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Last Revelation von Destiny

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Kapitel 5

Hammonds Büro

„Schließen Sie bitte die Tür hinter sich", bat Hammond Mulder, der gerade das Büro betreten hatte. Der General stand ihm mit dem Rücken zugewandt vor der Wand. Mulder konnte nur seine Silhouette sehen und was an der Wand so interessant zu sein schien, konnte er auch nicht erkennen, da es zu dunkel war.

Hammond schwieg bis er das Klacken hörte, das ihm sagte, dass die Tür geschlossen war. „Wollen Sie sich nicht setzen?“, fragte er, ohne sich zu ihm umzudrehen.

„Ich stehe lieber", antwortete Mulder kühl. Er konnte ein leichtes Kopfnicken des Generals erkennen.

Langsam drehte er sich zu ihm, seine Gesichtszüge hatten sich in Mulders Augen nicht verändert. Er war selbst noch viel zu wütend, um jetzt in irgendeiner Weise Mitleid mit dem General zu haben. Er wusste nur was man ihm gesagt hatte und was er gesehen hatte. Die Einzelheiten kannte er nicht und er war sich auch nicht so sicher, ob er alles wissen wollte. „Ich kann Sie schließlich nicht dazu zwingen", sagte Hammond schließlich nach einer Weile.

Mulder reagierte nicht, sondern blieb an seinem Platz stehen, genau vor dem Schreibtisch. Er konnte sich nicht helfen, aber auf einmal musste er an Skinner denken, obwohl die Situationen so grundlegend verschieden waren, dass es schon wieder zum Lachen war.

„Haben Sie schon einmal etwas von dem Projekt 'Blue Book' gehört?“, fragte er plötzlich, ohne jegliche Vorwarnung.

Mulder sah ihn überrascht an und begann dann in seinem Gedächtnis danach zu suchen. Er meinte davon schon gehört oder gelesen zu haben. Ja, genau, im „Lone Gunmen“, der Zeitung seiner Freunde, den Einsamen Schützen, drei verdrehte Paranoiker, die noch mehr an Regierungsverschwörungen glaubten, als er selbst. Doch sie waren ihm im Laufe seiner Arbeit immer eine große Hilfe gewesen und er konnte sich sicher sein, dass wenn sie etwas berichteten, so verrückt es sich auch anhören mag, irgendwo steckte da immer ein Funke Wahrheit drin.

„Ja, habe ich", antwortete Mulder schließlich nach einer längeren Zeit des Überlegens. „Es fing alles mit dem Zwischenfall in Roswell an. Damals wurde die umstrittene Organisation Majestic 12 gegründet. Es gibt Kopien mehrerer Dokumente, die die Verwicklung der Regierung in der Causa der UFO-Abstürzen belegen. Es ist bis heute noch nicht bewiesen, ob diese Dokumente, weltweit bekannt unter den Namen Majestic 12, MAJIC-12 oder aber auch MJ-12, eine Fälschung sind oder nicht. Entweder ja, und alles war nur Schwindel, oder aber nein, und es war lediglich eine weitere Taktik der Regierung die Öffentlichkeit zu verwirren, um eine tatsächlich existierende Majestic 12 Organisation zu schützen.“ Er machte eine kurze Pause und holte einmal tief Luft, bevor er fort fuhr.

„Das Projekt 'Blue Book' wurde im Jahre 1957 gegründet und konzentriert sich mehr auf die weiterverbreiten gemeldeten UFO-Sichtungen. Die Mitarbeiter dieses Projektes entwickelten Methoden die Daten wirksam und zeitsparend zu analysieren. Man ging hier auch mit ganz einfachen Mitteln ans Werk, wie simple Fragebögen. Doch anstatt, dass man hier neue Erkenntnisse sammeln sollte, wurde durchgesetzt, dass es eher den Zweck der Beruhigung erfüllen sollte. Den Mitarbeiter wurde nahe gelegt rationale Antworten auf die Sichtungen zu finden, was zunächst dazu führte, dass das Projekt in die Bedeutungslosigkeit hinab rutschte. Aber anstatt das erhoffte Ziel, weniger Meldungen von Sichtungen, trat eher das Gegenteil ein, es wurde mit dem angeblich ersten Entführungsfall in den sechziger Jahren, noch viel komplexer. Man war nicht zufrieden mit den offiziellen Antworten der Luftwaffe und nach einer einberufenen Untersuchungskommission wurde behauptet, dass nach zahlreichen Test der Luftwaffe Ergebnisse vorliegen, die besagen, dass UFOs keine Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellten. Und weiter wurde kundgetan, dass noch nicht einmal die Echtheit, nämlich, dass es außerirdischen Ursprungs sei, hundertprozentig sicher war. Ich persönlich denke jedoch, dass dies alles bloß heiße Luft ist, um die wahren Tests und Untersuchungen zu verheimlichen, die hinter verschlossenen Türen durchgeführt werden. Ich kenne unsere Regierung inzwischen so gut, um zu wissen, dass man ihr nicht trauen kann, wenn sie bekannt gibt, dass UFOs und Außerirdische nur irgendwelche Hirngespinste sein sollen. Nein, dafür habe ich schon zu viele Dinge gesehen, um zu wissen, dass das nicht wahr ist", beendete Mulder seinen Vortrag.

Hammond betrachtete ihn für einen Moment eingehender. Er trat vor und setzte sich in seinen Stuhl, ohne dabei den Blickkontakt mit Mulder zu brechen. Als er seine Hände über seinen Bauch faltete, nickte er schließlich. „Sie scheinen sehr viel über diese Art von Regierungsarbeiten zu wissen", bemerkte verwundert. Mulder konnte eine Spur von Bewunderung und zugleich Beunruhigung aus seiner Stimme heraushören. Sein Spürsinn sagte ihm, dass da noch mehr hinter stecken musste und all seine Sinne waren mit einem Male erwacht.

„Nun, das ist meine Arbeit", antwortete er gelassen, so dass man ihm seine innere Aufregung nicht anmerken konnte.

Hammond zog eine Augenbraue nach oben. Er kante diese Arbeit. Er hatte die Laufbahn seiner Tochter seit seinem 'Tod' weiterverfolgt. Und manchmal fragte er sich, was noch alles passieren musste, damit sie endlich ein ruhiges Leben führen konnte, aber das waren Fragen, die er nicht beantworten konnte. Er hatte seine Vergangenheit hinter sich gelassen und nur die jeweiligen Informationen öffneten diese Tür ein Stückchen, auch wenn er sich anfangs geschworen hatte, dass er nie wieder auch nur einen Schritt zurücksetzen würde. Doch dann hielt er es nicht mehr aus und er wusste, dass er nur dann seine Arbeit gut machen konnte, wenn er sich sicher war, dass es seiner Familie gut ging. Aber für ihn fing nach seinem 'Tod' ein neues Leben an und so skeptisch er diesem Projekt hier anfangs gegenüberstand, so fand er hier seine zweite Familie.

„Sie haben recht mit Ihrer Vermutung. Es verbirgt sich mehr dahinter, als die Öffentlichkeit weiß", begann Hammond vorsichtig zu erklären. Nach und nach erzählte er ihm die Geschichte vom Stargate, wie es gefunden wurde und welches Geheimnis diese Basis in ihrem tiefsten Inneren verbarg. Er erklärte ihm wer die Tok'ra und Goa'uld waren und versuchte ihm verständlich darzulegen, was passieren könnte, wenn sie in dieser Mission nicht erfolgreich sein würden.

„Es könnte die Apokalypse für die Erde bedeuten", endete er seine Erklärung über seine momentane Arbeit.

Mulder konnte nicht anders als ihn anzustarren. Wenn er jetzt ein paar Jahre jünger gewesen wäre, dann hätte er alles gierig verschlungen, was ihm gerade auf dem Silbertablett serviert wurde, aber sieben Jahre Arbeit an den X-Akten hatten ihn geprägt. Der Agent in ihm glaubte dem General und es war fast so, als hätte er gerade fast alle Antworten auf seine Fragen gehört, aber ein anderer Teil in ihm schrie nach Vorsicht. Woher sollte er wissen, dass dies auch wirklich die Wahrheit war? Man hatte ihm schon viel erzählt und für die Wahrheit ausgegeben, um ihn von seiner Suche abzuhalten, aber war es diesmal vielleicht doch wahr? „Die Apokalypse?“, fragte er deshalb mit einem leicht skeptischen Touch in seiner Stimme. Plötzlich erinnerte er sich an den Krebskandidaten, wie dieser ihm einmal das Ende der Welt gezeigt hatte. Der Himmel war am bluten und so weit das Auge reichte, konnte man nur Zerstörung und Feuer sehen. War das das Ende der Welt? Würden sie alle so zugrunde gehen?

