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Im Bann der Schattenwelt von Nyada

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Dark, dark floods rising
Dark, darkness rising
Come, come your darkness
Rain down your darkness
No matter how your demons, they rise to drive me out
No matter, no matter, no matter how your demons
Try to drive me out, I will not disappear
Look at us and have no fear
Look at me...
I'll be here.
(The Matches – Darkness Rising)


„ Teyla, warten Sie!“ Die Athosianerin hob den Kopf und wandte ihn im Gehen in die Richtung, aus der die vertraute Stimme sie gerufen hatte. Ronon Dex, der hünenhafte Krieger vom Planeten Sateda, bahnte sich seinen Weg durch eine Gruppe Techniker, die mitten im Gang abrupt stehen geblieben waren und eifrig miteinander zu diskutieren angefangen hatten, und kam mit großen Schritten auf sie zu marschiert. Teyla empfing ihren Freund mit einem Lächeln.

„ Wo wollen Sie hin?“, fragte Ronon und schloss mit zwei großen Schritten zu ihr auf, trabte locker neben ihr her.
„ Ich wollte gerade nach Col. Sheppard und Dr. McKay sehen“, antwortete Teyla. „ John schien heute Morgen beim Frühstück nicht gerade begeistert darüber zu sein, dass er das Team begleiten muss, und wenn Sie mich fragen, dann hat sich auch Rodneys Begeisterung in Grenzen gehalten. Haben Sie nicht Lust mich zu begleiten?“
Ronon reckte die Hand in die Höhe und rieb sich verlegen nach einer Ausrede suchend den Nacken, meinte dann zögernd: „ Ach, wissen Sie, Teyla, eigentlich…“
„… eigentlich wollten Sie ja noch mit den neuen Marines trainieren?“, beendete die Athosianerin seinen Satz, hob skeptisch ihre rechte Augenbraue, konnte sich ein Schmunzeln aber nicht verkneifen, als Ronon nickte. „ Es wundert mich, dass John auf eine solch banale Ausrede reingefallen ist.“
„ Das war keine Ausrede“, beteuerte Ronon augenblicklich. „ Ich habe heute Morgen wirklich mit den Marines trainiert!“
Teyla blieb vor dem Transporter stehen und fuhr mit der rechten Hand über das Wandpanel. Zischend glitten die beiden Türhälften auseinander und die beiden Freunde betraten den Transporter. Die Türen schlossen sich, öffneten sich wenige Sekunden später wieder und die Athosianerin und der Sateder fanden sich binnen weniger Augenblicke dank der Antikertransporttechnologie am anderen Ende der Stadt wieder.
„ Und wie lange haben Sie trainiert?“, hakte Teyla nach und richtete ihren Blick ernst auf Ronon. Dieser bannte ihren Blick kurz, wich dann aber aus und gab sich seufzend geschlagen.
„ Eine halbe Stunde“, antwortete er kleinlaut, fügte aber mit erhobenen Zeigefinger hinzu: „ Aber es war wirklich sehr anstrengend.“
„ Für Sie oder für die Marines?“ Als er ihr keine Antwort gab, lachte Teyla und riet ihm: „ Lassen Sie das bloß nicht den Colonel wissen; er wird Ihnen den Kopf abreißen.“
Nun lachte auch Ronon. „ Das soll er erst mal versuchen“, grinste er.

Nach zwei weiteren Transporten waren die beiden Freunde endlich auf der Ebene angelangt, auf der das Wissenschaftsteam um Dr. McKay und Dr. Zelenka die nach dem Abpumpen des Meerwassers freigelegten Labore erforschen sollte. Ronon und Teyla liefen schweigend nebeneinander her, sahen sich um. Es gab nicht viel Neues zu sehen; die Gänge glichen denen der übrigen Stadt und nur die vom Meerwasser dunkel verfärbten Wände verrieten, dass das Wasser hier noch bis vor Kurzem bis unter die hohe Decke gestanden hatte. Teils hatte sich das Wasser noch in kleinen Pfützen gesammelt und ab und zu tropfte es von der Decke und den Wänden. Der modrige Geruch von verfaulenden Wasserpflanzen lag in der Luft.

