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Eine zweite Chance von Sally Reeve, Destiny

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Kapitel 1

Es war am Ende einer Serie von langen, schwierigen Missionen eine lange, schwierige Mission gewesen und Sam fühlte sich sowohl körperlich als auch seelisch vollkommen erschöpft. Aber nichtsdestotrotz, dass sie gut und gerne eine Woche durchschlafen könnte, fand sie sich pflichtbewusst in der Kantine wider, um eines der Rituale von SG-1 durchzuführen. Das war so üblich im Militär, jede einzelne Einheit entwickelte ihre eigenen kleinen Rituale, die eingehalten werden mussten. Nicht, dass sie abergläubisch oder so wäre, aber wenn man jeden Tag sein Leben aufs Spiel setzte, dann tat man sein Bestes, um die Götter des Glücks nicht zu verärgern, wo auch immer sie sich befinden mögen.

Und so war eine Regel von SG-1, dass, wenn sie gesund und unbeschadet nach Hause kamen, sie sich mit ihrem Essen trafen und auf ihre sichere Rückkehr anstießen. Manchmal war es nicht mehr als nur ein Kaffee und ein Donut in ihrem Labor, manchmal ein Bier in der Stadt, gelegentlich auch mal ein richtiges Essen in einem Restaurant. Heute, da sie planmäßig zurückgekehrt waren, war es ein Abendessen auf dem Stützpunkt. Es war wirklich nicht wichtig, was sie aßen oder wo sie sich befanden, es war lediglich eines dieser 'Man sollte auf ein Stück Holz klopfen’ – Rituale und das musste strengstens eingehalten werden.

Da die Jungs zuerst unter der Dusche waren, war Sam die Letzte aus ihrem Team, die sich zu ihnen gesellte. Aber jemand – sie vermutete O’Neill – hatte ihr bereits ihre Lasagne geholt. „Hey“, begrüßte sie sie mit einem Lächeln und setzte sich auf den noch freien Stuhl neben Daniel und gegenüber von Colonel O’Neill. „Danke“, fügte sie mit einem Nicken zu ihrem Teller hinzu. „Ich bin am Verhungern.“

O’Neill schaute auf und beglückte sie mit eines seiner wenigen nichtsarkastischen Lächeln. „Entweder das oder etwas, was ich nicht richtig identifizieren konnte.“

Sie nickte. Ein leichter warmer Schauer erfasste sie, als sich ihre Blicke für den Bruchteil einer Sekunden trafen – einer dieser Bruchteile von Intimität, mit der ihre professionelle Beziehung gekennzeichnet war und ihr die gewisse Würze verlieh. „Sie kennen mich doch“, sagte sie ihm, als er seinen Blick senkte und sie ihre Gabel in die Hand nahm. „Ich würde für italienisches Essen töten.“

„Huh“, schnaubte O’Neill und stocherte in seinem Essen herum, „ich bin mir nicht sicher, ob man das wirklich Italienisch bezeichnen kann.“

„Zweifelsfrei ist es das nicht“, beobachtete Teal’c. „Es sieht ganz so aus, als ob das Essen hier in Colorado hergestellt wird.“

Jack lächelte und schaute amüsiert zu Sam hinüber. „Vielen Dank. Teal’c.“

„Okay, okay“, brachte sich Daniel ein und hob sein Glas mit Cola hoch.
„Auf eine sichere Rückkehr“, sagte er und verkündete ihren Trinkspruch.

„Auf eine sichere Rückkehr“, stimmten sie alle ein und stießen mit ihren Gläsern und Tassen an, bevor sie sich wieder ihrem Essen zuwandten.
Nach einem langen, angenehmen Schweigen, welches nur durch das Klirren des Geschirrs gekennzeichnet war, begann Daniel wieder zu reden. „Also“, sagte er langsam, „hat jemand schon irgendwelche Pläne für das Wochenende?“

Dieser leichte, unschuldige Klang in seiner Stimme ließ Sam von ihrem Teller aufblicken. „Warum?“, fragte sie lächelnd, als er seine Augenbrauen hochzog.

Daniel erwiderte das Lächeln. „Na ja“, begann er, „für den Fall, dass ihr es vergessen habt, aber am Sonntag ist mein Geburtstag und…“

„Wir haben’s nicht vergessen!“, unterbrach ihn Jack zu schnell, als das es glaubwürdig gewesen wäre. Sam sah ihn verwirrt an und er zuckte nur abwehrend mit den Schultern. „Ich wollte nur sagen…“, murmelte er, bevor er ganz seinen Mund schloss.

„Also, feierst du?“, fragte sie Daniel.

Er sah sie etwas verlegen an. „Ahm, eigentlich, ja… Ich dachte mir, dass ich vielleicht ein paar Leute für den Abend einlade… ich weiß, es ist sehr kurzfristig, aber ich hatte mir ehrlich gesagt noch keine wirklichen Gedanken darum gemacht, bis… bis ich grade duschen war… und wenn ihr Zeit habt…?“

„Das hört sich wunderbar an“, grinste Sam und berührte leicht seinen Arm. Als ob sie nicht kommen würden! „Am Abend, ja?“

„Denke ich mal“, nickte er. „Sieben Uhr?“

Noch immer lächelnd wandte sie sich an Teal’c. „Hast du Zeit?“

„Habe ich“, antwortete er. „Es wäre mir eine Ehre zu kommen, Daniel Jackson.“

Daniel wimmerte leicht, als er einen weiteren Schluck von seiner Cola nahm. „Bitte, fühle dich nicht geehrt“, sagte er ihm.

Teal’c antwortete ihm nicht, aber Sam musste lächeln, als sie ihn ansah und er nur stumm den Kopf neigte. So war es immer, dachte sie glücklich. Jedes Mal nach der Anspannung während einer Mission musste sie immer über diese kleinen Zusammentreffen lächeln. Für alle war es eine Erleichterung. Sie wandte sich an O’Neill und war überrascht zu sehen, wie er abwesend die Reste seines Essens auf den Teller hin und her schob. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen, so wie sie es immer waren, wenn er nachdachte. „Also, was ist mit Ihnen, Colonel?“, fragte sie neugierig und versuchte seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. „Haben Sie bereits irgendwelche Pläne?“

„Ah… nein… nicht wirklich“, sagte er und klang so ausweichend wie ein Tok’ra es nur sein konnte.

„Nicht wirklich?“, hakte Daniel amüsiert nach. „Was soll das bedeuten?“
O’Neill begann auf seinem Stuhl herumzurutschen und es war offensichtlich, dass er sich nicht wohl in seiner Haut fühlte. Er schielte kurz hinüber zu Sam, aber aus irgendeinem Grund konnte er ihren Blick nicht treffen. Seine Gabel tippte nervös gegen den Tellerrand und Sam konnte ihm schon förmlich ansehen, wie er versuchte die richtigen Worte zu finden. „Ich, ähm…“, murmelte er und sah hinüber zu Daniel und dann wieder zurück auf seinen Teller. „Ich habe mich nur gefragt, ob es okay wäre, wenn ich noch jemanden mitbringe?“

Es herrschte ein langes Schweigen. Sam spürte, wie ihr Lächeln auf ihren Lippen erfror. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte, aber ein eisiger Schauer fuhr ihr über den Rücken. Jemanden mitbringen? Wen mitbringen?

„Eine Frau?“, unterbrach Daniel das erstaunte Schweigen mit einer amüsierten Ungläubigkeit.

O’Neills Stirnrunzeln vertiefte sich. „Nein, einen Hund“, schnappte er zurück. „Natürlich eine Frau!“

Das letzte Stück von Sams Lasagne blieb ihr im Halse stecken und sie konnte diesen Klumpen einfach nicht herunterschlucken. Ihr Mund war wie ausgetrocknet, ihr Herz pochte wie wild und in ihrem Kopf begann sich alles zu drehen. Eine Frau. Eine Verabredung. Oh Gott, nein. Das konnte er doch nicht wirklich… konnte er doch nicht, oder…?

Daniel war erneut ihre Stimme. „Ich habe gar nicht gewusst, dass du jemanden siehst.“ Er schien etwas beleidig zu sein oder es war einfach nur die Überraschung.

Aber Sam wagte es nicht zu ihm aufzusehen. Sie wagte nicht irgendwas anderes zu machen, als auf ihren Teller zu starren und so zu tun, als ob sie essen würde. Nur Gott alleine konnte wissen, was sich auf ihrem Gesicht abspielen würde und sie wollte nicht, dass es irgendjemand herausfand. Jack traf sich mit jemand anderen? Oh Gott…

„Ja, na ja…“, murmelte O’Neill auf Daniels Frage hin, „das liegt wahrscheinlich daran, weil ich dir nichts davon erzählt habe.“

„Nein“, stimmte Daniel ihm zu. Er schob seinen Teller weg und stützte seine Ellbogen auf dem Tisch ab. Er war so neugierig wie eine Tratschtante. „Und wie lange läuft das schon? Jemand, den ich kenne?“

Sam hob ihren Kopf grade mal so weit an, dass sie Jacks ernsten Blick sehen konnte, aber bevor er ihren erhaschen konnte, schaute sie schnell wieder hinunter auf ihren Teller. „Ein paar Monate“, antwortete er leise. „Wir fangen langsam an, weißt du?“

Monate? Sam fühlte sich so, als ob jedes einzelne Gefühl in ihrem Herzen herausgerissen und darauf herumgetrampelt wurde. Seit Monaten traf er sich mit jemandem und sie wusste es nicht – hielt er es nicht für angebracht es ihr zu sagen? Und all die Zeit dachte sie… sie hatte immer gedacht, dass er so für sie fühlen würde, wie sie es für ihn tat. Aber das tat er wohl nicht…Wie konnte er auch, wenn er sich mit jemand anderen traf? Wut begann tief unter ihrem Schmerz zu pochen. Hätte nicht wenigstens sie die Wahrheit verdient? Hätte sie es nicht verdient, dass er es ihr privat sagte und nicht vor dem gesamten, verdammten Team? Kümmerte er sich so wenig um die Gefühle, die sich zwischen ihnen entwickelt hatten? Kümmerte er sich so wenig um sie?

„Ah ja“, fuhr der Colonel leise fort. „Es ist jemanden den du kennst.“

Das wurde ja immer schlimmer und schlimmer. Es war jemand vom Stützpunkt? Jemand, mit dem sie sogar schon zusammengearbeitet hatte? Sam schnappte sich ihr Glas Wasser und nahm einen großen Schluck, stolz darauf, dass ihre Hand nicht zu zittern begann und ihre Gesichtszüge ausdruckslos blieben. Verdammt, sie schaffte es sogar zu lächeln. Aber in ihrem Inneren… Plötzlich wollte sie nur noch hier raus. Einfach nur verschwinden und ihrer Wut freien Lauf lassen. Wie konnte er ihr das nur antun? Wie konnte er nur so gefühllos sein?

„Wer?“, fragte Daniel, der sich dem Tumult, in dem sich Sam befand, nicht bewusst war.

Der Colonel zuckte mit den Schultern. „Erinnerst du dich noch an die Mission vor ein paar Monaten nach P8G-827?“

Sam runzelte die Stirn, als sie sich versuchte daran zu erinnern, aber in ihrem Kopf herrschte so ein Chaos, das sie keinen klaren Gedanken fassen konnte. Doch bevor es ihr noch möglich war weiter darüber nachzudenken, sagte Daniel: „Die, wo du dich die ganze Zeit beschwert hast, dass du Babysitter für ein paar Wissenschaftler spielen musstest, während Sam und Teal’c ihren Spaß auf J5R-689 hatten?“

Okay, das erklärte alles, sie war nicht dabei gewesen. Also, was hatte sie da nur verpasst?

„Ja“, antwortete Jack mit einem verlegenen Lächeln. „Die meine ich.“
Aber Daniel war noch vollkommen perplex. „Also, wer…?“, fragte er.

„Tasha“, antwortete Jack.

Tasha. Verdammt! Sie hasste diesen Namen bereits!

Für einen Augenblick war Daniel noch verwirrt, doch dann riss er überrascht seine Augen auf. „Doch nicht etwa Natasha Greene?“

„Doch.“

„*Doktor* Natasha Greene – Professorin der Anthropologie an der Universität von Colorado?“

O’Neill zuckte erneut mit seinen Schultern. „Denke ich mal.“

Daniel lachte. „Oh, der war gut, Jack“, sagte Daniel. „Fast hattest du mich.“

Für einen kurzen Augenblick flammte neue Hoffnung ins Sams Brust auf, aber ein Blick auf O’Neills dunkles und verletztes Gesicht, erstickte sie. Er meinte es ernst. Absolut. „Ich mache keine Witze“, sagte Jack plötzlich und stieß seinen Stuhl zurück, so als ob er aufstehen wollte, aber er tat es nicht. „Ich weiß wirklich nicht, warum du denkst, dass das so lustig ist.“

Das scharfe Kratzen seines Stuhles über den Boden ließ Sam aufblicken und für nur einen Moment trafen sich ihre Blicke. Aber sie schaute augenblicklich weg. Verlegen und ängstlich darüber, dass sie vielleicht Mitleid oder eine Entschuldigung in seinem Gesicht sehen würde. Das Einzige, was sie noch tun konnte, war den Funken Stolz zu bewahren, den sie noch hatte und so gut es ging ihre Gefühle seines Verrats zu verstecken und ihm nicht wissen lassen, wie sehr es schmerzte. Es war ein körperlicher Schmerz genau in ihr drinnen, aber genau hier und jetzt, in diesem Moment, schwor sie sich, dass er es *nie* erfahren würde… Er würde nie erfahren, wie sehr er sie verletzt hatte und wie sie führ ihn empfand. Niemals.

„’Tschuldigung“, sagte Daniel sofort, als er erkannte, dass Jack die Wahrheit sagte. „Es ist nur… sie scheint irgendwie nicht dein Typ zu sein. Ich meine… sie ist Wissenschaftlerin.“

„Ich mag Wissenschaftler“, murmelte er und er hätte vielleicht in ihre Richtung geschaut, aber Sam konzentrierte sich angestrengt auf den Pfefferstreuer in der Mitte des Tisches und so konnte sie es nicht mit Gewissheit sagen. Nach einem langen Schweigen begann der Colonel wieder zu sprechen. „Also, macht es dir nichts aus, wenn ich sie mitbringe?“

„Nein!“, sagte Daniel augenblicklich mit reichlich Enthusiasmus. „Bitte, bring sie mit! Sie ist eine faszinierende Frau – nun, das weißt du natürlich – aber ich habe einige ihrer letzten Veröffentlichungen gelesen und ich würde mich liebend gerne noch einmal mit ihr unterhalten.“

„Gut“, murmelte O’Neill und stand auf. Er schien genauso schnell verschwinden zu wollen wie Sam, was sie irgendwie ziemlich merkwürdig fand. „Nun denn, dann sehen wir uns Sonntagabend.“

„Ja, großartig“, antwortete Daniel. „So gegen sieben.“

Jack nickte nur und Sam spürte, wie sich seine Aufmerksamkeit auf sie richtete. „Ahm, schönes Wochenende, Carter“, sagte er.

Mit unglaublicher Willenskraft schob Sam den Schmerz und die Wut beiseite und sah zu ihm auf. Aber sie hatte keine Ahnung, was sie dort erblickte, so sehr war sie damit beschäftigt ihre eigenen geplagten Gefühle unter Kontrolle zu behalten. „Danke, Sir“, antwortete sie. „Ihnen auch.“

Er zögerte einen Moment und beobachtete sie etwas unsicher, bevor er nickte, davon ging und sie wie einen zersplitterten Scherbenhaufen zurückließ.

„Puh“, murmelte Daniel neben ihr. „Das war mal wieder der klassische Jack O’Neill. 'Oh, übrigens, seit ein paar Monaten treffe ich mich mit jemanden’ und dann ist es auch noch die weltweite Expertin in… Sam?“

Sie schüttelte sich selbst und wandte sich mit einem schwachen Lächeln an Daniel. „Hm?“

Er runzelte die Stirn und sah sie argwöhnisch an. „Alles in Ordnung?“

„Ja“, seufzte sie und stand ebenfalls auf. „Müde. Ich denke, ich werde jetzt gehen. Es war eine harte Woche und ich will einfach nur nach Hause.“

Daniel nickte langsam. „Genau“, sagte er. „Dann, gute Nacht. Sehen wir uns Sonntag?”

Sie zwang sich dazu ihr Gesicht nicht zu einer Grimasse zu verziehen und nickte. „Ja“, sagte sie. „Freu mich schon drauf.” Ja, genau, und wie sie sich freute! Gott, es musste doch eine Möglichkeit geben, wie sie da wieder raus kam! Mit einem weiteren gezwungenen Lächeln verschwand sie und fragte sich, wie es nur möglich war, dass in innerhalb von nur zehn Minuten ihre gesamte Welt über und unter ihr zusammengebrochen war.


++++++++

Jack zog langsam die Tür seines Büros zu und schloss sie ab. Er konnte es kaum erwarten nach Hause zu fahren. Es war eine sehr lange, lange Woche gewesen und manchmal dachte er wirklich, dass er zu alt für den ganzen Mist sei, den sie jeden Tag durchmachen mussten. Sein Rücken schmerzte und an seine Knie wollte er erst gar nicht denken… Verdammt, er konnte sich nicht mehr dran erinnern, wann sie mal nicht geschmerzt haben. Mit einem Gähnen zog er sich seine Jacke an und machte sich auf den Weg zum Fahrstuhl.

Er hatte es ihnen also gesagt. Drei Monate nach vollkommener Unruhe und dem ständigen Hinauszögern hatte er in den sauren Apfel gebissen und ihnen von Tasha erzählt. Nicht, dass es einen wirklichen Grund gab, warum er es ihnen nicht erzählen sollte, bis auf vielleicht seine eigene Privatsphäre… Es war schon eine Ewigkeit her, seit er sich das letzte Mal verabredet hatte und da wollte er sich am allerwenigsten mit den neugierigen Fragen seines Teams auseinandersetzen. Aber jetzt wussten sie es, jeder von ihnen… Carter mit eingeschlossen.

Mit einem Seufzen ging er um die Ecke und schaute hinunter auf seine polierten Schuhe, als sie den grauen Korridor entlang gingen. Er wusste ehrlich gesagt nicht, welche Reaktion er von Carter erwartet hatte – Erleichterung, Gleichgültigkeit oder Enttäuschung. Und sogar jetzt war er sich nicht sicher, wie sie die Neuigkeiten aufgenommen hatte. Sie war sehr still, hatte kaum etwas gesagt, aber wirklich bedrückt hatte sie auch nicht ausgesehen. Was gut war, erinnerte er sich selbst. Das Letzte, was er wollte, war sie zu verletzen. Wenn er auch nur einen Moment darüber nachdenken würde, dass sie möglicherweise dasselbe für ihn gefühlt hatte, wie er für sie… Er schüttelte seufzend den Kopf. Er wollte nicht schon wieder diesen stummen, alten Streit mit sich selbst führen. Jegliche Hoffnungen in diese Richtung waren Geschichte. Jeden Tag seit diesem ganzen Zar’tac Fiasko hatte sie es ihm vor Augen gehalten – nichts würde den Raum verlassen, niemand würde je etwas davon erfahren. Eingesperrt in diesem gottverdammten Raum!

Als er den Fahrstuhl erreichte, hob er seinen nachdenklichen Blick von seinen Füßen und er blieb auf… Carter hängen. Natürlich!

Sie stand in Zivil gekleidet, mit ihrer Lederjacke über ihre Schulter geworfen vor dem Fahrstuhl, während eine Hand durch ihre leicht abstehenden Haare fuhr. Augenblicklich blieb er stehen, aber genau in diesem Moment schaute sie über ihre Schulter und ihre Blicke trafen sich… Verdammt.

Er zwang sich zu einem Lächeln und ließ die Entfernung zwischen ihnen schwinden. „Hey“, nickte er, ohne sie wirklich anzusehen. „Geht’s nach Hause?“

„Ja, Sir.“ Ihre Stimme war dünn und trocken, sodass er aufhorchend zu ihrem Gesicht sah. Sie sah blass aus.

„Alles in Ordnung?“, fragte er.

Ein kurzes dunkles Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab, bevor sie ziemlich kalt antwortete: „Sicher. Warum sollte etwas nicht in Ordnung sein?“

„Keine Ahnung“, murmelte er vorsichtig und war etwas überrascht über die Kälte in ihrer Stimme.

Nach einem kurzen Augenblick fügte sie hinzu: „Es war eine anstrengende Mission… ich bin nur müde.“
 
„Ja“, stimmte er ihr zu, während sie von der Seite beobachtete.

Ein angespanntes Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus. Sie schaute nicht zu ihm, sprach kein Wort, genauso wenig wie er. Aber er beobachtete sie und bemerkte ihren angespannten Kiefer, die tiefe Falte zwischen ihren Augen, als sie auf die Fahrstuhltüren starrte, so als ob ihr Blick sie dazu bringen könnte, sich zu öffnen. Nervös scharrte er mit seinen Stiefeln über den Boden und fragte sich, ob er irgendwas über Tasha sagen sollte. Aber dann auch wieder, hatte er keine Ahnung, was er sagen sollte… es war ja nicht grade so, als ob er ihr eine Erklärung schuldig war – Carter hatte ihren Standpunkt mehr als deutlich gemacht. Was auch immer sie vielleicht für ihn gefühlt haben mochte, ihre Professionalität würde ihr nie erlauben diese Grenze, die über eine Freundschaft hinausging, zu überschreiten. Und so hart es für ihn zuerst auch war dies zu akzeptieren, hatte er es getan und er respektierte ihre Entscheidung. Gott, er wusste, dass er es nicht wert war, dass sie ihre Karriere aufs Spiel setzte. Er hatte gedacht, dass sie vielleicht erleichtert oder glücklich darüber wäre, dass er jetzt jemand anderes sehen würde, sodass diese wachsende Verlegenheit zwischen ihnen endlich verschwand – keine weiteren vorsichtigen Ablehnungen ihrerseits, wenn er mal vorschlug, dass sie nach der Arbeit mal was zusammen trinken könnten, keine weiteren Einladungen zu seiner Hütte. Das war das, was sie wollte.

Und jetzt, wo er sie sah, begann er sich zu wundern. Sie schien… wütend zu sein. Das war die einzige Beschreibung, die ihm einfiel. Die Frage war jedoch, ob es etwas damit zutun hatte, dass er sich mit Tasha traf oder nicht. Aber er hatte sich bezüglich Carter schon so oft zu Narren gemacht, als dass er jetzt irgendwelche waghalsigen Vermutungen aufstellen würde. Und er würde sie sicherlich nicht danach fragen, nur damit sie ihm dieses höfliche, aber entschuldigende Lächeln geben und sie ihm sagen würde, dass sie nur so wütend war, weil gerade ihr Naquadah-Reaktor explodiert war. Nein, es gab wahrscheinlich einen anderen Grund, etwas vollkommen anderes, was überhaupt nicht mit ihm zutun hatte oder…

Die Türen des Fahrstuhls öffneten sich.

Carter warf ihm von der Seite einen kurzen Blick zu und betrat noch immer schweigend den Fahrstuhl. Sie waren alleine. Zusammen. Jack konnte förmlich die Spannung spüren, die sich aufbaute, als die Türen sich langsam schlossen. Bis Sam in dem letzten Augenblick auf den Knopf drückte und sie sich wieder öffneten. „’Tschuldigung“, murmelte sie. „Ich habe etwas in meinem Labor vergessen“ Und damit war sie verschwunden. Sie eilte ohne ihm noch eines Blickes zu würdigen den Korridor hinunter.

Die Türen schlossen sich, bevor sie um die Ecke verschwunden war und ihm die Sicht versperrte, als sich der Fahrstuhl langsam in Bewegung setzte. Seufzend lehnte Jack seinen Kopf gegen das kalte Metall. Er tat das Richtige, erinnerte er sich. Das ist doch das, was sie wollte. Was für sie beide am besten war.

Das war es.


+++++++++

Sam stand vor dem großen Wandspiegel in ihrem Schlafzimmer und starrte sich selbst an. Um sie herum lagen Kleidungsstücke auf dem Bett verteilt und auf dem Boden lagen die Sachen, die sie dort hingeworfen hatten, weil sie ihr nicht gefielen. In keinen dieser Teile fühlte sie sich auch nur annähernd attraktiv – sie hasste sie alle.
„Nun, irgendwas musst du aber anziehen“, sagte sie bitter zu sich selbst. „Wenn ich gehe“, antwortete sie und starrte auf ihr Spiegelbild.

Sogar ihre Haare störten sie. Sie ließen sie mehr wie ein Junge aussehen als alles andere. Wenn sie sie nur etwas länger wachsen lassen könnte, dachte sie und zupfte an einer Strähne, die in eine komplett falsche Richtung abstand. „Blöden Vorschriften“, murrte sie. Doch diese Worte führte sie nur auf einen noch dunkleren Pfad.

Vorschriften.

Wenn sie nicht an diese dämliche Vorschriften gebunden wäre, wer weiß, was dann vor ein paar Monaten passiert wäre, als sie und Jack dazu gezwungen waren sich ihren Gefühlen gegenüberzustellen, die sie so verzweifelt versucht hatten, zu verstecken. Wenn doch nur… Sie schloss ihre Augen bei dem Anblick ihres Spiegelbildes. Sie hatte dieses bleiche Gesicht mit den zwei großen Augen so satt. Sie war es so leid sich so beschissen zu fühlen… Gott, es gab nichts auf der Welt, was ein Mädchen so mies fühlen ließ, als wenn es abserviert wurde.

„Du wurdest nicht abserviert“, knurrte sie zu sich selbst und ließ sich ungeachtet auf das Chaos auf ihrem Bett fallen. Es war wahr, technisch gesehen, aber es fühlte sich verdammt noch mal so an. In der einen Minute teilte sie noch ein warmes, anziehendes Lächeln mit ihm und in der nächsten erzählte er ihnen, dass er mit Tasha zusammen war.

Mistkerl.

Ihre Wut war über das Wochenende nicht weniger geworden, eigentlich hatte sie sich nur noch mehr verfestigt. Sie hatte jedoch nicht einmal geweint und darauf war sie verdammt stolz. Sie würde sich nicht wie irgendein pubertierender Teenager ihre Augen ausheulen. Auf gar keinen Fall. Etwas Stolz besaß sie noch. Nur ganz langsam gefror ihr innerer Schmerz zu Wut. Die Gefühle, die in ihrem Herzen gefangen waren, würden ein anderes Ventil finden müssen. Wenn sie nicht weinen würde, wenn sie sich nicht dem Gefühl des Verlusts hingeben würde, dann würden sie einen anderen Weg finden.

Sie hatte ihn geliebt. Bis zu diesem Moment. Noch bis vor zwei Tagen hatte sie ihn geliebt – eine stille Liebe vielleicht, eine unausgesprochene Zuneigung, aber sie war so tief, dass sie ihr nie richtig auf den Grund gehen konnte. Aber jetzt…?

Wenn sie daran dachte, wie er es ihr gesagt hatte, so unbekümmert und gefühllos, dachte sie sogar, dass sie ihn vielleicht hasste. Und die Stärke ihrer Wut spiegelte nur die Tiefe ihrer Liebe wieder, die er verraten hatte. Sie hasste ihn. Mit jeder Faser ihres Körpers. Es interessierte sie nicht, ob er glücklich war. Sie war viel zu wütend, um vernünftig zu denken. Scheiß auf sein Glück! Er kümmerte sich wahrscheinlich einen Dreck um ihres.

Und jetzt musste sie ihm – und *ihr* - gegenübertreten. Sie musste sich mit ihnen unterhalten und lächeln. Sie musste höflich sein, wenn sie eigentlich nur schreien wollte: „Warum willst du mich nicht mehr? Warum hast du mir nichts von ihr erzählt?“

„Mistkerl“, sagte sie laut, ihre Augen öffnend und starrte hinauf an die Decke. „Elender, arroganter Mistkerl!“

Wenn es nur eine Möglichkeit gegeben hätte Daniels Party zu meiden, dann hätte sie sie augenblicklich am Schopfe ergriffen. Aber es gab keine Möglichkeit, ohne Daniel damit zu verletzen. Sie hatte sogar mit dem Gedanken gespielt, dass sie vom Rande des Freeways aus anrufen und ihnen sagen würde, dass ihr Auto liegen geblieben sei, aber sie wusste auch, dass jemand zu ihr gekommen wäre… Mit aller Wahrscheinlichkeit O’Neill… Nein, sie konnte dem nicht aus dem Weg gehen. Sie musste dort hingehen. Sie musste lächeln und das Richtige tun, genau so, wie sie es ihr ganzes, gottverdammtes Leben getan hatte. Sie musste so tun, als ob ihr Herz nicht schmerzen würde, dass sie nicht verletzt war, wo sie doch am liebsten einfach nur weinen oder ihn einfach nur aus reiner Wut eine reinhauen würde. Und dann musste sie zurück zur Arbeit und ihn jeden Tag sehen, mit dem Wissen, dass diese spezielle Verbindung, die sie in ihr Herz geschlossen hatte, verschwunden war und dass er diese zarten Gefühle in ihr nicht wollte.

„Du kannst das tun“, sagte sie sich ernst und setzte sich auf. Sie sah sich im Spiegel an. „Du bist stark. Du hast schon Schlimmeres überlebt.“

Sie schaute sich um und zwang sich dazu für etwas zu entscheiden. Die gefährliche Seite in ihrem Kopf wies auf das kurze, enge schwarze Kleid hin, welches sie bisher nur einmal getragen hatte. Das würde mit Sicherheit seine ganze Aufmerksamkeit auf sie richten! Entweder das, dachte sie mit einem grimmigen Lächeln, oder sie sah so aus, als ob sie vollkommen verzweifelt auf der Suche nach einem Flirt war. Und dafür hatte sie nun wirklich nicht die Kraft. Nach einem Moment griff sie sich eine schwarze Jeans, ein rotes T-Shirt und ihre Lederjacke. Es war ja nur Daniel, und wenn sie sich schon vollkommen unattraktiv fühlte, dann konnte sie sich auch dementsprechend kleiden. Es war ja nicht so, als ob es jemand bemerken würde.

Seufzend zog sie sich ihre Schuhe an, versuchte noch ihr letztes Glück mit ihren Haaren und legte dezent einen Lippenstift auf, der sie nicht wie eine rote Verkehrsampel aussehen ließ. Dann nahm sie das kleine Geschenk, welches sie für Daniel gekauft hatte und ging zu Tür.

Das würde ein verdammt langer Abend werden.


++++++++

Jack war nervös. Das war lächerlich. Er war nie wirklich eine Mimose gewesen, wenn es um Partys ging, aber heute Abend war er nervös. Aus Tashas Schlafzimmer hörte er den Föhn und er schaute hinunter auf seine Uhr. Es war bereits zehn vor sieben und sie war immer noch dabei sich ihre Haare zu föhnen! Sie würden sich verspäten. Er hasste es, wenn er sich verspätete.

Er stand auf und lief in ihrem überfüllten Wohnzimmer auf und ab, um seine Nerven zu beruhigen. Es war einfach lächerlich nervös zu sein. Er würde bei Daniel mit seinem Team und noch ein paar anderen Leuten, die Daniel eingeladen hatte, zu Abend essen. Er würde mit seinem Team und seiner Freundin zusammen zu Abend essen. Er zuckte augenblicklich zusammen, als er an das Wort dachte. Freundin? Wohl kaum! Nun, wie immer man es auch im einundzwanzigsten Jahrhundert nennen mochte, wenn er schon fast fünfundvierzig war. Tasha war es. Und sie würde heute Abend dort sein, mit dem Rest seines Teams… Mit Carter.

Er hielt in seiner Bewegung inne und starrte aus ihrem Fenster. Seine eigene Reflexion im Glas war nur geisterhaft gegen die Lichter der Stadt. Carter. Er war klug genug, um zu wissen, warum ihn der Gedanke an Carter und Tasha in einem Raum nicht grade Freude bereitete. Seine Gefühle für beide Frauen waren mehr als nur ein bisschen verschwommen. Er mochte Tasha sehr. Sie war klug, lustig und geduldig. Ganz zu schweigen davon, dass sie wunderschön war. Und sie war sehr offen und einfach zu verstehen. Sie sagte genau das, was sie fühlte, wenn sie es fühlte. Es war eine sehr erfrischende Abwechslung.

Carter hingegen… Er konnte nie mit Sicherheit sagen, was sie grade dachte. Nein, das stimmte nicht. Wenn sie zusammenarbeiteten, wusste er genau, was in ihrem Kopf vorging. Ihre militärischen Gedankenstränge waren schon fast identisch. Aber auf einer persönlichen Ebene würde sie ihn mit einem halb amüsierten und halb herablassen Blick ansehen und er hatte nicht den Hauch einer Ahnung, was das zu bedeuten hatte. Manchmal dachte er, dass es Mitleid wäre, andere Male dachte er, dass es Zuneigung, vielleicht sogar Liebe wäre. Aber sie versteckte sich so sehr hinter ihrer militärischen Maske, dass er dachte, sie überhaupt nicht zu kennen. Nicht, dass es irgendwas an seinen Gefühlen ihr gegenüber ändern würde. Sie bedeutete ihm noch immer sehr viel – viel mehr als es ihm erlaubt war in ihrer professionellen Beziehung und der Tatsache, dass er mit einer anderen Frau zusammen war.

Dieser Gedanke machte ihn unruhig und er wandte sich von seiner blassen Reflexion ab und drehte sich zurück in den Raum. Er wusste, dass es nie eine romantische Zukunft für ihn und Carter geben wird und je eher er darüber hinwegkommen würde, desto besser. Und wenn Tasha ihm mit ihrer Wärme, ihrer Offenheit und kompletten Zuneigung dabei helfen konnte, dann wäre er ein Idiot, wenn er sie wegen einem hoffnungslosen Traum abweisen würde… oder?

„Jack?“ Ihre Stimme hinter ihm ließ ihn irgendwo schuldig zusammenzucken, aber er brachte seine Gefühle wieder unter Kontrolle, bevor er sich zu ihr umdrehte.

„Du siehst großartig aus“, sagte er und nahm ihren Anblick – die dunklen, eleganten Locken und dieses Kleid – in sich auf. Sie war immer so verdammt elegant, dass er sich neben ihr total schäbig vorkam. Er schaute an sich herunter. „Bist du enttäuscht?“

Tasha lächelte. „Daniel ist dein Freund“, erinnerte sie ihm, als sie näher auf ihn zuging und seine Hand nahm. „Aber ich denke, dass du toll aussiehst.“ Dann schaute sie auf ihre Uhr und zuckte leicht zusammen. „Entschuldigung.“

Jack zuckte mit den Schultern und griff nach seiner Jacke. „Macht nichts“, versicherte er ihr. „Daniel war in seinem ganzen Leben noch nicht einmal pünktlich. Er wird es nicht einmal bemerken.“

„Das wird bestimmt lustig“, sagte Tasha, als sie seine Hand nahm und sie zur Tür gingen. „Ich kann es kaum erwarten endlich alle mal kennenzulernen.“

Jack lächelte nur und wünschte sich, dass seine eigenen Gefühle bezüglich dieses Themas nicht so verdammt verwirrend waren – und dass dieser Schwarm von Schmetterlingen in seinem Bauch endlich Ruhe geben würde.


+++++++

Sam bemerkte, als sie das Wohnzimmer betrat, dass Daniel es geschafft hatte, eine Menge Leute zusammenzutrommeln, deren Gesichter ihr nicht alle vertraut waren. Sie entdeckte Janet jedoch sofort und ging zu ihr an die kleine Bar, wo sie sich grade ein Drink einschenkte.

„Hey“, sagte Sam und blieb neben ihr stehen. „Ich war mir nicht sicher, ob du es schaffen würdest.“

Janet drehte sich lächelnd zu ihr um. „War ich mir auch nicht“, stimmte sie ihr zu, „aber die Götter – und SG-8 – hatten Erbarmen mit mir und so konnte ich schon früher gehen.“

„Ich bin froh“, antwortete Sam wahrheitsgemäß und sah sich flüchtig nach Jack um.

„Er ist noch nicht hier“, sagte Janet, als sie einmal unschuldig an ihrem Drink nippte.

Mit einem Stirnrunzeln mixte sich Sam ein Gin-Tonic – sie brauchte jetzt wirklich einen. „Wer?“

„Du weißt schon wer“, sagte Janet.

Sam schielte sie aus ihrem Augenwinkel heraus an. „Du hast von seiner Verabredung gehört?“, fragte sie und versuchte ihr Bestes nicht allzu bitter zu klingen.

Janet nickte. „Daniel denkt, dass es ziemlich lustig ist“, sagte sie. „Er kann sich einfach nicht vorstellen, wie jemand, der so klug wie Professor Greene ist, sich in den Colonel verlieben könnte.“

„Huh“, antwortete Sam und griff nach ihrem Glas. Super!

„Ich sagte ihm, dass er absolut keine Ahnung von Frauen hat“, antwortete Janet grinsend. „Er stimmte mir zu.“

Das ließ Sam lächeln und sie nahm einen Schluck von ihrem Drink. „Woah“, seufzte sie – das war stark! „Genau, was ich im Moment brauche.“

Janet sah sie besorgt von der Seite an und legte eine Hand auf ihren Arm. „Komm schon, lass uns reden.“ Sie führte Sam in eine stillere Ecke, setzte sich und gab Sam zu verstehen, dass sie es ihr gleichtun sollte. Irgendwie war sie erleichtert Janet an ihrer Seite zu haben und plötzlich wusste sie, dass sie in der Stimmung war zu reden. „Also“, begann Janet vorsichtig, „wie lange geht das schon mit dem Doktor?“

Sam zuckte seufzend ihre Schultern und sank tiefer in den Armsessel. „Anscheinend schon ein paar Monate.“

„Wow“, hauchte Janet. „Und du hattest keine Ahnung?“

„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf und nahm einen Schluck von ihrem Drink. Sie spürte, wie der Alkohol die Anspannung in ihren Muskeln etwas lockerte. „Ich kann einfach nicht glauben, dass er nichts gesagt hat.“

„Vielleicht wollte er dich nicht verletzen?“, schlug Janet vor, auch wenn es nicht sehr überzeugend klang.

„Huh“, knurrte Sam. „Wenn er sich darum Sorgen machen würde, dann würde er sich nicht mit Tasha treffen, oder?“

„Tasha?“, wiederholte Janet den Namen. „Das ist ihr Name?“

„Ja. Klingt eher wie ein Name, den man seinem Hund geben würde.“

Janet zuckte leicht. „Vorsichtig, Sam“, warnte sie ihre Freundin. „Es ist nicht ihre Schuld.“

„Ich weiß“, seufzte Sam und senkte ihren Blick. „Es ist nur… ich weiß ja, dass da nichts… dass wir nichts miteinander hatten, aber… aber da war etwas… weißt du? Ich dachte, wir hätten so etwas wie eine Vereinbarung.“

„Das dachte ich auch“, nickte Janet. „Ich weiß, dass du ihm etwas bedeutetest, das war offensichtlich.“

„Nicht mehr“, antwortete sie grimmig, als sie einen weiteren großen Schluck von ihrem Gin-Tonic nahm.

Janet antwortete darauf nicht, sondern sagte einfach nur: „Also bist du wütend auf ihn.“

„Er kam mitten in der Kantine damit heraus“, antwortete Sam und erlaubte einen Funken ihrer Wut zur Oberfläche durchzusickern. „Genau vor Daniel und Teal’c! Ich wusste einfach nicht, was ich tun sollte… Ich war so…“

„Verletzt?“

„Ja.“

„Mistkerl.“

„Das hast du gesagt.“

Janet beugte sich nach vorne und nahm Sams Hand in die ihre. „Es tut mir wirklich leid“, sagte sie. „Du hast mehr als das verdient, Sam.“

Sam verdrehte ihre Augen und holte einmal tief Luft. „Ich werd’s schon überleben“, versicherte sie ihrer Freundin. „Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich abserviert wurde.“

„Jack O’Neill ist ein Idiot“, stellte Janet klar. „Er weiß nicht, was ihm entgeht.“

Trotz ihrer Wut verspürte Sam den Drang ihn zu verteidigen. „Komm schon“, sagte sie reuevoll. „Ihm entgeht gar nichts. Es gab doch nie wirklich eine Chance für uns, das weißt du doch.“

Aber Janet schüttelte ihren Kopf. „Sag niemals nie“, sagte sie ihr ernst.

„Jetzt schon“, verdeutlichte Sam ihr mit einem traurigen Lächeln. Sie wollte gerade einen weiteren Schluck nehmen, als sie merkte, dass ihr Glas bereits leer war. „Ich brauche Nachschub“, entschied sie sich.
 
Janet lächelte und leerte ebenfalls ihr Glas. „Hört sich großartig an.“

Als sie sich auf den Weg zurück zur Bar machten, kam Daniel mit einem breiten Grinsen auf sie zu. „Sam“, sagte er bereits leicht angetrunken. Er nahm sie in seine Arme. „Ich bin froh, dass du gekommen bist.“

„Kann ich mir doch nicht entgehen lassen“, versicherte sie ihm, erwiderte seine Umarmung und gab ihn einen Kuss auf die Wange. „Happy Birthday.“

„Danke“, antwortete er fröhlich und beugte sich zu Janet hinunter, damit er sie auch umarmen konnte.

„Ich dachte, dass wir uns bereits begrüßt hätten“, lachte sie, aber ihre Stimme ging in seiner begeisterten Umarmung unter.

„Ich weiß!“, lächelte er. Dann ließ er sie los und schaute über ihre Schulter. „Oh, da ist ja Jack“, rief er und lief zu seinem Freund.

Sams Herz machte einen schmerzhaften Aussetzer und ihr Magen zog sich zusammen. Das war es also. Sie spürte eine beruhigende Berührung von Janet, aber sie brachte einfach kein Lächeln zustande, als sie sich langsam umdrehte, um Daniel mit ihrem Blick zu folgen. Jack stand genau in der Tür, sah sich wie immer um und an seiner Seite stand eine Frau, die wohl Tasha sein musste. Sie war schlank und elegant, ihr dunkles Haar fiel in Locken über ihre Schultern und ihr leicht ovales Gesicht wurde durch zwei große Augen, die genauso dunkel, wie Jack seine waren, erhellt. „Oh Gott“, stöhnte Sam halb zu sich und halb zu Janet. „Sie ist wunderschön.“

„Sieht älter aus als du“, antwortete Janet nach einer Weile, da sie Sams Worte offensichtlich nicht verneinen konnte, und versuchte ihr wenigstens etwas Trost zu schenken. Sam lächelte leicht, sah aber alles andere als ermutigt aus. Sie schaute hinunter auf ihrer Jeans und dem T-Shirt und fühlte sich mehr als denn je, wie der pubertierende Teenager in ihr.

