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[SGA] The core von Ailya

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“Wherever I will go, you’ll always be there by my side”


Sie konnte nicht wirklich verstehen, was geredet wurde. Es waren nur leise, undeutliche Wortfetzen, die die unsichtbare Blase, die sie zu umgeben schien, durchdrangen und ihre Ohren erreichten. Das Gesprochene war abgehakt und ergab für sie keinen Sinn. Vielleicht lag es aber auch daran, dass sie immer wieder die Kontrolle über sich selbst verlor und immer wieder zurück in das tiefe schwarze Loch zu rutschen drohte.

Die Schmerzen gepaart mit dem dumpfen, schwindeligen Gefühl, das von den Tabletten herrührte, die man ihr gegeben hatte, waren ihr unangenehm und manchmal wurde es so schlimm, dass es ihr schwer fiel ein Stöhnen zu unterdrücken.
Es erschien ihr fast so, als hätte irgendjemand einen Knopf gedrückt, der ihren ganzen Körper zum Erbeben brachte. Immer wieder fuhr dieses Zittern durch ihre Glieder, die schlapp an ihrem Körper hinabbaumelten und sich anfühlten, als seien es lästige Fremdkörper. Am liebsten hätte sie sie abgeschüttelt und weit von sich geschleudert, doch sie bezweifelte, dass sie dazu die Kraft aufbringen konnte. Also ließ sie es über sich ergehen, auch wenn es ihr schwer fiel.

Die Tabletten betäubten den Schmerz, der sich durch ihre Adern fraß wie ein loderndes Feuer, schon lange nicht mehr. Sie überlegte, warum die anderen nichts taten. Sahen sie denn nicht, dass sie litt? Warum unternahmen sie nichts?

Die Stimmen waren noch immer da. Es waren insgesamt drei, wobei sich eine hervorhob; sie war schrill und klang leicht süffisant. Sie musste nicht nachdenken, wem sie die Stimme zuzuordnen hatte, sondern überlegte, worüber sich Rodney nur so aufregte.
Sie hörte seine Stimme zwar nur undeutlich und abgehakt, verstand also nicht worüber er sprach, aber sie konnte ihn vor ihrem geistigen Auge sehen; sie konnte sehen, wie er eine genervte Grimasse zog und stetig die Augen verdrehte. Sie konnte sein rotes Gesicht vor sich sehen, welches er immer dann bekam, wenn er sich aufregte, meistens wenn irgendeiner seiner Kollegen ihn auf die Palme brachte oder wenn sich John mal wieder einen seiner Scherze erlaubte.

John. Sie konnte sich vorstellen, wie sich der Soldat im Moment fühlen musste und trotz alledem nicht von ihrer Seite gewichen war- sie war einigermaßen klar im Kopf, um das zu realisieren, und wenn sich ihre Lider flatternd öffneten, sah sie, dass er sich noch immer in ihrer Nähe befand. Entweder hatte er seine Arme um ihren Körper geschlungen oder er saß so dicht neben ihr, dass sich ihre Schultern berührten.
Es war beruhigend zu wissen, dass er da war und es linderte den Schmerz auch ein kleines bisschen. Das konnte natürlich auch Einbildung sein, aber trotzdem fühlte sie sich besser, wenn er in ihrer Nähe war.

Jetzt im Moment war er es. Sie spürte die Wärme seines Körpers nah bei ihrem und der Duft seines Aftershaves stieg ihr in die Nase. Er hatte einen Arm um sie gelegt und sie lehnte mit ihrem Kopf gegen seine Schulter, die sich im Takt seines Atmens hoben und wieder sanken. Er atmete ruhig, überraschend ruhig, das hatte sie nicht von ihm erwartet.
Sie versuchte sich sein Gesicht vorzustellen, sie versuchte die Erinnerungen an seine haselnussfarbenen Augen in ihrem Kopf wachzurufen und sie versuchte sich ein Bild von ihm in ihrem Kopf zu machen. Es war nicht einfach und allein der Versuch strapazierte sie dermaßen, dass sie wieder aufgeben wollte, doch da war eine Kraft die sie weitermachen ließ und sie schließlich mit einem Bild belohnte…

Das Bild war unscharf, aber dennoch war da alles, was sie sich gewünscht hatte. Sie sah ihn neben sich sitzen, einen Arm um sie geschlungen und die Augen geradeaus gerichtet. Er sah müde und erschöpft aus; dunkle Ringe lagen unter seinen Augen und sein Gesicht wirkte fahl. Aus dieser Position wirkte er ausgemergelt, was im Grunde genommen kein Wunder war. Die Anstrengung stand ihm ins Gesicht geschrieben und seinen herabhängenden Mundwinkeln entnahm sie, dass er länger nicht mehr geschlafen hatte.
Ein einvernehmender Drang, ihre Hand auszustrecken, ihm über die Wange zu streicheln und ihm zu sagen, dass er sich nicht so viele Sorgen machen sollte, überkam sie, doch ihre Kraft reichte einfach nicht dazu.