„ Warum haben Sie Sheppard eigentlich nicht begleitet?“, wollte Ronon plötzlich wissen, als sie um eine Ecke bogen und einen weiteren Gang vor sich fanden. „ Ich habe heute Dr. Sullivan getroffen und sie meinte, dass Sie das heutige Training verschoben haben.“
„ Es…“ Die Athosianerin zögerte kurz. „ Es hat sich niemand anderes gefunden, der auf Torren hätte aufpassen können. Dr. Blake hat sich einen Virus eingefangen und konnte deshalb nicht auf ihn aufpassen, weshalb ich das Treffen mit Dr. Sullivan leider verschieben musste.“
Ronon hörte ihr zu, nickte ab und zu verständig, fragte dann jedoch: „ Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“
„ Was sollte denn nicht mit mir in Ordnung sein?“, fragte Teyla leise zurück und bemühte sich um ein Lächeln.
„ Es ist nur, dass Sie in letzter Zeit etwas angespannt wirken“, erwiderte Ronon.
„ Angespannt?“, wiederholte sie. „ Was meinen Sie damit?“
Der Sateder zuckte mit den Achseln. „ Hören Sie“, meinte er ruhig, „ ich weiß, dass Sie es im Moment nicht leicht haben. Ich kann mir vorstellen, dass es schwer für Sie ist, jetzt, da Kanaan für ein paar Wochen weg ist. Es ist das erste Mal seit Torrens Geburt, nicht wahr?“
„ Ja“, sagte Teyla, „ aber wenn Sie damit andeuten wollen, dass ich es nicht schaffe, dann möchte ich Sie daran erinnern, dass ich mit Torren die ersten beiden Monate allein war.“
„ Das ist nicht dasselbe.“
Teyla seufzte, schloss kurz die Augen, besann sich. „ Was wollen Sie mir damit sagen, Ronon?“, fragte sie ihn.
„ Nun ja…“ Ihr Teammitglied stockte kurz. „ Ich mache mir nur Sorgen. Um Sie und um Torren.“
„ Sie machen sich Sorgen?“ Teyla konnte nicht anders- sie lächelte. Es war selten, dass sich Ronon Dex Sorgen um etwas oder jemanden machte.
Er nickte. „ Wissen Sie…“ Wieder zögerte er kurz, senkte dann aber die Stimme und meinte fast schon flüsternd: „ Ich weiß es.“
Teylas Lächeln gefror und sie musste sich stark zusammennehmen, um nicht allzu ertappt auf ihren Freund zu wirken. Als ihr ihre Gesichtszüge immer mehr entgleisten, zwang sie sich zu einem nervösen Lächeln. „ Ich verstehe nicht, was Sie meinen.“ Nun war sie es, die Ronons Blick auswich; sie senkte den Kopf und ging weiter.
„ Sie müssen sich keine Vorwürfe machen.“ Ronon kam hinter ihr her gelaufen, holte sie schon nach wenigen Sekunden ein. „ Es ist nicht Ihre Schuld.“
„ Wie gesagt…“ Teyla holte tief Luft. „ Ich weiß nicht, wovon Sie reden, Ronon.“
„ Davon, dass dieser Trip nach M3H6671 nicht das ist, wofür es hier alle halten“, brachte es der Sateder auf den Punkt.
Teyla blieb stehen und drehte sich abrupt zu ihrem Begleiter um. Eine Mischung aus Wut und Furcht spiegelte sich in ihrer Mimik wieder und sie sah ihn mit weiten Augen an. „ W…woher…“, war alles, was sie rausbrachte.
„ Er hat’s mir gesagt“, antwortete Ronon.
„ Er hat es Ihnen gesagt?“, hakte Teyla nach und merkte, wie das Band um ihre Kehle immer fester zugeschnürt wurde.
„ Nicht direkt“, revidierte sich Ronon. „ Kanaan meinte vor ein paar Wochen zu mir, dass er sich in Atlantis nicht wohl fühlt und dass er das Gefühl hat, nicht richtig dazu zu gehören. Er hatte Angst, dass Sie ihn möglicherweise vergessen. Als er dann vorletzte Woche nach M3H6671 aufgebrochen ist, konnte ich mir es schon denken.“
Teyla bedeckte ihre Augen mit ihrer Hand und seufzte. „ Oh, nein“, murmelte sie, schüttelte mit dem Kopf. Der Kloß in ihrem Hals wanderte höher und brach als leises, verklemmtes Schluchzen über ihre Lippen. Im nächsten Moment spürte sie Ronons Hand auf ihrer Schulter.
„ Sie sollten das nicht für sich behalten“, riet er ihr. „ Es wird mit der Zeit nur schwerer, nicht leichter. Es gibt ein paar Leute, die sich wirklich Sorgen um Sie machen. Wenigstens dem Team sollten Sie Bescheid geben. McKay wird überrascht sein, aber nichts weiter sagen, aber Sheppard…“
„ W…was ist mit John?“ Teyla traute sich kaum zu fragen.
„ Er war gestern Abend bei mir und wollte wissen, was mit Ihnen los ist“, antwortete Ronon. „ Der Mann ist nicht dumm, Teyla. Er macht sich genauso große Sorgen um Sie wie ich. Als Ihr Freund lege ich es Ihnen ans Herz, es ihm zu sagen. Er ist immerhin Ihr Teamleader…“
„… und wird mich deswegen wieder aus dem Team ausschließen“, unterbrach Teyla ihn. „ Ich bitte Sie, Ronon, Sie kennen John genauso gut wie ich. Was denken Sie, wird er tun, wenn er davon erfährt?“
„ Wenn Sie es ihm nicht aus freien Stücken erzählen und er es aus irgendeinem dummen Zufall erfährt, kann ich mir gut vorstellen, dass er so reagiert, wie Sie es gesagt haben. Aber vergessen Sie nicht, dass er nicht nur Ihr Teamleader ist sondern auch Ihr Freund. Er kennt Sie viel länger als ich und wenn ich Sie wäre, dann würde ich zu ihm gehen und es ihm sagen.“
„ Ich soll also einen meiner besten Freunde mit meinen Problemen belasten, obwohl er selbst im Moment genug mit sich selbst und seinen Pflichten zu tun hat? Das soll ich Ihrer Meinung nach tun? Wirklich?“ Teyla schüttelte mit dem Kopf. „ Das kann ich unmöglich tun und ich werde es auch nicht tun. Mir geht’s gut und ich komme mit allem gut klar. Ich brauche niemanden, der mich bemuttert. Ich werde das schon allein hinkriegen. Und außerdem ist es nicht so, wie Sie’s es da behaupten.“

