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In the Line of Duty: (3) The End of the Line von Sally Reeve, Destiny

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Epilog

Die Jahreszeiten verstrichen; aus Winter wurde Frühling, der Frühling erleuchtete im Sommer und Sommer wurde vom kühlen Herbst abgelöst. Ein weiteres Jahr war vergangen.

Sara O’Neill saß auf dem Beifahrersitz ihres Autos, die Blumen lagen auf ihren Knien, als sie beobachtete, wie der Truck auf den leeren Parkplatz fuhr.

„Ist er das?“, fragte Anthony flüsternd.

„Ja“, nickte Sara. Der Truck parkte gegenüber von ihnen und die Beifahrertür öffnete sich. Aber es war nicht Jack, der heraussprang. Es war eine Frau. Groß, lange Beine und blond, ihre kurzen Haare waren struppig und die dunkle Sonnebrille verbarg ihre Augen, als sie sich eine schwarze Lederjacke überzog. Sie kam Sara irgendwie vertraut vor, aber sie hatte keine Ahnung woher.

Dann öffnete sich die Fahrertür und Jack stieg aus. Er schaute zu ihrem Auto hinüber, bevor er sich noch mal in den Truck beugte, um die Blumen herauszuholen, die er mitgebracht hatte. Als er um die Motorhaube zu der Frau ging, wechselte sie ein paar Worte, sie nickte und berührte leicht seine Hand. Also nicht nur Freunde erkannte Sara mit einem lächerlichen Anflug von Eifersucht.

Eine Hand berührte ihr Knie. „Alles okay, Hon?“

Sie lächelte. „Ja. Es nur immer schwer”, sagte sie ihm.

„Ich weiߓ, nickte er. „Willst du wirklich nicht, dass ich mitkomme?“ Da lag eine Aufrichtigkeit in seinen grauen Augen, die sie zutiefst berührte und sie legte ihre Hand über seine.

„Nein, das ist etwas, was Jack und ich allein tun müssen.“ Hoffe ich zumindest, fügte sie stumm hinzu, als sie zu der Frau hinüberschaute, die Jack mitgebracht hatte. Aber als er langsam auf ihr Auto zukam, war sie erleichtert zu sehen, dass sie Frau beim Truck blieb und ihn durch ihre dunkle Sonnenbrille hindurch beobachtete. Gut, dachte Sara. Und dann atmete sie einmal tief ein und griff nach der Tür. „Es wird vermutlich nicht allzu lange dauern“, flüsterte sie.

„Lass dir Zeit“, sagte Anthony mit einem Lächeln, das ihr Herz erwärmte.

Die Luft war kalt, als Sara aus dem Wagen stieg und sie zog ihre Jacke noch enger um sich. Aber die Sonne schien hell und es kam ihr an so einen düsteren Tag vollkommen unangebracht vor.

„Hi“, sagte Jack, als sie sich trafen, er seine Sonnenbrille abnahm und ihr sein vertrautes und noch immer anziehendes Lächeln schenkte.

„Hi“, antwortete sie, als ihr Blick ihn abtastete und sie dann mit plötzlichen Schrecken die Prothese unter seiner Jacke sah. Sie hatte es schon fast vergessen gehabt. „Wie geht’s dir?“

„Gut“, nickte er.

Und sie musste zugeben, dass er auch so aussah; leicht gebräunt, entspannt und zufrieden. „Du siehst gut aus“, sagte sie ihm. „Der Ruhestand scheint dir gut zutun.“

Er lächelte breit. „Das tut er“, stimmte er ihr zu. „Zum größten Teil.“
Als sie über seine Schulter schaute, sah Sara, wie die Frau, die Jack mitgebracht hatte, begann in die andere Richtung zu gehen und sah dann fragend zu ihm zurück. „Eine Freundin von dir?“

„Ja“, nickte er. „Das ist Sam. Sie ist… Ich meine, wir sind…” Er verdrehte seine Augen und sie konnte das leichte Lachen in ihnen sehen. „Wie immer man das auch diese Tage nennen mag. Wir sind zusammen.“