Das Bild wurde immer unschärfer und verschwand schließlich ganz. Die Dunkelheit übernahm wieder die Kontrolle und sie erschöpft in sich zusammensinken. Fast augenblicklich merkte sie, wie sich sein Arm fester um sie legte und wie sie näher an seinen warmen Körper gezogen wurde… und prompt tauchte ein neues Bild in ihrem Kopf auf. Sie sah sein besorgtes Gesicht vor sich. Angst blitzte für wenige Augenblicke in seinen Augen auf. Fragen schienen ihm durch den Kopf zu schießen, doch über seine Lippen kam kein einziges Wort- nein, sie blieben fest aufeinander gekniffen.

Fernab von dem Bild hörte sie noch immer die Stimme Rodneys, zu der sich eine zweite gesellt hatte. Sie konnte sich irren, doch sie glaubte Elizabeth zu hören. Die Expeditionsleiterin hatte eine wirklich unverwechselbare Stimme, voller Ruhe und Mitgefühl. Wenn sie redete erfüllte sie den Raum mit einer angenehmen Atmosphäre.
So auch jetzt. Ihre Stimme wirkte belebend. Zugleich machte sie sie neugierig, weil sich eine untypische Tonlage in die Stimme gemischt hatte, die Elizabeth eigentlich nicht eigen war. War es Verwunderung oder gar leichte Unsicherheit?

Leicht irritiert von dem seltsamen Tonfall ihrer Freundin versuchte sie die Schmerzen auszublenden und sich auf ihrer langsam verblassenden Erinnerungen zu konzentrieren. Im Großen und Ganzen gab es da nichts mehr, an das es sich zu erinnern lohnte. Es waren nur undeutliche Gedankenfetzen, die einem schwachen Flimmer am Horizont glichen, und vereinzelt Bilder, die immer unschärfer wurden und allmählich zu verschwinden drohten.
Eine dieser Erinnerungen war der Augenblick, als dieser unbeschreibbare Schmerz durch ihren Körper gejagt war, jeden Widerstand danieder gemacht hatte und so gewaltsam über sie gekommen war, dass sie gedacht hatte sterben zu müssen. Alles war in diesem Augenblick mit einem Schlag unwichtig geworden und alles- außer dem Schmerz und der Finsternis- war weit weg gewesen. Nur dieses zerreißende Gefühl, das auf sie einprügelte, war resistent gewesen.

Nach dem Schmerz war nichts als große Finsternis gewesen. Da war nichts gewesen. Kein Licht, kein Gefühl. Nur eine unglaublich große Leere, Kälte und ein großes Nichts.
Es war ein Moment der Verzweifelung gewesen, der zum Glück nicht lange angedauert hatte, denn kaum dass sie den Kampf gegen den Schmerz für verloren gehalten hatte, war da ein Licht aufgetaucht, sie hatte ihre Augen aufgeschlagen und seine warmen Augen gesehen, die ihren Körper binnen Sekunden mit Wärme und Licht durchflutet hatten.

Danach verblassten ihre Erinnerungen immer mehr, bis da schließlich gar nichts mehr war. Vielleicht war es auch besser, dass sie sich an nichts erinnerte, womit sie ihr Herz hätte belasten können.

Langsam begannen die Schmerzen weniger zu werden; sie vermutete, dass sich einer ihrer Freunde ihrer endlich erbarmt hatte und ihre missliche Lage bemerkt hatte. Wie dem auch immer gewesen war… endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, fühlte sie sich zum ersten Mal imstande einen Schritt nach vorne zu machen und öffnete ihre Augen. Zuerst war es nicht mehr als ein unkontrolliertes Flattern, dann ein Zucken. Doch sie schaffte es, auch wenn das Erste, was sie sah, nichts mehr als ein unscharfes Flimmern war- angedeutete Bewegungen.

Je länger sie es schaffte, ihre Augen offen zu halten, desto mehr erkannte sie. Sie hatte Recht gehabt! Nicht weit von sich entdeckte sie Elizabeth und Rodney; der Wissenschaftler schien der Expeditionsleiterin etwas zu erklären und sie lauschte ihm interessiert, wenn auch mit dem Kopf schüttelnd.
Neben ihren beiden Freunden machte sie eine weitere Person aus, einen Mann. Er war größer und deutlicher besser gebaut als Rodney, hatte kurze braune Haare und eine Brille auf der Nase sitzen- Daniel Jackson. Auch er lauschte Rodney, unterbrach ihn ab und zu mal, korrigierte ihn.

