Stargate Fanfic Login
HilfeImpressumLexikon
Erweiterte Suche

Neue Horizonte von Shendara

[Reviews - 0]   Drucker Inhaltsverzeichnis

- Schriftgröße +

Vorwort

Fluff. Purer, kitschiger, romantischer Fluff. Manchmal muss es einfach sein. Begonnen kurz nach Bekanntgabe der Rückkehr von Michael Shanks zu Stargate, ignoriere ich die Folgen von Season 7 und präsentiere meine eigene Version davon, was nach Daniels Wiederkehr passiert ist.
Vielen lieben Dank an Antares für die Beta!
Neue Horizonte


In Gedanken ging Daniel noch einmal die Fragen durch, die ihn seit einiger Zeit beschäftigten. Diverse Fragen in verschiedenen Gebieten, die sich alle mit der Zeit seiner Abwesenheit und den Änderungen während dieser beschäftigten. Und dann natürlich die absolute Preisfrage: Was genau ist zwischen Jack und mir abgelaufen?

So sehr auch es auch versuchte, er konnte vor allem auf die letzte Frage keine Antwort finden. Nach langem Überlegen, mit wem er darüber reden sollte, hatte er sich für Sam entschieden. Sie war die Einzige, bei der er sich sicher sein konnte, dass sie ihm ehrlich antwortete, auch wenn die Antworten vielleicht nicht das waren, was er hören wollte. Und sie würde nicht versuchen, ihn in Watte zu packen. Teal'c war aus dem Rennen, einfach aus dem Grund, dass Daniel keine Ahnung hatte, wie er eine Konversation in diese Richtung mit ihm starten sollte.

Und Jack? Jack fiel aus, weil Daniel einfach nicht wusste, was mit Jack los war. Das seltsame Verhalten, das er an den Tag legte - eindeutige Freude darüber, dass Daniel wieder da war, vermischt mit einer ungewohnten Distanz, die Daniel einfach als falsch empfand, hielt Daniel davon ab, ihn zu fragen. Ganz abgesehen davon, dass er wissen wollte, wie es Jack in dem Jahr, in dem er abwesend - tot? - gewesen war, ergangen war. Und auch wenn er vieles verloren hatte, wusste Daniel noch immer genau, dass er von Jack in dieser Hinsicht keine ehrlichen Antworten zu erwarten hatte.

Also Sam.

Noch einmal wog er jedes Pro und Contra ab, bevor er schließlich vor Sams Quartier zu stehen kam. Die Hand schon zum Anklopfen gehoben, entschied er sich jedoch im letzten Moment anders und öffnete die Tür, ohne sich vorher anzumelden.

Die Tür öffnete sich völlig geräuschlos und das war auch der Grund, warum sie seine Ankunft nicht bemerkten. Obwohl... angesichts der Umstände war Daniel sich nicht sicher, ob Sam und Teal'c mitbekommen hätten, wenn im Moment basisweiter Alarm ausgelöst worden wäre. Warum sperren sie die Tür nicht ab?, schoss es ihm durch den Kopf, bevor er sich wieder genug unter Kontrolle hatte, um sich lautlos wieder zu entfernen. Vermutlich vergebliche Liebesmüh', aber trotzdem.

Das Bild von Sam und Teal'c, in enger Umarmung und küssend hatte sich in sein Gedächtnis eingebrannt und Daniel sah sich jetzt mit noch mehr Fragen konfrontiert, auf die er eine Antwort wollte. Brauchte. Und die er sich unter diesen Umständen unmöglich von Sam holen konnte.

Jack.

Er würde erst zu Jack gehen und ihn über Sam und Teal'c ausfragen. Dann konnte er noch immer entscheiden, ob und wenn ja wie er das Thema von Jacks verändertem Verhalten ansprach. Genau, so würde er es machen. Und da seine besten Ideen - soweit er sich erinnern konnte - immer Gedankenblitze und keine langwierigen Pläne waren, zwang er sich dazu, an nichts zu denken, während er auscheckte und zu Jacks Haus fuhr.