Er schüttelte leicht mit seinem Kopf, als er seine Augen schloss. „Warum erzählen Sie mir das alles?“, fragte er schließlich.

„Sie wollten die Wahrheit wissen und das ist die Wahrheit", bekam er als Antwort. „Außerdem", sagte Hammond. „Möchte ich, dass Sie mich verstehen.“

Mulder sah Hammond jetzt zum ersten Mal, seit ihrer Auseinandersetzung im Besprechungszimmer, wieder direkt an. „Verstehen? Was verstehen?“

„Warum ich damals diese Entscheidung getroffen habe.“

Mulder holte tief Luft und fuhr sich mit seiner Zunge schnell über seine Lippen. Er antwortete ihm nicht, sonder nickte nur leicht mit seinem Kopf.

„Es war falsch zu sagen, dass ich mich entscheiden konnte. Nein, ich hatte keine Wahl. Man hatte mich beauftragt Projekt 'Blue Book' zu übernehmen. Damals wusste ich noch nicht, was sich wirklich dahinter verbarg. Ich hatte versucht mein Leben mit dem das meiner Familie zu verbinden, aber es klappte nicht...“

„Und da haben Sie sich mal eben so entschieden zu sterben", unterbrach Mulder ihn.

„Sie können sich nicht vorstellen, wie es ist zu wissen, dass man seine Familie verloren hat.“ Hammond sah wie Mulder schnaubte und mit seinem Kopf schüttelte. „Ich wusste von dem Moment an, an dem man mich verpflichtet hatte, dass nichts mehr so sein würde wie es einmal war, besonders dann nicht, als ich die Wahrheit hinter diesem Projekt erkannte.“

„Hören Sie, es gibt viele Menschen, die für die Regierung arbeiten und Geheimnisse für sich bewahren müssen und die bringen sich auch nicht gleich um. Maggie, ich meine Ms Scully, hat es doch immer verstanden.“

„Das war etwas anderes. Aber man hatte mir gedroht.“

„Gedroht?“, echote Mulder verwundert. Langsam bewegte er sich auf den Stuhl zu, da er bereits wusste, dass dieses Gespräch etwas länger dauern würde.

Hammond nickte. „Ja, man hat mir gedroht", bestätigte er seine Frage.

„Inwiefern?“, hakte Mulder jetzt nach.

„Nachdem man mich versetzt hatte, gab es einen Zwischenfall, den ich nie in meinem Leben vergessen werde. Mehrere Männer statteten mir einen Besuch ab. Sie haben mir nahe gelegt, dass wenn auch nur ein Sterbenswörtchen über diese Einrichtung an die Öffentlichkeit kommt, dann wüssten sie wo meine Familie wohnen würde. Ich habe sie ernst genommen.“

„Wie sahen diese Männer aus?“, fragte jetzt der Agent in ihm.

„Ich kannte sie nicht.“ Er fuhr sich mit einer Hand über sein Gesicht. „Nur einen von ihnen hatte ich des Öfteren gesehen. Er war bei der Besprechung, bei der es um meine Versetzung ging dabei, und auch bei verschieden anderen Treffen. Er sah aus wie ein ganz gewöhnlicher Mann in den mittleren Jahren. Was mich nur gestört hatte, waren diese vielen Zigaretten.“

Mulder versteifte sich augenblicklich. Seine Augen wurden zu kleinen Schlitzen, als er Hammond schließlich zu verstehen gab, dass er weitermachen würde. „Ich hatte diesen Weg als die letzte Möglichkeit angesehen, doch nachdem meine Frau mir erzählt hatte, dass Männer in unserem Haus waren und die sich nach Dana erkundigt hatten, wusste ich, dass ich bald Handeln musste. Dana hatte ihrer Mutter erzählt, dass sie schon seit geraumer Zeit von mehreren Männern beobachtet wurde, sie dachte, dass es etwas mit ihrer Arbeit zutun hatte, aber ich wusste, dass es die Männer waren, die mich gewarnt hatten. Ich hätte es mir nicht verzeihen können, wenn sie meiner Familie etwas angetan hätten.“ Er hielt für einen Moment inne, als er an die Zeit zurückdachte. „Sie wollten mir wohl damit zeigen, dass sie jederzeit ihre Drohung in die Tat umsetzen konnten. Ich sah keinen anderen Ausweg", flüsterte er.

Mulder hatte sich in der Zwischenzeit in dem Stuhl vor dem Schreibtisch gesetzt. Er schluckte einmal, sagte aber nichts. Als Hammond von seinen Händen aufsah, blickte er in ein für ihn vollkommen ausdrucksloses Gesicht. Er hatte das Gefühl, dass er mit der Wand reden würde, doch auch das konnte die Seele befreien. Und Hammond wusste, dass Mulder ihm zuhörte.

„Ich hatte gedacht, dass wenn ich ganz aus ihrem Leben verschwinden würde, sie nicht mehr in Gefahr wären. Der Rest ging so schnell. Man hatte als Todesursache Herzinfarkt festgestellt und, um den Abschied perfekt zu machen, gab es eine Seebestattung. Meine Personalien wurden geändert. Ich habe Karriere bei der Air Force gemacht und um es noch authentischer zu gestalten, sollte ich kurz vor meinem Dienstantritt eigentlich in Pension gehen. Das, Agent Mulder, ist mein zweites Leben.“

Mulder schloss seine Augen. Er dachte an den Zeitpunkt zurück, an dem er erfahren hatte, dass Scullys Vater gestorben war. Es war schrecklich. Scully konnte diesen Verlust bis heute nur schwer verarbeiten. Er hatte gesehen, wie sie gelitten hatten und konnte nichts dagegen tun. Sie hatte ihm sogar anvertraut, dass sie noch, bevor sie von seinem 'Tod' erfahren hatte, ihn auf ihrer Couch sitzen sah. War dies dann nur Einbildung gewesen? Es war das erste Mal, dass sie sich dem Übernatürlichen geöffnet hatte, auch wenn sie am Ende versuchte, diese Erscheinungen mit einer rationalen Erklärung abzulegen, so wusste er dennoch, dass es für sie ein wichtiger Schritt gewesen war. Einerseits zu erkennen, dass es da mehr zwischen Himmel und Erde gab, als man mit dem bloßen Auge sehen konnte, und zum anderen, war es für sie eine Möglichkeit mit dem Verlust umzugehen. Er wusste, dass sie viele bittere Tränen vergossen hatte, auch wenn sie es ihm nie sagen würde.

Schließlich öffnete Mulder seine Augen wieder und sah zu Hammond. „Haben Sie eigentlich eine Ahnung, was Sie da Ihrer Familie angetan haben?“, fragte er leise mit verbitterter Stimme.

„Ja, das weiß ich. Weil es mir nicht anders ging.“

„Den Teufel wissen Sie!“, zischte Mulder. „Sie haben sie nicht gesehen. Sie habe nicht mitbekommen, wie sehr sie gelitten haben.“

„Nein, aber glauben Sie, dass ich glücklich war mit dieser Entscheidung?“

„Nein, das glaube ich nicht. Aber was Sie getan haben war Verrat.“

„Ich habe meine Familie nicht verraten, ich wollte sie beschützen!“, verteidigte er sich.

„Indem Sie vorgeben tot zu sein?“, stieß Mulder fassungslos hervor. „Selbst dann konnten Sie Ihre Familie nicht schützen. Diese Männer werden immer einen Weg finden, wenn sie es wollen! Sie haben Ihnen höchstens einen Gefallen getan.“

„Agent Mulder, Sie wissen gar nichts!“, entgegnete Hammond entrüstet.

