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Im Abgrund von Jadzia

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Kapitel Bemerkung: So, an dieser Stelle warne ich noch einmal vor. Es wird ungemütlich. Richtig ungemütlich!
Kapitel 6:
Sturz in den Abgrund


Doch in den darauf folgenden Tagen wurde Johns Glaube schwer auf die Probe gestellt und wenn er auch nur etwas von seiner sturen Beharrlichkeit auf seine Meinung abgewichen wäre und die Augen nicht von den offensichtlichen Zeichen abgewendet hätte, hätte er bemerkt, dass seine Strategie in keinster Weise funktionierte.

Es fing alleine damit an, dass wann immer John aus seinem Quartier ging, er sich konstant von seinen Mitmenschen verfolgt fühlte. Er spürte ihre Blicke auf sich, von denen er sich sicher war, dass sie es wussten. Wussten, was er getan hatte. Die besser als er selbst wussten, was er getan hatte.

Es fiel ihm schwer darüber hinweg zu sehen und sein Unwohlsein vor ihnen zu verbergen. Also ging er dem Ganzen einfach aus dem Weg und blieb die meiste Zeit über allein und fernab von den belebten Orten in Atlantis.

Dann waren da die Alpträume, die ihn konstant überkamen. Vorbei waren die Zeiten, in denen er nicht sagten konnte, was ihn des Nachts heimsuchte und ihn Schweiß gebadet und zitternd aufwachen ließ. John wusste nicht, ob es tatsächliche Erinnerungen waren oder seine lebhafte Fantasie, angeregt durch das Wenige, was er gesehen und gehört hatte.

Seine Nächte waren von Grauen gepackt und oftmals war er es, der eine blutige Spur hinter sich ließ und eine Reihe bestialisch zugerichteter Leichen. Und oftmals waren es bekannte Gesichter, die aus leblosen Augen zu ihm zurück starrten. Menschen die er täglich sah, die er befehligte. Aus diesen Träumen aufzuwachen war das Schwerste und nicht nur einmal hatte er sich am ganzen Leibe zitternd nach ihnen übergeben müssen.

Aber was ihn am meisten seinen Plan ad absurdum führen ließ, waren ironischer weise die Momente, in denen er mit Ronon, Rodney und Teyla zusammen war. Vielleicht lag es daran, dass sie gesehen hatten, wie es in seinem Inneren aussah, als er einen Flashback hatte, wie Kate es formuliert hatte.

Ihr Verhalten hatte sich nicht wirklich verändert, aber unterschwellig war da etwas, das vorher nicht da gewesen war. Ihre Gespräche waren nicht mehr so unbeschwert und John wusste, dass sie auf ihre Worte achteten wenn er in der Nähe war. So war sein Ziel, Normalität in seinem Leben zu erreichen, in weite Ferne gerückt.

Aber John gab nicht auf. Wenn sein Umfeld gegen ihn war, dann änderte er es eben. In anderen Worten, er zog sich komplett zurück. Er umging Treffen mit seinem Team. Ging nur vor die Tür, wenn wenig los war, in den frühen oder späten Stunden des Tages und verbrachte die meiste Zeit allein.

Und doch nützte es nichts. Angst wurde sein ständiger Begleiter. Angst davor, sich an etwas zu erinnern, etwas zu hören oder die Blicke seiner Mitmenschen zu sehen.

Kate Heightmeyer war das nicht entgangen. Sie war er nicht los geworden, auch wenn er nicht mit ihr sprach. Täglich kam sie vorbei, um nach ihm zu sehen. Und ihre Ausstrahlung wurde von mal zu mal besorgter. Aber sie würde ihn nicht weich kochen. Und wann immer sie da war, bemühte er sich sie zu ignorieren, genauso wie er es mit allem anderen machte.

Es mussten fünf Tage in diesem Sinne vergangen sein, als er sich spät abends auf einem der vielen Balkone von Atlantis eingefunden hatte, um den Nachthimmel zu beobachten. Seine kaum zu zügelnden Ängste und Gedanken konnte er meistens so etwas beruhigen.

Warum funktionierte es nicht? Warum stand er hier, leicht in der kühlen Nachtluft zitternd und fürchtete sich vor sich selbst? Wieso konnte er es nicht hinter sich lassen?

„Colonel Sheppard." Lieutenant Holloman war unbemerkt neben ihn getreten und hatte sich ebenfalls an das Gelände gelehnt.

Irgendwie überraschte es ihn nicht, ihn hier zu sehen. Und seltsamerweise fühlte er von dem Lieutenant keine Anklage ausgehend. Er fühlte sich nicht einmal unwohl in seiner Gegenwart, anders als in diesen Tagen sogar bei Ronon, Rodney oder Teyla.

