles geändert, aber der Anfang war für keinen von uns einfach gewesen. All die neuen Eindrucke. So etwas wächst einem schnell über den Kopf. Besonders in unseren Jobs.“

Doktor Fraiser schmunzelte beim Gedanken daran, wie sie ihre Tochter bekommen hatte. Das war einer er lichten Momenten in ihrem Leben gewesen und hatte ihren Kampf sicher wieder in ein gutes Licht gerückt, so dass es sich lohnte, nicht irgendwann aufzugeben.

„Aber Sie wollen sicher nichts von meiner äußerst begabten Tochter hören, oder? Sie sind vielmehr daran interessiert, wie SG-1 zueinander stand, nicht wahr Mr. Wilkins?“

„Max.“, erwiderte ich zuckersüß. „Im Grunde schon, aber es geht in meinem Buch, dass ich zu schreiben begonnen habe, nicht nur um die vier Helden von SG-1, sondern auch um die Personen, die ihnen Rückhalt gaben, die sie zu ihren Freunden zählten. Darunter auch Ihre Tochter und Sie sowie General Hammond, Colonel Davis oder natürlich auch Thor. Ich habe bereits um eine Unterhaltung mit ihm gebeten, welche mir leider verweigert geblieben ist.“

„Was erwarten Sie eigentlich, von ihm zu erfahren? Wie gut er Jacks sarkastische Witze fand?“

Irgendwie hatte sich das Blatt gewendet - jetzt stand ich bei ihr im Kreuzverhör, aber das war auch nur fair. Ich konnte schließlich nicht erwarten, dass sie mir all die Antworten auf meine Fragen so ohne weiteres überließ. Dazu war diese Frau viel zu clever. Sie wollte ihre Freunde sicher auch davor beschützen, dass Unwahrheiten über diese erzählt wurden oder gar Dinge, die niemanden etwas angingen. Privates, das über Freundschaft hinausging.

Ich antwortete: „Das wäre sicher auch sehr interessant, aber eigentlich ging es mir mehr darum, was Thor in ihm gesehen hatte. OK, ja, Colonel O’Neill stellt eine evolutionäre Erneuerung unserer menschlichen Rasse dar, aber da musste doch noch mehr sein. Seine Sicht der Dinge wäre mir natürlich auch sehr hilfreich.“

Ehrlichkeit war wohl das einzige, womit man dieser Frau entgegentreten konnte. Alles andere würde sie durchschauen. Sie besaß genug Menschkenntnis um eine Lüge auch als solche zu erkennen. Meiner Frau hatte ich auch nie etwas vormachen können.

„Ich kann ja mal versuchen, mit seinen Managern zu reden, vielleicht erreiche ich ja etwas.“, schlug sie mir vor und ich nahm das Angebot dankend an.

Ich war zwar nicht sehr überzeugt davon, dass sie etwas ändern konnte, aber wenn sie es versuchen wollte, sollte sie das tun.

„Es gibt Gerüchte über die letzte Mission von SG-1, aber nichts Konkretes. Wissen Sie vielleicht, was damals vorgefallen ist?“, wechselte ich das Thema.

Irgendwie interessierte mich die letzte Mission ganz besonders. Sie wühlte zu viele Fragen auf, um sie unbeachtet lassen zu können.

„Darüber kann ich Ihnen auch nichts sagen.“

Ich zweifelte keine Sekunde daran, dass Doktor Fraiser die Wahrheit sagte.

„Sam hatte sich geweigert, mit mir oder einem anderen darüber zu reden. Colonel O’Neill… Sie können sich sicher denken, wie er dazu stand, sich einem anderen Menschen anzuvertrauen.“

„Er hat nicht einmal mit Doktor Jackson gesprochen?“

„So weit ich weiß, nein. Daniel hatte es versucht, aber wohl nicht geschafft, zu Jack durchzudringen. Es muss für beide ganz furchtbar gewesen sein. Sie haben seit diesem Tag keine drei Worte mehr miteinander gewechselt. Sam hatte sich ganz in ihrer Trauer um ihren Vater verkrochen und er ist einfach verschwunden ohne sich von uns zu verabschieden.“

Janet seufzte. Ich warf einen Blick auf die Uhr. Sie wies mich schmerzlich darauf hin, dass ich langsam wieder nach Hause musste. Dana würde mich umbringen, wenn ich auch nur eine Sekunde zu spät zu der Babyparty kam, die sie vorbereitet hatte. Sie war schon wütend genug, dass ich es überhaupt vergessen konnte und sie mich extra noch einmal hatte erinnern müssen. Sie würde es mir nicht leicht machen, mir zu verzeihen.

„Ich muss jetzt leider gehen, aber ich habe mich sehr gefreut, dass Sie sich ein paar Minuten für mich Zeit genommen haben. Dafür bin ich Ihnen dankbar und Sie haben mir auch sehr geholfen.“, meinte ich bedauernd und erhob mich.