Nur unschwer konnte sie erkennen, wo sie sich befanden, zumal sie nur Umrisse und Schattierungen erkennen konnte. Wahrscheinlich waren sie auf der Krankenstation- wo sonst sollte man sich mit derartigen Schmerzen befinden? Der beißende Duft von Desinfektionsmittel war ein weiterer Hinweis auf ihren Standort, der ihr übel werden ließ.
Sie verzog das Gesicht und versuchte diesem Duft auszuweichen und verbarg ihren Kopf hinter Johns Schulter.
Dieser reagierte auf ihre zaghafte Bewegung sofort und sah sie an. „ Teyla?“

Wie schön war es doch ihren Namen aus seinem Mund zu hören. Ein geradezu überwältigendes Gefühl überkam sie und am liebsten hätte sie ihm mit einem lauten „Ja“ geantwortet, aber als sie ihre Stimme erklingen ließ, war es nicht mehr als ein heiseres, klangloses Krächzen, was über ihre trockenen Lippen bröckelte. Erschrocken über ihre eigene Schwäche riss sie ihre Augen so weit auf, wie es ihr nur möglich war.
„ Ssh, es ist alles okay.“ Auch John schien erschrocken zu sein, doch er konnte diese Art von Empfindungen viel besser verbergen, als sie es konnte. Er hatte es schon immer gekonnt. Sie hatte gelernt, dass er nicht die Art von Mann war, der offen mit anderen über seine Probleme sprach und seine Gefühle und Empfindungen lieber für sich behielt, als sie mit anderen zu teilen. Er selbst bezeichnete es immer als eine Unfähigkeit, als Makel, doch sie störte es schon lange nicht mehr. Sie hatte gelernt damit zu leben und ihn so zu respektieren, wie er war.

Wie kannst du sagen, dass alles okay ist, dachte sie, während sie ihn ansah und jeden Augenblick, in dem er sie mit seinen haselnussfarbenen Augen ansah, genoss als wäre es der letzte. Sie wusste, dass etwas nicht in Ordnung war und sie brauchte nicht einmal groß nachzudenken. Das lag auf der Hand. Das war eine Tatsache, wie Rodney es immer so schön formulierte.
John schien ihre Zweifel zu erkennen und presste die Lippen fest aufeinander, als er seine Fingerkuppen über ihre Wange gleiten ließ. „ Wirklich.“
Wie kannst du das sagen, wollte sie ihn fragen, doch ihre Lippen blieben unbewegt und stumm. Wie kannst du das behaupten?
„ Ich würde dich nie anlügen“, antwortete er auf die Frage, die sie ihm mit ihren Augen gestellt hatte. „ Aber ich…“
Du hast Zweifel, aber dennoch sagst du, dass alles in Ordnung ist. Sie deutete ein Kopfschütteln an. Wie passt das zusammen?

Darauf gab John ihr keine Antwort, möglicherweise weil er diese Frage nicht in ihren Augen hatte lesen können. In diesem Sinne war es auch keine Frage gewesen, sondern vielmehr ein Vorwurf, auch wenn sie es nicht so gemeint hatte. Er antwortete ihr nicht, zog sie stattdessen nur noch fester an sich und hauchte ihr einen zitternden Kuss auf den Haaransatz.
Sie merkte, wie sein Blick wieder zu Elizabeth, Rodney und Dr. Jackson wanderte, die in ein hitziges Gespräch vertieft zu sein schienen. Für sie war es sicher, dass er dieser Unterhaltung ebenso wenig wie sie gefolgt war.

Sie seufzte, was sich vielmehr wie ein keuchendes Röcheln anhörte und lehnte ihren schmerzenden Kopf wieder gegen Johns Schulter. Sich zu konzentrieren war anstrengend und die Müdigkeit baute sich langsam in ihrem Inneren auf, nur um dann wie eine Welle über sie hinwegzurollen, erbarmungslos. Ihre Augenlider wurden immer schwerer, bis sie schließlich zufielen. Ihr Körper schaltete einen Gang runter, ihr Atmen wurde wieder gleichmäßiger und das letzte, was sie hörte, ehe sie völlig wegdriftete, war ein gemurmeltes Alles wird gut und sie spürte, wie ein zarter Kuss über ihre Stirn gehaucht wurde.
Dann wurde alles schwarz.