Die Athosianerin straffte die Schultern und schickte sich an weiterzugehen. Ronon, seinerseits, seufzte nur tief, packte plötzlich nach ihrem Arm und drehte sie zu sich um. „ Sie müssen hier niemanden etwas beweisen, Teyla“, sagte er leise.
Seine Freundin starrte einen Augenblick lang auf seine Hand, mit der er ihren Oberarm umklammert hielt, und sah ihm dann ins Gesicht. „ Das habe ich auch nicht vor. Ich weiß, dass ich niemanden etwas beweisen muss und es wird dazu auch nie kommen. Wirklich, Ronon, ich komme klar. Mir geht es gut und ich habe mich mit Kanaan’s Entscheidung abgefunden.“
„ Wird er Atlantis verlassen?“, fragte Ronon und lockerte seinen Griff so weit, dass sie ihm ihren Arm entziehen konnte, was sie auch sofort tat. Teyla trat einen Schritt von ihm weg, fast so als wollte sie einen Sicherheitsabstand wahren.
„ Wir sind zu der Übereinkunft gekommen, dass wir etwas Zeit für uns brauchen“, antwortete sie. „ Er wird die nächsten Wochen auf M3H6671 verbringen. Was danach kommt, wissen wir noch nicht. Es schwebt ihm im Sinn wieder nach Neu Athos zurückzukehren.“
Ronon nickte. „ Und was wird aus Torren?“, hakte er weiter nach und setzte sich wieder in Bewegung, lief neben seiner athosianischen Freundin her.
„ Kanaan wird auch weiterhin seine Pflichten als Torrens Vater erfüllen“, meinte diese. „ Wir beide sind uns darüber im Klaren, dass es von nun an schwerer werden wird, aber wir wollen für Torren eine Familie sein.“

