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Dunkle Abgründe von Lorien

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Kapitel 4

Der Schuss hallte noch immer in Rodneys Ohren nach, als ein schweres Gewicht gegen ihn prallte und ihn zu Boden riss. Der Aufschlag auf den harten Untergrund trieb ihm die Luft aus den Lungen. Für einen Moment sah er nichts als Sterne. Krampfhaft versuchte er zu Atem zu kommen, doch das auf ihm liegende Gewicht drückte Rodney nieder. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er erkannte, dass das Gewicht Sheppard war.

Der Idiot hatte doch nicht etwa … nein … nein … bitte nicht …! Rodney konnte regelrecht fühlen, wie sich sein Herz schmerzhaft zusammenzog. Vor allem als Sheppard keine Anstalten machte aufzustehen.

„Sheppard? Kommen Sie schon, bewegen Sie Ihren Hintern von mir runter! Was sollen die Leute denn denken?“ Das entlockte dem Colonel immerhin eine Art unverständliches Gemurmel, das verdächtig viel mit einem Grunzen gemeinsam hatte. Doch machte er keine Anstalten, sich zu bewegen.

Bevor McKay sein weiteres Vorgehen überlegen konnte, erklangen die Geräusche eines Handgemenges aus dem Publikum. Allerdings lag Sheppard so auf Rodney, dass dieser nicht an dessen Schulter vorbeischauen konnte. Also drückte er vorsichtig von unten gegen eine von Sheppards Schultern und versuchte ihn behutsam zur Seite zu rollen. Das Grunzen zeigte zwar an, dass Sheppard – noch – lebte, aber Rodney hatte keine Ahnung, ob der Colonel getroffen worden war. „Ich schwöre, für so einen dürren Körper, haben Sie ein ganz schönes Gewicht“, sagte er mit einem Keuchen. Er wollte einen Protest Sheppards hören, etwas, das Rodney die Sorgen um seinen Freund nehmen würde, doch nichts kam. Kein einziger Laut. Mit erneut aufflammender Panik und einer Verdopplung seiner Anstrengung gelang es ihm schließlich Sheppard zu bewegen und langsam von sich herunterzurollen. Denn so lange Sheppard auf ihm lag, hatte er keine Möglichkeit festzustellen, wie schwer der Colonel verletzt war.

Beim Aufrichten zeigte ihm ein kurzer Blick auf die Sitzreihen, dass einige seiner Kollegen die Sache in die Hand genommen und Maynard entwaffnet hatten. Sehr gut, aus der Richtung war also nichts mehr zu befürchten. Nun, damit würde er sich später noch auseinander setzen müssen, Sheppard war jetzt erst einmal wichtiger. Besorgt beugte er sich zu ihm hin und drehte ihn vollständig auf den Rücken.

Der große dunkle Fleck, der sich seitlich auf der rechten Brust des Colonels befand, fiel Rodney sofort ins Auge. Oh nein! In der Mitte befand sich ein Loch, durch das der Wissenschaftler blutbefleckte Haut sehen konnte. Mit zitternden Fingern griff er nach dem Stoff des T-Shirts, um an die darunterliegende Wunde zu kommen.

„Sie und ihr verdammter Heldenkomplex“, murmelte er, als er das Loch in dem Stoff weiter aufriss.

Die Eintrittswunde befand sich genau dort, wo es die Spuren auf dem T-Shirt bereits hatten vermuten lassen. Wäre nicht das viele Blut gewesen, würde das kleine Loch auf der rechten Hälfte des Brustkorbs fast harmlos wirken. Irgendwie musste Rodney einen Weg finden, die Blutung zu stoppen. Hektisch suchte er nach etwas, das er als Kompresse verwenden konnte.

„Bloß gut, dass ich heute noch ein T-Shirt anhabe“, sagte er in Sheppards Richtung, als er sich schließlich aus seinem Hemd schälte. Fertig ausgezogen, legte er den Stoff mehrmals zusammen und presste ihn auf die Wunde. „Ein stetiger Blutstrom ist doch gar nicht so schlimm, oder? Viel schlimmer wäre es doch, wenn das Blut nur so hervorspritzen würde. Das würde doch bedeuten, dass eine Arterie verletzt wäre. Also brauch ich mir gar nicht so viele Sorgen machen, oder? Wo ist Carson, wenn man ihn mal braucht?“ Panisch wandte er sich in Richtung seiner Kollegen. „Hatte wenigstens einer von Ihnen soviel Verstand, einen Krankenwagen zu rufen?“

„Ja, Dr. McKay. Er müsste in spätestens fünfzehn Minuten hier sein.“ Doch Rodney hatte sich längst wieder umgedreht.

