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Gold wert von Sphere

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Vorwort

Bevor ich mit dem Schreiben anfing, habe ich die Idee erst einmal ein halbes Jahr liegen gelassen. Erst dann war ich mir sicher, wie ich die Story zu Ende führen konnte, ohne dass sie dabei allzu übertrieben oder out-of-character wurde.
Gold wert


Er stand da, ohne rein gekommen zu sein. Stand von einem Moment zum anderen einfach in ihrem Büro.
Nun, vermutlich war er schon rein gekommen – das Beamen allein durch Gedankenkraft war etwas, an dem der Colonel nach eigenen Angaben noch arbeitete. Sam hatte lediglich nicht bemerkt, wie er durch die Tür kam, so vertieft war sie mal wieder in ihre Arbeit gewesen.
Der Laptop vor ihr begann verstärkt warme Luft gegen ihre Hand zu pusten, als wolle er ihre Aufmerksamkeit zurückerlangen. Erfolg hatte er damit allerdings keinen.
„Uoh, Colonel!“, brachte sie hervor.
„Carter!“, grinste O’Neill sie an, als hätte er sie seit Monaten nicht gesehen.
Sam warf einen kurzen Blick auf ihre Uhr. Es war keine der üblichen Zeiten, zu denen er sie aufzusuchen pflegte, um sie in die Cafeteria zu schleifen oder ihr zu sagen, sie solle sich gefälligst endlich schlafen legen. Was also brachte ihn hier her?
„Carter, was ist ein Hilbert-Raum?“
Die Frage schwebte einen Moment lang in der Luft, als wäre sie unschlüssig, wo sie sich niederlassen könnte. Sam blinzelte. Sie schloss die Augen, blinzelte erneut, doch die Frage schien noch immer da zu schweben.
Der Hilbert-Raum ist ein rein mathematisches Konzept! schoss es ihr durch den Kopf.
„Äh...“ meinte sie und strahlte in diesem Moment sicherlich alles andere als Intelligenz aus. „Wie bitte? Sir?“ Vielleicht stimmte etwas mit ihrem Gehör nicht, denn was sie eben geglaubt hatte zu hören, konnte schlicht nicht sein.
„Ein Hilbert-Raum, Carter“, wiederholte er, als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt. „Hab nicht verstanden, was das sein soll. Ich dachte, Sie könnten mir das vielleicht erklären.“
Sie starrte ihn völlig entgeistert an. So als wäre er hier rein gekommen und hätte ihr freiwillig und aus heiterem Himmel heraus eine völlig abgefahrene Wissenschafts-Frage gestellt – was offensichtlich genau das war, was er eben getan hatte.
Hatte sie wirklich den gleichen Colonel Jack O’Neill vor sich, der ihr schon seit fast sieben Jahren deutlich machte, dass ihr Wissenschaftsgerede für ihn beinahe so schmerzhaft wie der Schuss aus einer Zatwaffe war? Der sich stets nur dafür interessierte, ob sie etwas reparieren konnte und nicht, wie sie es tat?
„Der Hilbert-Raum ist ein mathematisches Gebilde“, erklärte sie verzweifelt aufgrund dieses Widerspruchs. „Wenn das Wort noch eine andere Bedeutung hat, dann kenne ich sie nicht!“ Das war die volle Wahrheit. Sie wusste, dass es Universitäten gab, an denen Studenten des ersten Semesters mit dem Auftrag, „den Hilbert-Raum“ zu finden, quer über den Campus geschickt wurden. Doch keiner dieser ahnungslosen Studenten hatte den Raum je gefunden, da er genauso wenig ein richtiger Ort war, der sich hätte aufsuchen lassen, wie man eine Zahl hätte anfassen können.
„Nun, ich meine aber genau dieses Mathe-Dings! Erklären Sie es mir jetzt oder muss ich warten, bis ich in Ruhestand gehe?“
Sam sah ihn misstrauisch an. Dann lachte sie, die Lösung völlig klar vor Augen. „Das ist ein Scherz nicht wahr? Sie haben mit Daniel gewettet, ob ich darauf hereinfalle!“
Er schwieg, lachte nicht, grinste nicht einmal. Wartete statt dessen mit ernster Befehlshaber-Mine.
„Oder nicht?“, fügte sie leiser hinzu. Zweifel krochen in ihr empor.
Er sah ungeduldig auf die Uhr. „Wenn ich schließlich von Ihnen in den Ruhestand getrieben worden bin...“, meinte er schließlich. „Denken Sie, ich sollte mir dann einen Hund zulegen?“
Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. Carter konnte es immer noch nicht fassen, was gerade geschah. „Sie wollen das wirklich wissen?“, vergewisserte sie sich noch einmal.