Sie tat es mir gleich und reichte mir die Hand.

„Mich hat es auch gefreut.“, erwiderte sie mit einem leichten Lächeln. „Kommen Sie doch bei Gelegenheit mal wieder, wenn Sie krank sein sollten oder so.“

„Danke für das Angebot, aber ich hoffe, dass das nie passieren wird. Lieber würde ich mich bei lebendigem Leib heuten lassen.“

Sie lachte auf und wünschte mir noch einen schönen Tag. Sie wusste anscheinend die Vorzüge von trockenem, sarkastischem Humor zu schätzen.


Kapitel 5: Colonel Paul Davis

- Mittwochabend -


„Mein Eindruck von O’Neill?“, wiederholte Colonel Davis die Frage nachdenklich. „Er war… ist ein bescheidener Mensch, der trotz seiner Erfolge immer auf dem Teppich geblieben ist. Ein Soldat eben, der keine Annerkennung verlangt. Er hat nur seinen Job gemacht. Man kann mit Recht sagen, dass er der Beste der Besten ist. Außerdem ist er witzig und charmant, unter der Voraussetzung natürlich, dass er einen leiden kann. Er ist eine eindrucksvolle Persönlichkeit und ich habe großen Respekt vor ihm. Mehr kann ich ihnen aber auch nicht erzählen.“

Paul Davis nahm einen Schluck von seinem Bier. Noch immer war er in Uniform, hatte aber seine Jacke abgelegt und die Krawatte gelöst. Dieser Mann verbrachte augenscheinlich den größten Teil seines Lebens bei der Arbeit. Er war ein wahrer Soldat. Respektvoll sprach er von seinem damaligen Kollegen und Vorgesetzen, wurde nicht wirklich wertend und vermied es, unschöne Dinge zu äußern. Er überlegte genau, was er sagen wollte, ehe er es aussprach. Kein Wort von ihm war irgendwie deplatziert oder undurchdacht. Paul hatte alles fest im Griff.

„Und Doktor Jackson? Wie haben Sie ihn eingeschätzt?“, fragte ich weiter.

Der Colonel antwortete ehrlich: „Ich kann mit Recht sagen, dass ich ihn unterschätzt habe. Bei unserem ersten Treffen wirkte er naiv und viel zu vertrauensselig für meinen Geschmack. Aber er konnte auch sehr direkt werden, auf eine diplomatische Art und Weise. Ich habe ihn immer als Gewissen von SG-1 gesehen. Er ist immer auf der Seite des Schwächeren gewesen. Viele Menschen hat der Krieg hart werden lassen, aber er hat sich seine sanfte Seite erhalten können. Das bewundere ich an ihm. Kurz gesagt, ist er durch und durch Optimist.“

„Doktor Carter hat sie sicher auch sehr beeindruckt, oder?“, hakte ich nach.

„Wenn ich ehrlich bin, dann habe ich sie er nach der Publikmachung des Stargateprojekts richtige kennengelernt.“, teilte er mir mit und behielt dabei immer diese ruhige sowie besonnene Art bei. „Sie ist… viel klüger als ich. Klüger als die meisten Menschen, die ich kenne. Da ich leider nur einmal das Glück hatte, mit ihr zu arbeiten, als das Stargatecenter noch eine Geheimbasis war, kann ich nicht viel über die damalige Samantha Carter sagen. Für sie empfinde ich natürlich ebensoviel Respekt wie für ihre früheren Teamkollegen.“

Dann wollte ich wissen: „Und Teal’c? Wie steht es mit ihm?“

„Angst einflößend beschreibt ihn wohl am Besten.“, lachte er auf.

Trotzdem verlor er nicht seine Professionalität. Davis war ein beeindruckender Mann. Er erinnerte mich leicht an Danas Vater, der auch immer korrekt und gradlinig gewesen war. Ich hatte seine Witze nie verstanden, wenn es überhaupt welche waren, aber er war immer gut zu seiner Familie gewesen und hatte alles getan, damit es ihnen gut ging. Er war ebenso vorausschauend gewesen. Der Colonel hätte sicher auch alles in seiner Macht stehende unternommen, um SG-1 zu unterstützen und sie vor den Politikern zu beschützen.

„Ja, ich hörte bereits von seinen hervorragenden Verhörkünsten.“, ging ich auf das kleine Geplänkel ein und versuchte so Colonel Davis dazu zu bringen, noch mehr über den Hünen zu erzählen.