„Lieutenant. Was tun Sie hier so spät noch?"

„Das gleiche wie Sie, Sir, der Welt entkommen."

„Der Welt entkommen?"

„Ja. So vieles hat sich geändert. Ich bin nicht mehr derselbe wie noch vor ein paar Wochen. Und manchmal ist es schwer, das zu akzeptieren. Viele gute Männer sind gestorben. Freunde von mir."

Holloman lachte kurz auf.

„Es waren gute Jungs. Die besten Freunde die ein Mann haben kann. Immer zu Späßen aufgelegt. Verdammt, sie hatten es echt raus, wie man jemanden ärgern kann. Seit sie meinen vollen Namen das erste Mal gehört haben, Jonathan Ryan, nannten sie mich nur noch J.R. . Oh, wie ich das gehasst habe! Schon komisch, inzwischen vermisse ich es. Das Leben ist schon manchmal seltsam."

John musterte das Gesicht des etwas jüngeren Piloten neben ihm. Es war zu den Sternen gerichtet, das, wie einer der Monde, zum Teil von Wolken verdeckt war. Es war kein Schmerz in seinen Zügen, nur leichter Wehmut.

„Manchmal muss man sich den Dingen stellen, bevor man weiter machen kann. Das Geschehene akzeptieren und sich seinen Gefühlen stellen."

Hollomans Blick war nun genau auf John gerichtet. Seine graublauen Augen fixierten ihn förmlich.
„Stellen Sie sich ihrer Taten, Colonel. Tun Sie sich das nicht länger an."

Der Lieutenant hielt den Augenkontakt noch eine Weile und John fühlte, wie ernst er seine Worte meinte.
„Sir", und damit ließ er John schließlich alleine zurück.

Als er später die schwach erleuchteten Gänge der Stadt zurück zu seinem Quartier ging, wusste er nicht mehr genau, ob er sein Ziel auf seinem Wege erreichen konnte. Aber noch war er nicht bereit aufzugeben. Seine Sturheit ließ es nicht zu.

ooOoo


Der nächste Tag startete wie die anderen, mit einer Nacht in der John kaum Ruhe finden konnte. So malträtiert, war er nicht in der Stimmung, sich der Welt da draußen zu stellen und war daher mehr als überrascht, dass Ronon, Rodney und Teyla mit einem Frühstück zu ihm kamen. Er hatte nur Rodney gestern gesehen, aber als das Schweigen zwischen ihnen zu drückend geworden war, hatte sich der Wissenschaftler verabschiedet. Rodney war tatsächlich verlegen für weitere Worte gewesen!

„Wir haben Sie schon länger nicht mehr in der Messe gesehen und dachten uns, dass Ihnen Gesellschaft beim Essen gut tun könnte", erklärte Teyla ihre Anwesenheit.

In der Messe war er tatsächlich nur noch, um sich etwas zu Essen zu holen. Er kam und ging, ohne mehr Zeit als unbedingt nötig dafür zu verwenden. Gemeinsam gesessen hatten sie alle nicht mehr seit dem Tage, an dem John die Messe fluchtartig verlassen hatte.

„Das ist nett", war alles was John sagte, als sich seine Besucher in seinen vier Wänden ausbreiteten. Irgendetwas war in der Luft.

Rodney drückte ihm ein Sandwich in die Hand. „Es ist Truthahn, glaube ich jedenfalls."

Ok. Sie brachten ihm Essen, sie waren alle anwesend und sie hatten alle diesen Gesichtsausdruck, der deutlich sagte, dass sie etwas vor hatten. Es lief ganz offensichtlich auf das Eine hinaus.

John legte sein Sandwich neben sich auf sein Bett. „Leute..."

„Nein, hören Sie uns erst an, ok?", unterbrach ihn Rodney als er um weitere Worte haderte.

„Ihr Verhalten bereitet uns Sorge, John. Wir haben mit Kate Heightmeyer gesprochen," hier konnte er sich einen leichtes Augenverdrehen bei Teylas Worten nicht verkneifen. „Und wir kamen alle nicht umhin zu bemerken, dass Sie sich immer mehr abkapseln."

„Ich kapsele mich nicht ab. Ich suche nur weniger Kontakt mit Anderen."

Rodney warf ihm daraufhin einen etwas scheelen Blick zu.

Und wenn schon. Es war sein gutes Recht sich eine Auszeit zu nehmen. Und wenn John auf Gesellschaft verzichten wollte, dann war es eben so. Es war immerhin seine Entscheidung und nicht, weil er in dieser nicht mehr zurechtkam.