„Ich hätte ein Kleid anziehen sollen“, murmelte sie.

„Du siehst toll aus“, versicherte ihr Janet.
Mit Begeisterung stürmte Daniel zu Jack und begrüßte ihn mit einer Umarmung, die Jack geschickt erwiderte. Sam konnte nicht hören, was sie sagten, aber Daniel redete unaufhörlich auf Tasha ein, welche als Antwort lächelnd nickte. Nach einem Moment drehte sich Daniel um und führte die beiden zurück zu Sam und Janet, die noch immer an der Bar standen. Impulsiv versuchte Sam zu flüchten, aber sofort lag Janets Hand wieder auf ihren Arm. „Steh das jetzt durch“, zischte sie ihr zu. „Du weißt, dass du das irgendwann so oder so tun musst.“

Sam nickte aufgrund der Logik, aber ihr Magen zog sich so eng zusammen, dass es schon wehtat. Hastig schenkte sie sich einen weiteren Drink ein und ließ den Gin gleich vollkommen weg. Jetzt war wirklich nur noch Platz für Tonic.

„Sam, Janet“, sagte Daniel, jetzt nüchterner als noch vor wenigen Minuten und zu Sams grenzenloser Bestürzung, sah sie, wie er sie kurz besorgt ansah. Gott, wusste es bereits jeder? „Seht mal, wen ich gefunden habe.“

Sam schaffte es schwach zu lächeln, als sich Jack und Tasha zu ihnen gesellten. „Hey“, begrüßte Jack sie mit einem Fehlen seiner sonst so fröhlichen Ausgelassenheit. Sie bemerkte, dass er etwas nervös aussah. „Wie geht’s?“

„Gut“, log Sam und hörte Janet neben sich etwas Ähnliches murmeln.

Jack nickte, so als ob er es fast nicht gehört hatte, und wandte sich dann an Tasha. „Ahm, Tasha, das ist Carter und Dr. Fraiser.“ Er schielte flüchtig zu ihnen hinüber. „Das ist Natasha Greene.“

Janet leistete ganze Arbeit. Mit einem breiten Lächeln streckte sie ihre Hand aus. „Es ist schön Sie kennenzulernen, Natasha. Und nennen Sie mich ruhig Janet.“

Tasha schüttelte ihre Hand. „Es freut mich auch Sie zu treffen“, antwortete sie mit einem breiten Lächeln, wobei ihre weißen Zähne zum Vorschein kamen, bevor sie sich an Sam wandte. „Sie natürlich auch, Major Carter“, sagte sie und streckte ihr eine Hand hin. „Jack hat schon so viel von Ihnen erzählt.“

Sam nahm die Hand und spürte, wie etwas in ihr zu zittern begann, als sie zu verstehen begann, dass das die Frau war… das war die Frau, die all das haben könnte, was ihr nie erlaubt sein wird… sie konnte alles mit ihm… Okay, hör sofort damit auf. „Freut mich auch“, antwortete sie mit ruhiger und hoffentlich nicht allzu kühler Stimme. „Und es ist Sam, nicht Carter.“

Tasha lächelte. „Also, dann sind Sie also diejenige, die Jack den ganzen Tag auf Trapp hält?“

Sie lachte etwas und schielte schnell zu O’Neill hinüber. Sein Blick ruhte bereits auf ihr und für einen Bruchteil einer Sekunden trafen sich ihre Blicke, aber der Moment war so verwirrend, dass sie nicht wusste, was er dachte. „Ich gebe mein bestes“, antwortete sie etwas albern.

„Tasha“, unterbrach Daniel sie plötzlich. „Würde es Ihnen etwas ausmachen…? Ich würde gerne… ich habe Ihren Beitrag in der letzten Ausgabe der 'Athena Review’ gelesen und ich habe mir einige Gedanken gemacht…“

Sam drehte sich erleichtert darüber, dass Daniel eingesprungen war, zurück zu den Drinks um. „Kann ich jemanden irgendwas bringen?“, fragte sie über ihre Schulter. Sie war einfach nur froh etwas machen zu können, anstatt mit ihnen zu reden.

„Ich nehme ein Bier“, sagte Jack und stellte sich neben sie. „Tasha? Weißwein?“

„Ja, großartig, danke.“

Wein… Okay… Sam griff, ohne nachzudenken nach einem Glas und einer Flasche. Sie konnte kaum glauben, dass sie hier stand und Jacks Verabredung etwas zu trinken einschenkte. Mehr als eine Verabredung – seine Freundin, seine Partnerin, Lebensgefährtin… was auch immer… Sie begann damit das Glas zu füllen und schenkte dem, was sie wirklicht tat, herzlich wenig Aufmerksamkeit, als sie bereits ihre Flucht plante. Teal’c musste hier noch irgendwo sein, überlegte sie. Sie würde einfach verschwinden, um ihn zu suchen. Vielleicht ging sie dann einfach nur für eine Weile hinaus auf den Balkon…

„Ahm, Carter?“ Jacks leise Stimme war direkt an ihrem Ohr. „Weiß, nicht rot.“

„Huh?“, murmelte sie. Sie war angespannt bis zum äußersten, sodass seine sanfte Stimme sie zusammenzucken ließ.

„Ich denke, dass sie Weißwein wollte.“

„Oh“, sagte Sam nickend. „Richtig… ich habe nicht nachgedacht.“ Sie streckte ihre Hand nach der Flasche Weißwein aus, aber dabei schaffte sie es das halb volle Rotweinglas umzuwerfen, sodass der gesamte Inhalt über den Tisch und Teppich floss. „Verdammt!“

 

„Woah!“, schrie O’Neill auf und schnappte sich eine Handvoll Servierten und warf sie auf die Pfütze, bevor noch mehr auf den Boden tropfen konnte.

„Ich hab’s schon“, murmelte Sam wütend über sich selbst und vollkommen verlegen. Ihre überstrapazierten Gefühle ließen sie fast in Tränen ausbrechen. Aber Jack ließ nicht von den aufgesogenen Servierten ab, als Sam nach ihnen griff und irgendwie verwickelten sich ihre Finger ineinander. Dieser flüchtige Kontakt fuhr wie ein verbotener Rausch durch sie hindurch, es erweckte in ihrem Bauch eine unglaubliche Leidenschaft und ließ ihren Griff um seine Hand wahnsinnigerweise festigen. Ihre Finger zuckten mit einem sanften Druck um seine herum, bevor sie es schaffte ihre Hand schließlich wegzuziehen. Sie spürte, wie sie vor Verlangen und Verwirrtheit rot anlief. Gott, was zum Teufel tat sie nur da? Tasha stand keinen Meter von ihr entfernt!

Neben sich hörte sie, wie Jack sich räusperte. „Sie sollten etwas Weißwein darauf schütten“, sagte er schroff und nickte auf den großen Rotweinfleck auf dem Teppich. „Dadurch zieht es nicht weiter ein.“

„Ja“, murmelte sie und schaute dann mit einem leisen Wimmern zu Daniel auf. „Es tut mir so leid, Daniel. Ich bin so ein Trottel.“

Er zuckte nur mit den Schultern. „So was passiert. Soll ich eine weitere Flasche aufmachen?“

„Ich denke, dass wir noch genug haben“, sagte Janet und wischte weiterhin den Tisch ab, während Sam etwas Weißwein auf den Boden tröpfeln ließ. „Sam“, sagte sie nach einem Moment und berührte ihre Schulter. „Warum gehen wir nicht in die Küche und sehen nach einem Lappen oder etwas Ähnlichem?“

Dankbar schaute sie auf und sie und Janet tauschten einen vielsagenden Blick aus. Flucht. Danke Gott. Und damit stand sie auf, nahm die nassen Servierten an sich und flüchtete, gefolgt von einem Haufen aufgewühlten und verwirrten Gefühlen, in die Küche.
Sie hatte ihn berührt. Sie hatte die Wärme seine Finger gegen die ihren gespürt und sie wollte ihn so sehr, dass es schon schmerzte. Aber er wollte sie nicht, er wollte Tasha. Und dafür hasste sie ihn. So sehr, dass es schmerzte.

Sie hasste ihn.

Sie liebte ihn.

Oh Gott.


++++++++

Jack hörte der Unterhaltung zwischen Daniel und Tasha nur mit einem halben Ohr zu. Obwohl er ihr Thema nicht uninteressant fand, hatte er wirklich keinen Nerv für ihre Unterhaltung. Seine Gedanken waren zu sehr abgelenkt. Und so stand er bei ihnen, während er an seinem Bier nippte und sein Blick immer öfters zur Küche abschweifte.

Er konnte Carter sehen, wie sie leise mit Janet redete. Sie goss sich einen weiteren Drink ein und kippte ihn ziemlich schnell runter. Das überraschte ihn. Er hatte Carter nie als jemanden gesehen, der viel trank. Sie schien immer viel zu kontrolliert zu sein, um sich so gehen zu lassen, im Gegensatz zu ihm natürlich. Nur noch ein weiterer Unterschied zwischen ihnen.

Er seufzte, als er sie beobachtete, wie sie gegen die Kante der Spüle lehnte, während sie mit Janet redete, die mit etwas im Spülbecken beschäftigt war. Es kam nicht oft vor, dass er sie ohne ihre Uniform sah und er musste zugeben… Wow… Schwarze Jeans, die genau die richtigen Stellen betonten, ein T-Shirt, das ebenfalls dieselbe Aufgabe erfüllte, ihr Haar war leicht durcheinander, sodass es ihre Gesichtszüge lebendig machten. Er war noch nie jemand gewesen, der die typisch schönen Frauen bevorzugte. Die, die man sich nicht traute zu berühren, da man ja ihre Frisur ruinieren oder ihr Kleid verrutschen könnte. Aber Carter…

„Also“, sagte Tasha neben ihm und legte ihren Arm durch seinen. „Jetzt muss ich nur noch Teal’c kennenlernen… Ist er hier?“

„Ahm“, murmelte Jack räuspernd, als er schnell in ihre Richtung sah. „Ich habe ihn noch nicht gesehen…“

„Er ist in meinem Arbeitszimmer“, erklärte Daniel. „Dr. Bell hat vorhin mit ihm gesprochen und sie haben sich dann in diesen ganzen kulturellen Relativismus vertieft… Teal’c gibt ihm einen kleinen geschichtlichen Hintergrund über die Jaffa-Kultur. Ich denke, dass sich Steve Notizen macht oder so.“

Tasha schaute grinsend zu Jack auf. „Weißt du“, sagte sie, „ich muss zugeben, dass sich das ziemlich interessant anhört. Ich weiß, dass es eine schreckliche Spaßbremse ist, aber…?“

Jack lächelte aufgrund ihres verlegenen Eifers… das war eines der Dinge, die er an ihr mochte. „Hey“, sagte er und ging einen Schritt zurück. „Wenn du Teal’c zuhören willst, wie er über tote Jaffa berichtet, dann werde ich dich nicht aufhalten. Ich bin glücklich mit meinem…“ Er schaute hinunter auf sein Bier. „…meinem Bud hier.“

„Bist du dir sicher?“, fragte sie. „Du wirst auch nicht schmollen?“

Er zog eine Augenbraue hoch. „Ich schmolle nicht.“

„Huh!“, lachte sie und über ihre Schulter hinweg konnte Jack Daniel sehen, wie er vergeblich versuchte ein Grinsen zu verstecken. Aber Tasha beruhigte ihn, als sie leicht seinen Arm drückte. „Bist du dir auch sicher?“

„Sicher“, antwortete er und er meinte es auch so.

Sie lächelte und stellte sich leicht auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. Er fühlte sich mit Daniel neben ihm etwas unsicher, aber trotzdem erwiderte er den Kuss. Als sie sich trennten, schaute er instinktiv hinüber zur Küche. Gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie Carter abrupt ihren Blick von ihm abwandte und er wusste, dass sie es gesehen hatte. Und das störte ihn. Mehr als er angenommen hatte.
„Wenn ich zu lange weg bin, dann komm und hol mich“, rief sie, als Daniel sie bereits aus dem Zimmer führte. „Und das ist mein Ernst!“

Jack lächelte nur und hob als Antwort sein Bier. Aber als er sich umdrehte, verschwand sein Lächeln jedoch und er wandte seine Aufmerksamkeit zurück zur Küche. Carter war verschwunden, nirgends zu sehen, aber Janet war noch immer fleißig am Arbeiten. Es sah so aus, als ob sie mit ein paar Pizzakartons herumhantieren würde. Jack grinste plötzlich. So geht’s auch, Daniel. Nichts geht doch über etwas Raffinesse!

Er bahnte sich sein Weg durch die Menge und ging in die Küche. „Brauchen Sie Hilfe?“, fragte er Janet, als sie Schubladen und Schränke nach etwas durchsuchte.

Sie drehte sich zu ihm, und bevor sich ihre Gesichtszüge entspannten, konnte er noch ein leichtes Stirnrunzeln sehen. „Wissen Sie zufällig, wo er so etwas wie Servierplatten aufbewahrt?“

Jack zuckte mit den Schultern. „Ich weiß, wo sich das Bier befindet“, bot er ihr an. Und dann. „Was ist mit diesen Platten hier denn nicht in Ordnung?“

„Nichts“, murmelte Janet, „ich dachte einfach nur, dass sie zu klein wären.“

„Ich denke, wir werden das schon hinbekommen“, entschied er, als er sich eine Platte nahm, und begann die Pizza aus den Karton zu nehmen.

„Und ich dachte“, sagte er grinsend, „dass Daniel wirklich etwas kochen würde.“

Janet erwiderte leicht das Lächeln, als sie ihm einen weiteren Karton reichte. „Das Leben ist zu kurz, Colonel“, sagte sie. „Ich persönlich habe seit zehn Jahren nicht mehr gekocht.“ Ihre Stimme war fröhlich, aber in ihr schwang eine merkwürdige Anspannung mit, eine Härte, die er nur selten an ihr gesehen hatte.

„Alles in Ordnung, Doc?“, fragte er mit einem Seitenblick, als er weiterhin Pizzastücke auf die Platten verteilte. „Sie wirken etwas angespannt.“

„Ich?“, fragte sie, als sie zu ihm herumwirbelte und ihm einen wütenden Blick zuwarf. Ihr Kiefer war angespannt. „Mir geht’s gut, Sir“, antwortete sie vorsichtig und schluckte ihre Gefühle hinunter, bevor sie sich wieder an ihre Arbeit machte. Ihre Gesichtszüge wurden ausdruckslos.

Jack fuhr sich mit seiner Zunge über seine Lippen und sah sich in der Küche um. Sie waren allein. „Ah… was?“, fragte er, da er wusste, dass sie ihm etwas verheimlichte.

Ihr Blick verdunkelte sich erneut und sie nahm eine Platte in die Hand, um sie hinaus zu Daniels Gästen zu bringen. „Das geht mich nichts an, Sir“, sagte sie mit einem flüchtigen, prüfenden Blick.

„Wahrscheinlich nicht“, stimmte Jack ihr zu, als er nach seinem Bier griff und einen nervösen Schluck nahm. „Warum sagen Sie es mir nicht trotzdem?“

Janet antwortete ihm nicht sofort, sondern beobachtete ihn vorsichtig. „Gehen Sie und fragen Sie Sam.“

Er starrte sie überrascht an. „Carter?“

„Reden Sie mit ihr, Colonel“, sagte Janet. „Und versuchen Sie es nicht noch schlimmer für sie zu machen, als es eh schon ist.“

Damit ging sie an ihn vorbei hinaus ins Wohnzimmer und ließ einen ziemlich verwirrten Colonel alleine zurück.


++++++++


Die Abendluft war kühl, schon fast kalt. Aber der Alkohol, der Sams Kehle hinunterrann, machte sie immun gegen die Kälte und ließ ihren Blick über die glitzernden Lichter der Stadt wandern. Ihr grelles Licht verblasste das der Sterne, unter ihr leuchteten die Lichter in allen Farben, gelegentlich begleitet von den Sirenen der Polizei. Eine ganze Stadt voll mit Menschen und sie stand hier ganz allein.

Es war schon lange her – Jahre – seit sie sich das letzte Mal so einsam gefühlt hatte. Da war ein einzigartiger Beigeschmack, wenn man zurückgewiesen wurde, der sich ins Gesamtbild fügte. Sam verspürte keine Gewissensbisse alleine zu sein, das hatte sie noch nie. Aber das hier war eine andere Einsamkeit, besonders diese bittere Einsamkeit, die sie schon den gesamten Abend begleitete. Von dem Gefühl, das man einem so viel bedeutet, dass man für denjenigen sterben würde, bis hin… zu viel weniger als das, begleitet von diesem einzigartigen Gefühl der Ausgeschlossenheit. Wo sie anfangs noch Teil von etwas war, wenn auch unausgesprochen und kaum anerkannt, war sie jetzt vollkommen allein. Ihre Gefühle für Jack waren noch immer stark, obwohl sie jetzt zwischen Liebe und Verlust hin und her schwankten… Aber was auch immer sie waren, gab es eine schreckliche Tatsache, die so klar wie der Nachthimmel war – sie waren unerwidert und ungewollt.

Die Erkenntnis war so schlimm, dass sie hätte weinen können. Schon fast wünschte sie sich, dass sie diese Art von Frau war, die genau das tun würde… Aber das war sie nicht. Stattdessen nahm sie einen weiteren Schluck von ihrem viel zu starken Gin-Tonic und seufzte ihre Frustration hinaus in die kalte, stille Nacht.

„Es ist eine wunderschöne Nacht“, sagte eine Stimme hinter ihr, die sie erstarren ließ… es war Jack.

Sam drehte sich nicht zu ihm um, bewegte sich keinen Zentimeter. „Ja, Sir.“

Er schwieg für einen Moment: „Was machen Sie hier draußen so alleine?“

Sam spürte, wie sich ihre Kehle zuschnürte, als sie Sorge aus seiner ruhige Stimme heraushörte. Verdammt! Warum musste er so mit ihr reden? Warum musste er sich so sanft anhören? Das ließ sie immer so… Sie schloss ihre Augen, um ihre Kontrolle zurückzugewinnen. „Ich wollte nur für einen Augenblick allein sein“, sagte sie und hoffte, dass er den Hinweis verstand.

Natürlich tat er das nicht. Oder noch wahrscheinlicher, er ignorierte es einfach. Jack kam ein Schritt näher auf sie zu. „Sie sehen traurig aus.“
Er stellte sich neben sie. „Was ist los?“

„Nichts“, antwortete sie. Die aufgebrauchte Lüge kam schon automatisch über ihre Lippen, als sich jeder Muskel in ihrem Körper langsam und schmerzhaft anfing anzuspannen, bis sie Angst hatte, dass sie auseinanderfallen würde. „Mir geht’s gut.“

Jack nickte. Sie konnte diese Bewegung aus ihrem Augenwinkel heraus sehen, aber sie sah ihn nicht an. „Ich, ahm“, begann er leise, „ich hoffe…“ Er räusperte sich und drehte sich so, dass er sie ansehen konnte und sein Arm gegen die Brüstung lehnte. „Sehen Sie Carter… vielleicht liege ich ja auch komplett daneben, aber… Das hat nichts mit mir und Tasha zutun, oder?“

Nicht ein Muskel rührte sich. Noch nicht mal ein Blinzeln. „Nein, Sir.“

„Nein, Sir“, wiederholte er leise ihre Worte. „Nun… da bin ich froh. Was ist es dann? Seit Freitag benehmen Sie sich etwas merkwürdig. Habe ich irgendwas gemacht? Sie scheinen ziemlich wütend zu sein.“

Bisher war ihre einzige Bewegung die gewesen, dass sie ihr Glas zu ihren Lippen führte und einen großen Schluck von ihrem Gin-Tonic nahm. Langsam spürte sie die Nachwirkungen ihres dritten – oder ihres bereits vierten? – sehr starken Getränkes. Aber sie war weder beschwitzt noch angeheitert und so spürte sie, wie ein paar ihrer Dämme der Beherrschung in ihr zusammenbrachen – oder sie vielleicht auch nur von ihrer Wut zerstört wurden. Aber sie hatte noch nicht die Kontrolle verloren. Eigentlich hatte sie noch nie das Gefühl gehabt so Herr der Lage zu sein, wie in diesem Moment, als sie sagte: „Ich hätte einfach nur gewünscht, dass Sie es mir gesagt hätten. Das ist alles.“

„Ihnen was gesagt?“, fragte er neugierig.

„Dass Sie sich mit… jemanden… treffen“, erklärte sie ihm. Sie brachte es noch nicht einmal fertig den Namen dieser Frau auszusprechen. Wie lächerlich war das denn?

„Oh.“

Immerhin drehte sie schließlich ihren Kopf in seine Richtung. Jack starrte mit einem Stirnrunzeln hinunter auf sein Bier. „Das ist alles?“, fragte sie bitter. „Oh?“

Es war noch immer eine tiefe Falte auf seiner Stirn zu sehen, als er zu ihr aufschaute. „Ich…“, begann er etwas unbehaglich. „Ich… weiß nicht… ich meine, es hat sich alles so langsam entwickelt, dass ich nicht dachte…“

„Genau“, unterbrach Sam ihn und ruckartig war ihr Blick wieder auf die Stadt vor ihr gerichtet.

„Niemand vor euch wusste davon“, fügte er ziemlich geschlagen hinzu. „Ihr seid die Ersten, denen ich es gesagt habe.“

Sam schüttelte nur den Kopf. Sie war vollkommen sprachlos, dass er so wenig ihre Gefühle verstand. „Ich meinte“, sagte sie mit einer vorsichtig kontrollierten Stimme. Sie wollte nicht, dass er den Verrat heraushörte. „Ich meinte, dass ich mir gewünscht hätte, dass Sie es *mir* gesagt hätten – nur mir.“ Ihr Blick flog zurück zu seinem Gesicht und sie sah, wie er vor der Wut in ihren Augen zusammenzuckte. Und in diesem Moment war es ihr vollkommen egal. „Habe ich denn nicht wenigstens das verdient?“

Er war offensichtlich geschockt. „Ich dachte, Sie wären erfreut darüber“, stammelte er.

Erfreut? Durch ihren Alkoholdunst starrte sie in sein verwirrtes Gesicht. Erfreut? Erfreut darüber, dass er jemanden anderen sah? Erfreut darüber, dass er glücklich war…? Nagende Schamgefühle machten sich in ihrem Brauch breit. Er hatte recht. Wenn sie noch irgendwelche Gefühle für ihn hatte, dann sollte sie sich wenigstens für ihn freuen, dass er jemanden gefunden hatte, der ihn glücklich machte. Es war ja nicht so, als ob *sie* jemals diese Person sein könnte. Nicht in dieser Realität. Scham verwandelte sich schnell in Reue.

„Es tut mir leid“, sagte sie plötzlich und schaute wieder zurück hinunter auf die Stadt. „Ich freue mich für Sie“, sagte sie die Worte, die er verdient hatte, zu hören, nur wünschte sie auch, dass sie so meinte. „Ich denke, ich war einfach nur überrascht.“

„Ja… ich auch“, murmelte er. Dann näherte er sich ihr einen Schritt. „Sehen Sie, Carter“, flüsterte er. „Ich hoffe, ich habe nicht… ich meine… Gott, ich bin so schlecht in solchen Dingen.”

Sie schielte zu ihm hinüber und musste schon fast aufgrund seiner Ehrlichkeit lächeln. Aber die vertraute Woge der Zuneigung für ihn war zu schmerzhaft und anstatt eines Lächelns, fühlte sie einen Klumpen ihren Hals und musste wegschauen. „Sie schulden mir keine Erklärungen“, sagte sie müde.

„Ich weiß“, stimmte er ihr zu. „Aber… ich hoffe, ich habe Sie nicht verärgert habe oder etwas dergleichen. Ich hoffe, ich habe Sie nicht verletzt… das wäre das Letzte, was ich wollte.“

Diesmal lächelte Sam; auch wenn es sich bitter anfühlte. „Ja. Sicher.“

„Ich meine es“, sagte er und berührte leicht ihren Arm, damit sie ihn wieder ansah. Sie widerstand jedoch dem Drang.

„Das ist nicht wichtig“, antwortete sie und entzog sich dem sanften Druck auf ihrem Arm.

„Das ist es, wenn ich Sie verletzt habe, Sam.“ Indem er ihren Namen benutzte, verstärkte er nur den Schmerz in ihr. „Ich dachte nicht, dass Sie fühlen würden…“

Schnell entfernte sie sich von ihm. Sie wollte nicht, dass er diesen Satz zu Ende führte. „Wir sollten wieder reingehen“, unterbrach sie ihn. „Daniel wird sich schon fragen, wo wir bleiben.“

Aber er blockierte ihr den Weg. „Nein, wird er nicht. Er ist grade mitten in so einem… Anthropologending vertieft.“

Sam blinzelte und sie traf nur flüchtig seinen Blick. Dunkel, tief und ernst beobachtete er sie mit aufrichtigen, geschützten Gefühlen. Es war nicht das erste Mal, dass er sie so angesehen hatte, aber bei jeder anderen Gelegenheit schaffte sie es in diesem Moment nicht die Kontrolle zu verlieren. Diesmal jedoch, wo der Alkohol ihr Urteilsvermögen beeinträchtigte, war sie sich ihrer Selbstbeherrschung nicht mehr so sicher. „Bitte“, flüsterte sie, „lassen Sie es uns einfach vergessen.“

„Was?“

„Alles“, antwortete sie zusammenhangslos.

„Sam…?“

„Bitte“, murmelte sie und versuchte sich an ihm vorbeizudrücken.

Aber so einfach würde er sie nicht gehen lassen und deshalb umfasste er mit einem festen Griff ihren Arm. „Nein“, sagte er und hielt sie dort an ihrem Platz fest. „Wir können das nicht so einfach vergessen, Carter. Wir müssen das klären. Wir müssen…“

„Nein, müssen wir nicht!“, schnappte sie und drehte sich zu ihm um.
„Wir müssen überhaupt nichts tun… wir haben vorher auch nie etwas getan, also, warum sollen wir jetzt damit anfangen?“

„Carter“, sagte er vorsichtig, seine Hand umfasste noch immer ihren Arm. „Wir müssen immer noch weiter zusammenarbeiten. Das wird nicht passieren, wenn Sie deswegen weiterhin wütend auf mich sind.“

Ihre Wut, die sie so erfolgreich unterdrückt hatte, lungerte jetzt gefährlich nahe an der Oberfläche. „Oh, also ist es jetzt ein Problem des Teams?“

„Es betrifft immer das Team“, stellte er klar, sein eiskalter Blick hielt sie an ihrem Platz fest. „Darum geht’s doch im Grunde, oder nicht?“

Schweigend hielt sie seinem Blick stand, während sich seine Finger um ihren Arm festigten. „Fein“, sagte sie schließlich, „Dann wollen Sie also, dass ich für das Wohl des Teams alles vortäusche? Das kann ich, Sir, gar kein Problem.“ Sie zwang sich zu einem breiten Lächeln, von dem sie wusste, dass es erbärmlich aussehen musste. „Mir geht’s gut, Sir. Ich war noch nie so glücklich.“

„Ich will nicht, dass Sie auch nur irgendwas vortäuschen“, widersprach er ihr.

„Was dann?“

Er schwieg. Sein Blick weiterhin auf sie gerichtet. „Ich verstehe nicht, warum Sie so wütend sind… Können wir nicht einfach gute Freunde sein?“, fragte er vorsichtig. „So wie zuvor?“

Freunde? „Einfach gute Freunde?“, echote sie bitter. „Das denke ich nicht, Sir.“

„Warum nicht?“

Sie schaute weg von ihm und entzog ihren Arm seinen inzwischen losen Griff, um sich selbst zu umarmen. „Weil wir nie Freunde waren, Sir.“

„Sicher waren wir das“, antwortete er nervös. „Ich meine, ich dachte, wir hätten…“

„Dann haben Sie sich was vorgemacht.“

„Das glaube ich nicht.“

Sie zuckte nur mit den Schultern. „Wir waren nie Freunde“, wiederholte sie ihre Worte und verspürte das kindische Verlangen ihn zu verletzten, so wie er es mit ihr gemacht hatte. „Und wir können es auch jetzt nicht sein.“

Seine Antwort war unerschrocken, wenn auch besorgt. „Warum nicht?“

„Weil ich nicht Ihre Freundin sein will“, flüsterte sie. „Ich bin es nie gewesen.“

Jack antwortete ihr nicht, aber sie konnte den Schock in seinen Augen sehen, bevor er seinen Blick abwandte. „Verstehe.“

Sie bezweifelte, dass er es verstand, aber sie würde es ihm nicht erklären. Ihre Gefühle für ihn waren zu kompliziert und zu tief, als dass sie je auf etwas so einfaches wie eine Freundschaft reduziert werden könnten. Er fühlte offensichtlich anders und das Letzte, was Sam wollte, war diesen Unterschied zu diskutieren. Er hatte das hinter sich gelassen, aber sie wusste, dass sie noch sehr lange brauchen würde, bis ihr eigenes Herz selbst dazu bereit war, diesen Schritt zu gehen. „Es tut mir leid“, murmelt sie, doch sie war sich nicht wirklich sicher für was.

„Mir auch“, murmelte er, sein Blick noch immer gesenkt und auf irgendeine Stelle auf dem Boden fokussiert. Er rührte sich nicht, als sie an ihm vorbeiging, er sah nicht auf, er sagte kein Wort. Sie schaute nur einmal über ihre Schulter zu ihm zurück, bevor sie den Balkon verließ, und sah, wie er am Rande der Brüstung stand und hinunter auf die Stadt schaute. Sie konnte nur sein Profil sehen, ausdruckslos und angespannt. Sam erschauderte. Wenn es möglich gewesen wäre, dann fühlte sie sich jetzt noch schlechter als zuvor. Irgendetwas war grade zerbrochen, bemerkte sie, etwas, was sie für so lange miteinander verbunden hatte – Vertrauen, ein gemeinsames Einverständnis. Eine Freundschaft. Und das Loch, welches diese Zerstörung in ihrer Seele zurückließ, war so tief, dass sie Angst hatte, dass es sie verschlingen würde.


+++++++++

Die Rückfahrt zu ihrer Wohnung verlief meist im Schweigen. Tasha schielte ein paar Mal hinüber zu Jack, aber sein Blick war starr auf die Straße gerichtet und sie konnte anhand der Anspannung seiner Kiefermuskeln sagen, dass er jetzt nicht in der Stimmung war zu reden. Sie unterdrückte ein irritiertes Seufzen und dachte an den Abend zurück. Alles im allen hatte es Spaß gemacht. Sie musste zugeben, dass sie Daniels Gesellschaft sehr genossen hatte. Dieser Mann war brillant, wenn auch ein wenig exzentrisch. Und er Jaffa, Teal’c, hatte ihr wirklich die Augen geöffnet. Sie würde für die Möglichkeit töten einmal seinen Heimatplaneten zu besuchen. Wie hatte er gesagt hieß er? Chulak?

„Jack?“, fragte sie flüsternd und ignorierte die offensichtliche
Verärgerung, die sich auf seinem Gesicht abzeichnete, als sie ihm bei seinen Grübeleien unterbrach. „Besucht Teal’c eigentlich noch Chulak?“

„Nicht oft“, antwortete er. „Er ist nicht grade sehr beliebt dort.“

Verdammt. Das war es dann also. Sie fielen zurück ins Schweigen, aber ihre kurze Unterhaltung schien Jack daran zu erinnern, dass sie reden wollte, also, begann er nach einem Augenblick zu sprechen, mit offensichtlich viel Mühe, wie sie vermutete. „Du magst ihn, nicht wahr?“

„Teal’c?“, lächelte sie. „Ja. Die Gesellschaft der Jaffa ist faszinierend. Hast du jemals mit ihm darüber gesprochen?“

„Nicht viel.“

Große Überraschung. „Es würde dir nicht schaden“, flüsterte sie. „Es steckt mehr in ihm, als nur über Waffen und Strategien zu lehren.“

„Das weiß ich.“

Tasha seufzte und überlegte, ob es ein Thema gab, welches ihn vielleicht etwas aufheitern konnte. Sie wusste nicht warum, aber irgendwann im Laufe des Abends war er in ein tiefes Schweigen gefallen und nichts, was sie tat oder gesagt hatte, kam auch nur annähernd daran diese Schale zu durchbrechen. „Major Carter scheint… nett zu sein“, versuchte sie es erneut.

Jack antwortete ihr nicht.

Ihr Verstand wanderte zu einer Vermutung, die sich während des Abends in ihren Kopf eingenistet hatte. „Ist da irgendwas zwischen ihr und Daniel?“, fragte sie neugierig. „Als wir gingen, war sie geradezu überall über ihn.“

„Sie sind Freunde“, antwortete er steif. „Das ist alles.“

„Wirklich?“, presste Tasha weiter, da sie sich sicher war, dass sie da auf etwas gestoßen war. „Sie saß außerordenlich nahe, wenn nicht sogar auf seinem Schoß…“

„Sie war betrunken“, schnappte er und wechselte auf die Nebenspur, um den Wagen vor ihnen zu überholen.

„Ach wirklich“, stimmte Tasha ihm mit einem Lachen zu. „Ich dachte, dass sich nur Kadetten auf den Partys von anderen so betrinken!“

Sie sah, wie etwas über sein Gesicht huschte und das Auto wieder ausschwenkte. „Sie hatte einen schlechten Tag.“

„Genau“, antwortete Tasha und schielte auf den Tacho. Er fuhr schnell. Sehr schnell. „Ahm, sind wir in Eile?“

Jack runzelte irritiert seine Stirn. „Was?“

„Du fährst fast hundertfünfzig.“

Er nahm augenblicklich seinen Fuß vom Gaspedal und das Auto fuhr langsamer. „’Tschuldigung“, murmelte er und er klang noch immer angespannter, als dass es ihm leidtun würde. Tasha biss sich auf ihre Zunge. Sie hatte bereits diese Seite von Jack O’Neill erleben dürfen und wusste, dass man ihm an besten in Ruhe ließ. Ein Teil von ihr dachte, dass seine Grübeleien dunkel und geheimnisvoll waren, aber meistens seufzte sie. Schließlich fuhr er von dem Freeway und in ihre ruhige Nachbarschaft, bis er vor ihrem Gebäude stehen blieb.
Sie schaute zu ihm hinüber. „Kommst du noch mit rein?“

Zuletzt drehte er doch noch seinen Kopf in ihre Richtung und der entschuldigende Blick ließ seine dunklen Züge etwas erweichen. „Nein, tut mir leid. Wir haben morgen eine Mission und davor um 0700 eine Besprechung. Ich werde auf dem Stützpunkt schlafen.“

Tasha nickte. „Okay“, sagte sie und beugte sich zu ihm herüber, um ihm einen Gutenachtkuss zu geben. „Sei vorsichtig, ja?“

„Immer“, versicherte er ihr und erwiderte leicht den Kuss. Aber bevor sie gehen konnte, ergriff er ihre Hand. „Entschuldigung“, murmelte er. „Ich bin den Abend wohl etwas… abgelenkt gewesen.“

„Ja“, stimmte ihm Tasha zu. „Willst du vielleicht über irgendwas reden?“

Er schüttelte den Kopf. „Nein.“

„Okay.“ Mit einem Schulterzucken drückte sie leicht seine Hand, bevor sie aus dem Auto stieg. „Gute Nacht, Jack. Und eine schöne Reise.“

„Darauf kannst du wetten“, antwortete er mit einem dünnen Lächeln. Und dann verschwand er in die Nacht. Tasha schüttelte seufzend den Kopf. Sie war sich nicht wirklich sicher, ob sie sich von dieser dunklen und sprunghaften Seite an ihm angezogen fühlte oder, ob es einfach nur ermüdend war.


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Langsam fuhr Jack zum Stützpunkt zurück, seine Anspannung legte sich jetzt, wo Tasha nicht länger neben ihm saß und sein Verlangen nach Einsamkeit wurde ihm somit erfüllt… Es gab ihm die Möglichkeit sich noch einmal Detail für Detail seine Unterhaltung mit Carter durch den Kopf gehen zu lassen. Er wünschte wirklich, dass er verstehen würde, was dort passiert war.

Sie war so wütend, weil er ihr nicht von Tasha erzählt hatte. Das hatte ihn vollkommen überrascht, aber als er versucht hatte, sie zu beruhigen, ihr zu versichern, dass sie weiterhin seine Freundschaft haben würde, da hatte sie es ihm zurück in sein Gesicht geworfen. Nie würde er ihre eisige Stimme vergessen, mit der sie diese Worte ausgesprochen hatte: „Ich will nicht Ihre Freundin sein. Ich bin es nie gewesen.“

Und seit er sich sicher war, dass sie nicht mehr als Freundschaft von ihm wollte, was blieb da noch übrig?

Nichts.

Allmählich verwandelte sich die Anspannung, die er schon den ganzen Abend mit sich herumtrug in ein Gefühl des Verlustes. Es war wahrscheinlich ein ihm nur allzu vertrautes Gefühl. Verlust…ein schmerzhafter Verlust… Trauer…Trennung. Er hatte seine Möglichkeit gehabt, mehr als nur das, wenn er ehrlich war, aber das Schicksal schien es nicht gut mit ihm zu meinen, denn es hatte ihm das Wertvollste in seinem Leben genommen.

'Weil ich nicht Ihre Freundin sein will. Ich bin es nie gewesen.’

Es hatte ihm seinen Glauben genommen. Wenn er sich in einer Sache in all den Jahren, in den sie zusammen gedient hatten, sicher war, dass Carter immer da sein würde, genau an seiner Seite. Sie würde mit ihm im Kampf kämpfen – als seine Kriegskameradin und seine Freundin. Vor allem aber, war sie das Letztere immer gewesen. Abgesehen von der Chemie zwischen ihnen, ihrer gegenseitigen Zuneigung und den tiefen Gefühlen, war sie immer sein Fels in dem Chaos gewesen, welches sie umspült hatte. Carter, ihr hatte er mehr als jedem anderen vertraut… Seine Carter… Seine Freundin… Jedenfalls hatte er das immer gedacht.

Natürlich hatte er schon immer vermutet, dass sie nie seine Gefühle erwidern würde, nie richtig… Ohne Zweifel, es gab da diese gewisse Anziehung; ein kleiner freudiger Nebeneffekt von ihrer koketten Beziehung, aber sie wollte nie darüber hinausgehen. Nicht, dass sie es wirklich hätten tun können, aber Carter war noch nicht einmal bereit dazu gewesen diese Grenzen weiter auszureizen, als nur einen kurzen Drink nach der Arbeit. Aber trotz alledem hatte er immer geglaubt, dass sie Freunde waren. Er wusste, dass sie seine Gefühle ihr gegenüber nicht wirklich akzeptiert hatte, aber er hätte nie gedacht, dass sie ihn nicht akzeptieren würde!

Es war schon spät, als Jack eincheckte und seinen Ausweis herauszog. Er parkte auf seinem Lieblingsplatz, gleich neben dem Fahrstuhl, aber er stieg nicht sofort aus. Mit geschlossenen Augen lehnte er sich zurück und fragte sich zum tausendsten Male, warum Carter so wütend war. Es machte keinen Sinn, dass sie eifersüchtig war. Immerhin war sie diejenige gewesen, die darauf bestand hatte, dass dieses ganze Chaos schön in dem Raum weggeschlossen blieb. ‚Niemand muss je etwas davon erfahren’, sagte sie – es waren fast ihre ersten Worte gewesen, die ihren Mund nach der gezwungen Darlegung ihrer Gefühle, verlassen hatten. Also, warum sollte sie eifersüchtig sein?

Eine hässliche Vermutung nistete sich dunkel in seinen Kopf ein, als er hinaus auf den dunklen Parkplatz starrte. Was, wenn seine Gefühle für sie, ihr ein Machtgefühl über ihn gaben? Einiges muss sich für sie geändert haben, als sie erfahren hatte, dass ihr CO lieber für sie gestorben wäre und nicht nur, weil es sein Pflichtgefühl von ihm verlangte, sondern weil er wirklich lieber gestorben wäre, als sie zu verlieren. Was, wenn sie dieses Machtgefühl genossen hatte, was mit diesem Wissen kam? Was, wenn ihr jetzt wirklich klar geworden war, dass sie diese Macht über ihn verloren hatte? Vielleicht hatte sie ja deswegen sein Freundschaftsangebot abgelehnt.

Er schüttelte nur den Kopf. Er konnte sich nicht wirklich vorstellen, dass Carter zu so etwas in der Lage wäre, aber sein Glaube an sie begann stark zu schwanken.

'Ich will nicht Ihre Freundin sein. Ich bin es nie gewesen.’

Sie wollte seine Freundschaft nicht und sie wollte mit Sicherheit nicht mehr als Freundschaft, also, was zum Teufel wollte sie dann von ihm? Nichts, wie es aussah.

Langsam verwandelte sich sein Schmerz in Wut. Jack drückte die Tür seines Trucks auf und stapfte zum Fahrstuhl, der ihn hinunter ins SGC bringen würde. Sie wollte also nicht seine Freundin sein? Na schön. Dann würden sie eben keine Freunde sein. Er würde ihr CO sein und nicht mehr. Er konnte das. Verdammt noch mal, er konnte das sogar sehr, sehr gut.

Sie hatte ja keine Ahnung, was sie da erwarten würde.


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Sam wachte mit pochenden Kopfschmerzen und einen unglaublichen Durst auf. Sie stolperte durch den dunklen Flur von ihrem Schlafzimmer zum Badezimmer, um sich ein Glas Wasser einzuschütten… Schon wieder… Gott, sie fühlte sich ausgelaugt, vollkommen ausgetrocknet. In ihrem Bauch befand sich bereits nichts mehr von dem Alkohol, welches es nicht in ihren Blutkreislauf geschafft hatte… und Gott, hatte sie Kopfschmerzen.

Sie wagte es nicht das Licht einzuschalten, als sie das Wasser trank, und füllte das Glas ein zweites Mal auf, bevor sie zurück zu ihrem Bett schlurfte. Aber als sie sich müde wieder zurück unter ihre Decke legte, dachte sie noch vage daran, dass heute früh irgendwo sein sollte, und zwang sich ein Auge zu öffnen, um auf ihren Wecker zu schielen. Es sagte ihr, dass es 06:42 Uhr war.

Sie schloss ihre Augen und versuchte sich daran zu erinnern, wann und wo sie eigentlich sein sollte… Aber ihr Kopf pochte so hart und ihr Bauch schlug noch immer Purzelbäume, dass… Verdammt! Ihre Augen flogen auf, als der Rest von ihrer Professionalität sich durch ihren Kater kämpfte. Missionsbesprechung um 07:30 Uhr. Sie hatte nur noch 45 Minuten. Oh Gott!