„Oh Gott, was mach ich jetzt? Die Blutung will einfach nicht stoppen. Sehen Sie, Sheppard, das Hemd ist schon zur Hälfte vollgesogen. Fester drücken, oder? Das würde Beckett jetzt vorschlagen, nicht wahr?“ Vorsichtig erhöhte Rodney den Druck auf die Wunde. Sheppards einzige Reaktion bestand aus einem Stöhnen.

„Sorry, sorry, sorry, sorry …“, murmelte McKay hilflos. Beim Aufblicken sah er, dass Sheppards Augen offen waren. „Oh, Sie sind wach. Das ist doch ein gutes Zeichen. Jetzt müssen wir Sie nur bei Bewusstsein halten.“

Als Sheppard mehrmals vergeblich zum Sprechen ansetzte, brachte Rodney sein Ohr dicht an dessen Mund heran. „M’kay … alles ’n Ordn’g?“, flüsterte er kaum wahrnehmbar.

„Jajaja“, beeilte sich Rodney zu bestätigen. „Mir geht es gut, nicht ein Kratzer dank Ihnen. Nun, zumindest kein weiterer Kratzer. Sie sollten sich lieber um sich selber Sorgen machen! Was war denn dass wieder für eine völlig verrückte Aktion? Nicht, dass ich nicht dankbar wäre, oder so. Aber was haben Sie sich nur dabei gedacht? … Was? Oh, Sie wollen etwas sagen. Tut mir leid, Sie wissen ja wie ich bin. Wenn ich nervös bin, kann ich einfach nicht aufhören zu reden. Okay, ich bin ja schon ruhig.“ Der Wissenschaftler beugte sich wieder herunter.

„Mein Leb’n … ’s nich’ so wichtig … wie …“

„Was?“ Rodney konnte die aufsteigende Wut nicht ganz unterdrücken. „Wo kommt denn der unsinnige Gedanke auf einmal her? Ist es das, was Sie die letzten Wochen so beschäftigt hat, Colonel? Glauben Sie, dass Sie es nicht verdient haben, Kolyas Folter überlebt zu haben? Dass sich ein Wraith von so vielen gerade Sie ausgesucht hat, um Ihnen das Leben zurückzugeben?“ Am liebsten würde er Sheppard ein wenig Verstand einschütteln.

„’S tut mir … leid …“ Sheppard schloss er schöpft die Augen.

„Oh nein, Sie werden jetzt nicht einfach aufgeben! Sheppard!“ Doch dessen einzige Reaktion war ein schwaches Husten. „Wo bleiben die verdammten Sanitäter?“, schrie Rodney verzweifelt über seine Schulter.

„Die brauchen immer noch etwa sieben Minuten.“ Einer der Wissenschaftler, der in der ersten Reihe gesessen hatte, kniete sich neben McKay und griff in Richtung der Behelfskompresse. „Lassen Sie mich Ihnen helfen.“

„Finger weg! Das bekomme ich schon hin. Sorgen Sie lieber dafür, dass die Sanitäter den Weg hierher finden!“