Er würde heute Nacht noch Antworten bekommen. Vielleicht sogar die, die er auch hören wollte. Und zumindest die Frage, warum Sam in letzter Zeit noch mehr Zeit als zuvor im SGC verbrachte, obwohl sie nicht mehr regelmäßig die halbe Nacht durcharbeitete, hatte sich mit der heutigen Demonstration erledigt.

Dumm nur, dass sie mehr Fragen aufgeworfen, als beantwortet hatte.

 

Eins, zwei, drei...

Zum dritten Mal läutete er.

... vierzehn, fünfzehn, sech... endlich!

Daniel hörte das leise Fluchen, noch bevor Jack die Tür überhaupt aufgeschlossen, geschweige denn geöffnet hatte. Er konnte einfach nicht anders - er lächelte leicht. Das Lächeln verschwand in dem Moment, in dem Jack aufsah und registrierte, wer da vor seiner Tür stand.

"Daniel." Es wirkte steif und unnatürlich, als er zwei Schritte nach hinten trat, um Daniel ins Haus zu lassen. Wenigstens lässt er mich ohne Aufstand herein, schoss es Daniel durch den Kopf, auch wenn er aussieht, als ob er erwartet, dass ich ihn jeden Moment angreife. Warum? Noch eine Frage, der er in dieser Nacht auf den Grund zu gehen gedachte.

"Jack", grüßte er zurück - wenn auch mit deutlich mehr Wärme in der Stimme. Jack zuckte zwar nicht zusammen, schaffte es aber auch nicht, Daniel in die Augen zu sehen.

"Was bringt dich hier her?" Weit entfernt von der Flapsigkeit früherer Tage klang Jack einfach nur erschöpft und ein wenig... misstrauisch?

Was auch immer zwischen ihnen schiefgelaufen war, es musste schlimmer sein, als Daniel bisher angenommen hatte. Er seufzte. Nichts ging über eine große Herausforderung, die es um jeden Preis zu bewältigen galt. Er hatte es zuvor getan, er konnte und würde es wieder tun.

"Ich finde, wir sollten... reden."

Jack verzog zwar das Gesicht, nickte jedoch. "Von mir aus. Du kennst den Weg." Schon auf halbem Weg, die Tür wieder zu schließen, wandte er sich noch einmal um, um Daniel anzusehen. "Du kennst den Weg doch, oder?"

Erst jetzt wurde Daniel bewusst, dass er seit seiner Rückkehr noch nie hier gewesen war. Überhaupt konnte er die Male, an denen er die Basis verlassen hatte, an einer Hand abzählen. Erst war es der NID, der ihn wochenlang fest gehalten hatte, bis sie wirklich sicher waren, dass er wirklich Dr. Daniel Jackson war, und im vergangenen Jahr auch nicht zum Sicherheitsrisiko mutiert war. Daniel hatte den Verdacht, dass er mehr auf General Hammonds und Jacks Drängen hin seine Sicherheitsstufe zurückerhalten hatte, als sonst etwas. Dann kam die Zeit des Wartens, bis er auch wieder die Freigabe für Offworld-Missionen bekommen hatte - zwei Wochen purer Langeweile, nur unterbrochen von medizinischen Untersuchungen und Interviews, die er dazu genutzt hatte, seine Wohnung wieder kennen zu lernen. Alles in allem vergingen über drei Monate, bevor er wieder als normaler Mensch, allen Rechten wie zuvor, galt. "Ich kenne den Weg", beantwortete er Jacks Frage.

Seltsam... er hatte so vieles aus seinem Leben vergessen, doch den Grundriss von Jacks Haus hatte er vollständig im Kopf. Genauso wie den Weg hier her - obwohl er sich selbst im SGC einige Mal verirrt hatte.

"Wenn du meinst... bring' mir ein Bier mit, wenn du in der Küche bist", gab Jack zurück.

Daniel warf einen Blick auf die Uhr. Halb zehn am Abend. Oh nein, kein Bier, entschied er. Bei dieser Unterhaltung brauchten sie beide einen klaren Kopf. Die Tatsache, dass Jack sich mit einer Flasche, an der er sich anhalten konnte, besser fühlte, sei verdammt.