++++++++


„ Wenn ich Sie erinnern dürfte“, warf Rodney ein und wandte sich mit erhobenem Zeigefinger zu Elizabeth, „ haben wir damit nicht gerade die besten Erfahrungen gemacht.“
Elizabeth hob die Augenbrauen und sah ihren Chefwissenschaftler eindringend an. „ Sind Sie sich wirklich sicher, Rodney?“
„ Seine Annahme beruht unzulässigen Messungen“, meinte Daniel Jackson und schüttelte mit dem Kopf. „ Ich befürchte, dass wir die nicht gelten lassen können.“
„ Was wir gelten lassen und was nicht, das überlassen Sie schön mir“, knurrte Rodney und würdigte den Archäologen mit einem herablassenden Blick, den Daniel wiederum nur mit einem Schulterzucken und einem „ Wenn Sie meinen“ quittierte.
„ Rodney.“ Elizabeth verdrehte schwach die Augen. „ Bitte… versuchen Sie nett zu bleiben. Ihre persönlichen Konflikte können Sie von mir aus später austragen.“

Der Kanadier schenkte Daniel Jackson noch ein bitterböses, nicht ernst gemeintes und zugleich herausforderndes Lächeln, bevor er sich zu seiner Vorgesetzten umdrehte und sie voller Ernst ansah. „ Elizabeth, Sie müssten wissen, was für einen Ärger wir mit diesem Ding hatten.“
„ Sie wären fast gestorben“, erinnerte sich die Expeditionsleiterin mit einem flüchtigen Nicken.
Rodney schnitt eine Grimasse. „ Nicht gerade eines meiner persönlichen Highlights.“
Elizabeth verschränkte die Arme vor dem Brustkorb, senkte ihre Stimme ein bisschen: „ Wir können uns keine Fehler leisten…“
„ Das weiß ich“, erwiderte Rodney. „ Hören Sie zu, ich bin mir sicher, dass wir es hier mit der Aufstiegstechnolgie zu tun haben. Ich kenn mich mit dieser Art von Technologie aus und… es gibt einfach keine andere Erklärung.“

Elizabeth ließ seine Worte auf sich wirken und nickte dann. Sie konnte sich diese Tatsache nicht wirklich vorstellen, aber die Erinnerungen an die Geschehnisse, die Rodney vor ein paar Monaten um ein Haar das Leben gekostet hatten, waren noch frisch. Damals hatte sie Angst gehabt ihn zu verlieren, als Wissenschaftler und vor allem als Freund.
Die Technologie, von der sprach und die er glaubte hier wieder entdeckt zu haben, war furchtbar kompliziert, aber sie glaubte schon, dass die Antiker imstande gewesen waren, sie „mobil“ zu machen. Nur der Zweck dieser Aktion lag noch im Dunklen verborgen.

„ Angenommen es handelt sich tatsächlich um eine Art… Aufstiegsmaschine“, setzte Daniel Jackson an, „ was hat sie dann auf diesem Schiff zu suchen? Ich dachte, die Artemis sei ein Versorgungsschiff gewesen.“
„ Das Schiff war durchaus in der Lage gewesen sich zu verteidigen, wie Helia meinte“, entgegnete Elizabeth. „ Nur in erster Linie war es für die Versorgung der Außenposten zuständig.“ Sie kräuselte die Stirn.
„ Denken Sie gerade an dasselbe, an was ich denke?“, fragte Daniel, warf die Stirn ebenfalls in Falten und blickte sie ernst an.
„ Absicherung.“ Elizabeth riss sich selbst aus ihren Gedanken. Nachdenklich begann sie mit ihren Fingern gegen ihre Lippen zu tippeln. „ Sie wussten nie, ob sie es zurück nach Atlantis schaffen würden.“
„ Sie hätten auf dem Schiff aufsteigen können“, warf Daniel ein.
„ Nicht in einer Kriegssituation“, sagte Elizabeth. „ Das Umfeld wäre zu hektisch, um sich auf den Aufstieg zu konzentrieren. Ein Mensch kann aufsteigen sobald er 90% seiner Gehirnaktivität aktivieren und nutzen kann. Sie müssten das wissen, Daniel.“
Rodney kratzte sich am Kinn. „ Korrigieren Sie mich, wenn ich mich irre, aber ich bezweifle, dass das so einfach geht, wenn die Wraith dabei sind das Schiff zu zerstören. Ich hab das damals ja kaum geschafft.“
„ Das waren Antiker.“
Elizabeth nickte in sich hinein. „ Und sie hätten die Möglichkeiten dazu gehabt. Während der Belagerung der Wraith…“
„ Sie wussten, dass sie es nicht alle zurück auf die Erde schaffen würden“, sagte Daniel.
„ Also, Aufstieg“, kommentierte Rodney und machte eine wirsche Handbewegungen gen Decke.
„ Sie brauchten eine Technologie, mit deren Hilfe möglichst viele von ihnen in kurzer Zeit und unter beschwerten Bedingungen aufsteigen konnten“, schlussfolgerte Elizabeth.
„ So eine Art `Aufstieg am Fließband`?“ Rodney zog die Augenbrauen zusammen und schüttelte mit dem Kopf. „ Eine dämliche Idee.“
„ Sie befanden sich im Krieg, Rodney“, sagte Elizabeth. „ Ich denke, sie haben keine andere Möglichkeit gesehen. Sie wussten nicht, ob sie es noch nach Atlantis schaffen würden, bevor die Wraith sie erreichten. Sie wussten nicht, ob sie ihre Reise überhaupt überleben würden.“
Der lantianische Chefwissenschaftler wirkte noch immer ernst. „ Da ist es doch wohl klar, dass etwas schief läuft.“
„ Helia scheint die Einzige zu sein, die es damals nicht geschafft hat“, merkte Daniel an. „ Mitchell und Vala meinten, dass sie auf den anderen Decks noch weitere Kapseln entdeckt haben. Alle leer. Wahrscheinlich gab’s bei ihr einen technischen Defekt. Anders kann ich mir das nicht erklären.“
„ Was auch immer der Grund dafür gewesen ist“, seufzte Elizabeth, „ sie hat es nicht geschafft und ist zurückgeblieben. Sie musste alles aufgeben, ohne es jemals zu wissen.“