„Ja, Carter! Bitte. “
Sam versuchte ihre Gedanken zu ordnen und ihre Erinnerungsfragmente zu diesem Thema zusammenzuklauben. Also schön.
Sie begann ihm die Sache zu erklären und versuchte, sich dabei auf wenige Sätze zu beschränken, was gar nicht so einfach war, da dem Colonel das dafür eigentlich notwendige Vokabular fehlte. Also behalf sie sich mit Verallgemeinerungen und Beispielen.
Hätte sich ein unsichtbarer, aus der Phase geratener Mathematiker zur Zeit in ihrem Labor aufgehalten, Sam war sich sicher, dass er auf der Stelle tot umgekippt und durch den Fußboden gefallen wäre. Manchmal war jedoch das grobe Verständnis der Genauigkeit vorzuziehen und wenn Sam ehrlich zu sich war, dann hätte sie dem verunglückten Mathematiker wohl auch keine Träne nachgeweint.
„Danke, Carter. Das war sehr erleuchtend“, versicherte O’Neill ihr, als sie fertig war. Dabei lächelte er so zufrieden wie selten.
„Haben Sie... verstanden? Sir?“, fragte sie vorsichtig, noch immer nicht sicher, was hier eigentlich gespielt wurde.
„Jup“, meinte der Colonel. „Vielen Dank.“ Er drehte sich halb um, wedelte dann aber noch kurz in Richtung ihres Laptops. „Und viel Spaß noch!“
Dann war er fort. Diesmal sah sie, wie er ging. Dennoch war sie davon genauso überrascht wie jemand, der ein Gespenst gesehen hatte, das sich dann auf einmal in Nichts auflöste.
Sam Carter starrte auf den leeren Türrahmen.
Und als sie genug auf den leeren Türrahmen gestarrt hatte, starrte sie statt dessen auf das Display ihres Laptops, der inzwischen das rotierende SGC-Logo zeigte. Doch auch der Bildschirmschoner konnte oder wollte ihr nicht erklären, was gerade geschehen war.
Es musste einfach ein Scherz sein. Colonel O’Neill hatte ihr einen Streich gespielt, hatte sehen wollen, ob sie sich wirklich ihm gegenüber zu einer Erklärung durchringen konnte. Dass er dabei vollkommen ernst geblieben war, wunderte sie nicht. Es gehörte zum Humor des Colonels, diesen trocken oder hin und wieder auch mal todernst zu versprühen.
Andererseits: Während ihrer Erklärungen hatte er wirklich interessiert gewirkt. Kein stupides Nicken und vorgetäuschtes Zustimmung-Murmeln, nein. Echtes Interesse. Als ob sie nicht über höhere Mathematik, sondern über das neueste Angelzubehör geredet hätte – wenn Angeln denn überhaupt viel Zubehör benötigte, so genau kannte Sam sich da nicht aus.
Dieses Interesse war es, was ihr merkwürdig und, wenn sie genauer darüber nachdachte, sogar beunruhigend vorkam. Es wäre schließlich nicht das erste Mal, dass der Colonel begann in einer außerirdischen Sprache zu reden. Und für ihn war das eine außerirdische Sprache!
Was, wenn sie von ihrer letzten Mission etwas eingeschleppt hatten, das ihn vielleicht nicht in einen Höhlenmenschen, sondern – und sie musste über das Wortspiel unwillkürlich grinsen – in eine Art Laborratte verwandelte?
Sie stellte fest, noch immer auf den Bildschirmschoner zu starren und strich mit dem Finger langsam über das Touchpad, um daran etwas zu ändern. Statt dessen starrte ihr nun eine freundliche Kennwortabfrage entgegen.
Das ist doch Unsinn, beteuerte sie sich zum wiederholten Male. Es muss ein Scherz sein. Es wäre am besten, den Vorfall einfach zu vergessen.
Doch die Sache ließ ihr keine Ruhe.

Die Tür zu Daniels Büro stand offen, wie so viele Türen im SGC, und machte damit deutlich, dass jeder willkommen war einzutreten.
Sam stellte sich in den Rahmen und klopfte gegen die zugehörige Tür.
Daniel blickte für einen kurzen Moment von seiner Arbeit auf, sah sie an, sagte „Hi, Sam“ und hatte sie kurz darauf wohl schon wieder vergessen.
Das Büro des Archäologen war gesäumt von Regalen mit Artefakten und Büchern von verschiedenster Herkunft und Alter. Gleiches galt für die Dinge, welche chaotisch und vielleicht auch etwas sorglos über die Tische verstreut lagen.