„Das habe ich mir gedacht", sagte Sara, als sie Sam weiter beobachtete. Sie ging zurück zum Truck, ihre blonden Haare glitzerten in der Sonne. Schlank, glatte Haut, ein selbstbewusster Gang; sie war hübsch und Sara verspürte eine lächerliche Welle der Eifersucht. „Sie sieht…“ Sie zögerte bei ihrer Wortwahl. „Sie sieht… jung aus.“

Jack lachte leicht. „Jung?“, wiederholte er ihre Worte selbstbewusst. „Na ja, ich schätze mal, dass sie etwas *jünger* ist.“

„Kenne ich sie?“, fragte Sara dann und fragte sich, warum ihr diese Frau so vertraut vorkam.

Jack nickte. „Ja“, sagte er und überraschte sie. „Du hast sie letztes Jahr im Krankenhaus gesehen.“

Sara runzelte die Stirn. Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemand im Krankenhaus getroffen haben, außer eine Major Wie-auch-immer. Sie zog ihre Augenbrauen hoch. „Das ist Major…?“

„Carter“, nickte er. „Ja. Nun”, lächelte er voller Stolz. „Das heißt jetzt Lieutenant Colonel.“

„Heißt das, dass du jetzt vor ihr salutieren musst?“, witzelte Sara.

„Fast“, gab er zu. „Gib ihr noch etwas Zeit.“

Mit einem Kopfschütteln schaute sie erneut zu der jungen Frau hinüber. „Es ist eine ziemlich beeindruckende Leistung für eine Frau so weit zu kommen. Selbst heutzutage.“

„Sie ist eine ziemlich beeindruckende Frau“, antwortete Jack ernst. „Und sie hat verdammt hart dafür gearbeitet, um jetzt dort zu sein.“

„Also, habt ihr beiden zusammen gedient?“, fragte Sara, als sie sich an ihre Unterhaltung mit Major Carter erinnerte.

„Vier Jahre lang.“

Vier Jahre. Mit Erleichterung rechnete sie zurück. Zumindest war es nicht während ihrer Ehe gewesen. Als sie erneut zu der selbstbewussten, jungen Frau schielte, konnte sie ein paar Sticheleien nicht lassen. „Dann denke ich mal, dass sie weiß, worauf sie sich da einlässt?“

„Mit mir?“, fragte Jack. „Ja. Sie hat eine ziemlich genaue Vorstellung.”

Sara lächelte ihn trocken an. „Sowohl mutig als auch hübsch.“

Jack antwortete ihr nicht sofort, aber er sah etwas geknickt aus. Nach einem Moment flüsterte er: „So schlimm war es nicht, oder? Du und ich?“

„Nein“, versicherte Sara ihm ein wenig überrascht von der Offenheit seiner Worte. Den Jack, den sie kannte, hätte so etwas nie gefragt. „Nein, die meiste Zeit über war es großartig, Jack.“

„Ja“, stimmte er mit einem erneuten Lächeln zu. „Das war wir, nicht wahr?“

Sie nickte und drehte sich zu dem Weg um, den sie einschlagen würden. „Sollen wir?“

„Sicher“, nickte er und sie begannen schweigend den Weg entlang zu gehen.

Sara beobachtete ihn, als sie gingen. Er sah noch fast so aus wie immer, auch wenn sein Haar jetzt grauer war und sich ein paar mehr Fältchen unter seinen Auge abzeichneten. Aber da gab es definitiv eine Veränderung. Nicht so sehr, wie er aussah, sondern wie er sich verhielt. Er schien nicht mehr so verschlossen zu sein, irgendwie entspannter. Viel zugänglicher. Ein Teil der Rüstung, die er immer so vehement getragen hatte, schien dahin geschmolzen zu sein. „Also“, fragte sie neugierig. „Was machst du jetzt so?“