Rodney richtete seine Aufmerksamkeit wieder völlig auf seinen leblos daliegenden Freund. Das durfte einfach nicht wahr sein. „Sheppard!“, rief er frustriert. „Kommen Sie schon, bleiben Sie wach! Sheppard! Ich weiß, dass Sie noch irgendwo da drin sind, also öffnen Sie gefälligst Ihre Augen! Sie werden auf keinen Fall sterben, während ich hier mit Ihrem Blut an meinen Händen dasitze. Wir könnten jetzt wirklich etwas von Ihrer sonst so nervigen Sturheit gebrauchen. Ich will Sie doch noch wegen ihrer Verkleidung aufziehen. Was haben Sie sich nur dabei gedacht, einen Mittelscheitel zu versuchen? Sie hätten Ihre Haare sehen müssen, einfach nur lächerlich! Was hätte ich in dem Moment nicht für eine Kamera gegeben. Nicht, dass davon jetzt noch viel übrig ist. Ich kann nicht glauben, dass es nur ein paar hektischer Bewegungen bedurfte und schon waren Ihre Haare wieder in ihrem üblichen Durcheinander. Und ich dachte immer, Sie würden jeden Morgen Stunden damit zubringen jede einzelne Strähne zurechtzulegen.“ McKay wusste, dass er ziemlich unsinniges Zeug redete. Und wenn das jemand auf Band aufnähme, wäre er wohl genauso peinlich berührt, wie Sheppard bei dem Mittelscheitelphoto. Aber er wollte unter allen Umständen versuchen Sheppard das Gefühl zu geben, dass jemand da war, dass sich jemand um ihn kümmerte.

„Dr. McKay.“ Unvermittelt tauchte neben Rodney eine uniformierte Gestalt auf. „Können Sie mir vielleicht sagen, was passiert ist?“

„Sehen Sie nicht, dass ich beschäftigt bin?“, fuhr der Wissenschaftler den Polizisten an. „Sie können doch selbst sehen, dass er angeschossen wurde. Und jetzt verschwinden Sie und belästigen Sie jemand anderen mit ihren Fragen!“

Rodney ignorierte weiterhin alles, was um ihn herum geschah und studierte Sheppards unnatürlich blasse Haut. „Sheppard!“, versuchte er noch einmal seinen Freund zu erreichen. Diesmal begeleitete er den Ausruf mit einem leichten Rütteln seines Oberkörpers. Ohne wirklich aufzuwachen, gab Sheppard ein weiteres Husten von sich. Als er wieder ruhig dalag, entdeckte Rodney Blut auf den Lippen.

In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. „Oh Gott, die Stelle der Eintrittswunde … die Kugel hat die Lunge verletzt und jetzt ertrinken Sie in ihrem eigenen Blut, nicht wahr?“ Besorgt und in einer etwas merkwürdigen Haltung, da er weiterhin Druck auf die Wunde ausübte, versuchte Rodney nach Atemgeräuschen zu lauschen. „Bitte, Sie müssen weiteratmen. Laufen Ihre Lippen etwa schon blau an? Sheppard! Verdammt noch mal, ich fühle doch, dass sich ihr Brustkorb kaum noch bewegt.“ Hilflos musste McKay mit ansehen, wie Sheppard immer schwächer wurde. „John …“, wurde sein Flehen in gleichem Maße immer verzweifelter.

Gerade als er sich davon überzeugt hatte, dass jede Hilfe zu spät kommen würde, wurde McKay rigoros zur Seite geschoben und zwei Sanitäter begannen sich professionell um Sheppard zu kümmern. Plötzlich konnte Rodney nichts mehr machen, außer hilflos daneben zu stehen und zuzuschauen. Es war jedes Mal das Gleiche! Wann immer Sheppard in der Krankenstation landete, gab es einen Augenblick, ab dem Rodney zu unbeteiligtem Beobachten verdammt wurde und ab dem er viel zu viel Zeit zum nachgrübeln hatte. Diesmal beherrschte seine Gedanken vor allem die Erinnerung an den Tag, als Sheppard das Zusammentreffen mit Kolyas Wraith überlebt hatte … als Carson ihn und die anderen des Teams einfach aus der Krankenstation ausgeschlossen hatte.

***

„Wie geht es Colonel Sheppard?“ Mit der an Beckett gerichteten Frage eröffnete Elizabeth das Treffen, bei dem außer dem Arzt noch die restlichen Mitglieder von Sheppards Team anwesend waren.

Rodney beobachtete, wie Carson für einen Moment seine mitgebrachten Notizen hin und her schob, nur um dann doch frei zu reden. „Erstaunlicherweise geht es dem Colonel den Umständen entsprechend gut. Alles, was er sich bei dem Sturz zugezogen hat, sind ein paar blaue Flecken und eine leichte Gehirnerschütterung.“

„Und warum ist er dann nach zwei Tagen immer noch bewusstlos?“, mischte sich McKay ein. Er war immer noch nicht darüber hinweg, dass sie so lange gebraucht hatten, Sheppards Fehlen zu bemerken und dieser für so viele Stunden unbemerkt in dem kaum benutzten Bereich von Atlantis gelegen hatte. Nachdem ihnen seine Abwesenheit erst einmal aufgefallen war, war es nur eine Frage der richtigen Kalibrierung der internen Sensoren gewesen. Und dann hatten sie sein Lebenszeichen in kürzester Zeit gefunden. Doch bis dahin … Mit einer bewussten Anstrengung riss sich Rodney von seinen Gedankengängen los und konzentrierte sich auf Becketts Antwort.