Es gab den ein oder anderen Archäologen im Stützpunkt, der im Laufe der Jahre den Statuen, welche er sammelte, immer ähnlicher wurde, was es dann relativ schwer machte, ihn in seinen Räumlichkeiten ausfindig zu machen. Daniel jedoch war in all dem Durcheinander immer noch klar als solcher zu erkennen. Er saß über eine große, beleuchtete Lupe gebeugt, unter der ein goldener Armreif lag, dessen feine Gravuren er mit geradezu körperlich spürbarer Neugier musterte. Er begann, aus den Stapeln Bücher vor ihm einen großen Bildband hervorzuwühlen, in dem er wild herumblätterte, nur um dann schließlich doch den Index zu konsultieren.
Sam befürchtete, dass sie, was die Besessenheit für ihre Arbeit anging, nicht großartig anders als ihr Freund war, doch war bisher weder willens noch fähig gewesen, daran etwas zu ändern.
Irgendwann schien sich Daniel an ihre Anwesenheit zu erinnern und fuhr von dem Buch hoch. „Entschuldigung“, sagte er mit einer Mischung aus Verwirrung und Bedauern. „Was wolltest du noch mal?“
Sam trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Offensichtlich war ihr selbst nicht wohl bei der Sache.
„Habt ihr Jungs mal wieder eine Wette über mich am Laufen?“, fragte sie dann schlicht.
Daniel sah sie verständnislos durch seine Brille an und das beruhigte Sam ein wenig. „Was denn für eine Wette?“
„So wie damals, als du und Colonel O’Neill gewettet habt, ob ich lieber Urlaub mache oder diesen außerirdischen Tempel mit dem süchtig machenden Licht untersuche“, erinnerte sie ihn. Natürlich hatten die Jungs damals versucht, das vor ihr geheim zu halten. Dahinter gekommen war sie trotzdem.
„Oh, ja. Ich erinnere mich“, erwiderte Daniel immer noch ein wenig zerstreut.
„Und?“, bohrte sie nach.
„Und nein. Wir haben das nicht wiederholt.“ Dann begann er jedoch zu schmunzeln, faltete die Hände zusammen und beugte sich auf dem Tisch nach vorne. „Andererseits“, fügte er lauernd hinzu. „Wenn dem so wäre, dann würde ich dir das kaum sagen, oder?“
Sam seufzte. „Nein, vermutlich nicht...“ Dennoch hatte sie die Frage einfach stellen müssen.
„Nur mal so aus Neugier heraus...“, hakte nun Daniel mit vergnügt blitzenden Augen nach. „Was hat Jack denn angestellt?“
„Er hat bei den Curling-Meisterschaften gewettet“, behauptete sie dreist.
Das verständnislose „Was?!“ von Daniel ignorierte sie und ging geheimnisvoll lächelnd davon. Wenn er und der Colonel trotz allem unter einer Decke stecken sollten, dann würde sie Daniel jetzt nichts vorheulen. Und wenn dem nicht so war, dann würde es später noch genug Gelegenheiten geben, ihm davon zu erzählen.

Der Filzstift quietschte über die Tafel, nur unterbrochen vom etwas anders klingenden Quietschen, welches der Wischer verursache, wenn Sam das soeben Geschriebene wieder entfernte.
Letzteres kam reichlich oft vor. Nicht, dass sie sonst sofort alles fehlerlos herunter geschrieben hätte, aber heute hatte sie das Gefühl, irgendwie nicht richtig bei der Sache zu sein. Zu verstörend waren die Träume der vergangenen Nacht gewesen. Colonel O’Neill hatte ihr darin immer verrücktere Fragen gestellt, die irgendwann selbst ihr als ursprünglich theoretischer Astrophysikerin zu hoch wurden. Als O’Neill gemerkt hatte, dass sie mit ihm nicht mehr mithalten konnte, hatte er statt dessen mit MacGyver begonnen über die Wirkung von Schweizer Taschenmessern auf die Dichte schneller Neutronen in Plutoniumreaktoren zu diskutieren und ihr war nichts anderes übrig geblieben, als schweißgebadet aufzuwachen, um dem Irrsinn ein Ende zu bereiten.
Als sie diesmal Schritte hörte, die vor ihrem Labor zur Ruhe kamen, drehte sie sich sofort um und sah eben dieses Objekt ihrer Alpträume dort stehen, lässig die Hände in der grünen Uniformhose.
„Ich wollte nur sagen, dass Teal’c den Plan für diese Woche inzwischen fertig gestellt hat“, meinte O’Neill schlicht, da eine Begrüßung zwischen ihnen eigentlich überflüssig war. „Morgen sind wieder mal die blauen Uniformen dran.“
Sam nickte und sagte ihr „In Ordnung, Sir“, als ob es normal wäre, dass ein SG-Team Pläne erstellte, wann welche Uniformen getragen werden sollten, solange es sich lediglich im Stützpunkt aufhielt.
Natürlich war es nicht normal und natürlich funktionierte es auch nicht immer – aber was war an SG-1 schon normal?