Er schaute zu ihr hinüber und zuckte mit den Schultern. „Dies und das.“

„Arbeitest du noch?“

Er senkte seinen Blick und sein Gesicht nahm diesen plötzlich ausweichenden Ausdruck an, den sie noch sehr gut aus ihrer Ehe her kannte. „Nicht offiziell“, sagte er ihr. „Aber hin und wieder fragen sie nach meinem Rat – wenn ich helfen kann.“ Reuevoll schüttelte er den Kopf. „Um ehrlich zu sein, ist es für gewöhnlich dann, wenn Sam auf einem Pl…“ Er verstummte und sie vermutete, dass er sich fast verplappert hätte. „Wenn Sam auf einer Mission ist“, beendete er mit einem entschuldigenden Lächeln, das die Lüge oder Halblüge bestätigte oder was auch immer es war, was er ihr fast erzählt hätte. „Ich kann einfach nicht nur wartend zu Hause rumsitzen“, erklärte er, „also fahre ich für gewöhnlich zum Stützpunkt und gebe ihnen für ein paar Tage gute Ratschläge, bis sie wieder zurück ist.“

Sara lächelte aufgrund der Ironie der Situation. „Tja, ich denke, jetzt weißt du, wie es ist“, sagte sie.

„Wie was ist?“

„Das Warten.“

Sie sahen sich einen Moment an und sie erkannte in den Tiefen seines Blickes ein plötzliches Verständnis. „Das stimmt“, nickte er verstehend. Und dann fügte er etwas leiser hinzu: „Du hattest es nicht einfach, Sara. Ich glaube nicht, dass ich das jemals richtig geschätzt habe. Es gibt nichts Schlimmeres als auf das Telefonklingeln zu warten und innerlich zu beten, dass es schweigt.“ Der herbstliche Wind zerrte an seinen kurzen Haaren und er zog seine Jacke enger um sich, als er sie mit dunklen, ernsten Augen beobachtete.

„Ich weiߓ, nickte sie, überrascht von der Stärke seiner Gefühle. Sie legte ihren Kopf etwas zur Seite. „Du hast dich verändert, weißt du das?“

Jack nickte. „Es waren sechs lange Jahre“, sagte er. „Ich habe eine Menge gesehen, eine Menge getan – und ich habe mich selbst ziemlich gut kennengelernt. Und Sam hat…“ Er hielt inne und lächelte nur, offensichtlich verlegen darüber die Frau vor ihr so hoch zu preisen, wofür Sara dankbar war.

Und während sie ihn so beobachtete, wurde sie plötzlich von einem ganzen Schwall alter Gefühle erfasst. Das Licht in seinen Augen, das Lächeln, welches sich um seine Mundwinkel ziert, er sah wieder so aus, wie der Mann in den sie sich einst verliebt hatte. Und dieser Anblick fütterte nur das Bedauern, welches sie immer in ihrem Herzen trug. „Denkst du jemals darüber nach“, fragte sie flüsternd, „wie die Dinge sein würden, wenn wir Charlie nicht verloren hätten?“

Jack wandte sich ab, sein Kopf lag auf seiner Brust, sodass er auf den Boden schaute. „Die ganze Zeit“, flüsterte er. „Es hat mich fast verrückt gemacht. Und dann habe ich erkannt, dass ich mich auf das konzentrieren muss, was ich hatte und nicht, was ich verloren habe.” Er drehte sich mit einem düsteren Gesicht zu ihr um. „Aber manchmal frage ich mich noch immer, wo wir heute sein würden, wenn es nicht passiert wäre. Ich meine uns alle, nicht nur Charlie.“

Ein Windhauch fuhr durch die Blumen, die sie hielt, und ließ sie erschaudern. „Es wäre ein anderes Leben gewesen“, sagte sie und schaute hinunter auf das tanzende Laub.

„Kann ich mir nur schwer vorstellen“, flüsterte Jack.

'Nicht so schwer’, dachte sie, auch wenn sie es nicht aussprach. Stattdessen fragte sie: „Bist du glücklich, Jack?“ Es hörte sich mehr wie eine Anschuldigung an, als wie eine Frage, aber Jack zuckte nicht zusammen.

