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Im Abgrund von Jadzia

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Kapitel 1:
Zu sich kommen


Ganz leise, nur am Rande seiner Wahrnehmung, konnte er Geräusche vernehmen.

Unzusammenhängend, keinen Sinn ergebend, in seiner wollig weichen Welt, aus der er langsam zu sich kam. Er wollte sie nicht verlassen. Alles war so friedlich, so ruhig und leicht. Aber sein Körper hatte sich eindeutig anders als er entschieden.

Vorsichtig blinzelnd nahm John seine Umgebung in Augenschein. Atlantis. Krankenstation.

Langsam erhob er sich und wurde sich so seines Körpers bewusst, der mit einer ganzen Reihe an Sensationen auf die Bewegung antwortete.

Mit einem schmerzverzerrten Stöhnen brachte er sich wieder auf die weichen Kissen zurück. Seine linke Schulter und seine rechte Bauchgegend pochten unangenehm durch ihn.

Seine Handlung musste aufgefallen sein, denn eine Krankenschwester kam zu seinem Krankenbett.

„Colonel! Schön, dass Sie wach sind! Nach einem ganzen Tag wurde es auch langsam Zeit. Haben Sie Schmerzen?"

Dieser Litanei nachgesetzt, folgte eine Reihe von Untersuchungen, denen er nicht im Geringsten folgte.

John musste wohl auf totalen Durchzug gestellt haben, denn eine neue Stimme brachte ihn aus seinem Dämmerzustand. Blinzelnd richtete er seine Augen auf Colonel Carter, die ein aufmunterndes Lächeln im Gesicht trug, dass nicht ganz ihre Augen erreichen wollte.

„Wie geht es Ihnen, John?"

„Gut. Mir geht es gut. Alles in Ordnung."

Der Blick des Colonels verließ ihn kurz und richtete sich auf eine Ecke des Raumes, die er nicht sehen konnte, bis er wieder auf ihm landete. „Das ist schön."

Eine Stille breitete sich zwischen ihnen aus, in der Carter ihn abwartend ansah. Erst nach ein paar Minuten wurde diese von ihr durchbrochen. „Rodney und Teyla geht es gut. Sie befinden sich ein Bett neben Ihnen, falls Sie später nach ihnen sehen möchten."

„Huh uh."

„Ihre Verletzungen waren ernst, aber wir konnten sie rechtzeitig befreien."

Carter sah ihn mit diesem Blick an, der einen Hauch von Besorgnis widerspiegelte. Vielleicht wartete sie auf eine Erwiderung von ihm. Aber er wusste nicht das Geringste zu sagen, so dass sich eine erneute Stille zwischen sie senkte.

„Den anderen Verletzten geht es gut. Dr. Keller sagt, dass sie alle durchkommen werden."

„Gut."

Das war es doch. Gut. Alles war gut. In bester Ordnung.

„Ah, ich denke, dass Ronon sicherlich noch bei Ihnen vorbei schauen wird." Auf eine Reaktion wartend, sah sie ihn an. „Um nach Ihnen und den Anderen zu sehen."

Nickend nahm John ihre Worte auf.

„Ok, dann werde ich mal wieder gehen."

Und das tat sie. Mit einem unsicheren, letzten Blick in seine Richtung, verließ sie ihn. Und er machte es sich erneut in den Kissen gemütlich, um wieder in die weiche, wollige Welt einzutauchen.

ooOoo


Dr. Keller hatte heute nach ihm gesehen. Die Wunden würden gut heilen und er könne sich ruhig in der Krankenstation bewegen. Und mit einem leichten Kopfnicken hatte sie auf die Betten rechts neben John gedeutet, die mit einem Vorhang abgesperrt waren.

Es war der zweite Tag nachdem er hier zu sich gekommen war. Ronon hatte mal kurz nach ihm gesehen, bevor er sich zu Teyla und Rodney begeben hatte. Sie hatten nicht viele Worte miteinander gewechselt. Aber es gab ja auch nicht viel zu sagen.

Das Mittagessen kam und ging, ohne dass er sich zu seinen Freunden begeben hatte. Aber das war schon in Ordnung. Sie wurden gut versorgt, ihnen ging es gut und Ronon war sicherlich gerade bei ihnen. Kein Grund jetzt zu stören. Außerdem war es recht voll in der Krankenstation und John wollte nicht im Weg stehen, wenn einer der anderen Patienten Hilfe bräuchte. Nein, das war schon Ok. Er konnte hier einfach liegen und die Zeit vergehen lassen.

