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[SGA] The core von Ailya

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I will love you and I will honor you
In good times and in bad
‘Til the death do us apart


'Es ist ein Leben und dass ist das Einzige was zählt.' Larrin hatte es mit einer solchen Ernsthaftigkeit gesagt und nun gingen ihre Worte John nicht mehr aus dem Kopf. Sie konnte das doch nicht allen Ernstes als ein ‚Leben’ bezeichnen! Allein der Gedanke war John zuwider und seine Nackenhaare stellten sich auf. Er hatte sie immer für eine intelligente und selbstbewusste Frau gehalten. Und obwohl sie ihn bis an die Grenzen des Erträglichen getrieben hatte, musste er zugeben, dass sie… sehr attraktiv war. Niemals hätte er ihr zugetraut, dass sie so etwas als ein Leben bezeichnete. Wenn er sie betrachtete, bezweifelte er, dass sie glücklich war. Und selbst wenn er mit seiner Annahme Recht hatte, so wusste er doch, dass Larrin ihm das nie zugestehen würde. Dazu war sie zu eitel, arrogant…

Seinen Gedanken nachhängend starrte John auf seine aneinander gefesselten Handgelenke. Man hatte die Fesseln nicht gegen andere ausgewechselt; noch immer schnitt sich das raue Seil bei jeder unüberlegten Bewegung in sein Fleisch. Es hatte wieder angefangen zu bluten, das vernarbte Gewebe, das ihm wenigstens etwas Erleichterung verschafft hatte, war abgeschabt und zurückgeblieben waren offene Stellen, die wie Feuer brannten. Doch John war an Schlimmeres gewöhnt und es gelang ihm die Schmerzen weitgehend zu ignorieren. Es war ihm unangenehm, mehr aber auch nicht. Er fragte sich nur, warum sie das für nötig hielten. Nachdem, was Larrin ihm offenbart hatte, würden sie ihn nach einer kurzen Weile finden. Und runter von diesem Schiff würde er eh nicht kommen…
Bei dem Gedanken, dass da etwas in ihm war, was da nicht hin gehörte, wurde John übel und er musste die Zähne zusammenbeißen, um er säuerlichen Masse, die in seiner Kehle aufstieg, keinen Raum zu geben. Sein Atem beschleunigte sich, als er sich an Larrins warnende Worte zurückerinnerte: 'An Ihrer Stelle würde ich nicht versuchen den Peilsender zu entfernen.' Was hatte sie damit gemeint? Würde das Ding explodieren, wenn man versuchte es zu entfernen? Würde es ein Gift ausstoßen, das seinen Körper binnen Sekunden durchzogen hatte?
'Du siehst zu viele Science Fiction- Filme, Sheppard', mahnte John sich selber und schüttelte mit dem Kopf… aber das ungute Gefühl blieb. Er hatte Larrin fragen wollen, doch irgendetwas hatte ihn daran gehindert. War es sein Stolz gewesen oder doch eher das süffisante Grinsen auf Larrins Lippen, als sie ihn allein gelassen hatte? John wusste es nicht.

Frustriert und mit einem leichten Pochen in seinem Kopf, das sich im Laufe der Stunden über die ganze Schädeldecke ziehen und zu starken, unerträglichen Kopfschmerzen ausarten würde, trottete John durch die Korridore. Einer von Larrins Männern folgte ihm wie ein Schatten und scheuchte ihn mit vorgehaltener Waffe vor sich her. John spürte den Waffenlauf gegen seine Wirbelsäule drücken, doch aus irgendeinem Grund zweifelte er, dass man ihn umbringen würde. Der seltsame Ausdruck in Larrins blassem Gesicht hatte ihre Absichten verraten. Nein, sie wollte nicht, dass man ihn umbrachte. Während seiner militärischen Ausbildung hatte John gelernt in den Gesichtern der Menschen zu lesen und ihre Absichten zu erkennen: Larrin wollte etwas von ihm- möglicherweise waren es Informationen oder sie wollte sich einfach an ihm rächen. Beides war möglich und so wusste John, dass sie ihn nicht töten wollte. Zumindest nicht jetzt, vielleicht aber später…
Aus Erfahrung konnte er berichten, dass sie ihm Gegensatz zu Baku eine fast schon unmenschliche Geduld an den Tag gelegt hatte. Sie konnte warten, sogar wenn das bedeutete, dass Monate vergingen. Sie schien mit ihrer Art zu foltern. In Afghanistan hatten ein paar Taliban auf Zeit gespielt- John erinnerte sich nicht an die körperlichen Misshandlungen, die ihm widerfahren waren, sondern daran, dass sich die Zeit lang gezogen hatte. Es war schrecklich gewesen! Diese Art von Folter war schlimm, vielleicht sogar noch schlimmer als Schläge…

„ Los, weiter!“, brummte der Mann hinter ihm plötzlich und rammte seine Waffe in Johns Rücken. Dem Soldaten war gar nicht aufgefallen, dass er langsamer geworden war. Er wandte sich zu seinem Begleiter um, verkniff sich aber einen frechen Kommentar und zog widerwillig das Tempo an. Wohin man ihn brachte wusste er nicht. Sie waren schon lange unterwegs und er hatte mehrere Trupps gesehen- manche sicherten die Korridore, andere wiederum hatten Besatzungsmitglieder vor sich her getrieben. Es waren nur ein paar flüchtige Augenblicke gewesen, aber John glaubte Mike Branton und Elizabeth erkannt zu haben. Ihre Blicke trafen einander und John entdeckte unbeantwortete Fragen in Elizabeths grünen Augen liegen. Sie erwiderte seinen Blick ein letztes Mal, ehe man sie zusammen mit den anderen weitertrieb. '
'Wohin man sie wohl brachte?'
Diese Leute waren Larrin nicht wichtig und diese Gewissheit machte John schwer zu schaffen. Würde sie die anderen am Leben lassen oder würde sie sie wegwerfen, wie etwas, was man nicht mehr brauchte? Sie wollte nur ihn… und nicht die anderen. Rodney hatte sie wegbringen lassen. Sie hatte nur mit ihm geredet.
Andererseits rechnete John ihr zu, dass sie mit seiner Sorge zu spielen wusste. Sie würde die anderen vorerst am Leben lassen… so lange, wie er kooperierte. Dann allerdings…
John schüttelte mit dem Kopf, in der Hoffnung diese Gedanken so loszuwerden. Er durfte und wollte nicht darüber nachdenken, doch es war ihm unmöglich es nicht zu tun. Was wenn die Leben der anderen wirklich von ihm abhingen? Was wenn Larrin Elizabeth umbringen ließ, falls er nicht kooperierte? Oder Rodney? Ronon? Oder Teyla…
Ja, das war mit Sicherheit Larrins Plan: Sie wollte Informationen von ihm und wusste auch, was für Mittel sie einzusetzen hatte. Seine Freunde im Stich zu lassen- das war das Schlimmste, was John sich vorstellen konnte… und Larrin wusste das.