Er schwieg eine lange Zeit und ließ seinen Blick über den Friedhof schweifen. Aber schließlich antwortete er ihr etwas widerwillig. „Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an Charlie denke und ich vermisse ihn und bedaure das, was wir verloren haben.“ Er seufzte und fuhr eine Hand durch seine Haare. „Aber ja, Sara, ich bin glücklich. Ich war es eine lange Zeit nicht und ich weiß auch nicht, ob ich es verdiene, aber ich bin glücklich.“ Er sah sie ernst an. „Bist du es?“

„Meistens“, sagte sie ihm ehrlich. „Aber manchmal da wünsche mir einfach nur…“ Tränen füllten ihre Augen und sie schloss sie, als der vertraute Schmerz in ihr aufkeimte. Jack schwieg und beobachtete sie voller Mitgefühl und etwas Wärmeren – eine Erinnerung an Liebe vielleicht. „Manchmal“, startete sie einen neuen Versuch. „Ich vermisse ihn so sehr. Ich will ihn einfach nur halten, sein Haar berühren… sein Lächeln sehen…” Die Tränen kamen jetzt und sie kümmerte sich nicht darum sie zurückzuhalten, als sie auf die Blumen tropften, die sie in ihren Händen hielt. Selbst jetzt konnte die Trauer sie noch von der einen Sekunde auf die andere überwältigen, wenn sie daran dachte, dass sie nie ihren Jungen wird, aufwachsen sehen. Charlie. Ihr Baby.Sie schluchzte einmal und griff dann in ihre Tasche, um ein Taschentuch herauszuholen, welches sie wohlüberlegt mitgenommen hatte, als sie vollkommen davon überrascht wurde, wie sich Jacks Arme um sie legten und sie an ihn heranzogen.

„Ich weiߓ, flüsterte er mit so vielen Gefühlen in seiner Stimme, wie sie es nie gehört hatte. Die Prothese fühlte sich merkwürdig gegen ihren Rücken an, aber die Finger, die auf ihrer Schulter lagen, drückte sie leicht. „Ich weiß, Sara, und es tut mir leid. Es tut mir so leid.“

Sie war sprachlos. Noch nie, niemals hatte er das gemacht. Nicht einmal in diesen grausamen Tagen nach Charlies Tod oder selbst auf der Beerdigung oder sonst wann. Nicht einmal hatte er geweint oder sie gehalten oder ihr irgendwas angeboten. Er war hinter seiner Mauer von Schuld so gefangen gewesen, dass er weder in der Lage gewesen war, Trost zu geben, noch zu empfangen. Aber jetzt…? Es war überraschend. Gott, wenn er doch nur damals so gewesen wäre!

Sara zog sich leicht zurück und sah zu ihm auf. In seinem Gesicht suchte sie nach der Ursache, die ihn verändert hatte. Tränen schimmerten in seinen Augen, als er zu ihr hinunter schaute, was an für sich schon außergewöhnlich war. In den zehn Jahren ihrer Ehe hatte sie ihn nie weinen gesehen. Aber hinter den Tränen war noch etwas, was sie noch mehr überraschte und es sah sehr nach Frieden aus. Jack O’Neill hatte endlich seinen inneren Frieden gefunden. Sie fragte sich, ob die Jahre alleine solch ein Wunder vollbringen konnten, aber in ihrem Herzen wusste sie, dass es wohl mehr mit Sam Carter zutun hatte. Sie konnte diese Frau schon fast in seinen Augen sehen und verspürte einen erneuten Stich von Neid. Sam hatte das geschafft, was Sara nicht konnte – sie hatte ihm Frieden gebracht.

„Komm schon“, sagte Jack sanft, als sein Arm lose um ihre Schultern hing. „Lass uns mit Charlie reden.“ Sie nickte stumm, noch immer zu aufgewühlt um zu reden. Sie ließ ihn den Weg zu dem kleinen Grabstein führen, der für all das stand, was sie verloren hatten.