„ Ich finde das unmoralisch“, meinte Rodney plötzlich. „ Es erweckt fast den Anschein, als wäre die Besatzung gemeinsam aufgestiegen. Für mich klingt das nach `Steig auf oder stirb`.“
Ein verstohlenes Lächeln zuckte über Elizabeths Gesicht. „ Rodney, wir können Vergangenes nicht mehr ändern. Klar ist nur, dass die Antiker einen Grund gehabt haben mussten, von dieser Technologie Gebrauch zu machen, und dass es scheinbar bei Helia Komplikationen gegeben hat.“
„ Vielleicht haben sie sie auch mit Absicht zurückgelassen, um uns zu warnen“, erwiderte der Kanadier. „ So, wie Sie es damals getan haben.“
„ Das glaube ich kaum, Rodney.“ Elizabeth schüttelte mit dem Kopf. „ Damals wussten sie, dass wir kommen würden, aber woher hätten sie das dieses Mal wissen sollen?“

Ein Schweigen entstand, welches jeder der drei zum nachdenken nutzte. Elizabeth tippelte stärker mit ihren Fingerkuppen gegen ihre Lippen und fand sich schließlich im Takt eines alten Stevie Wonder- Songs wieder, den sie vor ihrer Zeit in Atlantis immer so gerne gehört hatte.
Sie musste zugeben, dass das stille Nachsinnen über den Songtext wesentlich angenehmer war, als sich über komplizierte Antikertechnologie den Kopf zu zerbrechen. In den vergangenen zweieinhalb Wochen hatte sie sich mehr mit den Erbauern der Stargates beschäftigt, als in den letzten dreieinhalb Jahren der Expedition und nun diese Sache mit Teyla und Helia…
In den letzten Tagen war es schon sehr anstrengend und Nerven aufreibend gewesen. Nicht selten hatte sie gedacht, dass es nicht mehr ging- spätestens, als sie Teyla zum ersten Mal verloren hatten.

Heimlich, still und leise warf sie einen verstohlenen Blick in die Richtung, wo Teyla in einem Krankenbett lag und schlief. Es war einfach nur zum Verrücktwerden, was die hübsche Athosianerin in den letzten Tagen alles hatte durchmachen müssen und vielleicht war es besser, dass sie sich an nichts erinnerte. All das Leid und den Schmerz… ja, es war besser, wenn so etwas einem Menschen vorenthielt. Elizabeth war zwar der Annahme, dass Teyla damit fertig werden würde, aber sie wollte sie nicht unnötig belasten. Ihre Freundin hatte schon genug durchgemacht.

