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Ein Himmel ohne Sterne von Sphere

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KAPITEL 5

Die Helligkeit verschwand und als sie wieder sehen konnte, hatte sich ihre Umgebung in die Brücke der Mjölnirverwandelt.
Automatisch blickte Sam nach vorn zu den Hologrammen, wie sie es sich inzwischen angewöhnt hatte. Der Hyperraumsprung lag bereits hinter ihnen, die Heimatwelt der Tzenk war nicht länger zu sehen. Statt dessen türmte sich die riesenhafte, dunkelblaue Kugel eines Gasriesen vor ihnen auf. Grüne Schlieren zogen in gewaltigen, nie endenden Stürmen durch die äußeren Schichten einer in der Hitze des nahen Sterns kochenden Atmosphäre. Schnell raste selbige ihnen entgegen und füllte die Bildfläche des Hologramms vollends aus.
Eine schematische Karte im benachbarten Hologramm zeigte, wie die Mjölnir in die Atmosphäre einflog. Viel mehr als helles Blau war nun nicht mehr zu sehen.
„Dies ist der innerste Planet des Sonnensystems“, erklärte Thor in Richtung des Colonels.
Erstaunt drehte Sam sich um. Thor kommentierte mit keinem Wort die zurückliegenden Probleme. Dennoch war sie überzeugt, dass auch Thor so etwas wie Erleichterung fühlte, selbst wenn er es sich nicht eingestand.
„Das von O’Neill eingeschleuste Programm hat seinen Zweck erfüllt“, fuhr der Asgard fort. „Gemäß der gesammelten Daten wird das Fischernetz von einer Raumstation erzeugt, welche sich tief innerhalb der Gase dieses Planeten verbirgt.“
Sam vermutete, dass diese Position notwendig für die Funktionsweise der Gerätschaften war, von denen sie sich gut vorstellen konnte, dass sie möglichst tief im Schwerefeld einer großen Masse aufgebaut werden mussten. Ein Gasriese war dafür perfekt geeignet.
„Leider werden Reichweite und Wirkungsgrad unserer Waffen von der dichten Atmosphäre beeinträchtigt“, ergänzte Thor. „Daher ist es notwendig, dass wir nahe genug an die Station herankommen, um sie zu eliminieren. Ist das Fischernetz nicht mehr vorhanden, wird es uns möglich sein, dieses Sonnensystem ungehindert zu verlassen.“
An den Holodisplays blinkte es auf, als die vermutlich ebenfalls nur eingeschränkt arbeitenden Sensoren ein Objekt erfassten.
Das heißt eigentlich zwei Objekte. Und keines davon war die Raumstation.
Jemand fluchte. „Die haben auf uns gewartet.“
Die Frage, ob es sich bei den Besitzern der Schiffe um Tzenk oder Replikatoren handelte, stellte sich jedoch nicht lange. „Von den Objekten haben sich soeben zwei kleinere Objekte gelöst“, meldete Hyrrockin. „Sie näheren sich uns mit großer Geschwindigkeit.“
Auch Sam kannte inzwischen die Projektile der Replikatoren, wenn auch bisher nur aus Erzählungen.
„Ausweichmanöver“, befahl Thor völlig ungerührt. „Gegenmaßnahmen.“
Auf der Karte war zu sehen, wie die Mjölnir einen Haken schlug und zur Seite auswich. Doch die Projektile folgten wie Jagdhunde, die eine Spur aufgenommen hatten.
„Commander Thor“, meldete nun Hermiod, der völlig selbstverständlich wieder seinen Posten übernommen hatte. „Soeben wurden vier Techniker mit schweren Strahlenschäden in das medizinische Zentrum eingeliefert.“
Sam riss sich vom Anblick des taktischen Hologramms und los und runzelte die Stirn. Wo kam die Strahlung her, wenn es bisher keine Schäden am Schiff gab, die das verursachen konnten?
„Offenbar waren die Techniker über einen längeren Zeitraum einer Neutronenquelle ausgesetzt.“
Neutronen!