Wütend auf Larrin und wütend auf sich selbst, passierte John einen Korridor nach dem anderen. Seine Füße wurden langsam taub und die Kopfschmerzen breiteten sich in seinem ganzen Kopf auf. Seine Augen wurden schwer, doch sie wollten nicht zufallen. Wahrscheinlich war es keine gute Idee ausgerechnet jetzt einzuschlafen oder überhaupt daran zu denken…
„ Stehenbleiben“, verlangte der Mann hinter ihm und packte nach Johns Arm, als dieser seinem Befehl nicht sofort nachkam.
„ Kein Grund gleich so unhöflich zu werden“, schnauzte John. Sie waren vor einer Tür stehengeblieben, die von zwei ebenso furchteinflößenden Männern bewacht wurden. Sie sahen aus wie zwei Türsteher, die gackernde, minderjährige Teenager daran hindern wollten, in den angesagtesten Club der Stadt zu kommen. Nur das es diesmal keine Clubtür war sondern der Eingang zu einem Lagerraum, den sie letzten Monat entdeckt hatten. Soweit John sich erinnern konnte, war er leer, nur ein paar leere Kisten standen herum und eine rostige Lampe hing an der Decke. Rodney hatte einen Flunsch gezogen, als man ihm versichert hatte, dass es darin keine großartigen Instrumente der Antiker gab, die seiner Meinung bedurften.
„ Aufmachen“, befahl Johns Begleiter den beiden Wacheschiebenden, worauf einer seinen langen Arm ausstreckte und über das Wandpanel fuhr, das den Öffnungsmechanismus steuerte. Die Tür öffnete sich… und das Erste, was John sah, war ein sichtlich überraschter Rodney McKay, der anscheinend gerade dabei gewesen war, die Tür manuell zu öffnen. Erschrocken ließ der Kanadier von seinem Versuch ab und sah ihn mit herunterklappender Kinnlade an. „ John?!“
„ Wen haben Sie denn erwartet?“, gab der Soldat zurück und stolperte vor die Füße seines Freundes, als er ungnädig in den Raum gestoßen wurde. Fluchend wandte er sich um, doch die beiden Türhälften hatten einander schon wieder gefunden. „ Das war’s dann mit unserer Pokerrunde“, fauchte John erbost und donnerte mit seinen aneinander gefesselten Fäusten gegen die geschlossene Tür.
„ Geht’s Ihnen gut?“ Rodney stand noch immer wie vom Donner gerührt da und machte erst Anstalten sich zu bewegen, als John ihm seine gefesselten Hände hinhielt. Etwas ungeschickt löste der Wissenschaftler die Fesseln und John atmete erleichtert auf, als er seine Hände endlich wieder bewegen konnte.
„ Jaja, mir geht’s gut“, erwiderte der Soldat, starrte dann aber auf seine blutenden Handgelenke. Bis auf das…
„ Lassen Sie mich das mal ansehen.“ Carson Beckett erschien hinter Rodney und griff nach seinen Handgelenken, um sie sich anzusehen.
„ Doc?“ John spähte an den beiden vorbei. Sie waren nicht allein. In dem schummerigen Licht sah er eine kleine Gruppe von Leuten zusammensitzen- drei Marines standen abseits der Gruppe, strafften ihre Schultern und spannten ihre Körper an, als sie ihn entdeckten. Er nickte ihnen kurz zu, signalisierte ihnen, dass er ihre Respekterbietung bemerkt und akzeptiert hatte.

„ Das sieht ziemlich übel aus, mein Lieber“, meinte Carson und fügte stirnrunzelnd hinzu. „ Ich wünschte ich hätte Verbandszeug hier und könnte…“
„ Es wird schon gehen, Doc“, wehrte John ab und setzte einen ernsten Gesichtsausdruck auf. „ Was hat man mit…“
„ John?“ Er wandte sich halb um und sah Teyla auf sich zukommen; ihr linker Arm lag in einer behelfsmäßigen Schlinge und ein feines Rinnsal Blut lief über ihre Wange. Sie wirkte erschöpft und ihre braunen Augen schimmerten schläfrig. Mit einem erleichtern Seufzer trat John auf sie zu und sie schloss ihn mit ihrem rechten Arm in eine Umarmung.
„ Sag’ mir bitte, dass es dir gut geht“, wisperte er ihr ins Ohr. Er legte einen Arm um ihre Schulter und zog sie vorsichtig zu sich. Mit wachsamem Auge achtete er darauf ihren verletzten Arm nicht zu sehr zu belasten.
„ Es geht mir gut“, antwortete Teyla. „ Nichts, was nicht wieder verheilen wird. Alles ist in Ordnung.“
„ Und dem Baby?“ John löste sich aus der Umarmung und legte eine Hand auf ihren Bauch und die andere auf ihre Schulter.
„ Uns beiden geht es gut.“ Teyla betrachtete seine Handgelenke mit sorgenvollem Blick. „ Im Gegensatz zu dir, wie mir scheint. Was haben sie mit dir gemacht?“
John lächelte. „ Nichts, was nicht wieder verheilen wird.“ Er umarmte sie erneut und küsste sie auf die Stirn. „ Ich hab’ mir Sorgen um euch beide gemacht.“
„ Ich will diese durchaus romantische Szene nicht unterbrechen“, mischte sich Rodney von hinten ein und reckte seinen Zeigefinger in die Höhe wie ein kleiner Schuljunge, der sicher gehen wollte, dass man ihn auch ja nicht übersah, „ aber unser Plan… schon vergessen? Wir wollten hier raus.“
John drehte sich zu ihm um. „ Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass Sie weit kommen werden, oder?“ Er deutete auf die Tür. „ Und ich muss Sie wohl nicht daran erinnern, dass da draußen zwei Typen auf Sie warten werden, gegen die noch nicht mal Ronon was ausrichten könnte.“ Er wollte den Plan des Kanadiers nicht schlechtmachen- nein, das wollte er nicht. Er konnte sich auch etwas Besseres vorstellen, als in einem dunklen und zudem noch völlig unterkühlten Lagerraum zu sitzen. Doch allein der Gedanke, sich Larrins Männern zu stellen, war irrsinnig…

