Leicht verwirrt öffnete John seine Augen und versuchte, sich in der Dunkelheit zu orientieren, was ihm erst gelang, als der Kopf seiner Frau von der Seite in sein Sichtfeld kam.
Elizabeth blickte ihn mit ihrem um diese Zeit gewohnten, entschuldigenden Blick an und er wusste genau, was sie von ihm wollte.
Leise seufzend schloss er für einen Moment die Augen, doch es brachte alles nichts. Elizabeth war wach und nun verlangte die Situation, dass er sich um sie kümmerte.
"Wie viel Uhr ist es?", fragte er und zog die Sekunden in die Länge, in denen er sich noch der Illusion hingeben konnte, wieder einzuschlafen.
Leises Rascheln erklang, als Liz sich in eine sitzende Position hoch kämpfte, um einen Blick auf die Uhr werfen zu können.
"Ähh... 04.25 Uhr", antwortete sie, was John bestätigte, dass sie es auf keinen Fall bis zum Frühstück würde aushalten können.
Sich in sein nächtliches Schicksal fügend schlug John erneut die Augen auf und versuchte, die Müdigkeit wegzublinzeln, was mit mäßigem Erfolg belohnt wurde.
Er würde sich nie an diese unhumane Zeit gewöhnen können, obwohl er es inzwischen in seinem Schlaf-Rhythmus haben müsste. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass Liz mitten in der Nacht aufwachte und Heißhunger auf irgendeine Scheußlichkeit hatte.
"Was möchtest du denn heute?", fragte er und blickte seine Frau an, die neben ihm saß und ihn mit verwuschelten Haaren anblickte. Sie hatte die Decke um sich geschlungen und man konnte ihr die fortschreitende Schwangerschaft nicht ansehen. Da er aber wusste, welche Ausmaße ihr Bauch in den letzten Wochen angenommen hatte, erahnte er nur allzu gut, was sich unter der Decke verbarg.
"Rührei", antworte sie und John wunderte sich über diesen relativ normalen Essenswunsch. Normalerweise verlangte sie nach allerlei Scheußlichkeiten, an die er sich nicht näher erinnern wollte. "Mit Senf und Ketchup vermischt", fügte sie hinzu und ließ ein Grinsen folgen, das man leicht als gehässig bezeichnen konnte.
Stöhnend drehte John sich auf die Seite und vergrub das Gesicht im Kissen, welches ihm allerdings sofort von seiner Frau wieder entwendet wurde.
"Bitte", flehte sie und noch immer zierte ihr Gesicht ein dickes Grinsen.
"Ja, ja, kommt sofort." Einen harmlosen Fluch verkneifend kämpfte sich nun John in eine sitzende Position hoch, um anschließend steifbeinig aus dem Bett zu klettern.
Das leise Kichern seiner Frau begleitete ihn in die Küche und nachdem er sich kurz über das Gesicht gerieben hatte, machte er sich daran den Wunsch von Liz in die Tat umzusetzen.
Rührei mit Senf und Ketchup... Schon die Vorstellung davon ließ ihn das Gesicht verziehen und er fragte sich, woher sie immer ihre Essensideen hatte.
Erfand sie ihre verrückten Kreationen, wenn sie aufwachte oder gab es irgendwo ein Sammelband mit den scheußlichsten Schwangerschaftsgelüsten? Er tippte glatt auf letzteres und holte schnell alle Zutaten zusammen, die er für diese neue Kombination brauchte.
Stumm warf er einen Blick auf die Butter, die in der Pfanne langsam zerfloss, während er die Eier aufschlug und anschließend verschiedene Gewürze untermischte.
Er fragte sich, wann endlich das Baby kommen würde. Laut Beckett sollte es in 4 Wochen soweit sein und betrachtete man Elizabeths Bauch, konnte man wahrlich nicht erwarten, dass noch viel möglich war. Ihr Bauch war zu ungeahnten Dimensionen herangewachsen und es gab für ihn nichts Schöneres, als den Kopf gegen ihren Bauch zu legen und die sanften Bewegungen seines Kindes zu spüren.
Die Butter in der Pfanne war inzwischen vollständig zerflossen und so leerte er schnell den Inhalt des Messbechers, indem er alles vermischt hatte, hinein.
Während er mit einem Blick das Rührei im Auge behielt, holte John schnell Teller und Gabel und anschließend Ketchup und Senf aus den verschiedenen Schränken.
Wenigstens waren Liz' Gelüste immer schnell zu erfüllen. Sie wünschte sich fast immer Etwas, was sie im Quartier hatten, nur selten musste er in die Kantine gehen, um es dort zu holen.
Für ihn war es selbstverständlich ihre Gelüste zu tolerieren, auch wenn sie mitten in der Nacht auftauchten. Liz musste ihre 8-Monats-Kugel mit sich herumschleppen und die Vorstellung, wie sie sich um diese Zeit aus dem Bett kämpfte, um Rührei zu machen, zauberte selbst ihm ein Lächeln aufs Gesicht.
In Gedanken bei seiner Frau und ihrem gemeinsamen Kind, beobachtete er weiterhin das Rührei und wartete bis es fertig war.
2 Minuten später war dies der Fall, das Rührei auf dem Teller und die Pfanne gespült. John jedoch stand nach wie vor in der Küche und konnte sich nur schwer überwinden Ketchup und Senf auf die gut duftenden Eier zu geben.
Mit Ketchup hatte er weniger ein Problem als mit Senf, doch Liz wollte beides und das auch noch vermischt.
John versuchte seine Gesichtszüge zu kontrollieren, während er Senf und Ketchup unter die Eier mischte. Der neutrale Gesichtsausdruck blieb bestehen, bis er schlussendlich das Endprodukt anstarrte. Wie es genau aussah, wollte er nicht näher erläutern und so packte er Teller und Gabel, um sich auf den Weg ins Schlafzimmer zu seiner schwangereren Frau zu machen.
Immerhin hätte es auch schlimmer kommen können. Mit einem leicht gequälten Laut erinnerte er sich an die Frau eines alten Freundes. Diese hatte zu Rührei immer Nutella gegessen und in Anbetracht dieser Tatsache, musste er mit einer Frau, die Rührei mit Ketchup und Senf verlangte, doch eigentlich zufrieden sein.
46%