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Wäre ich doch nur im Bett geblieben von Destiny

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Teil 4

Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, dass diese ganze Aktion total hirntot ist? Ich kann einfach nicht begreifen, wie er mich wahrhaftig hierhin schicken konnte! Es muss die pure Verzweiflung aus ihm gesprochen haben.

Keuchend taste ich mich an der Wand entlang. Aus Gründen, die ich nicht weiter hinterfragen möchte, leuchten seitlich bläuliche Lichter auf, womit mir die Last mit einer Taschenlampe herumzulaufen erspart bleibt. Stattdessen umklammere ich mit meiner freien Hand die Zat und versuche gleichermaßen den Schmerz in meinen Bein und allen Knochen drum herum zu ignorieren. Ich kann es mir jetzt nicht leisten schwach zu werden. Nicht jetzt. Ausgerechnet jetzt, wo ich eine wirklich wichtige – lebenswichtige – Aufgabe habe, zollt mein Körper seinen Tribut.

Vorsichtig schlurfe ich an der Wand entlang, als mein Schuh plötzlich gegen etwas stößt, dass bei der Berührung über den staubigen Boden rutscht und dabei kratzige Geräusche von sich gibt. Überrascht beuge ich mich nach unten und erkenne, dass dort nichts Geringeres als Daniels Kamera liegt. Behutsam hebe ich das Gerät auf und drehe es in meiner Hand. Es scheint unbeschädigt zu sein und schnell schalte ich sie aus, bevor noch mehr von den Batterien unnötig verbraucht werden und setzte meinen Weg fort. Die schnelle Aufwärtsbewegung lässt mich für einen Moment schwindelig inne halten, als sich ein leises Pochen in meinem Kopf ankündigt. Das kann ich jetzt echt nicht gebrauchen.

Und so lasse ich das Pochen, Pochen sein und schiebe mich schließlich mit zitternden Beinen bis zum Durchgang, wo ich inne halte und mich lediglich an all die schlechten Krimis erinnern kann, von denen ich jemals in meinem Leben Zeuge wurde. Wie haben die das immer gemacht? Mit gezogener Waffe nach allen Seiten umdrehen? Gott, was würde ich dafür geben, wenn jetzt jemand hier wäre, die mir sagt, was ich zu tun habe.

Nachdem ich mit geschlossenen Augen stumm bis zehn gezählt habe, schnelle ich um die Ecke und stolpere in den anliegenden Raum. Zu meinem Glück befindet sich hier kein Fremdkörper, zu meinem Pech, stehe ich gerade nur Zentimeter vor einem schwarzen Abgrund entfernt. Hastig stolpere ich zwei Schritte nach hinten, bis ich sicher gegen die Wand gepresst stehe.

Wow… das war knapp.

Das ist alles so gottverdammt überwältigend. Gigantische Säulen sprießen aus dem Nichts und enden irgendwo im Nirgendwo. Der logische Teil meines Verstandes sagt mir, dass das natürlich unmöglich ist. Wie kann etwas, was sich in einem begrenzten Raum befindet unendlich sein? Eine Frage, die die Wissenschaft seit Jahrhunderten beschäftigt. Spiegel. Mein Vater hatte immer gesagt, Spiegel seien das große Geheimnis. Da wäre keine kosmische Wissenschaft im Spiel, meinte er. In der Geschichte der Maya ist nicht besonders viel darüber bekannt, aber auch hier wurden so einige Spiegeltricks eingesetzt. Dad hatte mir mal erzählt, dass er einen entlegenen Tempel in Belize entdeckt hatte, der für die Gebete der Priester diente. Der Hacken an der Sache war schlichtweg, dass zwischen dem Platz, wo sich der Priester auf den Boden kniete und dem einzigen Eingang eine Kluft lag. Es war unmöglich mit einem Sprung oder einer gerissenen Kletteraktion lebend auf die andere Seite zu gelangen. Laut alter Überlieferungen sollte es eine Glaubensfrage darstellen. Der Trick hinter dem ganzen Theater ist allerdings, dass mit Hilfe von gezielt eingesetzten Spiegeln, die hohe Decke reflektiert wurde und es den Anschein erweckte, dass man vor einem gigantischen Abgrund stand.

Allerdings glaube ich kaum, dass das hier eine Glaubensfrage ist. Vielleicht steckt ja irgendein Trick dahinter das Gemäuer über mir so hoch wirken zu lassen, aber das trifft bestimmt nicht auf den Abgrund zu. Ich weiß aus persönlicher Erfahrung, wie tief die sein können.

Mit einem leichten Zittern, tasten meine Finger nach der kalten Wand hinter mir, um auf den glatten und sauber verarbeiteten Steinen irgendwo Halt zu finden. Es ist ein erbärmlicher Versuch und könnte mir im Ernstfall nicht einmal das Leben retten. Erst jetzt erlaube ich es mir einen Blick auf das Detail zu werfen. Mechanisch, wie ein Scanner, wandern meine Augen durch die schummrige Dunkelheit. Verschwommene Umrisse werden sichtbar und erst jetzt erkenne ich mehr als lediglich eine tiefe Schlucht, die mir Angst einjagt. Die Stelen, die noch vor zwei Minuten wirr und durcheinander im Raum standen, ergeben jetzt ein Muster. Denn nach und nach wird deutlich, dass sie durch Brücken miteinander verbunden sind. Langsam wandert mein Blick zu den Übergängen, um nach einen möglichen Weg zu suchen. Und dann sehe ich ihn. Genau vor mir. Hastig suche ich mit einer nervösen Hand in meinen Taschen nach einer Taschenlampe. Ich brauche unbedingt mehr Licht, denn das, was ich erahne, will ich mir lieber im Hellen ansehen. Und so wandert mein Lichtstrahl in die besagte Richtung. Als ich die Brücke sehe, atme ich einmal tief durch. Na toll. Irgendwie scheinen mich diese Dinger nahezu zu verfolgen. Nicht nur, dass diese Dinger die unangenehme Angewohnheit haben unter mir einzubrechen, nein, hinzu kommt noch, dass es mich jedes Mal immense Überwindung kostet eine zu betreten.

„Nie nach unten schauen, Lizzy“, ertönt plötzlich die ruhige Stimme meines Vaters in meinem Kopf. Ich sehe sein Gesicht vor mir, wie er mich beruhigt anlächelt, als wir vor über zwanzig Jahren in einer nicht unähnlichen Situation waren. Ein erbärmliches Abbild einer Holzbrücke war unser einziger Weg über den reißenden Manatee Fluss. Einige der Holzplatten glänzten mit ihrer Abwesenheit und ich hatte die oberste Regeln aller Regeln gebrochen. Ich hatte hinunter gesehen.

„Lizzy, hör mir zu, jetzt atmetest du tief durch. Dir kann nichts passieren. Ich bin bei dir.“ Ich glaubte ihm. Er war mein Vater. Wer vertraut denn nicht seinem Vater? „Furcht, Kleines, ist dein größter Feind.“

Und ich bin gegangen. Als sich mein Blick wieder klärt, schaue ich hinüber zu der mir vorliegende Aufgabe. Es ist keine Holzbrücke. Keine Bretter fehlen, alles sieht stabil aus. Ich habe jetzt genau zwei Möglichkeiten. Erstens, ich überlasse meiner Furcht die Oberhand und kehre wieder zurück und gehe damit das Risiko ein den anderen nicht zu helfen, oder zweitens, ich bezwinge meine Angst und setze meinen Weg fort.

„Die Furcht ist dein größter Feind“, murmle ich die Worte meines Vaters. Und es soll mich der Teufel holen, wenn daran alles scheitern soll! Also schiebe ich meine Füße zu dem Übergang. Noch während meine Hände nach einem sicheren Halt suchen, verlagere ich vorsichtig mein Gewicht auf meinen rechten, vorstehenden Fuß, um auch wirklich sicher zu gehen, dass die Brücke stabil ist. Zu meiner unendlichen Erleichterung ist sie es. Wenn es einen Gott dort oben gibt, dann bitte stehe mir bei.

Denn jetzt gibt es kein Zurück mehr. Als ich meinen ersten Schritt wage, wünsche ich mir nichts sehnlicher als das jetzt mein Vater am meiner Seite wäre. Dann würde ich mich sicher fühlen. Oder von mir aus auch irgendeine andere Person. Aber diese erdrückende Einsamkeit ist alles andere als eine Motivation.

Und obwohl mein Herz wie wahnsinnig in meiner Brust pocht, das Blut durch meine Ohren rauscht, versuche ich meinen Blick geradeaus zu halten. Ich darf nicht nach unten sehen. Wie hatte Neil Armstrong es doch gleich so treffend formuliert? „Es ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer für die Menschheit.“? Ja, jetzt streicht mal Menschheit und ersetzt das Wort durch meinen Namen, dann habt ihr eine ungefähre Vorstellung davon, was hier gerade in mir vorgeht.

Ich wage es nicht nach hinten zu blicken, aber dann höre ich es. Erschrocken halte ich inne, um zu lauschen. Neben meinem flachen Atem kann ich es ganz deutlich heraushören. Es ist wieder da. Ein Summen. Ein Summen, welches immer lauter wird. Mein Blick wandert hastig neben mich, über mich, überall hin und als ich dann zum zweiten Mal in meinem Leben die Regel breche, erkenne ich, wie langsam unter mir Lichter anfangen zu leuchten. Eins nach dem anderen erwacht zum Leben, bis sie schließlich weiter hochklettern, über meinen Kopf hinaus und meine Augen ihnen folgen. Und noch während mich ein weißbläuliches Licht umgibt, schnappe ich hörbar nach Luft.

Ich befinde mich in einer „schwebenden“ Halle. Die Brücken sind die einzigen Verbindungen, sie sind auch der einzige Boden unter meinen Füßen. Während in symmetrischer Annordnung Bahnen von Lichtplatten den Raum erfüllen, fließt zwischen den Platten Wasser die Wand hinunter. Und wenn man genauer hinschaut kann man erkennen, wie sich dahinter Einbuchtungen befinden. Ich frage mich, ob es einem möglich ist, da irgendwie heranzukommen. Als ich es schließlich wage einen weiteren Blick hinunter zu werfen, wird mir erst das ganze Ausmaß klar. Der Raum unter mir scheint ovalförmig zusammenzulaufen und irgendwas Helles, Lautes, Brummendes scheint sich dort unten zu befinden. Vielleicht irgendeine Maschine? Wenn ich ehrlich bin, bin ich nicht besonders scharf drauf das herauszufinden. Also setze ich den Rest meines Weges über die Brücke mit zaghaften und tastenden Schritten fort. Am liebsten wäre ich auf allen Vieren gekrochen.

Aber mit einem Klammergriff um das Geländer hat es auch funktioniert, bis ich schließlich im Zentrum des Raumes stehe. Erleichtert atme ich einmal tief durch und bemerke erst da, dass ich mich auf einer achteckigen Plattform befinde von der jeweils von den vier vertikalen Kanten weitere Pfade zu den anderen Seiten des Raumes führen. Sie enden vor Durchgängen, die durch einen schimmernden Schutzschild versperrt sind. Klasse, ich bin umgeben von ziellos reisenden Transportern. Ich krieg gleich ne Krise! Diese Dinger werden noch mein Untergang sein. Bei meinem Glück lande ich vermutlich noch bei Tom in Madrid. Tja, das wäre dann wohl die Gelegenheit ihn einmal sprichwörtlich über die ganze Weltkugel zu treten. Aber ich habe jetzt ganz andere Probleme, obwohl mein Herz bei den Gedanken an Tom und der Grund, weshalb ich eigentlich hier gelandet bin, ganz schwer wird.

Doch ich schüttle diesen Gedanken aus meinen Kopf. Wenn ich jetzt anfange darüber nachzudenken, kriege ich hier gar nichts mehr auf die Reihe, also Contenance bewahren. Und genau das tue ich auch! Einmal tief durchatmen und dann wollen wir uns doch mal ansehen, was wir hier feines haben.