Das hier würde nach seinen Regeln ablaufen, nicht nach Jacks. Etwas, das, wenn er sich richtig erinnerte, in der Vergangenheit nicht allzu oft passiert war. Egal, er war nicht mehr der selbe Mensch wie früher - wie vor seinem Tod - und die wenigen, vagen Erinnerungen die er an das letzte Jahr hatte, machten ihm klar, dass er auch nie wieder zu seiner naiven, wissenschaftlichen Einstellung zurück konnte.

Nicht, dass er das wollte.

Abgesehen von diesen nervtötenden Erinnerungslücken und der Tatsache, dass er nicht mehr wusste, was im Team vor sich ging, fühlte er sich jetzt besser und sicherer in seiner Existenz als zuvor. Auf alle Fälle wusste er jetzt, was er wollte und er war auch nicht mehr so auf abstrakte, unerreichbare Dinge fixiert wie zuvor. Und er hatte Sha'uri endlich losgelassen. Etwas, das, wie er sich jetzt eingestehen musste, schon seit Jahren überfällig gewesen war.

Er ignorierte die Küche und ging stattdessen direkt ins Wohnzimmer, sicher, dass Jack ihm folgen würde. Er tat es auch.

"Also? Was bringt dich zu dieser späten Stunde hier her?" Mit verschränkten Armen lehnte Jack an der Wand, doch seine Stimme klang bei weitem nicht so herausfordernd, wie es seine Haltung und die Worte waren.

Daniel hielt nichts davon, sich lange mit Vorreden aufzuhalten. "Ich habe Sam und Teal'c gesehen."

"Das ist ein Phänomen, ja", stimmte Jack zu. "Sie arbeiten und leben ja auch nur im selben Komplex wie du. Sonst noch was neues? Neuer Goa'uld, der uns den Krieg erklärt hat, oder was?" Wieder war Jacks Tonfall viel sanfter, als die harschen Worte es verdient gehabt hätten.

Daniel schüttelte leicht den Kopf. "Du irrst dich, Jack. Ich lebe nicht im SGC. Zumindest nicht offiziell." Er hatte immerhin noch seine Wohnung - dank Jack, der - aus welchen Gründen auch immer - den Vertrag nicht gekündigt und die Miete weiter bezahlt hatte. Er hatte also eine Wohnung, die Tatsache, dass er seit seiner Rückkehr gerade mal ein paar Nächte dort verbracht hatte, war irrelevant. "Genauso wenig wie auch du. Oder Sam." Er hielt kurz inne, dachte noch einmal über seine Beobachtungen der letzten Wochen nach, die für ihn bis heute Abend keinen Sinn ergeben hatten. "Oder trifft das vielleicht nur noch auf uns beide zu? Vielleicht ist Teal'c nicht mehr nur auf die Basis beschränkt?"

"Ich weiß nicht, was du meinst." Doch Jacks Haltung wurde angespannter und er ließ die Arme zur Seite fallen.

"Doch, tust du", widersprach Daniel. "Ich habe Sam und Teal'c heute gesehen", fuhr er fort, als Jack keine Reaktion zeigte. "Küssend."

"Es ist ihr gutes Recht", erwiderte Jack.

"Stimmt. Ich will nur wissen, was es sonst noch Neues gibt, von dem ich nichts weiß." Und dann versagte seine - ohnehin nur sehr fragile - Selbstbeherrschung. "Ich war ein Jahr lang weg, Jack! Ich kann mich kaum noch an etwas aus meinem Leben erinnern... und jetzt komme ich nach und nach dahinter, was sich alles verändert hat." Er zwang sich dazu, Jack in die Augen zu sehen. "Ich weiß, dass das Leben weiter gegangen ist, auch nachdem ich weg war - aber es tut weh, nur durch Zufall erfahren zu müssen, dass zwei meiner engsten Freunde jetzt ein Paar sind." Und das war es, was Sam und Teal'c waren, kein Zweifel daran. Die enge Umarmung, die Vertrautheit - die Liebe - die Daniel in dem simplen Kuss gesehen hatten, sprachen eine deutliche Sprache. "Niemand redet mehr mit mir." Der letzte Satz kam nur noch als Flüstern.