„ Und auch wenn ich Mr. Arnold Schwarzenegger persönlich wäre… es gibt trotzdem noch ein Problem“, sagte Rodney in einem Atemzug. „ Nicht nur, dass da draußen zwei Gorillas auf uns warten…“
„ Sie sagten, Sie könnten uns hier raus holen“, erinnerte Teyla ihn mit sanfter Stimme.
„ Ich sagte es, ja.“ Rodney nickte. „ Und ich hätte es auch getan, aber… Hören Sie zu; wer auch immer diese Leute sind, Sie verstehen anscheinend genug von der Antikertechnologie, damit sie die Hauptsysteme umgehen können. Ich weiß nicht, wie sie das gemacht haben, aber sie haben es gemacht.“
Carson schüttelte verwirrt mit dem Kopf. „ Und was soll das jetzt bitteschön heißen? Drücken Sie sich vernünftig aus, Rodney.“
„ Einfach ausgedrückt heißt das, dass ich die Tür nicht öffnen kann“, gab ihm der Kanadier zur Antwort. „ Kompliziert ausgedrückt…“
„ Uns interessiert Ihr wissenschaftliches Geschwafel nicht“, fuhr John dazwischen. „ Sagen Sie uns lieber, warum Sie die Tür nicht aufkriegen.“
„ Hat er das nicht gerade getan, Sheppard?“, ertönte da eine Stimme hinter ihm. „ Also ich finde seine Antwort sehr zufrieden stellend.“

'Larrin'. John drehte sich zu ihr um und lächelte bittersüß. „ Womit habe ich es verdient, dass Sie mich besuchen?“, fauchte er sie an und merkte, wie er alles um sich herum vergaß und sich nur auf sie konzentrierte. Larrin stand, flankiert von zwei ihrer Männer, in der offenen Tür, hatte sie Hände in die Hüften gestemmt und funkelte ihn an. Missgunst war ihr ins Gesicht geschrieben, doch ihr Mund hatte sie zu einer amüsierten Grimasse verzogen.
„ Ich kann einfach nicht lang allein sein“, antwortete sie ihm und warf ihre blonden Locken zurück. Sie machte einen Schritt nach vorne und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Elegant und siegessicher schritt sie dahin, musterte jeden und drehte sich schließlich mit einem verachtenden Schnauben zu ihm um. Einen Moment lang stand sie einfach nur da und durchbohrte ihn mit ihrem intensiven Blick, doch dann trat sie auf ihn zu und legte ihren Kopf schief. Ihre roten Augen blinzelten unter ihren schmalen Augenbrauen hervor und blitzten wie zwei perfekt geschliffene Rubine. „ Sie haben mir gefehlt, Sheppard.“
„ Was wollen Sie?“, fragte er sie trocken und ohne jeden Ausdruck in seinem Gesicht. Er versuchte ihrem Blick standzuhalten, doch es wurde von Sekunde zu Sekunde schwerer und das schien Larrin zu wissen. Sie lächelte boshaft; es gefiel ihr, ihn so zu sehen- wie er versuchte ihr zu widerstehen und wie er daran scheiterte.
„ Ich will mit Ihnen reden“, antwortete sie, quälte ihn noch weiter mit ihrem stechenden Blick und ließ ihn dann los. „ Doch vielleicht sollte ich lieber mit Ihrem Freund reden.“ Sie ließ von ihm ab und trat vor Rodney, der zusammenschreckte und sie furchterfüllt ansah. „ Dr. McKay…“- Sie zog seinen Namen künstlich in die Länge-„… Sie glauben ja gar nicht, wie viel ich schon über Sie und über Ihre Arbeit gehört habe.“
Rodney erwiderte ihr nichts, sondern schluckte nur. Mit geweiteten Augen stand er da.
„ Sie sollen ein brillanter Wissenschaftler sein“, fuhr Larrin fort und setzte ein gewinnbringendes, vielmehr einschmeichelndes Lächeln auf. „ So habe ich es zumindest gehört.“ Anmutig setzte sie einen Fuß vor den anderen, bis sie schließlich direkt vor ihm stand und ihm ihren kalten Atem mitten ins Gesicht blies; Rodney zuckte zusammen. „ Es überrascht mich nicht, dass Sie versucht haben, einen Weg zu finden, Ihre Leute hier raus zu holen. Doch leider wird es Ihnen nicht gelingen.“ Sie schnippte mit ihren Fingern gegen sein Kinn.
„ Was beabsichtigen Sie damit?“ Johns Stimme sprudelte beinahe über vor Ernst. Angestrengt starrte er sie an und versuchte in ihrem blassen Gesicht zu lesen, doch selbst ein Stein zeigte mehr Regungen als sie es in diesem Moment tat; sie erwiderte seinen Blick, aber das Feuer war aus ihren Augen verschwunden. Ihre Augen wirkten nun nicht mehr wie zwei glänzende Edelsteine sondern wie farblose Gesteinsbrocken. Das Lächeln auf ihren Lippen war eingefroren und sie schien in Gedanken versunken zu sein, als sie von Rodney abließ, worauf dieser einen Seufzer der Erleichterung ausstie߅