Die Schaltkonsole, vor der ich stehe, leuchtet wie der Rest des Raumes bläulich auf, nur einzelne Symbole heben sich in einem gelb davon ab. Genau wie die Plattform, auf der ich gerade stehe, ist die Form ebenfalls achteckig, alles eben nur eine Nummer kleiner. Hinzu kommt, dass sie in vier Teile aufgeteilt zu sein scheint. Und zwar genau in die Richtungen, in denen auch die Transporter stehen. Na was für ein Zufall. Vorsichtig lege ich eine Hand auf eine Schaltfläche, während ich meine Augen schließe und versuche mich zu konzentrieren. Du hast es schon einmal irgendwie geschafft, also wird das hier doch ein Kinderspiel sein. Ich habe leider nur so gar keine Ahnung auf worauf ich mich eigentlich konzentrieren soll und deshalb versuche ich es einfach mal mit einem Lageplan.

Als ich leises statisches Zischen höre, öffne ich meine Augen. Ich glaub mich tritt ein Pferd, aber es hat doch tatsächlich geklappt! Über der Konsole erleuchtet ein Hologramm, welches mir vermutlich nur einen Teil des Komplexes zeigt. Wenn ich jetzt noch genau wüsste, wo sich der Palast befindet, wäre die Suche reichlich einfacher. Und sollte mir da nicht vielleicht meine Karte und der Kompass in der Uhr helfen? Also ist Technologie doch nicht alles, wie?, sinniere ich amüsiert, während ich meine kleine, zerfledderte Karte aus meiner Gesäßtasche ziehe, um sie auf der Konsole auszubreiten. Schon bald hat mein Auge mein Ziel gefunden. Ist schon eine komische Sache, wie ich mich auf alten, schnöden Karten mit Leichtigkeit zurecht finde, ich aber ein vollkommenes hilfloses Wrack bin, wenn ich vor irgendwas stehe, was auch nur im Entferntesten mit Technik zu tun hat. Ich bin ja schon heilfroh, dass ich meinen Videorecorder programmieren kann. Ich seufze leise, wenn Sam jetzt hier wäre, dann hätten wir jeden einzelnen Standpunkt in Nullkommanichts gefunden. Sie hätte sich mal eben so ein Programm aus dem Ärmel geschüttelt und alles wäre in Butter gewesen, aber man kann ja schließlich nicht alles haben, also muss ich es wohl auf die altmodische Art und Weise machen.

Und so studiere ich eingehend die Karte, vergleiche Koordinaten und Himmelsrichtungen und durch ein eigen ausgeknobeltes Ausschlussverfahren komme ich schließlich zu einem Ergebnis. Wie es aussieht hat der Osten gewonnen. Und Osten ist von meiner derzeitigen Position rechts von mir, also müsste ich laut Adamriese den Transporter zu meiner Rechten benutzen, um den Palast zu finden und herauszufinden, wo sich die drei befinden. Hört sich doch ganz einfach an.

Mit neuer Zuversicht und einen passenden Lächeln auf den Lippen, schreite ich einen Schritt nach rechts und wiederhole diese ganze Konzentrationsnummer.

Mit zusammengekniffenen Augen murmle ich die ganze Zeit über: „Palast, Palast, Palast, Palast…“ Bis ich schließlich einen Grundriss und einige großzügige Schriftsätze erkenne. Oh Mann, auf den ersten Blick ist das alles nur Chinesisch für mich. Und wenn Sam schon mal hier wäre, dann könnte sie doch glatt noch eben ein Übersetzungsprogramm schreiben, damit würde das hier alles etwas schneller gehen. Das Schlimme an der Sache ist ja nicht, dass es alles Antikisch ist, nein, muss dieser Text denn unbedingt wie im Zeitraffer an mir vorbeirasen? Wie soll man da auf die Schnelle etwas verstehen? Aber dieses minder kleine Problem rückt augenblicklich in den Hintergrund als auf dem Bildschirm rote Punkte aufleuchten – und das nicht gerade zu knapp. Und mitten in dem Gewimmel tummeln sich zwei blaue Punkte, zusammen mit einem roten Punkt auf einem Haufen. Also, wenn mich meine Logik nicht ganz im Stich gelassen hat, dann müssten die roten Punkte die Goa’uld sein und die blauen Sam und Daniel. Der dritte rote Punkt direkt neben ihnen kann dann nur noch Teal’c sein – zumindest gehe ich mal davon aus. Gott sei Dank! Ich habe sie gefunden und noch viel wichtiger, sie leben! Sonst würden ja wohl kaum ihre Energiesequenzen gelesen werden können, oder? Ich merke sprichwörtlich, wie sich eine ganze Lawine von Steinbrocken von meinem Herzen löst. Ich fange gleich vor Erleichterung an zu heulen!

Okay, Liz, jetzt denk nach, versuche ich mich wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen. Für irgendwelche Sturzbäche ist auch später noch Zeit. Also, was zuerst? Ohne große Umschweife schnappe ich mir die leicht lädierte Kamera und beginne, bevor ich auch nur an etwas anderes denken kann, das hier in den Kasten zu bekommen. Wer weiß, wozu es noch mal gut sein wird? Mit langsamen und bewussten Bewegungen lasse ich die Kamera durch den gigantischen Raum schweifen, bedacht darauf jedes noch so kleine Detail einzufangen. Wenn das nur meine Leute sehen könnten! Die würden Purzelbäume schlagen! Und so ist der Adrenalinstrom, der meine Blutbahnen durchrauscht eine willkommene Motivationspumpe. Der Hoffnungsschimmer am Horizont erscheint plötzlich wieder viel heller. Sie leben und wir kommen hier wieder alle heile raus. Nur um diesen Gedanken auch körperlich zu bestätigen, nicke ich einmal kräftig mit dem Kopf. Ja, ab jetzt kann es nur noch besser werden.

Noch während mir meine innere Stimme jegliche Aufmunterungen zusäuselt, die ihr gerade einfallen, greife ich mit der anderen Hand nach dem Funkgerät. Ich sollte schleunigst den Colonel informieren, damit wir schon bald unseren Schlachtplan ausarbeiten können. Ein Grinsen huscht über meine Lippen. Jack ist Profi. Ihm wird irgendwas Geniales einfallen, wir marschieren da rein und kommen alle zusammen wieder raus.

Mensch, Liz, aber sonst geht’s dir gut, ja? Sag mal, in welcher Welt lebst du eigentlich? Utopia?, meckert die Vernunft in mir.

Klingt alles zu utopisch? Mag sein, aber im Moment dränge ich die Stimme der Vernunft in die hinterste, dunkelste und staubigste Ecke meines Kopfes. Wenn ich da jetzt mit Vernunft dran gehe, sehe ich bereits mein Kartenhaus in sich zusammenstürzen. Und wenn das wirklich passiert, dann bin ich unter aller Garantie ein seelisches Wrack. Also, bleib wo du bist und wage es nicht wieder herauszukommen, bevor ich es gesagt habe.

„Jack? Können Sie mich hören? Hier ist Liz“, plappere ich aufgeregt in das Funkgerät.

Ungeduldig tippt mein Fuß auf und ab, während ich im leichten Rauschen auf eine Antwort warte. „Sullivan?“, dringt schließlich seine Stimme durch.

„Ja. Ja“, nicke ich wild mit dem Kopf, auch wenn er es nicht sehen kann. „Ich glaube, ich habe sie gefunden.“

„Sie glauben es?“ Könnte er mal bitte mit diesem ständigen ‚Glauben oder Wissen’ – Quatsch aufhören? Steht irgendwo auf meiner Stirn geschrieben, dass ich die Weisheit gepachtet habe?

„Also, ich…“, beginne ich und beiße auf meine Unterlippe, als mein Blick noch einmal zu den Punkten wandert. Doch, sie sind es. Wie groß sind wohl die Chancen, dass sie es nicht sind? In einem Haufen von parasitären Schlangen? „Ich bin mir sicher“, sage ich schließlich mit mehr Zuversicht. Ja, sie sind es.

„Wo sind sie?“ Selbst durch das Funkgerät und den bespickten Rauschen kann ich seine Sorge, aber auch neue Hoffnung heraus hören. Mit einem Lächeln in meiner Stimme, lasse ich ihn nicht lange auf seine Antwort warten.

„Sie sind im Palast.“ Was, wenn man es genau nimmt, auch keine wirkliche Überraschung ist.

„Der ist groß.“

Natürlich ist er das!, will es aus mir herausplatzen, aber stattdessen rollt nur ein brummender Seufzer über meine Lippen. Da haben wir es wieder, Mr. Pessimismus kommt zum Vorschein. Ich habe die Pläne des Palastes vielleicht bis auf die Grundmauern studiert. Zumindest von dem Teil, der bereits freigelegt wurde! Mensch, ein bisschen mehr Vertrauen wäre schon nett. Immerhin kann ich behaupten, dass ich schon einmal da gewesen bin. Trotzig schiebe ich meine Unterlippe nach vorne. Doch meine anfängliche Verstimmung gerät ins Schwanken, als ich erkenne, dass der Grundriss des Antikerbereiches (und das ist nun einmal der Teil, der mir hier angezeigt wird) sich eventuell doch ein wenig von dem des Palastes unterscheidet. Immerhin sind die Antiker zuerst hier gewesen. Die Maya haben den Palast erst viel später gebaut und vermutlich nicht nach dem Muster, wie es die Glühwürmchen vorgegeben hatten. ABER, erinnere ich mich, das ist kein Grund in Panik zu geraten. Ich weiß zumindest, wie man von oben dort hinkommt – oder zumindest in den Bereich.

„Ja, ist es“, sage ich schließlich nach zwanzig geschlagenen Sekunden des Schweigens. „Aber wir können es eingrenzen. Sie befinden sich im hinteren Teil. Wenn es uns gelingt durch den ursprünglichen Eingang hinein zu kommen, weiß ich den Weg.“

Ein leichtes Lachen ist meine Antwort. „Da wird es vermutlich nur so vor Jaffa wimmeln. Es muss noch einen anderen--“

Und dann ist die Verbindung unterbrochen. Aber nicht durch eine Störung oder ein Rauschen, er ist einfach nicht mehr da. So als ob er es ausgeschaltet hätte. Was soll denn das? Unbeholfen schalte ich durch die einzelnen Kanäle und versuche jeden einzelnen von den dreien aus. Keine Antwort.

„Jack?“

Schweigen im Walde.

Okay, das wird mir jetzt langsam unheimlich.

Ich spüre bereits den Schatten der Angst, der sich langsam und unaufhaltsam in mir ausbreitet. Mein ganzer Körper ist vollkommen angespannt, jeder einzelne Muskel zittert vor Anspannung. Beim besten Willen, ich kann mich nicht bewegen. Es klappt einfach nicht. Wie erstarrt stehe ich auf der Stelle, wartend, lauschend. Aber ich höre nichts weiter als die rasenden, schwirrenden Stimmen in meinem Kopf. Ein Orchester des Chaos. So viele Stimmen auf einmal, die alle die perfekte Lösung haben. Renn, versteck dich!, schreien die einen, während die anderen dagegen mir sagen, dass ich kein Feigling sein soll. Es ist deine Pflicht dem Colonel zu helfen. In einem Team hilft man sich gegenseitig. Man lässt niemanden allein. Es ist beängstigend. So muss sich also jemand fühlen, der Tag ein, Tag aus von diesen unsichtbaren Begleitern umgeben ist. Ich will, dass sie aufhören. Sie sollen aufhören zu schreien. Ich will wieder denken können, ich will wieder einen klaren Kopf haben! Unsinnigerweise presse ich meine Hände gegen meine Ohren, doch alles nützt nichts. Sie kreischen munter weiter. Keiner von ihnen denkt auch nur im Geringsten daran die Klappe zu halten.

Aber so weit kommt es gar nicht. Denn es sind nicht die Stimmen, die mich zum Handeln bewegen, es ist nicht mein eigener Wille, der mich aus der Starre herausraust, es ist das knallende, ratternde Geräusch, welches mich plötzlich umgibt. Um mich herum hallen Schüsse unaufhörlich in der Luft. Getrieben von Angst und Schrecken, kauere ich mich instinktiv mit den Händen über den Kopf auf den Boden. Sekunden des Schocks vergehen, bevor ich anfange zu verstehen, dass nicht auf mich geschossen wird. Hier ist niemand mit einem Gewehr. Die Schüsse kommen aus dem Funkgerät.

Zitternd und ganz langsam, blicke ich auf, das Funkgerät umklammert von meiner kalten Hand. Ich kann hier nicht einfach bleiben. Ich muss etwas tun. Er hat doch keine Chance. Ich meine, er ist verwundet! Wie um Gottes Willen will er sich da verteidigen? Die Jaffa wissen nicht, dass ich noch hier bin. Ich könnte das zu meinen Vorteil benutzen. Ja, der Vorteil ist auf meiner Seite. Die Überraschung ist mein.