Erleichtert darüber, dass er ihr nicht wieder irgendeine Frage an den Kopf warf, wandte Sam sich wieder der Tafel zu.
Colonel O’Neill machte jedoch keine Anstalten zu gehen. Unter dem Vorwand sich kratzen zu müssen legte Sam für einen Moment die Hand schützend über ihren Hinterkopf, damit diesen die Wucht einer eventuellen Frage nicht allzu heftig traf.
„Ähm“, machte O’Neill schließlich.
Ein Schauder lief über Sams Rücken.
„Was macht dieses Nabla-Null da?“
Sie drehte sich langsam um. Sehr langsam, als könnten zu heftige Bewegungen ihr Weltbild vollends zum Einsturz bringen.
„Zweite Zeile ganz rechts“, er deutete auf die Tafel.
Sehr, sehr langsam führte sie die letzte Bewegung rückwärts aus und starrte auf die genannte Zeile. Viel zu langsam begannen sich die fein gearbeiteten Rädchen in ihrem Hirn wieder zu drehen.
„Das ist ein Ausrufezeichen“, würgte sie schließlich hervor. Der Kreis stand lediglich etwas zu weit rechts unter der Spitze des darüber liegenden Dreiecks. Sie kritzelte mit ihrem Stift gedankenverloren eine Weile an dem Symbol herum.
„Hätte ja auch sonst kaum Sinn gemacht, oder?“, meinte O’Neill von hinten.
Sie schüttelte den Kopf.
Als sie sich erneut umdrehte, war er schon wieder fort.
Auf einmal war es so, als hätte jemand einen Schalter in ihr umgelegt und erst jetzt würden all ihre Systeme wieder online kommen.
Sie hieb den Stift in die Rille vor der Tafel und jagte wie eine F-16 aus dem Labor heraus, O’Neill hinterher.
„Colonel, warten Sie!“, rief sie und bremste mit quietschenden Stiefeln ab.
O’Neill verharrte in der Bewegung, drehte sich um, schien ein Déjà vu zu haben, sah sich misstrauisch um, als erwarte er jeden Moment einen Asgard-Transportationsstrahl und meinte dann: „Wollen wir angeln gehen?“
Sie ignorierte ihn einfach. „Woher wussten Sie das?“, warf sie ihm die Frage entgegen, welche sie im Augenblick quälte.
„Wusste ich was?“, fragte er mit vorgetäuschter Begriffsstutzigkeit.
„Das da eben war kein einzelner Begriff, den sie irgendwann einmal aufgeschnappt haben können“, belehrte sie ihn unbeirrt. „Das haben Sie nicht auswendig gelernt. Sie haben die Gleichung verstanden, nicht wahr? Sie haben sie gesehen und erkannt, dass ein Nabla-Operator dort keinen Sinn machen würde!“
Er sah sie mit enervierender Ruhe aus seinen braunen Augen heraus an. „Ja, Carter. Wenn Sie das sagen.“
„Aber das ist vollkommen unmöglich!“, platzte sie hervor.
„Und wieso?“
Sam nahm sich diesmal einen Atemzug Zeit, bevor sie antwortete. Sie wollte nicht aus Versehen etwas sagen, was vielleicht nach einer Beleidigung klang, die ihr ferner nicht sein konnte. „Weil Sie, während ich in der Schule saߓ, zitierte sie daher seine eigenen Worte, „sich mit ganz anderen Sachen amüsiert haben.“
„Das mag schon sein, Carter“, schnarrte er, auf einmal wieder abweisend. „Aber seitdem habe ich über sechs Jahre mit einem der hellsten Köpfe auf unserem Planeten zusammengearbeitet. Da bleibt durchaus was haften.“
Für einen kurzen Moment war Sam sprachlos. Man konnte zu Recht sagen, dass der Colonel mit derart direkten Komplimenten geizte.
Der kurze Moment reichte jedoch für O’Neill bereits aus, um flink hinter der nächsten Gangbiegung zu verschwinden und so das Gespräch zu einem schnellen Ende zu bringen.

Teal’cs Quartier im SGC war ein Meer von Kerzen, welche den Raum in angenehmes Licht tauchen. Sam fühlte sich wohl hier und konnte verstehen, warum die vielen Flämmchen Teal’c beim Meditieren halfen.
Sie und Teal’c saßen sich auf dem Boden gegenüber. Der letzte Zusammenstoß mit dem Colonel hatte Sam mehr verunsichert als ihr lieb war. Auf der Suche nach Unterstützung hatte sie sich zu Teal’c geflüchtet. Sie hatte ihm von O’Neills seltsamem Verhalten berichtet und Teal’c hatte ihren Ausführungen mit der ihm eigenen Ruhe und Konzentration gelauscht.