Larrin schritt vor ihnen auf und ab, die Hände hinter ihrem Rücken verschränkt und wurde aufmerksam von ihren beiden Gefolgsleuten beobachtet. Sie ging ihre Taktiken durch, ihre Möglichkeiten… oder sie dachte nur darüber nach, wie sie ihm das Leben zur Hölle machen konnte- da war sich John ganz sicher.
Er zuckte nicht einmal mit der Wimper, als sie binnen eines Herzschlags vor ihm erschien. Ihre Gesichter waren nicht einmal einen Zentimeter voneinander entfernt und er spürte ihren kalten Atem über seine warmen Lippen kitzeln. Sein Blick traf den ihren und zum ersten Mal verspürte er eine Art… Selbstsicherheit.
„ Nennen Sie mir nur einen Grund, warum ich Sie nicht auf der Stelle töten soll“, zischelte Larrin.
„ Ich habe nur eine Frage gestellt“, erwiderte John, „ und das ist kein Grund jemanden umzubringen. Aber ich weiß ja nicht, wie man das bei Ihnen sieht.“
„ Wollen Sie es darauf ankommen lassen?“, fragte sie.
„ Ich habe schon immer das Risiko geliebt“, antwortete er.
Das Leben kehrte in Larrins Gesicht zurück. „ Sie sind mutig“, sagte sie und lächelte, „ das muss ich Ihnen lassen, Sheppard.“ Sie trat einen Schritt zurück und ihr Blick wanderte erst über seine Schulter und dann wieder zu ihm… und plötzlich war Johns Selbstsicherheit verflogen. Larrins Lächeln war erfüllt von Bosheit; er hätte damit rechnen müssen. „ Nur sollten Sie Ihre Zunge vielleicht beim nächsten Mal zügeln.“ Sie packte ihn grob an seiner Schulter und schob ihn beiseite, fokussierte Teyla mit ihrem eiskalten Blick. Die Athosianerin wich zurück.
Larrin legte ihren Kopf schief. „ Sie scheinen ihm etwas zu bedeuten“, sagte sie und musterte Teylas Hand, die schützend über ihrem Bauch lag. „ Sie tragen sein Kind unter Ihrem Herzen.“
„ Denken Sie nicht mal dran.“ John machte einen Satz und stellte sich zwischen die beiden Frauen. „ Sie wollen mich, dann lassen Sie sie in Frieden.“
Larrin lächelte. „ Diese Frau scheint Ihnen wirklich viel zu bedeuten, Sheppard.“
„ Ich werde nicht zulassen, dass Sie ihr was tun“, presste John mühsam hervor und starrte Larrin finster an. Er ballte seine Hände zu Fäusten und schob sein Kinn vor. Seine Schultern begannen vor unterdrückter Wut zu zittern und seine fest aufeinander gepressten Kieferknochen schmerzten. Ein ihm unbekanntes Gefühl brach über ihn herein wie eine Welle und er verspürte auf einmal den Drang sich notfalls allein mit Larrin und ihren Männern anzulegen. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass man Teyla und ihrem ungeborenen Kind etwas antat- nicht, wenn er das verhindern konnte.

Larrin schien seine Nervosität und die Wut, die in ihm wütete, förmlich zu riechen. Einen Augenblick lang schien sie es zu genießen, doch dann schnaubte sie verachtend und bleckte ihre perfekten, perlweißen Zähne. Ein warnendes Knurren drang tief aus ihrem Brustkorb. Sie senkte ihren Kopf, leicht, sodass ihr ihre wilden Locken ins Gesicht fielen. Ihre Nasenflügel zitterten und ihre Augen blitzten gefährlich, als sie ihren Kopf wieder anhob. Noch nie zuvor hatte so viel Verachtung in ihrem Blick gelegen, wie in diesem Moment.
John erwartete, dass sie sich auf ihn stürzen würde und wenn er ehrlich sein sollte, hätte er nichts dagegen gehabt. Doch Larrin drehte sich in einer langsamen Bewegung zu ihren Männern um. „ Nimmt sie mit“, zischelte sie begleitet von einem Fauchen. Die beiden Männer strebten in Teylas Richtung wie zwei Roboter und versuchten die Athosianerin, die erschrocken zurückwich, mit ihren Muskel bepackten Armen zu packen.
„ Nein.“ Teyla versuchte verzweifelt ihnen auszuweichen. Sie wollte sich wehren, doch sie war sich gewahr, dass sie das in ihrem augenblicklichen Zustand nicht konnte.

Mit einer Schnelligkeit, die er nach Monaten auf diesem Schiff nicht von sich erwartet hatte, stürzte sich John auf einen der Männer. Er rechnete sich keine sonderlichen Chancen gegen diesen Koloss zu, aber er konnte einfach nicht tatenlos zusehen. Als er in Teylas ängstliche braune Augen sah, brausten die Wut und der Hass in ihm auf, sprengten die Fesseln, mit denen er versucht hatte, sie zu bändigen. Für die Beobachter mussten seine Bewegungen sicher ungelenk aussehen, doch das war ihm egal. Sein Fuß schnellte in die Kniekehlen seines Rivalen, der daraufhin zu Boden ging. John ballte seine Hand zu einer Faust, packte den Mann am Kragen seines schwarzen Mantels und holte aus.
„ John!“, schrie Teyla mit vor Panik weit aufgerissenen Augen. Er wandte seinen Kopf und sah den anderen Mann, gerade als dieser ihn packte und von seinem Kameraden wegriss. Seine Schulter knackste, als er auf dem harten Boden aufschlug. John stöhnte auf, rollte sich auf den Bauch und stemmte sich vom kalten Boden ab. Seine Lippe war aufgeplatzt und er schmeckte Blut in seinem Mund. Ein, zwei Schritte nach hinten taumelnd fuhr er sich mit dem Handrücken über den Mund, spukte den Rest des Blutes aus. Abwesend wischte er das Blut an seiner Hose ab. Er hob seinen Kopf an und sah, wie Larrins Männer Teyla packten und ihre muskulösen Arme fest um ihren Körper schlangen. Teyla rammte einem ihren Ellenbogen in die Rippen und schlug ihm, als er nach Luft schnappend zusammensackte, mit der Faust ins Gesicht. Er taumelte zurück, doch der andere packte sie noch fester, zog ihren verletzten Arm aus der Schlinge und winkelte ihn leicht an…

Die Athosianerin schrie auf und ging in die Knie. Ihr gepeinigtes Aufjaulen dröhnte in Johns Ohren und mit einem wütenden Schnauben ging er auf den Mann los, trat nach ihm und hub ihm in die Seite. Sein Gegner ließ Teyla los und stolperte auf ihn zu. Er warf einen kurzen Blick auf seinen immer noch am Boden liegenden Kameraden, ehe er sich mit einem Knurren auf John stürzte. Reflexartig wich dieser ihm aus.
„ Na, kommen Sie schon“, forderte der Mann ihn auf. Ein hässliches Grinsen verzerrte seine Gesichtszüge. „Wehren Sie sich!“ Er machte einen gewaltigen Satz nach vorne und John konnte gar nicht so schnell reagieren, wie er an den Schultern gepackt und zu Boden geschleudert wurde. Sein Kopf schlug auf dem harten Boden unter ihm auf und der Schmerz, der durch seinen Körper jagte, raubte ihm für einen kurzen Moment die Sinne. Aus dem Knurren seines Gegners wurde ein dumpfes Rauschen.
John riss die Augen auf, um die Kontrolle über seinen Körper zu behalten, doch es war zweifellos ein unmögliches Unterfangen. Seine Kieferknochen mahlten aufeinander und seine Muskeln spannten sich an. Am Rande nahm er Larrin war, die ihren Blick wohlwollend auf seinen Gegner gerichtet hatte. Als er sich mit seinem massigen Körper auf ihn warf und John unter Schmerzen aufschrie, lächelte sie zufrieden.
'Verdammtes Miststück', war alles was John einfiel, ehe die Bewusstlosigkeit wie ein ungezähmtes Tier durch seinen Körper wütete. Mit all seinen Kräften wehrte er sich dagegen, keuchte angestrengt. Der Mann saß schwer auf ihm und seine harten Fäuste prügelten erbarmungslos auf ihn ein. Das Klingeln in Johns Ohren wurde immer lauter; die aufgeregten Rufe der Marines und das kehlige Schreien Teylas wurden immer leiser, verstummten schließlich. Johns Welt versank in Stille…