"Daniel..." Jack brach ab, wusste offensichtlich nicht, was er darauf erwidern sollte. Was denn schon? Eine Entschuldigung? Sinnlos, wie sie beide wussten. Es war Daniels Entscheidung gewesen, aufzusteigen, die Alternative brachte auch keinen Trost. Erklärungen? Wozu, was los war, wussten sie jetzt beide. Daniel wollte sein altes Leben zurück - oder zumindest, dass seine Mitmenschen ihn gleich behandelten wie zuvor. Etwas, das angesichts der Umstände schlicht unmöglich war. Aber Wünsche waren noch nie rational, verteidigte er seine Gefühle. "Es war ein hartes Jahr", sagte Jack schließlich. Keine Entschulding, auch keine wirkliche Erklärung... vielleicht ein Mittelding aus beidem. "Du warst... weg, Jonas war auf einmal da, dann das Chaos mit den Tok'ra und Ba'al", Daniel zuckte bei dem Namen zusammen - daran konnte er sich vage erinnern, und wünschte, es nicht zu tun, "die Differenzen zwischen Jaffa-Rebellen und Tok'ra..."

"Dein Verschwinden mit Maybourne", fügte Daniel hinzu, als Jack nicht weitersprach.

Jack nickte, runzelte jedoch fragend die Stirn. "Woher...?"

Daniel verzog kurz das Gesicht. "Ich habe nicht alles vergessen. Ich kann mich an einige Dinge erinnern, die letztes Jahr passiert sind - ich war immer da, Jack. Ich habe dich und das Team nie aus den Augen gelassen." Aber auch viel zu wenig geholfen, wie er sich jetzt eingestehen musste. Und das alles nur aus Angst vor der Strafe, die ihm blühte.

"Wie gesagt, ein hartes Jahr", stimmte Jack zu und zuckte hilflos mit den Schultern. "Ich weiß selbst nicht genau, wann und wie... irgendwann habe ich mitbekommen, dass zwischen Carter und Teal'c was läuft. Ich habe sie darauf angesprochen, sie haben es mir offen und ehrlich gesagt." Es war offensichtlich, dass dieses Gespräch nicht gerade in seiner Top Ten List gelandet war. "Es weiß sonst niemand."

Und es vermutet auch niemand?, fragte Daniel sich selbst. Obwohl... er selbst hatte es ja auch nicht bemerkt - oder auch nur vermutet - bevor er nicht mit einem unwiderlegbaren Beweis konfrontiert worden war, oder? "Ein hartes Jahr", wiederholte er leise. "Und das ist alles?"

"Ja. Nein. Was weiß ich." Jack seufzte frustriert und schloss die Augen. "Es war schon lange etwas zwischen ihnen - nichts sexuelles", fügte er rasch hinzu, "aber etwas. Es war nur eine Frage der Zeit. Und schlussendlich kam die Zeit, als sie beide etwas Nähe und Trost brauchten."

"Es passierte, während du verschollen warst." Es war keine Frage, Daniel wusste einfach, dass es damals passiert war.

"Yeah." Mehr hatte Jack zu dem Thema nicht zu sagen.

"Und wer war für dich da?"

Jack öffnete die Augen endlich wieder und sah Daniel überrascht an "Für mich?", wiederholte er.

Daniel nickte, obwohl er die Antwort schon längst kannte - er hatte sie schon längst gekannt, bevor er die Frage überhaupt gestellt hatte. Er wollte es einfach nur von Jack hören. Dieser zuckte bloß mit den Schultern - eine Bewegung, die Daniel als Was willst du eigentlich? interpretierte. Ich will, dass du endlich zu dir selbst ehrlich bist, dachte er frustriert. Einige Momente vergingen, doch es war klar, dass Jack nicht dazu gewillt war, nachzugeben. Oder es einfach nicht konnte. Im Endeffekt war es Daniel, der den Rückzug antrat und Jack mit einem leichten Kopfschütteln zu verstehen gab, dass er es vergessen sollte.

Offensichtlich hatte er Jack in dieser Hinsicht falsch eingeschätzt. Denn kaum dass Daniel resigniert hatte, holte er plötzlich tief Luft, brauchte jedoch noch einige Sekunden, bevor er auch wirklich Worte hervorbrachte. "Warum stellst du Fragen, auf die du die Antworten schon längst kennst?"