Mit leisem Klick, klick, klick setzten sich die Puzzlesteinchen in ihrem Kopf zusammen.
„Wir haben noch eine weitere Bombe an Bord!“, platzte sie heraus.
Alles drehte sich zu ihr um. Daniel und Teal’c warfen sich einen stummen Blick zu und hasteten ohne eine weitere Frage davon.
„Diese „Neutronenbomben“ der Tzenk sind nur stabil, weil sie in ihrem Inneren einen immensen Druck, wie er auch innerhalb eines Neutronensterns herrscht, aufrecht erhalten“, erklärte Sam hastig in die fragenden Gesichter. „Aber so etwas kostet Energie und die ist irgendwann verbraucht.“
„Wodurch die Bombe explodiert“, vermutete O’Neill, durchaus gestresst.
„Sie muss nicht explodieren, um uns umzubringen! Wenn der Druck nur langsam nachlässt, werden die Neutronen nur allmählich freigesetzt. Trotzdem werden wir dabei verstrahlt und gehen daran früher oder später zugrunde.“
Wie um ihren Worten Hohn zu sprechen, raste eine Erschütterung durch das Schiff. Der Boden bockte, löste sich von ihren Füßen, schien für einen Moment zur Seite wegzukippen.
Dann war es schon wieder vorbei. Weiß flirrende Kraftfelder hielten sie an Ort und Stelle und verhinderten, dass irgendwer stürzte. Nach getaner Arbeit verloschen sie wieder.
Auf dem Holodisplay war nur noch eines der kegelförmigen Projektile zu sehen und Sam wurde klar, was mit dem anderen geschehen war. Es war in die Hülle eingeschlagen. Die Energien, welche die Gegenmaßnahmen der Asgard in es hinein gepumpt hatten, waren ausreichend gewesen, um den Replikatorbausteinen ihre Funktionsfähigkeit zu rauben. Aber die Energie blieb erhalten und als das Projektil die Schilde durchdrang und die Hülle erreichte, war sie freigesetzt worden – in einer Explosion.
Die schematische Darstellung der Mjölnir in einem der Hologramme wirbelte herum und enthüllte, dass das Schiff nicht mehr vollständig war.
„Hüllenbrüche auf den Decks 13 bis 19“, erklärte Hermiod und untertrieb dabei. Es war nicht nur die Hülle beschädigt worden. Die Explosion hatte ein tiefes Loch gerissen. „Einige der Notschotten arbeiten nicht, wir verlieren Atmosphäre.“
„Versiegele die Decks und beame die betroffene Mannschaft aus dem Gefahrenbereich“, befahl Thor. „Die Crew soll sich von der Hülle fernhalten.“
Das zweite Projektil verfolgte sie immer noch und war inzwischen bedenklich nahe gekommen. Der einzige Lichtblick war, dass die Sensoren inzwischen nicht nur die beiden feindlichen Schiffe, sondern auch die gesuchte Raumstation anzeigten.
„Ich nehme Teal’c vom Beamvorgang aus“, hörte Sam Hermiod sagen. „Er transportiert inzwischen die Bombe.“
Das Schema der Mjölnir wurde transparent und sprang ihnen entgegen. Der rote Punkt eines Lebenszeichens – eines Jaffa-Lebenszeichens – hastete durch Gänge, aus denen im Moment vermutlich die Atmosphäre in einem nicht zu verachtenden Sturm entwich.
„Zehn Sekunden bis Einschlag“, verkündete Hyrrockin.
Der rote Punkt rannte weiter.
„Wo wird das Ding uns treffen?“, fragte O’Neill tonlos. Teal’c konnte sich im Gegensatz zu den Asgard eben nicht von der Hülle fernhalten.
Ein mächtiger Schlag traf das Schiff. Der Knall schmerzte selbst hier noch in den Ohren.