Nach Atem ringend lag der Soldat auf dem kalten Boden, fühlte sein eigenes Herz gegen seinen Brustkorb trommeln. Die Fausthiebe hatten aufgehört, der Mann hatte ihm am Kragen gepackt und hochgezogen. John konnte nicht allein stehen, seine Beine bogen sich durch und er sackte zusammen… wurde aber gleich darauf wieder hochgezogen. Zwei vor Wut blitzende, rote Augen sahen ihn an. Diese Nasenflügel seines Gegners bebten und er schnaufte unkontrolliert. Seine Lippen bewegten sich, wahrscheinlich schrie er auf ihn ein, doch John konnte ihn nicht hören. Vielleicht war es besser so…
Ein Schleier legte sich vor seine Augen, nahm ihm die Sicht. Ein stechendes Gefühl zog sich durch seinen Körper und es brauchte einige Augenblicke, ehe er den metallenen Gegenstand bemerkte, der in seiner Seite steckte. Johns haselnussfarbene Augen weiteten sich zum wiederholten Male und wie im Trance schloss sich seine Hand um den Griff des Messers; seine Finger färbten sich binnen weniger Sekunden blutrot.
Tränen strömten in seine Augen, ließen seine Sicht noch mehr verwischen, doch es blieb ihm genug, um zu sehen, dass ein geradezu animalischer Ausdruck das Gesicht des noch immer auf ihm hockenden Mannes verzog. Etwas Schwarzes legte sich vor seine Augen und er fletschte die Zähne. Seine Hände legten sich wie ein Schraubstock um Johns Hals und drückten zu. Widerwillig löste John die Hände vom Schaft des Messers, das sich unaufhörlich tiefer in sein Fleisch bohrte, und versuchte sich zu befreien- scheiterte jedoch.
Er wollte nach Luft schnappen, doch der Daumen seines Rivalen war auf seinen Kehlkopf gepresst; die restlichen Finger umschlossen seine Luftröhre und hinderten den lebensnotwendigen Sauerstoff daran, seine Lungen zu durchfluten.
In seiner Brust pumpte und schlug sein Herz verzweifelt und sein Puls raste. Das Blut kochte in seinen Adern, Schweiß trat ihm auf die Stirn…

Bevor sein Körper unter dem enormen Druck endgültig kollabierte und das Gefühl der Bewusstlosigkeit wie eine Welle über ihn hereinbrach, nahm John verschwommen war, wie sich die Marines auf den zweiten Mann stürzten, der es zurück auf die Beine geschafft hatte. Mit geschickten Handgriffen schaltete er sie alle drei aus und schleuderte sie zu Boden, wo sie regungslos liegen blieben. Mit der flachen Hand schlug er Carson ins Gesicht, stieß Rodney ungnädig um und packte mit seinen prankenartigen Händen nach Teylas Arm, zog sie grob zu sich. Seine Handinnenfläche klatschte gegen ihre Wange, als sie sich gegen ihn wehrte, und hinterließ dort einen krebsroten Abdruck.
Sollte es das gewesen sein? Die Ohnmacht gewann die Oberhand und John rutschte in einen leeren, schwarzen Raum… doch die Frage blieb. Er war an der Grenze jedes Empfindens angelangt, schwebte durch das Nichts und dennoch fühlte er, dass es noch nicht zu Ende war…

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'... Sollte er sich fürchten? Jetzt, da er dem Tod ins Angesicht sah… sollte er sich fürchten? Er erinnerte sich daran, wie man ihm als kleinem Jungen hatte weismachen wollen, dass er sich vor dem Tod nicht zu fürchten brauchte. Es sei etwas ganz Natürliches, dass Menschen irgendwann einmal starben, sie waren nicht für die Ewigkeit gemacht. ‚Hätte Gott gewollt, dass sie immerdar auf der Erde lebten, so hätte er sie unsterblich gemacht’- das waren die Worte seiner Großmutter gewesen. Damit hatte er sich abgefunden und seit diesem Tag hatte er sich nicht mehr vor dem Tod gefürchtet.
Es hatte jedoch Situationen gegeben, in denen er sich gefragt hatte, ob es das nun gewesen sein sollte. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es vorbei sein sollte. Der Einsatz über Antarctica… als er allein und schwer verletzt in dem Cockpit seiner F302 gesessen hatte- das war so ein Moment gewesen. Die eisigen arktischen Winde, das zersplitterte Glas, das in seinem Körper steckte, die unerträglichen Schmerzen- ja, er hatte wirklich gedacht es sei vorbei. Noch nie hatte er sich so viele Gedanken um den Tod gemacht. Ihm war klar, dass er immer wenn er durch das Gate trat ein Risiko einging, doch daran dachte er nicht. Er dachte nur daran, sein Land und seine Kameraden zu beschützen, egal was es ihn kosten würde…

Unter allergrößter Anstrengung und unbeschreiblichen Schmerzen schaffte er es seinen Kopf zu heben und seinem Feind ins Gesicht zu blicken… oder vielmehr in den metallenen Lauf seiner Waffe. Es war vorbei- er wusste es. Ein letztes Mal sammelte er seine ihm verbliebenen Kräfte und sah zu John herüber; der Blick seiner blutunterlaufenen Augen traf den des dunkelhaarigen Soldaten. Waren es Tränen der Verzweifelung, die da in den haselnussfarbenen Augen des Soldaten standen oder war es der Regen, der ihm über die Wangen strömte? Das blanke Entsetzen war in Johns Gesicht geschrieben und er schüttelte nur mit dem Kopf. Seine triefnassen Lippen formten etwas, was er als ein schwaches ‚Tut mir leid’ interpretierte…
‚ Mir tut es auch leid’, erwiderte Cameron seinem Kameraden im Geiste und holte ein letztes Mal Luft, hörte das Entsichern der Waffe und spürte den kalten Lauf an seiner regennassen Stirn. Er schloss seine Augen. ‚Es tut mir auch leid’, dachte er, als sich donnernd ein Schuss löste und sich die Kugel durch seinen Körper fraß. Es tat ihm leid, dass er alle so enttäuscht hatte… '