„Ich weiß genug, um zu wissen, dass Ihre Familie und Dana - besonders Dana - Sie in den letzten Jahren gebraucht hätten. Es ist so viel passiert, wo sie sich gewünscht hatten, dass Sie jetzt bei ihnen wären! Mrs. Scully liebt Sie noch immer. Jedes Mal wenn ich mit ihr gesprochen habe, sagte sie, wenn doch jetzt nur Danas Vater hier wäre. Haben Sie überhaupt eine Ahnung, was Sie da gemacht haben?“

„Die Sicherheit meiner Familie war mir am wichtigsten.“

Mulder lachte plötzlich auf. „Nachdem was ich hier alles so gehört habe, müssten Sie doch wissen wie skrupellos die sein können! Wie können Sie da denken, das wenn Sie tot wären, Ihre Familie kein Sicherheitsrisiko mehr darstellen würde?“

„Ich muss mich nicht vor Ihnen rechtfertigen. Ich habe Ihnen das alles erzählt, weil ich sehe, dass Ihnen sehr viel an Dana liegt und Sie wohl möglich Ihr Leben für sie lassen würden. Ich habe es Ihnen erzählt, weil ich dachte, dass gerade Sie mich verstehen würden. Ich kenne Sie. Ich weiß alles über Sie und Ihre Arbeit an den so genannten X-Akten! Und ich weiß, was Dana und Ihnen alles zugestoßen ist! Ich hätte liebend gerne alles stehen und liegen gelassen, als ich davon erfahren habe, dass meine Dana an Krebs erkrankt war und ihre Chancen gleich Null standen. Aber ich konnte es nicht! Es gibt nur eine Person, die von alledem hier weiß und die hat mir geschworen es niemanden zu sagen.“

„Und darauf verlassen Sie sich?“

„Ja, weil es mein Sohn ist.“ Jetzt war es Mulder, dem es die Sprache verschlagen hatte. Er starrte ihn mit großen Augen an und bevor er nach dem 'Wer' fragen konnte, beantwortete Hammond die Frage. „Charles.“

„Charles?“ Mulder war fassungslos. Scullys jüngerer Bruder wusste davon, dass ihr Vater noch lebte? Er atmete tief ein, um diese Neuigkeit zu verarbeiten. Er hatte ihn nie persönlich getroffen, aber laut dem, was Scully über ihn erzählt hatte, standen die beiden sich wohl immer sehr nahe. Scully hatte zu ihm eine ganz andere Beziehung, als zu ihrem älteren Bruder Bill. Sie war viel vertrauter und nicht so distanziert. Im Grunde konnte Mulder Bill keine Vorwürfe für sein Verhalten machen, auch wenn er es war, der ihn als einen elenden Schweinehund betitelt hatte, da er der angebliche Grund für alle Krisen innerhalb der Scully Familie war und er hatte es als seine Pflicht angesehen, die Rolle des Oberhauptes in der Familie einzunehmen. Aber Charles? Er konnte es nicht glauben. So wie Scully immer über ihn geredet hatte. Er wusste jetzt schon, dass sie diesen Vertrauensbruch nicht so einfach verkraften würde. Ganz zu schweigen, von der Lüge ihres Vaters.

„Es ist aber so. Seine Frau weiß noch davon. Aber sonst niemand. Seine beiden Kinder, Kayla und Tessa sehen in mir nichts weiter als einen Bekannten. Wir sehen uns nur selten, aber das hat mir die Chance gegeben, wenigstens einen Teil meiner Familie zu sehen. Leider ist er seit meiner Entscheidung nicht mehr sehr gut auf mich zu sprechen, aber wenn ich ihn sehe, dann erzählt er mir alles.“

„Dann sind Sie ja bestens informiert", murmelte Mulder sarkastisch.

„Nun, Charles kennt Sie nicht persönlich. Eine der wichtigsten Regeln, die ich meinen Kindern beigebracht hatte war, dass sie keine Vorurteile haben sollten und an diese Regel halte auch ich mich. Charles erzählt mir nur das, was ihm sein großer Bruder erzählt und ich kenne Charles. Er hat sich bisher noch keine eigene Meinung über Sie gebildet und was Bill angeht... Bill neigt gerne dazu zu übertreiben. Ich weiß nicht, was wahr ist und was nicht, aber ich kenne Sie noch nicht sehr gut, Agent Mulder, und Ihr Ruf eilt Ihnen voraus, doch das heißt nicht, dass ich auch gleich die Meinung meines ältesten Sohnes teile.“

„Ist das jetzt gut?“

„Zumindest sind Sie mir sympathisch, auch, wenn Sie in letzter Zeit mehr meine Nerven strapaziert haben, als alles andere.“

„Hören Sie, ich will mich hier gar nicht mit Ihnen streiten. Ich habe lediglich versucht Ihnen zu verdeutlichen, was es heißen würde, wenn Sie Dana jetzt wieder gegenübertreten, welche Konsequenzen das haben könnte.“

„Aber…", begann Hammond.

„Sie hat Ihren Tod noch immer nicht ganz verarbeitet und ich weiß auch nicht, ob dies je der Fall sein wird", unterbrach Mulder ihn. „Wenn Sie ihr jetzt gegenübertreten, dann kann ich Ihnen für nichts mehr garantieren. Glauben Sie mir, dann zerstören Sie ihr Bild von Ihnen. Sie sind für Dana etwas ganz besonderes. Sie sind ihr Held. Wollen Sie das wirklich zerstören? Wollen Sie alte Wunden wieder aufreißen?“

Hammond dachte einen Moment darüber nach. Wie gerne hätte er seine Tochter in seine Arme geschlossen? Das Verlangen danach überwältigte ihn fast, aber Mulder hatte recht. Was würde er mit seinem Auftauchen alles anrichten? Wollte er wirklich noch Salz in die Wunden reiben? Nein, da war er sich sicher, das wollte er nicht. Er wollte, dass es ihnen gut ging und sie glücklich waren. Er wollte das für seine Familie, was sich jeder Vater wünschte.

Schließlich nickte er mit seinem Kopf. „Sie haben wohl Recht", murmelte er. „Werden Sie es für sich behalten?“, fragte er nach einem Moment des Schweigens.

Mulder schluckte schwer. Wenn er zustimmen würde, würde das heißen, dass er Scully anlügen müsste und noch schlimmer, gegebenenfalls ihre Mutter. Er hasste es zu lügen, besonders wenn es Scully war. Er würde am liebsten im Boden versinken bei den Gedanken daran, sie anzulügen. Sie hatten sich geschworen immer ehrlich zueinander zu sein und jetzt sollte er sie bewusst anlügen? Entweder würde er ihr antun, von dem er gerade dem General abgeraten hatte, oder aber er musste mit seinem schlechten Gewissen leben. Für ihn stand gleich fest, dass er lieber mit einem schlechten Gewissen leben würde, auch wenn Scully es irgendwann herausfinden würde, anstatt ihr das anzutun.

„Ja. Ich werde ihr nichts sagen", antwortete Mulder mit einem lauten Seufzen.

„Danke.“

Und ein weiteres Geheimnis würde dieses Büro nie verlassen. Niemand würde je erfahren, was hier drin besprochen wurde und somit beteiligte sich Mulder an einer Lüge, deren Wahrheit wohl schmerzhafter als Verrat sein würde.


Maats Raumschiff

Unsanft wurde Scully festgeschnallt. Sie stand mitten in einem Raum, der sich nicht großartig von ihrer Zelle unterschied, außer, dass er größer war. Ihre Hände wurden an zwei Schnallen befestigt und aus dem Boden kamen plötzlich Objekte, die sich um Scullys Fußgelenke legten. Es fühlte sich an wie kaltes Metall. Sie stand ihnen mit gehobenen Armen und leicht gespreizten Beinen schutzlos ausgeliefert gegenüber.

Sie versuchte sich noch mit allen Mitteln und Wegen dagegen zu wehren, aber es war nutzlos. Irgendwann verstummten auch ihre Schreie, weil ihr niemand helfen würde und die Wachen von ihrem Geschrei vollkommen unbekümmert blieben. Als sie ihren Blick Richtung Decke warf, sah sie wie sich dort etwas öffnete und ein merkwürdiges Objekt zum Vorschein kam. Es fuhr langsam herunter und stoppte erst, als es auf Kopfhöhe mit ihr war. Scully erkannte, dass es aussah wie eine Kugel. Doch in dem nächsten Moment schossen an den Seiten jeweils zwei 'Arme' heraus. Das Objekt fuhr weiter auf Scullys Kopf zu, bis es nur noch wenige Zentimeter davon entfernt war. Sie wagte nicht zu atmen. Ihr Körper begann zu zittern, als sie mit weitaufgerissenen Augen sah, wie sich dieses Ding immer weiter auf ihren Kopf zu bewegte und schließlich genau vor ihrer Stirn stoppte. Bilder aus längst vergessener Zeit tauchten wieder vor ihren Augen auf. Fetzen von Erinnerungen wie sie gefesselt auf einem Tisch lag und irgendwelchen Männern schutzlos ausgeliefert war. Sie sah und spürte wie Bohrer und andere Geräte in ihren Körper eindrangen und als sie ihre Augen wieder öffnete, musste sie mit Entsetzen feststellen, dass es nicht nur Einbildung war. Sie konnte das kalte Metall des Objektes spüren. Und dann erklang erneut dieses Summen und die 'Arme' des Objektes wanderten weiter auf ihre Schläfen zu.