„Ich sehe das anders", brachte Ronon seine Meinung mit ein.

„Es ist alles in Ordnung mit mir. Die Dinge werden sich schon regeln und alles wird wieder normal sein, ein paar Tage mehr —"

„Es wird sich gar nichts regeln!", unterbrach ihn Ronon leicht aufgebracht.

Rodney warf einen unsicheren Blick von ihm zu Ronon und zurück.

„Was er damit in seiner Wortgewandtheit sagen will ist, dass es so nicht funktionieren kann, Sheppard. Ich habe auch versucht meine Folter zu ignorieren. Aber es hat es nur schlimmer gemacht. Und schauen Sie sich doch an! Ein Blinder kann sehen, das Sie deutlich an Gewicht abgenommen haben und das Sie kaum noch schlafen!"

Rodneys anfänglicher ruhiger Ton hatte sich in seinen natürlich anklagenden verwandelt, mit dem er seine halbe Abteilung täglich konfrontierte.

„Ich..."

Doch weiter kam er nicht, da sich Teyla ihm zuwandte.

„John, ich habe Sie nachts schlaflos durch Atlantis wandern sehen. Sie haben ein Problem und wenn Sie es sich nicht eingestehen, können wir es nicht lösen."

Sie hatte wir gesagt, das hatte er deutlich heraus gehört. Das hatten sie ihm alle zu verstehen gegeben, dass er nicht alleine war.

„Da — da ist kein Problem. Ich —"

„Kein Problem? Das ist nicht Ihr ernst! Machen Sie doch mal die Augen auf! Ich weiß nicht, was Ihnen passiert ist, nur das was Ronon und Kate mir erzählt haben."

Hier ging Rodneys Blick kurz zu Ronon, der diesen allerdings nicht erwiderte und ihm den Rücken zuwandte.

„Aber was es auch ist, es ist nicht Ihre Art fort zu laufen! Seit wann rennen Sie vor Problemen davon?"

Sie drängten ihn in eine Ecke, in der er auf keinen Fall enden wollte. Wenn er in diesem Moment die Wahl gehabt hätte, er hätte sie hier allesamt sitzen lassen und wäre durch die Tür gestürmt.

Und war es nicht genau das, was sie versuchten ihm zu sagen? Rannte er wirklich davon?

Unruhig rutschte er auf seinem Bett hin und her. Er dachte über Rodneys Worte nach und stieß auf etwas, was ihn eine unsichere Frage äußern lies, wenn auch nur um überhaupt etwas zu sagen.

„Ronon, er — er weiß es?" Brüchiger als er gedacht hätte, flüsterte er beinahe die Worte in die schwere Stille hinein.

„Er war dabei", war alles, was er als Antwort erhielt. Und noch nicht einmal von Ronon selbst, sondern von Rodney. Ronon selbst stand noch immer mit dem Rücken zu ihnen und am weitesten von ihm entfernt.

Er war also dabei. Ronon hatte es also gesehen. Hatte ihn gesehen. Hatte das gesehen, was John so hoffnungslos zu vergessen suchte.

„Stellen Sie die Frage." Ronon hatte sich noch immer nicht gerührt, als er seine Worte in den Raum warf.

Und John fühlte sich plötzlich sehr unwohl und er spürte wie seine Hände zu zittern anfingen. Und auch seine Stimme zitterte. „Wa — was?"

„Stellen Sie die Frage", wiederholte Ronon seine Worte mit deutlich mehr Nachdruck.

„Ronon, ich denke nicht —", fing Teyla an sich an den Satedaner zu richten.

Doch dieser ließ sie ihren Satz nicht zu Ende führen.

„Nein. Es ist an der Zeit dafür. Er muss sich seinen Ängsten stellen."

Teyla erhob sich daraufhin und auch Rodney trat einen Schritt näher an Ronon heran.

„Was soll das heißen? Sie wissen was Kate gesagt hat."

„Das nützt nichts. Das Ganze dauert schon viel zu lange. Ihre Methode funktioniert nicht. Jetzt versuchen wir meine!"

Deutlich hatte Ronons Stimme den gefährlichen Ton angenommen, der schon so manchen in die Knie gezwungen hatte.

Unbewusst war John während des Gespräches aufgestanden und langsam von ihnen zurück gewichen.
„Ronon, ich denke wirklich nicht —"

Doch diesen Moment hatte der Satedaner gewählt, um sich John zuzuwenden und langsam auf ihn zu zu gehen.

„Stellen Sie die Frage!"