„Anfangs habe ich es wirklich noch für einen Witz gehalten“, erklärte sie ihren Gedankengang verzweifelt. „Und vielleicht ist es das ja auch. Ich meine, vielleicht sitzt er gerade irgendwo und lacht mich aus!“
„Selbst wenn dem so wäre – Colonel O’Neill mag über dich lachen können. Er wird dich jedoch niemals auslachen.“ Seine Worte rückten ihre Welt wenigstens ein Stückchen wieder zurecht.
„Du würdest es mir sagen, wenn es ein Scherz wäre, nicht wahr?“, flüsterte sie zaghaft. Die Frage war wichtig, denn Teal’c war ihre letzte Hoffnung.
Er benötigte zum Abwägen seiner Prioritäten nur einen Moment. Dann nickte er. Interessanterweise fand sie die Tatsache, dass er darüber nachgedacht hatte, beruhigender, als wenn seine Antwort wie aus der Pistole geschossen gekommen wäre.
Nach dem kurzen Moment der Schwäche fuhr sie umso heftiger fort: „Aber andererseits: Wenn Colonel O’Neill anfängt Dinge zu sagen, die sonst bestenfalls von mir kommen, wenn er sie auch noch im richtigen Kontext sagt, dann ist das gewöhnlich ein Zeichen dafür, dass irgendetwas nicht stimmt!“
„In der Tat...“ Düstere Nachdenklichkeit umwölkte Teal’cs kahlen Schädel.
„Vielleicht sehe ich ja Gespenster! Aber was ist, wenn nicht? Wir hatten es schon mit verrückteren Dingen zu tun. Was ist, wenn er wirklich nicht mehr er selbst ist? Was ist, wenn er wirklich anfängt in einer fremden Sprache zu reden? Wenn etwas nicht stimmt und ich habe nicht reagiert, weil ich es für einen dummen Scherz gehalten habe?!“ Sie schleuderte die Worte in den Raum und es tat gut, das zu tun. Es war viel besser, es einfach auszusprechen, als sich selbst im Stillen ständig vorzuhalten, dass es sowieso Quatsch war.
„Vielleicht wäre es angebracht, General Hammond zu informieren“, erklärte Teal’c vollkommen ernst.
Sam schluckte. Genau das war der Punkt. Wenn sie wirklich den Verdacht hatte, dass etwas nicht stimmte, dann musste sie damit zum General gehen. Lieber einmal einen falschen Alarm auslösen, als eine Gefahr in Kauf zu nehmen, deren Art und Ausmaß keiner abschätzen konnte. Wenn es dann doch nur ein Scherz gewesen sein sollte, dann wäre es allein die Schuld die Colonels, dass er über eventuelle Konsequenzen seines Tuns nicht früher nachgedacht hatte.
Auf der anderen Seite hatte man Sam auf der Akademie oftmals vorgeworfen, eine Streberin zu sein. Und möglicherweise war dem auch so. Vielleicht dachte sie wirklich zu viel nach, war wirklich zu pflichtbewusst und versuchte zu sehr immer alles richtig zu machen. Genau dies war es, was sie verzweifeln ließ. Sie machte sich Sorgen um O’Neill, ob begründet oder nicht. Würde sie aber versuchen dagegen etwas zu tun, es richtig zu machen und zum General gehen, hätte sie trotz allem das Gefühl, den Colonel zu verpetzen und damit alle negativen Eigenschaften eines Strebers für sich in Anspruch zu nehmen.
Teal’c bemerkte ihr Zögern. Vielleicht erkannte er sogar, was in ihr vor sich ging. Manchmal vergaß Sam, dass ihr Freund bereits über hundert Jahre Lebenserfahrung angesammelt hatte. „Wenn O’Neill allerdings wirklich nicht er selbst ist, könnte sich ein derartiges Vorgehen auch als nicht weise erweisen. Indem wir den General informieren, würden wir damit möglicherweise auch O’Neill gegenüber preisgeben, dass wir ihn durchschaut haben“, zog Teal’c seinen Vorschlag zurück. „Statt dessen könnte es angebracht sein, ihn zuvor zu testen.“
„Wir?“, wiederholte Sam.