*******************



Die Schatten des Abends sammelten sich langsam, aber der Rest vom Sonnenschein lungerte noch auf der Veranda. Von der Küche aus, konnte Sam Jack noch immer dort sitzen sehen, wie er hinaus zu den Bäumen schaute. Er saß dort bereits ein paar Stunden und sie hatte ihn seinen Raum gelassen. Der Morgen war schwierig gewesen und Jack hatte seit ihrer Rückkehr vom Friedhof geschwiegen und war ziemlich gedankenverloren gewesen. Sam griff nach zwei Tassen, goss Kaffee ein, als sie ihn noch eine Weile beobachtete.

„Zeit zum Reden“, sagte sie zu sich selbst, als sie Tassen nahm und damit nach draußen auf die Veranda ging. Als sie hinaustrat, begann der Kaffee in der kalten Luft zu dampfen und Jack drehte sich zu ihr um, als er hörte, wie die Tür ins Schloss fiel.

Er lächelte. „Hey. Wo warst du?”

„Habe etwas gearbeitet“, sagte sie ihm und setzte sich neben ihm auf die Holzbank. „Hier“, sagte sie und hielt ihm die Tasse hin. Er nahm sie schweigend an, aber seine Augen lächelten ein Dankeschön. „Also“, fragte sie leise, „wie geht es dir?“

„Okay“, nickte er und klang schon fast überrascht.

„Okay?”, fragte Sam zweifelhaft und beobachtete ihn über ihren Tassenrand hinweg, als er weiterhin zum Horizont schaute.

„Diesmal fühlt es sich anders an“, sagte er ihr nachdenklich.

Während sie einen Schluck von ihrem Kaffee nahm, wartete sie darauf, dass er es ihr erklärte, aber als es offensichtlich wurde, dass er das nicht tun würde, hakte sie nach. „Inwiefern anders?“

„Ich weiß es nicht“, seufzte er und sah sie mit einem Schulterzucken an. „Normalerweise habe ich mich immer so angespannt gefühlt, dass ich immer dachte, gleich zu explodieren oder so, aber diesmal…?“ Er verstummte auf der Suche nach den richtigen Worten. „Selbst Sara hat gesagt, dass ich anders bin. Es ist nicht so, dass ich mich irgendwie anders fühle, wenn ich daran denke, was Charlie passiert ist und ich weiß, dass ich es hätte verhindern können, aber es ist… es ist irgendwie, als ob es jetzt in der Vergangenheit liegt, wo es mich die Jahre zuvor immer gefangen hatte.“ Er runzelte leicht die Stirn. „Macht das überhaupt Sinn?“

„Ja“, versicherte Sam ihm. „Das tut es. Es hört sich so an, als ob es in deinem Leben weitergeht.”

„Das ist es“, nickte er schließlich. „Genau das ist es.“

Das Jahr über, in dem sie mit Jack zusammen war, war Sam mit der Art und Weise wie Jack seine Gefühle versteckte, leugnete oder so tief vergrub, dass er kaum noch wusste, dass sie überhaupt noch existiertem, vertraut geworden. Aber heute, wo sie hier in den letzten Sonnenstrahlen saßen, wusste sie, dass er die Wahrheit sagte; sie hatte bereits Verlust und Trauer in seinen Augen gesehen, aber die Gefühle waren durch einen ungewöhnlichen Frieden gehärtet. Es schien wirklich so, als ob er in seinem Leben weitergehen würde und dieses Wissen vermittelte ihr ein tiefes, wenn auch melancholisches Glücksgefühl.

Nach einem weiteren Schluck blieb ihr Blick schließlich auf dem kleinen Tisch neben ihm hängen, der mit ein paar Blättern übersät war. Neugierig nahm sie eines der Blätter an sich und drehte es in ihrer Hand. Zu ihrer Überraschung war es von einem Immobilienmakler und darauf abgebildet war ein großes Haus mit den Details darunter beschrieben. „Denkst du ans Umziehen?“, fragte sie Jack überrascht, dass er es ihr gegenüber noch nicht erwähnt hatte.