„Und er musste nicht einmal was sagen. Das ist es auch, was ich an ihm am Meisten geschätzt habe, denke ich. Er hat nie lange Reden geschwungen oder ununterbrochen geplappert. Das war erfrischend. Wenn man wie ich den ganzen Tag mit Menschen zu tun hat, deren Beruf es ist, zu lamentieren, dann ist es erholsam, wenn man auch einfach mal nicht mit einem anderen reden muss. Ich bin ihm leider nur ein paar Mal begegnet, aber ich mochte ihn auf Anhieb. Seine Ehrlichkeit und seine Loyalität sind bewundernswert. Es ist gut zu wissen, dass es Leute wie ihn gibt, die nichts verheimlichen, die sich nicht verstellen.“

Ich konnte es kaum abwarten, auch mit Teal’c zu sprechen. So eine außergewöhnliche und vielschichtige Persönlichkeit musste ich einfach interviewen.

„Würden Sie sich als einen Freund von SG-1 bezeichnen?“, war meine nächste Frage.

„Nein, damals nicht. Für eine wirkliche Freundschaft hat es nie gereicht, weil ich die meiste Zeit im Pentagon verbracht habe, aber ich glaube, sie mochten mich. Zumindest Doktor Jackson. Jetzt liegt die Sache etwas anders. Ich verbringe mehr Zeit mit Sam und Daniel, was mich schon zu so etwas wie ihrem Freund macht. Jack O’Neill jedoch habe ich das letzte Mal vor drei Jahren gesehen. Er kam ins Büro von General Hammond geplatzt, überreichte diesem seine Kündigung und ging wieder. Das alles ohne ein Wort zu sagen.“

Jetzt wurde ich neugierig. Vielleicht hatte der Colonel ja etwas Genaueres gehört.

Also bohrte ich nach: „Wissen Sie vielleicht, was damals geschehen ist?“

„Niemand weiß das.“, antwortete er stoisch. Das mir diese Antwort nicht reichte, konnte er wohl in meinem Gesicht lesen, denn er fuhr fort: „Sie haben sich immer geweigert, einen Bericht zu verfassen und es hat auch niemand wirklich Wert darauf gelegt. Es ging alles so schnell, dass sich niemand um etwas Unwichtiges wie einen Bericht bemüht hat. General Hammond gegenüber soll O’Neill jedoch erwähnt haben, dass Jakob sich für sie geopfert hat, aber ich bin mir nicht sicher, inwieweit das der Wahrheit entspricht.“

Von ihm würde ich also auch nichts erfahren. Jack O’Neill würde ich als Quelle wohl auch vergessen können. Wenn Doktor Carter schon nicht darüber sprechen wollte, würde ich aus ihm erstrecht nichts herausbekommen. Wieso war dieser Mann auch nur ein so unverbesserlicher Sturkopf?

Ich widmete mich wieder Paul, indem ich weiterfragte: „Was war für Sie am Schwierigsten während Ihrer Zeit im Stargatecenter?“

„Dass ich während dieser Zeit nie durch das Stargate gegangen bin, schätze ich.“, antwortete Davis schmunzelnd. „Natürlich war die Geheimhaltung auch immer eines unserer Sorgenkinder, aber ganz persönlich hat es mich gewurmt, dass ich nie auf eine Mission hatte mitgehen können, die auf einen anderen Planeten führte. Ich war auf einem Goa’uld-Mutterschiff gewesen, doch das war auf der Erde abgestürzt. Und meine Kontakte mit Außerirdischen beschränkten sich auch nur auf den Cayenne-Mountain. Das war dann doch ziemlich frustrierend.“

„Kann ich gut verstehen.“

„O’Neill meinte mal zu mir: ‚Wer nicht durchs Stargate gehen will, ist bescheuert.’ Ich denke, er hatte vollkommen recht.“, zitierte der Colonel und nahm noch einen Schluck von seinem Bier.

Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile über die guten alten Zeiten. Über seine Position und seine Aufgaben in Bezug auf das Stargate, über seinen Werdegang und über ganz banale Dinge, die so in unseren Leben passiert waren. Er vertraute mir an, dass er vor langer Zeit einmal verheiratet gewesen war, aber es nicht gehalten hatte, weil er immer so viel gearbeitet hatte. Ich erzählte von Dana, Josh sowie meinen Eltern. Er berichtete mir von seiner Schwester und wie er sich für den Militärdienst entschieden hatte. Eine ziemlich aufregende und bewegende Geschichte, die aber sicher nicht nur ihm passiert war. Sicher gab es ähnliche Fälle überall innerhalb des Militärs. Ich würde mich wohl mal darüber informieren müssen.


Kapitel 6: Doktor Samantha Carter Teil 2

- Donnerstagmittag -


„Hallo, Mr. Wilkins!“, begrüßte Samantha Carter mich, nachdem sie das kleine Cafe im Herzen Nevadas betreten hatte.

„Doktor.“, erwiderte ich höflich und erhob mich gentlemanlike, während sie mir gegenüber Platz nahm.