„AAAAAAAAHHHHHHHHHHH!!!“, schrie sie unter Schmerzen auf, als sie sich langsam und qualvoll in ihre Schläfen bohrten. Sie presste ihre Augenlider aufeinander, als der Schmerz einfach nicht aufhören wollte. Sie hatte das Gefühl, als würde sich dieses Teil bis in ihren Schädel bohren. Nur ganz langsam ließ der Schmerz etwas nach und dann passierte etwas, dass Panik in ihr aufsteigen ließ. Sie konnte ihren Körper nicht mehr bewegen. Verzweifelt versuchte sie ihre Hände zu bewegen, aber es ging nicht. So musste es sich also anfühlen, wenn man gelähmt war, schoss es ihr durch den Kopf.

Erschrocken darüber öffnete sie ruckartig ihre Augen. Vor ihr stand Maat, sie sie anlächelte. „Was hast du mit mir gemacht?!“, presste Scully hervor.

„Wir habe dich kampfunfähig gemacht, damit wir endlich von dir erfahre, was du bist!“, antwortete ihr Maat, die vor ihr stand.

„Ich weiß nicht was du von mir willst!“

„Du warst stark genug, um uns zu blocken! Niemand ist so stark, außer ein Gott und du bist kein Gott!“ Ihre Augen begannen wieder zu Glühen. Scully konnte die Ungeduld aus ihrer Stimme hören.

„Nein, ich bin kein Gott!“, stimmte ihr Scully und erhoffte so etwas Zeit zu schinden.

„Wir werde es schon noch herausfinden und dann werde wir unbesiegbar sein!“

Sie wandte sich von Scully ab und als sie den Raum verließ befahl sie ihren Wachen dafür zu sorgen, dass das Geheimnis nicht mehr lange ein Geheimnis blieb.


Cheyenne Mountain
Krankenstation

„Es sieht nicht gut aus", sagte Janet zu Daniel, der neben ihr am Bett von O'Neill stand. „Ich weiß nicht mehr was ich machen soll", ergänzte sie leicht hilflos nach einem längeren Schweigen.

Daniel nickte ihr betrübt zu. Es war kein gutes Zeichen, wenn sie so etwas sagte. „Ich, uhm, ich werde noch etwas bei ihm bleiben.“

Janet nickte ihm knapp zu. „Okay, machen Sie das. Ich muss mich hier noch um andere Patienten kümmern. Zwei Mitglieder von SG-8 wurden auf ihrer letzten Mission leicht verletzt.“ Damit verabschiedete sie sich von Daniel, so dass dieser jetzt mit ihm alleine war.

„Hey, Jack", sagte er leise. „Ich hoffe, Sie haben vor auch wieder zu uns zurückzukommen. Ich weiß, dass ich nur der nervende Wissenschaftler bin und Sie wahrscheinlich gerade ihre Augen verdrehen, aber ich kann Ihnen nur sagen, dass Sie gerade wirklich etwas verpasst haben", erzählte Daniel O'Neill, der bewegungslos in seinem Bett lag. „Agent Mulder hat sich mit unserem General angelegt und ich will gar nicht wissen, wie dieses Gespräch noch ausgegangen ist.“ Er machte eine kurze Pause. „Wir haben hier ganz schöne Probleme. Die Mission ist schiefgelaufen und nun hat Maat Agent Scully. Wir versuchen jetzt sie ausfindig zu machen, aber im Moment sieht es wirklich schlecht aus. Wir hatten eigentlich gehofft, dass Sie uns weiterhelfen würden.“ Daniel seufzte.

„Hey, Daniel", ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihm. Er drehte sich um und sah Carter in der Tür stehen.

„Hey, Sam", begrüßte er sie.

„Immer noch nichts?“, fragte sie.

Daniel schüttelte mit seinem Kopf. „Nein, langsam gehen Dr. Fraiser die Ideen aus.“

„Ich bin mir sicher, dass wir was finden werden", sagte Carter zuversichtlich, wen genau sie damit beruhigen wollte wusste sie nicht, aber an irgendwas mussten sie sich doch klammern und wenn es nur ein winziger Hoffnungsschimmer war.

„Haben Sie schon was von Agent Mulder und General Hammond gehört?“, fragte Daniel plötzlich, das Thema wechselnd.

„Nein, ich habe die beiden nicht mehr gesehen.“

„Mich würde es interessieren, was die beiden so dringendes zu besprechen hatten. Ob er wohl etwas weiß?“

Carter schüttelte langsam ihren Kopf. „Nein, das glaube ich nicht. Sonst hätte er es uns gesagt. Ich glaube, es ist etwas anderes.“

„Hm, wir werden es vielleicht nie erfahren", kommentierte Daniel nachdenklich.

Beide sahen auf O'Neill hinunter, jeder in seinen Gedanken vertieft. „Ich frage mich,“, begann Carter nach längerem Schweigen. „was gerade in seinem Kopf vorgeht. Ob er hören kann, was wir zu ihm sagen?“

Daniel sah sie von der Seite an. „Also, das ist nicht mein Fachgebiet, aber ich habe schon des öfteren gehört, dass Menschen, die im Koma liegen, die Stimmen von außenstehenden Personen hören können. Warum sollte es bei Jack anders sein? Und ich hoffe inständig, dass er uns hören kann, weil ich mir dann vorhin ganz umsonst meinen Mund fusselig geredet hätte", versuchte Daniel die makabere Situation etwas aufzuhellen.

Carter lächelte ihn schief an. „Ich hoffe wirklich, dass Dad eine Möglichkeit finden wird.“ Das Lächeln verschwand von ihren Lippen und Sorge zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab, als die Monitore plötzlich unkontrolliert anfingen zu piepsen. Die Linien waren über den gesamten Bildschirm verteilt. Der Körper des Colonels fing leicht an zu zucken. Es hatte den Anschein, als ob er schlecht träumen würde. Gerade in dem Moment, in dem der Alarm losging, beugte sich Carter zu O'Neill hinunter und versuchte ihn festzuhalten, aber er war zu stark für sie. „Daniel! Helfen Sie mir! Los, schnell!“

Daniel erholte sich von seinem anfänglichen Schock und half Carter O'Neill ruhig zu halten. „Verdammt! Was ist los mit ihm?“, fragte er in den Raum hinein. Als er einen Blick über seine Schulter warf, sah er aus seinem Augenwinkel heraus, wie Dr. Fraiser auf sie zugerannt kam.

„Was ist passiert?“, fragte sie.

„Die Monitore spielten plötzlich verrückt und dann fing er an wild zu zucken", erklärte Carter, die immer noch versuchte O'Neill ruhig zu halten.

Janet nickte kurz. „Okay. Versuchen Sie ihn ruhig zu halten.“

Schnell griff sie nach einem Tablett und schnappte nach einer Spritze. „Was stimmt nicht mit ihm?“, fragte Daniel, als er alles beobachtete.

„Sein Gehirn arbeitet wieder auf Hochtouren. Es scheint diesmal länger als sonst zu dauern.“ Sie zog die Spritze auf und klopfte gegen das Gehäuse, damit sich keine Blasen bildeten. „Ich werde ihm jetzt etwas zur Beruhigung geben.“ Sie stach die Nadel in eine Kanüle an dem Tropf.

„Was ist hier los?“, ertönte Hammonds besorgte Frage. Er blickte auf das Bett, wo O'Neill noch immer von Carter und Daniel festgehalten wird. Nur langsam hörte er auf zu zucken und seine Gehirnströme hörten auf auszuschlagen.

„Er hatte einen weiteren Anfall", erläuterte Janet. „Sir, ich kann ihn nicht mehr lange auf diesem Niveau halten. Die Dosis ist schon viel zu überhöht. Ich kann nicht noch höher gehen.“

„Verstehe, wie lange wird er es in diesem Zustand aushalten?“, erkundigte sich Hammond.

„Nicht mehr lange, Sir", antwortete Janet.

Mulder blickte auf den Monitor. Verzweifelt versuchte er einen Zusammenhang zwischen alle dem herzustellen. Er hatte noch immer keine Antwort auf die Frage, warum Scully? Warum hatte diese Frau Scully entführt? Welches Interesse verfolgte sie damit?

Die Gehirnströme wirkten schon fast hypnotisch auf Mulder. Sie hatte etwas mit O'Neill angestellt und nur dieser konnte ihnen sagen, was es war. Wo war da also der Zusammenhang?