Er musste wohl weg gedöst sein, denn das nächste was er wahrnahm waren Stimmen zu seiner rechten. Noch nicht ganz wach, aber auch noch nicht mehr ganz am Schlafen, lauschte er den Stimmen, die ihn seltsam einlullten und deren Bedeutung kaum in seinem schlaftrunkenen Geist ankam.

„Was soll das heißen, ich soll mich nicht aufregen? Ich habe ja wohl jedes Recht dazu!"

„Rodney, keiner verlangt von Ihnen..."

„Natürlich verlangt man von mir darüber zu reden! Was denken Sie denn? Es ist nur eine Frage der Zeit bis Heightmeyer hier her kommt, um mit mir ‚das Geschehene zu verarbeiten'!"

„Wir haben ein traumatisches Erlebnis hinter uns, Rodney."

„Das heißt noch lange nicht, das ich je wieder in meinem Leben darüber nachdenken, geschweige denn reden muss, Teyla! Sie können mir doch nicht sagen, dass Sie das noch mal durchgehen möchten!"

Eine Pause machte sich breit, in denen die erhitzen Stimmen wieder ruhiger wurden und John wieder tiefer in Morpheus Arme brachte. Das letzte was er noch hörte, war sein Name und die Frage warum er noch nicht mit ihnen gesprochen hatte, bevor sich alles um ihn herum auflöste und er den letzten Bezug zum Hier und Jetzt völlig verlor.

ooOoo


„Hallo, John."

Es war einen Tag später und eine sanfte Stimme holte seinen ins Leere starrenden Blick wieder auf seine Umgebung. Wie so oft in den letzten Tagen waren seine Gedanken auf ein einziges großes Nichts ausgerichtet. Sein Geist war einfach inaktiv, als hätte jemand den Aus-Schalter betätigt. Und ihm machte das nicht mal etwas aus. Es war sogar angenehm.

Kate Heightmeyer war es, die ihn freundlich anblickte und ihn in die Wirklichkeit zurück holte.
„Hi", erwiderte er schließlich ihren Gruß. „Was machen Sie hier?"

„Ich bin hier um nach Teyla und Rodney zu sehen. Die beiden haben viel hinter sich."

Johns Blick wanderte von Kates Gesicht zum Ende seines Bettes, wo seine Augen schon so oft hängen geblieben waren. Er fühlte, wie er sich wieder von dem Hier und Jetzt verabschieden wollte, sein Fokus wurde aber auf Kate gerichtet, als diese fortfuhr.

„Wissen Sie noch was mit ihnen passiert ist, John?"

Was mit ihnen passiert war? Ja, er wusste es. Aber es war alles so weit weg. So unendlich weit.

Zu Kate gerichtet antwortete er nur knapp mit einem einzigen, kurzen Kopfnicken. Er wollte nicht darüber nachdenken. Nicht jetzt und hier. Kate musste das wohl irgendwie aus seinem Nicken heraus gelesen haben, denn sie setzte nicht weiter nach.

„Ok. Ich habe gehört, dass Sie noch nicht bei den beiden waren. Sie liegen kaum 3 Meter von Rodney entfernt. Möchten Sie nicht mal nach ihrem Team, nach Ihren Freunden sehen? Wir könnten gemeinsam gehen, wenn Sie wollen."

Rodney und Teyla. Sie mussten einiges durchgemacht haben. Einiges, vieles. Warum war er noch nicht bei ihnen gewesen? Das entsprach nicht seiner Art, oder? Aber er konnte sich bis jetzt einfach nicht dazu aufraffen, dieses Bett zu verlassen. Oder auch nur zu denken. Nicht das ihm Denken etwas ausmachen würde, ihm war nur einfach nicht danach. Sollte er Kates Angebot annehmen? Sie wusste bestimmt, wovon sie sprach.

Und als wenn sie wüsste was in seinem Kopf vor sich ging, fügte sie hinzu: „Die beiden würden sich sicherlich freuen, John. Sie haben schon nach Ihnen gefragt."

Dann sollte er wohl wirklich mal nach ihnen sehen, oder? Er verließ sich auf Kates Urteil und nickte ihr einfach bestätigend zu.