Er öffnete die Augen.
Stille.
Alles einvernehmende Stille. Da war nur ein dumpfes Geräusch; das Geräusch seines schlagenden Herzens in seiner Brust. Und ein Rauschen; das Blut rauschte durch seinen Körper. Und ein penetrantes Klingeln in seinen Ohren; es nervte ihn, doch er konnte nichts dagegen unternehmen.
Er konnte sich nicht bewegen. Er wollte es, er versuchte es, doch sein Körper gehorchte ihm nicht, der Befehl kam nicht an. Er verharrte still und lauschte weiter dem Geräusch seines Herzens, dem Rauschen seines Blutes und dem Klingeln in seinen Ohren. Das alles machte ihn wahnsinnig, doch er konnte dem nicht entfliehen. Er schien ein Gefangener in seinem eigenen Körper zu sein; klammerte sich an die Gitterstäbe seines Gefängnisses und starrte hinaus in die Freiheit. Sein Ich schien in den letzten Winkel seines Körpers zurückgedrängt worden zu sein und ihm war klar, dass er sich aus eigener Kraft nicht daraus befreien konnte…

Cameron Mitchell schloss seine Augen und öffnete sie kurz darauf wieder. Er starrte gegen die dunkle Decke, die sich über ihm erstreckte. Dieses triste Grau und das eintönige Muster konnten einem nur Angst machen und zuerst hatte auch er sich davor gefürchtet, doch jetzt war es nur noch ein notwendiges Übel, dass es zu ertragen galt. Eigentlich war es nicht so schlimm- am Anfang war schlimmer gewesen, doch wenn er jetzt darüber nachdachte war es recht interessant dem eingearbeiteten Linien zu folgen, bis sie sich in dem Grau verliefen. Es waren Schlangenlinien… aber manchmal erkannte er auch ein paar gerade Linien und ein paar gezackte. Vielleicht war es ja doch nicht so eintönig, wie er zuerst angenommen hatte…

Ein resigniertes Seufzen rutschte über seine Lippen; es war heiser und klang irgendwie krächzend und erstickt. Sein Mundraum war trocken, seine Kehle brannte wie Feuer und seine Zunge klebte an seinem Gaumen. Seine ausgetrockneten Lippen trieben auseinander und er leckte mit seiner Zungenspitze über sie, um sie zu befeuchten, doch statt der erhofften Erleichterung war da ein kratzender Schmerz in seinem Hals. Etwas schabte an seiner Kehle entlang, stieß gegen sein Zäpfchen. Er musste würgen, schnappte gleichzeitig panisch nach Luft, doch das machte alles nur noch viel schlimmer.
Irgendetwas lag rau in seiner Kehle und der Geschmack von Plastik, der sich über seine Zunge und seine Lippen legte, ließ ihm übel werden. Was zur Hölle war das?
Er riss seine Augen auf, würgte immer noch. Panisch versuchte er sich bewegen, sich aufzurappeln oder wenigstens seine Arme bewegen zu können… doch nein- er vermochte es nicht zu tun. In seiner Panik begann sein Körper zu beben, sein Atem ging schneller. Das Ding - er wusste nicht, was es war oder wie es dort hingekommen war- schabte an seinem Hals entlang. Was zur Hölle war das?
Ein aufgebrachtes Geräusch drang aus seiner Kehle- es war mehr ein Würgen als ein Geräusch, doch es erregte Aufmerksamkeit. Er hörte Schritte. Sie näherten sich ihm; dumpf hallten sie in seinen Ohren und übertönten das Klingeln. Eine Gestalt erschien am Rand seines Sichtfeldes; es war ein Mann, nicht älter als zwanzig Jahre. Verwirrung stand ihm ins Gesicht geschrieben und seine Augen flackerten vor Panik…
„ Ich glaub’ mit dem stimmt was nicht“, rief er laut und schrill, worauf eine zweite Gestalt hinter ihm erschien- ebenfalls ein Mann, sichtlich älter, mit grauen Schläfen und von dem Alter geprägten Gesichtszügen.
„ Wir müssen etwas tun“, meinte der Jüngere. Der Ältere zog seine Stirn kraus.
„ Der tut nur so“, verkündete er schließlich.
„ Er kriegt keine Luft mehr… sieh doch.“ Der Jüngere streckte seine zitternde Hand nach ihm auf.
„ Der tut nur so“, wiederholte der andere Mann trocken und wollte sich schon wieder abwenden, aber der Jüngere hielt ihn zurück.
„ Wir müssen etwas tun! Wir können ihn nicht einfach sterben lassen!“
Der Ältere seufzte und fuhr sich mit der Hand durch sein schütteres Haar. Er schnitt eine widerwillige Grimasse. „ Ich weiß nicht was er hat“, meinte er schließlich.
„ Da steckt was in seinem Hals“, bemerkte der andere, „ vielleicht kriegt er deshalb keine Luft. Wir sollten es entfernen.“
„ Ja, dann mach mal“, schnaubte der Ältere. „ Ich fass’ den nicht an. Wir sollen keinen Kontakt zu ihnen herstellen, hast du das vergessen, Jorlan?“
„ Aber er stirbt“, konterte der Jüngere, Jorlan. Entschlossen machte er einen Schritt nach vorne. „ Wenn du dir zu schade dafür bist, Kenath, dann werde ich das machen.“
Kentah, der Ältere, schnaubte verachtend und drehte sich dann, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, um. Er warf noch einen flüchtigen Blick über seine breite Schulter und ging dann, ließ den Jorlan zurück…