Tief durchatmend greife ich nach der Zat. Jetzt kommt’s drauf an. Mit einem leisen Zischen aktiviere ich die Waffe, während ich mich auf den Rückweg über die Brücke mache.

Als es nur noch ein paar Schritte sind, bis ich wieder sicheren Boden unter den Füßen habe, werden mir zwei Sachen ganz deutlich klar. Erstens, jeder, der jetzt oben an dem Eingang steht, wird das Licht sehen und wissen, dass sich hier unten noch jemand befindet und zweitens, sollte ich mich erst einmal im Gang befinden, gibt es keine Möglichkeit mehr Schutz zu suchen. Dort gibt es keine verwinkelten Nischen und selbst, wenn das Licht hier drinnen erlischt, strahlt der Vollmond genug Helligkeit aus, damit genug verräterische Schatten ausgemacht werden können.

Kaum habe ich den letzten Schritt gemacht, schließe ich konzentriert meine Augen und murmle die Worte immer wieder und wieder: „Licht aus, Licht aus, Licht aus.“ Es kostet einiges an Anstrengung, als ich endlich das erlösende Geräusch eines verstummenden Summens höre. Jetzt bin ich wieder in beängstigender Dunkelheit getaucht. Und diesmal hilft mir auch keine Taschenlampe. Aber das ist kein Problem, rede ich mir ein. Ich habe mich schon oft an irgendwelchen dunklen Orten aufgehalten. An Orten, die weitaus gefährlicher waren. Wie bei einem Blinden schärft sich der Rest meiner Sinne bis zum Äußersten. Geräusche erhallen gestochen scharf in meinen Ohren, die Nervenenden meiner Finger zucken und trotz der Lichtarmut in meiner Umgebung formt sich das Bild neu in meinem Kopf. Umrisse werden vor meinem inneren Auge sichtbar.

Und dann erreiche ich den Durchgang. Ich brauche jetzt nur noch um die Ecke zu gehen und mein Versteck aufzugeben. Aber bevor ich eine Entscheidung treffe, lausche ich. Darauf wartend, dass mir irgendwas, irgendjemand ein Zeichen gibt. Mir irgendwie sagt, was ich zu tun habe. Und ich muss nicht lange warten.

Stimmen in einer unmenschlichen Sprache ertönen über mir. Sie hallen zu mir herunter und klingen alles andere als erfreut.

„Talbet! Ke’i!“

„Ke’i dich doch selbst.“ Oh nein, der Colonel.

„Kree!“

„Hey!“ Aber weiter kommt er nicht, denn egal, was er auch noch hinzufügen möchte, die Worte werden von einem markerschütternden Schrei unterbrochen. Ein Schrei so tiefgehend, dass ich beginne wie Espenlaub zu zittern und mich mit zusammengekniffenen Augen auf den kalten Boden und gegen die Wand presse. Meine Arme umschlingen meinen Körper. Alles schreit in mir zu ihm zu rennen, ihm zu helfen, ihn aus diesen Qualen zu befreien, aber ich kann nicht. Mein Körper weigert sich zu reagieren, während langsam der Schmerz zu erstickenden Lauten verstummt.

Obwohl ich weiß, dass für einen Augenblick alles still ist, höre ich sie noch immer. Ich denke nicht, dass ich jemals in meinem Leben so schreckliche Laute gehört habe.

„Schafft ihn weg“, befiehlt eine grausame Stimme und ich weiß, dass der Colonel den Kampf verloren hat. Ich bin jetzt auf mich gestellt. Ein beklemmendes Gefühl erfasst mich, drückt in mir meinen Hals zu. Ich ersticke sprichwörtlich an meiner Angst und Hilflosigkeit. Was soll ich denn jetzt nur tun? Ich habe ehrlich gesagt eine Scheißangst den Jaffa in die Hände zu fallen. Und wenn die Jaffa nur halb so schlau sind, wie ich denke, dann werden sie in wenigen Minuten den Durchgang hier gefunden haben und ich sitze auf dem Präsentierteller. Das kann ich nicht zulassen. Sie wissen nicht, dass ich hier bin und ich will mich nicht verraten.

So schwer es meinen Knochen auch fällt, ich zwinge sie dazu sich in Bewegung zu setzen. Ich habe jetzt genau vier Möglichkeiten hier raus zu kommen. Einer der Transporter wird mich in Sicherheit bringen. Angestrengt versuche ich in der Dunkelheit etwas auszumachen, während ich von einem kalten Schauer erfasst werde. Ich kann nicht sagen, ob es ein Luftzug oder lediglich meine nackte Angst ist. Schritt für Schritt schleiche ich so schnell ich kann zurück zu der Brücke.

Wenn ich drüber nachdenke, dann glaube ich, ist es lediglich der tief sitzende Schock, der meine Höhenangst verdrängt, denn schon bald merke ich, dass ich wieder auf der Plattform bin. Doch ich habe nicht besonders lange Zeit mir einen der Transporter auszusuchen, denn gerade als ich dabei bin in meinen Gedanken eine Münze zu werfen, höre ich bereits die ersten Schritte. Die scheppernde Ankündigung hallt von dem Durchgang zu mir herüber und ich weiß, dass es nur noch Sekunden sind, die mich davon trennen entdeckt zu werden. Und so fackle ich nicht lange und renne weiter zu dem Übergang links neben mir. Ich weiß, dass er nicht zum Palast führt, aber dermaßen gut ist mein Tastsinn nun auch nicht ausgeprägt. Dieser ist der nächste Übergang und ich bin mir sicher, dass es noch einen an deren Weg zum Tempel gibt. Aber den kann ich schlecht finden, wenn ich nur noch Fischfutter bin.

Gerade als ich vor dem wabbernden Schutzschild zum Stehen komme, höre ich die Stimmen. Mist, sie kommen! Ohne lange zu zögern betätige ich den Schalter, von dem ich noch weiß, dass er sich neben der Tür befindet und betrete hastig den Transporter. Hinter mir leuchtet die Anzeige auf. Ich habe keine Ahnung, worauf ich drücken soll und im Moment ist mir das auch herzlich egal. Hauptsache ich komme hier lebend raus, also drücke ich meine Hand großzügig verteilt auf die Anzeige. Das vertraute Zischen ertönt, als sich neben mir die Wand öffnet und ich hastig eilend nach draußen stolpere. Sicherheit! Für’s erste bin ich erst einmal in Sicherheit. Ich schaue noch über meine Schulter und sehe wie sich der Transporter hinter mir schließt, der Schutzschild hat wieder seinen gewohnten Platz eingenommen.

Erst jetzt erlaube ich es mir einmal tief durch zu atmen, während mein Blick die Umgebung erkundet. Leicht lege ich meinen Kopf schief… Mich laust der Affe, aber war ich hier nicht schon mal? Jetzt, wo die anfängliche Angst von mir fällt, klärt sich der Nebel in meinem Kopf. Sicher, ich kenne diese Empore, dieser Gang an der Brüstung, der unweigerlich zu einer großen Treppe führt. Und während ich leicht meinen Kopf schüttle, setze ich mich in Bewegung. Diesmal sind es keine zaghaften, vorsichtigen Schritte, sondern ich renne regelrecht in Richtung Treppe. Denn direkt gegenüber davon befindet sich dieser Kontrollraum. Vielleicht gibt es da ja doch noch etwas Nützliches zu holen.

Leicht außer Atem bleibe ich im Kontrollraum stehen und sehe mich etwas hilflos um. Wenn ich ehrlich bin, habe ich keine Ahnung, wo ich anfangen soll. Kurz besinne ich mich und mache mich auf den Weg zu der Konsole an der Wand. Wenn ich mich noch recht erinnere, war es so etwas wie eine Radarstation. Nach kurzem hin und her in meinem Kopf, welcher Knopf denn gedrückt werden will, betätige ich schließlich den runden ganz außen. Und wie es aussieht, war es die richtige Entscheidung. Denn jetzt taucht vor mir ein System auf. Obwohl ich kein Genie auf dem Gebiet bin, sieht es unserem Sonnensystem verdammt ähnlich. Wenn da nicht diese ständig aufleuchtenden roten Punkte wären, würde mich das hier alles ein wenig mehr beruhigen. Es sind nicht die roten Punkte per se, die mich nervös machen, es ist viel mehr ihre Anzahl. Es sind sechs… nein, jetzt sind es acht leuchtende Punkte. Verdammt, da kommen wir doch nie wieder raus! Selbst ich sehe, dass das nur noch mehr Hiobsbotschaften sind und wie es aussieht, bin ich die einzige, die hier noch draußen herumläuft. Wenn ich nur an die Auswirkungen denke, die damit verbunden sind, wird mir regelrecht schlecht.

Erschöpft lasse ich mich einem Schritt nach hinten in den Sessel fallen. Das ist einfach zu viel für mich, denn erst jetzt wird mir eines wirklich bewusst. Die Entscheidung des Colonels mich hier runter schicken, war eine Chance für Sam und die anderen, aber zugleich auch ein Schutz für mich. Er wusste, dass die Jaffa über kurz oder lang unser Lager finden würden. Und er hat auch gewusst, dass er gegen sie keine Chance hatte, sondern mir nur etwas Zeit verschaffen konnte. Heiße Tränen brennen in meinen Augen, während ein Kloß in meinem Hals mir das Schlucken verbietet. Ein erschütterndes Zittern erfasst meinen Körper, während ich meine Knie an meine Brust ziehen und meine Stirn darauf ablege. Der Colonel hat sich für mich geopfert. Schluchzend schnappe ich nach Luft.

Es ist ein so abgrundtiefer erschreckender Gedanke solch eine Verantwortung zu tragen. Für die Anderen mag das vielleicht etwas vollkommen Normales sein, aber mir jagt der Gedanke, dass das Leben meiner Freunde jetzt auf meinen Schultern lastet, eine verdammt große Angst ein. Ich weiß wirklich nicht, ob ich dem bereits gewachsen bin! Was ist, wenn ich einen Fehler mache? Wenn ich durch mein Handeln alles nur noch schlimmer mache? Aber ich habe gar keine andere Wahl, oder? Sicher, ich könnte mich hier unten verstecken und warten bis alles sein Ende nimmt, aber könnte ich mich dann noch mit reinen Gewissen im Spiegel betrachten, wenn ich weiß, dass durch meine Feigheit Menschen gestorben sind? Ich weiß sehr wohl, dass es viel leichter ist einfach davon zu laufen – so machen wir Menschen das doch für gewöhnlich, nicht wahr? Wir rennen vor dem Unbekannten, vor allem was uns Angst macht, davon.

Ich kenne die Antwort auf diese Fragen. Ich würde meines Lebens nicht mehr glücklich werden, wenn den anderen irgendwas passieren sollte und so gibt es nur einen Weg. Einen Weg, den ich ganz alleine beschreiten muss.

Und so schniefe ich einmal, wische mir mit meinem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht und atme einmal tief durch. Ich werde es zumindest versuchen. Ich werde nicht aufgeben ohne es zumindest versucht zu haben. Also drücke ich mich hoch und gehe erneut zu der Konsole. Auch wenn ich alles noch durch einen Schleier der Tränen sehe, suche ich nach einer Möglichkeit, wie ich ihnen so schnell wie möglich helfen kann. Vielleicht gibt es hier ja irgendwo einen SOS Signal? Etwas was man aussenden kann, wenn man in der Sackgasse steckt? So etwas muss es einfach geben. Und so stöbere ich durch die gewaltige Datenbank auf der Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen.

Aus Sekunden werden Minuten und mich beschleicht langsam das Gefühl, dass das hier reine Zeitverschwendung ist. Daniel hat selbst gesagt, wie gewaltig das Wissen der Antiker ist und dass wir noch nicht einmal angefangen haben an der Oberfläche zu kratzen, wie soll es mir da gelingen etwas in diesem Durcheinander zu finden? Doch ich weiß auch, dass ich nicht einfach los marschieren kann und alleine gegen eine ganze Horde von außerirdischen Schlangen antreten kann. Das wäre reinster Selbstmord und würde niemanden etwas bringen. Es ist doch im Grunde ganz simpel. Die Antiker waren ein Teil der großen Allianz und es muss doch noch irgendjemanden dort draußen geben, der ihnen hilft! Ich hoffe nur, dass noch nicht alle von ihnen in den Ruhestand gegangen sind.