Schnell schlug sie ihre Decke zurück und kämpfte sich erneut aus ihrem Bett. Sie ignorierte ihre Kopfschmerzen und die Tatsache, dass ihr Mund wie Baumwolle schmeckte. Fünfundvierzig Minuten um zu duschen, sich anzuziehen und zum Stützpunkt zu kommen. Zumindest war der Verkehr um diese Zeit nicht so stark, aber… VERDAMMT! Kein Auto… Janet hatte sie nach Hause gefahren und sie hatte ihr Auto noch bei Daniel stehen. Verdammt, verdammt, verdammt.

Taxi.

Immer noch gegen die Kopfschmerzen und der Übelkeit ankämpfend, griff sie nach dem Telefon und begann zu wählen. Die trübe Stimme, die ihr antwortete, klang nicht sehr begeistert, aber immerhin versprach er ihr, dass jemand in zwanzig Minuten vor ihrer Haustür stehen würde. Mit übermenschlicher Anstrengung stellte sich Sam unter die Dusche und fiel schon fast in ihre Uniform. Sie putze noch immer ihr Stiefel, als sie ein lautes Klopfen an ihrer Tür hörte. Sie zuckte bei den Gedanken an ihre Nachbarn leicht zusammen, aber sie hätte den Taxifahrer um den Hals fallen können, dass er so schnell hier war.

„Cheyenne Mountain Complex“, sagte sie ihm, als sie sich auf den Rücksitz fallen ließ. Durch ihr noch ganz nasses Haar wurde ihr Kragen der Jacke ganz feucht, aber immerhin würde sie nicht zu spät kommen. Spät, aber nicht zu spät.

Mit einem Seufzen lehnte sie ihren Kopf nach hinten und hatte das erste Mal, seit sie aus dem Bett gekrochen war, Zeit etwas nachzudenken. Sie fühlte sich elend und tief betrübt, aber sie wusste nicht warum, bis sie sich an die Unterhaltung mit dem Colonel erinnerte. Er hatte ihr die alte 'Lassen Sie uns nur Freunde sein’-Masche gegeben und sie hatte ihm gesagt, dass sie seine Freundschaft nicht wollte… Großartig. Das bewirkte bestimmt wahre Wunder in ihrer Arbeitsbeziehung, mal ganz abgesehen von ihrer Selbstachtung.

Sie stöhnte leise auf. Warum zum Teufel hatte sie das nur gesagt? Warum zum Teufel *hatten* sie überhaupt diese Unterhaltung geführt? Sie hätte es einfach dabei belassen sollen. Gott, sie würde nie wieder etwas trinken… Nie wieder.


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General Hammond saß am Kopf des Tisches und beobachtete schweigend sein bestes Team. Daniel saß am anderen Ende des Tisches, mit dem Kopf in seinen Händen vergraben und ein großes Glas Wasser stand neben ihm. Teal’c saß so teilnahmslos wie immer neben ihm, auch wenn Hammond schwören konnte, dass er so etwas wie Belustigung in seinen Augen sehen konnte, als er gelegentlich zu dem leidenden Doktor Jackson hinüberschielte.

Gegenüber von ihnen beiden saß O’Neill, sein Gesicht zu einer wütenden Grimasse verzogen, während er nervös mit dem Kugelschreiber auf die Tischfläche tippte. Das war das einzige Geräusch im Raum. Er schien angespannt zu sein, wenn nicht sogar wütend. Hammond runzelte die Stirn und schaute hinunter auf seine Uhr. Es war 0745… Carter war spät dran.

„Wir werden ohne Major Carter anfangen“, entschied Hammond schließlich und erhielt von O’Neill ein zustimmendes Nicken. „In ihrer Abwesenheit, Colonel“, fuhr er fort, „könnten Sie uns vielleicht einen kurzen Überblick über die bevorstehende Mission geben?“

O’Neill räusperte sich und begann seine Papiere vor sich zu durchwühlen. „Ja, Sir“, sagte er mit einem Stirnrunzeln. „Ahm…“

„Das ist nicht nötig, Sir“, sagte Carters Stimme von der Tür aus, als sie zu ihnen eilte. „Entschuldigungen Sie die Verspätung, Sirs.“

„Gibt es einen Grund, Carter?“, fragte O’Neill, als er zu ihr aufsah.

Ihr Gesicht war sehr blass und sie hatte tiefe Augenringe. Im Grunde dachte der General, dass sie alles andere als gut aussah. O’Neill jedoch schien immun gegenüber jeglichem Mitgefühl zu sein und beobachtete sie nur, während er auf eine Antwort wartete. Sie verzog leicht das Gesicht, aber zuckte nicht zusammen. „Nein, Sir“, antwortete sie. „Ich habe nur verschlafen.“

Er nickte langsam. „Verschlafen?“, hakte er nach. „Oder haben Sie einfach nur einen Kater, Major?“

Ihre Lippen verzogen sich zu einer dünnen Linie. „Beides, Sir.“

O’Neill schaute zurück zu Hammond und steckte seine Unterlagen zurück in die Akte. „Sir, ich empfehle, dass wir die Mission um vierundzwanzig Stunden verschieben, da die Hälfte meines Teams…“ Sein Blick wanderte von Carter zu Daniel und wieder zurück zu ihr, „nicht einsatzbereit ist.“

Hammonds Blick folgte seinem und er konnte nicht anders als dem zustimmen. Die normalerweise verrückten Ideen, die Dr. Jacksons Charakter zeichneten, ließen seinen Zustand erklären. Major Carter hingegen hätte es besser wissen müssen. Er runzelte die Stirn. „Einverstanden, Colonel“, sagte er und richtete dann seinen Blick auf Carter, die noch immer wie angewurzelt hinter ihrem Stuhl stand; die Scham war offenkundig auf ihrem Gesicht abzulesen. Sie sah wirklich schlimm aus. „Major“, sagte er. „Sie sind sich doch der Vorschriften bezüglich des Konsumierens von Alkohol in einer vierundzwanzig-Stunden-Schicht bewusst, oder?“

Ihr blasses Gesicht errötete leicht. „Ja, Sir, das bin ich.“

Er nickte. „Dann sollte das nicht noch einmal vorkommen.“

„Nein, Sir.“

„Also schön“, sagte er etwas irritiert, aber noch lange nicht so wütend wie O’Neill, wessen dunkler Blicke starr auf die Tischplatte gerichtet war. „Besprechung morgen um 0730 und diesmal erwarte ich, dass Sie bis dahin wieder einsatzbereit sind.“

„Ja, Sir“, antwortete Carter steif.

„General?“ Jackson sprang von seinem Stuhl auf. „Ich bin hier derjenige, der Schuld hat… Gestern war mein Geburtstag und…“

„Carter kennt die Vorschriften“, unterbrach O’Neill ihn. „Nicht wahr, Major?“

Sie erschauderte leicht. „Ja, Sir.“

„Ja, Sir“, echote er und stand auf. „Gehen Sie nach Hause, Carter“, sagte er, ohne sie anzusehen, doch jedes einzelne Wort triefte nur so vor Wut. „Und ich erwarte, dass Sie den heutigen Tag als einen Urlaubstag ansehen und nicht als Krankenurlaub… Verstanden?“

Hammond war mehr als nur ein wenig schockiert von Jacks Härte, doch er hatte das Recht als ihr CO dazu und Hammond würde nicht dazwischen gehen, trotz des Anblickes von Carter, wie sie ihre Lippen immer weiter zusammenpresste… Sie sah mehr verletzt als wütend aus und er konnte ein leichtes Schwanken aus ihrer Stimme heraushören, als sie ihm leise antwortete.

„Ja, Sir. Es tut mir leid, Sir.“

O’Neill würdigte ihr nicht eines Blickes. „Wegtreten“, sagte er und sie drehte sich sichtlich erschüttert um. Aber dann fügte Jack noch schroff hinzu: „Sehen Sie zu, dass Sie jemand nach Hause fährt… Sie haben vermutlich immer noch Restalkohol in Ihrem Blut.“

„Ja, Sir“, kam die unterworfene Antwort, als Carter den Raum verließ und sich erneutes Schweigen ausbreitete.

Aber nicht für lange. Doktor Jacksons angeborener Sinn für Gerechtigkeit wurde geweckt. „Was zum Teufel war das denn?“, fragte er Jack, während er einmal kurz etwas unsicher zur Hammond schielte.
Der General schwieg und erlaubte O’Neill das auf seine Weise mit seinem Team auszumachen.

„Das“, antwortete O’Neill, als er schließlich aufsah, „war Disziplin… Hast du ein Problem damit?“

Jackson Mund schloss und öffnete sich, bevor er darauf antworten konnte. „Nun, ja schon… Das war auch Sam.“

„Und?“

Er zuckte aufgrund von O’Neill Unnachgiebigkeit hilflos mit den Schultern. „Und… war das nicht ein bisschen hart?“

Der Gesichtsausdruck des Colonels war hart wie Stein. „Du denkst also, ich hätte sie so für einsatzbereit erklären sollen? Mit diesem Kater, den sie hat, würde sie uns hier die Tische vollkotzen!“, schnappte er. „Wie zum Teufel soll sie dann bitte schön in diesem Zustand Off-World gegebenenfalls in einer Krisensituation arbeiten können?“

Daniel verzog nachdenklich seine Lippen. „Guter Punkt, aber…“

„Verdammt richtig“, unterbrach O’Neill ihm zustimmend. „Und da gibt es keine Abers, Daniel. Keine Ausnahmen.“ Und damit wollte er verschwinden, aber Hammond hielt ihn auf.

„Colonel“, sagte er und stand auf. „Ich würde noch gerne etwas mit Ihnen besprechen. In meinem Büro.“

O’Neill erstarrte. Er ging offensichtlich davon aus, dass er die schroffe Behandlung Carter gegenüber infrage stellen würde. Da lag er falsch. „Ja, Sir“, kam die knappe Antwort, als O’Neill sich umdrehte und ihm in sein Büro folgte.

Als Hammond an der Tür stand, um sie zu schließen, sah er, wie Daniel Jackson aufstand und nachdenklich aus dem jetzt leeren Besprechungsraum ging. Genauso nachdenklich setzte sich Hammond hinter seinen Schreibtisch und gab O’Neill mit einer winkenden Handbewegung zu verstehen, dass er sich ebenfalls setzen sollte.

„Sir, ich weiß, was Sie sagen wollen…“, begann O’Neill augenblicklich.

„Das bezweifle ich“, unterbrach ihn Hammond und brachte somit den Colonel zum Schweigen. Und dann schob er ein Blatt Papier über seinen Schreibtisch. „Das habe ich heute erhalten.“

O’Neill nahm es an sich und überflog es flüchtig, seine Augenbrauen zogen sich überrascht hoch. „Major Coburns Rücktritt?“

„So sieht es jedenfalls aus“, sagte Hammond, als er sich seufzend in seinem Stuhl zurücklehnte.

„Warum?“, fragte er und sah neugierig zu Hammond auf. „Er ist jetzt… was? Vierzig?“

„Zweiundvierzig“, nickte Hammond. „Anscheinend hat seine Frau ein Jobangebot aus Europa und er will, dass sie es annimmt.“

Jack atmete lange aus. „Das nenn ich Hingabe“, murmelte er. „Er gibt alles auf, damit seine Frau…was? Was macht sie eigentlich?“

„Anscheinend ist die Umweltwissenschaftlerin“, erzählte Hammond ihm. „Fragen Sie mich nicht, was das bedeutet, weil ich mir da nicht sicher bin – es hat irgendwas mit Klimawechsel zu tun.“ Er seufzte wieder und fuhr sich mit einer Hand über seinen Kopf. „Coburn sagt, dass wäre ihre einzige Chance in ihrem Leben und er will nicht, dass sie sie verpasst. Sie haben zwei kleine Kinder und er will nicht, dass die Familie getrennt wird.“

O’Neill nickte und man konnte mehr als nur Respekt in seinem Blick sehen. „Coburn ist ein guter Mann“, sagte er und schaute erneut auf das Schreiben auf Hammonds Schreibtisch. „Wir werden ihn hier vermissen.“

„Das werden wir“, stimmte ihm der General zu. „Aber Sie sehen sicher auch, dass wir dadurch ein Problem haben.“

Wieder nickte O’Neill. „Wir brauchen einen neuen Teamleader für SG-2“, sagte er und runzelte die Stirn, als er die einzelnen Möglichkeiten durchging. „Vorhiss ist qualifiziert, Ferretti ist bereits seit Jahren hinter einem eigenen Kommando her, Kennedy… nun, okay, vielleicht nicht Kennedy. Wie wäre es mit…?“

„Major Carter?“, schlug Hammond vor.

O’Neill starrte ihn schockiert an und hob dann leicht eine Augenbraue. „Carter? Wie… Sam Carter?“

„Glauben Sie, dass sie bereit für ein eigenes Kommando ist?“, fragte Hammond geradewegs heraus und legte Carters dicke Akte vor sich auf den Schreibtisch. „Natürlich abgesehen von ihrem heutigen Fehlverhalten.“

Jack schaute weg, seine Augenbrauen hatten sich nachdenklich oder beunruhigt zusammengezogen. Hammond war sich nicht ganz sich, was von beiden, und wenn er ehrlich war, dann wollte er es auch gar nicht wissen. An alles, was er im Moment interessiert war, waren Fakten.

„Ich, ähm“, begann Jack leise, während eine Hand nervös gegen sein Bein zu schlagen begann. „Ich…“ Er unterbrach sich selbst und schwieg für einen langen Augenblick, bevor er schließlich aufblickte. „Das tue ich“, sagte er ernst. „Sie ist bereit. Sie würde ein guter Teamleader sein, Sir.“

Hammond nickte. „Ich verstehe, dass Sie sie nicht aus Ihrem Team verlieren wollen, Colonel“, sagte er vorsichtig. Oh ja, er war sich mehr als bewusst, dass der Respekt der beiden über eine professionelle Beziehung hinausging.

Aber O’Neills Gesichtsausdruck verriet nichts. „Sie ist ein wichtiges Mitglied meines Teams, Sir“, stimmte er ihm zu und gab ihm eine vorsichtige Antwort auf eine Frage, die eindeutig mehr beinhaltete. „Wir werden sie vermissen, aber sie verdient es, Sir. Sie hat es sich verdient.“

„Ja, das hat sie“, nickte Hammond, „aber ich habe mich noch nicht entschieden. Ich wollte nur Ihre Meinung als ihr Vorgesetzter dazu hören, bevor ich sie für diese Position in Betracht ziehe. Es gibt noch ein paar andere durchaus qualifizierte Kandidaten und Major Carter ist beides, jung und im Vergleich noch etwas unerfahren… Aber ich erkenne ihre einzigartigen Fähigkeiten und begrüße Ihre Aufrichtigkeit, Jack. Einige Vorgesetzte wären nicht so großzügig, wenn sie dabei einen sehr guten 2IC verlieren würden.“

O’Neill lächelte ihn leicht an. „Also, nehme ich mal an, dass es jetzt zu spät ist, Ihnen zu sagen, dass sie vollkommen inkompetent und ungehorsam ist und sich nicht oft genug badet?“

Hammond ignorierte ihn, obwohl er die Melancholie hinter seinen Sarkasmus spüren konnte und es war weiser ihm nicht darauf zu antworten. „Bitte erwähnen Sie es Major Carter gegenüber noch nicht“, sagte er stattdessen. „Wenn Sie wieder zurück von G8K-139 sind, habe ich mich entschieden.“

„Ja, Sir“, antwortete Jack und stand langsam auf. Er war ernst und dachte einen Moment nach. Er machte keine Anstalten sofort zu gehen. „Sir?“, fragte er dann und sah hinunter in Hammonds Gesicht.

„Colonel?“

„Wenn Sie Carter nehmen sollten“, sagte er, „dann würde ich es ihr gerne sagen.“

Hammond lächelte. „Natürlich“, stimmte er ihm zu. „Das ist Ihr gutes Recht.“

„Danke, Sir“, antwortete O’Neill mit einem Lächeln, welches offensichtlich erzwungen war. „Wenn sonst nichts mehr…?“

„Das ist alles, Colonel. Sie können wegtreten.“

„Danke, Sir.“

„Und Colonel?“

„Sir?“

„Was auch immer Sie heute in der Besprechung gestört hat, schaffen Sie es aus der Welt.“

Ein befangenes Zucken erfasste sein Gesicht und er senkte seinen Blick. „Ja, Sir.“ Und mit einem letzten, angespannten Lächeln verschwand er und ließ Hammond mit Carters beeindruckender Akte und einer schwierigen Entscheidung allein zurück.


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Es war nicht genau ein zwei Tage Kater gewesen, aber als Sam durch den schlammigen Boden von G8K-139 latschte, spürte sie noch immer die letzten Nachwirkungen. Nicht, dass sie nicht einsatzbereit war, aber sie hatte immer noch leichte Kopfschmerzen, ihr Mund war immer noch ziemlich ausgetrocknet und ihr Magen rebellierte gegen jegliches Essen. Sie schaute auf und sah, wie der Colonel vor ihr geradewegs auf ihr steiniges Ziel zuging. Seine stumme Missbilligung hatte sich seit seinem eiskalten Rüffel vom Vortag nicht ein bisschen verändert.

Sie zuckte bei der Erinnerung leicht zusammen, noch nicht einmal wegen O’Neills Schroffheit, sondern viel mehr wegen ihrer eigenen Verlegenheit. Und dann auch noch vor General Hammond! Sie wunderte sich über ihre eigene Kapazität von spontanen idiotischen Verhalten! Was zum Teufel hatte sie nur geritten, dass sie sich eine Nacht vor einer Mission halb bewusstlos getrunken hatte? Na ja, sie kannte die Antwort darauf, aber etwas Selbstmitleid war ja wohl kaum eine Entschuldigung dafür gleich die ganze Bar zu plündern. Gerade in ihrem Alter war es mehr als nur ein bisschen dämlich sich so zu betrinken… es war einfach nur peinlich. Sie stöhnte leise auf, als sie sich daran erinnerte, wie der Colonel sie nach ihrer kleinen, äußerst unangenehmen Unterhaltung auf dem Balkon den Abend über beobachtet hatte. Er hatte den ganzen Abend nicht mehr ein Wort mit ihr gewechselt, aber es schien so, als ob sein Blick immer auf sie gerichtet war und je betrunkener sie wurde, desto größer wurde sein Hochmut. Gott, was musste er nur von ihr denken?

„Alles okay?“, fragte eine Stimme neben ihr, die Daniel gehörte und sie lächelte ihn reuevoll an.

„Ich komme mir vor wie ein Idiot“, gab sie zu und schielte kurz zum Colonel. „Ich war so dumm!“

Daniel zuckte mit den Schultern. „Sogar dir darf es mal erlaubt sein etwas Dummes zu machen“, versicherte er ihr.

Aber Sam verdrehte nur ihre Augen. „Sag das mal dem Colonel“, sagte sie bitter.

„Humph“, war seine einzige Antwort und für eine Weile liefen sie schweigend nebeneinander her. Die Umgebung war flach und ohne besondere Merkmale. Ein starker, kalter Wind fegte über das offene Stück Land, sodass schnell vorbeiziehende Wolken die Sonne hin und wieder verdecken. Es war schon fast wie Frühling, dachte Sam abwesend. Das war eines der merkwürdigsten Dinge an Torreisen, man konnte mitten im Sommer durch das Tor gehen, aber den Tag auf dem Planeten im tiefsten Winder verbringen, und wenn man dann wieder zurückkam, verbrachte man noch einen schönen Sommerabend… Verrückt.

„Ich weiß nicht“, sagte Daniel nach einer Weile etwas leiser, „aber sollte man nicht meinen, dass Jack etwas… keine Ahnung… fröhlicher sein sollte?“

Sam runzelte die Stirn und hatte schon eine ungefähre Ahnung, auf was diese Unterhaltung hinauslief. „Warum?“, fragte sie widerwillig.

„Na ja“, überlegte Daniel, „erst mal, er kann nachts nach Hause zu Natasha Greene gehen… Man sollte doch annehmen, dass ihn das… fröhlicher oder etwas entspannter machen würde.“

Da Sam nun wirklich keine Lust hatte den Gedanken fortzusetzen, was Jack möglicherweise mit Natasha Greene zu Hause alles tun könnte, sagte sie einfach: „Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.“

„Ich meine, wenn“, machte Daniel weiter, da er ihren Mangel an Interesse offensichtlich nicht bemerkte, „ich meine, er scheint angespannter zu sein als je zuvor. Die Art und Weise, wie er dich gestern wegen einem kleinen Kater behandelt hat, war einfach…“
 

„Gerechtfertigt“, beendete sie den Satz für ihn und sah in zwei überraschte Augen. „Es war kein *kleiner* Kater, Daniel. Er hatte recht. Ich war nicht einsatzbereit.“ Sie schüttelte ihren Kopf, als es in ihrem Kopf leicht zu pochen begann. „Ich war ein Idiot. Wenn ich an der Stelle des Colonels gewesen wäre, hätte ich genauso gehandelt.“

„Ja, aber komm schon“, widersprach Daniel mit etwas lauterer Stimme. „Ihr beide seid Freunde! Und es ist ja nicht grade so, als ob du eine Gewohnheit aus solchen Dingen machen würdest. Eigentlich kann ich mich an kein einziges Mal erinnern, wo du mal etwas über die Stränge geschlagen hast.“

Sam musste mit der Stirn runzeln, als sie über ihr eigenes Bild nachdachte. Das war, musste sie zugeben, wahr. Jedenfalls sah es danach aus. Aber Daniel hatte ja keine Ahnung, wie sehr ihre Gedanken aus dem Rahmen gefallen waren, wie sehr sie sich auf seiner Party daneben benommen hatte. Er hatte ja keine Ahnung. Aber O’Neill. Er wusste alles und seine kalte Verachtung in seinem Blick jedes Mal, wenn er sie ansah, sagte ihr alles, was sie wissen musste. „Der Colonel und ich sind keine Freunde, Daniel“, stellte sie ruhig und leise klar. Ruhiger als sie sich in Wirklichkeit fühlte. „Wir können keine Freunde sein, nicht in unserer derzeitigen Position. Wir sind Kollegen. Er ist mein CO und hat somit die Pflicht mich zu…“

„Das ist totaler… Schwachsinn!“, lachte Daniel auf.

„Shhh!“, zischte Sam, da sie nicht wollte, dass O’Neill das Gespräch mitbekam. „Daniel… du verstehst das nicht.“

Er schüttelte jetzt mit dem Kopf und schlurfte mühsam voran, um den Großteil des Schlammes zu meiden. „Ich weiß vielleicht nicht, was es bedeutet im Militär zu sein“, sagte er mit einem Seufzen, „aber ich erkenne eine Freundschaft, wenn ich eine sehe.“

Sam schwieg. Daniel hatte natürlich recht. Irgendwie waren sie Freunde gewesen. Nicht die Art von Freunden, die sich trafen und über Gott und die Welt bei einem kühlen Bier redeten. Ihre Freundschaft war eine einzigartige, reservierte Freundschaft gewesen, genauso wie jeder andere Teil ihrer Beziehung war auch sie gebunden an die Vorschriften. Sie waren die Freunde gewesen, die ohne zu überlegen ihr eigenes Leben für den anderen riskiert hätten, aber wer nicht mal zusammen eine Pizza essen gehen konnte, ohne dass es gleich falsch ausgelegt werden könnte, wie konnte man da schon von richtiger Freundschaft sprechen? Es war eine merkwürdige Freundschaft gewesen. Und jetzt befürchtete sie, dass sie selbst das verloren hatte. Ihre egoistische Eifersucht auf Tasha hatte sie dazu getrieben zu viel zu sagen, etwas auszusprechen, was nie ausgesprochen werden sollte. ‚Ich will nicht Ihre Freundin sein. Ich bin es nie gewesen.’

O’Neill hatte geschockt ausgesehen und es hatte sie kein bisschen überrascht. Schließlich wusste er doch, was es war, was sie wollte – sie wollte bei ihm sein. Und er wusste, wie falsch es war, so falsch, dass er jetzt mit jemand anderem zusammen war. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Ich will nicht deine Freundin sein. Ich will deine Geliebte sein. Bitte! Dumme, dumme Frau… Sie schüttelte erneut gedemütigt ihren Kopf. Sie würde in ihrem ganzen Leben nie wieder auch nur einen Tropfen Alkohol anrühren. Nie wieder würde sie die Kontrolle verlieren. Nie wieder.

„Carter?“ Die kalte Stimme des Colonels ließ sie schuldbewusst aufsehen, ihre Wangen waren noch immer vor verlegenen Erinnerungen gerötet. Aber es verschwand augenblicklich, als sie den distanzierten Blick in seinen Augen sah, als er kurz zu ihr hinüber sah und dann wieder zurück auf ein Objekt in der Ferne. „Noch da, Carter?“

„Ja, Sir“, antwortete sie.

Er nickte knapp. „Wie weit, sagten Sie, war es noch bis zur Endmoräne?“

„Ah, ungefähr elf Meilen vom Stargate, Sir“, antwortete sie und zog die Übertragungen des MALPs aus ihrer Tasche. „10,8“, bestätigte sie ihre Angaben. Und dann sah sie die plötzlich helle und leere Umgebung um sich herum. „Obwohl, ich denke, dass das eine Untertreibung ist.“
O’Neill setzte seine Sonnenbrille auf und richtete seinen Blick auf sie, versteckt hinter den dunklen Gläsern. „Denken Sie?“, antwortete er schroff.

Sam wandte ihren Blick von ihm ab und fühlte sich ungewöhnlich unwohl in seiner Nähe. Normalerweise ließ sie sich diesen Mist nicht gefallen, aber heute nagte ihr unangebrachtes Verhalten von Daniels Party sehr stark an ihrem Selbstbewusstsein.

„Das tut mir Leid, Sir“, murmelte sie und schaute hinunter auf ihre Daten, um den Fehler zu finden. „Es sieht so aus… ja, es sieht so aus, als hätten wir uns gleich zu Beginn beim Urstromtal verrechnet, wobei die Daten…“

„Wir, Major?“, unterbrach O’Neill sie. „*Wir* haben uns vielleicht verrechnet?“

Sam sah zu ihm auf. „Na ja, ich…“, stotterte sie.

„Ja“, schnappte er. „Sie. Also, wie lautet Ihre neue Schätzung?“
Sam schaute hinunter auf ihre Daten und Ihr Schuldgefühl schien langsam von steigender Wut abgelöst zu werden. Musste er wirklich so ein Mistkerl sein? „Ich würde sagen zwanzig, Sir“, sagte sie ihm mit erhoben Kopf und ihrem Kinn streitlustig nach vorne gestreckt.

„Zwanzig“, wiederholte er und sein Mund verzog sich zu einer Linie.

„Nun, es wird dann länger als unsere gegebenen zwölf Stunden dauern.“

„Ja, Sir“, stimmte sie ihm zu.

Teal’c, der ihre Unterhaltung schweigend verfolgt hatte, erhob seine Stimme. „O’Neill“, sagte er, „ich werde zum Stargate zurückkehren und die Neuigkeiten General Hammond mitteilen.“

Der Colonel drehte sich nickend zu Teal’c um. „Na ja, wir werden es ihm sagen“, stimmte er Teal’c zu, „aber der Weg hin und zurück könnte jeweils ein paar Stunden dauern. Du wärst vor Einbruch der Dunkelheit nicht wieder zurück.“

„Ich bin nicht müde“, versicherte ihm Teal’c.

„Ich schätze dein Angebot wirklich“, antwortete O’Neill und schlug ihm ein paar Mal leicht auf den Rücken. „Aber wirklich, warum solltest du gehen? Es ist doch nicht deine Schuld, dass wir unseren Zeitplan nicht einhalten können, nicht wahr, Major?“

Sams Muskeln spannten sich langsam vor Wut an; es schmerzte. „Nein, Sir, das ist es nicht.“

Der Colonel nickte. „Carter, Sie gehen zurück zum Tor. Sagen Sie Hammond, dass wir achtundvierzig Stunden brauchen und dann kommen Sie zurück. Wir werden noch ein paar Stunden gehen, bevor wir ein Camp aufschlagen.“

Verzweifelt presste sie ihre Zähne zusammen, um nicht noch eine unangebrachte Bemerkung fallen zu lassen und starrte ihn stattdessen ungläubig an. Seine Augen waren noch immer hinter seiner Sonnebrille versteckt, als er sie ausdruckslos betrachtete. Er befahl ihr auf einem Sechstunden Marsch zu gehen, von dem sie nicht vor Einbruch der Dunkelheit zurückgekehrt sein würde. Das war dann also ihre Strafe? Das war ihr Strafe, weil sie einmal die Kontrolle über ihre Gefühle verloren hatte. Verdammter Mistkerl!

„Das ist doch wohl nicht dein ernst!“, schrie Daniel, während Sams Gedanken noch Achterbahn fuhren. „Das kannst du nicht von ihr verlangen.“

„Halt dich daraus, Daniel“, erwiderte O’Neill schroff und wandte sich ab.

„Ah nein, das mache ich nicht“, widersprach Daniel. „Nur weil Sam an dem Abend etwas betrunken war, gibt es dir noch lange nicht das Recht…“

Sam konnte sehen, wie sich O’Neill vor Wut anspannte, und entschied sich lieber einzuspringen. „Ist schon okay, Daniel“, sagte sie ihm und legte eine Hand auf seinen Arm. „So weit ist es nun auch nicht. Ich schaffe das schon.“

„Nein“, wehrte sich Daniel. „Das ist nicht richtig. Jack, du führst dich auf wie ein Arschloch! Nur weil…“

„Daniel, halt die Klappe“, schnappte Jack und drehte sich zu ihm um.

„Das hat nichts mit dem Abend zutun. Carter hat Mist gebaut. Und es ist ihre Aufgabe diesen Fehler wieder zu beheben. Ende der Geschichte.“ Er starrte mit einem kalten Blick zurück zu ihr. „Noch immer hier?“

Sie konnte nicht verhindern, dass die Wut durch die Oberfläche brach und sie hoffte, dass er es sah. „Schon auf dem Weg“, war ihre eiskalte Antwort. Zu Daniel murmelte sie leise: „Leg mir 'ne Kleinigkeit vom Essen zurück.“

„Ja“, antwortete Daniel und warf Jack einen verächtlichen Blick zu. „Wir werden nicht mehr weit gehen“, versprach er ihr. „Selbst wenn ich mir meine Gelenke ausreißen muss, um ihn aufzuhalten.“

Sie lächelte leicht bei den Gedanken daran, drückte leicht seinen Arm und machte sich auf den Rückweg. Sie nahm ihre Bestrafung auf wie ein guter Soldat. Es war wie damals im Trainingslager, als sie noch Rekrutin war. Es gab jedoch auch einen kleinen Lichtblick, dachte sie, als sie zurück zum Tor ging. Sie fing an zu denken, dass Tasha Greene wohl doch nicht so gut für ihn war.

 

 

+++++++++

Jack spürte, wie sich Daniels missbilligende Blicke in seinen Rücken bohrten und neben ihn schien Teal’cs Schweigen genauso kalt zu sein. Nicht, dass es einfach war, das bei Teal’c zu sagen, aber irgendwie wusste Jack es… Entweder das, oder sein Gewissen begann ihm ein paar stechende Hiebe zu versetzen.

Stechende Hiebe? Besser wäre wohl das Hämmern eines Presslufthammers. Was zum Teufel hatte er sich nur dabei gedacht Carter ganz alleine zurückzuschicken und sich aufzuführen wie irgend so ein bekloppter Drillsergeant? Gott, hatte er nicht mehr Selbstachtung? Anscheinend nicht. Anscheinend war seine Wut so stark und seine Worte so schroff wie noch nie zuvor. Es war nicht besonders schwer ihn an Tagen wie diesen zu hassen.

„Okay, das war’s. Wir halten an“, Daniels Entrüstung hatte jetzt ihren Weg zur Oberfläche gefunden. Jack war überrascht, dass es so lange gedauert hatte.

Langsam drehte sich Jack zu ihm um und betrachtete seinen Freund vorsichtig und sah die Wut und die eiserne Entschlossenheit in seinen Augen. Wolken bedeckten wieder den Himmel und die Sonne begann bereits unterzugehen. Aber nichtsdestotrotz behielt Jack seine Sonnebrille auf, um sich vor der Wut seiner Freunde zu verstecken. „Scheint so gut wie jeder Platz zu sein“, stimmte er schließlich zu.

Daniel hörte ihm kaum zu, als er seine Sachen abstellte und damit begann das Camp aufzubauen. Teal’c ging zu ihm, um ihm dabei zu helfen und warf O’Neill nur einen kurzen Blick zu. Jack blieb hart, sein Stolz ließ Selbstvorwürfe nicht zu. Er ließ seinen Rucksack auf den Boden fallen und zog das kleine Zelt heraus, was sie sich für die Nacht teilen würden, während über ihm der Himmel zu grollen begann.

Als er aufschaute, sah er dunkle Gewitterwolken am Horizont – es sah so aus, als ob sie genau über dem Tor schwebten. Mist… Mist, Mist, Mist, Mist.

„Sieht wohl so aus, als wenn Sam nass werden würde“, bemerkte Daniel natürlich rein zufällig.

Jack fühlte sich schrecklich, er antwortete ihm nicht. Abrupt stand er auf und entfernte sich ein paar Meter vom Camp, bevor er sein Funkgerät herausholte. „Carter. Melden.“

Es folgte ein statisches Rauschen. „Carter hier, Sir.“

„Wie sieht’s aus, Major?“

„Noch ungefähr vierzig Minuten bis zum Tor, Sir“, kam die kalte Antwort. „Sonst gibt’s nichts.“

Jack zuckt leicht bei ihrer Stimme zusammen. „Regnet es bei Ihnen, Carter?“

Ein weiteres Rauschen zusammen mit einem weiteren Donnerschlag. „… Sturm…“, war alles, was er hörte.

„Wiederholen Sie das noch mal, Carter.“

„Gewitter, Sir“, sagte sie und er konnte schwören, dass er hören konnte, wie die Regentropfen auf ihr Gepäck prasselten, während sie sprach.

Jack schwieg und wünschte sich, dass er den Mumm hätte, sich zu entschuldigen. Aber Vorgesetzte entschuldigten sich nicht bei ihren untergebenden Offizieren. So etwas machten nur Freunde. Sie hatte ihm mehr als deutlich gesagt, dass sie nicht seine Freundin war. Es nie gewesen war, es nie gewesen sein wollte. Er räusperte sich und drückte den Knopf auf seinem Funkgerät. „Carter, wenn Sie am Tor angekommen, dann können Sie auch gleich nach Hause gehen.“

Es herrschte ein langes Schweigen. Als sie schließlich antwortete, zitterte ihre Stimme vor unterdrückten Gefühlen. Er tippte auf Wut. „Sir, ziehen Sie mich von dieser Mission ab?“

Was? Nein! „Negativ, Carter“, versicherte er ihr. „Ich dachte nur, dass Sie ins Trockene wollen.“

Eine weitere Pause, bevor er wieder das Rauschen hörte. „Ich würde lieber die Mission beenden, Sir.“

Natürlich würde sie das. Was hatte er sich nur gedacht? „Verstanden, Major“, antwortete er. Schuld machte sich in seinem Bauch breit, als er daran dachte, dass sie noch einen guten Dreieinhalbstundenmarsch vor sich hatte. „Berichten Sie alle dreißig Minuten.“

„Ja, Sir. Carter, Ende.”

Jack starrte noch lange hinaus auf den dunklen Horizont. Das war wohl mit Abstand die unprofessionellste Entscheidung, die er in seiner gesamten Karriere getroffen hatte. Er hatte sie zurückgeschickt – allein – nicht, weil es dringend notwendig war, noch nicht mal aus irgendwelchem machohaften Verhalten, um seine Autorität zu beweisen und um einem Teammitglied eine Lektion zu erteilen. Nein, er hatte sie zurückgeschickt, weil ihre letzte Abweisung ihn so tief getroffen hatte, dass er nicht damit umgehen konnte und sie dafür bestrafte. Er hatte nicht bemerkt, wie lebenswichtig ihre Freundschaft für ihn geworden war, bis ihre Worte auf Daniels Balkon ihn zerstört hatten. Und jetzt ließ er sie auf die schlimmste Art und Weise dafür büßen, auf die unprofessionellste Art und Weise überhaupt… Was für ein Mensch war er nur, dass er sie so behandelte? Dass er überhaupt jemanden so behandelte? Er schüttelte seinen Kopf. Und genau *deswegen*, erkannte er, gab es diese blöden Vorschriften. Um zu verhindern, dass Gefühle das Denken übernahmen… Gott, wenn ihr wegen seiner kindischen Dummheit etwas passieren würde, könnte er es sich sein Leben lang nicht verzeihen. Und er würde es noch nicht einmal versuchen wollen.


+++++++

Als Carter das Flackern des Feuers in der Dunkelheit erblickte, war sie bereit sofort auf der Stelle umzufallen. Sie hatte für den Rückweg zum Camp mehr als fünf Stunden gebraucht, da der Regen den Boden unter ihr, in einen einzige Schlammlandschaft verwandelt hatte und sie nur sehr langsam vorankam und teilweise gezwungen war fast auf allen Vieren zu krabbeln. Aber sie hatte es überstanden; ihr Stolz und ihre Entschlossenheit hatten sie einen Schritt vor dem anderen setzen lassen, bis sie das Feuer sah und von da an wusste, dass es nicht mehr weit war.

Sie konnte Bewegungen nahe dem Feuer ausmachen. Eine Person lief unruhig auf und ab, während sie dahinter zwei sitzende Schemen erkannte. Die hin und her laufende Person hielt plötzlich an und in diesem Moment erwachte ihr Funkgerät zum Leben. „Carter, wo sind Sie?“

Sie konnte Sorge hinter seiner schroffen Stimme heraushören und für einen Augenblick ließ das ihre Wut ein wenig schwinden. Aber nur für einen Augenblick. „Noch ungefähr zweihundert Meter, Sir“, antwortete sie müde. Ihre selbstgerechte Wut ließen ihre schmerzenden Füße und Beine wahre Wunder vollbringen.

Die Person am Feuer begann sich wieder zu bewegen. „Verstanden, Carter“, sagte er über Funk. „Daniel hat Ihnen ein große Schüssel… irgendetwas aufbewahrt. Hoffentlich sind Sie hungrig.“

Oh, jetzt werden wir also lustig? Träum weiter! „Danke, Sir. Carter, Ende.” Sie ließ den Knopf los und schaltete das verdammte Ding ganz aus. Ihre Aufmerksamkeit richtete sie auf ihre Füße und sie versuchte sie nicht noch mehr in das Pflanzenleben auf dem Boden zu verfangen, welche anscheinend nur existierten, damit sie in ihnen hängen blieb und in den Schlamm fallen ließ. .

Und so kam die Überraschung so leise und unverhofft, dass sie erschrocken zusammenfuhr, als plötzlich ein großer Jaffa vor ihr stand. „Herr Gott noch mal!“

„Major Carter“, sagte Teal’c. „Soll ich dir mit deinem Gepäck helfen?“

Sie grinste und warf einen Blick über seine Schulter zu dem Camp, welches jetzt keine hundert Meter mehr entfernt war. „Das schaffe ich jetzt auch noch“, versicherte sie ihm und konnte den Stolz nicht unterdrücken, der in ihr schwellte, bei dem Gedanken daran, dass sie diese Reise ganz alleine zu Ende geführt hatte.

Teal’c schien es zu verstehen, denn er ging nicht weiter auf das Thema ein, sondern fiel nur in ihren Schritt. „Du siehst müde aus“, beobachtete er. „Und… schmutzig.“

Mit einer Grimasse schaute sie an sich herunter. Schmutzig war wahrscheinlich eine Untertreibung. „Da habe ich ja Glück, dass ich mir noch etwas zum Wechseln eingepackt habe. Das ist der reinste Sumpf dort draußen. Hoffentlich ist es vor unserem Rückweg so weit ausgetrocknet.“

„In der Tat.“

Daniel stand auf, als sie den Lichtkegel vom Feuer betrat, und begrüßte sie mit einem warmen Lächeln. „Hey, Sam“, sagte er und half ihr ihr Gepäck abzusetzen. „Gott, du siehst ja müde aus.“

Sie lächelte nur und seufzte vor Erleichterung, als der schwere Rucksack auf den Boden fiel. „Oh, das fühlt sich gut an“, murmelte sie und kreiste ihre Schultern.

Der Colonel hatte inzwischen sein Hin und Her Gelaufe aufgegeben und saß auf der anderen Seite des Feuers; schweigend beobachtete er sie.

Sie schielte einmal zu ihm hinüber und nickte nur knapp, bevor sie sich wieder an Daniel wandte. „Also, was hast du gekocht?“

„Frag mich nicht“, antwortete er und hielt ihr die dampfende Schüssel hin. „Es ist Hühnchen… glaube ich zumindest.“

„Glaubst du?“, fragte sie, als sie sich müde auf den Boden fallen ließ. Ihr war es in diesem Moment ziemlich egal, dass ihre Kleidung überzogen mit Dreck war. Sie nahm ihre Gabel und roch einmal an dem Essen.

Daniel zuckte mit den Schultern. „Es sollte eigentlich Hühnchen sein, aber es schmeckt wie Macaroni mit Käse.“

Sam lächelte, als sie einen Bissen nahm. Es war warm und verdaulich, das war alles, was zählte. Sie war ausgehungert und aß ohne Unterbrechung, bis die Schüssel leer war, wo sie sich dann nach mehr umsah.

„Hier“, sagte eine Stimme gegenüber von ihr. „Kopf hoch.“

Gerade noch rechtzeitig hob Sam ihre Hand, um den Schokoriegel zu fangen, den O’Neill in ihre Richtung warf. Snickers. Ihr Lieblingsriegel. Sie runzelte die Stirn. Seine freundliche Geste passte nicht besonders gut zu ihrer Wut. „Danke“, sagte sie nach einem Moment.

Der Colonel nickte nur. „Also“, sagte er mit einer Stimme, die nicht mal annähernd an seinen sonst so freundlichen Ton herankam. „Was hat Hammond gesagt?“

Sam lächelte leicht. „Dass wir die achtundvierzig Stunden haben, Sir.“

„Das ist alles?“

Sie zuckte mit den Schultern und entfernte langsam das Papier von ihrem Schokoriegel. „Er sagte auch noch und ich zitiere, Sir: ‚Was zum Teufel hat sich Colonel O’Neill nur dabei gedacht, Sie den ganzen Weg alleine zurückzuschicken, Major?’“

O’Neills Gesichtszüge erstarrten. „Verstehe.“

Sam zuckte erneut mit den Schultern. „Es tut mir leid, Sir, aber darauf konnte ich ihm leider nicht antworten.“

Neben ihr hörte sie, wie Daniel leicht schnaubte und lächelnd sah sie zu ihm hinüber. „Ich freue mich schon auf die Besprechung“, murmelte er.