„Schäden auf den Decks 9“, Hermiod musste gar nicht zu Ende reden. Da war der rote Punkt noch... „bis 16.“ ...aber er bewegte sich nicht mehr.
Auf der Karte war zu sehen, wie die Mjölnir herumschwenkte und nach dem scheinbar endlosen Ausweichen wieder Kurs auf die Station nahm. Doch die Entfernung zum Ziel schrumpfte nicht, wie sie es hätte tun sollen.
Im Gegenteil.
„Die Station taucht tiefer in die Atmosphäre ein“, wusste Hyrrockin zu berichten.
„Was? Wie ist denn das möglich?“, entfuhr es Sam. Der Druck innerhalb eines Gasriesen wurde sehr, sehr groß. Die Schirme der Tzenk liefen bereits unter Volllast. Ein weiteres Abtauchen wäre für sie vollkommen unmöglich.
„Die Replikatoren.“ Thors Stimme klang beinahe wie ein Seufzen. „Sie haben die Station übernommen und die Schilde verstärkt.“
„Die beiden Schiffe kommen näher.“ Wieder Hyrrockin.
Sie hatten verloren. Wenn die Replikatoren schon so lange an Bord der Station waren, dass sie die Schirme derart verstärken konnten, um weiter abtauchen zu können, dann brauchten sie auch keine Angst mehr vor einem Angriff haben. Selbst, wenn sie es schaffen würden bis zur Station vorzustoßen, würden sie eben keine Seifenblase mehr vorfinden, in die man einfach nur kurz hinein stechen musste, um sie zum Platzen zu bringen. Im Gegenteil hätten sie es mit einer Granitkugel zu tun.
„Wir setzen den Kurs fort“, befahl Thor. „Eine andere Option haben wir nicht.“
Doch, schoss es Sam durch den Kopf. Überleben. Selbst, wenn sie in diesem System erst einmal festsaßen und daran nichts mehr ändern konnten, so würden sie dennoch überleben.
Die Idee durchfuhr sie siedendheiß. „Wir haben eine andere Option!“ Schon wieder hatte sie die ungeteilte Aufmerksamkeit. „Das Wurmloch. Es funktioniert in beide Richtungen!“
„Aber Sie wissen nicht, wohin es führt, nicht wahr?“, hielt O’Neill prompt dagegen.
„Wenn es in eine benachbarte Galaxis führt, dann können wir mit dem Asgard-Hyperantrieb genauso gut von dort aus nach Hause zurückkehren. Falls das Ziel in einer unbekannten Region des Universums liegt, kehren wir eben wieder um.“
Doch dann sah sie die Probleme, die dabei entstanden. „Allerdings können wir mit dem Hyperantrieb nicht in das Wurmloch springen und wir wissen nicht genau, wie groß es ist und welche Form es hat. Es könnte irgendein Ei sein, das schief im All hängt. Daher wissen wir auch nicht, wo genau wir hin springen müssen“, sprudelte es aus ihr hervor. „Wir müssten also ein ganzes Stück vor dem Wurmloch aus dem Hyperraum fallen, um genug Sicherheitsabstand zu haben.
Dabei sind wir aber einen Moment deutlich zu sehen und die Replikatoren könnten uns orten. Wenn wir dann auf einmal in das Wurmloch einfliegen und dabei von ihren Sensoren verschwinden, werden sie sich vielleicht fragen, wie das sein kann und nachsehen kommen. Damit wäre die Position des Wurmlochs verraten.“
Colonel O’Neill starrte sie vorwurfsvoll aus braunen Augen an.
Sie schnitt zerknirscht eine Grimasse.
„Dann ist es keine Option“, beschloss Thor.
Sam sah hinüber zum Holo mit der Schiffskarte. Teal’c rührte sich dort immer noch nicht. Die Bombe, welche mit ihrer Strahlung gerade Teile des Schiffs verseuchte, sicherlich unmittelbar an seiner Seite liegend. Sam wünschte, sie hätte in dieser Hinsicht etwas unternehmen können, doch sie musste nachdenken. Ihr eigenes Problem musste irgendwie lösbar sein!