Und so suche ich unbeirrt weiter, bis mir plötzlich ein Wort ins Auge springt. Asgard. Moment, waren sie nicht auch eine Rasse der Allianz? Tief unten in meinem Bauch spüre ich ein aufregendes Kribbeln, als ich jetzt ganz langsam alles durchsehe. Meine Lücken in Sachen Antikisch sind noch verdammt groß, aber zumindest kann ich einen groben Zusammenhang erkennen. Natürlich würde alles viel schneller gehen, wenn Daniel jetzt hier wäre, aber da muss ich jetzt allein durch.

Okay, okay… ich hoffe nur, ich habe das hier jetzt nicht falsch verstanden. Denn mal ganz unter uns, für Laien ist das hier nicht gerade geschrieben. Noch ein paar Klicks und ich denke das war’s… hoffe ich zumindest. Denn irgendwie erscheint weder eine Bestätigung noch eine Fehleranzeige und so kann ich vermutlich nur hoffen. Ich bete inständig, dass uns hier jemand unter die Arme greift, bevor das ganz große Chaos ausbricht.

Aber ich glaube nicht, dass das hier reicht. Es ist ja gut und schön auf Hilfe von außen zu hoffen, sicher ist es nicht. Ich sollte noch an irgendwas kommen, was mir einen Vorteil verschafft. Ich lache bitter auf, als ich an unseren Plan denke, den wir geschmiedet haben. Er ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Jetzt bringt er uns eh nichts mehr. Selbst wenn ich Sams Schiffchen finden würde, ich kann so ein Ding nicht fliegen. Aber darüber will ich jetzt nicht weiter nachdenken, denn ich sollte hier nicht mehr Zeit verbringen als nötig und so schaue ich mich ein letztes Mal um, damit ich auch nichts übersehe. Ich sollte mich auf die Suche nach irgendeiner Waffe oder irgendeinem anderen Gerät begeben und das schleunigst.

Vorsichtig schiele ich an der Tür hinaus. Ob die Goa’uld ebenfalls die Technologie der Antiker benutzen können? Falls ja, hätte ich ein Problem. Okay, dieser Komplex ist groß – gigantisch – aber über kurz oder lang werden wir uns dann wohl zwangsläufig über den Weg laufen und darauf kann ich nun wirklich verzichten. Aber dann auch wieder, nur weil sie ihre Waffen und Technologie von den Antikern adaptiert haben, heißt das noch lange nicht, dass sie auch die Fähigkeit besitzen sie zu nutzen, oder?

Zumindest sehe und höre ich nichts. Also begebe ich mich schnell die Treppe hinunter und gönne mir einen ausführlichen Blick durch den Raum. Erst jetzt fällt mir auf, dass unter dem Vorsprung der Treppe es noch weiter geht. Dort befinden sich ebenfalls Türen und Durchgänge. Wo die wohl hinführen mögen? Wie hoch stehen meine Chancen wohl, dass ich außerhalb dieser Türen etwas Sinnvolles finde? Also wird es wohl niemanden stören, wenn ich mich auch hier noch einmal umsehe.

Und so trete ich in den großen Schatten der Treppe, um hoffentlich schon bald eine rettende Lösung zu finden.


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Im Gegensatz zu den monströsen Hallen, durch die ich sonst gestolpert bin, kann man das hier als einen soliden, normal großen Raum betiteln. Und spartanisch eingerichtet ist er auch nicht. Ganz im Gegenteil, das hier kommt einem Wissenschaftslabor verdammt nahe. Tischreihen durchziehen den Raum, äußerst merkwürdige Geräte stehen an der einen oder anderen Stelle und selbst die Wände sind mit Monitoren und Schaltflächen bepflastert.

Als ich mit langsamen und bedachten Schritten weiter das Labor betrete, frage ich mich, wo ich hier eigentlich gelandet bin. Und genau diesen Moment sucht sich der Mechanismus dieses Komplexes aus, um mir meinen Weg zu erhellen. Gott sprach es werde Licht…

Und nicht nur, dass ich jetzt im hellen, weißen Licht getaucht stehe, nein, so beginnen ebenfalls die Apparate an der Wand und vor mir zum Leben zu erwachen. Vereinzelt piepst und blinkt etwas auf und ich frage mich noch einmal, wo bin ich hier nur gelandet? Es ist ein Widerspruch in sich, wie etwas so altes so fortschrittlich sein kann. Und ich kann mit all dem nicht das Geringste anfangen. Nicht, dass es mich nicht interessieren würde – okay, ich bin zugegebenermaßen kein großer Fan von diesem ganzen Technikkram – aber jetzt könnte ich das ganze Fachgesimpel ganz gut gebrauchen. Ich weiß noch nicht einmal wonach ich eigentlich suchen soll!

Schließlich bleibe ich vor einem der Tischreihen in der Mitte des Raumes, auf der ein merkwürdiger Kasten liegt, stehen. Der Klotz ist einfach nur ein Klotz. Auf der Oberfläche wird er von zwei breiten Linien durchzogen, die leicht in das Material eingekerbt sind, aber ich habe nicht den leisesten Schimmer, wozu man es benutzen könnte.

Zaghaft berühren meine Fingerspitzen die glatte, kühle Oberfläche. Gespannt warte ich darauf, dass etwas passiert, aber bis auf ein Kribbeln und einem Leuchten ist nichts zu sehen. Weder wirklich enttäuscht noch großartig erleichtert, ziehe ich schließlich meine Hand wieder zurück und beginne mich weiter in diesem Labor um zusehen. „Mensch, Sammy, wo bist du nur, wenn man dich braucht?“, rede ich mit mir selbst, als ich meine Hände in die Hüften stemme und mich einmal im Kreis drehe. Wo soll ich bloß anfangen?

Doch dann fällt mein Blick auf etwas Schimmerndes in der hinteren Ecke des Raumes. Neugierig wie ich bin gehe ich drauf zu. Und erkenne erst jetzt, dass es die einzige Wand ist, an der es weder piepst noch blinkt. Merkwürdig und gerade deswegen interessant.

Es ist nur eine schmale Wand, gerade mal so groß, dass man sich hindurch schieben könnte, was für mich allerdings kein Hindernis ist. Und viel mehr schief gehen kann jetzt nun wirklich nicht mehr. Sollte ich durch meine Aktivierung irgendwas auslösen, habe ich wohl kaum eine Chance aus diesem Komplex zu entkommen. Mal abgesehen davon, dass das hier ein Labyrinth ist, wimmelt es oben nur so von Jaffa-Wachen. Oh, und natürlich wäre da noch die Sache mit dem Erdbeben. Tja, sich hier unten zu verirren, würde mich also ebenfalls einsperren. Und so schleicht sich eine gewisse Gleichgültigkeit in meine Entscheidung. Egal für welche Variante ich mich auch entscheide, jede hat ihre Schattenseiten.

Deshalb ist es auch kein Wunder, dass meine Hände bereits die Wand abtasten. Natürlich ist es mir nicht egal, was mit mir passiert, aber jede Entscheidung trägt ihre Konsequenzen und diese hier habe ich mir ausgesucht. Lange brauche ich nicht zu warten, denn schon wenige Sekunden nach meiner Berührung und meinem stummen Flehen, dass die Wand vor mir doch jetzt bitte die Güte hätte einfach zu verschwinden, tut sie es auch. Sie verkriecht sich zischend in der anliegenden Wand. Und wieder einmal können Gedanken Berge versetzen, denn als ich erst einmal den Raum dahinter betrete (ja, ihr habt richtig gehört), stehe ich wie angewurzelt und leicht röchelnd an meinem Platz. Oh ja, mein Psychiater wird einen Haufen Geld an mir verdienen. Kopfschüttelnd sehe ich mich um.

Links und rechts neben mir zieren ein großes Arsenal an Geräten die Wände. Wenn mich nicht alles täuscht, dann sind es Waffen. Kleine, große, winzige, gigantische, das gesamte Spektrum ist vertreten. Geräte, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe. Diese Glühwürmchen sind doch immer für eine Überraschung gut. Frei nach dem Motto „Erst mit kleinen Brötchen backen“ fallen zunächst die winzigen bis kleinen Geräte in mein Augenmerk. Das erste Gerät hier ist sogar ziemlich lustig, denn es sagt mir so rein nichts. Es ist rechteckig und passt perfekt in meine Handfläche, so als ob es nur für mich angefertigt wurde. Als es in meiner Hand liegt, erleuchtet das Display und ein paar Linien und ein blinkender Punkt wird sichtbar. Hm, ich gehe ein paar Schritte nach vorne und der Punkt bewegt sich in die besagte Richtung. So ein ‚Sensor – ich - erfasse – dich’ – Gerät. Mit einem nagenden und gebeutelten Gewissen stecke ich es ein. Ich würde nicht direkt sagen, dass ich es stehle, ich leihe es mir lediglich aus und mal ehrlich, 'ne Anzeige wird mich wohl kaum erwarten.

Und so setze ich meine Inspektion fort. Nach ein paar Minuten bin ich stolze Besitzerin von ein paar wirklich außerordentlichen Schmuckstücken. Ein kleiner Würfel zum Beispiel, der eine Miniausgabe des Sockels vor der Pyramide darstellt. Mit so vielen Hilfsmitteln, muss es schon an ein Wunder grenzen, wenn ich hier verloren gehe – hoffe ich zumindest. Dann gibt es da noch so ein paar andere Kleinigkeiten, die ich noch nicht so recht definieren kann, aber sie sehen nützlich aus. Irgendwelche Kapseln. Des Weiteren dürfen sich auch Waffen zu meinem Besitz zählen, was auch die großzügigen Brandflecke auf dem Boden dokumentieren. Hey, jeder Anfang ist schwer und irgendwo musste ich sie ja schließlich testen.

Während ich das Überraschungsei verlasse, komme ich mir vor wie Lara Croft. Von oben bis unten bespickt mit Waffen und Technokram. Das ist also aus mir geworden. Sämtliche Vorsätze haben sich innerhalb einer Woche sprichwörtlich verabschiedet. Was man in seiner Verzweiflung nicht alles tut. Mit einem Kopfschütteln verdränge ich diesen Gedanken. Hier geht es nicht darum, was ich für Opfer bringen muss, hier geht es viel mehr darum alles zu tun, damit es keine weiteren Opfer gibt. Und dafür ist nichts schlecht genug. Aber jetzt sollte ich wirklich langsam von hier verschwinden. Denn ein flüchtiger Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich im Grunde schon viel zu lange unter der Erde bin. Ich habe wirklich keine Lust ein weiteres Beben hier zu verbringen. Wenn ich jetzt noch eine Möglichkeit finde unbemerkt in den Palast zu gelangen, mache ich drei Kreuze.

Der Sicherheit halber kehre ich auf den Weg zurück, den ich gekommen bin, also per Transporter. Sicher ist sicher. Bei mir kann man nie wissen. Mein Blick schweift ein letztes Mal durch das Labor und den darauf folgenden Kontrollraum. Ich denke nicht, dass ich diesen Ort je wieder sehen werde. Deshalb will ich alles einfangen, alles in mich aufnehmen. Das Gefühl von einer plötzlichen Taubheit befallen zu werden, erfasst mich. Meine Glieder sind schwer. Das ist alles so verdammt deprimierend. Auch wenn mein Durst an Abenteuer bereits über mein Limit hinausgestiegen ist, fällt es mir schwer all das der Zerstörung zu überlassen.

Au weiha, da fällt mir ein… wann sollte doch gleich das ganze C4 hochgehen? Jap, ich sollte so schnell wie möglich von hier verschwinden. Mit einem letzten Blick in Richtung der gigantischen Türen, verabschiede ich mich von diesem Monument. War schön, wenn auch etwas gefährlich, bei euch.