Sam kicherte leicht. Sie war zu müde und die Zwiespältigkeit ihrer Gefühle war zu überwältigend, als dass sie ihren Anstand bewahren konnte und sie nahm einen weiteren Bissen von ihrem Snickers. Aber ihr Lachen starb, als sie hörte, wie O’Neill aufstand.

 

„Ich sehe mich noch mal um“, murmelte er, bevor er aus dem Lichtkreis des Feuers austrat und in die Dunkelheit verschwand. Sam sah ihm hinterher, als sie ein Gefühl der Traurigkeit erfasste. Würde das jetzt immer so laufen? Jegliche Wärme verschwunden, ihre Freundschaft wie kalte Asche im Wind davon getragen? Der Riegel blieb ihr im Halse stecken, als sie versuchte ihn herunterzuschlucken. Sie schloss ihre Augen verdeckte sie mit einer Hand.

Daniels warme Hand legte sich auf ihre Schulter. „Hey“, sagte er sanft. „Warum legst du dich nicht einfach hin?“

Sie nickte und zog ihre Hand von ihrem Gesicht weg. „Ich muss mich umziehen“, sagte sie, ihr Blick wanderte an ihren verschmutzen Sachen hinunter. „Was dagegen, wenn ich kurz das Zelt besetze?“

„Mach nur“, versicherte er ihr, sein Blick wanderte hinaus in die Dunkelheit. Sam folgte seinem Blick, aber sie konnte nichts hinter dem Licht des Feuers erkennen. Mit einem schweren Seufzen zog sie ihre Tasche in das Zelt und begann sich umzuziehen. Als sie sich so gut es ging gesäubert hatte, schnürte sie den Rucksack wieder zu und stellte ihn vor das Zelt.

„Ich bin fertig“, sagte sie leise.

Daniel drehte sich mit einem abwesenden Nicken zu ihr um. „Nacht, Sam“, sagte er, als sie in ihren Schlafsack kroch und sich zusammenrollte.

„Nacht“, murmelte sie zurück. Sie schloss ihre Augen und hoffte, dass der Schlaf sie irgendwo hinbefördern würde, wo es ruhig und traumlos war. Irgendwohin, wo es keine Wut oder Schuld oder Verluste gab…


+++++++

Sam war sich nicht sicher, wie lange sie geschlafen hatte, als sie etwas weckte. Sie öffnete in der Dunkelheit ihre Augen, ihre Ohren lauschten sofort nach der Ursache, warum sie aufgewacht sein könnte. Im Zelt konnte sie Teal’cs langsamen und regelmäßigen Atemzüge hören und sie wusste, dass er entweder schlief oder meditierte. Aber Teal’c hatte sie nicht geweckt. Ihre Muskeln waren angespannt mit einer Unruhe, die sie immer erfasste, wenn ihr Körper abrupt aus dem Schlaf gerissen wurde, bereit für eine eventuelle Flucht oder einem Kampf. Und als sie lauschte, dann hörte sie es wieder. Leise Schritte ertönten neben dem Zelt.

Sam öffnete ihre Augen und durch den offenen Verschluss konnte sie die kleinen Flammen des sterbenden Feuers in der Dunkelheit sehen. Daniel saß nahe daran. Sie sah nur sein Profil, als er plötzlich aufgrund der Schritte aufschaute. „Ich habe schon gedacht, du würdest gar nicht mehr zurückkommen“, flüsterte er.

Es gab keine Antwort, aber Sam beobachtete den Colonel, wie er langsam den Lichtkreis betrat und sich auf der anderen Seite des Feuers auf den Boden setzte. Sein Gesicht lag halb im Schatten, halb im Licht. Er sagte nichts, sondern starrte nur ins Feuer.
 

„Wo warst du?“, fragte Daniel mit einer ernsten Geduld, die sie nicht oft von ihm zu hören bekam. Aber sie lächelte aufgrund seiner naiven Frage. Jack würde ihm nie…

„Ich bin nur so herumgelaufen.“

Oh.

Daniel holte einmal tief Luft und atmete langsam wieder auf. „Also, willst du mir sagen, was lost ist?“

Jack schwieg, aber sie konnten den Schmerz in seinem Gesicht sehen, als er versuchte die richtigen Worte zu finden. Nach einer Weile sagte er nur: „Carter hasst mich.“

Sam hielt die Luft an. Seine Worte schockten und überraschten sie, als sie dalag und ihn beobachtete. Carter hasst mich?

„Huh“, schnaubte Daniel und griff nach seiner immer vorhandenen Tasse Kaffee. „Na ja, nach heute tut sie das vielleicht… für 'ne Weile.“

Jack schüttelte den Kopf, sein Blick war auf die tanzenden Flammen gerichtet. „Nein. Nicht nur heute.“

„Das ist lächerlich“, antwortete Daniel, als er einen Schluck von seiner Tasse nahm. „Warum denkst du das? Sam…“ Er runzelte die Stirn und starrte hinunter in seine Tasse. „Sam sorgt sich… um uns alle.“

Jack antwortete nicht, seine dunklen Augen waren versteckt unter seiner Kappe. Tief in Gedanken verloren, nahm er einen kleinen Ast und begann damit in dem verbrannten Holz herumzustochern, sodass einzelne Funken hoch in den Nachthimmel hinauf schossen. „Hat Teal’c dir jemals erzählt, was während des Zar’tac Dings passiert ist?“, fragte er dann und überraschte Sam das zweite Mal an einem Abend.

Daniel reagierte ähnlich, seine Tasse, die er zum Mund führen wollte, hielt auf halbem Wege inne. „Ah“, machte er verwirrt, bevor er leise hinzufügte: „Eigentlich schon… ja.“

Jack nickte, so als ob er überhaupt nicht überrascht war. „Er hat dir erzählt, was ich gesagt habe?“

„Ja.“

„Was Carter gesagt hat?“

Sams Herz pochte wie wild, ihre Muskeln verkrampften sich fast bei dem Versuch bewegungslos liegen zu bleiben. Der Zar’tac-Test? Er sprach von dem Zar’tac Test? In all den Monaten hatte er es ihr gegenüber nicht einmal erwähnt. Nicht einmal. Nie.

„Ah, was *Sam* gesagt hat?“, wiederholte Daniel die Frage und seine Kaffeetasse vollendete seine Reise zu seinen Lippen. „Nein… nicht wirklich.“

Jack nickte wieder und dann sprach er die Worte, als ob sie alt und vertraut für ihn klingen würden. „’In diesem Moment habe ich verstanden, warum er mich nicht verlassen konnte… es war erschreckend.’“

Daniel runzelte die Stirn und schluckte den Kaffee herunter. „Ziemlich heftig.“

„Das war’s“, stimmte ihm Jack zu. „Und dann, als es vorbei war, weißt du, was sie da gesagt hat?“

„Nein.“

„’Sir, niemand wird je davon erfahren.’“ Jack schaute schließlich auf und schaute hinüber zu Daniel. „Sie konnte gar nicht schnell genug aus diesem Raum verschwinden.“

Er hatte recht, sie konnte nicht. Es war eine Qual gewesen so nahe an etwas zu kommen, was sie so lange versteckt hatte. Ihre Sehnsucht war in diesem Augenblick so aufrichtig, die geteilte Zuneigung so leidenschaftlich gewesen, dass es zu schmerzhaft war. Und dann hatte Jack Martouf erwähnt und alles war in ein gewaltiges Chaos ausgebrochen…

„Vielleicht war es ihr peinlich?“, schlug Daniel leise vor.

Jacks Gesichtszüge zuckten leicht. „Das habe ich mir auch eingeredet“, antwortete er. „Ich dachte, es wäre trotzdem so weit alles in Ordnung zwischen uns. Ich habe versucht mir einzureden…“ Seine Stimme zitterte ein wenig und er räusperte sich. „Ich habe versucht mir einzureden, dass wir noch Freunde waren. Dass wir trotz allem noch immer Freunde waren.“

Ihr Herz zog sich bei seinen Worten zusammen, so schmerzhaft, als sie seine Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit in seiner Stimme hörte…Freunde…? Ein Funke des Verstehens flammte in ihren Hinterkopf auf. Freunde…?

„Ich lag falsch“, fuhr Jack fort, bevor Daniel irgendwelche Fragen stellen konnte. „Oh, ich habe es versucht“, fügte er verbittert hinzu. Der Ast, den er hielt, stach jetzt auf die Asche ein. „Ich dachte, wenn wir nur reden könnten…“ Er schüttelte den Kopf. „Ein paar Mal habe ich einen Drink nach der Arbeit, ein oder zweimal ein Essen vorgeschlagen…“ Er seufzte schwer und fuhr sich mit einer Hand durch seine Haare. „Zweimal habe ich sie gefragt, ob sie mit mir zu meiner Hütte fahren möchte. Und jedes Mal, jedes einzelne Mal, hatte sie 'Nein’ gesagt.“

In Sams Kopf drehte sich jetzt alles. Nein? Na ja, ja, sie hatte Nein gesagt, aber nicht, weil sie es nicht wollte. Nicht, weil er ihr nichts bedeutete. Gott, hatte er das etwa gedacht?

„Du lagst falsch?“, hakte Daniel nach. „Darüber, dass ihr keine Freunde sein könntet?“

Jack nickte schweigend, die Hand, die den Ast hielt, kam neben ihm zu liegen. „Habe es erst an dem Abend bei dir gemerkt“, flüsterte er. „Sie sagte mir, dass wir nie Freunde waren. Dass sie nie gewollt hatte, dass wir Freunde sind.“

Daniel runzelte die Stirn und Sam wartete gebannt auf den Punkt, wo er ihm darlegte, wie nahe sie sich standen und wie sie unmöglich gemeint haben konnte… „Heute hat sie das auch gesagt“, sagte er leise. „Dass ihr aufgrund eures Ranges keine Freunde sein könntet… ich dachte, dass wäre bloß Schwachsinn, aber…“

„Sie hat recht“, unterbrach Jack ihn. „Wir sind Kollegen, keine Freunde. So muss es sein, aber…“ Er hielt inne und seufzte. „Aber es tut weh, Daniel. Es von ihr zu hören. Auch wenn ich jetzt mit Tasha zusammen bin, tut es immer noch so verdammt weh es zu hören.“

Daniels Augen waren auf Jack gerichtet, Mitgefühl erweichte seine Gesichtszüge. „Also deshalb hast du dich heute wie ein komplettes Arschloch aufgeführt? Weil sie dich verletzt hat?“

„Verdammt unprofessionell, hm?“, knurrte Jack und warf den Ast, mit der er herumgespielt hatte, ins Feuer. „Gott“, seufzte er und richtete sich etwas auf. „Ich kann es kaum erwarten nach Hause zu kommen.“

Sam war so damit beschäftigt zu verstehen, dass er sie vollkommen missverstanden hatte, dass sie nicht den Wandel der Unterhaltung mitbekam. Sie konnte einfach nicht glauben, dass er das, was sie als einen Ausdruck ihres Verlangens für *mehr als Freundschaft* als totale Abweiseisung auffassen konnte. Dass ihr vorsichtiges Beachten der Vorschriften als ein Mangel an Interesse ausgelegt werden konnte. Wie konnte er es nur so falsch verstanden haben? War sie wirklich so eine Eiskönigin, dass sie ihn dadurch vollkommen von sich gestoßen hatte? Ihn in die Arme von Tasha Greene getrieben hatte?

„Also“, sagte Daniel, als er näher ans Feuer rutschte, „läuft es dann ganz gut zwischen dir und Tasha?“

Sam erstarrte bei dieser Frage und zum ersten Mal seit dem Beginn dieser Unterhaltung, schloss sie ihre Augen. Sie wollte nicht sehen, wie Jack lächelte, wenn er an Tasha dachte. Sie wollte nicht wissen, dass sie jetzt den Platz in seinem Herzen besaß, der einst ihr gehört hatte.
„Ziemlich gut“, hörte sie Jack sagen und sie konnte schon fast das selbstsichere Lächeln auf seinen Lippen sehen. „Es ist schön… gewollt zu werden, weißt du? Das ändert was.”

„Ja“, stimmte ihm Daniel fast sehnsüchtig zu. „Es ist schön gebraucht zu werden.“

„Ja… Gebraucht… Gewollt.“ Er lachte leicht auf. „Es ist schon lange her… ich bin ein wenig aus der Übung.“

„Tasha scheint das nichts auszumachen.“

„Sie ist eine sehr tolerante Frau“, stimmte Jack ihm zu. „Und geduldig… Erinnert mich irgendwie an Sara.“

Sara… Sam wurde schlecht, als die grausame Erkenntnis über sie zusammenbrach, dass sie wahrscheinlich jetzt vollkommen das Boot verpasst hatte. Und nur wegen ihren eigenen, verklemmten Fehler. Tasha erinnert ihn an Sara. Seine Ehefrau… Die Frau, mit der er zehn Jahre seines Lebens geteilt hatte. Die Folgen waren offensichtlich und erschreckend. Sie konnte ihn für immer und ganz verlieren. Und nur weil sie so auf die Vorschriften bestanden hatte, hatte sie nicht gesehen, dass er mehr brauchte, als nur mal einen kurzen Blick oder ein kleines Lächeln, wenn sie dachte, dass sie niemand beobachtete. Sie hatte seine Zuneigung als selbstverständlich angesehen und nichts gemacht um sie zu pflegen oder ihm einen Hinweis auf ihre eigenen Gefühle zu geben… Er trug sein Herz auf seiner Zunge und sie hatte es genossen sich in der Wärme zu aalen, aber war zu erschrocken gewesen auch nur etwas davon zu erwidern. War es da noch eine Überraschung, dass er Trost in den Armen einer anderen Frau suchte, die keine Vorschriften beachten musste?

Die Tränen brannten in ihrem Hals und sie musste sich auf die andere Seite drehen, als einzelne Tränen aus ihren geschlossenen Augen liefen und sie sich selbst verriet. Aber ihre Bewegung musste die beiden abgelenkt haben ihre Unterhaltung fortzusetzen, denn schließlich sagte Jack: „Geh schlafen, Daniel. Meine Schicht.“

Raschelnd stand Daniel auf. „Nacht, Jack“, flüsterte er.

„Ja, Nacht, Daniel… Und danke.“

„Immer wieder“, kam die Antwort. Seine Stimme war jetzt näher, als er in ihr Zelt kroch. Sam rollte sich rüber, so, dass sie mit dem Rücken zu ihm lag, und versuchte ihre Gefühle, ihre Tränen herunterzuschlucken, die so schmerzhaft in ihrem Herzen aufloderten.

Sie hatte Jack weggetrieben. Und er dachte, dass sie ihn hassen würde, seine Freundschaft nicht haben wollte… Oh Gott… Sie konnte es nicht ertragen, dass er so von ihr dachte, dass er nicht wusste, wie viel er ihr bedeutete und wie viel seine stumme, unausgesprochene Zuneigung ihr bedeutet hatte.

Aber was konnte sie jetzt noch machen? Er war mit Tasha zusammen. Tasha machte ihn glücklich… Es war zu spät. Jetzt war einfach alles zu spät. . .

.

+++++++

Am nächsten Abend erreichte ein sehr müdes und angespanntes SG-1 das Stargate. Der Regen hatte nicht aufgehört und das letzte Stück, war so mit Schlamm übersät gewesen, dass man unter den Schmutz nicht mehr die Uniform der Vier erkennen konnte, als sie dem Tor beim Anwählen zusahen.

Teal’c stand hinter dem Rest von seinem Team und beobachtete, wie sich das stumme Drama vor ihm ausbreitete. Major Carter stand vor ihm und neben O’Neill. Die beiden waren umgeben von einem so angespannten Schweigen, dass es die Luft um sie herum schwer erschienen ließ. Er wusste, dass es unausgesprochene Worte zwischen ihnen gab, die gesagt werden mussten, damit diese Spannung verschwand. Zu allererst sollte sich O’Neill für sein gestriges Verhalten bei ihr entschuldigen. Das hatte er nicht getan und Teal’c war deshalb etwas enttäuscht von seinem Freund.

Er kannte nicht die Einzelheiten ihres Konfliktes und es lag nicht in seiner Natur diese zu hinterfragen. Jedoch machte es ihn traurig, die beiden dort stehen zu sehen. Wo sie einst fast eine Einheit gebildet hatten, waren sie jetzt entzweit. Er seufzte leicht und hörte dann, wie Major Carter zu sprechen begann. Ihre Stimme war angespannt und sie sprach durch zusammengepressten Zähnen.

„Eine ziemlich erfolgreiche Mission, Sir“, sagte sie und warf ihm einen flüchtigen Blick zu, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Tor vor ihr richtete. „Der Abbau des Naquadahs in den Spalten wird einfach werden.“

„Ja“, stimmte ihr O’Neill leise zu und schaute hinunter auf seine Schuhe. „Gute Arbeit, Carter.“

Major Carter zuckte mit den Schultern. „Ich habe nicht wirklich etwas gemacht, Sir. Es war einfach nur dummes Glück.“

„Ich bezweifle, dass *dumm* irgendwas damit zutun hatte“, murmelte O’Neill, noch immer mit einem starren Blick auf seine Schuhe. Carter sah mit einem Funken von Hoffnung zu ihm auf, aber als er nicht aufschaute und ihr nicht antwortete, verschwand der Funke und machte der Enttäuschung Platz. Schweigend richtete sie ihr Blick wieder auf das Stargate.

Teal’c schüttelte seinen Kopf. Diese ungewöhnliche und unnatürliche Spannung zwischen ihnen begann ihm ziemlich zu stören. Er war sogar fast dazu geneigt gewesen, seinen eigenen unausgesprochenen Kodex zu brechen und dazwischen zu gehen, als das Stargate zum Leben erwachte. O’Neill eilte schnell darauf zu, langsam gefolgt von Carter.
Neben sich hörte Teal’c ein schweres Seufzen und sah, dass Daniel Jackson ebenfalls seinen Blick auf die beiden gerichtet hatte. „Da gibt es nichts, was wir machen können“, flüsterte der Archäologe, so als ob er Teal’cs Gedanken gelesen hätte.

„Da stimme ich dir zu“, antwortete Teal’c. „Aber es ist für Colonel O’Neill ziemlich untypisch, dass er zulässt, dass seine Entscheidungen von persönlichen… Gefühlen beeinflusst werden. Es ist störend.“

„Er ist keine Maschine“, sagte Jackson, als O’Neill durch den schimmernden Ereignishorizont trat und verschwand. „So gern er es auch möchte.“

Teal’c nickte schweigend, als er zum Tor ging. Daniel Jackson hatte recht, keiner von ihnen waren irgendwelche Maschinen, ohne jegliche Gefühle. Dennoch… etwas sagte ihm, dass es noch nicht vorbei war.


****************

Aufregung beschrieb nicht einmal annähernd, was Sam fühlte, als sie sich auf die Kante eines Stuhles in der Kantine setzte und einen Schluck von ihrem kalten Wasser nahm. Ihr Magen war viel zu angespannt, als dass sie hätte Kaffee trinken können und sogar das Wasser ließ in ihr ein Übelkeitsgefühl aufsteigen. Auf der anderen Seite des Raumes konnte sie Daniel und den Colonel leise miteinander reden sehen und Teal’c, wie er grade sein Essen bezahlte. Das traditionelle Treffen nach einer Mission. Sie konnte sich dem nicht stellen. Sie hatte den Tag bereits in einer Qual von Trauer verbracht, mit der leichten Hoffnung ein paar Dinge zwischen ihr und dem Colonel klären zu können. Aber ihre schwachen Annäherungsversuche trafen nur auf steinige, hohe Mauern. Er hatte sie kaum angesehen, aber sie wusste nicht, ob es daran lag, dass er noch wütend oder ob es die Schuld seines unprofessionellem Verhaltens war.

Was sie jedoch wusste, war, dass sie eine Entscheidung getroffen hatte. Er musste es erfahren. Sie konnte es einfach nicht aushalten, dass er dachte, dass er ihr nichts bedeuten würde. Und auch wenn er mit Tasha zusammen war, war sie fest entschlossen ihm die Wahrheit wissen zu lassen – egal wie schmerzvoll und peinlich es für sie sein würde ihm diese Worte zu sagen. Aber Sam Carter war noch nie ein Feigling gewesen. Und sie hatte sich nie vor ihrer Pflicht gedrückt, egal ob sie persönlicher oder beruflicher Natur war.

Sie schloss für einen kurzen Moment ihre Augen und wusste, dass sie gar keine andere Wahl hatte, als zu ihnen zu gehen. Wenn sie es nicht tun würde, dann würde Daniel mit voller Sorge nach ihr suchen und ihr Fragen stellen. Und sie wollte dieses Durcheinander so gut wie es ging für sich behalten. Sie richtete sich auf, nahm ihr Glas und machte sich mit schweren Schritten auf dem Weg zum Tisch. Daniel saß mit dem Rücken zu ihr und der Colonel gegenüber von ihm. Er schaute kurz auf und sie nickte leicht, als sie an ihren Platz ankam. Sie lächelte nervös, aber er nickte nur knapp und senkte seinen Blick zurück auf sein Essen vor ihm.

Sam schluckte schwer und zwang sich dazu ihre Stimme einigermaßen fröhlich klingen zu lassen. „Hi, Daniel. Sir.“

„Hey, Sam“, lächelte Daniel ihr zu und schob sein Tablett zur Seite, um für sie Platz zu machen. Aber dann bemerkte er, dass sie gar keines trug und er sah sie mit einem Stirnrunzeln an. „Isst du gar nichts?“
„Nein. Ich… später. Ich werde mir später etwas holen.“

Daniel nickte nur und zuckte mit den Schultern. „Also“, sagte er. „Ich dachte schon, dass General Hammonds Gesicht vor Grinsen entzwei fallen würde, als du ihm von dem Naquadah auf G8K-139 erzählt hattest.“

Sam lächelte ihn leicht an. „Er schien erfreut zu sein. Für uns bedeutet das eine große Veränderung. Ich bin überrascht, dass dieser Planet nicht bereits von irgendwelchen Goa’uld geplündert wurde.“

„Vielleicht ist er durch ihr Netz gerutscht?“, schlug Daniel vor. „Nicht einmal die können überall sein.“

„Wenn sie zurückkommen würden“, sagte Teal’c, als er zu ihnen kam, „dann könnte G8K-139 ein Streitpunkt werden. Sie würden uns deswegen angreifen.“

„Dann lass sie doch kommen!“, murmelte O’Neill, als er ein paar Pommes aufspießte. „Wir werden warten.“

Teal’c antwortete ihm nicht darauf, sondern setzte sich auf seinen Platz. Als er dann alles arrangiert hatte, fügte er hinzu: „Es wäre ratsam, wenn wir das Wissen über den Reichtum von G8K-139 so gering wie möglich halten würden. Um zu verhindern, dass die Goa’uld diesen Planeten entdecken, sollten nur die Personen etwas davon wissen, die es auch müssen.“

Sam nickte und für einen Moment hatte sie ihre persönlichen Probleme vergessen. „Teal’c hat recht, Sir“, sagte sie und schielte hinüber zu O’Neill. „Wir sollten das für uns behalten.“

Der Colonel sah mit einem knappen Nicken zu ihr auf. „Ich werde es Hammond gegenüber mal erwähnen“, stimmte er ihr zu und legte seine Gabel auf den Teller, als er nach seiner Cola griff. „Also“, sagte er und hob sein Glas halbherzig hoch. „Auf eine sichere Rückkehr.“

„Auf eine sichere Rückkehr“, antworteten die anderen im Chor und stießen mit ihren Gläsern an, bevor sie einen Schluck tranken.

Und dann nach einem Moment des Schweigens stand O’Neill auf. „Ich hasse es zwar diese kleine Party hier zu unterbrechen“, sagte er, „aber ich werde jetzt gehen. Man sieht sich.“

Sams Herz begann zu pochen, als sie ihm dabei zusah, wie er sein Tablett vom Tisch nahm.

„Gute Nacht, Jack“, rief Daniel ihm ziemlich überrascht hinterher.
In seinen Gedanken vertieft, antwortete er Daniel nicht, sondern stellt sein Tablett auf einen Geschirrwagen ab und ging zur Tür.

Sams Blick klebte förmlich an seinem Rücken, als sie selbst mit leicht zittrigen Knien aufstand. „Ähm“, murmelte sie, „ich habe auch noch ein paar Dinge zu erledigen. Also, werde ich mal…“

Daniel sagte nichts, aber sie konnte schwören, dass er mit Teal’c einen bedeutungsvollen Blick ausgetauscht hatte. Mit einem leichten Grinsen klopfte sie Daniel ein paar Mal auf die Schulter, bevor sie eilig die Kantine verließ. Sie hoffte, dass der Colonel in seinem Büro sein würde und so zwang sie ihre Füße sich in genau diese Richtung zu bewegen. Auf ihren Weg versuchte sie nicht an das zu denken, was sie ihm gleich sagen würde. Und schon gar nicht an seine mögliche Reaktion auf ihre Worte.


****************

Jack ließ sich in seinen Sessel hinter dem Schreibtisch fallen und starrte gedankenverloren auf die geschlossene Tür. Die letzten zwei Tage waren unerträglich gewesen. Er hielt die Spannung, die zwischen ihm und Carter gewachsen war, nicht mehr aus und er hasste, was es aus ihm gemacht hatte. Es hatte ihn zu einem unbedeutenden, rüpelhaften und unprofessionellen Tyrannen gemacht. Er wusste, dass er sich damit auseinandersetzen musste und irgendwie einen Weg finden werden müssen damit umzugehen oder sein Team würde daran zerbrechen.
„Gott“, stöhnte er, als er seinen Kopf nach hinten lehnte und seine Hände auf seine Augen drückte. „Ich hätte das kommen sehen müssen.“ Gleich von dem ersten Moment an, an dem sein Magen anfing, Purzelbäume zu schlagen, wenn Carter ihn anlächelte. Dieser Tag war unvermeidlich gewesen. „Hätte sie an Ort und Stelle versetzen sollen“, murmelte er nicht zum ersten Male zu sich selbst. Es war eine Anmaßung gewesen, zu denken, dass er immun gegen die starken Gefühle in seinem Herzen war, die mit jedem weiteren Tag wuchsen. Deshalb gab es die Regeln, doch es machte nicht den geringsten Unterschied, ob er seinen Gefühlen folgen würde oder nicht. Es waren die *Gefühle*, die das Problem waren. Aber seine Arroganz war schon so oft sein Niedergang gewesen. Er dachte, er könnte damit umgehen, er dachte er stand über den Regeln. Aber diesmal nicht.

Er schüttelte angewidert vor sich selbst den Kopf. Und dann verspürte er das dringende Verlangen nach Trost. Er griff nach dem Telefon und begann zu wählen. Nach ein paar Mal Klingeln antwortete sie und ihre Stimme ließ ihn erleichtert lächeln.
„Tasha Greene.“

„Hey“, sagte er, „ich bin’s.“

„Jack!“ Sie schien erfreut zu sein ihn zu hören und das ließ sein kaltes Herz ein wenig aufwärmen. „Wo bist du?“

„Im Moment noch auf dem Stützpunkt, aber ich bin hier jetzt fertig. Hast du heute Abend schon was vor?“

Er hörte ein leises Rauschen in der Leitung und erkannte dann, dass sie wohl Auto fuhr. Er konnte nur den Schluss ihres Satzes verstehen. „…auf dem Weg?“

„Du benutzt doch nicht etwa dieses verdammte Ding, während du fährst?“, fragte er mit einer Mischung aus Sorge und Humor.

„Hör auf zu meckern!“, protestierte sie lachend. „Also, willst du nun was vom Chinesen oder nicht?“

Jack lächelte. „Chinesisch hört sich gut an“, antwortete er. „Holst du was?“

„Das habe ich grade eben gesagt. Im Moment stecke ich hier noch im Verkehr fest. Es wird ungefähr von hier noch 'ne Stunde dauern. Ist das okay?“

„Großartig“, nickte er. „Ich werde sofort los. Bis gleich.”

„Verspäte dich nicht“, warnte sie ihn. „Ich habe nämlich keine Lust draußen in der Kälte vor deinem Haus auf dich zu warten.“

„Ich werde da sein“, versicherte er und fragte sich, ob er ihr vielleicht einen Schlüssel geben sollte… es wäre logisch, wenn er darüber nachdachte, wie viel Zeit sie miteinander verbrachten. Aber etwas in ihm sträubte sich gegen diesen Gedanken. Er mochte seine Privatsphäre. In den letzten fünf Jahren hatte er sich daran gewöhnt. Es war noch zu früh das aufzugeben.

„Jack?“ Tashas Stimme war jetzt ruhiger und ernster. „Ich habe dich vermisst.“

„Ja“, antwortete er mit ebenso weicher Stimme. „Ich dich auch.“

Ein scharfes Klopfen unterbrach den intimen Austausch und er runzelte seine Stirn. Er war jetzt wirklich nicht in der Stimmung sich zu verspäten. „Ich muss los“, erklärte er. „Aber ich sehe dich um 2000. Okay?”

„Sicher“, stimmte ihm Tasha ironisch zu, „wenn das acht Uhr bedeutet.“

„Acht Uhr“, bestätigte Jack mit einem Lächeln. „Fahr vorsichtig und schallte dein verdammtes Handy aus, bevor du noch jemanden oder dich selbst umbringst!“

Seine Antwort war nur ein Freizeichen, als sie genau das tat, um was er sie gebeten hatte… oder besser, es ihr befohlen hatte. Er verzog leicht sein Gesicht. Verdammt, er würde wahrscheinlich nie den Rest zu Ohren bekommen. Tasha war nicht sehr begeistert davon, wenn er ihr Befehle gab oder zumindest das, was sie für Befehle hielt. Jack lächelte leicht. Sie hatte ja keine Ahnung, wie sich ein richtiger Befehl anhörte. Und sie würde wahrscheinlich vor Wut explodieren, wenn er es ihr Mal zeigen würde!

Es klopfte erneut, diesmal etwas zögernder und mit einem schweren Seufzen straffte er seine Schultern und rief: „Herein!“ Das sollte jetzt besser schnell gehen!

Zu seiner Überraschung öffnete Carter die Tür und kam herein. „Sir?“, fragte sie etwas unsicher. „Haben Sie einen Augenblick Zeit?“

Sie hatte ihre Augen weit aufgerissen und er konnte in ihren Blick etwas Ängstliches sehen. Er spürte, wie sein Herz etwas weicher wurde. Mit einem Stirnrunzeln verfluchte er sich selbst für seine Schwäche und murmelte: „Ich habe *einen* Augenblick.“ Die Worte klangen schroffer, als beabsichtigt gewesen war.

Carter verzog leicht ihr Gesicht, aber ihre Lippen verzogen sich vor Entschlossenheit zu einer dünnen Linie, als sie nickte. „Danke, Sir, das wird nicht lange dauern.“ Sie drehte sich um, um die Tür hinter sich zu schließen. Für einen langen Moment hatte sie ihm den Rücken zugedreht, während eine Hand auf der Türklinke ruhte. Und dann, als sie sich umdrehte, war Major Carter verschwunden. An ihrer Stelle stand eine sehr unsichere und unglückliche Frau. Sein Herz begann vor Sorge zu pochen und er musste dem plötzlichen Verlangen widerstehen, zu ihr zu gehen. Er war heilfroh, dass sein Schreibtisch zwischen ihnen stand.

„Alles in Ordnung?“, fragte er leise, jetzt leicht angesteckt von ihrer Angst. Unbewusst lehnte er sich auf seinem Schreibtisch nach vorne und sah zu ihr auf. „Was ist los?“

Carter nickte, ihre Hände hatte sie auf ihrem Rücken gefaltet, als sie sich vor ihm stellte – und plötzlich war der Major wieder zurück. Ihr Blick war auf etwas hinter ihm an der Wand gerichtet, ihre Schulter angespannt. Nur ihre Augen verrieten sie – groß, dunkel und nervös. „Sir, ich will mich entschuldigen“, begann sie. „Dafür, dass ich in diesem Zustand zum Dienst angetreten bin… Es war unprofessionell und ich…“

„Schon vergessen, Carter“, versicherte er ihr und er war irgendwo erleichtert, dass es nichts Ernsteres war. Sein eigenes unprofessionelles Verhalten vom Vortag nagte noch an seinem Gewissen und er wusste, dass er ihr noch eine Entschuldigung schuldete. Aber die Worte blieben in seinem Halse stecken, ihre Zurückweisung war noch zu frisch, er hatte sie noch nicht verarbeitet.

Carter nickte als Antwort. „Danke, Sir.“

„Also, wenn das dann alles ist…?“, begann Jack, als er aufstand, und versuchte die nagende Stimme seines Gewissens zu ignorieren.

„Nein“, sagte Carter mit einer trockenen Stimme. „Da ist noch etwas, Sir.“

Als er die Furcht in ihrer Stimme hörte, setzte er sich langsam wieder hin. „Oh.“ Sein Magen zog sich zusammen, als er drauf wartete, dass sie weiter sprechen würde. Oder er fürchtete sich nur vor dem, was er vielleicht zu hören bekommen würde, auch wenn er keine Ahnung hatte, was das sein mochte.

Carter schluckte und ihre Zunge fuhr über ihre Lippen. Er sah, wie sie sich noch weiter anspannte. „Sir“, begann sie und schüttelte dann mit einem Stirnrunzeln den Kopf. „Sir, ich…“ Sie atmete einmal tief ein und fuhr sich mit ihrer Hand durch ihre kurzen Haare, als sie einen erneuten Versuch startete. „Sir, was ich an dem Abend bei Daniel gesagt habe, darüber, dass ich nicht will, dass wir Freunde sind?“

Jack erstarrte. Das hatte er nicht erwartet. „Was ist damit?“

„Das habe ich nicht so gemeint“, flüsterte sie. Und es zeichneten sich erneute Falten auf ihrer Stirn ab. „Na ja, ich habe es schon so gemeint, aber nicht so…“ Die Hand, mit der sie durch ihre Haare gefahren war, begann zu zittern, als sie mit erstickter Stimme weiter sprach. „Sir, was ich meinte, war, dass ich nicht ihre Freundin sein kann, weil ich…“ Ihr Blick glitt hinunter auf den Boden, wo sie ihre Stiefel begutachtete. „Weil ich mehr als Freundschaft fühlte… Mehr als ich sollte.“

Mehr? Jack konnte nicht antworten. Er wagte es noch nicht einmal das zu verstehen… Mehr, wie in…? Oh Gott, meinte sie etwa…?

„Ich weiß“, fuhr Carter schnell fort, als sie keine Antwort von ihm bekam, „dass es nicht angebracht von mir ist, das zu sagen, Sir. Aber ich will nicht, dass Sie denken, dass Sie mir nichts… bedeuten. Oder, dass ich nie gefühlt habe… Es tut mir Leid“, seufzte sie mit einem starren Blick auf den Boden gerichtet. „Das ist so schwierig.“

Jacks Mund war wie ausgetrocknet, in seinem Kopf drehte sich alles und das Atmen viel ihm sichtlich schwer. Er hatte sich noch immer nicht gerührt, sein Blick ruhte weiterhin auf ihr, aber er war vollkommen verwirrt. „Carter…“, begann er, doch verstummte dann hilflos. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“

Sie nickte mit einem gesenkten Blick. „Das ist okay“, versicherte sie ihm leise. „Sie müssen gar nichts sagen. Ich wollte nur, dass Sie es wissen, das ist alles.“ Und dann schaute sie auf, diesmal versteckte sie ihre Gefühle nicht, als sich ihre Blicke trafen. „Die Gefühle, die Sie hatten, Sir, waren so wichtig für mich. Zu wissen, dass Sie so fühlten… bedeutete mir sehr viel. Und ich will nur, dass Sie wissen, dass ich auch so fühle.“ Sie errötete leicht und stammelte dann: „Genauso fühlte… ich meinte *fühlte*.“

„Aber…“, rang er nach Worten, „aber ich… Sie…“

„Ist schon in Ordnung“, versicherte sie ihm müde und wandte ihren Blick wieder von ihm ab. „Ich erwarte nicht, dass dies irgendwas verändert… Ich wollte es Sie nur wissen lassen, dass ist alles. Ich will nicht, dass Sie denken, dass ich Sie hasse…“

Hassen? Er schloss geschockt seine Augen, als er verstand. „Sie waren wach“, flüsterte er. „Sie haben mich und Daniel reden gehört.“

Erneut errötete sie. „Ich wollte nicht lauschen, Sir“, flüsterte sie. „Aber… ja… ich war wach.“ Wenn es möglich gewesen wäre, dann war sie von noch mehr Schmerz geplagt, als sie zu ihm aufsah. Ihr Blick war ungewöhnlich offen und ehrlich. „Colonel… wie konnten Sie nur denken, dass ich Sie mir nichts bedeuten…?“

Er zuckte leicht zusammen und fühlte sich plötzlich ziemlich unwohl. „Sie haben sich nicht so verhalten“, murmelte er und fühlte sich mehr als nur dumm aufgrund ihrer Offenheit. Dumm und ziemlich verwirrt. Sie sagte ihm grade all das, was er schon immer hören wollte und trotzdem machte es keinen Unterschied. Die Vorschriften standen noch immer eisern zwischen ihnen – genau wie Tasha.

„Weil ich nicht mit Ihnen zu Ihrer Hütte fahren wollte?“, wollte sie wissen und er konnte einen bitteren Unterton aus ihrer Stimme heraushören. „Wie hätte ich denn mit Ihnen mitgehen können, Colonel? Sie wissen doch, wie es ausgesehen hätte… besonders nach dem Zar’tac-Test.“

Er nickte. „Ja.“

„Hören Sie“, sagte sie jetzt ernster mit einem Kopfschütteln, als sich die vertraute Carter erneut behauptete. „Jetzt ist es eh vollkommen irrelevant. Sie sind jetzt mit jemanden zusammen und ich… ich bin glücklich, dass Sie glücklich sind…“ Sie schnaubte etwas herablassend. „Es ist ja nicht so, als ob *das* irgendwo hingeführt hätte.“

Er wusste, dass sie die Wahrheit sagte, aber trotzdem konnte er ein Seufzen nicht unterdrücken. „Nein, ich denke, das hätte es nicht.“

Sam nickte und ging ein paar Schritte zurück zur Tür, damit sie flüchten konnte. „Ich… ahm“, begann sie. „Ich hoffe, dass das nicht irgendwie unsere berufliche Beziehung beinträchtigen wird, Sir“, sagte sie. „Ich versichere Ihnen, dass sich von meiner Seite aus nichts ändern wird.“

Jack stand auf und ging langsam um seinen Schreibtisch herum auf sie zu. „Ich bin mir sicher, das wird es nicht, Carter“, antwortete er vorsichtig, als er sie beobachtete. Verzweifelt versuchte er das Flattern in seinem Herzen zu unterdrücken, als sein Blick über ihr sanftes und vertrautes Gesicht glitt. Sie mochte ihn? All die Zeit über, mochte sie ihn? Tief in seinem Inneren spürte er, wie etwas auseinanderbrach, eine Barriere, die alles zurückgehalten hatte, was sie für so lange unterdrückt und verleugnet hatten. Sie hatte seine Gefühle geteilt und vielleicht tut sie das immer noch… Oh Gott… Plötzlich wurde er von dem überwältigenden Verlangen erfasst, sie in seine Arme zu schließen und sie einfach nur jetzt und hier zu halten, bis wieder alles in Ordnung zwischen ihnen war. Aber das war genauso unmöglich, wie es das schon immer gewesen war, also konnte er nur sagen: „Ich denke, ich schulde Ihnen eine Entschuldigung, Carter. Für gestern… ich habe mich ziemlich daneben benommen.“

„Ist schon okay“, versicherte sie ihm und schenkte ihm das erste richtige Lächeln seit Tagen. „Ich verstehe das schon.“

Er antwortete ihr nicht, da er viel zur sehr von dem Ausdruck in ihren Augen gefangen war. Ihr Blick war ungewöhnlich offen, so als ob sie wollte, dass er die Wahrheit hinter ihren Worten erkennen konnte. Und als er dort stand, in ihrem Blick versank, hörte die Welt auf sich zu drehen und alles, was er hören konnte, was sein eigener Herzschlag. Er schaute direkt in ihre Seele und alles war dort, alles, was sie fühlte, lag in diesem einen, langen Blick. Er war vollkommen außer Atem, als er ihre Zärtlichkeit sah, ihr Mitgefühl und noch viel schlimmer, ihren Schmerz. Einen Schmerz, den er hervorgerufen hatte, weil er mit Tasha zusammen war. „Gott, Sam“, flüsterte er. „Ich wollte Sie nie verletzten… das schwöre ich.”

Sie nickte mit Tränen in ihren Augen. „Ich wollte Sie auch nie verletzen.“
Langsam streckte er seine Hand aus, so als ob sein Arm durch Wasser gleiten würde, und ging einen Schritt auf sie zu und seine Hand legte sich um ihre. „Ist wieder alles in Ordnung zwischen uns?“, fragte er und er merkte, dass diese Frage sehr wichtig für ihn war.

Ihr Lächeln war etwas zögernd, aber bestimmt. „Soweit es mich betrifft, Sir, ja, alles ist wieder in Ordnung.“ Leicht drückten ihre Finger die seinen, bevor sie sie aus seinem Griff zog. „Ich sollte jetzt wohl besser gehen.“

„Ja“, stimmte er ihr zu, als er sich daran erinnerte, dass er schon längst auf den Heimweg sein sollte, um sich mit Tasha zu treffen.

„Es sei denn…?“, fügte sie etwas schüchtern hinzu. „Es sei denn, Sie wollen vielleicht noch etwas trinken gehen oder etwas anderes… als Freunde?“

Mist. Er wusste, was sie versuchte. Sie ging einen Schritt auf ihn zu und machte ihm jetzt dieselben Angebote, die er ihr einst gemacht hatte. Die, die sie immer abgelehnt hatte. „Ich..“, begann er und überlegte fieberhaft, wie er ihr doch noch zusagen könnte.