Just in dem Moment, als sie um eine weitere Ecke bogen, drangen die aufgeregten Stimmen der Wissenschaftsteams an ihre Ohren. Es war nicht mehr weit. Kurz bevor sie zu den anderen stießen, hielt Ronon Teyla noch einmal an und sprach mit leiser Stimme zu ihr: „ Sie wissen, dass Sie immer zu mir oder zu den anderen kommen können. Falls Sie… naja, reden wollen oder so. Oder Hilfe brauchen.“
Teyla neigte ihren Kopf zu einem leichten Nicken. „ Es rührt mich, dass Sie sich so um mich sorgen, aber ich komme schon klar.“ Sich räuspernd meinte sie weiter: „ Wir sollten jetzt mal nach den anderen sehen. Es beunruhigt mich irgendwie, Rodney nicht zu hören.“ Sie ging weiter und Ronon folgte ihr grinsend.

Erschrocken zuckten die beiden zusammen, als der Schrei ertönte, dem Tumult folgte und John Sheppards klare, sehr bestimmte Stimme, die befahl, aus dem Weg zu treten. Teyla und Ronon sahen einander an, ehe sie losliefen.

+++++++++++


Erleuchtet und von einem Dutzend Wand-, Decken- und Bodenleuchten bestrahlt, wirkte der lange, schmale Gang nicht mehr ganz so unheimlich wie auf den ersten Blick. Er schien jetzt sogar etwas breiter und geräumiger zu sein, als John ihn zuerst eingeschätzt hatte. Und im Gegensatz zu seiner ursprünglichen Annahme, der Gang wäre endlos, endete das Ganze nach rund zwanzig, dreißig Metern in einem kleinen, runden, kammerähnlichen Raum, in dem sich momentan die meisten Wissenschaftler aufhielten und an den Konsolen arbeiteten- oder es zumindest versuchten.

So wie auch der ganze Rest des Sektors schienen die zehntausend, sehr feuchten Jahre nicht spurlos an den lantianischen Gerätschaften vorbeigegangen zu sein. Sämtliche Reanimationsmaßnahmen der Wissenschaftler blieben erfolglos… und auch Rodneys eisenharte Faust, die auf eines der Steuerpulte niedersauste, zeigte nicht die vom Kanadier erhoffte Wirkung.

„ Verfluchtes Ding“, schimpfte der Wissenschaftler mit hochrotem Kopf und sichtlich auf Krawall gebürstet. Aus seiner Kehle drang ein Laut, den man als wütendes Schnauben oder als panisches Luftholen interpretieren konnte, und er ballte seine Hand wieder zu einer Faust. „ Ich werde dich…"
„ Nichts werden Sie, Rodney“, ließ John warnend erklingen, als er die Kammer betrat, die einmal als Kontrollzentrum gedient haben musste. „ Nehmen Sie die Hand runter, sonst verletzen Sie sich noch.“
„ Dieses verdammte Ding…“ Wenn auch widerwillig ließ Rodney seine Faust sinken und schnappte nach seinem Tablettlaptop.
„ Ich nehme an, Sie können mir nicht sagen, wie’s vorangeht?“, traute sich John zu fragen und trat an das podiumartige Steuerpult heran.
„ Sie wollen wissen, wie es vorangeht?“, echote der Wissenschaftler und tippte sich mit dem Zeigefinger an die Lippen. „ Hhm, soll ich damit anfangen, dass sämtliche Systeme in diesem Raum in die Tonne zu hauen sind oder damit, dass das hier alles überflüssig ist, was sich eigentlich aus meinem ersten Vorschlag erschließt? Ach, und erwähnte ich, dass ich wegen Ihnen, Colonel Ich-geh-mal-eben-spazieren-und-entdecke-einen-langweiligen-Raum, eine Erkältung der fiesen Sorte bekommen werde? Meine Socken… pitschnass!“
„ Sagen Sie bloß, Sie haben heute ausnahmsweise mal nicht an Ihre Gummistiefel gedacht“, triezte John seinen Freund, der gerade von der kleinen Empore herabstieg und ihn dabei böse anfunkelte.
„ Jetzt werden Sie mal nicht komisch, Mr. Indiana Jones“, zischte Rodney. „ Wegen Ihnen musste ich durch hüfttiefes Wasser waten und beim lieben Gott, ich will nicht wissen, was unterhalb meiner Gürtellinie alles herumgeschwommen ist.“
John verzog das Gesicht. „ Da sind wir schon zu zweit.“