Ein grüner Punkt näherte sich dem roten Punkt. Alle grünen Punkte – Menschen – waren hier auf der Brücke versammelt. Bis auf Daniel. Er war zur Stelle, um Teal’c zu helfen.
Es war schwer, sich unter solchen Umständen zu konzentrieren. Noch immer starrte der Colonel sie an, als wolle er sagen Ich weiß, dass sie die Lösungen kennen. Geben Sie es nur zu!
Der grüne Punkt verharrte mit einem Mal scheinbar grundlos auf der Stelle. Sam schnappte überrascht nach Luft und rief: „Ich hab’s!“ Sie eilte hinüber zu einer seitlichen Konsolen der Brücke. Dort hatte der Asgard gesessen, mit dem sie gemeinsam die Entdeckung des Wurmlochs gemacht hatte. Einen unangenehmen Moment war sie sich nicht sicher, ob sie jetzt die gleiche Person wie damals vor sich hatte, zu ähnlich waren sich die Asgard. „Wir werden einfach hinter dem Wurmloch aus dem Hyperraum kommen. Das Wurmloch wird uns verdecken und die Replikatoren können uns von ihrer Position aus nicht sehen.“
Sie begann, dem Asgard, von dem sie inzwischen zuversichtlich war, dass es sich um den Gesuchten handelte, zu erklären, was genau sie von ihm wollte. Er sollte den Bereich hinter dem Wurmloch berechnen, von dem man sie einerseits nicht sehen konnte und der sich andererseits definitivnicht innerhalb des Wurmlochs befand.
„Hyrrockin. Bring uns hier raus.“ Thor schien beschlossen zu haben, die Option zu ergreifen, die sich ihm dadurch bot.
Die Mjölnir schwenkte erneut herum und strebte der Oberfläche des Gasplaneten entgegen. Nur im Vakuum des freien Weltalls konnten sie ein stabiles Hyperraumfenster generieren. Die beiden Replikatorenschiffe waren ein ganzes Stück von der geplanten Flugbahn entfernt, konnten ihnen also nicht den Weg versperren. Eine Bedrohung waren sie trotzdem, denn kurz darauf meldete die Asgard-Frau: „Die gegnerischen Schiffe haben soeben vier weitere Projektile verschossen.“
Vier!
Wenn man ein einzelnes sofort unter Beschuss nahm, hatte man 63 Prozent Erfolgsaussicht, zitierte Sam innerlich. Zwei Stück waren offenbar auch noch machbar. Aber vier?
Vor der gegenüberliegenden Seitenwand der Brücke leuchtete es grell auf und ließ zwei vertraute Gestalten zurück. Obwohl Sam bei Teal’c keine Verletzungen erkennen konnte, musste sich der Jaffa dennoch auf Daniel stützen. „Problem gelöst“, erklärte Daniel knapp. „Die Bombe sind wir los.“ Dann widmete er sich wieder Teal’c.
Erneut bockte der Boden unter ihren Füßen, löste sich von ihr und schlug ihr dann entgegen. Während Sam von einem Sicherheitskraftfeld an Ort und Stelle gehalten wurde, fiel das System an anderer Stelle aus. Eine ganze Reihe von Asgard wurde aus ihren Sesseln geworfen.
Nur langsam kamen sie wieder auf die Beine.
Bis auf einen, welcher röchelnd und in mitleiderregender, verkrümmter Haltung liegen blieb.
Doch ehe irgendwer zu Hilfe eilen konnte, griff bereits ein anderes Sicherheitssystem. In gleißendem Licht verschwand der Verletzte. Sam wandte sich um und stellte fest, dass auch Teal’c verschwunden war. Daniel stand nach wie vor an der gleichen Stelle und versuchte erleichtert statt überrascht auszusehen.
Eine Folgeexplosion, erklärte Sam sich die Erschütterung. Sie hatten keinen Treffer erhalten, aber irgendein zuvor beschädigtes Aggregat war explodiert.