Die Expeditionsleiterin seufzte schwerlich, als ihr Blick auf John fiel, der an der Seite seiner Freundin saß; sein Kopf war nach vorne auf ihre gefalteten Hände gefallen, er verbarg sein Gesicht in ihrem weißen Patientenkittel.
Elizabeth verleugnete nicht, dass es auch für ihn eine schwere Zeit gewesen sein musste und dass er nun mehr als erschöpft war. Er hatte gelitten, genau wie sie, wenn nicht sogar etwas mehr, und nach ihrem Gespräch von vor ein paar Stunden glaubte sie sein Verhalten besser zu verstehen.
Ich liebe diese Frau, Elizabeth. Sie hoffte inständig, dass es nun war mit dem ganzen Stress und dass die beiden ihre gemeinsame Zeit genießen konnten. Beiden war es zu wünschen…

Sie quittierte ihre beiden Freunde noch mit einem kurzen Lächeln, von dem sie wusste, dass John und Teyla es nicht sahen, bevor sie sich wieder zu Daniel und Rodney drehte, die leise miteinander redeten.
„ Es würde mich interessieren, was mit Helia passiert ist“, sprach Rodney seinen Gedanken laut aus und an seinem Gesichtsausdruck erkannte Elizabeth, dass der Kanadier ihr und Dr. Jackson damit indirekt eine Frage gestellt hatte.
„ Wenn diese Kapsel wirklich das ist, wofür wir es halten…“, setzte sie zur Antwort an, verstummte dann aber wieder und versuchte sich das einmal vorzustellen.
„ Sie glauben wirklich, dass sie aufgestiegen ist?“, fragte Daniel und würdigte sie skeptischen Blickes.
Elizabeth schmunzelte. „ Die Antiker sind zu vielem fähig gewesen, Daniel.“ Sie seufzte. „ Verwundern würde es mich nicht.“
Das SG1-Mitglied lockerte seine Gesichtsmuskeln. „ Das heißt, sie hat Teyla benutzt.“
„ Sozusagen als `menschliches Zwischenlager`?“, fragte Rodney, zog leicht angewidert von dem Gedanken die Augenbrauen zusammen. „ Bei aller Liebe, aber so etwas Sittenwidriges traue ich den Antikern nicht zu.“
„ Aber Sie können sich auch irren“, entgegnete Daniel.
„ Ich befürchte, dass werden wir nie herausfinden“, sagte Elizabeth und zuckte mit den Schultern.
„ Ist nur zu hoffen, dass die ganze Sache keine Auswirkungen auf Teyla hat“, meinte Rodney, warf einen kurzen Blick zu seinen beiden Freunden und lehnte sich dann gegen die Tischplatte.
„ Es kann anstrengend für einen normalen Menschen sein, ja“, stimmte Daniel ihm zu und zuckte mit den Schultern. „ Doch ich bin mir sicher… Ich kenne Teyla nicht so gut wie Sie beide, aber meiner Meinung nach, ist sie eine Person, die die Spiritualität sehr hoch stellt.“
„ Carson meinte, Col. Mitchell könnte ihr einige Meditationsübungen beibringen, die er während seiner Zeit unter den Sodanern erlernt hat.“ Elizabeth hatte Daniels Wink verstanden.
„ Ich habe schon mit ihm gesprochen“, erklärte der Archäologe nickend. „ Er ist einverstanden.“
„ Und Sie sind sich sicher, dass Teyla durch Meditation das Ganze verarbeiten kann?“, zweifelte Rodney. „ Wer sagt, dass sie nicht körperliche Schäden davonträgt?“
Elizabeth seufzte. „ Soweit wollen wir gar nicht denken. Es stimmt, wir wissen nicht, was für Auswirkungen es auf Teyla haben wird, doch Carson meint, dass ihr nichts fehlt. Und fürs Erste, will ich mich auf diese Aussage stützen.“ Sie gab sich einem zweiten und schließlich einem dritten Seufzen hin und strich sich eine ins Gesicht gerutschte Haarsträhne hinters Ohr. „ Das einzig Wichtige ist, dass es vorbei ist. Sie haben doch…“
Rodney nickte. „ Die Messungen weisen keinerlei Anomalien oder Energieströme in Richtung der Kapsel auf. Wo immer sie auch hin ist…“
Elizabeth gab sich für einen Augenblick ihren Gedanken hin, bevor sie zu nicken begann. „ Ich befürchte, dass wir auf diese Frage keine Antwort bekommen werden, Rodney.“
Daniel Jackson lächelte und wirkte dabei in seinen Gedanken versunken. „ Oder wir werden sie früher bekommen, als uns lieb ist.“

+++++++++


Einen Tag später


Irgendwas tief in ihrem Inneren ließ sie nicht zur Ruhe bringen. So sehr sie auch versuchte einzuschlafen… es wollte ihr partout nicht gelingen. Immer wieder schlug sie ihre Augen auf, obwohl sie sie erst einen Moment zuvor geschlossen hatte, und starrte die dunkle Zimmerdecke ihres Quartiers an, in der Hoffnung, dass die Müdigkeit sie überrumpelte und sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf riss. Doch das erwies sich in dieser Nacht als reines Wunschdenken!
Sie verspürte eine innere Unruhe, die durch ihren ganzen Körper kribbelte und die ihr keine ruhige Sekunde gönnte. Nicht eine Minute verging, dass sie sich nervös und rastlos auf die andere Seite drehte, sich abdeckte und wenige Sekunden später wieder bis unter die Nasenspitze zudeckte, da sie zu frösteln begann. Es war schlicht und ergreifend schlimm und unerträglich!