„Dann sollten wir uns auf den Weg machen." Kate schien glücklich über seine Antwort zu sein.
Langsam schlug er seine Decke zurück und stand langsam auf. Von irgendwo war eine Schwester aufgetaucht und hatte einen Morgenmantel bei sich, den sie John entgegen hielt. Er schlüpfte mit dem rechten Arm hinein und ließ den linken über seinem in einer Schlinge sitzenden Arm baumeln. Schmerzen hatte er so gut wie keine mehr, was wohl an den Schmerzmitteln lag, die er immer noch erhielt, wenn auch in geringen Dosen. Dr. Keller hatte ihm gesagt, dass er Morgen die Krankenstation verlassen könne wenn sich nichts verändere.

Die ersten Schritte waren etwas mühsam. Ein wages, dumpfes Pochen ging bei jedem Schritt von seiner rechten Bauchgegend aus. Eine Kugel hatte ihn dort knapp unter der Haut gestreift und eine hässliche Fleischwunde verursacht. Anders als die Kugel in seiner Schulter, diese war auf halbem Wege stecken geblieben. Dr. Keller meinte, dass er Glück gehabt hätte mit seinen Verletzungen. Als sie diese ihm mitgeteilt hatte, teilte er ihre Meinung. Neben den Schusswunden hatte er eine erstaunliche Anzahl an Blutergüssen und Prellung, kleinere Schürf- und Kratzwunden und eine geprellte Rippe aufzuweisen.

Langsam näherten Kate und er sich dem Vorhang hinter dem sich Rodney verbarg. Er konnte deutlich spüren, wie sich eine gewisse Nervosität in ihm ausbreitete.

„Ist in Ordnung, John. Machen Sie sich keine Gedanken. Es wird nichts passieren," beruhigte Kate seine inneren Tumult, der wohl all zu offensichtlich war.

Wieder nickte er nur stumm, bevor er die Kurve nahm und am Fußende von Rodney McKays Bett stand. Und dieser blickte ihn geradewegs aus seinen blauen Augen an.

Trotz allem was man ihm gesagt hatte fand er nicht, dass Rodney gut aussah. Er hing an einer Vielzahl von Monitoren und sein Oberkörper und ein Großteil seiner Arme waren dick bandagiert. Sein Gesicht sah eine Spur zu blass aus und verschiedene Kratzer und zum Teil genähte Schnitte stachen rot von seiner hellen Haut ab.

Unbewusst klammerte sich John Hand an das Ende des Bettes und verankerten ihn, als er seinen Blick auf das andere belegte Bett neben diesem warf. Teyla sah nicht viel besser aus als der Mann vor ihm. Ihr Gesicht war von Blutergüssen verwüstet und ihr linker Arm war in einem Gips. Nicht minder viele Geräte waren um sie herum aufgebaut.

Es herrschte einen Augenblick Schweigen, bevor Rodney die etwas schwere Stille durchbrach.

„Hey, Sheppard."

Es schien, als wenn das nicht alles gewesen wäre was der Wissenschaftler hatte sagen wollen, aber der Rest seiner Worte war ihm wohl auf dem Weg zum Mund abhanden gekommen. Und nichts weiter als ein unsicheres Lächeln schaffte es auf seine Züge.

„John, es ist schön Sie auf den Beinen zu sehen!" Teylas Lächeln war warmherzig und nahm ihm damit etwas von der Spannung, die sich unbemerkt in ihm aufgebaut hatte.

Er spürte, wie sich seine Mundwinkel zu einem schwachen Lächeln nach oben zogen. Warum fühlte er sich nur so unwohl?

Als Kate sich wohl sicher war das er nichts sagen würde, brachte sie den Fokus auf den Grund für ihr hier sein. „Ich wollte mit Ihnen beiden sprechen. Mir ist bewusst, dass sie nur ungern über Ihre Erlebnisse reden wollen. Aber es wäre durchaus besser für Sie, wenn Sie es tun würden. Auch", hier erhob Kate eine Hand um Rodney zu unterbrechen, der gerade einen Einwand einbringen wollte, „auch wenn Sie jetzt noch keinen Grund dazu sehen. Man hat Ihnen Schreckliches angetan. Sie wissen wo sie mich finden können."

Ein Schnauben erklang von Rodney. „Ich will nichts mehr damit zu tun haben! Ich will hier nur raus und in Ruhe meiner Arbeit nachgehen. Als wenn es nicht schon genug für mich gewesen wäre die Folter einmal zu ertragen!"

Rodneys Stimme war zum Ende hin immer lauter geworden. Immer lauter und lauter und lauter. John konnte ihn schreien hören. Vor Schmerzen schreien hören, Schreie, die die Stille um ihn herum durchrissen, durchschnitten...