Ihr Blick wurde wieder von der Außenansicht eingefangen, wo die blauen Schleier der Atmosphäre allmählich dünner wurden – und zu allem Überfluss zwei weitere Schiffe enthüllten.
„Schaffst du es rechtzeitig?“, konnte sich Sam nicht verkneifen den namenslosen Asgard-Wissenschafler an ihrer Seite zu fragen. Doch dieser war zu sehr damit beschäftigt auf einer sich ständig verändernden, interaktiven Konsole seine Rechnungen durchzuführen, als ihre Frage zu beantworten.
„Kurs halten“, befahl Thor. „Feuer eröffnen!“
Wie der mythologische Hammer, dessen Namen das Schiff trug und der, einmal vom Donnergott geworfen, sein Ziel stets vernichtend traf, raste die Mjölnir dem Feind entgegen. Die Waffen traten in Aktion und entfesselten ungeheure Kräfte. Eine Dreiersalve nach der anderen brandete einem der gegnerischen Schiffe entgegen und zerlegte es schließlich in kleinere Teile, als die alten Germanen Namen dafür gehabt hätten.
„Möglicherweise“, verkündete der Asgard neben ihr.
„Wie bitte?“ Doch dann wurde ihr klar, dass er ihre vorangegangene Frage beantwortet hatte.
Viel zu nah am verbliebenen gegnerischen Schiff rasten sie an diesem vorbei und ließen es hinter sich. Freier Weltraum lag vor ihnen.
„Dieses Schiff hat nun ebenfalls ein Projektil verschossen“, stellte Hyrrockin fest. „Aufschlag in zehn Sekunden.“
Sam zweifelte nicht daran, dass dieses Projektil, das sie im Gegensatz zu seinen vier Kumpanen noch nicht hatten beschießen können, den Zweck erfüllen würde, zu dem es geschaffen worden war, statt einfach so in einer Explosion zu vergehen.
Viel zu langsam öffnete sich die Hyperraumperforation vor ihnen. Die Tachyonen, die mit ihrem Zerfall das typische blau-weiße Leuchten des Hyperraumfensters erzeugten, schienen heute alle Zeit der Welt zu haben.
Auf der holographischen Karte berührte das neue Projektil die Mjölnir.
In der Realität verschwand das Schiff zuvor im Hyperraum.

Sie traten in den Hyperraum ein und verließen ihn auf der Stelle wieder. Von einem Moment zum anderen war auf den Holodisplays jedes Anzeichen einer Bedrohung verschwunden. Die Außenbeobachtung zeigte nichts als Schwärze. Ruhe kehrte ein.
„Das Sonnensystem ist aus unserer Ortung verschwunden“, kommentierte die Navigatorin.
Carter trat neben Jack. „Das heißt, dass das Wurmloch tatsächlich an Ort und Stelle ist und den Stern verdeckt“, klärte sie ihn überflüssigerweise auf. Es war ihm klar, was das bedeutete, dennoch sparte er sich den Protest. Dieses Verhalten schadete zwar seinem Ruf, aber auf die Weise musste er Carter nicht hinterher rennen, wenn er einmal wirklich überfordert war.
„Ich setze Kurs auf den Ereignishorizont“, fuhr die Asgard-Frau fort und tippte auf ihrer Konsole herum.
Jack wurde unangenehm bewusst, dass irgendwo in ihrer Nähe ein riesiger, sternenfressender Moloch im Raum hing. Das war ihm unheimlich. Ein schwarzes Ding auf schwarzem Grund, das keiner sehen konnte, aber das dennoch da war. Carter und die Asgard schienen sich ihrer Sache sicher zu sein, aber wenn man es nicht sehen konnte – woher wollten sie dann wissen, dass es auch das war, wofür sie es hielten? Womöglich verhielt es sich eben doch nicht so berechenbar, wie alle glaubten.