Mulder wurde von erneutem Alarm aus seinen Gedanken gerissen. Erschrocken wirbelte er herum. Was war jetzt schon wieder los?

Carter, Daniel, Janet und Hammond sahen sich an. „Das Stargate", kam es wie aus einem Munde. Mulder zog etwas überrascht seine Augenbrauen hoch. Würde er das große Geheimnis endlich mit eigenen Augen zusehen bekommen?

Alle bis auf Janet und Mulder machten sich auf den Weg, um in die Zentrale zu gehen. Hammond drehte sich zu Mulder um. „Wollen Sie nicht mitkommen?“, fragte er.

„Ich?“ Hammond nickte. „Ähm, ja, ja natürlich", antwortete er zögernd. Zusammen mit den anderen ging er schließlich den langen Flur entlang bis er in der Zentrale stand und durch das dicke Panzerglas auf das Stargate blickte. Fasziniert starrte er auf das Tor. Es sah genauso aus, wie David Ashby es in seinem Bericht beschrieben hatte. Ein Tor mit verschiedenen Zeichen drauf, das sich drehte. Und alle hatten ihn für verrückt erklärt, und er wurde aufgrund seiner Aussagen in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Niemand würde je erfahren, dass er Recht hatte.

„Sir, wir haben ein Signal von den Tok'ra erhalten", sagte Davis, nachdem das Signal entschlüsselt werden konnte.

„Öffnen Sie die Iris.“

„Jawohl, Sir.“

Erleichtert über diese Auskunft, wagte es Hammond zum ersten Mal seit Stunden wieder richtig durchzuatmen. Er hoffte, dass die Tok'ra Informationen hatten, die ihnen weiterhelfen konnten.


****


Ohne große Umwege, machten sich die restlichen Mitglieder von SG-1, Hammond Mulder und Jacob auf den Weg zurück zur Krankenstation. Mulder hatte noch immer Schwierigkeiten die ganzen neuen Eindrücke zu verarbeiten. Also war Jacob, der Vater von Major Carter, ein Mitglied der Tok'ra und er trug auch so einen Symbionten in sich, aber im Gegensatz zu den anderen, war er gut. Hatte er das jetzt alles richtig verstanden? Leicht verwirrt schüttelte e seinen Kopf, da im Moment andere Dinge seine volle Aufmerksamkeit brauchten.

„Jacob, kann die Tok'ra uns helfen?“, fragte Hammond, der neben ihm herging.

„Ich hoffe es.“ Sie bogen um die Ecke und betraten die Station. Sie verlangsamten erst ihren Schritt, als sie nur noch wenige Meter von O'Neills Bett entfernt waren. Jacob holte ein Objekt heraus, dass einen großen runden Stein in seiner Mitte hatte. „Wir benutzen dies normalerweise für Infektionen. Da es bisher noch niemanden gelungen ist, ein 'Gegenmittel' gegenüber Maat zu entwickeln, müssen wir es hier mit versuchen.“ Er stülpte es sich über seine rechte Hand und legte seine linke Hand über seinen anderen Handrücken. Er streckte seine Hand aus und Mulder hatte auf einmal das Bild von Melissa, Scullys verstorbene Schwester, wie sie über Scullys Bett stand, als diese nach ihrer Entführung im Koma lag, vor seinem inneren Auge. Sie meinte, sie könnte so Danas Schwingungen spüren.

„Es erfüllt fast dieselbe Funktion wie ein Sarkophag", erklärte Jacob. „Tretet jetzt bitte zurück", sagte jetzt Selmak, anstatt Jacob.

Alle taten wie ihnen gesagt wurde und gingen einen großen Schritt zurück. Dr. Fraiser beobachtete diese Prozedur mit Sorge. Ihre Mittel hatten versagt und sie wusste, dass die Möglichkeiten der Tok'ra O'Neills einzige Chance sein konnte, aber wohl fühlte sie sich nicht dabei.

Selmak fuhr mit dem Objekt über O'Neills Körper. Seine Augen waren geschlossen und das Objekt unter seinen Händen fing an zu glühen. Er stand mindestens eine halbe Stunde vor dem Bett und wiederholte diese Prozedur immer und immer wieder. Schließlich öffnete er leicht außer Atem seine Augen.

„Das ist alles was ich für ihn tun kann", antwortete er schließlich, als er die erwartungsvollen Gesichter sah. „Jetzt können wir nur noch warten. Es ist von nun an Colonels O'Neills Entscheidung zurückzukommen oder nicht.“ Damit ließ er seine Hand sinken und steckte das Objekt wieder weg.

„Was meinst du damit, es ist seine Entscheidung?“, fragte Carter ihren Vater.

„Wenn man dem glaubt, was man von Maat gehört hat, dann befindet sich eine Person, die von ihr 'angegriffen' wurde in einer Ebene des höheren Bewusstseins. Maat war nicht ganz erfolgreich bei ihm, weil sie gestört wurde und so befindet er sich jetzt an einem Ort, wo er von ihr gefangen gehalten wird. Laut den ganzen Überlieferungen werden die betroffenen Personen furchtbaren Visionen ausgesetzt Da kann ich nichts beeinflussen. Es liegt nun an O'Neill.“ Er legte sanft eine Hand auf ihre Schulter. „Es tut mir so leid, Sam.“

Sie schüttelte leicht ihren Kopf und versuchte den Klos in ihren Hals hinunterzuschlucken. Sie wollte nicht, dass die anderen sie so sahen. „Nein", hauchte sie. „Das kann ich nicht glauben. Wir müssen doch etwas unternehmen können.“ Jacob konnte den flehenden Ausdruck in ihren Augen sehen und er wünschte wirklich, er könnte ihr sagen, ja, es gibt da noch eine Möglichkeit und die wird ihn mit absoluter Sicherheit wieder gesund zurückbringen, aber das konnte er nicht. Weil er keine Möglichkeit wusste.

„Sam, ich wünschte..", begann er, aber sie biss sich auf ihre Unterlippe und wehrte seine Berührung ab. Sie schlug seine Hand zurück und taumelte ein paar Schritte zurück.

„Nein! Fass mich nicht an", rief sie. Abwehrend hob sie ihre Hände hoch. Jacob sah sie mit einem beängstigten Blick an. So hatte er seine Tochter noch nie erlebt. Sie war immer die Starke, die, die auf alles eine Antwort hatte, die niemals aufgab, wie aussichtslos auch noch die Situation sein mochte.

„Sam, bitte...", bat Jacob sie und streckte seine Hand nach ihr aus. „Bitte beruhige dich, wir tun alles was wir können.“

„Das ist aber nicht genug. Er hätte nicht so einfach aufgegeben!“ Jacob konnte den Bruch in ihrer Stimme deutlich heraushören. Und auch die anderen wagte es nicht, etwas zu sagen.

„Wir haben nicht aufgegeben", widersprach er ihr.

„Doch!“, schrie sie. „Das habt ihr!“ Mit jedem Wort war sie einen Schritt weiter zurückgegangen, bis sie schließlich an der Tür stand. Sie atmete noch einmal tief ein, bevor sie sich umdrehte und davonlief.

Jacob wollte ihr nach laufen, aber Mulder legte ihm eine Hand auf seine Schulter, um ihn aufzuhalten. „Nicht", sagte er mit einem Kopfschütteln. „Lassen Sie sie. Sie braucht jetzt etwas Zeit für sich.“

„Aber sie...", setzte Jacob an.

„Sie würden jetzt nichts bei ihr erreichen, eher noch das Gegenteil. Sie muss sich erst einmal beruhigen und da können wir ihr nicht bei helfen.“

„Ich muss doch...“

„Nein, vertrauen Sie mir.“ Er blickte Jacob direkt in die Augen, während er mit einer leisen, sanfte und tiefen Stimme auf ihn einsprach. Er wusste welche Auswirkungen sie auf Menschen hatte und sie verfiel auch jetzt nicht ihre Wirkung. „Wenn Sie wollen, kann ich gleich einmal mit ihr reden. Vielleicht hört sie mir eher zu, weil ich fremd für sie bin", schlug Mulder ihm vor.