Sam war schneller. „Ist schon okay“, sagte sie abrupt mit einem flachen Lächeln. „Sie haben wahrscheinlich schon andere Pläne.“

„Na ja, eigentlich…“

„Genau“, nickte sie und drehte sich um. „Nacht, Sir“, sagte sie, ohne sich noch einmal umzudrehen. „Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.“

Und damit flüchtete sie, ließ ihn allein zurück. Aber nur für einen Moment. Er wollte das nicht vermasseln, das war zu wichtig. Er würde Tasha anrufen und ihr was erzählen, irgendwas, aber er musste das hier tun. Er musste einfach sichergehen, dass wieder alles in Ordnung zwischen ihnen war. Er riss genau in dem Moment die Tür auf, in der Carter um die Ecke verschwand. Ihr Name lag bereits auf seinen Lippen und er hatte schon seinen Mund geöffnet, als er eine andere Stimme hinter ihm hörte.

„Colonel O’Neill!“ Hammond.

Jack schloss wieder seinen Mund.

„Ich bin froh, dass ich Sie noch antreffe.“

Er versuchte zu lächeln, als er sich zu Hammond umdrehte. „Sir?“

Der General durchschaute ihn sofort. „Ich sehe, dass Sie in Eile sind“, sagte er lächelnd mit einem Funkeln in seinen Augen. „Das wird nicht lange dauern.“

„Oh?“

Hammond nickte in Richtung Jacks Büro. „Lassen Sie uns reingehen“, schlug er vor. „Es geht um Major Carter. Ich habe mich bezüglich SG-2 entschieden.“

Jacks Herzschlag stoppte. Verdammt. Das war ein perfektes Ende an einem perfekten Tag.

++++++++

Der Dampf aus Daniels Kaffeetasse wirbelte herauf und beschlug für einen Moment seine Brillengläser, als er einen Schluck nahm. Er hasste diese frühmorgendlichen Besprechungen. Bis heute hatte er noch nicht wirklich verstanden, warum sie immer um halb acht beginnen mussten. Er fragte sich, ob es so ein militärisches Tapferkeitsding war, um die aufsässigen Offiziere davon abzuhalten zu viel Zeit in ihrem Bett zu verbringen.

Vermutlich. Er würde dafür aber seine Hand nicht ins Feuer legen.
Nach einem weiteren Schluck gab er es auf sich auf das Geschriebene vor ihm zu konzentrieren – es war nebenbei bemerkt eine Veröffentlichung von Natasha Greene – und entschied sich dafür, dass sein Gehirn einfach nicht dafür geschaffen wurde, vor zehn Uhr richtig zu funktionieren. Noch während er ein Gähnen unterdrückte, schweifte sein Blick auf die andere Seite des Tisches, wo Sam neben Teal’c saß. Sie war stiller als sonst, ziemlich gedankenverloren, als sie irgendwas auf das Blatt vor ihr kritzelte. Ihr Kinn hatte sie auf eine Hand gestützt. Daniel schielte hinüber zu Teal’c, der kaum merklich mit den Schultern zuckte. Etwas war passiert. Die Anspannung und die anhaltende Wut der letzten Tage schien verschwunden zu sein. Aber an dessen Platz war eine Art von Versonnenheit getreten, die ziemlich ungewöhnlich für sie war.

Daniel schaute auf seine Uhr. Die Besprechung würde erst in ein paar Minuten anfangen. Sie hatten also immer noch etwas Zeit. „Also“, sagte er leichthin, „hast du gestern noch mit Jack geredet?“

Der Kugelschreiber in Sams Hand stoppte in seiner Bewegung. „Was?“, fragte sie.

„Hat er sich dafür entschuldigt, dass er sich wie ein Arschloch aufgeführt hat?“, klärte er sie auf.

Sam lächelte leicht und sie sah zu ihm auf. „Ja, eigentlich“, antwortete sie, „hat er das sogar gemacht.“

„Gut“, nickte Daniel. „Also…?“

„Also…? Was?“

„Ist wieder alles in Ordnung?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Sicher. Alles ist wieder in Ordnung, Daniel.“

Er war nicht vollkommen überzeugt davon. Da war etwas in ihrem blassen Gesicht und dem bläulichen Schimmer hinter ihren Augen, das ihm sagte, dass ihre letzte Nacht eine schlaflose Nacht gewesen war, aber ihr blieb seine skeptische Antwort erspart, als sich die Tür öffnete.
„Morgen, ihr Nachteulen“, durchbrach Jacks Stimme die Stille. Aber sein sonstiger Humor schien diesmal nicht durchzukommen. Seine Stimme klang eher besorgt als fröhlich.

Daniel sah, wie Sam etwas nervös zu Jack hinüber schielte und dann wieder hinunter auf ihr Gekritzel schaute aber er konnte nichts ausmachen, ihre Gesichtszüge waren zu neutral.

Jack setzte sich neben Daniel, sortierte noch ein paar Papiere, bevor er zu dem leeren Stuhl schaute, auf dem normalerweise immer Hammond saß. „Wo ist Hammond?“, fragte er irritiert.

„Genau hier, Colonel“, kam auch schon die Antwort aus der Richtung von General Hammonds Büro.

Jack lächelte gespannt. „Und auch noch pünktlich, Sir.“

Hammond ignorierte seinen Kommentar und nahm seinen Platz am Kopf des Tisches ein. „Bevor wir die Besprechung beginnen“, sagte er, „gibt es noch etwas anderes, was angekündigt werden muss.“ Er lächelte leicht und wandte sich an Jack. „Colonel?“

Jacks Antwortlächeln war nicht ganz so erfreut, sondern hatte eher Ähnlichkeit mit einer Grimasse. „Ja, Sir“, begann er und räusperte sich, als er erneut seine Papiere ordnete. „Nun, es sieht so aus, als ob sich Major Coburn von der USAF getrennt hat und sich jetzt den schöneren Dingen des Lebens widmet.“

„Coburn?“, wiederholte Daniel. „SG-2?“

Jack nickte knapp. „Jep.“ Und dann begann er etwas nervös auf seinem Stuhl herumzurutschen. „Also, es ist mir… eine Ehre… verkünden zu dürfen, dass in Anerkennung ihrer zweifelsfreien Fähigkeiten… das Kommando von SG-2 an… unsere einzigartige Major Carter übergeben wird.“

Ein erstauntes Schweigen füllte den Raum. Sam hatte ihre Augen weit aufgerissen, aber mehr aus Schock, als dass sie glücklich darüber war und sie sah mit einem Blick zu Jack auf, der schon fast an Bestürzung grenzte. Er zuckte nur hilflos mit seinen Schultern. „Glückwunsch, Major. Ihr erstes, eigenes Kommando.”

„Ich…“, stotterte sie und gab Daniel somit genug Zeit sich ein paar passende Worte zu überlegen.

„Ja“, sagte er in das unglückliche Schweigen. „Glückwunsch. Das ist…“ Er schaute zu Jack hinüber. „…ein Schock… irgendwie.“

Hammond rührte sich, er hatte offensichtlich eine etwas freudigere Reaktion seines besten Teams erwartet. „Ich weiß, dass Sie alle traurig sein werden, Major Carter aus SG-1 zu verlieren“, sagte er ernst, „aber es ist meine Pflicht mein Personal zu unterstützen und nach einer Unterredung mit Colonel O’Neill, hielten wir es für angebracht, dass Major Carter ihr eigenes Team bekommen sollte.“

„Sir“, sagte Sam und schaute hinüber zum General. „Ich…Danke, Sir… Aber… sind Sie sich auch sicher…? Ich meine…“ Ihr Blick wanderte zurück zu Jack. „Warum jetzt?“

Daniel hatte keine Zweifel daran, dass hinter dieser Frage noch irgendwas anderes steckte; jedenfalls sagte ihm dass die Reaktion von Jack, als er fast zusammenzuckte. „Kein Grund“, sagte er schnell. „Coburn ist fort – seine Frau hat ein Jobangebot aus Europa bekommen. Es ist einfach… der richtige Zeitpunkt.“ Hammond runzelte leicht die Stirn, er war genauso verwirrt wie Daniel über Jacks ziemlich unschlüssige Antwort. Sam nickte nur, aber sah nicht grade glücklich aus.

„Major Carter“, sagte Teal’c, „bist du nicht erfreut über diese Neuigkeiten? Ein eigenes Kommando ist das Ziel eines jeden Kriegers.“

Daraufhin lächelte sie etwas unsicher. „Ich freue mich“, versicherte sie ihm und dem Rest des Raumes. „Ich bin nur… geschockt. Ich habe das ehrlich gesagt nicht erwartet.“

Neben sich hörte Daniel Jack leise seufzen. „Wer hat das schon?“

Nach einem weiteren unangenehmen Schweigen begann Hammond wieder zu sprechen. „Coburn wird uns gegen Ende der Woche verlassen, Major“, sagte er. „Danach haben Sie sofort das Kommando.“ Er lächelte sie leicht an. „Ich habe jegliches Vertrauen in Ihre Fähigkeiten, Major. Und in Colonel O’Neills hohe Meinung von Ihnen. Sie werden Ihre Arbeit gut machen.“

Sam nickte nur. „Ja, Sir. Danke, Sir.”

„Und jetzt“, fuhr Hammond fort, „lassen Sie uns mit der Besprechung beginnen. Sie können natürlich gerne bleiben, Major, auch wenn diese Mission erst stattfinden wird, wenn Sie bereits SG-2 anführen.“

Für einen Moment sah Daniel einen Schimmer von totaler Verwüstung in ihrem Gesicht. Und bis zu einem gewissen Grade teilte er es mit ihr. Sam verließ sie. Nach all ihrer gemeinsamen Zeit verließ Sam sie einfach. Er konnte sich SG-1 ohne Sam gar nicht mehr vorstellen. Er wollte es noch nicht einmal versuchen. Vielleicht war es egoistisch, aber er wollte nicht, dass sie ging; Karriere hin oder her. Und so wie es aussah, ging es ihr nicht anders.


+++++++++

General Hammonds Stimme, genau wie die von Teal’c, Daniel und O’Neill, hörte sie nur noch aus der Ferne.

Sam hörte gar nicht mehr zu. Nur ein einziger Gedanke kreiste in ihrem Kopf herum: Sie war nicht mehr im Team. Weg. Rausgeschmissen. Sie schloss ihre Augen, als sich ein großer Klumpen in ihrem Hals bildete. Sie hatte keine Ahnung warum. Ihr dummes, dummes Geständnis vom Vortag musste der Grund dafür sein. Der Colonel muss das alles zu Hammond geschleppt haben und er hatte dann nur das gemacht, was er eigentlich schon vor Jahren hätte tun sollen – sie zu trennen. Anscheinend fühlte sich Jack jetzt in ihrer Gegenwart zu unwohl. Vielleicht ja wegen Tasha oder vielleicht, weil sie es ihm zu offensichtlich gezeigt hatte, dass sie noch immer Gefühle für ihn hegte. Egal was es war, er hatte sie gleich bei der ersten Gelegenheit, die er bekommen konnte, aus dem Team geworfen. Rausgeschmissen.

„Major?“, fragte Hammond dann und unterbrach somit ihren hinunterziehenden Strudel von Gedanken. „Könnten Sie das vielleicht noch mit Lieutenant Hébert klären?"

Sie nickte schweigend und schrieb sich den Namen auf ihren Block vor ihr auf, auch wenn sie überhaupt keine Ahnung hatte, was sie mit ihm besprechen sollte. Und es war ihr auch vollkommen egal. Die ungeheuerlichen Neuigkeiten ließ die gesamte Welt total banal aussehen. Sie konnte kaum glauben, dass sie nie wieder mit ihrem Team durch das Tor gehen würde, Daniel und Teal’c würden nicht mehr an ihrer Seite sein und O’Neill würde sie nicht mehr anführen. Das fühlte sich so falsch an. Obwohl ganz hinten in ihrem Hinterkopf, ließ der Gedanke an ein eigenes Kommando einen Funken Stolz in ihr aufkeimen, es war jedoch nichts im Vergleich zum Verlust von SG-1. Sie waren wie eine Familie für sie.

Jedenfalls hatte sie das gedacht. Aber nachdem er sie aus seinem Herzen verbannt hatte, konnte O’Neill sie wohl gar nicht schnell genug aus seinen Leben bekommen. Sie schloss ihre Augen, gedemütigt, dass Tränen hinter ihren Lidern brannten. Sie würde nicht anfangen zu weinen. Seit dieser ganze Schlammassel angefangen hatte, hatte sie nicht einmal geweint und sie würde es jetzt nicht tun. Nicht vor ihren Freunden und dem General.

Endlich schien diese endlose Besprechung auch ein Ende zu finden. Niemand sagte viel, als Hammond aufstand, sie mit einem kurzen Nicken entließ, bevor er zu seinem Büro ging. Sam folgte ihm, soweit sie konnte. Sie konnte einfach nicht mit ihrem Team – ihrem Ex-Team – reden. Sie war noch viel zu verwirrt dazu, um sich jetzt solch einer Aufgabe zu stellen. Sie brauchte etwas Abstand und Zeit, um damit umzugehen, bevor sie…

„Carter! Warten Sie!“ Sie schloss ihre Augen und verlangsamte ihren Schritt. O’Neill. Natürlich.

Langsam drehte sie sich zu ihm um, als er sie einholte. „Colonel?“

„Alles okay?“, fragte er in einem Flüstern und mit dieser verdammt sanften Stimme, die ihr Herz immer weich werden ließ.

Ihr Hals war wie zugeschnürt, ihre Gefühle lagen zu nahe an der Oberfläche, sodass sie das Gefühl hatte, die Kontrolle über sie zu verlieren. Okay? War sie okay? Verdammt noch mal, nein! Sie blinzelte schnell ihre Tränen weg und versuchte zu schlucken, aber sie konnte es nicht. Da sie nicht in der Lage war auch nur einen Ton herauszubringen, nickte sie nur und schaute weg, während ihre Finger immer fester ihre Unterlagen umklammerten. Wenn er sie doch einfach nur in Ruhe lassen würde, damit sie…

„Ich schätze mal nicht“, sagte er etwas ängstlich. Und dann lag seine Hand auf ihrer Schulter und drückte sie in Richtung einer der anliegenden Räume. Sie ließ sich schweigen in einen Raum führen, als er die Tür öffnete, das Licht einschaltete und sie von neugierigen Blicken fernhielt. Als er die Tür hinter sich schloss, wandte Sam ihm ihren Rücken zu und wischte sie heimlich über ihre Augen. Gott, das war lächerlich!

„Ein ziemlicher Schock, hm?“, sagte der Colonel hinter ihr.
Sie nickte und kämpfte immer noch damit ihre Stimme unter Kontrolle zu bekommen. „Ich…“, begann sie zitternd. „Ich schätze, dass es so einfacher sein wird.“

„Einfacher?“, wiederholte er. „Was meinen Sie?“

„Sie wissen, doch was ich meine“, flüsterte sie zurück. Er sollte verdammt sein, wenn sie es ihm nach dem gestrigen Abend auch noch buchstabieren musste. „Jetzt werden Sie sich nicht mehr so unwohl fühlen.“

Seine Hand lag wieder auf ihrer Schulter und wirbelte sie zu ihm herum. „Hey“, sagte er ernst, „wenn Sie denken, dass dies irgendwas mit meinen persönlichen Gefühlen zutun hat, dann haben Sie unrecht.“

„Oh bitte“, antworte sie, als sie sich aus seinem Griff befreite und sich wieder umdrehte. „Ich habe Ihnen gesagt, wie ich fühle und am nächsten Tag – genau dem nächsten Tag – schmeißen Sie mich aus SG-1? Kommen Sie!“

„So war das nicht“, antwortete er wütend und aus ihrem Blickwinkel heraus konnte sie sehen, wie er seine Hände in die Taschen stopfte und wütend mit einem Fuß gegen die Wand trat. „Das war nicht meine Idee.“

„Huh“, schnaubte sie, erleichtert darüber, dass ihre Gefühle kurzweilig von ihrer Wut kontrolliert wurden. Damit konnte sie wenigstens umgehen. „Dann war es ein verdammt gutes Timing.“

Das lange Schweigen zwischen ihnen wurde nur durch das regelmäßige Treten von O’Neills Stiefeln gegen die Wand unterbrochen. „Ist es wirklich das, was Sie von mir denken?“, fragte er schließlich mehr traurig als wütend. „Dass ich Sie aus meinem Team haben will, nur wegen dem… was Sie zu mir gesagt haben?“

Sie antwortete ihm nicht sofort und fühlte sich jetzt nicht mehr so sicher in ihrer ersten Vermutung. „Laut den Vorschriften würde es…“

„Scheiß auf die Vorschriften, Carter!“, schnappte er und drehte sie erneut zu sich um. „Ist es das, was Sie von mir denken? Als ein Mensch? Dass ich sie rausschmeiße, weil ich… wir…“ Er beendete den Satz nicht, sondern schloss seine Augen und schüttelte den Kopf. „Scheiße“, zischte er und fuhr sich mit einer Hand durch seine Haare. „Denken Sie wirklich, dass ich Sie verlieren will?“ Er wandte sich von ihr ab und rieb sich mit seinen Händen über das Gesicht. „Das ist das Letzte, was ich will, Carter. Ich kann mir SG-1 ohne Sie nicht vorstellen.“

Er atmete schwer ein und aus, sie konnte es an dem Heben und Senken seiner Brust sehen. „Sie hätten Hammond sagen können, dass ich noch nicht so weit bin“, antwortete sie leise. „Somit wären wir jetzt noch ein Team.“

Sein Blick war auf den Boden gerichtet, als er mit dem Kopf schüttelte. „Ist es das, was Sie wollen?“, fragte er. „Dass ich lüge?“ Er schaute auf, aber sie konnte seinen Blick nicht treffen. Natürlich war es nicht das, was sie wollte, natürlich wollte sie nicht, dass er sie anders behandelte. Und sie beide wussten es. „Ich würde nie etwas tun, was Ihrer Karriere im Weg stehen würde, Carter“, sagte er mit gesenktem Blick. „Das ist gut für Sie und das wissen Sie.“

Sie beobachtete ihn, sah, wie seine Schultern zusammensackten, und erkannte, dass ihre Trennung ihm mehr schmerzen würde, als sie gedacht hatte. Mit einem Anflug von Angst streckte sie ihre Hand nach ihm aus. Jack drehte sich zu ihr um, sah, wie ihre Hand seinen Arm umfasste, sein kontrolliertes Gesicht zeigte nichts, als er sie anstarrte. Aber da war ein Schmerz in seinen Augen, der ihn verletzt aussehen ließ und unter ihrer Hand fühlte sie, wie sich seine Muskeln bewegten, als seine Hand ihre umschloss. Aber er sagte nichts, als sich ihre Finger verschränkten, genauso wenig wie sie. Er war unglücklich und voller Schmerz. Sie spürte es, als ob es ihr eigener wäre. Und vielleicht war es das sogar. Treibend in seinen dunklen Augen, spürte sie, wie sie sich in ihm verlor. „Ich will nicht gehen“, flüsterte sie. „Ich will SG-1 nicht verlassen.“

„Ich weiß“, flüsterte er zurück. Er brach nicht den Blickkontakt, als er sanft ihre Hand drückte. Mit pochenden Herzen ging sie einen zögernden Schritt auf ihn zu. Sie standen schweigend da, auf Messerschneide und waren vollkommen im Blick des anderen verloren, bis er sie mit einem Seufzen unsanft in eine Arme zog und sie gegen seine Brust fiel. Eine Hand strich über ihren Hinterkopf, während seine Finger sich in ihren Haaren verfingen. „Ich werde Sie vermissen“, hauchte er in ihr Ohr. „So sehr.“

Seine leidenschaftlichen Worte schmerzten in ihrem Herzen und sie drückte ihn fest an sich, als sie langsam ihren Kopf gegen seine Schultern legte. Sie war sich mehr als im Klaren darüber, wie unangebracht das war, aber sie konnte sich nicht von ihm losreißen. Sie wollte das, sie wollte diesen Trost, auch wenn er noch so kurz war. „Halten Sie mich“, flüsterte sie. „Bitte, halten Sie mich einfach nur fest.“


+++++++++++

Als Tasha Jacks Truck in ihrer Einfahrt hörte, zog sie ein Streichholz heraus und zündete eine Kerze an. Der letzte Schliff für ein, wie sie hoffte, romantisches Abendessen. Jack war spät, natürlich. Aber das war nichts Ungewöhnliches. Sie hoffte nur, dass er nicht wieder in einer seiner dunklen, schweigenden Stimmungen sein würde. In den letzten Monaten schien es so, als ob er öfters dort unten drinstecken würde, als oben gewesen zu sein. Viel öfters war er in sich gekehrt gewesen. In der einen Minute hatte sie seine ganze Aufmerksamkeit und in der nächsten… war es so, als ob irgendwo ein Licht ausgeschaltet worden wäre.

Sie unterdrückte ein Seufzen und stand auf. Dann löschte sie das Streichholz, bevor sie mit ihren Händen noch einmal über ihr Kleid fuhr. Sie mochte es sich schick anzuziehen – in ihrem Alter zeigte es nur, ob man der Natur ihren natürlichen Weg gehen ließ. Die Klingel schrillte laut auf und erforderte ihre sofortige Aufmerksamkeit. Jack O’Neill klingelte so, als ob er irgendwelche Befehle herumposaunen würde.

Sobald sie die Tür geöffnet hatte, begannen ihre Hoffnungen zu schwinden. Er sah zerknittert und abgelenkt aus – und er trug noch immer seine Arbeitskleidung. „Hey“, sagte er und beugte sich zu ihr hinunter, um sie flüchtig zu küssen. „Entschuldige, dass ich zu spät bin.“

Tasha lächelte nur und ging einen Schritt zurück. „Ist schon okay“, versicherte sie ihm, als sie ihn vorbei ließ, bevor sie die Tür schloss. „Probleme…?“

Jack runzelte die Stirn und fuhr sich mit einer Hand durch seine Haare. „Wahrscheinlich nicht“, murmelte er und sein Blick schweifte über den gedeckten Tisch. „Eines unserer Teams ist überfällig, das ist alles.“ Er drehte sich mit einem müden, kleinen Lächeln zu ihr um. „Das sieht schön aus. Du hättest dir nicht so viel Arbeit machen müssen.“

Tasha lächelte wieder, jetzt etwas zurückhaltender. „Ich wollte es aber“, versicherte sie ihm. „Es ist doch ein besonderer Anlass.“

Jack ließ sich mit einem Stöhnen auf ihre Couch fallen. „Besonders?“, seufzte er. „Ich werde nur älter, das ist alles.“

Tasha war nicht in der Lage ihre Worte zurückzuhalten, als sie das hörte. „Na schön!“, starrte sie ihn an. „Wenn du deinen Geburtstag überhaupt nicht feiern willst, warum bist dann eigentlich hergekommen? Gott, Jack, nach allem was ich gemacht habe… du…“

Geplagt mit Schuldgefühlen, war er innerhalb von wenigen Sekunden auf seinen Beinen. „Es tut mir leid“, beruhigte er sie und zog sie in eine Umarmung. „Es tut mir leid. Ich hab’s nicht so gemeint. Es war… es war einfach nur ein schrecklicher Tag und ich bin ziemlich erschöpft. Es sieht großartig aus, wirklich. Und ich schätze das sehr.“

Ihre Wut war so schnell wieder verschwunden, wie sie in ihr ausgebrochen war. „Ich weiß“, seufzte sie und löste sich leicht aus seinem Griff, sodass sie ihn ansehen konnte. „Es ist nur, dass du in letzter Zeit so ausgelaugt bist. Ich wünschte einfach nur, dass du mir sagen würdest, was los ist.“

„Nichts“, versicherte er ihr. Er wandte seinen Blick von ihr ab und ließ seine Arme an seine Seiten fallen. „Die Dinge waren einfach nur schwierig – ohne Carter – weißt du?“

Mit einem Nicken nahm Tasha seine Hand und führte ihn zum Tisch. Er hatte vor Kurzem erwähnt, dass Carter vor ein paar Wochen sein Team verlassen hatte und dass er Schwierigkeiten damit habe einen Ersatz für sie zu finden. „Erzähl es mir“, sagte sie ihm und drückte ihn hinunter auf einen Stuhl. „Sag mir, was los ist.“ Sie setzte sich gegenüber von ihm hin und gab ihm einen Löffel. Mit einem leichten Lächeln begann er zu essen. Immerhin war er hungrig.

„Da gibt es nicht wirklich was zu erzählen“, versicherte er ihr. „Es dauert eben nur seine Zeit, um den richtigen Mann zu finden. Es ist nichts, was ich nicht bereits schon tausendmal vorher getan habe.“

Er hatte vermutlich recht, aber seine Worte erklärten nicht die Spannung, die sich in Form einer Falte auf seiner Stirn abzeichnete. „Du vermisst sie“, flüsterte sie und wartete auf eine Reaktion. Und sie bekam eine.

Die Finger verkrampften sich um den Löffel, seine dunklen Augen wurden mit Schmerz gefüllt. Tasha spürte den Anflug von Zweifel in ihrem Herzen. „Ja“, antwortete Jack nach einem Moment. „Das tun wir alle. Aber ihr geht es gut mit SG-2.“ Seine Gesichtszüge entspannten sich leicht, als sie seinen abwesenden Blick sah. „Sie macht sich gut. Ich bin sehr stolz auf sie.“

„Das ist schön“, antwortete sie, als sie sich selbst ihren Teller füllte. „Also“, sagte sie und entschied sich das Thema zu wechseln – Samantha Carter war plötzlich ein Thema, bei dem sie sich ziemlich unwohl fühlte. „Ich habe heute mit General Hammond gesprochen.“

Jack schaute zu ihr auf, seine Gabel stoppte auf halbem Wege. „Weswegen?“

Sie lächelte leicht. „P3X-832.“

„Warum?“

Ihr Lächeln wurde aufgrund seiner Neugier nur noch größer. „Weil ich dort hingehen möchte. Dr. Jackson hat mir eine Kopie der ersten Ergebnisse geschickt und es gibt eindeutige Beweise, die auf eine vorbabylonische Kultur hinweisen. Hauptsächlich Ruinen, aber mehr als wir je auf der Erde gesehen haben. Er fragte mich, ob ich daran interessiert bin und ich… bin’s!“

„Nett von Daniel, dass er es mir gegenüber auch erwähnt hat“, murmelte er und rutschte auf seinen Stuhl herum, als er sein Handy aus seiner Tasche zog. Er starrte einen Moment darauf, so, als ob er es zwingen wollte, dass es zu klingeln begann, bevor er es vorsichtig neben seinen Teller auf den Tisch legte. „Was hat Hammond gesagt?“

Vor lauter Aufregung verzog sich ihr Lächeln zu einem Grinsen. „Er sagte ja! Er sagte, er müsste noch etwas ausarbeiten… Missionsparameter oder so was… aber er sagte, dass wir wahrscheinlich irgendwann in den nächsten Wochen gehen könnten.“

Nickend schaufelte sich Jack eine weitere Gabel in den Mund. „Ich habe gehört, dort soll es um diese Jahreszeit richtig schön sein“, murmelte er mit vollem Mund, bis er den ziemlich enttäuschten Blick auf ihrem Gesicht sah. Er setzte sich auf und schluckte. „Entschuldige“, murmelte er. „Ich schätze, ich habe vergessen, dass ich nicht in der Kantine bin.“

Tashas Blick fuhr über seinen zerknittern BDU. „Ich sehe schon, warum du diesen Fehler gemacht hast“, sagte sie und schwächte ihre scharfe Antwort mit einem Lächeln ab.

„Oh“, murmelte Jack und fuhr sich mit einer Hand über sein T-Shirt.

„Ich hatte noch im Kontrollraum gewartet… muss wohl die Zeit vergessen haben.“ Er sah zu ihr auf. „Entschuldige. Und du machst dir hier so eine große Mühe“, sagte er und streckte seine Hand nach ihrem Gesicht aus. „Übrigens, du siehst umwerfend aus. Hätte ich dir vermutlich schon früher sagen sollen, hm?“

„Vermutlich“, stimmte sie ihm zu, aber seine warmen Worte ließen sie über sein müdes und ungepflegtes Aussehen hinwegsehen.

„Es ist einfach nur so, dass ich…“

Bleep-bleep. Bleep-bleep.

Augenblicklich wandte Jack seinen Blick von ihr ab und schnappte sich mitten im Satz das Handy. „O’Neill“, sagte er hastig. Er hielt das Ding so fest, dass sich seine Fingerspitzen weiß färbten. Es herrschte ein angespanntes Schweigen, als er erleichtert lächelte – das erste richtige Lächeln, dass sie seit Tagen gesehen hatte und sie atmete erleichtert aus. „Lebensmittelvergiftung?“, sagte er schließlich mit immer noch demselben Lächeln. „Ja, ich wette, das hat sie! Nein… nicht… Nein… Ja, danke, Daniel… ich weiß, dass sie das kann… Ja, ich weiß… Jedenfalls, danke… Ja, wir sehen uns. Bye.“

Die Erleichterung und dieses Grinsen waren noch immer auf seinem Gesicht, als er gedankenverloren sein Handy zurück in die Tasche steckte. Er sah…glücklich aus.
„War das Dr. Jackson?“, fragte Tasha.

„Hä?“ Er schüttelte seinen Kopf, als sie ihn aus seinen Gedanken holte. „Ah, Daniel… Ja, das war er. Er lässt dich übrigens grüßen.“

Sie lächelte leicht. „Etwas Wichtiges?“, fragte sie. „Du siehst erleichtert aus.“

Jack räusperte sich und richtete seine Aufmerksamkeit mit mehr Elan auf ihr Abendessen. „Weißt du“, sagte er, „das ist wirklich köstlich, Tash. Was ist es?“

„Hühnchen Marsarla“, antwortete sie, „und wechsle nicht das Thema.“

Er schaute nicht auf. „Das ist wirklich gut“, versicherte er ihr, als er sich noch etwas in den Mund schob. „Und ich habe nicht das Thema gewechselt. Es war nur was von der Arbeit. Das Team, welches überfällig war, ist nur wieder nach Hause gekommen, das ist alles.“ Mit einem Grinsen sah er zu ihr auf. „Aber ich hasse es wirklich an meinen Geburtstag über die Arbeit zu reden.“

Als Tasha seinen plötzlichen Stimmungswechsel bemerkte, zog sie eine Augenbraue hoch. „Ich dachte, du hättest keine Lust zu feiern?“

Er zuckte mit den Schultern und stand auf. Er ging um den Tisch herum, um sich neben sie zu knien. „Jetzt aber“, versicherte er ihr und küsste sie sanft und zögernd auf ihre Lippen. „Ich bin jetzt mehr als entspannt…“

„Jetzt, wo das vermisste Team zurück ist?“, flüsterte sie gegen seine Wange. Ihre einzige Antwort war nur ein merkwürdiges Murmeln, als sich Jacks Arme um ihre Hüfte schlangen und er heiße und fordernde Küsse auf ihrem Hals und Nacken verteilte.

Tasha lächelte. Jegliche Gedanken segnete das Zeitliche, als sie sich dem Moment hingab. Mit Jack zusammen zu sein war eine ständige Überraschung, eine endlose Gefühlsachterbahn. Und sie hatte die letzten Wochen genug Tiefen erlebt, so entschied sie, dass es jetzt an der Zeit war, ein paar Hochs zu genießen. Und von den plötzlichen äußerst leidenschaftlichen und dringenden Küssen wusste sie, dass dies ein enormes Hoch sein würde.

Irgendwo in ihrem Hinterkopf fragte sie sich, was seine Stimmung so plötzlich geändert hatte. Aber auch wenn sie ihre Vermutungen hatte, würde sie diese jetzt nicht vertiefen. Er war hier, das war alles, was zählte.

Das musste sich doch auszahlen.


++++++++++

Die Krankenstation lag im Dunkeln, das einzige Licht kam von der Schwesterstation. Leise schlich sich Jack hinein und lächelte die Frau an, als sie ihn neugierig ansah. Es war schon spät. Weit über die Besuchszeit hinaus.

„Colonel?“, fragte sie ihn und stand langsam auf. „Kann ich Ihnen vielleicht helfen?“

Er erstarrte. Die lahme Entschuldigung, die er Tasha aufgetischt hatte, als er von ihr verschwand, schoss durch seinen Kopf. „Ich habe gehört SG-2 ist diesen Abend wieder zurückgekommen“, flüsterte er und schielte zu den zwei belegten Betten. „Geht’s ihnen gut?“

Wenn die Schwester eine merkwürdige Frage um drei Uhr morgens auf der Krankenstation des SGC erwartet hatte, so zog sie jedoch keine Augenbraue hoch. „Ja, Sir“, antwortete sie und nahm ein paar Unterlagen in ihre Hand. „Sie litten alle an einer Magen-Darm-Infektion. Phillips und Ferretti wurden bereits entlassen und sie befinden sich in ihren Quartieren. Carter und Gibson bleiben noch über Nacht zur Beobachtung hier.“

Jack nickte und schaute wieder die Krankenstation hinunter. „Was dagegen, wenn ich mal kurz nachsehe?“, fragte er. „Ich werde auch ganz, ganz mucksmäuschenstill sein. Ich schwör’s bei Gott.“

Sie zögerte einen Moment, bevor sie offensichtlich zu der Erkenntnis kam, dass es nur noch mehr Schwierigkeiten bringen würde, wenn sie jetzt mit dem Colonel stritt. „Ein paar Minuten, Sir“, sagte sie ihm ernst. „Aber Sie brauchen sich wirklich keine Sorgen zu machen. Morgen werden sie beide entlassen.“

„Danke“, lächelte er und ging den kleinen Gang hinunter. Seine Augen suchten hungrig nach Carter, bis er ihre friedlichen Gesichtszüge erblickte, wie sie schlafend im Bett lag. Die letzte Anspannung brach in ihm entzwei. So war es immer. Jedes Mal, wenn sie durch das Tor ging, hatte er das Gefühl die ganze Zeit über die Luft anzuhalten, und erst wenn sie wieder zurückkam, erlaubte er sich wieder auszuatmen. Es war schon fast eine unbewusste Anspannung. Es war nicht so, dass er sich ständig mit diesem Gedanken beschäftigte, aber irgendwo tief in ihm drin, war er immer und immer wieder nur am Warten.

Er verlangsamte seinen Schritt, als er ihr Bett erreichte. In dem hellen Licht sah ihr Gesicht blass aus und die dünne Nadel in ihrem Handrücken blitzte auf. Aber sie war okay. Lebensmittelvergiftung, hatte Daniel gesagt. Gerade das! Er lächelte, als er daran dachte, wie SG-2 dafür aufgezogen werden würde. Hauptsächlich von ihm natürlich, da hatte er gar keine Zweifel. Ein Stuhl stand neben dem Bett, also setzte er sich langsam hin und stützte seine Ellbogen auf den Knien ab, damit er sein Kinn in seine Hand legen konnte. Er war erschöpft. Es war eine total verrückte Idee gewesen, um diese Zeit noch den ganzen Weg zurückzufahren und Tasha war alles andere als begeistert gewesen, als er verschwand. Er verübelte es ihr noch nicht einmal und verspürte Schuld in sich aufsteigen, als er an ihr enttäuschtes Gesicht dachte.
„Ich dachte, du würdest die Nacht hier bleiben“, murmelte sie, als er aus dem Bett kletterte. „Es ist fast zwei Uhr in der Früh!“

Er murmelte etwas davon, dass seine nächste Mission schon ziemlich früh anfangen würde und was auch die Wahrheit war, aber er scheiterte daran sie zu überzeugen, dass es besser für ihn wäre, jetzt schon zurück zum Stützpunkt zu fahren, als nachher früher aufzustehen. Tasha war nicht erfreut, als er ging, aber er konnte einfach nicht anders. Er musste Carter sehen.

Er seufzte, als er sich mit einer Hand über sein Gesicht fuhr und er sich fragte, was er sich da nur antat. Tasha war großartig – klug, lustig, wunderschön. All die gewöhnlichen Dinge. Und trotzdem saß er hier – er war mitten in der Nacht aus ihrem warmen Bett geklettert – und ließ eine Frau für die Frau zurück, die er nie haben wird können. Er schüttelte seinen Kopf. Wann hatte sich sein Leben in so ein Desaster verwandelt?

Er war vollkommen euphorisch gewesen, als er hörte, dass Carters Team heile zurückgekommen waren – und er schämte sich, wie er Tasha unwissend in seine kleine, private Feier hineingezogen hatte – aber als er in ihren Armen lag, war sein einziger Gedanke, dass er vor Beginn seiner nächsten Mission Carter nicht mehr sehen würde. Und er hatte sie so sehr vermisst. Er musste sie einfach sehen. Er musste es einfach.

Und so saß er jetzt hier mitten in der Nacht. Er fühlte sich zu alt, um sich jetzt noch mit diesem Mist herumzuplagen. Mit einem Seufzen senkte er seinen Kopf und vergrub ihn in seinen Händen. Er fragte sich, ob Major Coburn es nicht vielleicht doch alles richtig gemacht hatte… Das Leben war zu kurz.

„Colonel?“, flüsterte eine schläfrige Stimme.

Sein Kopf schoss nach oben. „Carter? Sie sollten eigentlich schlafen.“ Er schielte kurz zur Schwester hinüber und senkte dann seine Stimme. „Versuchen Sie mich hier in Schwierigkeiten zu bringen?“

„Wie spät ist es?“, fragte sie und hob ihre Hand, aber es war keine Uhr an ihrem Handgelenk.

Jack zuckte leicht zusammen. „Sehr spät“, sagte er ihr. „Schlafen Sie weiter.“

„Was machen Sie hier?“ Ihre Augen leuchteten hell in der Dunkelheit und er konnte die Neugier in ihnen sehen.

„Nichts.“

Sie schenkte ihm dieses kleine, ungewöhnliche Lächeln. „Oh.“

Jack rutschte etwas näher und hielt seine Stimme leise. „Ich wollte nur sichergehen, dass es Ihnen gut geht. Wir gehen in ein paar Stunden nach P3… keine Ahnung wohin.“

Ihr Lächeln wurde größer und sogar in der Dunkelheit konnte er sehen, dass es sich in ihren Augen widerspiegelte. „Mir geht’s gut, Sir. Jetzt jedenfalls.“

„So schlimm?“, fragte er und sah, wie sie ihre Augen verdrehte.

„Ich kann’s nur empfehlen, wenn Sie ein paar Kilos verlieren wollen, Sir“, antwortete sie trocken. „Ich glaube nicht, dass auch noch ein Milligramm von irgendwas in mir war, als ich es zurück zum Tor geschafft hatte.“

Er kicherte. „Erinnert mich an ’631“, sagte er grinsend. „Erinnern Sie sich? Ich habe Daniel noch nie so grün gesehen.“

Carter schüttelte lächelnd den Kopf, als sie sich daran erinnerte. Und dann wurde ihr Gesicht wieder erst. Sie seufzte leise. „Also habt ihr Jungs morgen eine Mission?“

„Ja“, nickte er. „Ganz oben auf dem Tagesplan.“

„Wann kommt ihr wieder zurück?“, fragte sie.

„In zweiundsiebzig Stunden. Jedenfalls ist es so geplant.“

Sie schloss ihre Augen und seufzte erneut. „Wir haben übermorgen die nächste Mission“, sagte sie. „Also, sieht es wohl aus, als ob es sich wieder überschneidet.“

„Ja“, murmelte er und beobachtete ihr ernstes Gesicht. „Die Planung ist wirklich ätzend.“

Sie nickte. „Beim nächsten Mal sind wir alle da“, sagte sie, als sie sich auf die Seite rollte und ihn ansah. „Vielleicht können wir dann ja was machen? Uns über den neusten Stand der Dinge austauschen?“

„Hört sich gut an“, antwortete er. Dann schaute er hinunter auf seine gefalteten Hände, als er murmelte: „Ich habe Sie vermisst.“

„Ich Sie auch.“

Als er zu ihr aufsah, traf er ihren Blick und die Gefühle in seiner Brust begannen überwältigend zu schlagen. Was machte er sich hier eigentlich vor? Er hatte das Gefühl mit dem Feuer zu spielen. Er versuchte zu viele Dinge auf einmal in der Luft zu halten – seine Gefühle für Carter, seine Gefühle für Tasha, seine Karriere, Carters Karriere, seine Beziehung zu seinem Team, das Schicksal des ganzen verdammten Planeten… Früher oder später würde etwas zusammenbrechen… vielleicht sogar das ganze verdammte Ding dort in der Luft. Vielleicht auch nur er selbst.

„Ich sollte jetzt gehen“, flüsterte er und brach ihren Blickkontakt, als er aufstand. „Sie müssen schlafen, genau wie ich.“
Carter protestierte nicht und rollte zurück auf ihren Rücken. „Viel Glück“, flüsterte sie.

„Danke“, nickte er. Und dann lächelte er leicht. „Ich werde mich auch ganz bestimmt nur an unser EPA halten.“

Sie lächelte müde und er sah mehr Zuneigung darin, als er es gewohnt war. „Tun Sie das. Und Sir?“

Er blieb am Fußende ihres Bettes stehen. „Carter?“

„Herzlichen Glückwunsch und einen schönen Geburtstag.“

Er betrachtete sie einen langen Moment. Er nahm ihr Gesicht in sich auf, wie sich ihre Lippen zu einem Lächeln verzogen. „Jetzt ist er es“, murmelte er und sprach die Wahrheit aus, die er Tasha nie erzählen konnte. Und dann mit einem knappen Nicken drehte er sich um.

Du spielst mit dem Feuer, Jack. Du spielst mit dem gottverdammten Feuer…

++++++++

So früh, vor dem morgendlichen Ansturm, war es sehr ruhig in der Kantine, als Sam vor dem Tresen stand und das Frühstück begutachtete. Ihr Magen war zu solch früher Stunde noch nicht wirklich in der Stimmung für etwas Essbares, aber jeder gute Soldat kannte die Wichtigkeit eines anständigen Frühstücks. Sam nahm sich das kleinste Gebäck, eine Tasse Kaffee und ging auf den nächsten Tisch zu. Sie ließ eine dünne Akte auf den Tisch fallen, als sie sich setzte und auf ihre Uhr schaute. Noch knapp eine Stunde, bevor die Besprechung beginnen würde – gerade noch genug Zeit, um Daniels Bericht zu lesen.

Sie lächelte, als sie die Blätter aus der Akte nahm und einen Schluck von ihrem Kaffee trank. Im Gegensatz zu O’Neills oder ihren Berichten waren Daniels Berichte immer sehr ausgefallen und ausführlich. Er hielt sich nie an die Vorgaben des Militärs. Er verfasste sie immer mit einer Eleganz und einem humoristischen Unterton, dass es jedes Mal ein Vergnügen war, sie zu lesen. Und es war ein Vergnügen, welches sie in den letzten fünf Wochen, in denen sie das Kommando von SG-2 übernommen hatte, wirkliche vermisst hatte. Nicht, dass sie die Herausforderung nicht genoss – das tat sie durch und durch – aber sich hinzusetzen und Daniels aufregende Theorien über die Einwohner von P3X-832 zu lesen, erweckte in ihr ein warmes Gefühl der Nostalgie. Sie war wirklich glücklich darüber, dass sie bei ihrer nächsten Mission mit ihm zusammen sein würde.