„John?"

„Sheppard?"

„Hören Sie, Sie sollten sich vielleicht hinsetzten. John? Kommen Sie, ich helfe Ihnen."

Er spürte wie seine verkrampfte Hand von dem Bettende gelöst wurde, an dem er sich wie an das Leben selbst geklammert hatte und er auf wackeligen Knien auf einen Stuhl neben Rodneys Bett geführt wurde. Für einen Moment schloss er seine Augen und fuhr sich abwesend mit der Hand durch sein Gesicht.

„John? Hier, trinken Sie etwas." Kate hatte sich zu ihm gebeugt und beruhigend eine Hand auf seine Schulter gelegt. In ihrer Rechten hielt sie einen Becher mit Wasser, den John mit zittrigen Händen annahm. Nur am Rande nahm er die besorgten Gesichter seiner Freunde und ihre leisen Worte wahr.

„Oh Gott, was ist mit ihm? Was ist mit ihm passiert? Ich meine, klar habe ich mich gefragt warum er noch nicht bei uns war, aber... Aber das? Kate, was ist mit ihm?"

„Rodney, Sie sind nicht der einzige der einiges hinter sich hat."

„Was soll das heißen? Ich meine, was —"

„Das ist weder der richtige Moment, noch der richtige Ort um diese Dinge zu besprechen."

Teylas ruhige, doch endgültige Worte stoppten den Redefluss zu seiner Linken, wofür John im Stillen dankbar war. Das Rauschen Rodneys Worte war in seinen Ohren wie ein wilder Fluss, der keinen Halt machen wollte. Doch nun war wieder Ruhe eingekehrt. Nur die stillen, kaum zu verstehenden Stimmen der Schwestern und der anderen Patienten waren noch zu hören.

Tief atmete John durch und leerte anschließend seinen Becher. Seine Hände hatten aufgehört zu zittern. Genauso wie sein Inneres.

Leise lächelnd blickte er zu Kate, die ihn genau musterte und ihre leicht angespannten Züge verließen daraufhin ihr Gesicht.

„Alles in Ordnung?"

„Ja, alles ist in Ordnung."

Er wandte sich zu Rodney, der ihn besorgt anblickte.

„Hey. Entschuldigung, uh, ich... Ich wollte nicht..."

„Ist schon Ok, Rodney. Alles ist bestens."

John konnte ihn einen unsicheren Blick mit Kate tauschen sehen, der schließlich zu Teyla in dem anderen Bett wanderte.

„Wirklich. Ist — ist schon Ok." Und war es das nicht auch?

„Soll ich Sie wieder zu Ihrem Bett bringen?", fragte ihn Kate.

„Nein. Nein, ich bleibe noch etwas." War er nicht dafür hergekommen? Um bei seinen Freunden zu sein? Vielleicht war es an der Zeit sich etwas aus seiner Lethargie zu reißen. Hatte er überhaupt schon ein richtiges Wort mit Teyla und Rodney gewechselt?

„Ok, ich bleibe in der Nähe falls mich jemand brauchen sollte." Und damit verschwand Kate um wahrscheinlich andere Patienten zu besuchen.

Aus dem Augenwinkel sah John, wie Rodney fast schon mit einer Spur Hilflosigkeit der Psychologin hinterher blickte.

„War Ronon heute schon hier?"

John hatte den Satedaner bis jetzt immer nur kurz gesehen, kaum mehr als ein paar Minuten lang hatte er ihn bis jetzt besucht.

„Er war heute Morgen schon mal hier, wollte aber nachmittags noch mal wiederkommen", gab Teyla ihm Auskunft.

„Der einzige der nicht hier liegt, was?"

Und nach den anfänglichen Schwierigkeiten brachten sie ein fast normales Gespräch zustande, an dem auch bald Ronon teilnahm. Etwas war anders, das fühlte John. Und er sah es in den Augen der anderen bestimmt genauso, wie man es in seinen Augen sehen konnte. Aber das sie alle zusammen waren, war ein gutes Gefühl. Es brachte John seiner Umwelt wieder näher, von der er sich so entrückt gefühlt hatte. Etwas, was ihm erst jetzt bewusst wurde. Warum war er nicht schon früher hierher gekommen? Doch er wusste keine Antwort darauf. Und war es nicht auch unwichtig?

Als er sich am Abend in seine Kissen grub und auf den Vorhang blickte, der ihn von seinen Freunden trennte, fühlte er sich schon besser als noch einen Tag zuvor.

tbc
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