Zu ihrer Unruhe kam noch dieses merkwürdige Gefühl in ihrem Brustkorb. Sie spürte, wie sie zu japsen begann, als der Druck immer weiter zunahm und es sich anfühlte, als ob man ihr die Luft abschnürte. Sofort fing ihr Herz an zu rasen, ihr Puls schoss in die Höhe und eiskalter Schweiß trat auf ihre Stirn.
Immer wenn sie einatmete tönte ein leises, aber hohes Fiepen durch ihren Brustkorb und klingelte in ihren Ohren. Je länger sie diesem Fiepen lauschte, desto aufgeregter und nervöser wurde sie. Desto mehr japste sie nach Luft, bis sie sich schließlich wie ein Fisch oberhalb der Wasseroberfläche fühlte und es ihr endgültig die Luft abschnürte.

Mit einem Ruck setzte sich Teyla auf. Erleichtert seufzte sie auf, als sich die unsichtbare Barriere in ihrer Luftröhre löste und der wertvolle Sauerstoff durch ihre Atemwege und durch ihre Lungen strömte. Sie atmete einmal tief und wieder aus und blickte sich dann um. Ihre Augen hatten sich in den letzten schlaflosen Stunden an die Dunkelheit gewöhnt, weshalb es ihr nicht sonderlich schwer fiel zu bestimmen, wo sie sich befand.
Über ihr war das riesige Panoramafenster in die Schiffswand eingelassen worden und sie sah die Sterne vorbeifliegen, einen langen Schweif hinter sich her ziehend, der sich dann allmählich in den Weiten des Weltalls verlor. Einen Moment lang betrachtete Teyla das Schauspiel noch, bevor sie ihre müden, zittrigen Beine über die Bettkante hinweg schob und mit ihren nackten Füßen den kalten Boden berührte. Kaum hatte sie das getan, jagte ein eiskalter Schauer durch ihren Körper.
Teyla verharrte kurz und warf einen schnellen Blick über ihre Schulter; John lag mit dem Gesicht zu ihr, zog im Schlaf eine Schnute. Unwillkürlich musste die Athosianerin schmunzeln, als sie ihn so betrachtete und sich vorzustellen versuchte, was er wohl gerade träumte. Es musste etwas besonderes sein, denn er grinste im Schlaf.

Sie wollte sich gerade zu ihm beugen, als ein leises Wispern außerhalb ihres Quartiers ertönte, so leise, dass man es fast nicht wahrnehmen konnte. Doch in den vergangenen Wochen war sie empfindlich geworden, was dieses Thema anging, also lauschte Teyla angestrengt und zuckte regelrecht zusammen, als die Stimmen wieder –diesmal etwas lauter- zu hören waren. Scheinbar näherten sie sich ihrem Quartier…
Teyla stieß sich mit dem Handballen von der Matratze ab und tapste auf leisen Sohlen hinüber zur Tür. Das Zischen der sich öffnenden Türe ließ sie wieder zusammenschrecken und sich in Richtung Bett umdrehen- nein, John war nicht aufgewacht, aber anscheinend hatte sie ihn in seinem Traum gestört, denn er drehte sich unter leisem Murren auf die andere Seite, rückte sich im Schlaf das Kissen zurecht und zog sich die Bettdecke bis über den Kopf, sodass nur noch seine schwarzen, ungebändigten Haare unter der Bettdecke hervorlugten.
Mit einem Seufzen trat sie auf den Korridor hinaus…

Es war still, zu still- das war das Erste, was Teyla auffiel, als sie auf den Korridor hinausgetreten war und sich umsah. Die Lichter über ihrem Kopf flackerten so wie sie es auch am Tag taten, und das Brummen des Antriebes bildete zusammen mit dem Knacken des Metalls eine harmonische Geräuschkulisse, an die sie sich im Laufe der Zeit gewöhnt hatte.
Der Gang war leer, aber zu dieser Uhrzeit hatte sie auch nichts anderes erwartet und sie war eigentlich auch ganz froh, dass ihr kein anderes Expeditionsmitglied über den Weg lief, denn das hätte zwangsweise dazu führen können, dass man sie bei Carson anschwärzte und das hätte mit Sicherheit Konsequenzen für sie, denn der sympathische Schotte hatte ihre Bettruhe verordnet. Sie solle sich ausruhen, hatte er nur gemeint.