„Oh“, sagte er und nahm es ihr mit einem verlegenen Lächeln aus der Hand. „Na ja… vielleicht.“

Ihre Überraschung wurde noch größer. „Warum?“

Er schielte zu ihr hinüber und zuckte mit den Schultern. „Ich dachte nur, dass ich vielleicht etwas mehr Platz brauche.“

„Du hast bereits drei Schlafzimmer!“, rief sie.

„Ja“, nickte er, „aber das Haus wird langsam voll.“ Sein Blick lag wieder auf ihr. „Du hast jede Menge… Zeugs.“

Sam riss leicht verletzt ihre Augen auf. „Hey“, sagte sie, „wenn ich dir im Weg bin…?“

„Nein!“, ereiferte er sich. „Das habe ich nicht gemeint. Ich meinte… ich meine, ich habe gedacht, dass…” Er runzelte die Stirn. „Wann war es das letzte Mal, dass du auch wirklich in deinem Haus *geschlafen* hast, Sam?“

Plötzlich verstand sie und ihr Herz schlug einen kleinen Rückwärtssalto, als sie erkannte, an was er dachte. „Bei mir geschlafen?“, wiederholte sie und in ihrem Kopf schien es merkwürdig leer zu sein. „Ich habe keine Ahnung.“ Und dann konnte sie die Frage nicht mehr für sich behalten. „Jack, schlägst du gerade davor, dass wir uns zusammen ein Haus kaufen sollten?“

Er zuckte erneut ein wenig die Schulter, so als ob er darüber nachdenken würde. „Ja. Sieht wohl ganz danach aus.“

Sie riss erneut ihre Augen auf. „Oh.“

„Also“, sagte sie, als sie sehen konnte, wie seine Teilnahmslosigkeit verschwand, „was sagst du?“

Sie blinzelte. „Über das Haus? Oder darüber zusammenzuziehen?”

Er lächelte, es war ein leichtes Lächeln, welches seine Augen zum Leuchten brachten. „Komm schon, Sam“, schallte er sie sanft, „im Grunde wohnen wir doch bereits zusammen. Wir können das, was sich noch in deinem Haus befindet, auf dein Motorrad schnallen.“

Sie musste bei diesem Gedanken lächeln. „Nicht die Pflanzen“, hielt sie ihm vor Augen, obwohl sie zugeben musste, dass sein Argument stichhaltig war; ihr Haus war schon lange nicht mehr ihr Zuhause.

„Na ja“, sagte er mit einem ersten Nicken, „die Pflanzen sind schon ein Problem. Nur noch ein weiterer Grund irgendwo hinzuziehen, wo alles etwas größer ist…“

Sie nahm ihm erneut das Blatt aus der Hand und sah sich die Details genauer an. Der Preis war zwar etwas unverschämt, aber das Haus war fantastisch. „Ist das ein Pool?“, fragte sie und starrte auf das Bild.

„Nur ein kleiner“, antwortete Jack. „Aber die Aussicht ist unglaublich“, fügte er schwärmerisch hinzu.

„Du warst bereits dort?“

„Ja“, nickte er mit einem zögernden Lächeln. „Nur um zu sehen, wo es liegt. Das Innere des Hauses habe ich allerdings noch nicht gesehen.“

Sam schaute auf die Adresse. „Es ist oben in den Bergen?“

„Die Arbeit ist gleich um die Ecke.“

„Wir könnten eingeschneit werden.“

„So weit oben liegt es nicht“, versicherte er ihr. Und dann lächelte er sie selbstsicherer an. „Nicht, dass es besonders schlimm wäre, mit dir dort oben eingeschneit zu sein.“

Lachend sah Sam von dem Blatt auf. „Zusammen ein Haus kaufen, was?“

„Zu viel?“, fragte er, seine Zuversicht begann zu bröckeln und entblößte die darunter liegende Unsicherheit.

Aber Sam schüttelte den Kopf. „Nicht zu viel“, versicherte sie ihm, „aber… ich mag dein Haus bereits. Wir müssen nicht unbedingt umziehen.“

Jack sah sie ernst an und nickte dann langsam. „Du magst mein Haus?“

„Sicher“, bejahte sie.