„O’Neill ist auch mein Freund“, erklärte Teal’c schlicht. Dann fuhr er fort: „Colonel O’Neill schiebt stets seine regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen vor sich her, hat allerdings keinerlei Überblick über Art und Zeitpunkt der anstehenden Tests. Er würde keinen Verdacht schöpfen, wenn Dr. Fraiser ihn zu sich rufen würde.“
Die Idee gefiel ihr und es tat gut, Teal’c auf ihrer Seite zu wissen. Dennoch schüttelte Sam den Kopf. Janet war ihre Freundin, sie konnte durchaus auf sie zählen. Jedoch war Janet nun mal die leitende Ärztin und damit auch nicht soviel besser als der General. „Nein, Teal’c, das ist auch keine Lösung“, meinte sie dann. „Allerdings kam mir eine andere Idee, als du sagtest, wir sollten Colonel O’Neill testen...“

Auch wenn sich über seine Aussagekraft durchaus diskutieren ließ, war der von Sam ersonnene Test so einfach wie simpel und orientierte sich sehr nahe an dem, was sowohl unter Hobby-Forschern, als auch in anerkannten Fachkreisen als O’Neill-typisches Verhalten angesehen wurde.
Zusammen mit Teal’c hatte sie den Rest von SG-1 in ihrem Labor zusammengetrommelt, um über ihr aktuelles Forschungsprojekt zu berichten, welches sie versuchte, neben den regulären Missionen durchzuziehen.
Böse Zungen würden behaupten berichten, wäre ein Euphemismus für Technobabble, jedoch war eben dies für den anstehenden Test essentiell. Und so begann sie also zu reden, nicht für Laien weich gekocht oder wenigstens wie üblich auf das Wesentliche konzentriert, sondern vollkommen ungebremst und ungefiltert.
Gewöhnlich dauerte es bis zum Eintreten einer deutlich sichtbaren Reaktion seitens ihres Vorgesetzten 2 bis 10 Sekunden, je nach Laune und Umständen. Sam hatte während ihrer Rede sowohl den Colonel, als auch den Sekundenzeiger der Wanduhr genau im Blick.
Es vergingen 10 Sekunden, dann 15 Sekunden.
O’Neill schielte hinüber zur Tür.
Vor der Tür jedoch stand mit verschränkten Armen Teal’c und sah den Colonel mit seinem Überzeugungs-Blick an.
Nach einem kurzen Moment des stillen Kräftemessens trat O’Neill einen halben Schritt von der Tür weg – Teal’c konnte sehr überzeugend sein.
20 Sekunden verstrichen. Der Zeiger näherte sich der 30 Sekunden-Marke und noch immer hörte Sam sich reden, warf einen Fachbegriff nach dem anderen in den Raum.
Endlich kam wieder Leben in das Testobjekt.
O’Neill schüttelte den Kopf, als hätte er Wasser in den Ohren, das er verzweifelt versuchte dort herauszubekommen. „Carter!!“, röchelte er gequält und griff sich an die Stirn.
„Sir?“, fragte sie unschuldig.
„Um was geht es überhaupt?!“
Das war der Offizier, den sie kannte. Dies war O’Neill-typisches Verhalten in Reinkultur, etwas verspätet, dennoch typisch. Erleichtert verbuchte sie, dass wenigstens das normal war.
Sie erklärte ihm – diesmal knapp und halbwegs verständlich – dass sie versuchte, dem wabernden Leuchten eines offenen Wurmlochs Informationen über die andere Seite zu entlocken, was besonders bei eingehenden Verbindungen interessant wäre. Die Sache war noch vollkommen unausgegoren, weswegen sie auf O’Neills praxisorientierten Einwand, man müsse dafür die Iris öffnen, auch noch keine Antwort wusste.
Was der Colonel dagegen nicht wusste, war, dass es zu keinem Zeitpunkt wirklich um dieses wissenschaftliche Problem gegangen war.
„Also, wenn Sie meinen Segen wollen, um weiter zu machen, dann kriegen Sie den“, meinte er schließlich. „Tolle Idee. Aber jetzt muss ich...“ verzweifelt suchte er eine Ausrede, die ihn an Teal’c vorbeibringen würde, „...dringend noch ein paar Berichte für Hammond schreiben!“
Obwohl Teal’c ihm sicher keine Silbe glaubte, ließ er ihn dennoch unter skeptischen Blicken passieren.

Okay, dachte Sam. Soviel zum Wert ihres Experiments. Wirklich aussagekräftig wäre es nur gewesen, wenn O’Neill auf ihre Rede angesprungen wäre und sie mit konstruktiven Vorschlägen überhäuft hätte. Dass er normal reagiert hatte, sagte dagegen gar nichts, weil es sich ansonsten auch halbwegs normal verhielt.
Obwohl sie nichtsdestotrotz inzwischen nicht mehr glauben konnte, dass irgendetwas faul war, wollte sie das jetzt genau wissen. Ganz genau. Sie hatte zuviel Ärger mit der Sache gehabt, als dass sie es einfach auf sich beruhen lassen konnte. Also war sie zu Janet gegangen und es hatte sich als kein Problem erwiesen, sie auf ihre Seite zu ziehen. Wenn sie dem Colonel damit die Hölle heiß machte, dann würde sie das inzwischen in Kauf nehmen. Blieb nur noch, ihm die frohe Botschaft zu überbringen.