Hastig und mit zwei Stufen auf einmal nehmend sprinte ich die Treppe hinauf. Wenn das C4 hochgeht und das irgendeine Kettenreaktion auslöst, dann ist alles umsonst gewesen. Und ich bin nicht besonders scharf drauf hier zu sein, um es persönlich mitzuerleben. Leicht außer Atem bleibe ich vor dem Transporter stehen, während meine Hand nervös auf den Knopf an der Wand drückt. Eines haben diese Transporter und unsere Fahrstühle gemeinsam. Sie brauchen alle eine Ewigkeit. Auch wenn die Wartezeit nicht mehr als eine Sekunde gedauert hat, erscheint mir der Vergleich doch mehr als passend. Aber kaum haben sich die Türen geöffnet, stehe ich vor dem nächsten Problem. Ich weiß nicht mehr genau, wo ich hergekommen bin. Sicher, ich kann das Gebiet eingrenzen, aber ich weiß nicht, wo sich die Halle befindet. Verzweifelt starre ich auf die einzelnen Punkte. Wo zum Geier muss ich nur hin?

Irgendwo in den Wirrungen meines Gehirnes befindet sich die Antwort, aber was mir jetzt fehlt ist ein klarer Kopf und ich glaube nicht, dass ich den bekomme. Dafür ist in den letzten Stunden, nein Minuten, einfach zu viel passiert. Ich bin noch immer im Verarbeitungsprozess. Also tue ich das einzige, was mir in diesem Moment einfällt. Ich drücke einfach blindlings auf einen der Punkte.

Als sich die Tür erneut öffnet, weiß ich, dass ich hier definitiv noch nicht gewesen bin. Denn vor mir befindet sich weder eine große Halle, noch ein Labor oder ein anderer Raum. Vor mir erstreckt sich ein nicht enden wollender Korridor. Na super. Es ist einer dieser Korridore, die bei zu niedrigen Blutzuckerspiegel und zu hohen Bluthochdruck erschwindelnde Ausmaßen annehmen können. Ich würde nicht direkt sagen, dass er schmal ist, aber wirklich breit ist er auch nicht. Doch aus Erfahrung weiß ich, dass dies nichts zu sagen hat. Egal wie breit oder eng so ein Korridor auch sein mag, stürzt er in sich ein, ist das Ergebnis dasselbe.

Zwei Tage. Es sind zwei ganze Tage ohne Essen und Trinken gewesen, die ich unter den eingestürzten Trümmern vor zwei Jahren ausgeharrt habe. Durch eine vulkanische Eruption war einer der Tempel in sich zusammen gestürzt und ich hatte das große Glück mich genau in einen dieser Gänge zu befinden. Mein Team konnte sich retten, doch die Bergungsarbeiten dauerten eine Weile. Ich habe es überlebt. Offensichtlich. Zahlreiche Verletzungen, ein gebrochener Arm und eine gewaltige Gehirnerschütterung. Aber neben sonstigen Kratzern und Abschürfungen ging es mir gut. Da sollte man doch meinen, dass ich für den Ernstfall gewappnet bin.

Allerdings wird mich dieses Wissen nicht länger als nötig hier unten halten. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung wo ich bin und ich kenne mich ebenso wenig mit C4 Sprengsätzen aus. Geschweige denn von Vorhersagen irgendwelcher Beben. Ich habe keine besondere Lust all das am eigenen Leib zu erfahren.

Und noch während mir immer und immer wieder genau diese Gedanken durch meinen Kopf rauschen, beschleunigt sich mein Schritt. Ich wünschte, ich könnte jetzt einen Sprint hinlegen, aber sowohl meine Verletzungen als auch der pochende Schmerz in meinen Körper hindert mich dran. Immer wieder stütze ich mich mit meiner Hand an der Wand ab, um durch die Stoßkraft schneller voran zu kommen und ich weiß nicht, ob es lediglich Einbildung ist, aber ich habe das Gefühl, dass ich dadurch wirklich an Tempo zulege. Ich hoffe nur, dass dieser Gang auch irgendwo ein Ende findet. Ein gutes Ende. Irgendwas, was mich hier raus bringt. Und Gott, ich hoffe, ich bin noch irgendwo in der Nähe des Palastes.

Eine Mischung aus meinen hallenden Schritten und einen merkwürdigen unterschwelligen Ton sind neben meinen stoßendem Atem die einzigen Geräusche, die mich umgeben. Doch ich registriere sie kaum. Denn meine Konzentration ist einzig und allein darauf gerichtet einen Schritt nach den anderen zu tun. Mein zusätzliches Gepäck macht es mir wahrhaftig nicht einfacher, aber diese paar Kilo bringen mich nun auch nicht mehr um.

Und gerade als ich keuchend und pfeifend nach Luft schnappe, richte ich unbewusst meinen Blick auf die linke Wand. Bisher habe ich nichts anderes außer diesem endlosen Gang gesehen, doch als ich einen Blick über meine Schulter werfe, erkenne ich, dass ich noch gar nicht so weit gekommen bin. Ich kann noch immer den Transporter sehen. Mist! Wütend haue ich einmal gegen die Wand. In diesem Schneckentempo werde ich es nie schaffen. Ich muss irgendeine Abkürzung finden.

Während meine Zungenspitze meine wunden und brennenden Lippen berühren, wische ich mir hastig den Schweiß von der Stirn. Die Luftzirkulation hier drin ist ein absoluter Alptraum. Ich bin klatschnass, meine Kehle ist sandtrocken und wie ich zu meinem Leidwesen feststellen muss, habe ich meine Wasserflasche im Lager liegen gelassen. Seufzend und stöhnend rolle ich mich mit meiner Schulter gegen die Wand ab, um die andere Hand ebenfalls frei zu haben, damit ich nach einem der Geräte suchen kann, die ich habe mitgehen lassen. Dieses merkwürdige Handgerät ertaste ich zuerst und ziehe es aus meiner Tasche. Meine Gedanken gelten nur einen Ausweg hier heraus zu finden und als ich sehe, wie mein Lebenszeichen als Punkt auf dem Display abgebildet wird, erkenne ich zum ersten Mal ein System dahinter.

Mein Blick wandert zwischen dem Display und dem Korridor hin und her. Ja, es gibt eindeutig Ähnlichkeiten und ein paar Meter vor mir soll es angeblich eine Biegung nach links geben, mit einem anliegenden Raum. Vielleicht sollte ich mir das mal ansehen.

Auch wenn meine Knochen Zeter und Mordio schreien, zwinge ich sie dazu sich weiterer Belastung auszusetzen. Mit dem Ziel diese Biegung und den Raum dahinter zu finden, schlurfe ich weiter, bis ich schließlich auf die andere Seite taumle und genau wie das Gerät es mir gezeigt hat, gelange ich in einen Raum. Für nur eine Sekunde erlaube ich es mir die Augen zu schließen, bevor ich mich in den Raum schiebe.

Ich habe keine Ahnung, was ich erwartet habe, aber ein leerer Raum ist es nicht. Enttäuscht will ich mich schon gegen die Wand sinken lassen, während mein Blick ein zweites Mal den Raum streift und dann sehe ich es. Direkt vor mir, im Boden, befinden sich Ringtransporter. Gut, Liz, was genau hat der Colonel gemacht, um diese Dinger zu aktivieren? Schnell schweift mein Blick über die Wand, bis ich schließlich die Schalttafel entdecke. Besinnung ist eine Tugend… und ich hoffe einfach mal, dass ich es richtig mache.

Aber das werde ich wohl erst sehen, wenn ich weiß Gott wo angekommen bin. Also setze ich alles auf eine Kappe, drücke die Knöpfe, die grell im schummrigen Licht aufleuchten und zerre mich in die Mitte des Raumes.

Und noch während ich erschöpft meine Augen schließe, umgibt mich ein weißes, blendendes Licht.


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Die plötzliche Dunkelheit ist ein kompletter Kontrast, doch das registriere ich nur am Rande, als mein Körper auf den steinigen Boden sackt. Benommen taste ich mit meinen Händen die Umgebung ab und kann die unvergleichbare Oberfläche von Kalksteinen ausmachen. Ich muss mich irgendwo in oder in der Nähe einer Pyramide aufhalten.

Mit einem leichten Kopfschütteln und dem Wunsch es doch lieber sein gelassen zu haben, blinzle ich schließlich und erkenne, warum es noch so dunkel ist. Ich bin weder in einer Pyramide noch liege ich direkt davor. Eisige Nachtluft umgibt meinen ungeschützten Körper und ich kann die Umrisse eines Plaza ausmachen. Eine weitere Stätte. Eine, von der ich mir sicher bin, sie noch nicht gesehen zu haben. Natürlich kann ich das jetzt nur schwer erkennen, aber wenn hier schon jemals jemand gewesen war, dann würde es dafür deutliche Anzeichen geben. Beleuchtete Ausgrabungsabgrenzungen oder eine umgebaute Touristenattraktion. Stöhnend setzte ich mich auf und als ich erneut meinen Blick über den kleinen Fundort schweifen lasse, kann ich schon praktisch Marcie, John, David und mich diese kleine Stätte ausgraben sehen. Wir würden einfach wieder von vorne anfangen und mit einem leisen Seufzen werde ich diesen Gedanken mal in meinem Hinterkopf behalten. Wenn ich jetzt nur noch die Gelder zusammenbekomme, könnte das hier unser neuer Arbeitsplatz werden. Ein kleines Lächeln umspielt meine Lippen bei diesen Gedanken. Wie in alten Zeiten. Wenn ich hier raus bin, sage ich mir und schwelge bereits in meinen Zukunftsträumen, als diese plötzlich durch ein Knacken gestört werden.

Es könnte alles Mögliche sein. Die Nacht und der Dschungel bergen eine Menge von Geräuschen, aber irgendwas ist anders. Irgendwie sagt mir meine Erfahrung, die bereits während meiner gesamten Kindheit wachsen durfte, dass das keine Geräusche sind, die zum Dschungel gehören. Es sind fremde Geräusche, wie von Eindringlingen.

Schritte, die eindeutig näher kommen. Wenn ich noch lange warte, dann kann ich mich nicht mehr auf den Schutz der Dunkelheit verlassen. Und so tue ich das einzige, was mir einfällt. Ich laufe in genau der entgegengesetzten Richtung aus der die Schritte kommen. Stolpernd und leise fluchend eile ich über den kleinen Plaza, kurz erwäge ich sogar die Möglichkeit die Pyramide hinauf zu klettern, aber bei diesen Stufen und meiner Unwissenheit über die Stabilität der Steine, lasse ich das lieber und folge dem Weg um die Pyramide herum.

„Da’nai!“, höre ich plötzlich die Stimmen ganz deutlich. Oh verdammter Mist… Ich halte sprichwörtlich in meiner Bewegung inne. Wie das Reh im Scheinwerferlicht „Na’binim!“ Diese Stimmen sind verdammt nahe. Ich wünschte, ich könnte sie verstehen. Jetzt bräuchte man diesen Übersetzerfisch, den es im „Per Anhalter durch die Galaxie“ gibt.

Hastig überschlage ich meine Chancen noch unbemerkt im Dickicht zu verschwinden und erkenne, dass sie schwindend gering sind. Die Jaffa müssen bereits bei der Pyramide sein und vermutlich habe sie auch die Ringe gesehen. Mist! Und dann fällt mein Blick auf meine Rettung. Nur einen Meter von mir entfernt.

Einmal tief durchatmend gehe ich hinüber zu der Cenote. Ein hübsch anzusehender Brunnen mit einer grausamen Vergangenheit. Dort wurden zu Maya Zeiten die Menschenopfer dargebracht. Ob da nun die menschlichen Überreste oder die Menschen lebend hinein geschmissen wurden, ist eigentlich vollkommen egal. Auch machten die Maya keinen großen Unterschied, ob es nun eine Jungfrau oder ein Krieger, ein Kind oder ein normaler Bauer gewesen ist. Opfer war Opfer. Und damals war es sogar eine Ehre geopfert zu werden. Na, für ein Leben in Saus und Braus will ich das auch mal meinen. Und dennoch kann ich mich noch nicht so ganz mit dem Gedanken anfreunden ebenfalls freiwillig dort hinunter zu gehen. Aber als Kanonenfutter will ich auch nicht enden.

Ächzend schiele ich einmal in den so oder so schon dunklen Abgrund, als ich meine Beine über den Rand zerre und auf den Steinen sitzen bleibe. Ich kann einfach nicht glauben, dass ich das hier tue. Chaac – der Regengott (damals wurde Yucatán von regelmäßigen Dürren erfasst, also kein Wunder, dass Chaac besondere Bedeutung genoss) – wird sich freuen.