Rodneys aufgesetztes Lachen, welches er dem Soldaten zuwarf, verschwand genauso schnell aus seinem Gesicht wie es aufgetaucht war. „ Jaja, machen Sie sich ruhig lustig über mich, über denjenigen, der sich stundenlang die Finger blutig arbeitet, ohne dafür gelobt zu werden und ohne jeglichen Erfolg zu haben.“
John verdrehte die Augen, kehrte aber schnell wieder zum Ernst zurück. „ Ich nehme an, dass Sie mir damit sagen wollen, dass Sie nichts gefunden haben?“, fragte er ruhig.
„ Ich würde, falls es nicht so wäre, wie Sie sagten, wohl kaum hier stehen und mich mit Ihnen unterhalten, oder?“ Eine leicht aggressive Note lag in der Stimme des Kanadiers, und er schüttelte mit dem Kopf. „ Ich habe es bereits Woolsey gesagt: Nein, ich habe weder etwas gefunden, noch ist es mir oder einem der anderen gelungen die Systeme wieder in Gang zu kriegen. Um es für Sie verständlich auszudrücken, Colonel: Dieser Raum ist absolut tot.“
„ Das erklärt aber kaum, warum diese Spiegel keine Spiegelbilder produzieren“, konterte John gelassen. „ Und kommen Sie mir jetzt nicht damit, dass das damit nichts zu tun hat. Sie können mir nicht weismachen wollen, dass dieser Raum damals für die Antiker nur so etwas wie eine Abstellkammer gewesen ist.“
„ Im Moment sieht es aber gewaltig danach aus“, gab Rodney ihm zu verstehen. „ Glauben Sie mir, wir sind hier jetzt seit fast anderthalb Stunden zugange und bis jetzt hat sich noch nichts getan… außer, dass Dr. Solis einen Stromschlag bekommen hat, weil sie die Stromkreise überlastet hat. Wozu auch immer dieser Raum gut gewesen ist- jetzt funktioniert es nicht mehr.“

Rodney trat wieder auf das Podium und legte seine Hände auf das Steuerpult, woraufhin dieses für wenige Augenblicke aufleuchtete, dann aber mit einem surrenden Ton wieder herunterfuhr. „ Sehen Sie? Nichts. Rein gar nichts.“ Demonstrativ tippte Rodney auf den Steuerkristallen herum, ohne eine Reaktion zu erhalten.
„ Kann es möglicherweise daran liegen, dass dieser Bereich so lange Zeit unter Wasser gelegen hat?“, fragte John.
„ Es liegt nicht nur möglicherweise daran…“ Radek Zelenka, der in der Nähe an einem Wandsteuermodul gearbeitet hatte, gesellte sich zu dem Team, „… es liegt hundertprozentig daran, aber ein gewisser Herr in diesem Raum will das ja nicht wahrhaben.“ Zwei Augenpaare- das des Colonels und des tschechischen Wissenschaftlers- blickten zu Rodney hinauf.
„ Hey“, schnappte dieser, „ ich habe nicht gesagt, dass nicht die Möglichkeit besteht. Ich habe nur auf die Tatsache hingewiesen, dass wir noch nie Probleme mit Konsolen hatten, die ein paar Jahre unter Wasser gelegen haben.“
„ Wir sprechen hier immerhin von zehntausend Jahren, Rodney“, erinnerte Radek ihn. „ Es kann durchaus möglich sein, dass die Gerätschaften im Laufe der Jahre Schäden genommen haben.“
John runzelte die Stirn. „ Das heißt, dass, was auch immer diese Anlage einmal war, sie nicht funktioniert?“
Der tschechische Wissenschaftler zuckte mit den Schultern. „ Es besteht die Möglichkeit, dass das System sehr starke und gravierende Schäden mit sich gezogen hat, aber es kann auch sein, dass es nur ein bisschen… Zeit benötigt, um wieder in Gang zu kommen.“ Radek rückte seine runde Nickelbrille zurecht. „ Also, wenn Sie meine Meinung zu der Sache hören wollen, Colonel, dann bin ich mir zu achtundneunzig Prozent sicher, dass das System noch vollkommen intakt ist und nur ein bisschen Zeit braucht, um… warmzulaufen.“
„ Radek, ich bitte Sie…“ Rodney machte eine abfällige Handbewegung. „ Sie haben doch selbst gesagt, dass das System völlig hinüber ist.“
„ Das war bevor es mir gelang Zugriff auf die Wandsteuerkonsole zu bekommen“, verteidigte sich der Tscheche. „ Wenn Sie mir zugehört hätten und nicht allzu sehr damit beschäftigt gewesen wären, die Konsole zu zerstören, dann hätten Sie das gewusst.“
„ Ich habe Besseres zu tun, als mir jede x-beliebige Theorie anzuhören“, feuerte der Kanadier zurück.