Sie sah wieder einmal umwerfend aus. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen und sie hatte ihr mittlerweile langes, blondes Haar hochgesteckt. Das brachte ihre strahlend blauen Augen nur noch mehr zur Geltung.

„Nennen sie mich Sam.“, bot sie mir freundlicherweise an.

Ich entgegnete: „Max!“

Wir bestellten etwas zu trinken und eine Kleinigkeit zu essen. Währenddessen holte ich mein Diktiergerät hervor und stellte es auf Aufnehmen.

„Wo waren wir stehen geblieben, Max?“, fragte sie ohne Umschweife, was darauf schließen ließ, dass sie auch ziemlich direkt sein konnte, wenn sie es wollte.

„Sie wollten mir von einigen Missionen erzählen.“, erinnerte ich sie.

„Richtig.“, stimmte sie mir zu und lächelte leicht. Sie überlegte einen Moment und fügte dann hinzu: „Da gab es so viele. Welche möchten Sie hören?“

„Die mit den Antikermanschetten und dem Goa’uldmutterschiff.“, gab ich ebenso direkt zurück.

Sam begann zu berichten: „OK. Anise hatte diese Manschetten mitgebracht und diese haben uns unglaubliche Fähigkeiten verschafft. Es gab nur einen Nachteil, sie machten uns auch unzurechnungsfähig. Sie hatten drogenähnliche Wirkung…“

„Das meine ich nicht. Erzählen Sie mir etwas, dass nicht in den Berichten stand. Doktor Jackson erwähnte einen Vorfall zwischen Ihnen und Colonel O’Neill, als Sie mit diesem im Mutterschiff festsaßen. Darüber würde ich gerne etwas hören.“, unterbrach ich sie vorsichtig.

Ich war nicht hier, um einen Missionsbericht zu hören, sondern die Wahrheit. An ihrem ärgerlichen Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass ich zu forsch gewesen war. Ich hatte zuviel auf einmal gewollt. Das passierte mir immer wieder, wenn ich von etwas besessen war. Meine Obsessionen brachten mich schon manches Mal in die Situation, dass ich mich entschuldigen musste, weil ich meinem Gegenüber vor den Kopf gestoßen hatte.

„Glauben Sie nicht, dass das etwas zu privat ist?“, fragte sie brüskiert und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust - zeigte mir so ihre Missbilligung für mein unziemliches Verhalten.

Ich rechtfertigte und entschuldigte mich sofort bei ihr: „Ich wollte Sie nicht vor den Kopf stoßen, wirklich nicht. Sie müssen es mir auch nicht erzählen.“ „Sie müssen aber auch verstehen, dass ich versuche, ein Buch zu schreiben, dass Sie als Menschen hervorhebt und nicht einfach die Missionsberichte wiedergibt. Es sollen auch die Schwächen hervorgehoben werden, die Hoffnungen und Wünsche Ihres Teams. Ich will Sie nicht idealisieren. Ich möchte, dass die Leser dieses Buches, Sie so sehen, wie Sie sind. Das heißt auch mit menschlichen Schwächen und Schicksalsschlägen.“

Ich hoffte, dass sie meine Beweggründe verstehen würde. Sie war eine leidenschaftliche Frau, die in ihrer Arbeit aufging, so hatte es mir Doktor Jackson zumindest geschildert, also hatte sie sicherlich Verständnis für meine ungeschickte Wortwahl. Wenn sie das Gespräch jetzt abbrechen würde, wäre das eine Katastrophe. Ohne ihre Sicht der Dinge lohnte es ebenso wenig das Buch zu schreiben, wie ohne Jack O’Neills Aussagen. Ich brauchte jeden einzelnen von ihnen, um mein Werk zu vollenden.

„Werden Sie es verwenden?“, hakte sie immer noch sauer, aber wieder etwas zugänglicher nach.

„Nein, nicht, wenn Sie nicht wollen. Es steht Ihnen frei, das Buch vorher zu lesen und Ihre Einwände werde ich kommentarlos annehmen, aber vielleicht hilft es mir, Ihre Persönlichkeit und Ihre Beziehung zu Colonel O’Neill besser zu verstehen.“

Ich hatte entschieden mit dem Kopf geschüttelt. Ich wusste, dass das Folgen haben könnte. Ich wollte es nur unbedingt wissen, sei es auch nur, um alles besser verstehen zu können. Ich wollte schließlich auch ihre empfindsame Seite schildern.

„Gut, denn das könnte nicht nur mich in ernste Schwierigkeiten bringen.“, wies Doktor Carter mich auf das Offensichtliche hin.

Ich schaltete das Diktiergerät aus. Integrität war mir sehr wichtig. Sie sollte mir vertrauen, denn nur so würde ich mehr erfahren. Vielleicht sogar, was auf der letzten Mission geschehen war.

„So, jetzt ist es vertraulich. Ich werde kein Wort über den Zwischenfall erwähnen.“, versicherte ich ihr und lächelte ihr freundschaftlich entgegen.