Er konnte den inneren Kampf, der in ihm tobte, in Jacobs Augen sehen, bis er schließlich kaum merklich mit seinem Kopf nickte. „Okay. Sie haben wahrscheinlich recht.“

„Okay.“

Es herrschte ein unangenehmes Schweigen zwischen allen Anwesenden. Hammond war der erste, der sich wieder regte. Laut genug, um verständlich zu machen, dass er all ihre Aufmerksamkeit wollte, räusperte er sich. „Wir können, wie es aussieht, im Moment wirklich nichts mehr für Colonel O'Neill tun und deshalb sollten wir uns jetzt dem anderen Teil Jacobs Besuch widmen. In fünfzehn Minuten im Besprechungszimmer.“ Er drehte sich um und verließ die Krankenstation.

Die anderen wollten ihnen folgen, aber Mulder wurde noch von Dr. Fraiser aufgehalten. „Agent Mulder?“, sagte sie hinter ihm.

Er drehte sich leicht überrascht zu ihr um. „Ja?“

„Kann ich Sie noch einmal sprechen?“, fragte sie und selbst Mulder, der sie nicht kannte, konnte aus ihrer Stimme heraushören, dass es wichtig sein musste.

„Sicher", nickte er mit seinem Kopf und ging zu ihr. „Was gibt es denn?“

„Ich habe bei Ihrer Blutuntersuchung noch etwas gefunden", begann sie ihm zu erklären.

„Ja, und?“

„Ich habe da etwas entdeckt, was mir Sorgen bereitet.“

Mulder zog überrascht seine Augenbrauen hoch. „Was haben Sie entdeckt?“ Sie übergab ihm ein Blatt, wo verschiedene Daten aufgelistet waren. Er schüttelte leicht mit seinem Kopf. „Tut mir leid, aber hiermit kann ich leider nichts anfangen. Was genau sehe ich mir hier an?“

„Das sind Ihre Blutwerte", erläuterte sie. „Ihre Anzahl von roten und weißen Blutkörperchen ist normal, aber ich habe noch einen Fremdorganismus gefunden.“ Mulder nickte langsam, als er verstand worauf sie hinauswollte. Sie führte ihn hinüber zu einem Mikroskop und gab ihm mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er durchsehen sollte. Er machte, was sie von ihm verlangte und wie schon so oft, war es für ihn ein heilloses Durcheinander von irgendwelchen Punkten. „Neben den Blutkörperchen sehen Sie vielleicht noch eine weiteren Organismus. Genau hier, die so wie kleine schwarze Würmer aussehen.“ Mulder nickte leicht und stellte sich wieder aufrecht hin. „Er scheint nicht aktiv sein und somit wohl ungefährlich, aber ich konnte noch nicht herausfinden, was es ist oder ob er wohl möglich eine Bedrohung für unseres Basis darstellt.“

Mulder biss sich auf seine Unterlippe. „Es ist keine Bedrohung, glauben Sie mir.“

„Woher wollen Sie das wissen?“

„Weil es nicht mehr lebt. Es ist tot.“

„Wissen Sie was es ist?“

Er nickte leicht mit seinem Kopf. „Wir bezeichnen es als schwarzes Öl. Es ist eigentlich das Blut von Außerirdischen. Es gelangt durch alle Körperöffnungen in den Körper und infiziert einem innerhalb von nur wenigen Sekunden. Ist man einmal damit infiziert, ist man nicht mehr sich selbst. Man kann es sogar auf gewisse Art und Weise mit diesen Goa'uld Larven vergleichen. Sie benutzen einen als Wirte. Nur ein schwarzer Schleier in den Augen verrät sie.“

„Und woher stammt es? Gibt es schon ein Gegenmittel?“, fragte Dr. Fraiser fasziniert. Davon hatte sie noch nie gehört und sie war sich sicher, dass es den General ebenfalls interessieren würde.

„Das ist eine lange Geschichte. Es reicht zurück bis in die fünfziger Jahre. Die Kurzfassung davon lautet, dass unsere Regierung im Besitz von einem außerirdischen Fötus ist, um eine bevorstehende Kolonisation zu verhindern. Sie versuchen Zeit zu schinden, indem sie mit den Außerirdischen zusammenarbeiten, doch hinter versteckter Hand versuchen ein Gegenmittel zu finden, was die Menschen immun gegen das Virus macht. Ich wurde infiziert, weil ich leider am falschen Ort zur falschen Zeit war. Man hatte ein Gegenmittel entwickelt und es musste getestet werden. Ich habe es mir vorher gespritzt als man mich dann dem Virus ausgesetzt hatte. Ich denke mal, dass mich das Gegenmittel gerettet hat", erklärte er ihr knapp angebunden. „Ich erzähle Ihnen das bloß, weil ich denke, dass es nur fair ist. General Hammond hat mich über dieses Projekt aufgeklärt und ich weiß noch nicht, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen meiner Arbeit und diesem Stützpunkt hier, aber falls es einen gibt dann habe ich alle Antworten, die ich brauche. Und ich versuche Ihnen zu helfen, damit ich Scully wieder finden kann.“

Dr. Fraise hatte ihm aufmerksam zugehört und nickte schließlich mit ihrem Kopf. Sie zog aus ihren Unterlagen eine Akte hervor. „Da gibt es noch etwas, über das ich gerne mit Ihnen sprechen würde.“ Mulder erkannte, dass es sich um seine Akte handelte.

„Woher haben Sie die?“ Sie lächelte ihn kurz an und er wusste wie blöd diese Frage war. Sie arbeitete für die Regierung und war hinzu noch Ärztin, also war es für sie eine Leichtigkeit an irgendwelche Krankenakten zukommen. „Okay, das war eine blöde Frage.“

Sie gab ihn darauf keine Antwort. „Ich konnte aus Ihrer Akte entnehmen, dass Sie vor ungefähr einem Jahr im Krankenhaus lagen, weil sie anormale Gehirnaktivitäten aufwiesen.“

„Ja, das ist richtig", stimmte ihr Mulder zu.

„Weiter steht hier, dass ein Artefakt die Ursache war?“ Sie sah fragend zu ihm auf.

Mulder nickte leicht mit seinem Kopf. „Scully und ich hatten den Auftrag bekommen den Mord eines bekannten Wissenschaftlers zu untersuchen, der eine Schablone von einem Raumschiff dabei hatte. Obwohl es angeblich nur eine Fälschung war, hatte dies mit ziemlich großer Sicherheit etwas in mir ausgelöst. Ich konnte auf einmal Stimmen hören, bis diese unerträglich wurden. Scully hat das Raumschiff an der Küste von Afrika gefunden und hat die Schriftzeichen zum größten Teil entschlüsselt.“ Dr. Fraiser sah ihn erstaunt an. Sie kannte nur eine Person, die zu so etwas im Stande war und das war Daniel Jackson. „Es soll die Geschichte der Menschheit enthalten. Genesis, das erste Buch Moses, Teile aus dem Koran und anderen Weltreligionen, so wie den Bauplan des Menschen, all das, was die gesamte Wissenschaft auf den Kopf stellen würde.“

„Das ist... wow! Gibt es noch Abdrücke?“

Mulder atmete einmal tief ein. „Hören Sie, damit ist nicht zu spaßen. Wenn diese Dinger in die falschen Hände geraten, dann kann dies verheerende Folgen haben.“

Sie nickte mit ihrem Kopf. „Das ist mir schon klar, aber wenn man es weiter untersuchen könnte, dann...“

„Ich weiß worauf Sie hinauswollen", unterbrach Mulder sie. „Sie denken, dass es zwischen mir und Colonel O'Neill eine Verbindung gibt, aufgrund der erhöhten Gehirnaktivitäten, aber ich kann Ihnen versichern, dass dies nicht der Fall ist.“

„Wie können Sie sich da so sicher sein?“

„Es ist nun einmal so. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie Sie ihm helfen können, weil mich kein Medikament gerettet hatte.“

„Sondern?“

Er schluckte schwer und schaute hinunter auf seine Hände. Dr. Fraiser spürte, dass er nicht darüber reden wollte, aber sie musste es wissen. Mit einem traurigen Blick schaute er zu ihr auf und Janet bereute augenblicklich, dass sie ihn so gedrängt hatte.

„Agent Mulder?“, fragte sie vorsichtig. „Ist alles in Ordnung?“

Mulder nickte. „Ja, ja, mir geht es gut.“ Bei diesem Satz musste er innerlich auflachen. Das war ihr Satz. Sie hatte ihm immer gesagt, auch wenn sie gelogen hatte. Jedes Mal wenn sie ihn ausgesprochen hatte, hätte er sie am liebsten angeschrieen, dass sie ihm gegenüber doch endlich mal ehrlich sein sollte. Er wusste, dass es ihr nicht gut ging, dass sie unter der Krebserkrankung sehr zu leiden hatte. Und nun benutze er ihn selbst. Langsam verstand er, warum sie es immer getan hatte. Sie wollte sich lediglich schützen. Aber vor was? Vor ihm? Davor, dass er erkannte, wie sehr sie litt? Gott, Scully, wo bist du nur?, dachte er. Ich brauche dich hier!