„*Mein* Haus?“, wiederholte er und untermalte noch einmal seinen Punkt.

Sie schwieg einen Moment und lächelte dann. „Verstehe.“

„Es wäre schöner, wenn wir *unser* Haus hätten“, sagte er und nahm ihre Hand. „Denkst du nicht auch?“

„Ich denke schon“, stimmte sie zu, als sie seine Finger drückte. Und dann grinste sie. „Wow. Ich habe noch nie mit jemandem zusammen ein Haus gekauft.”

„Oh, das ist ganz einfach“, versicherte er ihr. „Ich zeige dir all die kleinen Tricks.“

Sam warf ihm einen abschätzigen Blick zu, aber war viel zu aufgeregt von diesem Gedanken, um an seinen Köder anzubeißen. „Und du denkst, wir können uns das leisten?“, fragte sie mit einem geprüften Blick auf den Preis.

„Sicher“, nickte er. „Wenn ich das Haus hier erst einmal verkauft habe. Und außerdem dachte ich mir, dass wir noch mindestens vier oder fünf Schlafzimmer brauchen werden.“

„Für uns beide?“

„Na ja… eines wäre ein Arbeitszimmer – für dich“, sagte er. „Irgendwohin müssen wir ja das ganze… Zeugs stellen.“

Sie lächelte und dachte an die Bücherstapel, die sich im Moment in seiner Abstellkammer lagerten. „Okay“, stimmte sie zu. Und dann fuhr sie mit einem Grinsen fort. „Ich gehe mal davon aus, dass wir uns ein Schlafzimmer teilen, also macht das schon zwei…?“

„Ein Gästezimmer und dann, wenn wir jemals…“ Er hielt, abrupt inne und schaute weg. Sam hatte den Eindruck, dass er bereits zu viel gesagt hatte.

„Jemals was?“, wollte sie leise wissen.

Jack schüttelte nur den Kopf. „Jetzt ist vermutlich nicht der richtige Zeitpunkt“, murmelte er, aber Sam ging ihm dazwischen.

„Doch ist es“, sagte sie und rutschte näher zu ihm, sodass ihre umschlungenen Hände in ihrem Schoß lagen. „Mach weiter.“

Sein Blick heftete weiterhin auf den Bäumen. „Ich habe nur darüber nachgedacht, dass, wenn wir dann nicht mehr umziehen müssten, wir dann…“ Er räusperte sich verlegen, bevor er zögernd wieder zum Sprechen ansetzte. „Wir dann vielleicht jemals darüber nachdenken… Kinder zu haben.“

Zu sagen, dass sie überrascht war, wäre eine Untertreibung gewesen und Sam riss nur ihre Augen auf. „Kinder?“

Sie verstummte und Jack nickte, sein Blick starr auf den Abendhimmel gerichtet. „Hast du jemals darüber nachgedacht?“, fragte er flüsternd.

„Ich denke schon“, gab sie zu. „Ich meine, eines Tages da würde ich schon gerne Kinder haben.“

Mit einem sanften Lächeln sah Jack sie schließlich an. „Eines Tages?“, echote er. „Ja.“

Aber Sam runzelte unsicher die Stirn, als sie hinunter in ihre verschlungenen Finger schaute. „Ich war mir nicht sicher, ob du noch ein Kind haben wolltest“, flüsterte sie. „Nach Charlie.“

Seine Hand festigte sich um ihre und er zog sie zu sich. „Für eine ganze Weile, da habe ich gedacht, dass ich keine mehr haben wollte“, sagte er. „Ich meine, ein Kind ist kein Hund – wenn man eines verliert, kann man sich nicht einfach ein neues zulegen.“

„Genau“, stimmte Sam ihm zu und sah zu ihm auf. „Also, was hat sich geändert?“

Jack zuckte mit den Schultern. „Du, denke ich. Mit dir zusammen zu sein. Ich habe wohl erkannt, dass, wenn ich ein weiteres Kind hätte, es dann wegen dem sein würde, was wir haben, wir beide und dass das nichts mit Charlie zutun hat.“

Sam nickte, obwohl sie noch ziemlich überwältigt war von dieser Unterhaltung. Kinder? Sie wohnten noch nicht einmal zusammen. Na ja, zumindest nicht offiziell. Aber Kinder…?