„Die Manschetten hatten ihre Wirkung verloren.“, begann Sam nach kurzem Zögern zu berichten. „Als ich zu mir kam, lag Jack am Boden. Ich rief ihn und er kam zu sich. Er versuchte, das Kraftfeld zu durchbrechen, aber es gelang ihm nicht. Ich bat ihn zu gehen, ich flehte ihn an, aber er wollte nicht. Damals sah ich das als Zeichen, dass er mehr für mich empfand als Freundschaft, aber so war es nicht. Das erfuhr ich aber erst viel später. Nicht, dass er mich nicht liebte, seine Gefühle für mich reichten nur nicht aus. Ich denke, wir hatten uns beide nur eingeredet, etwas für einander zu empfinden, damit wir nicht verletzt wurden.“

Sie klang traurig, als sie zu sprechen aufhörte. Ich wusste, was sie meinte. Auch ich hatte mich bereits in dieser Lage befunden. Das war vor Dana gewesen. Damals hatte ich mich in ein Mädchen verliebt - Jessica - und sie sich anscheinend auch in mich, doch irgendwann war uns klar geworden, dass unsere Gefühle für einander nicht mehr ausreichten. Wir hatten sie im Sand verlaufen lassen, ohne es gewollt zu haben. Es war einfach geschehen. Wir waren noch einige Zeit zusammengeblieben, weil wir Angst hatten, wieder allein zu sein und uns einsam zu fühlen.

Aber wir mussten nach vorne sehen, ob wir es wollten oder nicht. Wir hatten Freunde bleiben wollen, doch auch das hatte nicht funktioniert. Wir hatten uns bereits zu weit von einander entfernt. Sie lernte einen anderen Mann kennen und ich traf Dana wieder. Im Nachhinein war es richtig gewesen und die einzige Möglichkeit, wie unsere Leben verlaufen sollten, doch im ersten Moment hatte es dennoch wehgetan. Trennungen waren nie einfach und die Wahrheit war nicht immer in Watte gepackt. Sie schmerzte.

„Inwiefern?“, fragte ich vorsichtig nach, denn ich wollte sie unter keinen Umständen zu weiteren Erklärungen drängen.

„Solange wir den anderen wollten, brauchten wir uns nicht in andere Menschen verlieben und wurden nicht verletzt. Irgendwann hat er das eingesehen und aufgehört, an dem absurden Gedanken an eine Beziehung mit mir festzuhalten. Ich habe länger gebraucht, um es zu begreifen. Mir wurde es erst schmerzlich auf unserer letzten Mission bewusst.“, meinte sie ruhig.

Sam war immer noch gefasst. Sie war wirklich eine starke Persönlichkeit, aber die Erinnerungen taten ihr immer noch weh. Eine Liebe vergisst man nie ganz, egal wie sie auch endete. Sie gehört zu einem und sie prägt die Menschen. Sie ist sowohl gut als auch schlecht, denn in ihr vereinen sich soviel Gefühle wie nirgends sonst.

Ich hakte abwartend nach: „Was ist damals passiert?“

„Mein Vater ist gestorben, das ist passiert.“, antwortete Sam bissig.

Sie wollte nicht darüber reden, soviel war klar. Ihre Miene verfinsterte sich etwas, aber ich nahm nicht an, dass sie wütend auf mich war. Vielleicht auf meine Frage oder die Tatsache, dass sie überhaupt davon angefangen hatte, aber auch das war verständlich.

„Sie wollen nicht darüber reden. Das ist okay. Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Ehrlichkeit.“, beließ ich es dabei und wechselte geflissentlich das Thema: „Aber vielleicht möchten Sie mir von Ihrem Vater erzählen. Ich habe gehört, dass er ein großartiger Mann gewesen sein soll.“

„Das war er.“, bestätigte sie und ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie an Jakob Carter dachte - nur ihre Augen zeigten ihre tiefe Trauer über diesen Verlust. „Na ja, auch er war nicht immer perfekt, auch er hatte seine schwachen Momente, aber er war immer da, wenn man ihn brauchte. Die letzten Jahre, die wir zusammen verbrachten, waren die Besten. Er war die Art von Vater, die sich jedes Kind wünscht. Selmak hat ihm wirklich gut getan. Es ist nur traurig, dass es so enden musste. Ich vermisse ihn sehr.“

„Das kann ich gut nachempfinden.“, sprach ich aus tiefstem Herzen und musste sofort an meinen schmerzlichsten Schicksalsschlag denken.

„Haben Sie auch ein Elternteil verloren?“, wollte sie wissen.