„Agent Mulder?“, wiederholte sie noch einmal ihre Frage, als sie ihre Hand auf seinen Unterarm gelegt hatte.

Er lächelte sie traurig an. „Ja?“

„Können Sie mir vielleicht sagen, was Sie gerettet hat, wenn es keine Medikamente waren?“

„Nicht was, sondern wer. Ich wurde von ihr gerettet. Sie hat mir gesagt, was die Wahrheit war, als die Welt vor ihrem Untergang stand. Das war der Moment, in dem ich gerettet wurde.“

Janet sah ihn leicht verwirrt an, aber sie wusste auch, dass sie nicht mehr aus Mulder herausbekommen würde. Sie nickte ihm schließlich zu. „Okay, ich schlage vor, dass Sie jetzt gleich zu der Besprechung gehen.“ Sie packte die Ergebnisse zurück in seine Akte und verstaute sie unter einen weiteren Stapel auf den Tisch.

Mulder nickte mit seinem Kopf. „In Ordnung. Es tut mir leid, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen konnte.“ Er wandte seinen Blick ab und machte sich auf den Weg die endlosen Korridore entlang zu gehen.


*****


„Jack", ertönte eine Stimme hinter ihm, als er noch immer zusammengekauert über den leblosen Körper seines 'Sohnes' kniete.

Aufgeschreckt von diesem plötzlichen Laut, wirbelte er herum und sah eine Frau hinter ihm stehen. Es war seine Frau. „Sara?“, fragte er vorsichtig.

Sie nickte, als sie neben ihm stehen blieb und hinter auf Charlie blickte. „Ich habe es wieder zugelassen. Es war meine Schuld.“

„Du kannst es nicht mehr gut machen, Jack“, sagte sie für seinen Geschmack viel zu kühl. „Du kannst nicht wie damals, einfach wieder zurückkommen und denken, dass alles wieder gut wird.“

„Aber das wollte ich doch nicht. Ich weiß doch selbst nicht was hier los ist.“

„Jack, du darfst dich nicht gegen deine Ängste wehren. Du musst endlich einsehen, dass es ganz allein dein Fehler war.“

„Was redest du da?“ Verwirrt sah er sie an.

„Du hast unseren Sohn umgebracht. Und nicht nur ihn, sondern auch mich. Du hast mir den wichtigsten Teil in meinem Leben weggenommen.“

„Auch ich habe Charlie verloren.“ Er vernahm einen Bruch in seiner Stimme.

„Aber du hast es zugelassen, dass es soweit kommt!“

„Sara, du weißt genau, dass ich nie gewollt hätte, dass es soweit kommen würde. Ich hatte ja keine Ahnung, dass er in das Zimmer gehen würde.“

„Es ist aber passiert!“

„Ja, das weiß ich. Ich würde wirklich alles tun, um es ungeschehen zu machen. Ich liebe doch unseren Sohn.“

„Aber er ist jetzt tot!“

„Sara, bitte hör auf damit!“ Er schloss seine Augen und zählte leise bis zehn, in der Hoffnung, dass sie danach entweder verschwunden war – so weh es ihm auch tat – oder sie einfach nur mit ihren Anschuldigen aufhören sollte.

„Du hast mir meinen Sohn genommen. Ich bin nun ganz allein.“

„Du bist nicht allein. Ich bin doch da.“

„Du bist nicht da, Jack. Nicht für mich...und das wirst du auch niemals sein.“

„Sara, was soll das?“ Er verstand sie nicht. Was wollte sie von ihm. Er wusste nur, dass es nicht mehr so sein wird, wie am Anfang. Nie mehr. „Wir haben uns beide zu sehr verändert", seufzte er.

„Ja, Jack, das haben wir, leider.“ Sie kniete sich hin und hob die Pistole auf, die Charlie zuvor noch gehalten hatte.

„Was hast du vor? Mach keine Dummheiten, bitte!“, flehte er sie an, als er sie geschockt beobachtete, wie sie die Pistole an sich nahm.

„Du musst dich entscheiden.“

„Entscheiden? Zwischen was? Was soll ich entscheiden?“ Mit einem ängstlich verwirrten Blick starrte er sie an.

Zwischen ihr und mir", antwortete sie nüchtern.

„Wem?!“, schrie er, weil er keine Ahnung hatte wovon sie überhaupt sprach. „Ich sehe niemanden. Ich weiß nicht wovon du sprichst!“

„Doch, Jack, du weißt es.“

Genau schon wie zuvor bei Charlie, fuhr ihre Hand mit der Pistole hoch zu ihrem Kopf. „Nein, Sara, tu es nicht. Ich kann nicht auch noch dich verlieren.“

„Du hast mich schon verloren.“

„Nein, das stimmt nicht und du weißt es. Ich liebe dich", sprach er eindringlich auf sie ein.

Sie schüttelte leicht mit ihrem Kopf. „Du liebst mich nicht mehr.“

„Sara...“

„Entscheide dich. Ich oder sie.“

Jack wusste nicht was sie von ihm wollte. „Gott, verdammt noch mal. Wen meinst du???“

„Sie.“ Sara senkte ihre Waffe und deutete damit auf eine Stelle in der Dunkelheit, wo nun Sam aus dem Schatten trat. Sie stellte sich genau zwischen ihm und seiner Frau.

„Carter?“, fragte er überrascht und sah wieder hinüber zu seiner Frau.

Diese schritt auf Carter zu und hielt ihr die Waffe an den Kopf. Entsetzt über ihr Verhalten riss Jack seine Augen auf, wagte es aber nicht, einen Schritt weiter auf sie zuzugehen. „Sara, nein!“


****


Mulder war auf der vergeblichen Suche nach dem Besprechungszimmer, aber es sah so aus, als ob sein fotografisches Gedächtnis ihn diesmal in Stich lassen würde. Es sah alles so gleich aus! Seufzend blieb er stehen und drehte sich um, mit den Gedanken spielend, dass er wieder umkehren sollte. Nein, er musste hier richtig sein, da war er sich ganz sicher.

Er lugte beim Vorbeigehen in jeden Raum, der nicht verschlossen war, aber davon gab es selten wenige. Doch bei einer Tür ging er noch einmal ein paar Schritte zurück, weil er ein Geräusch aus einem Raum, wo die Tür nur angelehnt war, hörte.

„Verdammt noch mal!“, hörte er eine Stimme. Er erkannte sie als die Stimme von Carter.

Er schielte durch den kleinen Schlitz, auch wenn er sich darüber im Klaren war, dass er es wahrscheinlich nicht tun sollte. Aber dennoch, er hatte es ihrem Vater versprochen, mit ihr zu reden und so überlegte er, ob er einfach, ohne ein Wort zu sagen, weitergehen sollte, oder hier stehen bleiben sollte und darauf wartete bis sie ihn bemerkte. Er entschied sich dafür stehen zu bleiben. Er beobachtete sie noch eine Weile, wie sie an etwas am arbeiten war und dann auf ihren Stuhl zusammensank und mit der Faust auf die Tischplatte haute.

Zögernd hob er seine Hand und klopfte leicht an die Tür. Carters Kopf flog nach oben, als sie sich schnell über ihre Augen wischte und vom Stuhl aufsprang. „Entschuldigen Sie.“

„Agent Mulder", sagte sie und stand auf. „Was wollen Sie hier?“

„Ich, ich war nur auf den Weg zum Besprechungszimmer und da habe ich mich wohl verlaufen.“ Er lächelte sie etwas verlegen an. „Als ich an Ihrer Tür vorbeiging, habe ich ein Geräusch und Sie dann fluchen gehört und ich dachte, es wäre etwas passiert", erklärte er schnell seine Anwesenheit.

„Hat mein Vater Sie geschickt?“, fragte sie, als ob sie seine Erklärungsversuche nicht gehört hatte.

„Nein, hat er nicht. Ich bin durch Zufall hier vorbeigekommen.“ Mulder hatte in der Zwischenzeit die Tür ganz geöffnet, stand aber noch immer draußen im Korridor. „Darf ich vielleicht reinkommen?“, fragte er vorsichtig.

Sie nickte nach einer Weile mit ihrem Kopf. „Sicher, warum nicht", seufzte sie, als sie sich wieder hinsetzte.