„ Okay, Schluss jetzt! Halten Sie die Klappe! Alle beide!“, fuhr John die beiden an und stellte sich mit erhobenen Händen zwischen die Streithähne. „ Es bringt uns gar nichts, wenn Sie sich jetzt an die Gurgel gehen, also lassen Sie das gefälligst, verstanden?“ Er wartete, bis die beiden Wissenschaftler reumütig nickten, ehe er fortfuhr. „ Gut. Ob das System nun läuft oder nicht, lässt sich sicher irgendwie klären, also wäre ich Ihnen beiden sehr verbunden, wenn Sie jetzt weiterarbeiten würden ohne sich oder andere dabei zu verletzen.“
„ Ja, aber…“, wollte Rodney protestieren, doch John brachte ihn mit einer schnellen Handbewegung gleich wieder zum Schweigen.
„ Nichts ‚aber’, Rodney. Ich weiß, dass das hier nicht das ist, was Sie sich vorgestellt haben, und dass wir unten sicher auch keine weltbewegenden Erfindungen der Antiker finden werden, aber ich will, dass Sie wenigstens so tun, als würde es Sie interessieren, und dass Sie versuchen, dieses Ding- wozu auch immer es einmal gedacht war- zum Laufen zu kriegen.“

Rodney kräuselte eingeschnappt die Lippen, machte sich dann aber mit einem leise gemurmelten ‚Kein Grund gleich so ruppig zu werden’ zurück an die Arbeit, und auch Radek Zelenka wandte sich wieder der offenen Wandkonsole zu und nahm die Arbeit an den freiliegenden Kontrollkristallen wieder auf.
„ Geht doch“, brummte John zufrieden, drehte sich um, um wieder seinen Posten zu beziehen, von wo aus er alles gut beobachten konnte. Die Blicke zweier Wissenschaftler lagen auf ihm. „ Was ist? Noch nie einen aufgebrachten Mann gesehen?“, zischte er die beiden an, die sich daraufhin schnell wegwandten und so taten, als überprüften sie Werte auf den Bildschirmen ihrer Tablettlaptops.

Kopfschüttelnd durchquerte John schnellen Schrittes den Gang, lehnte sich in die offene Tür und richtete den Blick auf die Schar Wissenschaftler, die sich in dem engen, spiegelgesäumten Raum tummelten und sich gegenseitig auf die Füße traten. Er fragte sich ernsthaft, wie er das bis jetzt ausgehalten hatte, ohne sich selbst oder jemand anderes zu verletzen. So langsam glaubte er zu wissen, warum es nicht zu den Lieblingsaufgaben der Marines gehörte ‚Babysitter’ für die Wissenschaftler zu spielen… und warum Major Lorne heute Morgen auf einmal ‚so viel Wichtiges’ zu tun gehabt hatte.
John zog scharf die Luft ein und fischte einen Powerriegel aus seiner Westentasche. Er hatte seit einer gefühlten Ewigkeit nichts Festes mehr zwischen seinen Beißern gehabt und wenn jetzt irgendjemand wagte, ihn während seiner mehr als verdienten Pause zu stören, konnte er nicht garantieren, dass dieser jemand glimpflich davonkam.