„Er ist nicht wirklich bewusstlos, sondern schläft. Und er schläft immer noch, weil er völlig erschöpft ist. Damit wären wir auch gleich beim eigentlichen Problem. Der Colonel hat in der vergangenen Woche weder ausgewogen gegessen noch ausreichend geschlafen. Die Reserven seines Körpers sind einfach aufgebraucht. Ich fühle mich verantwortlich, Elizabeth. Ich hätte Sheppards Zustand viel eher erkennen müssen.“

Rodney platzte dazwischen: „Wie denn, Carson? Mr. ‚Mir-geht-es-auch-dann-noch-gut,-wenn-ich-schon-tot-bin’ hat uns doch alle an der Nase herumgeführt.“

„Schon, aber ich bin sein Arzt, Rodney!“ Beckett sah aus, als würde er gleich anfangen zu heulen.

Mit einem Schnauben antwortete McKay: „Ja und? Wir sind sein Team und haben es nicht erkannt. Wir haben täglich mehr Zeit mit ihm verbracht, als Du in einer Woche.“

„Ich glaube schon, dass wir alle auf die ein oder andere Art erkannt haben, dass es Colonel Sheppard nicht gut ging“, meldete sich Teyla mit leiser Stimme zu Wort. „Die Zeichen waren nicht wirklich zu übersehen. Ich denke allerdings, dass wir nach dem, was wir bei den Übertragungen gesehen hatten, uns nicht getraut haben, den Colonel darauf anzusprechen. Wir hatten alle gesehen, wie schlimm es gewesen war und waren dadurch viel eher geneigt, ihm das Recht auf Alpträume und Appetitlosigkeit zuzugestehen. Im Gegenteil, wir waren doch sogar positiv überrascht, dass er sich überhaupt so gut im Griff hatte. Gleichzeitig haben wir alle gehofft, dass unsere ständige Anwesenheit und unsere Angebote mit ihm zu reden, wenn er möchte, ausreichen würden. Und darin liegt unsere Schuld gegenüber Colonel Sheppard.“

Für einen Moment herrschte Stille im Konferenzraum, als alle Anwesenden ihren eigenen Gedanken nachhingen und die letzte Woche Revue passieren ließen. Rodney dachte an die Zeit, die er mit Sheppard verbracht hatte und versuchte sich zu erinnern, wo er etwas hätte anders machen können.

„Willst Du damit sagen, dass wir ihn hätten zwingen sollen, mit Heightmeyer zu reden?“, brach er schließlich das Schweigen.

„Nicht unbedingt mit Dr. Heightmeyer, aber mit irgendjemandem schon.“

„Aber ich dachte, genau das hätten wir alle versucht. Sheppard zum Reden zu bringen, meine ich. Als ob das so gut funktioniert hätte.“ McKay schaute alle herausfordernd an. „Jedes Mal, wenn ich versucht habe ein Gespräch über das Geschehene vorzuschlagen oder irgendwie einzuleiten, hat er doch sofort abgeblockt. Das eine Mal ging es so weit, dass er mich einfach hat stehen lassen. Und danach fand er plötzlich immer mehr Ausflüchte, warum er keine Zeit habe, mir im Labor zu helfen. Und nein, ich glaube nicht, dass das daran lag, weil ich nicht sensibel genug an das Thema herangegangen wäre.“

„Die Frage ist doch, wie wir jetzt weiter vorgehen“, versuchte Weir das Thema auf den eigentlichen Grund des Treffens zu bringen. „Atlantis braucht seinen militärischen Leiter zurück und wenn Sheppard nicht dazu in der Lage ist, muss ich ihn auf die Erde zurückschicken.“

Das geschockte Schweigen in dem Raum war fast greifbar. Rodney sah, dass nach den vergangenen drei Jahren allen bewusst war, was es für Sheppard bedeuten würde, wenn er diesen Posten verlöre. Atlantis war für den Colonel mehr ein Zuhause, als es die Erde jemals gewesen zu sein schien. Der Wissenschaftler würde auf keinen Fall zulassen können, dass es so weit kam. Krampfhaft suchte er nach einem Ausweg.