Langsam schritt Teyla den Gang entlang, in die Richtung, aus der sie glaubte das Flüstern gehört zu haben.
„ Hallo?“, fragte sie in die Stille hinein, als sie um die Ecke bog und den Korridor entlang spähte. Doch da war nichts! Außer dem immer lauter werdenden Flüstern, welches sich mit leisem Gekicher vermischte.
Bestimmt nur zwei Wissenschaftlerinnen, versuchte Teyla sich einzureden, doch dieses merkwürdige Gefühl, dass irgendwas nicht stimmte, wollte sie einfach nicht verlassen. Deshalb ging sie weiter…
Das Flüstern wurde immer lauter und damit auch klarer und verständlicher- nein, es konnte sich nicht um Expeditionsmitglieder handeln! Sie verstand nicht, was sie untereinander sagten. Die Art zu Sprechen war ihr fremd.

Als hinter ihr ein schallendes Kinderlachen losbrach, schreckte sie dermaßen zusammen, dass ihr Herz für einen Moment stehen blieb und sämtliche Körperfunktion für wenige Sekunden den Dienst quittieren. Wider ihrem Bestreben drehte Teyla sich um und blickte in die blassgrünen Augen einer wahren Schönheit.
Ihre langen honigblonden Haare flossen in sanften Wellen bis zur Mitte ihres Rückens; ihr schlanker Körper war in ein bis zum Boden reichendes weißes Gewand mit edlen Verziehrungen gehüllt.
Sie lächelte sie an; ihr Lächeln war einfach himmlisch und schien nicht von dieser Welt zu kommen.
Teyla neigte ihren Kopf, um die Frau näher zu betrachten. Diese wiederum wandte sich in diesem Moment um und ihr Lächeln würde noch breiter, als einen Mann aus dem Nichts auf sich zu sehen kam. Sie begrüßte ihn mit einer Umarmung und mit einem innigen Kuss; glücklich lächelnd lehnte sie ihre Stirn gegen die seine, während er ihr leise etwas zuflüsterte.
Teyla bemerkte das Funkeln in seinen haselnussfarbenen Augen und den fröhlichen Ausdruck in seinem Gesicht.

Zwei weitere Gestalten kamen aus dem Nichts, auf die beiden zugerannt; zwei Kinder, zwei Jungen. Der scheinbar Ältere von beiden hatte honigblonde Haare genau wie die Frau und strahlend grüne Augen. Der Jüngere hatte dunkle, fast schon schwarze Haare, die wild in alle Himmelsrichtungen von seinem Kopf abstanden. Er wirkte frecher als der Ältere und seine haselnussfarbenen Augen blitzten.
Der Mann lächelte auf die beiden Jungen herunter und schloss sie beide in den Arm, redete auch mit ihnen. Die Jungen fingen an zu strahlen und liefen davon, der Mann folgte ihnen ein paar Sekunden später.
Die Frau verweilte in ihrer Position, setzte sich dann aber in Bewegung. Ihre Bewegungen wirkten grazil, anmutig, fast schon königlich. Es sah aus, als schwebte sie über den Boden.
Kurz bevor sie verschwand, blieb sie allerdings stehen und wandte sich zu ihr um, lächelte. Danke, Teyla, für alles was du für mich getan hast.
Die Lippen der Frau bewegten sich nicht, aber dennoch hörte Teyla ihre Worte und sah ihr nach, bis sie verschwunden war.
„ Helia“, wisperte Teyla, doch sie konnte sie nicht mehr hören.

Noch eine ganze Weile stand sie dort und dachte über das Gesehene nach; über die Frau, den Mann und über die beiden Jungen. Sie wusste nicht, was das alles zu bedeuten hatte, doch da war ein Flimmer an Erinnerungen. Er war da, doch sie konnte keinen Zugriff zu ihm erlangen und das ärgerte sie.
Sie ärgerte sich auch immer noch, als sie in ihr Quartier zurückkehrte. Sie ärgerte sich immer noch, als sie sich ins Bett zurücklegte und sich zudeckte. Doch sie ärgerte sich nicht mehr, als sich John wieder auf die andere Seite drehte, seinen Arm um ihre Taille legte und sich eng an sie kuschelte.
Teyla lächelte, streichelte ihm über die Wange, dachte noch einmal an Helia und an ihre Familie und schlief dann ein.

Nein, da war nichts, über was sie sich ärgerte und wenn es doch etwas gab, so konnte es gewiss auch bis morgen warten.

TBC
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