In der Cafeteria hatte sie ihn nicht angetroffen, also konnte er nur in seinem Quartier sein.
Sie klopfte und als sich nichts rührte drückte sie einfach die Türklinke herunter.
Die Tür war nicht verschlossen, der Raum dahinter jedoch leer.
Sam wollte die Tür schon wieder schließen, da fiel ihr etwas auf.
Der Schreibtisch von Colonel O’Neill glänzte gewöhnlich durch die vollkommene Abwesenheit aller Arten von bürokratischem Papierkram und von allem anderen eigentlich auch.
Diesmal lag dort jedoch ein Buch.
Sie zögerte nicht lange und schlüpfte in den Raum.
Ihr war klar, dass sie das nicht tun sollte. Im Allgemeinen nicht und bei ihrem kommandieren Offizier erst recht nicht. Dennoch hatte die Neugier sie gepackt – und nicht zu vergessen, das Pflichtgefühl gegenüber dem Planeten.
Es war ein großes, dickes Buch. Klassische und Quantenmechanik, stand in großen Lettern auf dem Cover geschrieben.
Die Türklinke knallte erneut nach unten und die Tür wurde aufgerissen.
Carter fuhr gleichzeitig zusammen und herum. „Colonel!“
Verblüfft blieb er in der Türe stehen. „Hallo...“, meinte er etwas ratlos. Dann raffte er sich. „Ihnen ist schon klar, Carter, was die Leute denken werden, wenn sie erfahren, dass wir hier geheime Treffen abhalten“, scherzte er – und schloss die Tür hinter sich. „Verstehen Sie mich nicht falsch“, sagte er, während er sich gemächlich auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch niederließ. „Sie können gerne so lange bleiben, wie sie wollen.“
„Entschuldigung, Sir. Ich habe Sie gesucht.“ Nachdem er so lange geredet hatte, schaffte Sam es sogar, nicht so zu klingen, als hätte er sie gerade mit der Hand in der Keksdose erwischt.
„Gefunden du mich hast.“ O’Neill zögerte einen Moment und legte den Kopf schief, wie um über seine eigene Wortwahl nachzudenken. „Entschuldigung. Ich glaube ich verbringe zuviel Zeit mit Teal’c und seinen äußerst merkwürdigen DVDs“, murmelte er dann.
„Sir“, begann Sam. „Was ist das da für ein Buch?“ Allmählich fing sie an zu verstehen, wie der Hase lief. Ärger begann sich in ihr zu regen und in ihrem Inneren zu randalieren. Ärger darüber, dass er ihr solche Streiche spielte und vor allem Ärger darüber, dass sie auch noch darauf hereinfiel.
Er drehte sich zum Tisch um. „Das da?“ Er stupste das Buch kurz an, zuckte dabei aber so schnell wieder zurück, als fürchte er, es wäre eine große Krabbe, die ihn vielleicht in den Finger zwicken könnte.
„Es gibt nur das eine, Sir“, erklärte sie ihm ruhig.
„Ja...“ Ein nachdenklicher, fast in sich gekehrter Gesichtsausdruck zeigte sich auf seinen Zügen. „Der absolut vollständige Episodenführer über alle bisher erschienen Simpsons-Staffeln... Kennen Sie den?“
„Das ist er jedenfalls nicht“, erklärte sie ihm ausgesprochen ruhig.
„Ja, aber danach habe ich gesucht“, antwortete er ihr. „Nur in der Buchhandlung meines Vertrauens hatten sie den nicht. Dafür stand dieses Buch da“, er warf einen misstrauischen Blick nach hinten, ob sich das Buch vielleicht bewegt hätte. „Stand da wie bestellt und nicht abgeholt. Was es vermutlich auch war.“
„Und da hatten Sie Mitleid“, es war selten, aber jetzt konnte selbst sie sich nicht ein bisschen Sarkasmus verkneifen.
„Nein, Carter.“ Er grinste sie an, sah ihr in die Augen und sagte: „Ich habe mir nur versucht vorzustellen, wie wohl Ihr Gesicht aussehen würde, wenn ich auf einmal aus diesem Buch zitieren würde.“ Er strahlte sie mit der Helligkeit einer Supernova an. „Und ich muss sagen: es war wirklich Gold wert!“
Obwohl sie darauf vorbereitet gewesen war, schnappte Sam dennoch nach Luft.
Na warte!
„Nein, wirklich. Sie hätten sich sehen sollen!“, versicherte er ihr ausgesprochen vergnügt. „Das mit dem Zitieren hat leider nicht geklappt. Irgendwie muss das Buch kaputt sein, ich habe es nicht hinbekommen, einen einzigen Satz zu Ende zu lesen. Eins von dem Wenigem, was ich rausbekommen habe, ist, dass diese Nabla-Dreiecke nie am Ende einer Zeile stehen... Deswegen hatte ich aber noch längst keine Ahnung, was Ihr Geschreibsel an der Tafel sollte – das war allein Ihre Idee!“, erklärte er ihr und amüsierte sich dabei köstlich.