Diese Frage war nur gerechtfertigt. Ich hatte etwas aus ihrer Gefühlswelt erfahren und jetzt sollte ich ihr auch etwas aus meinem Leben erzählen. Trotzdem war ich irgendwie nervös. Ich hatte nicht mit einer Wendung des Gesprächs in diese Richtung gerechnet, was mich ziemlich überrumpelte. Außer mit Dana und Josh hatte ich nie über diese schmerzvolle Zeit meines Lebens geredet. Jetzt verstand ich noch besser, warum sie vorhin so reagiert hatte, als ich sie nach dem Vorfall gefragt hatte. Dennoch war ich ihr eine Antwort schuldig.

„Nein, das nicht, aber meinen großen Bruder. Er starb an Krebs als ich sechzehn war. Er war mein Held und ist es auch jetzt noch. Sein Name war Dean.“, teilte ich ihr zögernd mit und es versetzte mir einen Stich.

Ich dachte immer noch jeden Tag an ihn, aber seinen Namen auszusprechen und über das zu reden, was mit ihm geschehen war, stellte eine ganz andere emotionale Größe dar. Es schmerzte und es brachte die Trauer in mein Herz zurück. Ob ich je ganz darüber hinwegkommen würde, wusste ich nicht, aber vielleicht durfte ich das auch gar nicht. Keinen Schmerz mehr zu fühlen, hieß ihn zu vergessen - aufzuhören ihn zu lieben - und das würde ich sicher nie.

„Tut mir sehr leid.“, sagte Doktor Carter mitfühlend.

Ich versuchte mich an einem Lächeln als ich fortfuhr: „Er hat meine Leidenschaft fürs Schreiben geweckt. Als ich klein war, hat er mir immer Geschichten vorgelesen und ich musste ihm versprechen, dass neue Geschichten erfinde, die ich dann ihm vorlesen kann.“

„Hat er je eine gehört?“

„Nein, aber meine Kinder werden sie hören und wer weiß, vielleicht hört er ja auch zu.“

Ich zuckte mit den Schultern. In diesen Dingen war ich ein Träumer. Ich glaubte nicht direkt an Gott, aber allein die Tatsache, dass es höhere Wesen - die Aufgestiegenen - gab, ließ mich hoffen, dass Dean auch noch irgendwo war. Es machte diesen Verlust erträglicher. Ihn in meiner Nähe zu wissen, ließ ihn mich nicht mehr allzu sehr vermissen. Außerdem war mir klar, dass er jetzt keine Schmerzen mehr hatte. Seine Leiden waren vorbei.

„Das ist ein schöner Gedanke.“, meinte Sam einfühlsam und hakte dann nach: „Wie alt sind Ihre Kinder?“

„Oh, minus ein paar Wochen, zumindest hoffe ich das. Ich würde gerne alle Recherchen abschließen, bevor sie auf der Welt sind, damit ich meiner Frau helfend unter die Arme greifen kann. Wir haben in den letzten Monaten sowieso schon zu wenig Zeit miteinander verbracht.“

Ich bereute die letzten Monate nicht, aber ich glaubte, dass Dana das etwas anders sah. Sie hatte sich nie beschwert oder mich beschuldigt, sie vernachlässigt zu haben, doch ich wusste, dass sie sich manchmal unbeachtet und ausgeschlossen fühlte. Ich steckte meine ganze Energie in meine Arbeit, so dass ich schon mal die Welt um mich herum vergessen konnte. Ich hatte es noch nicht einmal geschafft, das Kinderzimmer einzurichten. Das hatte ich immer verschoben und endlich dieses Wochenende machen wollen.

Neugierig fragte Sam weiter: „Wissen Sie schon, was es wird?“

Ihre Stimmung hatte sich wieder aufgehellt und auch vergaß für einige Zeit meine Trauer, als ich mit Freuden an die bevorstehende Geburt dachte, obwohl ein Kind fürs Erste auch gereicht hätte. Aber so sehr mich dieses Ereignis auch erfreute, soviel Angst machte es mir auch. Ich wäre für diese beiden Würmer verantwortlich und müsste ihnen ein Vorbild sein. Ich hoffte nur, dass ich dieser Herausforderung auch gewachsen wäre.

„Zwillinge. Ansonsten lassen wir uns überraschen.“, antwortete ich und wechselte dann das Thema, um nicht noch ganz unser eigentlich Hier sein aus den Augen zu verlieren: „Aber genug von mir. Wir sind ihretwegen hier.“

„In Ordnung, dann fragen Sie mich noch etwas, Max.“, erwiderte Carter lächelnd und nahm einen Schluck von ihrem Wasser.

„Ich würde gerne etwas über Ihre Erfahrungen mit Jolinar und den Tok’ra hören. Wie war das für Sie?“, stellte ich eine weitere persönliche Frage.