„Äh … könnten wir mit den drastischen Maßnahmen vielleicht noch ein wenig warten“, schlug er schließlich vor. „Ich habe da möglicherweise eine Idee.“

„Okay, Rodney. Was ist es?“ Elizabeth wirkte müde, doch gleichzeitig bereit, nach jedem Strohhalm zu greifen.

„Vielleicht ist der Gedanke eines Szenenwechsels gar nicht so schlecht. Möglicherweise würden ein paar Tage auf der Erde Sheppard helfen, das Geschehene zu verarbeiten. Oder zumindest damit zu beginnen. Weit weg von allen Erinnerungen an die letzte Woche.“

„Ich glaube nicht, dass es so eine gute Idee ist, Colonel Sheppard im Moment alleine zu lassen. Er hat leider bewiesen, dass kein Verlass darauf ist, dass er für sich selbst sorgen kann.“

„Das ist ja das Gute, Elizabeth. Ich würde ihn begleiten. Oder besser gesagt, er mich. Sie wissen sicherlich, dass das SGC ab und an kleinere Fortschritte in Wissenschaft und Technik der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Einmal, um öffentliche Forschungen voranzubringen, aber andererseits auch, um einige der Erfindungen, die im Zuge des Stargate Programms entstanden sind, nach und nach an die Öffentlichkeit zu bringen. Vor einiger Zeit wurde ich darum gebeten, Unterlagen zu meiner Arbeit über die Effizienzsteigerung bei der Gewinnung erneuerbarer Energien zusammenzustellen. So weit ich informiert bin, soll der entsprechende Vortrag in ein paar Tagen stattfinden. Ich bin mir sicher, dass das SGC nichts dagegen hätte, wenn ich die Präsentation übernehmen würde, schließlich ist es meine Arbeit. Und Sheppard könnte sozusagen als mein Aufpasser mitkommen.“ Selbstzufrieden grinste er in die Runde.

„Das könnte tatsächlich funktionieren“, sagte Weir nach einer kurzen Pause nachdenklich. „Auf diese Weise brauchen wir Worte wie Heimaturlaub gar nicht erst zu verwenden. Ich kann ihm einfach befehlen, dass er Sie begleitet. Aber Rodney, Sie wissen, wenn das nicht funktioniert, müssen wir auf Gesprächen mit einem Psychologen bestehen. Vielleicht müssen wir das sogar selbst wenn es funktioniert.“ Mit einem müden Seufzen schaute sie in die Runde.

„Jaja“, antwortete Rodney mit einer wedelnden Handbewegung. „Ich krieg das schon hin. Wer von uns übernimmt die Aufgabe, es Sheppard beizubringen?“

Daraufhin meldete sich Beckett wieder zu Wort. „Wenn Colonel Sheppard aufwacht, werde ich mit ihm erst einmal ein ernsthaftes Gespräch über seinen Gesundheitszustand führen müssen. Vielleicht wäre es keine schlechte Idee, wenn Sie dabei in ihrer Funktion als Expeditionsleiterin anwesend wären, Elizabeth.“

„Einverstanden, dann werde ich diese Gelegenheit auch gleich dazu nutzen, Colonel Sheppard zu informieren. Vorher jedoch werde ich mich mit dem SGC in Verbindung setzen und alles arrangieren.“

Damit war das Treffen beendet und Rodney begab sich in sein Labor, um eigene Vorbereitungen zu treffen. Er musste schließlich sicher sein können, dass keiner seiner Untergebenen in seiner Abwesenheit Atlantis aus Versehen versenken würde. Bis tief in die Nacht hinein saß er da und verteilte Aufgaben, brachte laufende Projekte zu einem vorläufigen Abschluss und schrieb nützliche Hinweisschilder. Wie zum Beispiel: ‚Finger weg, Radek, oder ich veröffentliche die Bilder mit ihrer Kriegsbemalung!’