„Daniel“, bat Jack rasch den Freund, „bitte sehen Sie nach Teal’c.“
Daniel nickte und eilte eifrig davon.
Kurz darauf ergriff Hermiod wieder das Wort. „Wir haben soeben den Horizont passiert.“
Jack sah auf die Displays, die immer noch die selbe Schwärze wie gerade eben zeigten. „Und das weißt du... woher? “, ließ er sich zu fragen hinreißen.
Auch wenn es für Hermiod vermutlich nichts Simpleres als das gab, so antwortete er dennoch erstaunlich bereitwillig. „Obwohl zuvor mit bloßem Auge nichts in der Außenbeobachtung zu sehen war, hätte bereits ein optisches Teleskop ausgereicht, um dennoch einen Galaxienhintergrund zu erkennen. Seit unserem Eintritt in das Wurmloch ist dort tatsächlich nichts mehr.“
„Wir sollten eine Reihe von Sonden auswerfen, um unser Vorankommen zu dokumentieren“, schlug Carter vor.
Thor schwieg, schien die Weisheit, die sich mit Sicherheit hinter diesen Worten verbarg, nicht zu sehen. Schließlich drehte sich der Asgard am Rande der Brücke, mit dem Carter zuvor verhandelt hatte, um und sprach: „Das ist korrekt. Die Metrik innerhalb des Wurmlochs ist keineswegs isotrop.“
Was auch immer das heißen sollte.
Thor nickte und Jack konnte beobachten, wie kurz darauf hell erleuchtete Sonden hinter dem Schiff zurückblieben. Seltsamerweise beschrieb die Perlenschnur, welche sie auf diese Weise durch das Nichts zeichneten, keine gerade Linie sondern einen weiten Bogen. Die Navigatorin korrigierte den Kurs, bis die neu ausgesetzten Sonden schließlich doch eine Gerade bildeten.
Carter sah ihn an und ihm war völlig klar, über was sie nachdachte. Nicht über die Erklärung dieses Vorgangs, sondern ob sie es ihm erklären sollte. „Der Eingang des Wurmlochs ist eine Kugel, Sir“, erklärte sie gedämpft, damit die Asgard davon möglichst wenig mitbekamen. „Wir konnten von jeder Seite in es einfliegen, aber im Inneren ist unsere Richtung nicht mehr egal. Das ist wie bei einer Ameise, die durch ein Rohr kriecht.“
Ameise, Ameise, wiederholte Jack in Gedanken. Würmer und Äpfel. Bienen und Blüten! Wer dachte sich eigentlich immer diese Vergleich aus?
Carter fuhr fort: „Wenn wir in die falsche Richtung fliegen oder die Ameise aus Versehen senkrecht zum Verlauf des Rohres läuft, beschreibt sie einen Kreis und kehrt zu ihrem Ausgangspunkt zurück, obwohl sie ständig nur geradeaus gelaufen ist. Hätten wir den Kurs nicht korrigiert, wäre uns mit etwas Pech ähnliches passiert.“
Jack stellte zu seinem Entsetzen fest, über diese Worte nachzudenken. Die Ameise glaubte doch nur gerade aus zu laufen. Ein Rauschiff dagegen tat das gewöhnlich tatsächlich.. . Das war zumindest seine Ansicht. Doch er fragte Carter nicht danach.
Womöglich hätte sie geantwortet.


* * *


Ohne Komplikationen folgte die Mjölnir dem Verlauf des Wurmlochs. Thor sah, wie Hermiod seine zur Zeit nicht benötigte Station verließ und zu ihm herüber kam.
„Du hattest Recht. Meine Einschätzung könnte tatsächlich nicht korrekt gewesen sein.“
Es kam nicht oft vor, dass das Verhalten eines Artgenossen Thor überraschen konnte. Alle Asgard verhielten sich in der Regel äußerst vernünftig, was ihre Handlungsweise vorhersehbar machte. Darüber hinaus legte Thor großen Wert darauf, die individuellen Eigenheiten seiner Crew zu kennen. Auch Hermiod kannte er eigentlich recht gut. Dennoch überraschte es Thor, etwas derartiges von ihm zu hören zu bekommen.