Auch wenn ich nicht so lebensmüde bin und blind links hineinspringe, taste ich mich ziemlich unsicher an den glitschigen Steinen hinunter. Mich kriegen keine zehn Pferde nach ganz unten! Nicht mit einem Schutzanzug und einer Atemmaske. Faulende und noch immer verweste Gase steigen zu mir auf. Gott, mir wird schlecht. Ich kann getrost davon ausgehen, dass man dort unten zahlreiche Knochen und Gebeine finden wird. Da beide meiner Hände, so wie meine Beine damit beschäftigt sind meinen Körper zu halten, muss ich mit dem Rest meiner Selbstbeherrschung dafür sorgen, dass mein Mageninhalt unterhalb meines Halses bleibt.

Sekunden der Ungeduld und des angespannten Wartens verstreichen, bis sie wirklich direkt neben der Cenote stehen bleiben. Ich krieg gleich nen Koller! Wie ein Klammeraffe hänge ich hier im Opferbrunnen und konzentriere mich darauf mich weder zu bewegen, noch zu atmen. Und bei Gott, Arme, Beine und alles andere in mir schmerzt. Alles schreit in mir nach Erlösung, aber die Angst hält mich fest. Wenn ich jetzt los lasse, dann wissen sie, dass ich hier bin und das ist vollkommen inakzeptabel. Aber ich muss mein Gewicht verlagern, denn jede Sekunde die verstreicht, rutscht meine linke Hand ein paar Millimeter weiter ab. Stumm zähle ich in meinem Kopf langsam bis drei und lasse los. Ziemlich hilflos hänge ich praktisch in der Luft und taste die Wand nach einem Stück vorstehenden Stein oder dergleichen ab.

Hektisch wandert mein Blick nach unten, wo ich die breite Öffnung der darunter liegenden Quelle ausmachen kann. Ich will wirklich nicht darunter, aber hier oben kann ich mich nicht mehr lange halten. Und ich weiß auch, dass ich mich anstelle. Denn neben Menschenopfern und anderen Ritualen dienten die Cenoten als Frischwassersystem und ich hoffe inständig, dass die Kerle über mir nicht schwimmen können!

Es ist eine Kletteraktion, der es keinerlei Worte bedarf. Vollkommen ungesichert und gefährlich. Mein früherer Professor würde mir eine Strafpredigt halten, die sich gewaschen hätte. „Niemals ohne Sicherung in eine Cenote abtauchen!“, hatte er uns immer und immer wieder gepredigt. Und jetzt weiß ich auch wieso.

Es kann nicht mehr weit sein, bis mein Fuß plötzlich ins Leere tritt. Und nu? Vorsichtig drehe ich meinen Kopf zur Seite und im blassen Mondlicht kann ich bereits die ersten Stalaktiten und Stalagmiten ausmachen. Ein Ergebnis Jahrtausendlanger Klimawechsel der Eiszeiten. Bei Tageslicht traumhaft schön und bei den Touristen ist ein Tauchgang wohl der Höhepunkt ihres Urlaubes. Ich kann es ihnen wirklich nicht verübeln, aber dann doch bitte nur mit Taucheranzug. Verzweifelt tastet mein Fuß weiter in der Dunkelheit bis ich schließlich einen relativ dicken Stalaktit erwische und meine Beine äußerst ungeschickt und unbequem herum schlinge. Lange können diese jahrtausend alten Stalaktiten mein Gewicht nicht halten, denn immer wieder kommt es vor, dass diese gigantischen Kristalle abbrechen und in das Wasser fallen.

Irgendwo in meiner Militärweste muss es doch etwas Nützliches geben… bis meine Finger endlich etwas ertasten. Es ist eines der Seile, wie man mir vorher erklärt hat, welches auch die Bergesteiger bei extremem Sportklettern benutzen. Einen Durchmesser von lediglich 9,8mm. Angeblich mit einer sehr hohen Sicherheitsstufe. Dann hoffen wir doch mal, dass es auch hält, was er verspricht. Etwas unbeholfen lege ich das Seil um meinen Körper und verknote es mit einem Spezialknoten, den mir mal mein Vater gezeigt hat. Er meinte immer dieser Knoten sei so wasserdicht, wie ein perfekter Mord. Schon seit Generationen in der Familie. Während ich das Ende suche und es an einer der etwas stabileren und deformierten Stalaktiten befestige, zerre ich einmal kräftig an meiner Konstruktion und bete bei Gott, dass sie hält!

Ganz vorsichtig und Millimeter für Millimeter lasse ich mich langsam hinab. Ha, das läuft doch super. Jetzt nur noch ein paar Meter und ich bin unten. War doch ganz einfach. Man sollte immer auf Holz klopfen, denn kaum habe ich den Gedanken zu Ende gedacht, durchfährt mein Seil ein plötzlicher Ruck. Das kann nur eines bedeuten… Panisch schießt mein Blick nach oben und ich sehe, wie sich meine Halterung langsam auflöst!

Oh Scheiße… Hastig versuche ich noch ein paar Meter zu schaffen, aber da ist es bereits zu spät. Ich weiß, dass ich relativ weich lande, dass das Wasser unter mir den Sturz teilweise abfangen wird, aber viel mehr Sorgen macht mir der dabei verursachte Lärm. Wenn die Kerle noch immer da oben stehen, werden sie spätestens nach dem Sturz wissen, dass ich hier unten bin. Und so bereite ich mich auf alles vor. Mein Blick klebt förmlich an dem Seil, wie es Stück für Stück unter meinem Gewicht abrutscht. Tief durchatmend schließe ich die Augen und bete für ein Wunder.

Doch leider sind Wunschdenken und Realität zwei vollkommen verschiedene Welten. Jedes noch so verzweifelte Gebet bleibt ungehört, denn als ein Knacken durch die Höhle hallt, weiß ich, dass es nur noch einen Weg gibt – den Weg nach unten.

Vom Sturz bis hin zu dem Moment, in dem ich im kristallklaren Süßwasser meine Augen öffne, sind nur wenige Sekunden vergangen. Ich habe eindeutig die niedrige Stelle erwischt, die gerne bei Touristen für das Schnorcheln benutzt wird. Mein Körper prallt trotz der Minderung des Wassers auf den Boden und ich bete, dass ich keine wertvollen Knochen oder dergleichen zerstört habe.

Erst nachdem ich nach Luft schnappend die Oberfläche durchbreche, werden meine Bewegungen ruhiger. Es ist nichts zu hören. Keine Stimmen, keine Schritte, niemand der Anstalten macht mir zu folgen. Etwas Gutes hat die Stelle hier doch, sollte ich irgendwas verloren haben, finde ich es schnell wieder. So dauerte es auch nur ein paar Minuten bis ich meinen kleinen Würfel und das Navigationsgerät wieder mein Eigentum nennen kann.

„Raus hier“, murmle ich und schaue gleichzeitig nach einem trockenen Plätzchen Erde. Es ist wahr, die Cenoten sind hauptsächlich mit Wasser gefüllt, aber Streckenweise kann man auch Abschnitte auf dem Trockenen zurücklegen und genau solch einen Abschnitt werde ich mir jetzt suchen.

Schon bald habe ich gefunden, was ich gesucht habe und hieve meinen klatschnassen Körper auf den kleinen Erdballen in der Nische der Grotte. Erst als ich mich gesetzt habe, lasse ich meine Augen wandern. Diese Grotte ist wunderschön. Einfach unglaublich zu welchen Kunstwerken die Natur in der Lage ist. Mein Blick wandert über die mit Stalaktiten besetzte Decke hinüber zum Wasser und zu den Stalagmiten, die die Wasseroberfläche durchbrechen und an manchen Stellen mit der Decke verschmelzen. Ich habe zumindest das Glück, dass das hier eine große Grotte ist, somit stehen meine Chancen um einiges besser auch unterirdisch noch irgendwo einen anderen Ausweg zu finden, meistens in einer anderen Cenote. Ein Problem hätte ich erst dann, wenn das hier lediglich eine Grube gewesen wäre. Aber dem scheint offensichtlich nicht so zu sein, denn neben mir befindet sich direkt eine Biegung.

Erschöpft lasse ich meinen Kopf gegen die Wand fallen und schließe meine Augen. Erneute Dunkelheit umgibt mich, während ich dem leisen Plätschern der fallenden Tropfen von der Decke lausche. Nichts weiter als da hallende Schwappen des Wassers und mein eigener Atem. Diese Ruhe ist so erfrischend und besänftigend. Ich merke regelrecht, wie alles von mir fällt. Die ganze Anspannung, einen Teil der Angst und der Druck. Nur für diesen einen Augenblick bin ich frei und ich genieße es. Denn schon allzu bald muss ich wieder da raus, auch wenn ich mich am liebsten hier unten verstecken würde.

Wie konnte ich nur hier unten klatschnass und mitten in der Nacht enden? Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, dabei hat alles erst vor einer Woche angefangen. Mein Telefonat mit Tom ist der Auslöser gewesen, meine Reise zu Sam hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Ich bin mir sicher, dass wenn ich Sam meine Arbeit nicht gezeigt hätte, ich jetzt nicht hier und die anderen nicht irgendwo anders festsitzen würden. Und alles nur wegen meines angekratzten Egos. Wieso konnte ich mich nicht für Tom freuen? Warum hatte es mich so wütend gemacht, dass er befördert wurde? Weil das etwa hieße, dass unsere Hochzeit nicht planmäßig ablaufen würde? Gott, Liz, mach die Augen auf! Aus einer Mücke einen Elefanten zu machen war schon immer deine Spezialität gewesen, nicht wahr? Ich habe mich so lange dran aufgezogen, dass es der Apokalypse in meiner Welt gleich gekommen war. Und ich könnte mich dafür selbst in den Hintern treten. Denn mal ehrlich, es ist doch absolut egal wo ich heirate, ob es nun in Spanien, Italien oder von mir aus in der Antarktis ist. Was für einen Unterschied macht das schon? Meine Beweggründe erscheinen mir jetzt so erbärmlich und trivial. Wie konnte ich nur so ein Idiot sein? Wie konnte ich nur zu lassen, dass ich den Mann, den ich aus tiefsten Herzen liebe, von mir weise? Wegen einer Beförderung?

Ein stummes Lachen klettert meine Kehle hinauf. Ich bin umgeben von Toten und das nur weil mein Ego größer als meine Vernunft war. Ein Zittern durchfährt meinen Körper und ich kann noch nicht einmal sagen, ob das jetzt von meinem innerlichen Lachkrampf oder der eisigen Kälte herrührt, die mich umgibt. Und es ist mir auch egal. Meine einzigen Ansätze sind es meine Beine näher an meinen Körper zu ziehen und gerade als ich meine Stirn auf meine Knie legen will, sehe ich, wie das erste Licht durch die Höhle bricht.

Die Sonne geht auf und taucht diesen Ort in eine wundervolle Oase des Lichtes. In Regenbogenfarben leuchtet glitzernd das Wasser, das schwarze Nass vor mir verwandelt sich in ein klares, strahlendes türkis.

Und während die Strahlen sich langsam ihren Weg weiter nach vorne tasten, füllen sich meine Augen mit stillen Tränen und brechen in einem leisen Schluchzen aus. Vermischt mit dem Süßwasser laufen sie meine Wange hinunter, während ich noch immer vollkommen überwältigt von der Schönheit der Natur dasitze.


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Es müssen die Aufregung, der Stress oder vielleicht auch die Tränen gewesen sein – vermutlich alles zusammen – die mich schließlich ins Land der Träume haben abdriften lassen. Und dennoch ist es ein unruhiger Schlaf gewesen. Bilder und Geräusche geistern durch meine Träume. Der Schrei des Colonels, diese unheimlichen Schritte und das beklemmende Gefühl die Kontrolle zu verlieren. Ich bin um mein Leben gerannt. Davon gelaufen vor Lebewesen, die ich noch nicht einmal kenne.

Meine Fantasie ist äußerst ausgeprägt und ich glaube nicht an diesen Quatsch in die Zukunft sehen zu können, aber meine Gefühle und meine bisherigen Erfahrungen basteln mir ein Bild in meinen Kopf, welches mir nicht gefällt. Ein Bild voller Gewalt, Tod und Zerstörung. Meine Angst und Verzweiflung hier nicht mehr lebend herauszukommen trägt sicherlich ihren Teil dazu bei.

Gerade als ich sehe, wie ich vor meinem inneren Auge bewusstlos irgendwo hin geschleift werde, schrecke ich nach Luft schnappend auf. Hastig wische ich mir die Feuchtigkeit von der Stirn und drücke mich noch weiter gegen die Wand.