Der schrille Schrei ertönte genau in dem Moment, als er die Plastikverpackung halb abgezogen hatte und der Powerriegel schon zur Hälfte in seinem Mund steckte. Lauter Tumult brach aus und die Wissenschaftler ließen von ihren Instrumenten ab und fanden sich zu einer großen Menschentraube zusammen, die sich um eine am Boden kauernde Gestalt sammelte.
Konnte man denn hier noch nicht einmal in Ruhe etwas essen, ohne dass die Schlausten der Schlausten etwas anstellten? Seufzend packte John den Powerriegel wieder ein, richtete sich auf und trat in Autoritätshaltung an die Gruppe heran. Sich einen Weg durch diese Dichte zu bahnen, erwies sich schwerer als angenommen.
„ Treten Sie aus dem Weg, bitte!“, befahl John, ohne wirklich Anklang zu finden. Ein kleiner rundlicher Wissenschaftler aus Deutschland drängelte sich vor ihn und trat ihm auf die Füße, als er versuchte über die Schultern seiner Kollegen hinweg etwas zu sehen.

Mit allergrößter Mühe schaffte es John sich durch die Menge zu quetschen und in das Innere des Kerns vorzust0ßen. Eine der spanischen Wissenschaftlerin, Dr. Carla Solis, kauerte auf dem Boden und starrte mit weiten Augen auf die ihr gegenüberliegende Spiegelwand, wisperte ununterbrochen und mit weinerlicher Stimme: „ Dios mío, quédate a mi lado.”
„ Was ist passiert?“, wollte John von der zierlichen Spanierin wissen, doch die beachtete ihn nicht einmal.
„ Vielleicht hat sie einen Stromschlag bekommen“, mutmaßte Rodney, der sich in diesem Moment zusammen mit Radek Zelenka zu ihnen stieß. Mit verachtender Stimme fügte er hinzu: „ Wäre ja heute nicht das erste Mal.“
„ Sie sind ein richtiger Griesgram, wissen Sie das eigentlich?“ Dr. Juliet Mayfair, eine große, schlanke Brünette, kniete neben Dr. Solis und legte beruhigend einen Arm um sie. „ Die arme Frau hat einen Schock, sehen Sie das denn nicht, Sie Genie?“
John ging nun ebenfalls neben der Wissenschaftlerin auf die Knie. „ Dr. Solis?“ Keine Reaktion. „ Carla, können Sie mich hören?“
„Dios mío, quédate a mi lado”, murmelte sie leise vor sich hin. Ihr Atmen war immer noch beschleunigt, als sie ihre tiefbraunen Augen von dem Spiegel löste und den Soldaten ansah. „ Da…“ Sie deutete mit zitterndem Finger auf den Spiegel. „ Da… war etwas.“ Die Blicke aller Anwesenden richteten sich auf den Wandspiegel.
„ Was war da?“, hakte John nach. „ Was haben Sie gesehen?“
„ I…ich weiß es nicht genau“, antwortete Dr. Solis stotternd. „ E…es sah aus wie ein… Schatten. Erst war da nichts, dann war der Schatten auf einmal da. E…es war… furchterregend. Eine furchtbare Fratze, die mich direkt angesehen hat. Espíritu”, flüsterte sie. „ Wie ein… Geist. Plötzlich war es da, dann war es wieder weg. Ich hatte Angst. So etwas habe ich noch nie gesehen.“

Es wurde ruhig, sodass jeder mitbekam, dass jemand in den Raum gestürzt kam. Als John aufblickte, sah er, wie sich Ronon und Teyla durch die Masse drängten.
„ Was ist passiert? Wir haben einen Schrei gehört“, sagte Ronon und Teyla kniete besorgt neben Dr. Solis nieder, die noch immer am ganzen Leib zitterte und ihren Blick wieder auf den Spiegel gerichtet hatte.
„ Wir sollten sie auf die Krankenstation bringen“, meinte Dr. Mayfair. „ Sie scheint einen gewaltigen Schock erlitten zu haben.“
„ Ja, gut.“ John richtete sich auf, wandte sich an Teyla. „ Können Sie Dr. Mayfair und Dr. Solis begleiten?“
Die Athosianerin nickte. „ Selbstverständlich, Colonel.“ Vorsichtig schlang sie ihre Arme um Dr. Solis’ Taille und half der Physikerin aufzustehen. „ Kommen Sie, Carla, Dr. Mayfair bringen Sie hier weg. Sie müssen nicht länger hierbleiben.“