„Schmerzvoll und verwirrend.“, waren die ersten Worte, die ihr spontan auf diese Frage einfielen. „Einerseits war da ich - Samantha Carter - und andererseits Jolinar, die einen Mann über alles geliebt hat, den ich nicht einmal kannte. Lange Zeit konnte ich nicht sagen, welche Gefühle ich verspürte, ihre oder meine. Die Erinnerungen sind immer noch da, aber ich habe gelernt, ihre Empfindungen von meinen zu trennen. Es ist tröstlich zu wisse, dass sie nicht ganz gestorben ist, sondern ein Teil von ihr in mir weiterlebt.“

Samantha besann sich kurz, ehe sie fortfuhr zu berichten: „Die Tok’ra an sich waren nicht immer gute Verbündete. Es gab Ausnahmen, aber oft haben Sie uns mehr Ärger gemacht als Nutzen gebracht. Die Sache mit den Manschetten zum Beispiel, das Symbiontengift oder Jacks Erfahrung mit Kanaan. Sie waren oft sehr schwierig und unglaublich arrogant. Sie haben uns immer wie Kinder behandelt. Eigentlich hat das jede außerirdische Rasse getan. Das waren wir auch, zumindest was unser Wissen anging, und sind es auch heute noch.“

Die Berichte der einzelnen SG-1-Missionen sprachen für ihre Ausführungen. Mehr als einmal hatten sie die Tok’ra in Gefahr gebracht. Von Verbündeten oder gar Freunden war da sicher nicht die Rede gewesen.

„Vermissen Sie die Zeit im Stargatecenter?“

Diese Frage war nicht wirklich für das Buch wichtig, sie interessierte mich nur brennend. Wer so viele unglaubliche Abenteuer erlebt hatte und so viel Fantastisches sah, der konnte sicher nicht einfach so aufhören und es hinter sich lassen. Man musste die Aufregung und die Action doch vermissen.

„Manchmal.“, bestätigte Sam. „Wir spielen mit den gesammelten Daten und Erkenntnissen, aber es fehlt das Adrenalin, die Aufregung, wenn man durch das Tor zu einer fremden Welt aufbricht, und die Tatsache, dass wir Vier zusammen waren. Daniel sehe ich fast jeden Tag, mit Teal’c halte ich auch regen Kontakt und besuche ihn so oft es mir möglich ist, aber Jack… Es ist kompliziert.“

Da war sie wieder, die Trauer in ihren Augen. Was zwischen ihnen auch vorgefallen war, es nackte immer noch an ihr. Es war nicht nur die Tatsache, dass sie nicht mehr miteinander sprachen, sondern auch das, was damals gesagt worden war. Ich konnte mir nicht einmal im Ansatz vorstellen, was passiert sein musste, damit es zu solch einem Bruch in ihrer Freundschaft kam. Sie war doch bedingungslos gewesen. Ich konnte mir nicht vorstellen, was so schrecklich gewesen sein konnte. Colonel O’Neill hatte ihr sicher nicht absichtlich wehtun wollen.

„Ja, er ist ein komplizierter Mann.“, scherzte ich.

„Nein, nicht wirklich.“, erwiderte sie schmunzelnd. Doch als sie sagte: „Er kann nur nicht vergessen, das ist alles.“, wurde sie schlagartig wieder ernst.

„Da Sie mir ja nicht sagen wollen, was auf der letzten Mission geschah, werde ich den letzten Kommentar einfach mal ignorieren.“, kam ich ihr entgegen.

Ich würde sicher nicht weiter in der Wunde herumstochern. Ich sollte es wohl nicht erfahren, damit musste ich mich abfinden. Wieso sollten sie es mir auch erzählen, wenn sie nicht einmal mit ihren besten Freunden darüber reden konnten. Sie hatten mal alles geteilt, doch das war jetzt vorbei.

Als ich eine Weile keine Fragen mehr stellte, weil ich zu sehr in Gedanken gewesen war, fragte sie nach: „Waren das all Ihre Fragen, Max?“

Sie klang ein klein wenig enttäuscht, eventuell kam es mir aber auch einfach nur so vor. Sie hatte wohl nicht erwartet, dass ich mein ganzes Repertoire schon aufgebraucht hatte. So war es auch nicht. Wo sie eine Frage beantwortete, entstanden ein Dutzend neue. Ein Leben würde nicht ausreichen, sie zu beantworten. Aber sie konnten warten.

„Eine habe ich noch. Haben Sie es je bereut, die Stelle beim Stargatecenter angenommen zu haben?“, stellte ich ihr meine letzte Frage - eine der wohl Wichtigsten.

„Nicht einen Augenblick.“


Zwischenspiel


Jack O’Neill hatte gerade die letzte Seite des Manuskripts fertig gelesen und klappte das noch unvollständige Buch zu. So sehr er es auch versuchte, er konnte weder sich noch sein Team darin wiederfinden. Nicht, dass es schlecht geschrieben war, es war nur nicht ihre Geschichte. Es fehlte soviel. Jeden einzelnen Tag, seit er Daniel begegnet war, hatte sich in seinen Erinnerungen festgesetzt, doch das, was er da gelesen hatte, kam so gar nicht dem gleich, was sie erlebt hatten. Nichts, was diese Figuren von sich gaben, entsprach auch nur ansatzweise dem, was einer seiner Freunde gesagt hatte oder hätte.