„Im Gegensatz zu mir haben die Menschen großen Wert darauf gelegt, möglichst viele Leben auf beiden Seiten zu schonen. Vielleicht weist dieses Volk tatsächlich Eigenschaften auf, welche uns abhanden gekommen sind“, erklärte Hermiod seine vorangegange Aussage. „Es könnte durchaus von Vorteil sein, sie weiter zu studieren.“
Asgard hatten keine Meinung. Eine Meinung konnte man auch haben, ohne irgendwelche Fakten zu kennen. Menschen hatten manchmal Meinungen. Asgard dagegen interpretierten nur genau die Fakten, welche sie zur Verfügung hatten.
Hermiod hatte eine Reihe von Galaxien besucht. Soweit Thor das wusste, gehörte die Milchstraße allerdings nicht dazu. Die Fakten, die Hermiod zur Verfügung standen, waren entsprechend gering. Doch er schien tatsächlich bereit zu sein, dies zu ändern und womöglich die Fakten auch neu zu interpretieren.
Jetzt war Thor auch klar, weswegen Hermiod zu ihm kam. Natürlich ging es ihm nicht darum, Thor über seinen persönlichen Fehler in Kenntnis zu setzten. Dies hätte nur Hermiod alleine etwas angegangen. Nein, er wollte etwas von ihm.
Obwohl es aus pragmatischen Gründen zunehmend lockerer gehandhabt wurde, unterlag der Kontakt zu Menschen immer noch strengen Regulationen. Der Wunsch nach einem Studium an den Menschen – besonders da Hermiod darunter sicherlich den unmittelbaren Kontakt verstand und nicht etwa Beobachtungen im Verborgenen – war daher weitaus leichter gesagt, als umgesetzt.
Doch Thor hatte, was dieses Thema anging, durchaus Einfluss. „Ich könnte dich bei diesem Vorhaben unterstützen“, erklärte er sich bereit.
„Ich hatte vor, dich darum zu bitten“, war Hermiod nicht verlegen zuzugeben.
In Thors dunklen Augen spiegelte Befriedigung wieder. Vielleicht gab es noch Hoffnung für den jungen Mann.

Etwas befremdet beobachtete Jack seine Stellvertreterin, wie diese mit verschränkten Armen vor dem Front-Hologramm stand, als würde sie frösteln.
Er ignorierte es jedoch für den Moment und fragte Hermiod, der gerade zu seiner Station zurückkehrte: „Wie lange werden wir brauchen, bis wir die andere Seite des Wurm-Lochs erreichen?“
Hermiod sah zu ihm auf. „Etwa ein bis zwei euer Stunden.“
„Was? Eine genauere Angabe habt ihr Kerle nicht drauf?“, entfuhr es Jack ehrlich überrascht.
„Ich kann Ihnen die Probleme bei der Berechnung der exakten Länge des Wurmlochs gerne im Detail darlegen.“
War das ein Witz? Von Hermiod? Hatte er inzwischen raus, wie man ihn quälen konnte? Jack schluckte. Oder meinte Hermiod es womöglich doch todernst?
Im Bestreben das nicht herausfinden zu wollen, floh Jack zu Carter.
„Wo drückt der Schuh?“
„Der Schuh, Sir?“, schreckte sie aus ihren Gedanken auf.
„Schuh, Stiefel... Sie“, schlug er vor. „Was bedrückt Sie
„Nichts“, behauptete sie. „Nichts, was Sie interessieren würde“, relativierte sie dann.
Sein linkes Knie zuckte, als wolle es instinktiv die Flucht ergreifen. Doch Jack redete ihm gut zu und blieb.
„Wissen Sie, dass sich meine Doktorarbeit mit Wurmlöchern beschäftigte?“
Mit was denn sonst?