„Dann ist es ja gut, Sir“, erklärte sie genauso heiter und unbeschwert wie er. „Dann kann ich ja Teal’c sagen, dass er sich keine Sorgen machen muss.“
Sie machte einen Schritt auf die Tür zu.
„Hey!“, hielt er sie mit hochgezogenen Brauen zurück. „Wieso Sorgen?“
Befriedigt stellte sie fest, ihn an der Angel zu haben. „Teal’c hat gefürchtet, Sie wären nicht mehr Sie selbst.“
O’Neill sah sie an wie ein Fisch, dem man soeben erzählt hatte, dass in einen Großteil aller tödlichen Unfälle Wasser involviert war und ob er es unter diesen Umständen nicht in Betracht ziehen würde, seinen Lebensstil zu ändern.
„Sie kennen doch Teal’c, er hat manchmal so seltsame Ideen. Er hat sich sogar überlegt, aus Sorge über Ihr Wohlergehen und die Sicherheit des Stützpunkts General Hammond zu informieren...“, hieb sie im Plauderton in die selbe Kerbe.
Der Gesichtsausdruck des Colonels erlebte eine Reihe schneller Metamorphosen und blieb nach einigen ziemlich entsetzt dreinschauenden Zwischenzuständen schließlich bei etwas stehen, was man durchaus als Reue interpretieren konnte.
Das mochte ein Anfang sein.
War aber nicht genug.
„Ach so, ja. Der Grund, aus dem ich Sie gesucht habe, Sir“, setzte sie nach. „Dr. Fraiser möchte Sie sehen. Sie meint, Sie hätten lange genug ihre vollständige Untersuchung vor sich her geschoben.“
Einen Moment war Stille. Dann platzte es aus dem Colonel hervor: „Carter! Das ist doch ein Scherz!“
Sie lächelte freundlich und meinte: „Ich habe keine Ahnung, was Sie meinen, Sir!“
„Das ist doch eine von den Untersuchungen, die viereinhalb Stunden dauern!“
„Um genau zu sein, dauerte meine letzte gute fünf Stunden, Sir“, log sie.
„Carter! Sie werden Fraiser sofort sagen, dass das alles nur ein Missverständnis war!“ Er grummelte eine Weile vor sich hin. „Hören Sie“, meinte er dann versöhnlich. „Es ist offenbar nicht alles ganz nach Plan gelaufen...“
„Das können Sie gerne alles Janet erzählen“, lächelte sie ihn unerbittlich an. „Sie wissen, wie sie reagiert, wenn man sie ärgert.“
Entsetzen, von dem nicht einmal Apophis und Ba’al gemeinsam hätten träumen können, es beim Colonel zu verursachen, blitzte in seinen Augen auf. „Sie benutzt ihre Augenlampe!“
„Ich werde dann in fünf Stunden mal in der Krankenstation vorbeisehen...“, erwiderte sie darauf nur. Bereits im Gehen begriffen, wandte sie sich noch einmal um. „Ach übrigens: Ihr Blick vorhin war Gold wert!“
Mit diesem Worten ließ sie einen geschockten Colonel Jack O’Neill in seinem Quartier zurück – allein mit einem kaputten, aber Finger-kneifenden Buch.
Steif stolzierte Sam den Korridor entlang.
Das breite Grinsen hatte sich längst seinen Weg ins Freie gebahnt. Jetzt war sie nur noch damit beschäftigt, das stumme Kichern nicht zu schallendem Gelächter werden zu lassen und sich nicht vor Lachen zu krümmen.
Sollte er ruhig für eine Weile denken, sich Todfeinde geschaffen zu haben. Er hatte es sich redlich verdient.
Dennoch konnte sie ihn verstehen. Sein Blick war tatsächlich Gold wert gewesen. Sie würde den Anblick nie vergessen. Dass man ein wenig unkonventionelle Methoden zum Einsatz brachte, um etwas derartiges hervorzukitzeln, war gar nicht so abwegig.
In einer halben Stunde oder so könnte man behaupten, dass sie quitt wären. Sam würde in die Krankenstation gehen und ihn erlösen.
Oder vielleicht auch erst in einer Stunde.
In zwei...
Rache konnte durchaus süß sein.

ENDE


Schlusswort:

Auszeichnungen:

Stargate-Palace.de
Top-Story Monat 10/2006
Platz 2


Stargate-Project.de
Fanficition-Awards 2007
Kategorie Humor, Platz 3


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