"Jack, ich..." Der Protest kam automatisch, ohne Umweg durch sein Gehirn. Er ertappte sich selbst und verstummte. "Ich will es von dir hören", gab er schließlich zu. Nicht gerade nett, aber die Wahrheit.

"Warum?" Die Frage schien ehrlich gemeint zu sein und Daniel zwang sich dazu, Blickkontakt mit Jack aufzunehmen. Sie beide saßen mittlerweile auf der Couch - jeder schön an seinem Ende und mit scheinbar Lichtjahren von Distanz zwischen ihnen.

Mit einem Stargate konnte man Lichtjahre in Sekunden überbrücken. Vielleicht schafften sie beide es jetzt, einen knappen Meter Distanz in einigen Stunden zu überwinden. Auch wenn er keine Ahnung hatte, wie sie das anstellen sollten.

"Warum willst du von mir hören, dass ich alleine war?", sagte Jack das, was Daniel die ganze Zeit hören wollte und vor dem er sich trotzdem gefürchtet hatte. Es tat weh es laut und deutlich von ihm zu hören. "Du weißt doch genau, wie so etwas läuft, oder?" Jack hatte den Blickkontakt abgebrochen und studierte stattdessen mit größtem Interesse den Couchbezug. "Du hast etwas Wichtiges verloren und niemand ist mehr da, um dich aufzufangen." Die Arme auf den Oberschenkeln, Hände baumelnd, sah er auf, vermied es aber noch immer, in Daniels Richtung zu sehen. "Ich hatte einmal eine Frau, die in solchen Situationen für mich da war. Anscheinend wurden es zu viele für ihren Geschmack, oder ich habe mich zu sehr verändert", sein Tonfall machte klar, dass er seine Wesensänderungen nicht gerade für vorteilhaft hielt, etwas, wogegen Daniel am liebsten vehementen Protest eingelegt hätte. Ihm war der Jack von heute tausend Mal lieber als der Jack, den er vor fast zehn Jahren kennen gelernt hatte. Doch er wusste nur zu gut, dass, wenn er Jack jetzt unterbrach, dieser niemals mehr reden würde.

Und es musste raus. Nach einem Jahr Schweigen und Schmerz ohne die einzige Person, zu der er früher - zumindest hin und wieder - gegangen war, war es höchste Zeit, dass Jack mit der Vergangenheit, und sich selbst, ins Reine kam.

Daniel befürchtete, dass es wesentlich länger als eine Nacht dauern würde und ihn dieser Prozess heillos überfordern würde. Und trotzdem war er der einzige Mensch im Universum, der zumindest eine Chance hatte, zu Jack durchzudringen und ihn zum Reden zu bringen. Er seufzte. "Du hast dich verändert, weil du es musstest", meinte er schließlich leise.

"Warum?" Ehrlich Neugier leuchtete in Jacks Augen und das erste Mal am heutigen Abend bekam Daniel das Gefühl, dass er ihm auch wirklich zuhörte.

"Weil du ansonsten jetzt nicht hier wärst, sondern den leichten Ausweg genommen hättest." Sobald er die Worte ausgesprochen hatte, bereute er sie auch schon. Es war klar, dass Jack verstanden hatte, was er gemeint hatte. Aber trotzdem war es nichts als die Wahrheit - der Jack, den Daniel vor der ersten Abydos-Mission kennen gelernt hatte, hätte niemals das erreicht, das der "neue" Jack, verändert durch Abydos und seine Scheidung, erreicht hatte.

Einmal ganz abgesehen davon, dass er Jack damals als eine Art Freund angesehen hatte (zumindest nachdem er eingewilligt hatte, ihn auf Abydos zurück zu lassen), er aber niemals zu dem hätte werden können, das er heute war. Oder, zumindest vor einem Jahr noch gewesen war. Bester Freund, Vertrauter, Kollege und einiges andere. Wenn es nach Daniel ging, wäre noch ein weiteres Wort auf der Liste, das Jack wohl nie im Leben in Betracht ziehen würde.