Verdammt, hol dieses Ding aus mir raus, dachte Cameron panisch. Er bekam keine Luft mehr und er spürte, wie ihn die Kraft verließ. Bei jedem verzweifelten Versuch Luft zu holen, drang das fremde Ding noch tiefer in seine Kehle ein. Er wollte es rausziehen und von sich werfen, doch seine Finger zuckten nur kurz- er hatte einfach keine Kraft, um seine Hand zu heben.
Die Umgebung vor seinen Augen begann zu flackern und dann ineinander zu verschwimmen. Jorlans blitzende rote Augen griffen in sein jungenhaftes Gesicht über, als er sich über ihn beugte. Cameron spürte eiskalte Finger über sein zitterndes und schweißnasses Gesicht wandern und es war nicht mehr als ein kurzer, schmerzloser Ruck, als Jorlan das störende Was-auch-immer zu packen bekam…

Cameron konnte nicht genau sagen, was schöner war- das erleichternde Gefühl, als sich seine Lungenflügel mit Sauerstoff füllten, oder dass dieses schreckliche Schaben aufgehört hatte. Er holte tief Luft und stieß sie geräuschvoll wieder aus- es klang vielmehr nach einem angestrengten Keuchen, doch dass war ihm egal. Sein Blick wanderte dankbar zu Jorlan, der sich noch immer über ihn gebeugt hatte und besorgt ansah.
Cameron verspürte Dankbarkeit dem jungen Mann gegenüber und hätte es ihm auch gern gesagt, als ihm etwas anderes auffiel, dem er in seiner Verzweifelung keine Beachtung geschenkt hatte. Noch etwas außer Atem legte er den Kopf schief, auch wenn er mit rasenden Kopfschmerzen für diesen unüberlegten Schritt ‚belohnt’ wurde, und musterte Jorlan von oben bis unten. Wer um alles in der Welt war dieser Mann?

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'Ich sah keinen Grund Ihnen zu helfen.' Seine bissigen und hasserfüllten Worte machten sie noch immer wütend. Es hatte sie ins Herz getroffen und seitdem klaffte dort eine Wunde, die sehr viel Zeit brauchen würde, um zu verheilen. Sie konnte diesen Mann nicht verstehen- sie wollte es, sie hatte es versucht, doch sie konnte es einfach nicht. Es war ein Ding der Unmöglichkeit und sie scheiterte.
Es hatte eine Zeit gegeben, in der sie begonnen hatte, ihm zu vertrauen. Er war schon seit jeher anders als die anderen gewesen und das hatte sie fasziniert. Er hatte sie fasziniert; sein geheimnisvolles Lächeln, das immer leicht schief über seine Lippen zuckte, seine haselnussfarbenen Augen, die einen in ihren Bann zogen, wenn man sich in ihnen verlor. Es war mehr als offensichtlich: John Sheppard war ein Mann, der sie zum ersten Mal an dem, was sie tat, hatte zweifeln lassen.

Larrin stieß einen kurzen ärgerlichen Laut aus und tadelte sich selbst. Sie hatte es schon wieder getan! Sie hatte schon wieder an ihn gedacht! Und das wollte sie nicht…
Sie ließ ihre Hände auf den Rand des Waschbeckens fallen und hielt sich an dem kühlen Metall fest. Ihr Blick ruhte auf ihrem Spiegelbild- es verriet ihr nichts Gutes; unter ihren glanzlosen Augen lagen dunkle Schatten und ihr Gesicht hatte einen noch blasseren, fahleren Farbton als sonst angenommen. Ihre Adern schimmerten bläulich durch ihre dünne Haut hindurch. Ihr blutroter Mund war nicht mehr als ein schmaler Strich und ihre Mundwinkel hingen bedauerlich nach unten. Larrin musste sich zusammenreißen, um den Spiegel nicht zu zerstören. Krampfhaft Luft holend fuhr sie sich mit ihrer zitternden Hand durch ihre zerzausten, blonden Haare und drehte sich um. Sie wollte sich nicht länger sehen. Ihr Anblick war schlichtweg schrecklich und es kostete sie große Mühe, ihn zu vergessen.

Sie seufzte tief und setzte sich in Bewegung. Die Schritte, die sie machte, waren nur ein zielgerichtetes Taumeln. Ihre Knie zitterten unter der Anstrengung und in ihrer Brust rasselte es. Sie hatte sich seit Tagen nicht mehr genährt- seit sie aufgebrochen war- und das forderte jetzt seinen Tribut. Sie war schwach, hungrig, hatte in den letzten Stunden kaum geschlafen. Es fiel ihr nicht leicht dem Drang, jemanden die Kehle aufzureißen, zu widerstehen, aber verwunderlicherweise hatte sie es bis jetzt geschafft. Zwar glich ihr Mund einer Wüstenlandschaft und sie dürstete, doch sie hatte es geschafft sich bis jetzt zurückzuhalten. Doch es war schwer! Noch nie in ihrem kurzen Leben hatte sie derart gedürstet und das Brennen in ihrer Kehle wurde allmählich unerträglich. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie manche ihrer Brüder und Schwestern das mehrere Jahrhunderte lang aushielten. Man hatte ihr gesagt, es würde schwer werden, doch nicht, dass es so schmerzhaft sein würde…
Larrin fauchte erbost, fuhr mit der Zungenspitze über ihre ausgetrockneten Lippen. Plötzlich ärgerte sie sich, dass sie sich zurückgehalten hatte, obschon sie nicht einmal den Grund dafür kannte. War es möglich, dass seine Präsenz sie daran hinderte? Nein. Entschlossen schüttelte sie mit dem Kopf und ihre Locken wippten auf und ab. Das kann nicht sein. Er mochte sie vielleicht an ihr früheres Leben erinnern, aber er hinderte sie keinesfalls daran, ihr neues auszukosten und zu genießen.

Halten Sie das wirklich für ein besseres Leben? Nichtsdestotrotz musste Larrin zugeben, dass seine Worte sie nachdenklich gestimmt hatten. Nicht so, dass sie den Schritt bedauern würde, zumal sie ja überhaupt keine andere Wahl gehabt hatte… sondern vielmehr so, dass sie sich fragte, warum er so dachte. Es war schon möglich, dass er zweifelte, schließlich kannte er ihr Leben nicht… doch versuchte man normalerweise nicht erst zu lernen, bevor man ein Urteil fällte?
Larrin schreckte zusammen, als ihr gewahr wurde, dass sie schon wieder an ihn dachte. Wieso gelang es ihr nicht, ihn auszublenden? Mit anderen Dingen klappte das ohne Probleme, warum aber nicht mit ihm? Hatte er etwa doch einen größeren Einfluss auf sie als bisher angenommen? Nein, nein, nein. Das konnte und sollte nicht sein! Sie wusste, dass sie sich nicht auf ihn einlassen sollte… doch das Schlimme war, dass sie es aus irgendeinem ihr nicht erkennbaren Grund... wollte. Sie wollte es! Seine Präsenz beruhigte sie und sie verspürte eine Art innerlichen Frieden wenn sie in seiner Nähe war. Ja, er hatte ohne jeden Zweifel mehr Einfluss auf sie, als es gut für sie war.