Ronon hatte eine mehr als gefährliche Haltung angenommen und seine ganze Gestik war eine einzige Drohung.

John spürte die Wand in seinen Rücken drücken, als er nicht mehr weiter zurückweichen konnte. Er wusste welche Frage Ronon meinte. Die Frage, der er seit dem ersten Tag komplett ausgewichen war.

Was ist passiert?

Die Angst pulsierte durch seine Adern und verzweifelt sah er sich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Er würde die Frage nicht stellen.

„Ich kann nicht...", brachte er schwer atmend hervor.

Inzwischen stand Ronon direkt vor John, Teyla und Rodney unweit hinter ihm, wenn auch mit besorgten anstatt mit fordernden Gesichtsausdrücken.

„Fragen Sie!" Grob packte Ronon ihn und hielt John mit seinem rechten Arm gegen die Wand gedrückt.

Er hörte kaum die protestierenden Rufe Rodneys und Teylas, als er in die unnachgiebigen, dunklen Augen seines Gegenübers sah.

Langsam schüttelte er den Kopf und ein kaum hörbares „Nein" kam ihm über die Lippen, dass alles an Verzweiflung und Angst enthielt, was gerade in ihm vorging. Schweiß brach auf seiner Stirn aus und für einen Moment dachte er, dass Ronon ihn schlagen würde.

Und in gewisser Weise tat er das auch. Mit seiner linken noch freien Hand brachte er eine silbrige Klinge hervor.

Es war ein Messer. Es war sein Messer!

„Nein", kam es ihm wieder über die Lippen, wenn auch dieses mal voller Panik.

Hatte er vorher Ronon noch in seinem Tun gewähren lassen, kämpfte er nun mit dem kräftigen Griff seines Freundes.

Alles, nur das nicht! Alles, aber nicht das!

Ronons Griff war unnachgiebig, ebenso wie seine Augen.

„Sie werden sich dem stellen, ob Sie wollen oder nicht!"

Und damit packte er Johns rechten Arm und drückte ihm das Messer in die Hand. Mit seiner linken sorgte er dafür, dass John es nicht fallen lassen konnte.

Und wie sehr wünschte John sich, dieses Messer los zu werden! Dieses Messer, sein Messer, das er an dem Tag getragen hatte, als sie Rodney und Teyla befreien wollten. Das Messer, das er in seine Hände genommen hatte als er keine Munition mehr hatte. Mit dem er sich wütend und voller Hass auf seine Feinde, in einem einzigen Blutrausch, gestürzt hatte. Mit dem er sie abgeschlachtet hatte. Mit dem er... Mit dem er...

Ein durchdringender Schrei entglitt ihm, der sich nach einer Weile in ein haltloses Schluchzen wandelte.
Heiße Tränen liefen sein verschwitztes Gesicht hinab.

Was hatte er getan? Was hatte er nur getan?

Immer wieder sah er es vor sich, immer und immer wieder sah er wie er sein Messer hob, nachdem er Chorej bestialisch ermordet hatte. Und er es noch ein weiteres Mal benutzte.

John konnte dem nicht entkommen. Und er vergrub sein Gesicht mit einem weiteren brüchigen Verzweiflungsschrei in seinen Händen. Er hatte nicht bemerkt, dass Ronon ihn nicht mehr festhielt oder das sein Messer verschwunden war, oder auch nur, dass er inzwischen auf dem Boden saß.

Das einzige was er sah, war das Messer in seiner von Blut triefenden Hand, wie es das letzte Mal niederging. Wie frisches, warmes Blut sich ausbreitete und ihm entgegen spritzte.

„Ich rufe Dr. Heightmeyer. Er braucht Hilfe, jemand der weiß, was zu tun ist, der den Schaden wieder gutmachen kann, den unser Höhlenmensch hier angerichtet hat!"

„Ronon, warum haben Sie das getan?"

„Weil es das Richtige war. Er wird mir noch dankbar dafür sein."

Die Bilder rotierten in seinem Kopf bis ihm schwindelig wurde und er nichts außer Rot vor sich sehen konnte. Krampfhaft hielt er seinen Kopf fest und krallte die Finger in seine Haare. Würde er loslassen, er würde in dem Rot ertrinken, dessen war er sich sicher.

Kaum nur spürte er eine Hand auf seiner Schulter. Und nur vage hatte er den Eindruck, dass jemand zu ihm reden würde, auch wenn der Sinn nicht bei ihm ankam. Der Tonfall alleine war aber schon beruhigend und festigte seinen wackeligen Halt in der Wirklichkeit.

„Es ist gut, John. Sie sind nicht allein. Wir stehen das gemeinsam durch."

tbc
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