Jack schien über seine Worte nachzudenken, bevor er schließlich den Kopf schüttelte und leicht grinste. "Nein, Daniel. Du kennst mich doch - ich gebe nicht so schnell auf."

Nicht so schnell?, wiederholte Daniel in Gedanken. Wenn Jack das, was er damals durchgemacht hatte, nicht als das Äußerste empfand - was dann?

Eine alte Erinnerung rührte sich und von einem Moment auf den anderen wusste er, was Jack an sein Limit gebracht hatte. Nur zu gut konnte er sich an Jacks ungläubigen und entsetzten Gesichtsausdruck erinnern, als er sich entschlossen hatte, Oma Desalas Angebot anzunehmen. Jack hätte an seiner Stelle den Strahlentod gewählt, dessen war Daniel sich sicher. Ein Leben als übermenschliches Etwas, entfernt von allem und jedem, das ihm jemals etwas bedeutet hatte? Nicht für Jack O'Neill, vielen Dank.

Daniel war der Preis damals nicht zu hoch erschienen. Zumindest nicht angesichts der Alternative, die sich ihm geboten hatte. Aber jetzt? Jetzt war er nicht mehr so sicher, ganz im Gegenteil. Obwohl bei weitem nicht hundertprozentig sicher, tendierte er mittlerweile auch eher in Jacks Richtung. Nicht noch einmal würde er alles aufgeben und nur noch aus der Ferne machtlos zusehen, was mit seinen Freunden geschah. Fast omnipotent und trotzdem waren ihm die Hände gebunden gewesen - kein Gefühl, das er noch einmal erleben wollte, ganz im Gegenteil.

"Nicht so schnell?", wiederholte er noch einmal, diesmal aber laut. "Verzeih', wenn ich mich irre, aber wenn du den Tod deines Kindes", es tat Daniel leid, die Worte zu sagen, doch Jack musste es endlich hören, "und darauffolgenden Eheprobleme derart herabsetzt... warum warst du dann dazu bereit, Ba'al nachzugeben, nur damit er dich nicht wieder zurück ins Leben holt? Für mich ist das die selbe Kategorie." Und trotz anderer Umstände wusste er, wie es war, Frau und Kind zu verlieren.

Für einen Moment schien es, als ob Jacks Wut die Unterhaltung abbrechen würde, doch nach einigen Sekunden riss er sich sichtlich zusammen. "Es war nicht die selbe Kategorie. Es ist nicht einmal in der selben verdammten Dimension, kapiert?"

"Nein. Warum nicht, Jack?"

"Weil..." Jack hielt im letzten Moment inne, schien sich jedoch dann anders zu entscheiden, "es ging nicht um dich." Was? Noch bevor Daniel darauf reagieren konnte, sprach Jack weiter: "Nach Abydos - der ersten Mission - habe ich mein Leben umgekrempelt. Weniger stures Folgen von Befehlen ohne Wenn und Aber, mehr nachdenken darüber, was eigentlich von mir verlangt wird... alles wegen dir." Er schüttelte leicht den Kopf. "Deine Reden damals haben anscheinend mehr Spuren hinterlassen, als mir klar war. Aber bei Ba'al? Zu was hätte ich zurückkehren wollen? Das SGC ist nicht die Erfüllung meines Lebens und ihm Gegensatz zu Carter bin ich auch nicht der Typ, der nur von Arbeit alleine Leben kann."

Und ich war nicht mehr da, um dir ein wenig Abwechslung zu verschaffen. Oh ja, langsam aber sicher begann Daniel zu verstehen. Und trotzdem interessierte es ihn, warum Jack ihn damals ernst genommen hatte - im Gegensatz zum Rest der Menschheit. "Ja, und? Du hast mich damals noch nicht einmal richtig gekannt - ich war bloß ein lästiger kleiner Wissenschaftler, dank dem du beinahe einen ganzen Planeten in die Luft gejagt hast und der dann auf Abydos zurück gelassen wurde. Erzähl' mir jetzt bloß nicht, dass ich dir wichtiger sein soll, als deine Ehe!" Zumindest nicht zum damaligen Zeitpunkt, fügte er in Gedanken hinzu.