Völlig erschöpft fiel er schließlich in den frühen Morgenstunden in sein Bett.

Rodney träumte davon, wie kräftige, gut geölte Finger über seine Haut strichen. Mit einem Geräusch, das verdächtig nach einem Schnurren klang, lehnte er sich in die Berührung und genoss das Durchkneten seiner verspannten Muskeln.

„Oh Gott, ja … Fester!“, murmelte er selig.

„McKay!“

„Tiefer … noch ein Stück … ja, genau da …“

„Wachen Sie auf, McKay!“

Verwirrt blinzelnd öffnete Rodney die Augen. Was suchten die Hände denn vor seinem Gesicht, er konnte sie doch noch immer auf seinem Rücken spüren?

„Das muss aber ein toller Traum sein, wenn Sie so gar nicht munter werden wollen.“

Noch immer nicht ganz wach, folgte McKays Blick den zu den Händen gehörenden Armen bis er ein vertrautes Gesicht sah. „Warum haben Sie aufgehört? Setzen Sie die Massage fort!“, verlangte er nuschelnd.

„Uh …“ John Sheppard sah hilflos stotternd auf den Wissenschaftler hinab. „Ähm … ich … also … ich … ich denke nicht, dass das so eine gute Idee wäre.“

Rodney fühlte sich, als ob jemand einen Eiskübel über ihm ausgeleert hätte. „Sheppard!“ Mit einem Schlag war er hellwach und setzte sich mit glühendem Gesicht in seinem Bett auf. „Was … was … wollen Sie zu dieser Zeit in meinem Raum?“, versuchte er den peinlichen Moment zu überspielen. „Wie sind Sie überhaupt hier hereingekommen?“

„Durch die Tür“, sagte Sheppard mit einem spitzbübischen Grinsen.

„Aber es war abgesperrt!“

„Sie sind nicht der Einzige, der in Atlantis Schlösser überbrücken kann.“

Oh Gott, war das etwa ein Zwinkern im Gesicht des Colonels? Rodney spürte die Erinnerung an den Traum noch immer lebhaft in seinem Kopf. Wie als Schutzwall hob er seine Bettdecke und wickelte sie fest um sich herum. „Und das müssen Sie mir unbedingt so früh am Morgen vorführen?“

„Es ist schon nach zwölf, McKay.“

„Oh … Das beantwortet aber immer noch nicht meine Frage danach, was Sie hier wollen. Und warum sind Sie nicht mehr auf der Krankenstation?“

„Beckett hat mich entlassen - um zu packen.“ Plötzlich war alles Spielerische aus Sheppards Gesicht verschwunden. „Wir müssen reden“, sagte er in einem harten Tonfall, der Rodney einen Schauer über den Rücken schickte.

„Reden? Sie? Mit mir?“, fragte er mit einem nervösen Auflachen. „Ich glaube, es gibt in Atlantis keine zwei Menschen, denen es schwerer fällt, ein ernsthaftes Gespräch zu führen.“

„Glaubt ihr eigentlich alle, ich wäre dumm?“, fuhr Sheppard fort, als hätte er Rodney nicht gehört. „Denkt ihr wirklich, mir wäre nicht klar, warum ich auf die Erde geschickt werde? Und dann auch noch mit Ihnen als Aufpasser!“ Mit blitzenden Augen schaute er McKay direkt an. „Ich kann für mich selbst sorgen, ich bin kein kleines Kind mehr!“

„Sicher?“ Jetzt war Rodney an der Reihe wütend dreinzuschauen. „So wie Sie sich die letzte Woche verhalten haben, käme man nicht auf die Idee. Können Sie sich vorstellen, wie es für uns war, Sie am Fuße dieser Treppe liegend zu finden?“ Sheppard hatte immerhin den Anstand schuldbewusst zur Seite zu schauen, doch Rodney war noch nicht fertig. „Schauen Sie sich an! Sie sehen schlimmer aus, als zu dem Zeitpunkt, als Sie von ihrem Zusammentreffen mit Kolya und dem Wraith zurückgekommen sind. Wir machen uns Sorgen!“

Sheppard murmelte etwas Unverständliches.

„Wie bitte?“ Rodney schaute ihn durchdringend an.