„Was dagegen, wenn ich mich setze?“

Sam schaute mit einem Lächeln auf. „Colonel O’Neill. Schon wach, Sir? Es ist noch früh.”

„Huh.“ Er verzog leicht das Gesicht, als er sich gegenüber von ihr hinsetzte. Er war noch nie ein Frühaufsteher gewesen. „Wessen Idee war es eigentlich die Besprechungen so früh anfangen zu lassen?“

„Das müsste dann wohl General Hammond sein“, sagte sie und konnte die Belustigung in seinem Blick sehen.

Er nickte nur und nahm einen großen Löffel von Fruit Loops zu sich. Noch während er kaute, griff er in seine Tasche und holte seinen eigenen Bericht heraus, welchen er zusammengerollt hatte, sodass es auch passte. Er rollte Daniels Bericht auseinander – jetzt mit ein paar Eselohren – und begann ebenfalls zu lesen. Sam lächelte in sich hinein, als sie ihr Gebäck in die Hand nahm. Bevor sie das Kommando von SG-2 übernommen hatte, hatte sie immer nur über die Angewohnheit des Colonels die Berichte erst kurz vor der Besprechung – manchmal sogar noch während der Besprechung - zu lesen, geseufzt und hatte es auf seine etwas exzentrische Natur geschoben. Aber jetzt, mit ihrem eigenen Stapel an Berichten, strategischen Einschätzungen und persönlicher Kritikeinschätzungen, verstand sie ihn schon besser. Es war keine Nachlässigkeit, es war lediglich eine Frage der richtigen Planung.

Gegenüber von ihr seufzte Jack. „Daniel lässt diese Dinge immer wie ein Roman wirken“, beschwerte er sich und überflog den Bericht auf der Suche nach den wirklich wichtigen Ausschlagsworten. Daniel hatte noch *nie* irgendwelche Ausschlagsworte benutzt. Er schaute zu ihr auf.
„Haben Sie das gelesen?”

Sam durchstöberte ihre eigene Kopie, als sie einen weiteren Bissen von ihrem Gebäck nahm. „Bin grad dabei, Sir.“

Er grinste plötzlich. „Carter! Ich dachte, Sie hätten das bereits seit einer Woche durch!”

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich war beschäftigt.“

„Ja“, sagte er mit sanfter und warmer Stimme, in der eine gewisse Belustigung mitschwang. „Haben Sie sich von der Lebensmittelvergiftung richtig erholt?“

Mit einem Augenverdrehen nickte sie. „Ja. Obwohl wir unsere letzte Mission verpasst haben. Hat Ihnen das der General erzählt? Gibson und ich waren eine Woche krankgeschrieben.“

Ein weiterer Löffel voll mit Fruit Loops fand ihren Weg zu O’Neills Mund, als er nickte. „Er hatte es mal erwähnt. Hört sich ziemlich übel an. Auch ganz sicher, dass alles wieder in Ordnung ist?“

„Mir geht’s gut“, versicherte sie ihm, gerührt von seiner Sorge.

„Sie sehen etwas blass aus“, flüsterte er und senkte seinen Blick hinunter auf seine Schüssel. „Und ein bisschen dünner…?“

Sam beobachtete ihn dabei, wie er mit den Froot Loops in seiner Schüssel spielte. Er hörte sich so an, als ob er verlegen oder es irgendwie falsch wäre. Sam seufzte, als sie über die Komplexität ihrer Situation nachdachte, aber alles, was sie sagte, war: „Ich habe ein paar Kilos verloren, Sir. Aber mir geht es jetzt wieder gut.“ Sie verstummte kurz. „Und ich freue mich schon auf unsere gemeinsame Mission nach… P3X-832“, las sie von Daniels Bericht ab.

„Ich mich auch“, stimmte O’Neill ihr zu und sah sie mit einem plötzlichen Grinsen an. „Eigentlich war ich ja…“

„Gott! Und ich dachte schon das Personal im Altersheim wäre langsam!“ O’Neill erstarrte sofort und Sam hob langsam ihren Blick, als sie Tasha Greene sah, wie sie damit beschäftigt war, ihr Tablett auf ihren Tisch zu entleeren. Was zum Teufel suchte *sie* denn hier? „Ich meine, wie schwer kann es denn bitte schön sein einen Café Latte zu machen?“

Sam riss amüsiert ihre Augen auf. Café Latte? In der Kantine? Zu ihrer Überraschung schielte O’Neill mit einem Funkeln in seinen Augen zu ihr hinüber, das ihr sagte, dass er nicht anders dachte. Laut sagte er dann: „Wenn ich du wäre, würde ich beim regulären Kaffee bleiben.“

Tasha setzte sich mit einem Schulterzucken neben ihn. „Ich glaube nicht an irgendwelche Kompromisse“, verkündete sie. Und dann sah sie mit einem Lächeln zu Sam hinüber. „Major Carter, schön Sie wieder zu sehen.“

„Freut mich auch“, antwortete Sam und fragte sich, ob die eklatante Lüge ihre Nase wachsen ließ. Immer noch ziemlich geschockt darüber, was O’Neills… Freundin… auf dem Stützpunkt verloren hatte, schaute sie zu ihm, aber er starrte hinunter in seine Schüssel und antwortete nicht.

„Wissen Sie, die Quartiere hier sind ziemlich bequem“, sagte Tasha dann, als sie ihren Kaffee nahm und ihr Gesicht bei dem Geschmack verzog. „Auch wenn die Betten ziemlich eng sind.“

Lächerlicherweise spürte Sam, wie sie leicht rot wurde. „Ahm, ja, ich schätze… dass sie nicht für zwei gemacht sind“, murmelte sie und nahm sich ihren eigenen Kaffee, um ihr Gesicht dahinter zu verstecken. Sie war nun *wirklich* nicht an Tasha Greenes Schlafverteilung interessiert. Die Betten waren zu eng…? Oh verdammt noch mal…

„Tasha hat im Gästequartier übernachtet“, sagte O’Neill dann.

Sams anfängliche Röte verwandelte sich in ein dunkelrot. „Natürlich… Entschuldigung, Sir. Ich wollte nicht andeuten…“

Doktor Greene begann zu lachen. „Jack hat mich rausgeschmissen“, sagte sie und war sich Sams Verlegenheit offenbar nicht bewusst. Ihre lebendige Stimme hallte laut durch die leere Kantine. „Irgendwas über Vorschriften…?“

„Ja“, murmelte Sam und zwang sich höflicherweise dazu ihren Blick zu heben. „Es ist nicht erlaubt sich ein Einzelzimmer zu teilen.“

Tasha schüttelte den Kopf und sah hinüber zum Colonel. „Wie kannst du dir nur all diese Regeln und Vorschriften merken, Jack?“, fragte sie. „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass mir andere Leute sagen, wo – und mit wem – ich schlafen darf!“

O’Neill runzelte die Stirn. „Die Vorschriften gibt es schon aus einem guten Grund“, sagte er und schielte mit einem kaum bemerkbaren Blick hinüber zu Sam. „Und es ist mein Job mich daran zu erinnern.“

Kichernd schnappte sie sich eines von Jacks Toast. „Na ja“, sagte sie mit einem Lächeln, als sie sein überraschtes Gesicht sah, indem sie ihm sein Frühstück stibitzte. „Ich hoffe nur, ich breche nicht zu viele Regeln auf P3X-832.“

Sams Herz zog sich schmerzhaft zusammen. „Sie kommen mit nach P3X-832?“

Tasha schaute zu ihr hinüber. „Ja. Hat Jack Ihnen das nicht gesagt?“

„Nein“, antwortete sie mit einem gezwungenen Lächeln. „Der Colonel und ich, wir haben uns seit…“

„…sechs…“, warf er ein.

„…Tagen nicht mehr gesehen“, beendete Sam den Satz.

Tashas Lächeln wurde einen Hauch kühler und Sam dachte so etwas wie Misstrauen in ihrem Blick zu sehen, als sie zwischen Sam und O’Neill hin und her schaute. „Na ja, eigentlich hat Dr. Jackson mich eingeladen“, sagte sie. „Wenn Sie bereits seinen Bericht gelesen hätten, dann würden Sie auch verstehen, was ich seiner Meinung nach auf dieser Mission beisteuern könnte.“

Sam starrte sie geschockt an. 'Wenn Sie bereits den Bericht gelesen hätten…?’ Woher zum Teufel nahm sie sich die Frechheit so mit ihr zu sprechen? Als ob sie eine ihrer Studenten wäre? O’Neill hatte sich grade aufgesetzt, als Tasha geredet hatte, aber er sah mit einem Stirnrunzeln hinunter in seine Schüsseln. Und seinetwegen – und nur seinetwegen – ließ sie es noch einmal durchgehen. „Sie haben Recht“, sagte und zwang sich dazu einigermaßen freundlich zu klingen. „Und wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden, dann werde ich jetzt Daniels Bericht zu Ende lesen.“ Noch währen sie aufstand, schnappte sie sich ihren Kaffee. „Ich sehe Sie dann beide in der Besprechung.“ Und dann nickte sie O’Neill zu. „Sir.“

Er nickte. „Carter.“ Aber sein Gesicht war wütend und fast zum ersten Mal, seit sie den Namen Natasha Greene gehört hatte, war sie nicht eifersüchtig auf diese Frau. Sie erlaubte sich selbst ein kleines, ungeniertes Lächeln, als sie die Kantine verließ. Eins zu null für Carter!

Doch dann blieb sie stehen und verfluchte sich selbst. „Das ist nicht irgend so ein verdammter Wettstreit, Sam“, murmelte sie, als sie sich wieder in Bewegung setzte. „Du wirst nicht einmal daran denken dieses dämliche Spiel mitzuspielen.“


+++++++++

rAlso“, sagte General Hammond, „noch einmal für alle: Colonel O’Neill hat das Kommando über die gesamte Mission, aber es liegt in Major Carters Verantwortung das Ziel dieser Mission zu erreichen.“

Jack nickte und schaute hinüber zu Carter, die zusammen mit dem Rest von SG-2 gegenüber von ihm saß. Sie traf seinen Blick mit einem kleinen Lächeln und er spürte, wie sich sein Magen leicht zusammenzog, als sich seine Lippen ebenfalls in ein Lächeln verzogen. Er konnte einfach nicht anders. Sie war so begeistert, so voller Leben… Sein Herz zog sich leicht zusammen, als er sie dabei beobachtete, wie sie ernst Hammonds Worten folgte. Gott, er hatte sie die letzten Wochen über vermisst – sogar mehr, als er sich vorgestellt hatte. Es war so, als ob irgendwo ein Licht ausgeschaltet worden war. Alles war irgendwie trist und langweiliger ohne sie… Es war natürlich auch nicht dasselbe für Carter. Sicher, sie vermisste ihre Freunde, aber sie hatte eine neue Herausforderung, die sie ablenkte. Er konnte sich noch gut an sein erstes eigenes Kommando erinnern, als er alles erdenklich Mögliche gemacht hatte, um eine Beförderung anzustreben, um seine Treue zu beweisen und um sich selbst zu beweisen. Und dann hatte er auf sein eigenes Team hingearbeitet… Für ein paar Monate war er wie im Rausch gewesen. Bis ihn die Realität brutal wieder zurückgeholt hatte. Er hatte eine Woche damit verbracht Briefe an Ehefrauen und Mütter zu schreiben und am Ende hatte er verstanden, dass die Verantwortung, die mit einem eigenen Kommando kam, sehr, sehr schwer war zu ertragen.

Aber als er hier jetzt Carter beobachtete, noch immer in der ersten Phase der Aufregung, erinnerte er sich an die junge Begeisterung, die auch ihn einst mal erfasst hatte. Erst da erkannte er, wie sehr er sich über die Jahre verändert hatte. Nicht zum ersten Mal seit kurzen wanderten seine Gedanken zu Major Coburn. Zuerst war er erstaunt gewesen, dass ein Mann, der so engagiert, wie Coburn es war, so einfach das SGC verlassen und sich der riesigen Verantwortung entziehen konnte, die sie alle trugen. Aber je mehr er darüber nachdachte, desto mehr verstand er, dass im Anbetracht des Ganzen Coburn nur ein einziger Mann war. Sicher, er war ein guter Soldat und sicherlich wurde er auch vermisst, aber er war nicht unentbehrlich. Und der Krieg wurde fortgesetzt. Aber für seine Frau und seine Familie…? Niemand konnte ihnen Coburn jemals ersetzen. Dort war er wahrlich unentbehrlich.

„…stimmen Sie dem zu, Colonel O’Neill?“

„Hä?“ O’Neill schaute verlegen darüber auf, dass er in seinen Gedanken so abgedriftet war. „Entschuldigung, Sir. Was?“

Hammond sah ihn leicht verwirrt an. „Ich habe gerade über die Befehlsreihenfolge während Ihrer gemeinsamen Mission besprochen, Colonel“, sagte er. „Ich habe entschieden, dass aufgrund Ihrer persönlichen Beziehung mit Dr. Greene, es angebrachter wäre, wenn sie Major Carter Bericht erstatten würde.“

Jack nickte. „Ja, Sir“, sagte er und schielte aus seinem Augenwinkel heraus kurz zu Tasha. Sie schien dies alles mit einem schiefen Schmunzeln und einer übertriebenen Belustigung in ihrem Blick zu beobachten, die Jack nicht besonders mochte. Sie verstand das Militär einfach nicht, nicht ein Stück! „Das hört sich gut an“, sagte er mit Nachdruck. Und er meinte es auch so. Das Letzte, was er machen wollte, war Tasha irgendwelche Befehle zu geben. Sie war genauso stur wie eigenwillig und ohne jegliche militärische Disziplin. Sie erhaschte seinen Blick und lächelte. Langsam schüttelte sie mit ihrem Kopf, als ob sie fragen wollte, was das alles sollte.

„Und ich bin mir sicher, dass Major Carter ein Auge auf unseren Gast werfen wird“, sagte Hammond mit einem Lächeln in Richtung Tasha.

„Danke, General“, antwortete Tasha, „aber ich werde nicht allzu sehr zur Last fallen. Ich bin vielleicht nicht im Militär, aber ich war bereits schon auf einigen Expeditionen… ich werden sie schon nicht aufhalten.“

Jack zuckte leicht bei ihren Versprechungen zusammen, da er wusste, wie sie für die abgebrühten Ohren von Carters Team klingen mussten. Als er aufschaute, sah er, wie Ferretti Gibson grinste, aber sie wussten, dass er und Tasha eine Beziehung hatten, also hielten sie vorsichtshalber ihren Mund. Carter schien den dunklen Humor ihrer Teamkameraden nicht zu teilen, aber ihre Lippe hatte sich zu einer dünnen Linie verzogen und verriet Jack ihr Unbehagen bezüglich dieser Mission, aber sonst zeigte sie keinerlei Einwände. Und das würde sie auch nicht, egal als, wie unangenehm sie es auch empfinden mochte. Carter war nichts, wenn nicht professionell. Das war eine der vielen Dinge, die er so an ihr vergötterte.

„Na gut“, sagte Hammond schließlich und nahm die ganze Meute vor sich mit einem Blick in sich auf. „Sie haben zweiundsiebzig Stunden für die Mission. Colonel O’Neill, Major Carter, seien Sie mit Ihrem Teams um 1200 bereit.“

„Ja, Sir“, sagte sie beide im Einklang.

Hammond nickte. „Wegtreten.“

+++++++

Während sie im Torraum wartete und ihren Rucksack aufsetzte, kochte Sam innerlich vor Wut. Es war schon schlimm genug, dass O’Neill seine Freundin auf diese Mission mitnahm, aber sie konnte einfach nicht glauben, dass Hammond ihr die Verantwortung für diese Frau übertragen hatte. Sie hatte eigentlich gehofft ihr so viel wie möglich aus dem Weg zu gehen. Damit sie ihren Kopf klar bekommen und vergessen würde, dass Tasha die Frau war, die O’Neill über ihr gewählt hatte. Aber nein, ihre eigenen tugendhaften Pläne wurden mit einem Schlag zerstört. Doktor Greene würde die gesamten nächsten drei Tage ihre eigene persönliche Verantwortung sein. Argh!

„Das FRED ist startbereit“, berichtete Gibson und holte sie somit aus ihren frustrierten Gedanken. „Wir sind bereit, Ma’am.“

Sam nickte. „Danke, Lieutenant. Wenn General Hammond sein Okay gibt, dann gehen Sie und Ferretti zuerst durch. Das FRED könnte möglicherweise Hilfe bei den Stufen auf der anderen Seite gebrauchen.“

„Ja, Ma’am“, antwortete Gibson und drehte sich zu Ferretti um, der noch etwas am FRED nachbesserte. Sam lächelte. Es war noch immer alles ziemlich neu, aber sie musste zugeben, dass sie es genoss, die Befehle zu geben. O’Neill hatte recht, das war gut für sie. Sehr gut sogar.

Just in diesem Moment begann sich das Tor zu drehen und sandte den bereits gewohnten Adrenalinkick durch ihren Körper.
„Chevron eins aktiviert.“

Das Tor drehte sich weiter, als ein weiterer Chevron aktiviert wurde. Hinter sich hörte Sam, wie sich die Türen öffneten und sie lächelte, als sie sich umdrehte und SG-1 sah. Es war schon merkwürdig an sie zu denken, als ob sie etwas anderes wären. Aber dort waren sie, ihr altes Team – und noch immer ein Dreimannteam. „Hey, Sam“, rief Daniel, als er auf sie zuging. Er war aufgeregt. Sein Blick wanderte zwischen ihr und dem sich drehenden Tor hin und her. „Alles bereit?“

„Sicher“, nickte sie. „Ich habe nur noch auf euch Jungs gewartet.“

„Chevron drei aktiviert.“

„Carter?“, sagte O’Neill schließlich, als er neben Daniel stehen blieb. „Ist Tash… Dr. Greene nicht hier?“

In seiner Stimme klang ein ungewöhnlicher Unterton mit – vielleicht war es Sorge oder vielleicht war sogar es Ärger – sie wusste es nicht. Sam sah sich schnell um. „Nein, Sir. Sie ist noch nicht hier gewesen.”

„Chevron vier aktiviert“, kam Simmons Stimme durch den Lautsprecher. „Chevron fünf aktiviert.“

Der Colonel sah mit einem Stirnrunzeln hinunter auf seine Uhr. „Spät“, murmelte er, als er die Klappe über dem Ziffernblatt wieder schloss.

„Ah“, warf Daniel dazwischen, „ich habe gesehen, wie sie vor einer Stunde oder so zurück zu ihrem Quartier gegangen ist. Sie sagte etwas davon, dass sie noch ein paar Unterlagen bräuchte…“

Der Blick, den O’Neill Daniel zuwarf war eisig. „Unterlagen?“, wiederholte er das Wort.

„Chevron sechs aktiviert. Chevron sieben aktiviert.“

Wenn O’Neill zu diesem Thema noch etwas hinzufügen wollte, wurde er unterbrochen, als sich die Türen des Torraumes erneut öffneten und die fehlende Frau hereingeeilt kam.

„Entschuldigt die Verspätung!“, entschuldigte sie sich augenblicklich. „Mir ist nur aufgefallen, dass ich noch…“ Ihr Blick blieb auf dem leicht verärgerten Gesicht des Colonels hängen und sie stoppte mitten im Satz. „Was?“, fragte sie sofort.

„Nichts“, murmelte er und wandte sich von ihr ab.

„Du wirst jetzt nicht schmollen, oder?“, fragte sie mit einem spitzbübischen Grinsen. „Ich bin doch nur ein paar Minuten zu spät.“

Schmollen? Sam schaute hinüber zu O’Neill und sah, wie er versuchte seinen Zorn wieder unter Kontrolle zu bringen. „Halten Sie sich einfach nur bereit, Dr. Greene“, antwortete er stattdessen.

Tasha sah ihn aufgrund seines brüsken Tones überrascht an, aber immerhin wusste sie, dass sie in solch einem Moment lieber ihren Mund halten sollte.

„Chevron Sieben eingelockt.“

Das Wurmloch etablierte sich mit einem Kwoosh über der Rampe, bevor der Ereignishorizont ruhig zu schimmern begann. „Wow“, hauchte Tasha und stoppte neben Sam. „Das ist ja noch unglaublicher als beim letzten Mal.“

Sam nickte. „Das ist es immer, jedes Mal.“

Von dem Kontrollraum aus erklang Hammonds Stimme. „SG-1 und SG-2, Sie haben grünes Licht.“

Sam wandte sich zum General um und winkte ihm kurz zu, bevor sie sich zurück zu O’Neill umdrehte. „Sir?“, fragte sie und wartete auf seine Erlaubnis zu gehen.

Der Colonel nickte. „Gehört alles Ihnen, Carter“, sagte er mit einem kleinen Lächeln in seinen Augen.

Sie nickte und wandte sich an Ferretti und Gibson. „Okay, Jungs“, rief sie. „Auf geht’s!“

Als sich das FRED in Bewegung setzte, Gibson und Ferritti jeweils auf beiden Seiten, verspürte Sam einen unglaublichen Stolz auf ihr Team. Ihr Team. Gott, hörte sich das gut an.

„Oh, das wird so ein Spaß werden!“, rief Tasha dann und ging mit begeisterten Schritten die Rampe hinauf, als SG-2 durch das Tor verschwand.

„Whoa!“, rief Sam und schnappte sich ihren Arm. „Tut mir leid, Dr. Greene, aber Sie werden wohl noch warten müssen, bis Ferretti und Gibson das FRED zur Seite gebracht haben oder Sie werden genau drauf landen.“ Ein Funken von Ärger schoss durch Tashas dunkle Augen, aber Sam war es egal. Das Letzte, was sie wollte, war eine Anthropologin, die auf dem FRED kleben würde. „Wir werden in ein paar Minuten gehen können.“

So, als ob es auf ihre Gedanken antworten würde, erwachte ihr Funkgerät zu Leben. „Major Carter, hier ist Lieutenant Gibson. Der Weg ist jetzt frei, Ma’am. Ende.”

„Verstanden, Lieutenant“, antwortete sie. „Wir sind auf dem Weg. Carter, Ende.”

Sie schaute auf zu O’Neill. „Der Weg ist frei, Sir.“

Er nickte. „Dann mal los. Daniel, Teal’c, mit mir. Dr. Greene…” Er schaute kurz zu ihr hinüber, „Sie bleiben bei Major Carter.“

Und dann ohne einen weiteren Blick ging er die Rampe hinauf und verschwand durch das Tor.

„Huh“, murmelte Tasha, als sie in Carters Schritt fiel. „Ich schätze mal, das war dann *Colonel* O’Neill.“

„Jep“, antwortete Sam mit einem starren Blick auf das schimmernde Stargate vor ihr, „das war er.“

Tasha schwieg, aber gerade, als sie durch das Tor ging, dachte Sam sie ein „Ich bevorzuge aber Jack“, murmeln gehört zu haben. Und dann war sie verschwunden. Sam folgte ihr augenblicklich in die chaotische Reise durch den Subraum.


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Der Adrenalinstoß war berauschend. So, als wenn man im Winter mit verbundenen Augen nackt Achterbahn fahren würde. Nicht, dass Tasha je so etwas getan hätte, aber nur so konnte sie das Gefühl von Torreisen beschreiben.

Sie schnappte keuchend nach Luft, als sie auf der anderen Seite herausgestolpert kam und dankbar war, dass Jack sie stützte. „Okay?“, murmelte er, auch wenn er sie nicht ansah. Seine Augen tasteten die Umgebung ab, all seine Sinne waren geschärft.

„Gut, mir geht’s gut“, versicherte Tasha ihm und richtete sich auf. Sie versuchte ihren Mageninhalt nicht über die gesamten Treppen zu verteilen.

Jack nickte einmal. „Carter?“, rief er, als er die Stufen herunter ging und sich vom Tor entfernte. „Wohin müssen wir?“

Carter, bemerkte Tasha leicht verärgert, schien diese Reise, ohne jeglichen Beschwerden überstanden zu haben. Sie kam hinter Tasha durch das Tor, so als wenn sie grade aus einem Fahrstuhl gehen würde. Ihr schien noch nicht einmal schlecht zu sein, als eine kühle Brise durch ihre kurzen, blonden Haare fuhr.

„Eigentlich, Sir“, sagte sie und kam die Treppen herunter, ohne Tasha anzusehen, „schlage ich vor, dass wir ein Basislager am Tor aufschlagen. Die atmosphärischen Messungen vom MALP zeigen, dass das Wetter, so nahe am Berg unberechenbar sein wird. Ich würde gerne, bevor wir in die Berge gehen, noch ein paar zusätzliche Messungen aufstellen.“

Jack nickte, als er ihr zuhörte und sein Blick zum trüben Horizont abschweifte. „Und welche Berge würden das dann sein, Carter?“, fragte er nach einem Moment.

Carter antwortete nicht sofort, sondern lächelte leicht. „Die, über denen die Wolken hängen, Sir.“

„Ah“, nickte Jack. „Wolken. Das sind dann also Wolken.“

Mit einem breiteren Lächeln fuhr Carter fort. „Sir, ich habe die meteorologischen Gefahren während der Besprechung erwähnt und General Hammond…“

„Hat sicherlich ohne jeglichen Zweifel Ihren Empfehlungen zugestimmt“, beendete er ihren Satz und sah sie schließlich an. „Genau wie ich“, fügte er etwas leise hinzu. „Stellen Sie das Camp auf, Major. Ich werde mit SG-1 die Umgebung sichern.”

„Ja, Sir“, kam die höfliche und zurückhaltende Antwort, als sich Carter von ihm abwandte. Aber bevor sie auch nur einen Schritt tun konnte, hielt Jack sie noch einmal auf.

„Carter?“, rief er. Sie drehte sich zu ihm um. „Es ist schön…“ Er stoppte mitten im Satz und mit einem kalten Stich von Eifersucht in ihrem Herzen, sah Tasha, wie Jack kaum wahrnehmbar zu ihr hinüberschielte.

„Es wird schon bald dunkel sein“, sagte er und schaute hinauf zum Himmel. „Ich schlage vor, dass wir so schnell wie möglich alles aufbauen, damit wir dieses 'Gatelag’ überwinden können.“ Er hatte einen Punkt, aber Tasha wusste, dass er etwas anderes sagen wollte, etwas, was ihre Anwesenheit daran gehindert hatte, ausgesprochen zu werden.

„Ja, Sir“, antwortete Carter erneut, aber diesmal mit einem kleinen Lächeln auf ihren Lippen, welches Tasha sagte, dass sie beide etwas teilten… etwas Persönliches. Carter sagte nichts mehr, aber Tasha beobachtete den Major, wie sie davon ging, um ihr Team zu suchen. Sie mochte diese Frau nicht. Sie war viel zu selbstbeherrscht und zurückhaltend. Oberflächlich war sie die perfekte, kleine Soldatin, mit all ihren 'Ja, Sir’ und 'Nein, Sir’, aber Tasha spürte etwas äußerst Ungestümes unter der Oberfläche. Und sie hütete sich davor… wenn Carter die Kontrolle auch nur jemals verlieren sollte…

„Tasha?“, rief Jack und sie drehte sich hastig zu ihm und wandte ihren Blick von Carters verschwindendem Umriss ab.

„Ja?“, fragte sie, als sie die letzten Stufen hinunterging.

„Hör zu, ich werde jetzt mit meinem Team die Umgebung sichern. Du bleibst bei Carter… und du machst, was sie sagt. Okay?“

Mit einem Augenrollen, begann sie zu protestieren. „Ich bin kein kleines Kind mehr, Jack. Ich werde schon nicht hinfallen und mir mein Knie aufschlagen.“

Seine Augen verengten sich. „Du befindest dich auf einem außerirdischen Planeten, Natasha“, erinnerte er sie. „Es ist gefährlich. Bleib einfach nur bei SG-2 und wenn Carter dir sagt, dass du springen sollst, dann fragst du 'Wie hoch’ und nicht 'Warum’. Verstanden?“

Als Tasha seinen sturen Blick sah, entschied sie, dass es zwecklos war, das jetzt noch weiter zu diskutieren. Sie hatte ihre eigenen Gedanken bezüglich ihrer Kompetenz im Feld, aber sie wusste, dass es nur Zeitverschwendung sein würde, jetzt mit Jack darüber zu streiten. Also lächelte sie leicht und salutierte vor ihm. „Ja, Sir.“

Zu ihrer Überraschung vertiefte sich sein Stirnrunzeln. „Nenn mich nicht so“, knurrte er. „Das ist nicht angebracht.“

Tasha seufzte. „Richtig“, schnappte sie. „Fein. Gott vergebe mir, ich habe etwas Unpassendes gesagt!“ Und damit drehte sie sich um und ging zu Carter und ihrem Team hinüber, die, wie sie annahm ihre Ausrüstung aus dem FRED holten. Halb erwartete oder hoffte sie vielleicht, dass Jack ihr folgen würde, um sich bei ihr zu entschuldigen, aber das tat er nicht. Nach einem Moment hörte sie, wie er nach Daniel und Teal’c rief. Verärgert über ihre eigene Schwäche, schaute sie über ihre Schulter, nur um zu sehen, wie Jack sein Team in die genau entgegengesetzte Richtung führte. Er hatte seine Kappe in sein Gesicht gezogen und führte sie mit schnellen und energischen Schritten an. Sie musste zugeben, dass er ziemlich beeindruckend in seiner Kampfuniform aussah, aber davon abgesehen war sie außer sich. Wie konnte er es nur wagen sie wie ein unerfahrenes Kind zu behandeln?! Nur weil sie nicht im Militär war, bedeutete das noch lange nicht, dass sie nicht auf sich selbst während einer Mission aufpassen konnte.

Verdammt, sie war selbst schon auf der Erde an schlimmeren Orten als auf diesen Planeten hier gewesen, auch mit Carters 'meteorologischen Gefahren’. Und sie würde ihnen allen genau das beweisen – besonders Jack und dem verklemmten Major.


+++++++++

Es war schon fast dunkel, als Jack zurück zum Camp kam. Die Umgebung war so gut, wie es bei einer kurzen Überprüfung möglich war, abgesichert. Aber er war zufrieden. Er verspürte von dem umgebenden Waldgebiet keine Gefahr aus.

„Also“, sagte Daniel neben ihm, „gehen wir dann morgen zu den Ruinen?“

Jack schielte ihn von der Seite an. „Da musst du schon Carter fragen“, antwortete und musste bei diesem Gedanken lächeln. „Die Erfüllung dieser Mission ist allein ihre Verantwortung.“

„Oh“, nickte Daniel, „richtig.“ Er schwieg für einen Moment, bevor er mit etwas leiserer Stimme wieder zu sprechen begann. „Es ist immer noch komisch, nicht? Ich meine, sie nicht in unserem Team zu haben.“

„Ja“, antwortete er knapp.

„Das bringt es irgendwie nach Hause“, fuhr Daniel fort. „Ich meine, mit ihr wieder zusammen auf einen Planeten zu reisen. Ich schätze, ich vermisse sie einfach.“

Diesmal nickte Jack nur. Er wollte nichts sagen, was vielleicht verraten könnte, wie sehr er sie vermisste. Es war nicht nur so, dass er sich immer wieder dabei erwischte, wie er sich zu ihr umdrehte, um sie etwas zu fragen oder, weil er einfach nur ihr Gesicht vermisst hatte, es ging tiefer als das. Er fühlte ihre Abwesenheit auf eine Art und Weise, auf die er überhaupt nicht vorbereitet gewesen war. Es war wie eine Leere und ein Schmerz, die nie richtig verheilt waren. Der Schmerz war körperlich, wie eine Faust in seiner Brust, die alles zusammendrückte. Und es wurde nur noch schlimmer, weil er wusste, dass es falsch war, dass sowohl Ehre als auch andere Umstände sie auseinanderhielt. Ehre in Gestalt von Tasha.

Er nahm seine Verpflichtung gegenüber Tasha nicht auf die leichte Schulter. Sie hatte ihm freiwillig all ihre Aufmerksamkeit geschenkt und er tat sein Bestes, um diese irgendwie zu erwidern. Aber vor Carters Versetzung war es etwas ganz anderes gewesen. Da hatte er sie jeden Tag gesehen, er hatte mit ihr Tage auf anderen Planeten verbracht. Da war es noch einfach gewesen Tasha in dieses Leben einzufügen und seine Gefühle für Carter zu unterdrücken. Aber jetzt lagen die Dinge anders. Jetzt sah er Carter kaum noch und er war vollkommen unvorbereitet darauf gewesen, wie sehr ihre Abwesenheit ihn beeinträchtigen würde. Er erwischte sich dabei, wie er immer öfters an sie dachte, sich ausrechnete, wann er sie das nächste Mal wieder sehen würde. Er zählte schon die Tage bis…

„Ah, Jack?“

Daniels Stimme ertönte hinter ihm, und als Jack aufsah, bemerkte er, dass er fast am Camp vorbeigelaufen wäre. Etwas verärgert drehte er sich und ging zurück zu Daniel, wo er mit Teal’c wartete. „Entschuldigt“, murmelte er verlegen. Er blickte hinüber zu SG-2, wo sie den Rest des Camps aufbauten und sah das weiße Licht der Halogenlampen, die um das Camp herum aufgestellt waren und die hereinbrechende Dunkelheit vertrieben. Und auf der anderen Seite knisterte ein freundliches Feuer, um die Kälte der Nacht fernzuhalten.

„Ich hoffe“, sagte Teal’c hinter ihnen, „dass nicht Major Carter an der Reihe ist das Essen zu machen.“

Jack lächelte. „Ja“, stimmte er zu. „Ich kann nicht unbedingt sagen, dass ich Carters Kochkünste vermisst habe.“

„Es ist doch nur EPA“, stellt Daniel klar, als sie zum Camp gingen. „Nicht einmal Sam kann das ungenießbar machen.“

„Machst du Witze?“, antwortete Jack und fand es irgendwie erleichternd so frei über sie zu reden. „Hast du schon ’529 vergessen?“

Daniel überlegte einen Moment und verzog dann sein Gesicht. „Oh“, sagte er ernst. „Ja… Das… grüne… Zeug.”

„Gott, das war grauenhaft!“

Lachend zog Daniel einen Schokoriegel aus seiner Tasche. „Hier“, sagte er und gab ihn Jack. „Notfallration, nur für alle Fälle.“

„Ah“, grinste Jack, „also deswegen stopfst du dir die Taschen immer mit diesen Dingern voll!“

Daniel zuckte mit den Schultern. „Sag es nur nicht Sam“, warnte er ihn.

Aus Jacks Grinsen wurde ein Lächeln und dann ein Seufzen. „Nein“, flüsterte er, als er den Schokoriegel in seine Tasche steckte. „Natürlich nicht.“

„Sie sollen mir was nicht sagen?“, kam eine vertraute Stimme von ihrer rechten. Es war Carter und in Jacks Bauch breitete sich ein kleines, vollkommen unangebrachtes Kribbeln aus, als er sich umdrehte. Sie kam aus dem Wald auf sie zu. Ihr Gesicht lag im Schatten, obwohl er ihr Lächeln sehen konnte. Gott, wie er dieses Lächeln liebte.

„Carter“, grinste er. „Warum verstecken Sie sich denn dort in den Wäldern?“

Sie zog ihre Augenbrauen hoch. „Wollen Sie eine ausführliche Erklärung, Sir?“

Aufgrund ihres amüsierten Blickes entschied er sich lieber nicht näher auf dieses Thema einzugehen. „Ich werde meine Fantasie spielen lassen.“ Dies führte nur dazu, dass sie ihre Augenbrauen noch weiter hochzog. „Also“, sagte er und wechselte schnell das Thema. „alles okay im Basiscamp?“

Carter fiel in seinen Schritt und nickte. „Ja, Sir.“ Aber dann runzelte sie die Stirn. „Obwohl ich jedoch ein paar ziemlich wilde atmosphärische Druckmessungen erhalte. Es könnte eine stürmische Nacht werden.“

Er nickte, als er über die Verästlung ihrer Worte nachdachte. „Nichts, mit dem wir nicht fertig werden, oder?“

„Nein“, sagte sie mit einem Kopfschütteln. „Hier unten denke ich, brauchen wir uns keine großen Sorgen zu machen. Oben in den Bergen allerdings…“

„Wird das ein Problem werden?“, fragte Jack, als er hinüber zu Daniel schaute und an Tashas Ungeduld dachte. „Ich kenne da nämlich ein paar Archäologen unter uns, die es kaum erwarten können zu ihren Steinen zu kommen.“

Carter nickte, aber in der Dunkelheit konnte er ihren Blick nicht sehen. „Ich sehe keine Probleme, Sir“, flüsterte sie. „Die atmosphärischen Druckmessungen sind ungewöhnlich. Zumindest würden sie das auf der Erde sein. Hier allerdings… könnte sie auch ganz normal sein.“

„Wenn Sie ungewöhnlich sagen“, fragte er und verlangsamte seinen Schritt, als sie sich dem Rande des Camps näherten, „was genau meinen Sie damit. Inwiefern ist es ungewöhnlich?“

Sie zuckte mit den Schultern und gemeinsam hielten sie grade außerhalb des Lichtkreises der Halogenlampen an. „Große Ausschlagsspitzen und Druckabfälle – wie, als wenn ein gewaltiger Sturm aufzieht und dann auf einmal verschwindet. Es ist schwer etwas darüber hinaus zusagen, außer, dass das Wetter unberechenbar ist. Wir sollten uns auf alles gefasst machen, wenn wir in die Berge gehen.“

„Nun, das ist immer ein guter Ratschlag“, antwortete er leise, bevor sie wieder in ein Schweigen verfielen. Daniel und Teal’c waren bereits an ihnen vorbeigegangen und luden grade ihre Sachen bei ihren Zelten ab. Carter beobachtete sie und im hellen Licht der Lampen, konnte Jack kurz den schmerzenden Ausdruck auf ihrem Gesicht sehen, bevor sie sich wieder zu ihm umdrehte.

Jetzt lag ihr Gesicht wieder im Schatten und er konnte ihren Blick nicht wirklich deuten. „Ich war mir nicht sicher, wo Sie schlafen würden, Sir. Dr. Greene scheint zu denken, dass sie und Sie sich ein Zelt teilen würden und so habe ich…“

„Quartieren Sie sie bei sich ein Carter“, unterbrach er sie hastig. „Ich werde mir ein Zelt mit Daniel teilen.“

Sam nickte. „Das habe ich ihr auch vorgeschlagen, Sir. Aber Dr. Greene kann ziemlich starrsinnig sein.“

Er seufzte. „Ich werde mit ihr reden.“

„Danke, Sir“, antwortete Carter und lächelte ihn leicht reuevoll an. „Unsere Vorschriften müssen für sie ziemlich dumm sein. Wahrscheinlich sind sie einfach nur schwer zu verstehen, wenn man nicht im Militär ist.“

„Ja“, antwortete er leise. Er traf ihren Blick und hielt ihn. „Manchmal sind sie sogar schwer zu verstehen, wenn man im Militär ist.“

Aber Carter schüttelte ihren Kopf. „Nicht schwer zu verstehen“, flüsterte sie, „nur schwer zu befolgen.“

Jacks Herz machte als Antwort einen Sprung und ohne nachzudenken, berührte er mit seiner Hand ihren Arm. „Carter…“, sagte er, aber alle Worte, die er ihr sagen wollte, waren verboten und etwas anderes fiel ihm nicht ein.

Sie hielt noch kurz ihren Blick, bevor sie aus seiner leichten Berührung schritt. „Es tut mir leid“, murmelte sie.

„Nein, nicht“, flüsterte er. Sein Blick war auf ihr Gesicht gerichtet. Alles, was er sehen konnte, war ihr Profil, blass und ernst im Licht und… Gott, er wollte sie einfach nur halten. Das Verlangen in ihm war so groß, dass er kaum noch dem Drang widerstehen konnte. Sie litt und es war seine Schuld. Jack war noch nie sehr eitel gewesen, aber dumm war er auch nicht. Er war ihren Gefühlen gegenüber vorher vielleicht blind gewesen, aber sie hatte ihm an dem Abend in seinem Büro die Augen geöffnet und er würde sie jetzt nicht wieder schließen. Es musste für sie schmerzhaft sein, ihn hier mit Tasha zusammen zusehen. Er konnte sich nur vorstellen, wie sie sich fühlen musste. Wenn die Situation anders herum wäre, wenn sie mit einem anderen Mann hier wäre… Er erzitterte bei dem Gedanken daran, wie er sich dabei fühlen würde.

Sie sah ihn nicht an, sondern schaute hinüber in das kleine Camp. Als er sie beobachtete, atmete sie einmal tief ein und die Falte auf ihrer Stirn verschwand. „Sind Sie sich sicher, dass es Ihnen leidtut?“, fragte sie und schaute immer noch nicht in seine Richtung. „Sie wissen doch gar nicht, für was ich mich entschuldigt habe.“

Es schwang jetzt eine gewisse Leichtigkeit in ihrer Stimme mit, die er nicht ganz zuordnen konnte, aber er spielte mit, in der Hoffnung ihr damit irgendwie zu helfen. „Tue ich nicht?“, fragte er genauso aufgeheitert.

„Sagen wir einfach“, sagte sie mit einem kleinen Lächeln, „dass Sie heute vielleicht noch Daniels Schokoriegel gebrauchen könnten.“

Er antwortete ihr mit einem ironischen Lächeln. „Sie kochen?“

„Ich dachte mir, dass ich wieder dieses grüne Zeug mache“, sagte sie, als sie begann auf das Feuer zuzugehen. „Auf ’529 ist es ja eingeschlagen wie 'ne Bombe.“

Jack konnte nicht anderes als zu lachen, als er ihr hinterher schaute. Carter war noch nie jemand gewesen, die näher auf Probleme einging oder sich in Selbstmitleid badete. Sie war eine der stärksten und mutigsten Personen, die er kannte. Und dafür liebte er sie. „Vergessen Sie nicht diese grauen Klumpen!“, rief er ihr hinterher, aber er bekam nur einen geringschätzigen Wink von ihr als Antwort. Aber es war genug. Von Carter war es genug.