Nicht einmal die Tatsache, dass dieses angebliche Werk noch nicht fertig war, stimmte ihn milder. Am Liebsten hätte er zum Hörer gegriffen und diesen Möchtegernautor zusammengestaucht. Aber dann hätte er auch zugeben müssen, dass er es gelesen hatte - alles. Seine Erzählung hatte einfach keine Tiefe. Mit SG-1 verbannt Jack Freundschaft, Liebe und Schmerz. Doch diese Charaktere besaßen nichts von alledem. Wahrlich, dieser Maximilian Wilkins hatte es versucht, aber es war ihm nicht gelungen. Diese vier Personen waren nicht sein Team. Sie waren Fremde - für ihn und untereinander.

Ein leises Brummen riss ihn aus seinen Gedanken. Als er die Quelle dieses Geräusches betrachtete, musste er schmunzeln. Daniel hatte sich auf der Couch zusammengerollt und schlief tief und fest. Das war eines der Dinge, das er in dem Buch vermisst hatte. Es war doch die Rede davon gewesen, dass Maximilian sie als Menschen darstellen wollte, warum dann nicht durch solch simple Dinge. Diese private Seite sollten die Leute von Daniel kennenlernen. Dass er im Schlaf leise vor sich hin murmelte, manchmal schnarchte, wenn ihn seine Allergie wieder einmal plagte, oder dass er auch in den unmöglichsten Positionen einschlafen konnte.

Die Alltäglichkeiten waren es doch, die sie menschlich machten. Sie waren nicht perfekt. Jack schon gar nicht. Vielleicht sollte er doch mal mit diesem Reporter reden? Daniel hatte ihm jedenfalls dazu geraten. Was könnte schon groß passieren? Er könnte das Gespräch jederzeit abbrechen, er könnte dafür sorgen, dass nichts von dem, was er erzählte, jemals verwendet werden würde. Er hatte Kontakte. Er könnte sogar verhindern, dass dieser Autor weiter an dem Buch schreiben dürfte. Außerdem hatte Maximilian Wilkins ihm auf gewisse Art imponiert. Seine Dreistigkeit hatte Jack gefallen. Es kam nicht oft vor, dass Menschen so ehrlich zu ihm waren.

Aber erst einmal würde er seinen Freund ins Bett bringen. Aus eigener Erfahrung wusste er, dass diese Couch sehr unbequem und schlecht für den Rücken war. Mal ganz davon abgesehen, dass sein Freund runterzufallen drohte. So witzig es sicher auch gewesen wäre, das mit anzusehen, Daniel wäre sicher sauer geworden. Also ergab Jack sich seinem Schicksal und weckte vorsichtig seinen besten Freund, nachdem er das Manuskript auf den Tisch gelegt hatte sowie aufgestanden war.

„Muss ich schon los?“ fragte Doktor Jackson verschlafen und rieb sich die Augen. Seine Brille hatte O’Neill schon vor Stunden in Sicherheit gebracht und reichte sie diesem jetzt.

„Nein, aber du solltest vielleicht ins Bett gehen, sonst schaffst du es morgen nicht einmal mehr ins Bad.“, erwiderte Jack ruhig und nahm auf dem niedrigen Sofatisch platz.

„Stört mich nicht.“, wehrte dieser ab und war bereits wieder dabei, die Augen zu schließen.

Jack entgegnete grinsend: „Dann warst du also nicht zum Frühstück verabredet?“

Sofort waren Daniels Augen wieder offen und blickten seinen Gegenüber irritiert an. Jack konnte sehen, wie es fieberhaft hinter der Stirn seines Freundes arbeitete. Dieser hatte das Treffen mit dem Reporter anscheinend schon vollkommen vergessen, dabei hatten sie sich erst vor einigen Stunden noch darüber unterhalten.

„Oh, richtig!“, fiel schließlich auch bei Doktor Jackson der Groschen.

Stöhnend und nur widerwillig erhob sich dieser und trottete in Richtung des einen Schlafzimmers. Jack blickte ihm kopfschüttelnd hinterher. Sein Freund war unverbesserlich, eines der Dinge, die er so an dem Archäologen mochte. Dieser ließ gerade die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Jack war überzeugter als je zuvor, dass die Menschheit diese Seite seines Freundes kennenlernen musste. Allen voran Maximilian Wilkins. Entschlossen griff er zum Telefon, ehe er es sich noch einmal anders überlegen konnte.

weiter: Teil 3….


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