„Genau das ist das Problem“, kam es nicht wirklich viel lauter, aber wenigstens identifizierbar. Sheppard konnte McKay zunächst nicht direkt anschauen, doch wurde er mit jedem weiteren Wort immer sicherer. „Wie soll ich es denn vergessen können, wenn mich alle mit Sorge und Mitleid anschauen? Nicht einer hat es in der letzten Woche geschafft, mich so zu behandeln wie vorher. Alle sind mit mir umgegangen, als wäre ich ein rohes Ei, das jeden Moment zerbrechen könnte. Es zehrt an meinen Nerven. Irgendwann fängt man dann selbst an, ständig darauf zu warten, dass man zusammenbricht“, endete er schließlich mit fester Stimme.

„Aber …“ Rodney wusste nicht, was er zur Rechtfertigung hervorbringen sollte und schloss lahm mit: „Ich hatte ja keine Ahnung.“

„Intellektuell weiß ich, dass ihr mir alle nur helfen wollt – doch das ist keine Hilfe. Und wenn ich jeden Tag so viel Zeit habe, dass ich nicht mehr weiß, was ich machen soll, fange ich nun mal an durchzudrehen. Warum konnten wir nicht einfach alles weiterlaufen lassen, wie es vorher war? Ich hätte mich eine Zeitlang mit Alpträumen herumgeschlagen und irgendwann alles schön säuberlich in einen Winkel meines Bewusstseins gestopft.“

Sheppard schaute so verloren aus, dass Rodney am liebsten zu ihm gegangen wäre, um ihn tröstend in die Arme zu nehmen. Stattdessen versuchte er die Reste seiner üblichen Persönlichkeit zusammenzukratzen. „In Ordnung!“, sagte er unternehmungslustig. „Dann werden Sie ab sofort wieder meinen vollen Sarkasmus zu spüren bekommen. Und wenn Ihnen mein liebenswertes Wesen wieder mal fehlen sollte, dann sagen Sie das nächste Mal bitte eher Bescheid.“ Mit leichterem Herzen registrierte er Sheppards Glucksen. „Und jetzt gehen Sie ihre Sachen packen. Sehen Sie das Ganze einfach als Chance. Auf der Erde wird niemand außer mir und vielleicht ein zwei Leuten im SGC wissen, was passiert ist. Da werden Sie alle ganz normal behandeln. Und wenn die Präsentation vorbei ist, können wir die Gelegenheit nutzen, mal ein paar ganz gewöhnliche Sachen zu unternehmen.“ Rodney wusste noch nicht was – aber nach so langer Abwesenheit musste es doch einfach etwas auf der Erde geben, das sie auf Atlantis vermissten.

Mit einer kurzen Pause und einem drohend vorgestreckten Zeigefinger versuchte er seinen nächsten Worten mehr Gewicht zu verleihen. „Wenn Sie irgendein Wort, von dem was ich jetzt sage, jemals außerhalb dieses Raumes wiederholen, werde ich einen Weg finden, Sie unauffällig zu beseitigen. Selbst wenn ich dafür erneut drei Viertel eines Sonnensystems in die Luft jagen müsste. Ist das klar?“

Sheppards hochgezogene Augenbraue ließ Rodney schnell fortfahren, bevor ihn der Mut verließ. „Wir könnten Essen gehen, einen Film anschauen, in einem richtigen Kino, vielleicht ein paar Geschenke für Teyla und Ronon besorgen.“

„Was denn, McKay, wollen Sie mich zu einem Date einladen?“, grinste Sheppard.

„Ich sage nur: große Explosion. Keinerlei Überreste“, verdeutlichte McKay mit todernster Miene das über Sheppard schwebende Unheil.

Aus dem Grinsen wurde ein lautes Lachen und es war das Schönste, was Rodney seit langem gehört hatte. „Schon gut, McKay. Ich werde keinem etwas sagen, aber Sie bezahlen.“

„Einverstanden! Und jetzt gehen Sie packen.“

Drei Tage später befanden Sie sich in einem Hörsaal, der zum Campus einer kleinen Privatuniversität gehörte. Diese lag in einer mittelmäßigen Stadt, die außer dieser einen wichtigen Einrichtung nicht wirklich viel zu bieten hatte.

weiter: Kapitel 5
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