Jack schien den unausgesprochenen Nachsatz trotzdem gehört zu haben. "Sara und ich... unsere Probleme begannen schon lange vor Charlies Tod." Eine kleine Pause, aber ansonsten brachte er den Namen seines Sohnes ohne Probleme über die Lippen. "Nach dem Unfall ging es nur noch weiter bergab. Und nach Abydos... nichts war mehr als zuvor, ich war nicht mehr der Alte - die Scheidung war nur noch eine Formsache."

Daniel glaubte ihm. Der Jack, der ihn auf Abydos zurückgelassen und auf die Erde zurückgekehrt war, war schon weit entfernt von dem Mann, den er nur wenige Tage zuvor kennen gelernt hatte. Daniel war manchmal nicht einmal sicher gewesen, ob er überhaupt die selbe Person war.

Und der Jack, der ihn nach Apophis' Überfall zurück ins SGC geholt hatte? Ein neuer Mensch, mit den selben Erfahrungen und Erinnerungen aber einer völlig anderen Lebenseinstellung und Art und Weise, an Dinge heranzugehen. Von allen drei Inkarnationen Jack O'Neills gefiel ihm diese am besten und er wollte sie wieder zurück haben.

Nicht diesen zurückgezogenen Mann von heute, der mehr oder weniger nur noch für seine Arbeit existierte und diese auch nur machte, weil es jemand tun musste.

Allein. Allein und einsam. Das ist es, was er ist. Genau wie Daniel selbst. Genau wie es Sam und Teal'c einmal gewesen waren. Sie - ein Genie in einem Top-Secret Programm mit fast keiner Chance, einen Partner zu finden, der sie wirklich verstehen konnte. Er - ein Außerirdischer. Wenn die beiden jemanden gefunden hatten... warum nicht auch Jack? Oder er? Jemanden, der wirklich zu ihm passte, ihn verstand und auch wieder in die Realität zurück holte, wenn seine Begeisterung mal wieder mit ihm durch ging.

Wenn Sam Teal'c haben konnte, warum konnte er dann nicht Jack haben? Oder vielleicht auch wieder haben? Trotz aller Erinnerungen wusste Daniel nur zu gut, dass es noch etliche Lücken in seinem Gedächtnis gab. Auch wenn er sich nicht vorstellen konnte, etwas wie eine Beziehung/Affäre/was-auch-immer (noch dazu mit Jack) zu vergessen, war es nicht unmöglich. Bloß.... unwahrscheinlich. Dachte er zumindest.

Noch bevor er auch nur einen Moment darüber nachdachte, überbrückte Daniel die Distanz zwischen ihnen und berührte Jack an der Schulter.

Der Effekt, den die harmlose Berührung hatte, war beachtlich. Jack zuckte zusammen, als ob er an eine Starkstromleitung geraten wäre und zuckte nervös zurück. Was ist?, fragte Daniel lautlos. Ich habe dich früher auch berührt. Er bekam keine Antwort, weder verbal noch sonst wie. "Was Sam und Teal'c angeht...", begann er schließlich.

"Was ist mit ihnen?", unterbrach Jack ungeduldig. Er hatte aufgegeben, Daniels Berührung entkommen zu wollen und schien sie zu ignorieren. Daniel wusste, wie falsch dieser Eindruck war.

"Die Beziehung zwischen den beiden ist gegen die Regeln."

"Ja. Und?" Es war offensichtlich, dass Jack das egal war, nicht, dass das Daniel überraschte. Er war nicht der Typ, der Leuten unter seinem Kommando ein wenig Freude verwehrte, wenn es nur irgendwie ging.

Daniel lächelte. Ich hab' dich. Er wusste nicht, woher sein Wissen kam - vielleicht ein Überrest des letzten Jahres, an dem er alles viel intensiver wahrgenommen hatte, vielleicht auch eine verdrängte Erinnerung aus seinem Leben vor dem Aufstieg, vielleicht auch einfach nur gute alte Intuition - aber er war sich auf einmal sicher, dass Jack das gleiche wollte wie er. Freude, eine Beziehung - mit ihm. Eine zweite - oder vielleicht auch schon dritte - Chance auf Glück und Liebe, diesmal mit jemanden, der wusste, auf was er sich einließ. Daniel kannte Jacks Stärken, genauso wie seine Schwächen und umgekehrt war es genauso. Jetzt galt es nur noch, Jack davon zu überzeugen, dass es richtig war.