++++++++++

Letzten Endes hatte sie dann doch die Aufgabe für die Zubereitung des Abendessens auf Gibson übertragen. Einer der Vorteile, wenn man das Kommando hatte – und eine Entscheidung, für die die anderen ohne jegliche Zweifel dankbar sein würden. Also, anstatt dass sie sich um das Essen kümmerte, saß Sam im Schneidersitz vor ihrem Zelt und studierte die letzten Messungen vom Luftdruckmesser. Es war genauso beunruhigen, wie auch schon die anderen Messergebnisse. Sie zeigten einen enormen Druckabfall an. Es war bereit zu dunkel, um die Berge zu sehen, aber am Himmel konnte man keine Sterne sehen und sie wusste, dass sich die Wolken über ihr aufbauten. Aus der Ferne konnte sie ein leises Donnergrollen hören und die Blätter mit den Ergebnissen in ihrer Hand begannen zu flattern, als Wind über das Lager hinwegfegte. Es fühlte sich so an, als ob ein Sturm heraufziehen würde, aber dieses Gefühl hatte sie schon seit ihrer Ankunft und bisher war noch nichts passiert. Da war noch immer eine gewisse Ladung in der Luft, ein Gefühl, dass noch etwas auf sie zukommen würde und das ließ ihr einen Schauer über den Rücken laufen.

Ein Rucksack wurde plötzlich vor ihre Füße geworfen und Sam schaute auf, nur um eine äußert verärgerte Tasha Greene vor sich stehen zu sehen. „Das ist lächerlich“, brach es aus der Frau heraus.

Sam zog kaum merklich eine Augenbraue hoch. „Wie bitte?“

„Das hier“, beschwerte sich Tasha und deutete auf ihr Zelt. „Die Zelte für die Jungen und Mädchen. Das ist lächerlich.“

„Das ist das Militär.“ Sam zuckte mit den Schultern. „Und es ist nur für ein paar Nächte. Ich schnarche nicht“, fügte sie mit einem dünnen Lächeln hinzu.

Tasha schien sich aufgrund ihrer Worte etwas zu entspannen und setzte sich mit einem Seufzen neben Sam auf den Boden. „Entschuldigen Sie“, seufzte sie“, „ich wollte nicht grob sein. Ich bin nur etwas frustriert…“

„Genau“, nickte Sam und schaute erneut hinunter auf ihre Auswertungen. Das letzte, was sie jetzt wollte, war zu wissen, wie frustriert Tasha doch war!

Tasha hatte jedoch eine andere Idee. „Wie lang kennen Sie Jack jetzt schon?“, fragte sie plötzlich.

„Etwas über vier Jahre“, antwortete Sam, ohne ihren Blick zu heben.

„Also, sagen Sie mal“, seufzte Tasha, „ist er immer so… launisch?“

Sam konnte nicht anders als zu lächeln. „Denke ich mal. Daniel beschreibt ihn als sehr sprunghaft. Ich denke, das fasst ihn ziemlich gut zusammen.“

„Sprunghaft?“, wiederholte Tasha das Wort und ließ es über ihre Zunge rollen. „Das ist dann die höfliche Beschreibung für total unberechenbar.“

Mit einem Kopfschütteln sah Sam auf. „Er ist nicht wirklich unberechenbar“, antwortete sie. „Wenn man ihn erst einmal kennt.“

Tashas Augen verengten sich leicht. „Man lernt ihn nur sehr schwer kennen“, sagte sie vorsichtig. „Aber Sie scheinen es irgendwie geschafft zu haben.“

Es lag ein Anflug von Kälte in der Stimme der Frau und mehr als nur eine Spur von Misstrauen. Sam schämte sich; dieses Misstrauen war noch nicht einmal unberechtigt. „Na ja, wir haben einiges gemeinsam durchgemacht“, antwortete sie und schaute wieder hinunter auf ihre Berichte. „Wir haben ziemlich oft die schlimmsten und besten Seiten des jeweils anderen gesehen.“

Tasha nickte. „Ich verstehe, warum das zwei Menschen verbindet“, antwortete sie leise. „Und ich weiß, dass er Sie vermisst.“

Sam war dankbar, dass es Nacht war, so blieb Tasha wenigstens ihre geröteten Wangen verborgen. „Das ist immer so“, murmelte sie, „wenn ein Team, welches sich ziemlich nahe steht, aufgelöst wird.“

Es herrschte ein langes Schweigen, bevor Tasha mit leiser Stimme wieder zu sprechen begann. „Wie nahe standet ihr euch?“

„Was?“, antwortete Sam, aber sie wusste genau was Tasha meinte und das Einzige, was sie wollte, war etwas Zeit zu gewinnen. Verdammt, sie wollte wirklich *nicht* in diese Richtung gehen!

„Ich meine“, fuhr Tasha immer noch flüsternd fort. „Es ist offensichtlich, dass es da eine Verbindung zwischen Ihnen und Jack gibt. Ich habe mich nur gefragt, ob ihr beide euch je… näher gekommen seid.“

„Nein“, antwortete Sam und stand auf, als sie die Ergebnisse zusammenfaltete. „Meine Beziehung mit dem Colonel war nur beruflicher Natur, Dr. Greene. Und offen gesagt, wenn Sie irgendwelche Fragen bezüglich des Privatlebens des Colonels haben, dann schlage ich vor, dass Sie ihn fragen. Es wäre äußerst unangebracht von mir so über einen anderen Offizier zu reden.“

Tasha sah sogar so was wie reuevoll aus, als sie zu Sam aufschaute. „Entschuldigung, Major“, sagte sie und fuhr sich mit einer Hand durch ihr lockiges Haar. „Ich wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen.“

„Haben Sie nicht“, versicherte Sam ihr. „Wenn Sie mich jetzt entschuldigen, ich muss General Hammond noch einen Zwischenbericht schicken.“

„Natürlich“, nickte Tasha.

„Ich habe meine Sachen bereits im Zelt untergebracht“, fügte Sam noch hinzu, bevor sie sich umdrehte. „Also, fühlen Sie sich ganz wie zu Hause.“

Als Tasha ebenfalls aufstand, lächelte sie. „Danke. Aber es ist ja nicht so, als ob wir hier lange bleiben werden. Ich glaube nicht, dass ich meine Sachen auspacken werde.“

Sam schaute erneut hinaus in die Dunkelheit, wo die Berge lagen. „Das ist nicht unbedingt der Fall“, sagte sie. „Ich bin mir im Moment noch nicht sicher, wie sicher es ist zu den Ruinen zu gehen.“

„Was wollen Sie damit sagen?“, fragte Tasha plötzlich scharf und ihre Augen funkelten in der sternenlosen Nacht. „Gleich beim ersten Tageslicht, werden wir morgen früh aufbrechen. Oder etwa nicht?“

Sam schüttelte ihren Kopf. „Das bezweifle ich, Doktor“, antwortete sie und weigerte sich durch Tashas schroffen Ton eingeschüchtert zu fühlen. „Ich werde vorher noch ein paar präzise Messungen vornehmen, bevor ich überzeugt bin, dass…“

„Major Carter“, unterbrach Tasha sie. „Ich habe nur fünf Tage hier, das ist alles. Nach diesen fünf Tagen muss ich wieder zurück zur Universität. Ich kann mir den Luxus darauf zu warten, dass Sie jeden Stein aus dem Weg geräumt haben, damit wir uns unsere Zehen nicht stoßen, einfach nicht erlauben.“

„Bei allem Respekt“, schoss Sam verärgert zurück, „wir sind auf einem fremden Planeten und wir wissen nicht, was hier alles passieren kann. Es schadet nicht, wenn man vorsichtig ist.“

Tashas Augen funkelten. „Sagen Sie mir grade, dass wir morgen nicht in die Berge gehen?“

„Was ich Ihnen damit sagen will“, sagte Sam langsam und kühl, „ist, dass niemand auch nur einen Fuß auf den Berg setzt, bis ich mit den Wetterbedingungen am Berg zufrieden bin und sie für mein Team keine ernste Bedrohung darstellen.“

Tasha schwieg, aber ihre Wut war Beweis genug auf ihrem Gesicht. „Ich verstehe“, war alles, was sie sagte, als sie herumwirbelte, sich ihren Rucksack schnappte, im Zelt verschwand und Sam alleine ließ.

Mit einem Seufzen ging sie zum Stargate. Sie musste wirklich einen Zwischenbericht senden und es war so gut wie jede Entschuldigung, um für eine Weile aus dem Camp zu verschwinden. Der Gedanke an einem Abend gemeinsam mit Tasha, die all über O’Neill sein würde, am Lagerfeuer zu verbringen, war nicht grade etwas, was sie als ein gemütliches Beisammensein bezeichnete. Die beiden zusammen zu sehen war schon schwer genug und es wurde nur noch schlimmer, da sie jetzt wusste, dass der Colonel immer noch Gefühle für sie hatte. Aber was auch immer er fühlen mochte, es war offensichtlich nicht so stark, wie das, was er für Tasha empfand. Und dieser Gedanke lag ihr schwer im Magen und ließ ihr Herz bluten. „Je eher diese Mission vorbei ist“, murmelte sie zu sich selbst, als sie anwählte, „desto besser.“


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Licht strömte durch den dünnen Stoff des Zeltes, aber Jack konnte so ziemlich überall schlafen und es war nicht das Licht, welches ihn weckte. Stattdessen kam es eher daher, dass ihn jemand an seinem Zeh zog.
„Jack!“, rief ihm eine flüsternde Stimme. „Jack… wach auf.“

Blinzelnd öffnete er seine Augen und stützte sich auf seine Ellbogen. Tasha hockte am Eingang des Zeltes und grinste ihn an. Hinter ihr sah er einen strahlendblauen Himmel. „Wie spät ist es?“, murmelte er

„Früh“, antwortete Tasha. „Komm schon. Keine weiteren Zeitverschwendungen mehr.“

Er schaute neben sich und sah, dass Daniel leise schnarchend unter seinem Schlafsack vergraben lag. Jack setzte sich auf und krabbelte weiter zum Ausgang hin. „Ich dachte, du hasst es vor zehn Uhr aufzustehen“, sagte er gähnend und rieb mit seinen Händen über sein Gesicht.

„Nicht, wenn ich auf einer Expedition bin“, versicherte sie ihm und bot ihm eine Tasse Kaffee an. „Es ist ein wunderschöner Tag dort draußen und nicht einmal Major Carter kann sich über das Wetter beschweren.“

Dankend nahm er einen Schluck und nickte. „Wo ist sie?“, fragte er.

Tashas Lächeln erfror leicht. „Sie schläft noch“, antwortete sie. „Aus irgendeinem Grund war sie noch ziemlich lange wach. Und hat mich um eine ziemlich unchristliche Zeit geweckt, als sie zurückkam.“

„Sie hatte die Spätschicht“, antwortete Jack und war alles andere als mit dem anschuldigenden Ton in Tashas Stimme zufrieden.

„Wie auch immer“, antwortete sie ziemlich desinteressiert. „Aber da sie noch schläft, würdest du bitte den Befehl geben, dass wir unsere Ausrüstungen zusammenpacken sollen, weil ich wirklich nicht auch nur noch eine Sekunden verschwenden will! Die Luft ist so klar und der Himmel so wolkenfrei, dass ich die Ruinen schon praktisch von hier *sehen* kann. Und, Jack, sie sind fantastisch! Es ist sogar noch besser, als die Bilder vom MALP.“

Er lächelte, als er die Begeisterung in ihren Augen sah. „Du bist wie ein kleines Kind an Weihnachten“, sagte er, als er aus seinem Schlafsack kletterte. Die kühle Morgenluft ließ ihn erzittern und er schnappte sich seine Stiefel, die vor dem Zelt standen. „Wer ist schon alles auf?“

„Ferretti und Gibson“, antwortete sie. „Ich habe sie bereits gefragt, ob sie nicht schon mal anfangen, könnten das Camp abzubauen, aber sie sagte nur, dass sie dafür einen ‚Befehl’ bräuchten“, seufzte Tasha. „Du hast ja keine Ahnung, wie frustrierend das ist… Normalerweise bin ich immer diejenige, die Befehle auf Expeditionen gibt!“

Jack nickte, als er aufstand, und zog leicht seine Zehen zusammen, als er in die kalten Stiefel schlüpfte. „Okay“, murmelte er und schielte hinüber zu Gibson und Ferretti, die am Feuer saßen. „Ich werd’ ihnen dann mal Beine machen.“

Tasha stand auf und küsste ihn auf die Wange. „Danke“, flüsterte sie, als ihre Hand über seinen Arm fuhr. „Ich weiß, dass ich ziemlich nerve, aber ich bin so aufgeregt!“

„Wirklich?“, antwortete er mit gespielter Überraschung. „Ist mir gar nicht aufgefallen.“

Tasha grinste. „Komm schon“, antwortete sie und zog ihm zum Feuer. „Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.“

++++++++++

Durch reges Treiben vor ihrem Zelt wachte Sam auf und sie schaute müde auf ihre Uhr. Es war fast sieben und sie war überrascht, dass sie so lange geschlafen hatte. Tasha war schon weg, genau wie ihre Ausrüstung. Sam schüttelte ihren Kopf. Wenn diese Frau dachte, dass sie auf eigene Faust in die Berge gehen würde, dann hatte sie sich aber gewaltig geschnitten. Als sie sich aufsetzte, fuhr sich durch ihre Haare – sogar ohne einen Spiegel, wusste sie, dass es nach allen Seiten abstehen mussten. Und dann krabbelte sie aus ihrem Schlafsack. Sie zog den Verschluss des Zeltes auf, aber musste erst einmal überrascht blinzeln, als sie den blauen Himmel sah. So viel dann also zu dem aufziehenden Sturm, von dem sie so überzeugt war. Aber die Luft war kühl und schnell griff sie nach ihrer Jacke, bevor sie sich ihre Stiefel anzog. Der Sturm von letzte Nacht hatte wohl sämtliche Wolken vertrieben, aber trotz des sonnigen Wetters wollte sie noch ein paar Messungen anstellen, bevor die Mission fortgesetzt wurde. Die starken Schwankungen in ihren Ergebnissen hatten sie ziemlich beunruhigt. Sie stand mit umschlungenen Armen auf, um hinaus und die Kälte zu gehen und… Was zum Teufel?! Als sie sich umsah, bemerkte sie, dass ihr Zelt das Einzige war, was noch stand. Alle anderen waren schwer damit beschäftigt ihre Ausrüstungen zusammenzupacken mit den ernsten Absichten schon bald aufzubrechen.

In diesem Moment lief Gibson an ihr vorbei. „Morgen, Major“, rief er. „Wir dachten schon, dass Sie den ganzen Tag schlafen würden.“

Sie griff nach seinem Arm, um ihn aufzuhalten. „Was ist hier los?“, fragte sie.

Er zog eine Augenbraue hoch. „Ma’am?“

„Warum bauen wir das Camp ab?“

„Na ja… schauen wir uns nicht heute Dr. Jacksons Steine an?“

Sam runzelte die Stirn. „Ich habe mich diesbezüglich noch nicht entschieden, Lieutenant. Ich habe nicht den Befehl zum Aufbruch gegeben.“

Gibson sah plötzlich so aus, als ob er sich ziemlich unbehaglich fühlen würde. „Ah, nein, Ma’am“, sagte er und schaute hinüber zu der Stelle, wo O’Neill zusammen mit Daniel und Tasha stand. „Colonel O’Neill hat den Befehl gegeben, Ma’am.“

Sam zwang ziemlich teilnahmslos auszusehen. „Verstehe.“ Und dann nickte sie Gibson zu.

„Machen Sie weiter“, sagte sie und ließ ihn los. Für einen Moment starrte sie O’Neill einfach nur an. Er wusste doch, dass die Erfüllung dieser Mission ihre Verantwortung war, also, was dachte er sich nur dabei, Entscheidungen über ihren Kopf hinweg zu treffen?! Sie dachte, dass er mehr Respekt ihr gegenüber hatte. Aber als sie sah, wie er über etwas lachte, was Tasha gesagt hatte und sie ihm einen liebevollen Schubs gab, welches ihn nur noch mehr zum Lachen brachte, da hatte sie ihre Antwort. Tasha. Natürlich. Zweifelsohne hatte Tasha die ganze Sache ohne ihres Wissen zu O’Neill geschleppt, als Sam ihr letzte Nacht verärgert zu verstehen gab, dass die den Aufbruch möglicherweise ablehnen würde. Und er konnte ihr ja wohl kaum etwas abschlagen! Sie wusste nicht, auf wen sie wütender war, Tasha, weil sie hinter ihrem Rücken gehandelt hatte oder auf den Colonel, weil er so verdammt unprofessionell war.

Mit knirschenden Zähnen versuchte sie die wütenden Worte, die darum bettelten, ausgesprochen zu werden, hinunterzuschlucken und ging dann zu ihnen hinüber. Oh Mann, es gab keine Möglichkeit, wie sie ihm das durchgehen lassen würde!

„Hey, Carter“, rief O’Neill, als er sah, wie sie sich ihnen näherte. „Haben Sie es genossen mal auszuschlafen?“

Sam machte nicht einmal den Versuch ihm freundlich zu antworten, stattdessen knurrte sie ihn an. „Sir, kann ich mal mit ihnen reden? Bitte?“

Der Colonel zog überrascht seine Augenbraue hoch. „Gibt es ein Problem, Major?“

„Ja, Sir“, sagte sie ihm ehrlich.

Seine Überraschung wandelte sich langsam in Sorge. „Okay, raus damit.“

„Unter vier Augen, Sir“, bestand sie darauf und schaute wütend zu Tasha hinüber.

Die Frau hatte immerhin den Anstand verlegen auszusehen und wandte ihren Blick von Sam ab. „Ah, ich werde dann mal zu Ende packen gehen“, entschied sie und drückte noch leicht Jacks Arm, bevor sie ging.

„Sicher“, antwortete er, obwohl er seinen Blick nicht von Sam abwandte. Er sah wirklich entspannt aus, was wirklich erstaunlich war. Wie konnte er sich nicht denken, dass sie verärgert sein würde, wenn er ihre Entscheidungen missachtete?

Daniel räusperte sich. „Ich denke, ich werde mal zum MALP gehen und noch einen Bericht senden“, murmelte er, obwohl Sam wusste, dass seine Neugier geweckt war.

Sie sah zu ihm. „Ich komme nachher zu dir“, sagte sie und er nickte. Er wusste, dass sie ihm nachher die Einzelheiten erzählen würde.
Als Daniel verschwunden war, ging er einen Schritt näher auf sie zu.

„Was ist los?“, flüsterte er. „Alles okay?“

Sam verschränkte ihre Arme vor der Brust und ignorierte seine Sorge. „Warum heben Sie meine Befehle auf, Sir?“

Er riss seine Augen auf. „Was?“

„Sir, General Hammond hat mir die Verantwortung für den Verlauf der Mission übertragen. Wo und wann wir zu den Ruinen aufbrechen, war meine Entscheidung. Und bisher habe ich diese Entscheidung noch nicht getroffen. Warum haben Sie mich überstimmt?“

O’Neill zuckte leicht zusammen und legte eine Hand auf ihre Schulter, als er sie etwas zur Seite schob, sodass die anderen ihre Unterhaltung nicht belauschen konnten. „Verdammt, Carter, ich habe nicht nachgedacht“, murmelte er. „Tasha war so in Eile aufzubrechen und Sie haben noch geschlafen… Ich hab nur…“ Er unterbrach sich selbst und nahm seine Hand von ihrer Schulter. „Es tut mir leid, Sie haben recht. Es war Ihre Entscheidung. Sie hätten den Befehl geben müssen.”

Sam nickte. „Und ich hätte ihn nicht gegeben“, sagte sie, „bis ich noch ein paar weitere Messergebnisse gehabt hätte. Eine Sache, die, wie ich vielleicht hinzufügen darf, Dr. Greene letzte Nacht ziemlich deutlich gemacht habe.“

Der Colonel runzelte die Stirn und schaute weg von ihr. „Haben Sie das?“

„Ja, Sir“, antwortete sie und sie spürte, wie ihre Wut etwas nachließ, als sie seine offensichtliche Reue sah. „Ich weiß, dass es ein wunderschöner Morgen ist, aber ich bin immer noch über die Druckschwankungen von gestern besorgt.“

Er schaute wieder zurück zu ihr. „Ich habe nicht gewusst, dass Sie mit Tasha darüber gesprochen haben“, sagte er leise. „Wenn ich es gewusst hätte, dann hätte ich nie den Befehl zum Aufbruch gegeben. Es tut mir leid, Carter. Ich hätte Sie deshalb fragen sollen… ich…“ Er seufzte: „Ich habe nicht nachgedacht.“

Sam schwieg, ihre Wut war jetzt fast vollkommen abgeflacht. „Schon in Ordnung“, flüsterte sie. „Das Wetter scheint ziemlich gut zu sein. Und ich weiß, dass Dr. Greene einen Zeitplan hat, den sie einhalten muss.“

„Ihr Zeitplan ist nicht das Thema“, versicherte O’Neill ihr. „Die Sicherheit des Teams steht an erster Stelle. Sind Sie wirklich besorgt?“

Sam zuckte mit den Schultern und schaute hinauf in den blauen Himmel. „Ich weiß es nicht. Das könnte das Fenster im Wetter sein, welches wir bräuchten. Vielleicht sollten wir das Beste draus machen?“

„Na ja, es sieht ziemlich ruhig aus“, stimmte der Colonel ihr zu, „aber oben in den Bergen hat das nichts zu bedeuten.“

„Nein“, nickte Sam. „Was ich eigentlich vorschlagen wollte, ist, dass SG-2 Dr. Greene und Daniel natürlich zu den Ruinen führt, während Sie und Teal’c hier unten bleiben. Wenn wirklich noch ein Sturm heraufziehen sollte und wir in Schwierigkeiten geraten, dann könnten Sie eine Such- und Rettungsteam holen.“

O’Neill runzelte die Stirn, während er mit seinem Stiefel über den Boden scharrte. „Ich wäre aber glücklicher, wenn ich mit Ihnen mitkommen könnte“, murmelte er. „Vielleicht könnten wir ja Ferretti und Gibson im Basislager zurücklassen?“

„Sie sind mein Team, Sir“, sagte sie ihm ernst und hielt so lange sein Blick, bis er schließlich nickte und wegsah. Aber sie hatte eine ziemlich genaue Vorstellung, warum er dabei sein wollte und egal, wie sehr es an ihrem Herzen nagte, zwang sie sich professionell zu bleiben. „Ich weiß, dass Sie sich Sorgen um Dr. Greene machen, Colonel, aber ich verspreche Ihnen, ich werde schon auf sie aufpassen.“

Er schenkte ihr ein merkwürdig angespanntes Lächeln. „Natürlich werden Sie das“, flüsterte er, „aber wer wird auf Sie aufpassen, Carter?“ Sie fielen in ein Schweigen und sein Blick traf erneut den ihren. Sie war sich nicht sicher, was sie in den Tiefen seiner Augen sehen konnte. Aber bevor er auch nur irgendwas verriet, schaute er hinunter auf seine Stiefel.

Sam durchbrach schließlich die mehrdeutige Stille. „Ich kann auf mich selbst aufpassen, Sir“, versicherte sie ihm. „Tue ich das nicht immer?“

Er nickte. „Ja, das tun Sie.” Und dann sah er mit einem Seufzen hinauf zu den Bergen. „Na ja, ich schätze, wenn man einen Stein gesehen hat, dann kennt man alle.“

„Ich schicke Ihnen ‘ne Postkarte, Sir“, bot Sam ihm an, als sie gemeinsam zum Camp zurückgingen.

„Die werden dort gemacht?“, fragte er. „Wie sieht’s mit nem T-Shirt aus?“

Sam lächelte. „Ich werde nach einem suchen. L ?“

„XL“, korrigierte er sie und sah sie belustigt lächeln und fügte dann hinzu: „Ich habe trainiert.“

Es war schon erstaunlich, dachte Sam. In der Gegenwart des Colonels konnte ihre Stimmung von total wütend auf komplettes Vergnügen umschlagen. Da gab es etwas an ihm, was Wut nicht wirklich eine Chance gab – eine Ehrlichkeit vielleicht, die verführerisch war. Wenn er mal unrecht hatte, dann sagte er es auch ohne Umschweife, die andere nicht an den Tag legen würden, nur um ihren Stolz zu bewahren. Sie liebte das an ihm. „Na ja“, sagte sie, als sie vor ihrem Zelt stehen blieb, „dann sollten wir das hier für Sie und Teal’c stehen lassen, Sir.“

Er nickte. „Sie haben achtundvierzig Stunden, Carter“, sagte er ihr mit einem weiteren Blick zu den Bergen. „Bleiben Sie in Funkkontakt.“

„Natürlich“, antwortete Sam und schaute über ihre Schulter zum Feuer, wo Daniel stand. Er beobachtete sie neugierig. Sie richtete ihren Blick zurück auf O’Neill. „Sie sollten Daniel aus seinem Elend befreien, Sir“, sagte sie ihm mit einem Lächeln.

Der Colonel schüttelte grinsend mit dem Kopf. „Eines Tages“, sagte er, „da werde ich etwas machen, worüber er wirklich seinen Klatsch verbreiten kann!“

Sie erwiderte das Lächeln. „Ich hoffe, ich werde da sein, um mir das nicht entgehen zu lassen.“

Er antwortete ihr nicht, aber sein langsames Lächeln ließ Sams Magen Purzelbäume schlagen, bis sie hinter ihm Tashas Stimme hörte. „Also, was ist jetzt? Gehen wir oder was?“

O’Neills Gesichtszüge spannten sich an und sein Lächeln verschwand. Für einen Moment sagte er nichts und dann beugte er sich noch einmal zu Sam hin. „Seien Sie vorsichtig dort oben.“

„Ja, Sir“, nickte sie. Er erwiderte die Geste knapp und sah sie mit einem letzten ernsten Blick an, bevor er sich zu Tasha umdrehte.

„Halt deine Ausrüstung bereit“, sagte er ihr, als er sich von Sam entfernte. „Die Steinchen gehören ganz euch.“


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Die Aussicht war fantastisch. Tasha stand auf einem kleinen felsigen Vorsprung und schaute hinunter auf den Plaza, wo das Stargate stand. Trotz der kristallklaren Luft konnte sie das Stargate aus ihrer Entfernung kaum ausmachen. Sie atmete einmal tief ein und genoss das Gefühl, welches die kalte Luft in ihren Lungen auslöste. Es war perfekt. Na ja, fast perfekt. Wenn Jack bei ihr wäre, anstatt dort unten am Tor herumzusitzen, dann wäre es perfekt gewesen. Aber die kleine Miss 'Ich mache mir um alles Sorgen’-Major Carter hatte darauf bestanden, dass er mit Teal’c für den Fall, dass es Schwierigkeiten gab, zurückbleiben sollte.

Sie seufzte und schaute über ihre Schulter, als sie sah, wie der Rest des Teams den steilen Abhang hoch geklettert kam. Sie war ihnen vorgelaufen und hatte die Beharrlichkeit des Majors, dass sie alle zusammenbleiben sollte, ignoriert. Dafür hatte sie keine Geduld. Die Ruinen waren nah, sie waren schon fast da. Sie konnte bereits die Geschichte in den Steinen riechen und niemand würde sie zurückhalten. Eine plötzliche Brise erfasste sie und ließ ein paar Strähnen aus ihrem Zopf flattern. Tasha schob sie hinter ihre Ohren, als sie den Vorsprung hinunterkletterte, um dort auf den Major und ihr Team zu warten. Die Ruinen, dachte sie, befanden sich wahrscheinlich hinter dem nächsten Hügel, wo sie genau richtig am Auslauf des Berges lagen. Und durch den Wind konnte sie das unmissverständliche Geräusch von fließendem Wasser hören – hier irgendwo in der Nähe musste sich ein Fluss befinden. Eine der Dinge, die das MALP nicht angezeigt hatte.

Natürlich war es Carter, die als Erste auf sie zukam und ihre Gesichtszüge waren hart und missbilligend. „Dr. Greene“, rief sie und Tasha musste feststellen, dass sie durch das Klettern nicht einmal aus der Puste war. „Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt. Niemand entfernt sich von der Gruppe!“

Tasha lächelte. „Entspannen Sie sich“, sagte sie ihr. „Ist doch nichts passiert.“

Carter schüttelte den Kopf. „Das ist nicht der Punkt“, antwortete sie und verlagerte das Gewicht ihres Rucksacks auf ihrem Rücken. „Etwas hätte aber passieren können.“

„Ich kann auf mich selbst aufpassen“, versicherte Tasha ihr und war mehr als nur ein wenig über die junge Frau verärgert. „Sie waren wahrscheinlich noch in der High School, als ich schon auf meiner ersten Expedition war, Major. Ich weiß, was ich tue.“

Carter blieb davon unbeeindruckt. „Solange Sie hier sind“, sagte sie ernst, „sind Sie meine Angelegenheit. General Hammond hat das mehr als deutlich gemacht. Genau wie Colonel O’Neill.“

Jack? Ein Lächeln zeichnete sich auf Tashas Lippen auf. „Jack hat das gesagt?“, fragte sie. „Dass Sie für mich verantwortlich sind?“

„Ja“, kam die knappe Antwort, als Carter sich die Aussicht betrachtete, die Tasha vor wenigen Sekunden noch so bewundert hatte.

Tashas Grinsen wurde größer und sie konnte nicht anders, als einen kindischen Triumph in ihrem Inneren spüren, als sie Carters ausdrucksloses Gesicht betrachtete. Man musste kein Genie sein, um zu erkennen, dass diese Frau Gefühle für Jack hatte. Und das hier, vermutete Tasha, brachte sie fast um. „Das ist süß“, sagte sie, während sie Carter noch weiterhin eingehender betrachtete.

Aber der Major war so teilnahmslos wie der Berg. „Kann sein.“

„Er ist sehr beschützend“, fuhr Tasha fort. „Ich habe das vorher schon bemerkt. Er beschwert sich immer, dass ich während des Autofahrens telefoniere. Er ist sehr besorgt.“

Carter wandte ihren Blick nicht ab, und da ihre Augen hinter einer dunklen Sonnenbrille versteckt waren, wusste Tasha nicht, was sie grade dachte. Sie antwortete nicht sofort, aber als sie es tat, war ihre Stimme nachdenklicher, als Tasha es erwartet hatte. „Er hat in seinen Leben bereits viele Menschen verloren“, flüsterte sie. „Das würde jeden beschützend gegenüber den Menschen machen… denen einen etwas bedeuten.“

Tasha nickte jetzt neugierig. „Ich weiß von seiner Frau“, sagte sie ebenso leise. „Aber gab es danach noch eine Person, die wichtig für ihn war? Nach Sara, meine ich.“

„Ich, ähm“, antwortete Carter mit einem Stirnrunzeln. „Ich weiß nicht wirklich… Eine vielleicht… eine Frau namens Laira. Ich glaube, sie waren für ein paar Monate zusammen.“

Laira? Jack hatte diesen Namen nie erwähnt. „Arbeitet sie im SGC?“, fragte sie Carter neugierig und ein wenig verärgert darüber, dass der Major mehr über das Privatleben von Jack wusste, als sie es tat.

„Nein“, war die knappe Antwort. „Sie lebte auf einen anderen Planeten. Der Colonel saß dort für drei Monate fest. Er dachte, dass er nie wieder nach Hause zurückkehren würde.“

Tasha zog ihre Augenbrauen hoch. Er hatte ihr nie davon erzählt! Sie begann sich langsam zu fragen, wie viel sie noch nicht wusste. „Wie war sie?“, fragte sie brüsk.

„Laira?“, fragte Carter und drehte sich zu ihr um. Tasha nickte und Carter zuckte nur leicht mit den Schultern. „Stark“, sagte sie nach einem Moment. „Ziemlich feminin, auf eine pflegende Art und Weise. Ich kannte sie nicht wirklich, aber so schien sie gewesen zu sein.“

„War er glücklich mit ihr?“, drängelte Tasha weiter. „Warum hat er sie verlassen?“

Carters Stirnrunzeln vertiefte sich. „Da müssen Sie schon Colonel O’Neill fragen“, antwortete sie und der kurze Moment der Offenheit war verschwunden. „Er hat nie mit mir darüber gesprochen.“ Das kam Tasha irgendwie komisch vor. Wenn sie an die offensichtliche Nähe ihrer Beziehung dachte, aber gerade, als sie ihren Mund öffnete, um etwas zu erwidern, traf der Rest der Gruppe ein.

„Berge“, seufzte Daniel, als er stehen blieb und tief einatmete. „Wir müssten eigentlich bald da sein.“

„Hinter der nächsten Steigung“, sagte Tasha und ging ein paar Schritte auf ihn zu. Sie war froh, dass wenigstens einer in dieser Gruppe ihre Begeisterung für diese Entdeckung teilte. „Stimmen Sie dem zu, Major?“, fragte sie und drehte sich zurück zu Carter um.

Aber Carters Aufmerksamkeit war auf den Himmel gerichtet, wo ein paar Quellwolken über sie hinweg zogen und sie hörte ihnen nicht zu. Und dann begann ihr Funkgerät zu knistern. „Carter, hören Sie mich?“ Es war Jack.

„Carter, hier“, kam augenblicklich die Antwort des Majors.

Ein weiteres Rauschen. „Und schon irgendwelche Postkarten gefunden?“

Carter lächelte. „Noch nicht, Sir. Wir glauben, dass wir noch ein paar Stunden brauchen werden, bevor wir auf der anderen Seite sind, Sir.“

„Verstanden. Wie ist das Wetter?”

Carter schaute hinauf zum Himmel. „Im Moment okay. Und bei Ihnen, alles in Ordnung, Sir?“

„Schick“, war die Antwort. „Ich arbeite an meiner Bräune.“

Ein plötzliches Grinsen breitete sich auf Carters Lippen aus und erhellte ihr ganzes Gesicht. „Da bin ich ja froh, dass Sie etwas Wichtiges machen, Sir.“

Es herrschte ein kurzes Schweigen, bevor er sich mit ernsterer Stimme wieder meldete. „Melden Sie sich, wenn Sie die Seite erreicht haben oder von jetzt an alle zwei Stunden, Carter.“

„Verstanden, Sir“, antwortete sie jetzt genauso ernst, wie er. „Carter, Ende.“

„Wisst ihr“, grummelte Ferretti hinter Daniel, „wenn ich eines Tages mal Colonel bin, dann fange ich auch damit an. Den ganzen Tag einfach nur auf meinen Hintern herumsitzen, mich bräunen und den anderen beim Arbeiten zusehen.“

„Der Tag, an dem Sie Colonel werden“, sagte Carter ihm, als sie sich zum Weitergehen bereit machte, „wird so kalt sein, dass Sie nie braun werden.“

Gibson schnaubte und Ferretti brummte noch etwas, aber sie folgten ihr ohne Widerworte, als sie vorne wegging und Tasha und Daniel das Schlusslicht bildeten. „Wissen Sie“, flüsterte sie, als sie nebeneinander hergingen, „ich verstehe nicht, wie Sie es aushalten mit dem Militär zu arbeiten.“

Daniel schielte sie von der Seite aus an. „Na ja, es dauert eine Weile, bis man sich dran gewöhnt“, gab er zu. „Und Jack und ich habe immer noch unsere grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten bezüglich gewisser Dinge… aber“, Er zuckte mit den Schultern, „ich respektiere sie. Für was sie stehen und wie sie ihre Arbeit machen. Es ist einfach von den Elfenbeinturm der Akademie die Welt in Schwarz und weiß zu sehen.“

Tasha schüttelte den Kopf. „Also ziehen sie diese mutige Realität vor?“, fragte sie. „Wo jeder Teil deines Lebens an dämlichen Vorschriften gebunden ist? Und wo Wissenschaft und kulturelle Wichtigkeiten nur an zweiter Stelle stehen?“

Daniel lachte leicht. „Lassen Sie mich nicht damit anfangen“, warnte er sie. „Aber alles im allen… ja… ich mag es hier. Ich mag diese Leute – sogar mit ihren Vorschriften. Sie haben einen harten Job und sie machen ihn gut. Das sollten Sie nie vergessen.“

In seiner Stimme schwang eine Warnung mit, die Tasha sagte, dass sie dieses Thema nicht wieder ansprechen sollte. Aber er hatte ihre Vorstellungen nicht geändert. Sie war noch nie jemand gewesen, die so einfach Regeln befolgte, nur weil es Regeln waren. Und sie würde jetzt bestimmt nicht damit anfangen.

+++++++++

Teal’c saß ruhig und ungezwungen auf dem Boden. Neben ihm lag O’Neill mit geschlossenen Augen auf seinen Rücken in der Sonne. Auch wenn Teal’c wusste, dass dieser Mann nicht schlief. Er konnte eine leichte Anspannung in seinem Gesicht sehen, als er sich ausruhte, die in ihm eine Unruhe verrieten, die O’Neill ohne Zweifel wünschte besser verbergen zu können.

Teal’c jedoch verstand sein Unbehagen und teilte es. Beide Männer taten lieber etwas, als nur zu warten. Das war sowohl die Natur des Kriegers in ihnen als auch das, was sie ausmachten. Teal’cs Training mag ihm vielleicht die äußere Erscheinung vermittelt haben, dass er teilnahmslos wirkte, aber das hatte nicht seinen Drang nach Aktion betrübt. Und als ein weiteres Mal sein Blick zu den Bergen abschweifte, kam er nicht darum sich zu wünschen, lieber dort oben bei Daniel Jackson und Major Carter zu sein, als hier unten zu warten.
„Weißt du, dadurch laufen sie auch nicht schneller“, sagte O’Neill schließlich mit immer noch geschlossen Augen.

„Was läst sie nicht schneller laufen?“, fragte Teal’c mit einem Blick auf seinem Freund.

„Wenn du die ganze Zeit auf den Berg starrst.“

Teal’c lächelte fast – vielleicht war sein Training doch nicht so erfolgreich gewesen, wie er angenommen hatte. Oder O’Neill war vielleicht ein ganz besonders kluger Beobachter. Er vermutete eher das Letztere. „Du hast recht“, antwortete er und trotzdem wanderte sein Blick wieder zurück zu den Bergen.

O’Neill gähnte. „Möchtest du Karten spielen oder so?“, fragte er, als er seine Augen öffnete. „Da Carter ja jetzt nicht hier ist, können wir ja die mit den nackten Frauen auf dem Deckblatt benutzen…“

Teal’c zog eine Augenbraue hoch. „Wenn ich mich richtig erinnere, dann war es Daniel Jackson, der sich vehement gegen diese Karten ausgesprochen hat.“

„Ja“, nickte O’Neill und setzte sich auf. „Aber er ist ja auch nicht hier. Also, willst du spielen? Kannst ja versuchen etwas von dem Geld zurück zu gewinnen, welches du mir noch schuldest.“

„Ich werde spielen“, entschied sich Teal’c, „jedoch bist du es, der mit Geld schuldet, O’Neill.“

Der Colonel sah ihn überrascht an. „Echt? Ganz sicher?“

„Fünf Dollar und neununddreißig Cent und ein Happy Meal.“

„Ein Happy Meal?“

„Auf P5X-925 hattest du kein Geld mehr.“

O’Neill nickte langsam. „Richt, genau. Kommt alles wieder.“ Dann griff er mit einem Grinsen in seine Tasche und zog die Karten heraus. „Also, was soll’s sein? Poker? Black Jack?”

„Poker“, entschied Teal’c.

O’Neill nickte, als er die Karten mischte und dann wieder zu grinsen begann. „Wirst die Karten lieben.“

„Daniel Jackson glaubt, dass sie ausbeuterisch wären“, erinnerte ihn Teal’c.

„Ja, na ja, das ist Daniel“, antwortete er, als er mit dem Austeilen begann. „Er ist ein Streber.“

„Ich glaube, dass Dr. Greene und Major Carter ihm zustimmen würden.“
O’Neill sah mit einem Hauch von Schuld zu ihm auf. „Und wann bist du zum Moralapostel geworden, Teal’c?“

„Moralapostel?“

O’Neill schüttelte den Kopf. „Vergiss’s, spiel einfach. Komm schon, ich will mein Geld wieder zurückgewinnen.“

Teal’c unterdrückte ein Lächeln, als er O’Neills Unbehagen sah und seine Karten an sich nahm. 'Tu, was du tun musst, um deinen Gegenspieler aus dem Gleichgewicht zu bringen’. Das war eine seiner ersten Lektion in der Kunst der Kriegsführung gewesen, und als er hinüber zu O’Neill schaute und seinen leicht schuldigen Ausdruck sah, da wusste er, dass er sich um seinen Gewinn keine Sorgen machen musste. „Ich steige mit einem Dollar ein“, sagte er. O’Neills Stirnrunzeln vertiefte sich.


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Fantastisch beschrieb noch nicht einmal annähernd die Aussicht, die sich Sam bot, als sie am Rande einer großen Schlucht stand, die den Berg in zwei Teile teilte. Gegenüber von ihnen floss Wasser in den Fluss unter ihnen. In dem aufwirbelnden Sprühregen funkelte die Sonne in Regenbogenfarben. Der Sprühregen vom Wasserfall war wie Nebel in der Luft und Sam spürte einzelne Tropfen kalt auf ihrer Haut, als sie das Schauspiel vor sich bestaunte. In der Mitte der Schlucht befand sich eine kleine Insel aus Stein, die mitten in der Fontäne stand. Die hellen Steine gruben sich in das ein, was Sam höchstwahrscheinlich als Wohnstätten und Türme erkennen konnte. Inmitten der Regenbogenspiegelungen erinnerte es sie an eine Landschaft entsprungen aus einem Märchenbuch.

 

„Oh mein…“, hauchte Tasha neben ihr und brach in Begeisterung aus. „Das ist unglaublich!“

„So was habe ich noch nie gesehen“, flüsterte Daniel ebenso ehrfürchtig.

„Wow“, stimmte ihnen Sam zu.

Etwas unterhalb des Gefälles, auf welchem sie standen, sahen sich Ferretti und Gibson um. „Hey, Major!“, rief Gibson und sie riss ihren Blick etwas widerwillig von der Aussicht. „Sehen Sie mal, 'ne Brücke.“

Augenblicklich sprang Tasha auf. „Wo?“, fragte sie und kletterte den Abhang zu ihnen hinunter.