Mulder trat ein und ging hinüber zu ihrem Tisch, wo für ihn ein merkwürdiger Kasten draufstand. Fragend sah er zu ihr hinüber und er konnte sehen, dass sie am zögern war. „General Hammond hat mir alles erzählt", antwortete auf ihre stumme Frage hin

„Alles?“, fragte sie überrascht. Mulder nickte mit seinem Kopf. „Nun, ich weiß nicht wie gut Sie sich in Physik auskennen", sagte sie schließlich.

Mulder schnaubte. „Das ist nicht ganz mein Gebiet. Das habe ich immer Scully überlassen, da sie ihren Abschluss in Physik gemacht hat.“

„Wirklich?“ Carter zog ihre Augenbrauen hoch. „Dann wird es Sie wahrscheinlich gar nicht interessieren, was das hier ist.“ Als Mulder nichts sagte, fuhr sie dennoch fort. „Das ist ein Naquadareaktor. Ich habe ihn mit Hilfe einer Vorlage zusammengebaut, aber leider funktioniert er noch nicht so, wie ich mir das vorstelle. Vielleicht muss ich einfach nur..", begann sie schon wieder laut zu überlegen.

„Naquada?“, fragte Mulder, weil er das noch nie gehört hatte.

„Ja, das Material, aus dem das Stargate gemacht ist. Im Grunde ist es ein Energielieferant und wenn man eine bestimmte Menge...“

Mulder hob abwehrend seine Hände. „Sie haben Recht, ich verstehe davon nichts.“ Aber wie gerne hätte er all diese Kleinigkeiten von Scully gehört? Er wollte es noch nicht einmal verstehen, aber so hätte er wenigstens ihre Stimme hören können. Das war im Moment das einzige was er wollte. Von ihm aus konnte sie ihn auch anschreien oder sonst was, aber er hörte sie und er wusste, dass es ihr gut ging. Was würde er dafür nur geben?

Carter begann damit die Sachen, die sie vor Wut auf den Boden geschmissen hatte, wieder aufzusammeln. Sie untersuchte sie sorgfältig, um sicher zu gehen, dass sie auch keinen Schaden genommen hatten. Entschuldigend sah sie zu Mulder hinüber. „Entschuldigen Sie, dass ich vorhin so die Kontrolle verloren habe. Das ist eigentlich nicht meine Art.“

„Hey, bei mir brauchen Sie sich da nun wirklich nicht entschuldigen. Ich weiß wie das ist und ich werde Ihnen ganz bestimmt keinen Vorwurf machen", antwortete er ihr.

Sie legte einen Schraubenzieher zur Seite und stütze ihre Ellbogen auf der Platte ab. „Ich weiß wirklich nicht was da in mich gefahren ist", murmelte sie, als sie ihren Kopf auf ihren Händen abstütze und hinunter auf die Tischplatte starrte.

„Wenn Sie mich fragen, ist das ganz normal.“

Sie lachte kurz auf. „Ja, aber man erwartet von mir, dass ich professionell und nicht emotional handle.“

„Sie sind auch nur ein Mensch und keine Maschine.“

„Trotzdem, mein Dad und Dr. Fraiser haben alles getan was sie für ihn tun konnten und ich schreie sie an.“

Mulder lächelte traurig. „Manchmal ist es eben nicht genug. Besonders dann nicht, wenn einem die Person am Herzen liegt.“

Carter hob ihren Kopf und sah ihn direkt an. „Was wollen Sie damit sagen?“

„Ich erinnere mich da nur an mich selbst. Vor ungefähr vier Jahren, habe ich so ziemlich dasselbe durchgemacht wie Sie. Scully lag im Koma, nachdem sie vorher drei Monate spurlos verschwunden war. Als ich davon erfahren habe, dass sie wieder aufgetaucht ist, bin ich ins Krankenhaus gstürmt und habe alle Angestellte angeschrieen, selbst das ist noch das falsche Wort. Man musste mich festhalten und dann hinausführen. Erst nachdem ich mich wieder beruhigt hatte durfte ich zu ihr. Sie sehen also, es geht noch schlimmer.“

„Das wusste ich nicht.“

„Nein, das konnten Sie auch nicht.“

„Und was ist passiert? Ich meine mit Agent Scully, wo war sie die drei Monate?“

Mulders Miene verfinsterte sich augenblicklich uns sie wusste, dass sie einen sehr empfindlichen Nerv getroffen hatte. „Uhm, Sie müssen nicht darüber sprechen, wenn Sie nicht wollen", sagte sie sofort.


Sie konnte sehen, wie er seine Kiefer aufeinander rieb. Schließlich nickte er. „Scully wurde von einem verrückten aus ihrer Wohnung entführt. Als wir ihn fanden, war Scully verschwunden. Sie hat bis heute noch keine Erinnerungen an diese Zeit. Was die mit ihr gemacht haben..", sagte er mit leiser und bedrohlicher Stimme. Diesen Ton hatte sie noch nie bei ihm gehört und er machte ihr Angst. „Jedenfalls, als ihre Familie die Geräte abstellen wollten, da wachte sie auf. Ich war die Nacht vorher die ganze Zeit an ihrer Seite und habe ihre Hand gehalten. Ich weiß nicht, was sie im Endeffekt zurückgeholt hat, ob es ihr eigener Glaube und Willen war oder sonst was, ich habe mir jedoch seit diesem Tag an geschworen, dass dies nicht noch einmal passieren würde...", er verstummte.

Vorsichtig legte sie ihre Hand über die seine. „Agent Mulder, ich kann Ihnen versichern, dass wir alles tun werden, um sie zu finden.“

„Ja, ich weiß. Ich hoffe nur, dass ihr noch nichts passiert ist.“ Er sah sie mit einem flehenden Ausdruck in seinen Augen an und sie wünschte sich wirklich sie konnte ihm eine Antwort darauf geben. Schließlich lächelte er sie aufmunternd an. „Wissen Sie,“, sagte er nach einer Weile. „Sie sollten mit Colonel O'Neill reden. Er wird Sie hören, vertrauen Sie mir. Ich kann Ihnen versichern, dass er Sie auf irgendeine Weise verstehen wird. Sie dürfen nur nicht die Hoffnung verlieren. Nur wenn Sie noch Hoffnung haben, dann haben Sie auch nicht Ihren Glauben an ihn verloren, denn Hoffnung ist etwas gutes. Was sollen wir denn ohne sie machen? Sie erhält uns am leben.“

Carter sah ihn mit Tränen in den Augen an. Sie musste schwer schlucken, um den Klos in ihrem Hals wegzubekommen. „Geben Sie Ihrem Vater nicht die Schuld, er hat alles versucht. Reden Sie mit O'Neill.“

Carter wischte sich eine Träne weg, die sich den Weg hinunter ihrer Wange bahnte. „Glauben Sie auch daran?“

„Ich, ich hatte meinen Glauben daran verloren. Aber, ob es für mich bestimmt war oder nicht, ich habe ihn wieder gefunden und Sie sollten ihn nicht wegwerfen.“

Mulder sah, wie ihr Körper anfing zu zittern, als sie es nicht mehr schaffte, die Dämme aufrecht zu erhalten, ging er auf sie zu und breitete seine Arme aus. „Kommen Sie her", sagte er leise. Ohne ihm zu antworten ging sie auf ihn zu und Mulder schloss seine Arme um sie herum. Sie war größer als Scully, was zuerst etwas ungewohnt für ihn war, aber ihn nicht störte. Er spürte wie sie ihr Gesicht in seiner Halsbeuge vergrub und heftig anfing zu zittern und zu schluchzen. Sein Griff festigte sich, als auch er seine Tränen nicht mehr zurückhalten konnte.

Nach einer Weile lockerte Mulder seinen Griff und löste sich etwas von ihr. Er wischte sich schnell seine eigenen Tränen weg und lächelte zu Carter hinunter. „Besser?“, fragte er.

Sie nickte leicht mit ihrem Kopf. „Ja", schniefte sie.

„Ich glaube, wir haben es beide gebraucht.“

„Danke", sagte sie leise. „Ich danke Ihnen wirklich.“ Sie drückte leicht seine Hand und trocknete sich so schnell es ging ihre Tränen weg, weil sie nicht wollte, dass man es ihr gleich in der Besprechung ansehen würde, dass sie geweint hatte.

„Ich glaube, wir sollten dann jetzt auch los", sagte Mulder, als er hinunter auf seine Uhr schaute.

„Ja", sie nickte mit ihrem Kopf. „Kommen Sie, ich führe Sie hin, nicht, dass Sie sich wieder verlaufen.“


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