Larrin warf einen letzten selbstkritischen Blick in den Spiegel, ehe sie das kleine Badezimmer verließ. Die Absätze ihrer Schuhe klapperten über den Boden, während sie durch das angrenzende Quartier flanierte. Sehr interessanter Stil musste sie zugeben. Die lantianische Kunst hatte sie schon immer fasziniert. Sie hatte viele antikische Kunstwerke auf den Märkten gesehen, doch meistens hatte es sich um Fälschungen gehandelt oder sie waren so teuer gewesen, dass sie noch nicht einmal davon hätte träumen können. Aber jetzt war alles, was ihr so gefiel, zum Greifen nahe- es kam ihr fast wie ein Traum vor…
Ihren Blick aus dem Fenster in die unendlichen Weiten gerichtet, streifte Larrin sich ihren Umhang von den Schultern und trat nahe an die Glasscheibe, die sie vor dem Vakuum des Weltalls schützte, heran. 'Zu schön, um wahr zu sein…'
Sie holte tief Luft und schloss fuhr einen kurzen Moment ihre Augen, besann sich, ehe sie sich umdrehte. „ Lasst uns allein“, sagte sie. Ihre beiden Wachen, die sich vor ihrer Tür postiert hatten, nickten ergeben und verließen das Quartier, ließen Larrin allein… mit ihr.
Ein merkwürdiges Gefühl machte es Larrin schwer, sich zu konzentrieren- sie kannte es nicht. „ Teyla…“, wandte sie sich an die Frau, die inmitten des Quartiers stand und sie nicht aus den Augen ließ. Larrin bedeutete ihr, sich zu setzen, doch ihre Geste bekam keine Beachtung. Teylas Blick folgte ihr, wohin sie sich auch hin bewegte.
Sie konnte nicht genau mit dem Finger darauf zeigen, doch da war etwas in ihr, was Verachtung gegenüber dieser Frau- die sie nicht einmal näher kannte- hervorrief: Sie war Larrin aus irgendeinem Grund suspekt. Lag es möglicherweise daran, dass Teyla etwas gehörte, was sie sich wünschte, es aber nie bekommen würde? Nein, das ist es nicht, sprach eine kleine Stimme in ihr, doch Larrin war sich nicht sicher, ob sie ihr glauben konnte. Die Antwort, die ihr Unterbewusstsein ihr gegeben hatte, klang richtig, doch sie fühlte sich nicht richtig an. Genaugenommen war es keine Antwort gewesen sondern vielmehr ein verzweifelter Versuch die Wahrheit zu verdrängen und den Tatsachen nicht ins Augen blicken zu müssen…

Noch nie war es ihr so schwer gefallen, wie in diesem Moment: Larrin zwang sich ein falsches Lächeln auf die Lippen, obwohl ihr überhaupt nicht nach Lächeln war. Sie fühlte sich unwohl in ihrer Haut, doch sie konnte nicht genau bestimmen, woran das lag.
Larrin schluckte; unter ihrer blassen Haut kochte das Blut und sie fühlte wie sich ihre Muskeln anspannten und dann wieder lockerten. Aus irgendeinem Grund wurde sie wütend und sie schloss ihre Hände zu Fäusten, versteckte sie hinter ihrem Rücken. Wüste Gedanken schossen durch ihren Kopf und Larrin schüttelte überrascht mit dem Kopf. Am Rande ihres Blickfelds bemerkte sie, dass sich Teylas Augenbraue in stiller Kritik- es konnte aber auch Verwunderung sein- hob, doch sagen tat sie nichts. Sie schwieg beständig und hatte ihre rehbraunen Augen immer noch in Larrins Richtung gerichtet.
„ Sie müssen wissen, dass ich Sie verstehe“, startete Larrin nun einen weiteren Versuch, ein Gespräch aufzunehmen. „ Es tut mir Leid, dass meine Männer so grob vorgegangen sind… aber es musste sein.“
„ Musste es auch sein, dass Sie vier Männer verletzt haben?“, fragte Teyla in Erwiderung und es überraschte Larrin, wie ruhig ihre Stimme in Angesicht der Tatsachen doch war.
„ Sie hätten sich uns nicht in den Weg stellen sollen“, antwortete Larrin.
„ Und Sie hätten nicht so reagieren müssen“, fügte Teyla tadelnd hinzu, „ es wäre auch anders gegangen.“
Da- da war sie wieder, die Wut, die Larrin verspürte, wenn ihr Gegenüber den Mund aufmachte! Sie biss sich auf die Unterlippe und konnte es nicht verhindern, dass ein hässliches Grinsen ihre Miene verzerrte. „ Was wollen Sie damit andeuten?“, fragte sie spitz. Sie ballte die Fäuste hinter ihrem Rücken. „ Dass ich meine Männer nicht im Griff habe? Sagen Sie es mir.“
Teylas ausdruckloser Gesichtsausdruck verriet, dass sie kein Interesse daran hatte, über Führungsqualitäten zu sprechen… oder überhaupt über etwas, was mit den Geschehnissen von vorhin zu tun hatte. „ Was wollen Sie von uns?“, wollte sie stattdessen wissen. „ Wir haben Ihnen nichts getan- wir kennen Sie ja noch nicht einmal.“
„ Da irren Sie sich“, erwiderte Larrin bissig. „ Sie kennen mich, doch Sie haben mich vergessen.“
„ Ich erinnere mich nicht, Sie jemals getroffen zu haben“, beharrte Teyla und mit dieser Aussage fiel ein Schalter in Larrin um. Sie schaffte es nicht länger, Ihre Gefühle und Emotionen zurückzuhalten. Mit einem Fauchen, dass tief aus ihrer Brust drang, wirbelte sie herum und starrte Teyla finster an; ihre geballten Fäuste presste sie in ihre Seiten.
„ Sie haben mich aus Ihren Köpfen ausgeblendet“, zischte sie, „ so, wie alles, was Ihnen nicht wichtig erscheint. Ich bin für Sie ein Nichts, ein notwendiges Übel, ein lästiges Parasit.“

TBC
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