Sam rührte sich jedoch nicht sofort und versuchte durch die Regenschwaden hindurchzusehen, bis sie einen schmalen Übergang gleich in der Nähe von Gibson ausmachen konnte. „Dort“, sagte sie und hob ihre Hand. „Siehst du?“

Daniel zwinkerte ein paar Mal, bevor er nickte. „Sieht ziemlich schmal aus.“

„Ja“, stimmte sie ihm zu. „Ziemlich erstaunlich, dass etwas so Instabiles so langen stehen kann. Was glaubst du, wie alt dieser Ort hier ist?“

Daniel zuckte mit den Schultern, als er ebenfalls zu Tasha und den anderen ging. Sam folgte ihm. „Wahrscheinlich drei oder viertausend Jahre“, sagte er ihr. „Mindestens. Aber wir haben keine Ahnung, seit wann es hier keine Zivilisation mehr gibt. Also könnten Teile auch neuer sein. Kommt drauf an, wie lange sie gebaut haben.“

Als sie bei den anderen ankamen, war Tasha bereits voll in ihrem Element. „Hören Sie“, sagte sie zu Ferretti, „ich weiß, dass sie alt ist, aber es ist der einzige Weg in die Stadt und wenn Sie nicht bereit sind, das Risiko einzugehen, ich bin’s.“

Ferretti sah alles andere als geduldig aus. „Sehen Sie, Doktor“, erwiderte er ungestüm. „Wir haben keine Ahnung, wie stabil dieses Ding ist. Es könnte in dem Moment zusammenbrechen, in dem sie auch nur ein Fuß darauf setzen.“

Sam seufzte, als sie Tashas Sturheit sah und griff schnell ein. „Ferretti hat recht. Bevor wir da rüber gehen, sollten wir uns vergewissern, dass es sicher ist.“

„Oh, ich wusste, dass Sie das sagen würden!“, schnappte Tasha und wirbelte zu Sam herum. „Unsere kleine Miss 'Ich mache mir um alles Sorgen’! Was ist eigentlich los mit euch Leuten? Könnt ihr nicht die Bedeutung von dessen verstehen, was wir hier gefunden haben?“

Miss 'Ich mache mir um alles Sorgen?! Es kostete ihre gesamte professionelle Kraft darauf nicht zu antworten, aber stattdessen sprach Sam mit ruhiger und leiser Stimme. „Natürlich verstehe ich das, Dr. Greene. Aber wir haben keine Ahnung, wie sicher diese Brücke ist und bis wir das nicht wissen, wird niemand – und ich meine niemand – auch nur einen Fuß darauf setzen. Verstanden?“

Tasha schüttelte ihren Kopf. „Nein, ich verstehe nicht.” Sie drehte sich zu Daniel um. „Diese Brücke steht da bereits seit Tausenden von Jahren. Sie wissen genauso gut wie ich, dass sie stabiler sein muss, weil sie sonst nicht mehr dort hängen würde.“

Daniel zuckte mit den Schultern und war offensichtlich nicht sehr erfreut darüber, dass er in diesen Streit mit hineingezogen wurde. „Da haben Sie vermutlich Recht, Tasha“, sagte er zu Sams Verärgerung. „Aber Sam hat auch einen Punkt. Wir müssen uns erst sicher sein, bevor wir darüber gehen. Das ist nur vernünftig. Es gibt kein Grund unnötige Risiken einzugehen.“

„Huh“, murmelte Tasha und starrte Sam an. „Ich hatte ja keine Ahnung, dass das Militär so feige ist.“ Und damit ging sie zu dem Platz zurück, wo sie ihre Ausrüstung abgelegt hatten.

Sam schaute unglücklich zu Daniel hinüber, der nur seine Augenbrauen hochzog. „Jack hat gesagt, dass sie sehr 'offen’ mit ihren Gefühlen ist“, erinnert er sie.

Gibson rührte sich verärgert. „Wenn dieses Miststück mich noch einmal einen Feigling nennt, dann…“

„Hey!“, unterbrach Sam ihn scharf. „Passen Sie auf, was Sie sagen, Lieutenant.“ Sie nickte zurück zu ihrem provisorischen Camp. „Dreißig Minuten Pause, um etwas zu essen und dann werden wir uns die Brücke ansehen. Und behalten Sie Ihre Meinungen für sich. Verstanden?“

Die gebrummten Antworten von Gibson und Ferretti waren alles, was sie von ihnen erwarten konnte, als sie zu Tasha gingen. „Weißt du“, sagte sie Daniel, als sie sich auf den Weg in dieselbe Richtung machten, „vielleicht lasse ich sie einfach diese Brücke überqueren und schaue dann, was passiert.“

Daniel lachte dunkel auf. „Ich denke nicht, dass Hammond sehr erfreut darüber sein wird, wenn sie unten im Fluss landen würde.“ Und etwas leiser fügte er hinzu: „Genauso wenig wie Jack.“

Sam seufzte. „Nein“, murmelte sie, „das wäre er nicht.“


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Jack begutachtete seine Karten – ein Straight Flush. Nicht schlecht. Aber Teal’c beherrschte die Kunst des Pokergesichts wirklich perfekt, sodass er nicht sagen konnte, was er für Karten hatte. Ihre Blicke trafen sich einem Moment, ruhig und angespannt. Und da Jack noch nie auf Nummer sicher gegangen war, sagte er: „Ich will sehen und erhöhe um drei.“ Was soll’s. Es ist ja nur Geld.

Aber zu seiner Überraschung sah er plötzlich, wie sich etwas in Teal’cs teilnahmslosen Gesicht veränderte und sich eine kleine Falte auf seiner Stirn abzeichnete. Für einen kurzen Augenblick verspürte Jack so etwas wie einen Triumph, dass er gewonnen haben könnte, bis er erkannte, dass es nichts mit dem Spiel zutun hatte. Die Augen des Mannes waren auf etwas hinter ihm gerichtet und so etwas wie Furcht lief ihm den Rücken hinunter, als er den besorgten Ausdruck seines Freundes sah. „Was?“

Teal’c stand auf und schirmte seine Augen ab, als er zu den Bergen schaute – oder um es genauer zu sagen, in den Himmel über den Bergen. „Sieh“, sagte er und zeigte mit seiner anderen Hand in die Richtung.

O’Neill krabbelte schnell auf seine Füße und das Spiel war vergessen. „Was zum Teufel…?“, hauchte er, als er sich umdrehte und sah, wie hinter den Bergen ein ganzer Haufen mit tintenschwarzen Wolken aufzog. Die rollenden Wolken waren schon fast dunkelschwarz und breiteten sich hinter dem Berg aus. Jack konnte einen Blitz inmitten des Haufens ausmachen und aus der Ferne hörte er den Donner grollen. „Scheiße“, fluchte er.

„Major Carters Team wird dem schutzlos ausgeliefert sein“, sagte Teal’c und fasste Jacks eigene Angst in Worte.

Er nickte. „Carter wird wissen, was zutun ist“, beharrte er und legte wie immer sein Vertrauen in ihre Hände. Aber trotzdem griff er augenblicklich nach seinem Funkgerät. „Carter, kommen.“ Keine Antwort und er spürte, wie sich Angst in ihm ausbreitete. Er versuchte es erneut. „Carter, melden Sie sich.“

Wieder bekam er keine sofortige Antwort, als er plötzlich ein Rauschen hörte und mitten darin Carters Stimme schwach ausmachen konnte. „….sind jetzt auf der Seite… gibt es ein Problem?“

Jack runzelte erleichtert darüber ihre Stimme zu hören, aber auch besorgt um ihre gefährliche Situation seine Stirn. „Carter, da kommt ein gewaltiger Haufen mit Gewitterwolken auf Sie zu. Können Sie es sehen? Ende.“

Nach einem weiteren statischen Rauschen erklang wieder Carters schwache Stimme. „…kann es nicht sehen, Sir… versuche einen günstigen Aussichtspunkt…Welche Richtung? Ende.“

„Süd – süd- west vom Tor. Carter“, antwortete O’Neill hastig. „Aber Sie brauchen es sich nicht anzusehen. Vertrauen Sie mir einfach. Es ist da. Holen Sie Ihr Team von dem Berg. Ende.”

Lange antwortete sie nicht, bevor das Funkgerät erneut zu knistern begann. Carters Stimme ging unter dem ganzen Rauschen fast vollkommen unter. „Wiederholen Sie das… habe Schwierigkeiten… zu erhalten… Wahrscheinlich elektro… Behinderungen… Werde versuchen zu…“ Jetzt war ihre Stimme ganz unter dem Rauschen verschwunden.

Über ihnen begannen die Wolken sich mit einer beängstigenden Geschwindigkeit zu bewegen, begleitet von Blitz und Donner und Jacks anfängliches Unbehagen verwandelte sich in Panik. „Carter“, schrie er in das Funkgerät. „Ich wiederhole: Holen Sie Ihr Team von diesem Berg. Haben Sie das verstanden?“

Diesmal bekam er überhaupt keine Antwort. Nicht einmal ein Rauschen, nur Stille. Er hatte sie verloren. „Gottverdammt noch mal!“, fluchte er, als er erneut zu der Sturmfront aufsah. Die Wolken kamen aus dem Nichts, ihr dunkles, brodelndes Gesicht wirkte merkwürdig unpassend im strahlenden Schein der Sonne, die noch nicht von den Wolken bedeckt war. Ein kühler Wind fegte durch sein Haar und neben sich sah er, wie Teal’c leicht erschauderte.

„Komm schon, Carter“, murmelte er. „Sie können diese Mistkerle von diesem Berg hinunterprügeln.“

Teal’c antwortete ihm nicht, sondern wandte seinen Blick zurück zu dem Berg. Und wartete.


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Sam runzelte die Stirn, als sie fast ihren Hals verrenkte und in den blauen Himmel über ihr schaute. Süd – süd- west vom Tor? Das war so ziemlich hinter den Bergen, also war ihre Sicht versperrt. Sie hatte die Dringlichkeit aus der Stimme des Colonels gehört und sie vertraute ihm blind. Sie griff wieder nach ihrem Funkgerät.

„Colonel, melden Sie sich“, sagte sie und ließ den Knopf los. Sie wartete, aber sie bekam keine Antwort. „Verdammt“, fluchte sie leise.

Neben ihr kaute Daniel mit zusammengezogenen Augenbrauen auf seinem Essen herum. „Ich schätze wir sollten einen Unterschlupf suchen“, sagte er, als er ebenfalls hinauf in den Himmel schaute.

„Ja“, stimmte ihm Sam zu. „Ich wünschte jedoch, dass ich seine letzte Nachricht noch verstanden hätte. Ich weiß nicht, was seine Befehle waren.“

Daniel zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich, dass wir uns einen Unterschlupf suchen sollten.“

Er hatte wahrscheinlich recht, aber wenn das Gewitter wirklich so schlimm ist, wer er sagte, dann sollten sie vermutlich lieber von diesem Berg verschwinden. Hier oben in der kargen, felsigen Gegend gab es keinen Unterschlupf und sie wusste, wie schnell die Temperatur in den Bergen fallen konnte. Sie sah sich um und sah, wie Gibson und Ferretti leise miteinander redeten und nebenbei Tasha, die abseits von allen saß, wütende Blicke zuwarfen. Tasha war umgeben von ihrer Wut und aß ziemlich langsam. Sam seufzte bei dem Gedanken daran dieser Frau zu befehlen den Berg wieder runter zu gehen – nicht, dass sie irgendwelche Skrupel davor hätte, aber das Letzte, was sie wollte, war ein weiterer Streit mit ihr. Sie mochte sie vielleicht nicht, aber sie war dem Colonel immer noch wichtig und Sam wollte keinen Keil zwischen sich und Jack treiben.

Sie brauchte eine bessere Vorstellung von der Ernsthaftigkeit des Gewitters. Wenn es gefährlich war, dann würde sie den Berg verlassen, wenn es nur so aussah, als ob sie nass werden würden, dann mussten sie da durch. Sie stand auf. „Ich werde mal versuchen einen Blick auf die Sturmfront zu werfen“, sagte sie Daniel.

Mit vollem Mund nickte er. Aber Sams Worte erweckten Tashas Aufmerksamkeit, welche ebenfalls aufstand. „Major Carter“, sagte sie und ging auf Sam zu. „Ich muss mal, ähm…“ Sie runzelte ihre Stirn. „Ich muss mal eben die Damentoilette benutzen.“

Sam unterdrückte das Grinsen, welches ihr auf den Lippen lag. Damentoilette? „Oh“, antwortete sie und war sich nicht wirklich sicher, was diese Frau jetzt deswegen von ihr erwartete.

„Ich werde dort hingehen“, sagte sie und deutete auf die Schlucht. „Könnten Sie vielleicht sichergehen, dass Ihre Männer hier bleiben?“

„Natürlich“, antwortete Sam mit einem ernsten Nicken. Und dann rief sie mit lauter Stimme. „Ferretti, Gibson! Augen nach vorn! Dr. Greene muss mal pinkeln.”

Tasha sah sie mit aufgerissenen Augen und gerötete Wangen an. Sam fühlte sich nur geringfügig schuldig. „Danke“, sagte Tasha steif, als sie sich von dem Camp entfernte.

Sam beobachtete sie noch mit einem Kopfschütteln und vernahm ein Kichern von Gibson und Ferretti, als Tasha an ihnen vorbeiging. „Packt eure Sachen, Jungs“, sagte sie ihnen und unterbrach ihr Gelächter. „Ein Gewitter kommt auf uns zu. Entweder bleiben wir hier und müssen uns irgendwie schützen oder wir müssen schnell aufbrechen.“

„Ja, Ma’am“, antworteten sie im Einklang. Tasha sagte nichts, als sie bei der Schlucht verschwand.

„Wird nicht lange dauern“, versicherte sie Daniel, als sie in die andere Richtung ging. Sie konnte einen kleinen Felsvorsprung ganz in der Nähe ausmachen und hoffte, dass sie von dort aus den Sturm sehen konnte, damit sie über den weiteren Verlauf der Mission eine Entscheidung treffen konnte.

Noch während sie ihren Weg fortsetzte, wurde der Wind immer stärker und ließen einzelne Haarsträhnen in ihr Gesicht flattern. Aufgrund der Kälte war sie gezwungen den Reisverschluss ihrer Jacke noch weiter hochzuziehen. Gar kein Zweifel, das war die Vorhut des Gewitters. Das verhieß nie etwas Gutes, wenn sie auf dem Berg bleiben wollten. Der felsige Aufschluss war eng und Sam krabbelte darüber. Der Wind war an dieser Stelle stärker und sie musste ihre Hände nahe der Felsen halten, da sie sich nicht vorstellen wollte, was passieren könnte, wenn sie das Gleichgewicht verlor. Vorsichtig kroch sie weiter bis zum Ende und drehte sich dann um, um nach oben zu sehen. Ihr Herz sank ihr bis in die Zehen.

„Scheiße!“, zischte sie, als sie die pechschwarzen Wolken hinter dem Berg sah. Seine Oberfläche wurde noch immer in Sonnenschein getaucht und es war verdammt hell gegen das aufziehende, dunkle Gewitter. Aber das war kein gewöhnliches Gewitter. Das wusste Sam sofort. Sie hatte noch nie so wütende und gefährliche Wolken gesehen – sie sahen aus, wie ein Hammer, der wie ein Amboss gegen den Berg schlagen würde. Nur Gott alleine wusste, wie schlimm das Gewitter sein würde, aber von dem kalten, heftigen Wind, der über ihr fegte, wusste Sam, dass es schlimm werden würde. Wenn sie nicht bald von diesem Berg verschwanden, hatten sie keine Chance.

Trotz des Windes rannte Sam fast den Weg wieder zurück und sprintete die letzten Schritte zum Camp. Sie hatten absolut keine Zeit zu verlieren, wenn sie vor dem Gewitter von ihr verschwunden sein wollten. „Daniel!“, schrie sie, als sie ins Camp rannte. „Gibson, Ferretti, wir brechen auf! Sofort!”

„Was ist los?“, fragte Daniel dringend, als er sich seinen Rucksack auf den Rücken schwang und hinauf in Himmel sah. Er war noch immer blau, obwohl man einen minimalen Teil der Wolken am Rande des Berges erkennen konnte. „Schlimm?“

„So etwas habe ich noch nie gesehen“, sagte sie ihm, als sie sich ihren eigenen Rucksack schnappte. „Wir müssen sofort von hier verschwinden.“ Sie schaute sich um. Sie sah Gibson und Ferretti, wie sie ihre Ausrüstung sicherten und…

„Wo ist Tasha?“, schrie sie.

Daniel runzelte mit der Stirn. „Ah… sie ist nicht zurückgekommen.“

„Was?“ Sam schaute hinunter auf ihre Uhr. „Das war vor ner halben Stunde!“

Daniel zuckte leicht zusammen. „Vielleicht hätte ich hier folgen sollen…?“

„Es ist nicht deine Schuld“, murmelte Sam, als sie nach ihrem Funkgerät griff. „Dr. Greene, kommen.“

Sie hörte nichts als Stille. „Verdammt!“, fluchte sie und schaute wieder hoch in den Himmel. Die Wolken kamen jetzt immer näher, die Spitze des Berges war mitten im schwarzen Nebel verschwunden. Das Gewitter kam schneller als erwartet, gerade als das Grollen des Donners die Luft erfasste und sie spürte, wie große Regentropfen auf ihr Gesicht prasselten. Sie spielte schon halb mit dem Gedanken Ferretti, Gibson und Daniel zu befehlen den Berg zu verlassen, während sie nach Tasha suchen und sie an ihren Haaren zurückschleifen würde, aber sie wusste, dass sie alle eine bessere Chance hatten, wenn sie zusammenblieben. „Teilt euch auf“, befahl sie, „aber bleibt in gegenseitiger Sichtweite. Wenn ihr die Sicht verlieren solltet, dann bleibt stehen. Sie kann nicht weit sein.“

Damit machten sie sich im Angesicht mit einem starken Gewitter und einem heftigen Regen auf die Suche nach Tasha. Sam knirschte mit ihren Zähnen, als sie das Gefühl der Panik unterdrückte. Es war nur ein Gewitter, erinnerte sie sich selbst. Wie schlimm konnte es schon werden…?
Und dann durchbrach ein erschreckender Schrei die Luft, der ungehindert an den Felswänden abprallte und Sam wie eine Salzsäule erstarren ließ. Tasha.


+++++++++

„Carter, melden Sie sich“, versuchte Jack erneut Sam zu erreichen, als er dem Wind den Rücken zugedreht hatte und das Funkgerät so gut es ging, schützte. Er spitze seine Ohren, um durch den Wind und den eisigen Regen etwas zu hören, aber er bekam keine Antwort. Nichts. Es war bereits eine Stunde vergangen und er hatte noch immer nichts von ihnen gehört.

Sämtliche Spitzen der Berge waren jetzt verschwunden in schwarzen Wolken und die Sonne wurde schon vor einer Weile von ihnen verschluckt. Er und Teal’c hatten sich eine Weile in ihrem Zelt zurückgezogen, aber der Wind war zu stark, dass Jack wusste, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, wann es weggeflogen wäre. Also waren sie wieder hinausgekrochen und hatten es abgebaut. Und jetzt versuchten sie bei den Bäumen Schutz zu finden, sie nahmen jeden Unterschlupf, der sich ihnen gegen den Regen und dem eisigen Wind Schutz bot. Nur Gott alleine wusste, wie schlimm es oben in den Bergen sein musste. Jack fühlte sich elend. Er hoffte, dass es Tasha gut ging. Trotz ihrer mehrfachen Versicherungen, dass sie bereits einige Erfahrungen auf Expeditionen gesammelt hatte, wusste er, dass sie nicht so stark war, wie Carter, Daniel oder die anderen aus dem Team. Sie hatte immer noch Carter, die auf sie aufpassen würde, versicherte er sich selbst. Es gab niemand, der besser dafür infrage kommen würde, als Carter. Natürlich, dachte Jack bitter, wenn Tasha Carter an diesem Morgen nicht einfach übergangen hätte, dann wären sie erst gar nicht in die Berge gegangen.

„Verdammt“, murmelte er, als er sich an ihre Unterhaltung vom Morgen zurückerinnerte und ihre Wut, weil er sie einfach übergangen hatte. Gott, dafür wird er bestimmt einen Monat vor ihr zu Kreuze kriechen müssen!

Eine weitere Windböe erfasste ihn und er musste seine Kappe festhalten, damit sie nicht wegflog. Er zitterte und schaute hinunter auf seinen Arm und sah, wie der Stoff seiner Jacke schon vollkommen durchnässt war. Als er ein weiteres Mal aufschaute, erkannte er, wie der gesamte Berg hinter einer Mauer aus eisigen Regen und Graupeln versteckt war. Seine Hände gefroren und seine Kleidung war diesen Klimabedingungen ganz und gar nicht angepasst. Die plötzliche Angst um seine Freunde, die ihn erfasste, konnte er nicht mehr zurückhalten. Er schaute hinüber zu Teal’c, der seinen dunklen Blick traf.
„Das ist schlecht“, sagte er und musste schon fast schreien, damit er überhaupt sich selbst verstehen konnte.

Teal’c nickte. „Vielleicht sollten wir durch das Tor gehen?“, schlug er vor. „Und dann kehren wir mit weiteren Männern zurück, damit wir Major Carters Team finden können?“

Aber Jack schüttelte seinen Kopf. „Da drin werden wir sie nie finden. Wir werden nur weitere Männer verlieren.“

„Dann warten wir“, entschied Teal’c.

„Ja“, seufzte Jack und richtete seinen Blick zurück auf die Berge, obwohl er nicht mehr als Regen und Graupeln sehen konnte, die schon fast senkrecht standen. „Jetzt warten wir.“

+++++++++

Sams Herz pochte so wild, dass sie kaum atmen konnte, als sie auf die Schreie von Tasha durch den Regen lief. Tausend furchtbare und schreckliche Bilder schossen durch ihren Kopf, als sie rannte. Jedes Bild war schlimmer als das andere. Besonders der Gedanke daran O’Neill zu sagen, dass sie Tasha verloren hatte – dass er Tasha in ihre sichere Obhut gegeben hatte und sie hatte ihm im Stich gelassen. Sie würde lieber selbst sterben, als dass es so weit kommen würde.

„Tasha!“, schrie sie, als der Regen immer stärker wurde und sie dadurch an Tempo einbüßen musste. „Tasha!“ Hinter dem ohrenbetäubenden Pfeifen des Windes konnte sie das Schmettern des Wasserfalls hören und da wusste sie, dass es nicht mehr weit war bis zur Schlucht. Aber es war schwer durch das ganze Wasser um sie herum etwas auszumachen, also ging sie noch langsamer, in der Angst, dass sie in ihrer Eile blind über etwas stolpern würde. „Tasha!“

Links neben ihr hörte sie Gibson laut fluchen und dann seinen Schrei. „Major! Hier drüben! Ich habe sie gefunden! Sie ist auf dieser gottverdammten Brücke!”

Sam blieb wie angewurzelt stehen. Die Brücke? Sie war auf der Brücke…? „Meine Güte!“, schrie sie. „Daniel, mit mir!“ Er befand sich nur wenige Schritte rechts neben ihr, aber sie konnte ihm kaum noch sehen und sie wollte nicht auch noch ihm in den Nebel verlieren. Zusammen stolperten sie durch den Regen, Gibson und Ferretti waren keinen Meter hinter ihnen.

Als Sam über die Schlucht schaute, konnte sie kaum den Umriss der Person erkennen, die sich mitten auf der Brücke festgekrallt hatte. Der eiskalte Regen peitschte in ihr Gesicht, während sie angestrengt versuchte etwas deutlich zu erkennen, aber sie ignorierte ihn so weit es ihr möglich war. „Tasha!“, schrie sie. „Kommen Sie sofort zurück!“

Es dauerte eine ganze Weile, bis sie durch das Tosen des Wasserfalls und dem schreienden Wind eine zitternde Frauenstimme hörte. „Ich kann mich nicht bewegen! Die Brücke… sie bricht zusammen!“

Sams Hoffnungen schwanden weiter, ihre Muskeln versteiften sich vor Angst. „Das müssen Sie aber!“, schrie sie zurück. „Es gibt keinen anderen Weg… Bewegen Sie sich langsam.“

„ICH KANN NICHT!“, schrie Tasha und Sam konnte die nackte Angst in ihrer Stimme hören. Sie war zu verängstigt, um sich zu bewegen. Sie hatte es schon zuvor gesehen, die Angst war auf den Gesichtern der Menschen eingefroren, wenn sie nur durch ihr eigenes Handeln gerettet werden konnten.

Hinter ihr hörte sie Gibson knurren: „Bescheuertes Miststück. Hätte wissen müssen, dass sie so etwas versuchen würde.“

Sam antwortete ihm nicht, aber sie wusste, dass er recht hatte. Sie hätte es wissen müssen. Sie hätte sie nie alleine weggehen lassen dürfen. Es war ihre Schuld, sie hatte ihre Aufsichtspflicht verletzt und wenn Tasha jetzt dort draußen sterben würde, dann wäre es ihre Schuld. Und das konnte sie nicht zulassen – schon alleine um des Colonels Willens konnte sie das nicht zulassen. Er hatte bereits zu viele Menschen in seinem Leben verloren und sie sollte verdammt sein, wenn sie die Schuld daran tragen würde, nur weil er eine weitere Person verlieren würde. Er hatte Besseres verdient und sie würde ihn nicht im Stich lassen.

Sie griff sich über die Schulter und löste ihren Rucksack, sodass er zu Boden fallen konnte. „Ich werde sie holen gehen“, sagte sie.

„Was!“, schrie Daniel und umfasste ihren Arm. „Bist du verrückt geworden? Wenn die Brücke bereits am Zusammenbrechen ist…?“

„Ich kann sie nicht dort lassen“, sagte Sam ihm und zog energisch ihren Arm aus seinem Griff. „Niemand wird zurückgelassen, schon vergessen?“ Dann zuckte sie mit ihren Schultern. „Und ich bin hier die Leichteste, also ist es nur logisch, wenn ich gehe.“

„Sam…“, protestierte er, als er seine Brille von der Nase nahm, um den Regen davon abzuwischen. „Es muss doch noch einen anderen Weg geben.“

„Nein“, sagte sie ihm mit einem bestimmten Kopfschütteln. „Dafür haben wir keine Zeit. Wir müssen so schnell wie möglich von diesem Berg verschwinden.“ Sie drehte sich zu Gibson um. „Lieutenant, wenn irgendwas passiert, dann bringen Sie so schnell wie möglich alle hier raus. Verstanden?“

Sein Gesicht war düster und sehr beunruhigt, aber er nickte. „Ja, Ma’am.“

„Gott, Sam…“, murmelte Daniel.

Sie lächelte ihm zu. „Alles wird gut“, versicherte sie ihm, auch wenn ihre Angst ihr etwas vollkommen anderes sagte. Aber sie hatten keine Zeit, um sich irgendwelche Sorgen zu machen, wenn überhaupt die Zeit über etwas nachzudenken, als sie vorsichtig einen Fuß auf die schmale Holzbrücke setzte und spürte, wie sie stark zu schwanken begann. In der Ferne schrie Tasha auf, während sie sich noch weiter hinhockte. Sam hielt ihren Blick starr auf ihr Ziel gerichtet, als sie langsam über die Brücke kroch. Um ihr herum fegte der Wind, peitschte das Wasser, zerrte an ihrer Kleidung und sie hatte Angst, dass sie jeden Moment ihr Gleichgewicht verlieren könnte.

„Bewegen Sie sich nicht!“, schrie sie Tasha zu. „Ich komme Sie holen.“


+++++++++

Daniel schlug das Herz bis zum Halse, als Sam vorsichtig über die Holzbrücke kroch. Mehrere Male war sie gezwungen aufgrund des Schwankes der Brücke durch den Wind und des Regens, anzuhalten, aber ihr Griff festigte sich nur noch weiter um die feuchten, rutschigen Bretter. Trotz allem bewegte sie sich weiter, Zentimeter um Zentimeter, bis sie schließlich bei Tasha angekommen war.

„Ihr Fuß steckt fest!“, schrie Sam ihnen zu. „Einige der Bretter sind morsch und durchgebrochen!“

Er wagte es kaum zu atmen, als er Sam dabei beobachtete, wie sie versuchte Tashas Fuß zu befreien. Sie war zu weit weg und der Schneesturm machte es ihm unmöglich genau zu sehen, was Sam unternahm, aber schließlich hörte er ihre Stimme erneut. „Ich habe Sie! Wir kommen jetzt zurück!“

„Danke Gott“, murmelte Daniel eifrig und neben sich hörte er Ferretti ein: „Kommen Sie, Major“, flüstern.

Es dauerte eine Ewigkeit, bis er zwei Schatten ausmachen konnte, die sich ihren Weg über die stark schwankende Brücke bahnten. Dann sah er Tashas blasses Gesicht und Sam nur wenige Schritte hinter ihr.

Daniel erlaubte sich wieder zu atmen und dann… Screeeeeeech!

Ein scharfes, erschreckendes, zerreißendes Geräusch durchbrach die Luft und die die Brücke begann heftig zu wackeln, sodass Sam und Tasha beide auf ihre Knie fielen. Tasha begann wieder zu schreien, bis Sam sie selbst anschrie: „Bewegen Sie sich! Um Gottes Willen, Tasha, bewegen Sie ihren verdammten Hintern!“

Hastig begann Tasha loszukrabbeln und durch den Sturm konnte Daniel ihr verängstigtes Schluchzen hören, als die Brücke nicht aufhörte zu wackeln. Aber Sam bewegte sich nicht. Sie hockte einfach nur da, als sie Tasha dabei beobachtete, wie sie in Sicherheit kroch. Jedes Mal, wenn die Brücke erneut wackelte, klammerte sie ihre Finger noch fester um die Platten, aber sie machte keine Anstalten sich zu bewegen. Sie wartete, besorgt, dass durch ihre eigenen Bewegungen sie vielleicht beide in den Abgrund stürzen würden. Es machte Sinn, obwohl sich Daniels Magen vor Angst so sehr zusammenzog, dass es schmerzte.

Aber schließlich erreichte Tasha das Ende der Brücke und Gibson schnappte sie sich und zog nicht allzu sanft hinter sich, wo sie wie ein verängstigtes Häufchen Elend auf den Boden fiel.

„Wir haben sie!“, schrie er Sam zu. „Kommen Sie Major! Los!“

Daniel wandte seinen Blick nicht von der Brücke ab, auch nicht, als er sich neben Tasha kniete und ihr einen beruhigende Hand auf die Schulter legte. „Komm schon, Sam“, flüsterte er, als sie weiter über die bebende Brücke kroch. Aber sie war keine drei Schritte gegangen, als ein erneutes zerreißendes Geräusch die Luft durchschnitt und die Brücke etwas zusammensackte und auf eine Seite überkippte. Das Hauptgeländer war zerbrochen.

„Sam!“, schrie Daniel in Panik, er sprang auf und lief bis zum Rande der Schlucht. Sie wurde komplett herumgerissen und nur ihr eiserner Griff um das Seil hielt sie davon ab in den Abgrund zu stürzen. Aber die Brücke konnte nicht mehr benutzt werde, sie hing in der Luft. „Sam, halt durch!“, schrie er ihr vor Angst zerrissen zu.

Sie kämpfte damit nicht ihren Halt zu verlieren, aber sie war noch gut fünfzig Meter außer Reichweite und es gab keine Möglichkeit, wie sie ihr helfen könnten. Es gab keine Möglichkeit mehr, wie sie sich bewegen konnte. Sie hing einfach nur da, der Schnee wirbelte um sie herum, dass sie fast darin verschwand. Sie schwang ihren Arm um eine der Holzplatten, um sich noch weiter zu sichern, bevor sie sich zu ihnen umdrehte. Ihr Gesicht war düster, weiß und vor Angst gezeichnet. Aber so hart wie Stein. „Gibson“, rief sie. „Sie haben einen Befehl!“

Daniel brauchte einen Moment, um das eben Gesagte zu verstehen, aber als er es tat, fühlte er sich elend. „Nein“, flüsterte er. „Nein.“

„Wir lassen Sie nicht zurück, Major!“, schrie Gibson kriegerisch und unnachgiebig zurück. „Auf keinen Fall!“

Der Schnee war jetzt so stark, dass Daniel sie praktisch nicht mehr sehen konnte, aber er hörte ihre Stimme. „Bringen Sie sie von diesem Berg, Lieutenant. Das ist ein Befehl! Na los!“

„Ich kann Sie fast berühren!“, widersprach ihr Gibson. „Wir haben hier Seile. Ich kann…“

„Nein!“, unterbrach Sam ihn bestimmt und eine weitere Böe fegte über den Abgrund. Daniel konnte er sie wieder sehen, sie hing wie eine Marionette mitten im Sturm „Dafür ist keine Zeit! Gehen Sie… Bevor ich…!“ Ihre Worte gingen verloren, als die Brücke erneut knarrte und noch etwas zerriss. Für einen Bruchteil einer Sekunde konnte Daniel Sams Gesicht sehen, blass und verängstigt und dann war sie verschwunden. Die Brücke brach zusammen, krachte in einem ohrenbetäubenden Schellen in die Schlucht und nahm Sam mit sich mit.

„NEEEIIIIN!“, Schrie er, unfreiwillig streckte er seine Hand aus, so, als ob er sie noch auffangen könnte, als er neben der Schlucht auf sie Knie fiel und hinunter in die Tiefe starrte. Aber bis auf Schnee und Nebel konnte er nichts sehen. Und in diesem Moment spürte er, wie sein Herz entzwei brach. Sie war verschwunden. Sam war verschwunden.


++++++++

Jack weigerte sich zu gehen. Irgendwo in seinem Hinterkopf hatte sich der Gedanke verfestigt, dass wenn er ging, wenn er seinen Blick auch nur einmal abwandte, er dann nie sehen würde, wie seine Freunde aus dem Schneesturm auf sie zukamen. Er forderte seinen Glauben heraus, dass sie auftauchen würden. Einige Male war er sich sicher gewesen Bewegungen gesehen zu haben – sein Herz hatte einen Aussetzer gemacht und sein Magen schlug vor Erleichterung Purzelbäume – aber jedes Mal war es nur Einbildung gewesen; ein Wunsch, der so stark war und ihm das Schneetreiben um ihn herum vergessen ließ.

Ihm war kalt. Aber es war ihm egal. Wenn ihm schon kalt war, dann musste es für sie eisig sein. Aber immerhin teilte er es mit ihnen, immerhin war er irgendwie bei ihnen. Wartend.

Und dann… war da grade etwas? Kam da jemand durch den Sturm? Oder spielte ihn seine Einbildung nur wieder einen Streich? Er rührte sich nicht. Er würde sich nicht bewegen, bis er sie sah… Er widerstand…

„O’Neill“, sagte Teal’c neben ihm. „Ich glaube Bewegungen ausmachen zu können.“

Jacks Herz pochte in seiner Brust. Er verengte seine Augen, um etwas durch den Schnee hindurch erkennen zu können und für einen Augenblick konnte er nichts sehen, bis er schließlich dunkle Schatten ausmachen konnte, die mitten aus dem Nirgendwo kamen. „Ja!“, zischte er, sein bewegungsloser Körper war so vollgepumpt mit Adrenalin, dass er augenblicklich zu rennen begann. „Carter!“, schrie er. „Daniel! Hier drüben!”

Der Schnee peitschte zwischen ihnen, aber dann hörte er eine Stimme, die ihn antwortete. „Jack!“ Es war Daniel, er klang bitter und erschöpft. Aber es war Daniel. Danke Gott. Er kam aus dem Sturm heraus, überschüttet mit Schnee, seine Haare und seine Uniform war überzogen mit Eis, seine Lippen blau und sein Gesicht milchweiß.

„Daniel!“, hauchte Jack erleichtert, dass ihm fast schwindelig wurde. „Du siehst beschissen aus. Lasst uns von hier verschwinden!“

Daniel nickte, aber er konnte keine Erleichterung, keinen Jubel auf dem ausdruckslosen Gesicht sehen. Nichts, man konnte nichts in seinen Augen sehen. Plötzlich, nahe der Panik, schaute Jack auf und sah, wie Gibson ein paar Meter hinter Daniel auf sie zukam. Er stützte Tasha, die etwas zu humpeln schien. Es sah so aus, als ob sie sich ihren Fuß verletzt hätte und sobald sie ihn gesehen hatte, stürzte sie sich auf ihn und fiel triefend in seine Arme. Jack hielt sie verwirrt fest, sein Blick wanderte zwischen Daniel und Gibson hin und her, in der Hoffnung eine Erklärung für all das zu bekommen. „Colonel!“, sagte schließlich Ferretti, als er ebenfalls aus dem Schneesturm auf sie zukam und neben Gibson stehen blieb. Er war genauso von Eis und Schnee überzogen, wie die anderen, doch Jack entging nicht sein düsterer Blick, den er bereits bei Gibson und auch bei Daniel gesehen hatte. „Verdammt, Colonel.“

„Was ist los?“, fragte Jack und schaute zwischen allen Hin und Her. Aber niemand antwortete. Und dann hörte plötzlich sein Herz auf zu schlagen. „Wo ist Carter?“ Seine Worte waren fast abgeschnürt vor Angst.

Lange sagte niemand ein Wort, Tashas Schluchzen an seiner Seite wurde lauter, als Daniel flüsterte: „Sie ist verschwunden.“

Die Welt hörte auf sich zu drehen. Alles um ihn herum begann zu verschwimmen. Alles, was er hören konnte, war das pulsierende Rauschen seines Blutes in seinen Ohren und alles, was er spürte, war ein umgreifender Schmerz, den er nicht ausdrücken konnte.
„Verschwunden?“, flüsterte er. „Wohin verschwunden?“

„Sie ist gefallen“, antwortete Daniel. Sein geisterähnliches Gesicht erschien furchterregend im dunklen Licht des Sturmes. Seine blauen Lippen ließen ihn wie eine Leiche aussehen. „Sie ist fort.“

„Nein.“ Jack schüttelte leugnend seinen Kopf, so als ob nur ein Wort die Macht besäße, die Wahrheit zu verändern. „Nein…“

Teal’cs schwere Hand legte sich auf seine Schulter. „O’Neill“, sagte der Jaffa, seine tiefe Stimme geätzt mit Schmerz. „Wir müssen zum Tor zurückkehren. Diese Menschen hier leiden an der Kälte und der Sturm wird immer stärker.“ Und dann rief Teal’c lauter, sodass ihm alle verstehen konnten: „Hier entlang! Das Stargate ist gleich dort drüben. Ihr seid jetzt in Sicherheit.“

Jack folgte ihm vollkommen taub, er bemerkte noch nicht einmal richtig, wie sich Tasha an ihn klammerte. Sein Kopf wollte einfach nicht die erschütternde Wahrheit akzeptieren. Carter war verschwunden… Verschwunden… Er spürte, wie seine Gefühle, sein Herz zu Stein wurden, sein Körper bewegte sich plump, während sich in ihm drin alles abschaltete. Er spürte die Tränen in seinem Halse, wie sie dort stecken blieben, als er vor Schock hilflos zu zittern begann. Carter war fort. Er hatte sie verloren. Er hatte sich selbst verloren. Er hatte alles verloren. Er hatte einmal zugegeben, dass er lieber sterben würde, als sie zu verlieren. Aber jetzt erst verstand er die Wahrheit. Ohne Carter war er bereits tot.

Er war ein Toter auf zwei Beinen.

Das Tor begann sich zu drehen, blaues Wasser wurde hinaus in den Sturm geschossen und wirbelte den Schnee um sie herum nur noch mehr auf. „Geh“, flüsterte er Tasha zu, als er sie sanft aus seinen Armen drückte.

Sie sah zu ihm auf, ihr Gesicht war zu einer Grimasse verzogen. „Es tut mir leid“, flüsterte sie, aber ihre Worte ergaben für ihn keinen Sinn. Er hatte nur noch einen Gedanken. Carter war verschwunden, alles andere war vollkommen egal.

Seine Stimme war dünn und hölzern, als er sie zum Tor schob. „Geh einfach.“ Er konnte den Schmerz in ihren Augen sehen, aber es bedeutete ihm nichts. Carter war verschwunden. Carter war *verschwunden*. Tief in seinem Herzen spürte er, wie sich dort etwas zusammenbraute, ein Anflug von Trauer und Bestützung. Es war genauso stark, wie der Sturm, der sie umgab. Er zitterte noch immer vor Kälte, Schock und jetzt vor Wut und grausamen Schmerzen.

Irgendwo durch den Schleier seiner Gefühle sah er Daniel, wie er Tasha die Treppen hinauf trieb. Sie schaute noch einmal zu ihm zurück, aber er schenkte ihr keine Aufmerksamkeit. Carter war verschwunden. Gibson und Ferretti waren gleich hinter Tasha und auch sie verschwanden schweigend durch die schimmernde Oberfläche des Tores. Nur Teal’c war noch bei ihm.

Sich umdrehend, starrte Jack hinaus in den Sturm. Nichts war mehr zu erkennen, nur fegender Schnee, als ob er zur Zerstörung von Dämonen den Berg hinunter gepeitscht worden wäre. Aber der starke Sturm fühlte sich schwach und kindisch an im Gegensatz zu den Dämonen, die wütend, außer sich vor dunkler Trauer in seiner Seele tobten.

„O’Neill“, sagte Teal’c. „Wir müssen los.“

Jack schwieg, verzweifelt versuchte er seine Stimme zu finden. „Geh“, flüsterte er. „Ich brauche noch 'ne Minute.“

Er spürte mehr Teal’cs Einverständnis als das er es hörte, aber plötzlich wusste er, dass er allein war. Allein mit dem Sturm. Allein mit dem unermesslichen Gefühl der Trauer und des Verlustes. Wut stieg in ihm auf, Wut auf sich selbst, Wut auf den Sturm, Wut auf die unberechenbaren Götter, die ihm so etwas Lebenswichtiges gestohlen hatten. Das Gefühl war so stark, dass er mitten in den Schnee auf seine Knie fiel. In ihm zerbrach ein Damm, den er nicht mehr zusammenhalten konnte. Und in diesem Moment, in dem Moment der vollkommen Wut und Angst, schrie er ihren Namen hinaus in den Sturm: „CARTER!“

Der Sturm verschluckte seinen Schrei, entriss ihm seinen Mund, sodass er bezweifelte, es überhaupt ausgesprochen zu haben. Sie war verschwunden. Er hatte sie verloren. Er hatte sie so geliebt, so sehr, so sehr… und jetzt war sie verschwunden, einfach weg. Seine Stimme kämpfte erneut gegen den Sturm an, aber jetzt zerbrach sie an seinem Schmerz. „Carter!“

Er schnappte nach Luft und atmete die Eiseskälte ein, die in seinem Halse stecken blieb. Er würgte bis sie als schmerzendes Schluchzen wieder befreit wurde. „Sam!“ Und dann war seine Wut verschwunden. Wie eine Marionette, deren Fäden durchgeschnitten wurden, fiel er mit seinem Körper in den Schnee. „Sam“, schluchzte er hilflos, als er das Eis in seinem Gesicht spürte.
„Oh Gott, nein, nicht Sam. Bitte nicht Sam. Bitte nehmt sie mir nicht weg. Bitte…”

Und hinter ihm schimmerte das Stargate teilnahmslos. Es wartete nur darauf ihn nach Hause zu bringen und ihn für immer von ihr fortzureißen.

weiter: Kapitel 2

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