„Sie werden es nicht glauben, aber es erfordert durchaus Kreativität, wenn man eine Theorie aufstellen will, wie ein Wurmloch vielleicht funktionieren könnte. Wenn man gut ist, dann schafft man es, eine Theorie zu finden, die...“ Sie zögerte, legte den Kopf etwas schief. „...gewisse Probleme vermeidet. Aber selbst dann hat man noch nichts in der Hand, mit dem man sich oder jemand anderen ins Labor stellen könnte, um es zu realisieren.“ Mit großen Augen schien sie einsaugen zu wollen, was immer es war, was sich außerhalb des Schiffes befand. „Seit Sie und Daniel zum ersten Mal das Stargate benutzt haben, versuche ich dieses in seiner Komplexität zu begreifen. Darüber habe ich aber vergessen, dass die Stargate-Wurmlöcher nicht die einzige Lösung des Problems sein müssen...“
„Kinderspielzeug“, stellte Jack fest.
Mit dem überraschten „Entschuldigung?“, hatte sie natürlich völlig recht.
„Kinderspielzeug“, wiederholte er dennoch. „Man spielt damit, hat ne Menge Spaß. Irgendwann verliert man das Interesse, jemand packt es weg, vielleicht in eine Kiste, die dann irgendwo verstaubt. Schließlich findet man die Kiste und erinnert sich an den Spaß, den man damit hatte.“
Jetzt verstand sie.
„Ja“, grinste sie. „Da draußen“, sie deutete auf das Nichts, welches Jack noch immer nicht geheuer war, „das ist mein Kinderspielzeug.“


* * *


Sterne!
Myriaden kleiner Lichtpunkte.
Auf einmal war das Display wieder voll davon.
So wie es sich gehörte.
Die aufklingende Stimme der Asgard-Frau zerstörte diesen Moment jedoch sehr schnell. „Ich versuche unsere Position aufgrund der aktuellen Sternkonstellationen zu bestimmen.“
Jack hielt den Atem an. Zwar schien die Chance nicht allzu groß zu sein, doch offenbar konnte niemand die Möglichkeit ausschließen, dass das Wurmloch sie einen Bereich des Universums transportiert hatte, der entweder völlig unbekannt war oder von dem aus sie nicht wieder nach Hause zurückkehren konnten.
„Das war einfach“, stellte die Frau fest. Jack hätte den Tonfall beinahe für amüsiert gehalten, wenn er es nicht besser gewusst hätte. „Dies ist die Ida Galaxie. Wir sind zu Hause.“

Jack war müde.
Während einer Mission war davon selten etwas zu spüren. Er war stets hellwach und sofort bereit zu handeln. Der Körper hatte mehr Reserven, als er gewöhnlich zugab. Man musste sie nur fordern.
Jetzt jedoch war das vorbei. Sie hatten einen sicheren Hafen erreicht. Ihm und seinem Team – auch Teal’c, wie er sich mehrfach vergewissert hatte – ging es gut. Für die Asgard war Medizin nur Technik. Da sie aber begnadete Techniker waren, war für Teal’c bestens gesorgt.
Jetzt jedoch forderten die Anstrengungen von Jack ihren Preis.
Für Daniel dagegen schien das nicht zu gelten. Er schwebte förmlich durch die Brücke und machte überhaupt den Eindruck, als wäre er eben erst aufgestanden und hätte frisch geduscht.
Daniel packte ihn bei der Hand, winkte Carter herbei und schleifte sie beide zu Thor. Jack ließ es geschehen.
„Der einzige Grund, aus dem wir den Tzenk nichts über das Wurmloch gesagt haben war, dass wir nicht wollten, dass die Replikatoren ihnen folgen und so eine weitere Galaxis infizieren“, sprach Daniel mit der ihm üblichen Leidenschaft. „Nun sind die Replikatoren aber bereits in dieser Galaxie!“
Überrascht flog Jacks Kopf nach oben.


weiter: Epilog

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