Und der erste Schritt in diese neue Richtung musste von Daniel kommen, kein Zweifel. Langsam zog er seine Hand von Jacks Arm zurück und registrierte zufrieden, wie Jack ihm mit den Augen folgte. Der Verlust des Körperkontakts schien ihn zu stören. Gut. "Nichts und", beantwortete er schließlich die Frage. "Die beiden haben es sich verdient." Jack stimmte mit einem leichten Nicken zu. Er war vorsichtig, versuchte herauszufinden, was genau Daniel wollte. "Genauso wie du", fügte Daniel hinzu.

Es dauerte keine Sekunde, bevor Jack die Bedeutung der Worte verstanden hatte. Daniel war angenehm überrascht, als er nicht wieder versuchte, mehr Abstand zu bekommen. Um genau zu sein, verriet absolut nichts an seinem Verhalten, was er dachte und fühlte.

Und trotzdem wusste Daniel es. Die gleiche Intuition, auf die er sich schon den gesamten Abend über verlassen hatte, sagte ihm, dass der Ball jetzt bei Jack lag und dieser für sich selbst entscheiden musste, ob er Daniels Angebot annahm oder nicht.

Die Minuten streckten sich zur Unendlichkeit und er musste sich bewusst daran erinnern zu atmen, doch schließlich brach Jack den Bann mit einem leisen "Okay". Seine Stimme klang rau, als hätte er zu lange nicht gesprochen.

Das ging schneller - und einfacher - als erwartet. Daniel konnte nicht glauben, dass das schon alles war. Einfach ein okay, ohne Einwände, ohne Konditionen? Anscheinend ja. Es bestand kein Zweifel, dass sie beide dasselbe meinten, kein Zweifel, dass gerade die Entscheidung für ihre Zukunft gefallen war.

Ihre gemeinsame Zukunft.

Zum ersten Mal seit seiner Rückkehr fühlte Daniel sich wirklich glücklich. Er erwiderte Jacks unsichere Grimasse mit einem Lächeln und wurde dafür mit einem leichten Grinsen belohnt. "Gut", sagte er schließlich, "da wir das erledigt haben - was jetzt?"

Jacks Antwort bestand darin, nach Daniels Arm zu greifen und ihn zu sich zu ziehen. "Ich hab' dich vermisst, Danny", murmelte er, als er Daniel umarmte.

"Ich war die ganze Zeit da."

"Das warst nicht du." Nein, vermutlich nicht. Das, was vor wenigen Monaten in Daniel Jacksons Körper ins SGC zurück gekehrt war, hatte außer dem Körper mit dem alten Daniel nicht viel zu tun gehabt. Erst mit der Rückkehr seiner Erinnerungen hatte er langsam wieder ein Gefühl dafür bekommen, wer und was er überhaupt war. Und trotzdem...

"Wir können die Zeit nicht zurückdrehen. Ich habe mich verändert. Du hast dich verändert."

Zu Daniels Überraschung reagierte Jack darauf mit einem lauten Lachen. "Yeah. Aber du redest noch immer zu viel und handelst zu wenig." Er zog Daniel noch näher an sich heran. "Vergiss' Carter und Teal'c."

"Nichts leichter als das", antwortete Daniel und zwang sich dazu, seine Augen während des Kusses offen zu halten. Das hier war zu kostbar, um nicht mit allen Sinnen voll miterlebt zu werden. Tausend Fragen lagen in Jacks Blick, als er den Kuss unterbrach, im Gegensatz zu vorhin, als er die Antworten zu Daniels Fragen gehabt hatte. Daniels Antwort auf alles bestand darin, sich neben Jack auf die Couch zu knien, um einen leichten Größenvorteil zu bekommen und ihn sanft aber bestimmt nach hinten zu drücken. "Später", versprach er Jack, "wir reden später."

Für den Rest der Nacht wurden keine Fragen mehr gestellt.


ENDE
Du musst login (registrieren) um ein Review abzugeben.