„Gott…“, stöhne ich auf, während meine sich Hände gegen mein Gesicht drücken. Ich werde hier noch verrückt. Mit beiden Händen fahre ich über meinen Kopf und streiche gleichzeitig meine Haare aus dem Gesicht. Ich bin dermaßen im Arsch.

Jetzt ne heiße Dusche und einen dampfenden Kaffee und ich wäre im Himmel. Doch während meine Augen stumm die glitzernde Reflektion an der Stalagmiten beobachten, wird mir klar, dass das noch warten muss. Ich sollte los. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich ungefähr drei Stunden verschlafen habe.

Ich glaube kaum, dass sich diese außerirdischen Möchtegerngötter in den Grotten hier unten auskennen. Was sie vermutlich nicht wissen, ist, dass die Grotten auch untereinander miteinander verbunden sind. Wenn ich Glück habe, kann ich in einer ganz anderen wieder herrausklettern. Vielleicht finde ich ja eine große Cenote und brauche einfach nur aus dem Wasser marschieren. Alles ist möglich im Land der Menschenopfer. Hier gibt es verschiedene Arten von Cenoten, einmal die die komplett im Untergrund liegen – so wie meine – dann noch diejenigen, die nur halb im Untergrund liegen und dann noch die anderen, die aussehen wie ein kleiner See oder Teich. Ja, wir hoffen auf letzteres.

Nachdem ich kurz meine Ausrüstung untersucht habe, mache ich mich daran den Untergrund zu erkunden. Einen Nachteil haben diese Cenoten allerdings schon. Sie sind wie Labyrinthe und hier kann man sich schneller verlaufen als in einem Irrgarten. Also, sollte ich mir wohl lieber eine Spur legen. Ich krame in meiner Hosentasche und finde ich mein Taschenmesser und mir tut es wirklich in der Seele weh diese antiken Grotten zu demolieren, aber mir bleibt keine andere Wahl.

Alle paar Meter ritze ich einen Pfeil in die Wand oder auf dem Boden. Wenn ich von hier aus einen Weg finde, besteht sogar die Möglichkeit einer Flucht.

Plätschernd und schnaufend hangle ich mich durch die Wirrungen. Konzentriert beiße ich meine Zähne zusammen, denn auch wenn ich mich hier nicht direkt im Salzwasser befinde, Süßwasser scheint auf meine Verletzungen auch nicht gut zu reden zu sein. Aber ich muss weiter, ich muss eine andere Cenote und dann einen Weg zum Palast finden.

Nach ungefähr einer halben Stunde gönne ich mir eine Pause und ziehe meinen kleinen Würfel zur Rate. Nachdem das Minihologramm vor mir aufleuchtet, erkenne ich zumindest, dass ich in die richtige Richtung gehe. Wenn ich jetzt nur noch wüsste, wo sich eine Cenote in der Nähe befindet – wenn es geht, nicht die, die direkt neben dem Palast steht, denn dann kann ich mir gleich einen Pfeil in Leuchtschrift aufkleben.

Dieses kleine Ding hier ist schon erstaunlich. Wie es wissen kann, was ich will ohne dass ich die Sprache spreche oder direkt verstehe? Mein kleiner Trumpf aus diesem ganzen Elend.

Dieser Marsch hier ist eine wirklich, wirklich feuchte Angelegenheit. Bis zu den Hüften stehe ich im Wasser und bemühe mich so schnell wie möglich voran zu kommen. Es kostet mich schon einiges an Überwindung die ein oder andere Errungenschaft, die sich hier unten versteckt, zu ignorieren. Gott, ich hoffe, wir kommen hier alle wieder lebend raus und ich kann hier bald arbeiten.

Langsam aber stetig schwindet unter mir der Boden und ich weiß, dass ich jetzt in einem Bereich bin, der nur so von Unterwasserhöhlen wimmelt. Tiere der verschiedensten Arten haben sich dort unten angesiedelt und ich bin mir sicher, dass, wenn man genau sucht den einen oder anderen kleinen Schatz finden kann. Jade, Gold oder andere wertvolle Funde. Hier unten gibt es alles. Ja, hoffentlich auch irgendeinen Weg nach draußen.

Während es um mich herum immer dunkler wird, die Sonnenstrahlen langsam versiegen, muss wohl meine Taschenlampe erhalten. Ein Schauer durchfährt mich und diesmal rührt er nicht von der Kälte oder dem Wasser her, es ist einfach nur das bedrohliche und zugleich fantastische Bild der Tropfsteine über mir, wie die wie Klauen oder Messer von der Decke hängen. Die Schatten, der von meinem Lichtkegel geworfen wird, lässt mich fast in dem Glauben, dass sie leben. Natürlich tun sie das, sie wachsen ständig, aber ich bilde mir bereits ein, dass sie sich sichtbar bewegen. Das pfeifende Geräusch des durchsausenden Windes macht die Sache nicht einfacher. Ich will hier wirklich raus. So schön und gut diese ganzen Cenoten auch sind, unheimlich bleiben sie mir trotzdem. Und wenn es nur der alleinige Gedanke an all die Toten ist, die sich unter meinen Füßen befinden. Das ist ja wohl Grund genug, um Alpträume zu bekommen. Deformierte Kinderschädel, die bereits im Säuglingsalter verformt wurden, damit sie dem Schönheitsideal entsprachen. Man hat den Kleinen Kopftragschlingen – in der Mayasprache als Tumpline bekannt – umgebunden, damit sich der noch relativ weiche Knochen dementsprechend anpasst. Ja, schon damals grassierte dieser Schönheitswahn, nur gab es da noch keine Narkose oder feine Messer. Grausam.

Ich muss wohl noch eine gute Stunde dort unten herumgeirrt sein, bevor ich vor mir ein Glitzern ausmachen konnte. Das beruhigende Geräusch von Wasserprasseln erfüllt die Höhle. Erst als ich mir auch ganz sicher bin, werden meine Schritte schneller und fordernder. Ich hab’s gefunden! Mit einem breiten Lächeln auf meinen Lippen, bleibe ich schließlich am Ausgang der Höhle stehen. Gott, endlich wieder draußen.

Vor mir plätschert ein kleiner Wasserfall in einen kleinen Teich. Ich war noch nie so erleichtert! Ohne nachzudenken, sprinte ich aus der Höhle in das Wasser vor mir hinein und bleibe unter dem Wasserfall stehen. Ich muss diesen ganzen Schmutz, den Gestank und einfach alles von mir waschen. Befreit breite ich meine Arme aus und lasse die Tropfen über mein Gesicht und Körper laufen. Meine Wunden und meine geschundene, von der Sonne verbrannten und von den Moskitos zerstochen Haut werden von all ihrem Ballast befreit. Sicher, meine Verletzungen schmerzen noch, aber das fließende, kalte Nass tut einfach gut. Symbolisch wurde ich gerade eben rein gewaschen.

Aber ich weiß auch, dass ich nicht allzu lange hier bleiben darf – aufgrund zahlreicher Umstände. Würmer oder andere Bewohner, die es lieben sich in offenen Wunden oder Öffnungen einzunisten. Mein nun abgewaschenes Blut zieht bestimmt in wenigen Minuten eine große Anzahl an fleischfressenden Kleinfischen (zum Beispiel Piranhas) an, aber auch einige Landbewohner mögen es nicht, wenn man in ihr Revier eindringt. Der Jaguar wäre da möglicherweise so eine Spezies. Sie sind die einzigen Katzen auf der Welt, die sich nie mehr als fünfhundert Meter von ihrer Wasserquelle entfernen. Vermutlich werde ich bereits beobachtet. Kein Grund ihnen auch noch die Gelegenheit dazu zu geben sich ihr Frühstück zu verdienen.

So sehr ich hier auch meine kleine Oase liebe, ich muss jetzt wirklich weiter. Tropfend, triefend und bis auf die Knochen durchnässt schleppe ich mich schließlich an Land. Ich hoffe nur, dass meine Gerätschaften so viel Wasser auch aushalten. Schnell überprüfe ich mein Arsenal. Alles scheint noch in seinem funktionierenden Zustand zu sein.

Im nahe liegenden Unterholz suche ich mir zuerst einen langen, stabilen Stock. Eines habe ich gelernt. Hier auf den Boden verstecken sich die gefährlichsten Zeitgenossen. Und bevor ich da rein trete, sollten sie lieber zuvor von dem Stock überrascht werden. Dann also weiter, laut meiner Informationen unserer außerirdischen Vorfahren, liegt der Palast in Richtung Westen. Zumindest kommt mir jetzt die Uhr mit dem eingebauten Kompass zu gute. Als ob Jack Hellseher ist.

Durch den großen Luxus hier quasi aufgewachsen zu sein, weiß ich, wie ich schnell und unbemerkt durch den Dschungel komme. Ich maße mir sogar an zu sagen, dass so mancher Soldat noch von mir lernen kann. Und so bleibe ich hinter einem großen Farn gehockt versteckt sitzen. Direkt vor mir steht er. Einer der schönsten Paläste, die je gebaut wurden. Ich weiß, ich bin schon einmal hier gewesen, aber ich komme aus dem Staunen einfach nicht mehr heraus. Schon alleine dieser Palast ist ein riesiger Komplex in sich. Einzelne Stelen ragen prachtvoll aus dem Dschungel heraus. Tempelanlangen – ein paar von ihnen sind verfallen, andere noch vollkommen intakt – zeichnen die linke Seite des Monstrums. Am imposanten Eingangsbereich führen die vertrauten hohen, aber schmalen Stufen in den ersten der elf Innenhöfe. Lediglich die Ausrüstung der Wissenschaftler hat bisher die Idylle zerstört.

Aber jetzt sind es nicht nur die Scheinwerfer, die das Bild trüben, sondern viel mehr die gepanzerten Wachen, die an nur jeden möglichen Eingang Stellung bezogen haben. Es wird kein Kinderspiel werden da hinein zu kommen.

Doch es ist noch etwas anderes, was absolut nicht ins Bild passt. Und erst jetzt wird mir das Ausmaß klar. Ich sehe zwar die Ausrüstung der Wissenschaftler, aber ich kann niemanden von ihnen ausmachen. Vielleicht wurden sie ja gefangen genommen? Die Antwort bekomme ich prompt, als mein Blick weiter wandert.

Oh mein Gott!

Eine zitternde Hand fährt zu meinem Mund, um einen Schrei zu ersticken. Neben den Leichen von ein paar Soldaten, liegen auch eine große Anzahl der Wissenschaftler. Ich kann von hier aus nicht ausmachen wie viele es sind, aber mein Gott… unschuldige Menschen! Das waren unschuldige Menschen! Sie hatten nichts mit all dem zu tun! Sie hatte noch nicht einmal eine Ahnung. Ihr verdammten Arschlöcher!

Verzweifelt fahren meine Hände über mein Gesicht zu meinen Haaren. Ich würde am liebsten ausbrechen, auf diese Schweine zulaufen und sie durchschütteln. Ich bin viel zu aufgewühlt als hier versteckt sitzen zu bleiben! Verdammt noch mal, aber das waren meine Freunde, meine Kollegen! Noch vor drei Wochen habe ich sie lebend gesehen und jetzt sollen sie tot sein? Ich kenne kein Lebewesen, welches so barbarisch ist. Als ob diese… diese Kerle kein Gewissen hätten.

Schluchzend wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht, ich darf mir jetzt keine Fehler erlauben und ich denke, dass ärgert mich am meisten! Ich kann absolut nichts dagegen tun. Wenn ich nicht noch das Leben der anderen Menschen in Gefahr bringen will, darf ich nichts tun und das kotzt mich gewaltig an!

Aber noch ist das Schreckenschauspiel nicht vorbei.

„Bradio!“, brüllt plötzlich jemand.

Mein Kopf schießt in die Richtung und ich kann sehen, wie ein ganzer Trupp von Jaffa auf den Palast zu kommen. Sie scheinen irgendetwas in ihrer Mitte zu haben, denn zwei von ihnen sind damit beschäftigt es zu tragen. Direkt vor dem Trupp versperren zwei weitere Jaffa ihnen den Weg. Die Worte, die gesprochen werden kann ich nicht ausmachen, aber als sich einer der Jaffa rührt, kann ich sehen, was sie in ihrer Mitte halten.

Oder sollte ich lieber sagen, wen?