John wartete, bis die drei Frauen den Raum verlassen hatten, ehe er sich wieder den anderen, noch ziemlich ungläubig dreinblickenden Wissenschaftlern zuwandte. „ Was stehen Sie hier so rum? Ich will wissen, was Dr. Solis gesehen hat! Na los, an die Arbeit!“
Die Gruppe stob auseinander und die restlichen Wissenschaftler machten sich zurück an ihre Arbeit; nur Rodney blieb zurück.
„ Haben Sie mich nicht verstanden?“, sprach John ihn an.
„ Doch, doch, es ist nur…“ Rodney sah sich um und meinte dann kleinlaut: „ Ich wüsste vielleicht, woran es gelegen hat.“
John kniff die Lippen aufeinander. „ Was habe ich Ihnen gesagt? Sie sollten vorsichtig sein“, schimpfte er leise. „ Wir sind hier, um zu erforschen und zu erkunden, und nicht um Leute zu Tode zu erschrecken! Was haben Sie gemacht?“
„ Kein Grund gleich so laut zu werden“, war das Erste, was Rodney rausbrachte. Er verschränkte die Arme vor der Brust. „ Um eins mal klarzustellen: Ich habe überhaupt nichts gemacht. Wenn schon, dann war das unser tschechischer Wandkonsolenpfutzi dahinten.“
„ Der Wandkonsolenpfutzi kann Sie hören, McKay“, rief Zelenka über seine Schulter und warf seinem Kollegen einen bitterbösen Blick zu. „ Und auch wenn Sie es mir anhängen wollen: Ich wars nicht.“
„ Wovon reden Sie beide eigentlich?“, mischte sich Ronon in das Gespräch ein.
„ Zur Hölle, Rodney, drücken Sie sich gefälligst deutlich aus“, befahl John streng. „ Was meinen Sie mit ‚ Ich weiß, woran es gelegen hat’? Spucken Sie’s schon aus oder muss ich Ihnen die Antwort aus der Nase ziehen?“
„ Nun ja…“
„ Rodney!“ John’s Tonlage hob sich und seine Augenbrauen näherten sich gefährlich seinem Haaransatz.
„ Also, ein paar Sekunden bevor das mit Dr. Solis passiert ist“, begann der Kanadier, „ hat es eine Spannungsspitze gegeben, und nein, ich war es nicht und ich weiß auch nicht, warum der Energiewert so plötzlich angestiegen ist.“
„ Von was für einer Sorte Energieanstieg reden wir hier?“, wollte John wissen.
„ Von einer ziemlich hohen“, antwortete Rodney. „ Ich meine, verdammt hoch. So richtig hoch. Verstehen Sie? Nein?“ Er seufzte und fuhr leiser fort: „ Es war ungefähr die gleiche Menge Energie, die bei einer Explosion einer Bombe freigesetzt wird.“
„ Bombe?“, kam es gleichzeitig aus John’s und Ronons Mund.
„ Atombombe, um genau zu sein“, verbesserte Rodney die beiden. „ Ich sagte ja, dass es ziemlich viel Energie war.“
John lachte auf. „ Ziemlich viel Energie, hhm?“ Er packte den Wissenschaftler am Kragen und zog ihn zu sich. „ Herrgott, Rodney, finden Sie gefälligst raus, was das war. Ich habe keine Lust auf eine Wiederholung oder dass uns die Stadt um die Ohren fliegt.“
„ Jaja, ist ja schon gut.“ Rodney hob beschwichtigend die Hände und schlenderte zurück zum Steuerpult. „ Kein Grund…“
„ Arbeiten Sie!“, fiel John ihm zischend ins Wort.

Stöhnend drehte sich der Soldat zu seinem Teammitglied um; Ronon hatte die Arme vor dem Brustkorb verschränkt und sah sich ernst um. „Mir gefällt’s hier nicht“, brummte er. „ Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht.“
John hob träge die Brauen. „ Ach, nein, sagen Sie mir, wie kommen Sie bloß darauf?“ Er lächelte sarkastisch, rieb sich mit den Händen übers Gesicht. „ Wissen Sie, was mein Vater immer zu mir gesagt hat? Ein Tag, der scheiße beginnt, kann nur scheiße enden. Heute ist ein verdammter Scheißtag, Kumpel. Darauf können Sie einen lassen.“ Sich wieder in dem Spiegelraum umsehend, ergänzte er mürrisch: „ Oh, ja, ich sag’s Ihnen, irgendwas kommt noch. Da bin ich mir sicher.“

TBC
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