„Ich sage ja nicht sofort oder so“, sagte er ihr dann, so als ob er ihre Gedanken gelesen hätte. „Ich habe mich nur gefragt, was du auf lange Sicht davon hältst.“

Sie lächelte. „Ich mag den Gedanken“, sagte sie langsam. „Und ich mag den Gedanken, dass du denkst, dass das hier etwas Langfristiges ist.“

„Du weißt, dass ich das tue“, sagte er ihr und fuhr mit einem Finger die Kette entlang, die um ihren Hals trug. „Ewige Liebe und Loyalität, schon vergessen?“

Sie bedeckte seine Finger mit ihrer Hand und lächelte. „Ich erinnere mich. Aber das war, bevor du wusstest, dass ich die Zahnpasta von der Mitte her ausdrücke.“

Sein Lächeln wurde schief und er verzog leicht sein Gesicht. „Guter Punkt, Major.“

„Doch“, fuhr sie fort und ignorierte seine absichtliche Benutzung ihres Ranges und den falschen noch dazu, „wenn ich die Tatsache akzeptieren kann, dass du nicht in der Lage bist, die Spülmaschine richtig einzuräumen…“

„Ah“, unterbrach er sie und hob seine Hand. „Das liegt nur daran, dass mach die Spülmaschine nicht *richtig* einräumen kann!“

Sam verdrehte ihre Augen, aber konnte ein Lachen nicht unterdrücken. „Natürlich geht das. Ignoranz ist keine Verteidigung laut dem Gesetz.“

„Dafür gibt’s jetzt schon ein Gesetz?“

Sam lächelte kopfschüttelnd. „Also…?“, sagte sie und fragte sich, was sie nun entscheiden würden.

„Also“, stimmte er ihr zu, sein Humor wurde durch Ernst ersetzt. „Haus zuerst?“

„Haus zuerst“, stimmte sie ihm glücklich zu. „Und dann?“

Er lächelte, zog sie noch weiter in seine Arme und küsste ihren Kopf. „Und dann“, sagte er, „beginnen wir ein ganz neues Abenteuer, Sam.“

„Also, ist das dann ein neuer Anfang?“, seufzte sie zufrieden, als sie hinaus in den Sonnenuntergang schaute. „Der Beginn eines neuen Kapitels?“

„Eines ganz neuen Buches“, korrigierte Jack sie.

Sam grinste, als sie ihren Griff um ihn festigte. „Weißt du, ich lese die letzte Seite eines Buches immer zuerst.“

„Ja? Also weißt du schon, wie das hier ausgeht?“

„Glücklich“, versicherte sie ihm und kuschelte sich weiter an. „Sehr glücklich.“

Sam konnte das Lachen in seiner Brust spüren, als er sie hielt und sie seufzte glücklich, badete in der Wärme ihrer Beziehung. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie wirklich glücklich, ein Gefühl, das dadurch perfekt wurde, dass sie es mit Jack teilte. Ihre Jahre des Dienstes und der Opfer zahlten sich langsam aus. Sie lächelte, als sie darüber nachdachte, dass vielleicht, in dem großen Ganzen, das Gleichgewicht des Kosmos wieder irgendwie hergestellt wurde. Diesmal bekamen die Guten, was sie sich verdient hatten. Und es passte irgendwie, dass ihre Belohnung nicht etwa Ruhm und Schmeicheleien waren, sondern einfach nur der simple Genuss ihrer beider Leben miteinander zu teilen und Trost in den Armen des jeweils anderen zu finden.

Es war so, erkannte sie, das perfekte Ende.

Und ein perfekter Neuanfang.



~END~



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