Bewusstlos, mit dem Kopf auf der Brust hängend und die Beine schlaff am Boden liegend, wird Colonel Jack O’Neill von den Jaffa wie ein nasser Sack gehalten. Dieser Anblick ist absolut grauenhaft. Es schmerzt mir nicht nur in der Seele. So kraftlos und geschlagen. An seiner Schläfe klebt trockenes Blut und es sieht verdammt danach aus, als ob sie ihm so richtig zugesetzt hätten. Und wie ich den Colonel kenne, hatte er sicherlich nicht so schnell klein bei gegeben. Mein Blick wandert zu seiner Hose mit dem kaputten Bein und der Stoff ist blutgetränkt. Ich will mir gar nicht vorstellen, was sie ihm angetan haben. Ich will es wirklich nicht.

Zitternd schnappe ich nach Luft. Jetzt bin ich wirklich auf mich gestellt. Insgeheim hatte ich immer noch gehofft, dass es der Colonel irgendwie geschafft hatte, aber ihn jetzt so zu sehen, nimmt mir jegliche Hoffnung.

Leider komme ich nicht mehr dazu mich weiter in meine Hilflosigkeit und Ratlosigkeit hineinzureiten, als ich plötzlich ein Knacken hinter mir höre. Ein Knacken, das davon spricht, dass ein Ast zerbrochen wurde. Und gerade als ich zu einer meiner Waffen greife und herumwirble, sehe ich mich mit dem Waffenaufsatz einer offensichtlichen Stabwaffe konfrontiert.

Durch ein Zischen wird sie aktiviert.

Ich schlucke schwer.

Ich sitze in der Falle.


+++++


Mit einem plötzlichen Schrecken, schieße ich aus der duseligen Dunkelheit hinaus. Was für’n Alptraum. Ich habe mich konfrontiert gesehen mit einem Jaffa und seiner heiß geliebten Stabwaffe. Luft wird tief und lange in meine Lungen gepumpt. Ja, alles nur ein böser Traum. Ich habe zwar ein Blackout, was das Geschehen nach meiner Entdeckung des Palastes betrifft, aber alles nur ein Alptraum.

Nachdem sich der anfängliche Schock gelegt hat, registriere ich meine Umgebung. Der Boden ist hart und steinig. Es ist ein Kasten. Der einzige Ausgang wird von Stäben versperrt. Ich war hier schon einmal, aber ich meine mich zu erinnern, dass es die andere Seite war. An den Wänden sind Ausbuchtungen zu erkennen, wo einst einmal Gefangene gehalten wurden.

Heilige Scheiße! Ich sitze im Knast! In weniger als einer Sekunde bin ich aufgesprungen. Da dabei aber leider mein geschundener Körper nicht mitspielt, taumle ich zurück gegen die Wand und sacke zurück auf den Boden. Was ist denn hier nur los? Wie bin ich hier hingekommen? Was soll der Mist?

Doch bevor ich eine Antwort bekomme, kann ich in der Ecke des Raumes einen Schatten ausmachen. Noch jemand befindet sich in dieser erbärmlichen Lage einer Zelle. Ich kneife leicht meine Augen zusammen, denn das gebrochene Licht, welches hineinfällt, veranstaltet ein Spiel aus Schatten und Helligkeit, so dass ich kaum in der Lage bin, etwas auszumachen.

„Hallo?“, frage ich zaghaft.

Der Schatten bewegt sich. „Doktor Sullivan, du bist wach.“

Ich kenne diese Stimme. Das ist doch… Nein, das kann unmöglich sein. Die Stimme hört sich an, wie die von Teal’c, aber der ist doch irgendwo da draußen und macht den bösen Jungs die Hölle heiß. Nee, nie und nimmer.

„Teal’c, bist du das?“, will ich mich dennoch vergewissern.

„Ja.“

Der Schatten bewegt sich erneut und kommt aus dem Schatten hinaus in das Licht getreten. Es ist wirklich Teal’c!

„Aber bist du nicht…“, beginne ich verwirrt, doch dann dämmert es mir. „Oh.“

Also kein Traum. Dann war das alles wirklich? Ich wurde wirklich von einem Jaffa überrascht und überwältigt?

„Wo… wo sind die anderen?“

„Apophis Wachen haben Major Carter und Daniel Jackson kurz vor deiner Ankunft abgeholt.“

Mit weiteren Schritten näherte er sich meiner Richtung und unbewusst presse ich mich noch weiter gegen die Wand. Ich weiß, dass Teal’c mir nichts tun wird, aber er ist mal einer von denen gewesen.

Irgendwie scheint er meine Anspannung gespürt zu haben, denn er hält in seiner Bewegung inne. „Ist alles in Ordnung mir dir, Doktor Sullivan?“

„Ja, alles bestens“, lüge ich und mir wird erst jetzt bewusst, dass es das erste Mal ist, dass ich mit Teal’c ganz alleine bin. Und wenn ich ehrlich bin ist das schon etwas… komisch.

„Du bist schwer verletzt.“ Er deutet auf meinen Oberschenkel und bleibt schließlich neben mir stehen. Jeder einzelne Schritt wird von meinem Auge verfolgt, bis er sich schließlich neben mich setzt. „Ich habe die Wunde neu verbunden. Es war etwas kompliziert. Du warst ganz nass.“

Ich muss schon fast auflachen. Wie er das sagt. So dermaßen ernst und schon ein wenig naiv. „Danke. Ich, ah, ich musste eine unfreiwillige Schwimmstunde einlegen“, lächle ich ihn schief von der Seite an.

Meine Antwort ist lediglich eine hochgezogene Augenbraue. „Verstehe.“ Kurz schweift sein Blick hinauf zu dem kleinen Fenster. „Was ist passiert?“

Ich seufze schwer. Für ein paar Minuten begutachte ich ihn von der Seite und obwohl in meinem Bauch noch immer Zwiespalt herrscht, beginne ich ihm zu erzählen, was die letzten Stunden passiert ist. Er zählt immerhin zu Sams engsten Freunden. Angefangen von dem kleinen Überraschungsangriff, bis hin zu meiner Flucht in den Untergrund, wieder hinaus über die Transportringe und meine selbstmörderische Aktion ungesichert in eine Cenote zu springen, nur um dann, wo ich meinem Ziel einen gewaltigen Sprung näher gekommen bin, mich von irgendwelchen Jaffa überraschen zu lassen.

„Ja, und so bin ich hier gelandet.“ Ich seufze einmal schwer. „Und ich hatte echt tolle Waffen.“

„Du bist durch eine unterirdische Grotte hierhin gekommen?“

Ich nicke müde. „Ja, die gibt’s hier überall. Wieso?“

„Sie könnten uns bei unserer Flucht helfen.“

Ich kann nicht anders als ihn vollkommen entgeistert anzustarren. Ich will ja echt kein Spielverderber sein, aber wie hat er sich das denn vorgestellt? Mensch, wir sitzen hier in einer alten Zelle fest und draußen wimmelt es nur so von Jaffawachen. Wir kommen nie und nimmer lebend zu einer Grotte. Schließlich schüttle ich mit dem Kopf.

„Und wie wollen wir das anstellen?“

„Goa’uld haben einen Schwachpunkt und das ist ihr Hochmut.“

Und der kommt bekanntlich vor dem Fall, ja, ich weiß. „Schön und gut, aber was willst du tun? Sie totlabern?“ Und das ist schon ein wandelnder Widerspruch in sich. Teal’c ist dermaßen wortkarg, dass noch nicht einmal ein Faultier von seinem Ast fallen würde! Nee, ohne die Hilfe eines Wunders werden wir hier wohl nicht rauskommen. Als ich keine Antwort von ihm erhalte – was ich ehrlich gesagt auch gar nicht erwartet habe - ändere ich meine Position, um mein Bein noch weiter zu entlasten. „Okay, also, einmal angenommen, wir werden wahrhaftig von hier fliehen. Es dürfte keine Schwierigkeit sein aus dieser Zelle zu gelangen. Besonders sicher sind sie nicht gebaut. Also, wenn wir aus dieser Zelle kommen sollten, wie wollen wir dann überhaupt diesen Palast verlassen?“

„Wir kommen aus den Zellen nicht raus. Zumindest nicht durch die Tür.“

Was? „Kommen wir nicht?“

„Nein.“ Um nicht allzu viel Sauerstoff zu verbrauchen, reduziert Teal’c seine Erklärung auf eine kleine Demonstration. Ich beobachte ihn dabei, wie er aufsteht, nur um sich kurze Zeit später auf den Boden zu knien und etwas feine Körner aufzuheben. Vor dem einzigen Ausgang bleibt er stehen, während ich gespannt darauf warte, dass etwas passiert. Er wirft den Dreck einfach nach draußen. Aber zu meiner großen Überraschung fliegt der Dreck nicht hindurch, nein, ich sehe wie vor mir plötzlich eine Art grünliches Schutzschild sichtbar wird.

Es wäre auch zu schön gewesen. Wenn ich ehrlich bin, dann überrascht mich hier so gar nichts mehr. Und wenn da jetzt irgend so ein tanzendes Hologramm aufgetaucht wäre, ich würde mich nicht wundern. Aber das Beste ist ja wohl, da lässt er mich geschlagene fünf Minuten wie ein Wasserfall reden, obwohl er wusste, dass die Zelle von einem Schutzschild umgeben ist!

Von einer plötzlichen Hilf– und Ausweglosigkeit ergriffen, lasse ich meinen Kopf nach hinten gegen die kalte Mauer fallen. Wir sitzen im wahrsten Sinne des Wortes fest. In dem Moment des niedergeschlagenen Schweigens, schließe ich für einen kurzen Moment meine Augen, um meine Gedanken zu sammeln, während ich spüre, wie sich Teal’c wieder neben mich setzt. Aber diesmal macht es mir nichts aus. Die letzten Stunden waren dermaßen hektisch und von außergewöhnlichen Eindrücken bespickt, dass mein Verstand Schwierigkeiten hat all das richtig zu verarbeiten. Ich hätte mir nie träumen lassen mal irgendwann in einer Zelle zu sitzen und eine Gefangene von außerirdischen Larven zu sein. Das ist doch absolut absurd… und doch Realität. Einfach geradezu unfassbar in was für einer gefährlichen Welt wir doch leben und die Menschheit hat nicht die geringste Ahnung. Natürlich hätte ich die Wahrheit wissen wollen, aber jetzt wo ich sie kenne, frage ich mich, ob es das wert gewesen ist. Die Menschen leben ihr Leben mit den kleinen und größeren Sorgen. Aber was würden sie tun, wenn sie von dieser Gefahr wüssten? Ein Mensch reicht, um eine Massenhysterie auszulösen. Die Welt würde in einem absoluten Chaos versinken. Vielleicht ist es richtig von der Regierung den Menschen das zu ersparen, aber wann ist man jemals für solch eine Neuigkeit bereit?

Mit einem innerlichen Kopfschütteln, öffne ich meine Augen und rolle meinen Kopf, der noch immer an der Wand gelehnt ist, in Teal’cs Richtung. In einem Schneidersitz und geschlossenen Augen sitzt er gegen die Wand gelehnt. Macht er gerade Yoga? So als ob er meinen Blick bemerkt hat, öffnet sich ein Auge. Schon fast gleichzeitig wende ich abrupt meinen Blick ab. Du sollst nicht immer andere Menschen anstarren, Liz.

„Kann ich dir helfen, Doktor Sullivan?“

Jetzt hat er mich. Und da ich kein Feigling bin, frage ich ihn ganz frei heraus: „Was machst du da? Yoga?“

„Kelnoreem.“

„Kel…noreem? Natürlich“, lächle ich ihn an, als ob ich genau wüsste, wovon er spricht. „Was ist Kelnoreem?“

„Es ist ein sehr meditativer Zustand, der es mir erlaubt mit meinem Symbionten zu kommunizieren. Er sorgt dafür, dass meine Wunden heilen.“

„Ah…“ Schließlich öffnete er seine Augen und lässt von seinem Yoga ab. „Entschuldige, ich wollte dich wirklich nicht stören.“

„Ich konnte mich bereits ausruhen als du noch geschlafen hast.“

„Also, was sind die Goa’uld für Kerle?“

„Es sind falsche Götter.“ Ja, so viel habe ich auch schon mitbekommen. Vielleicht etwas präziser? „Sie haben die Menschen von Tau’ri entführt und auf anderen Planeten zu ihre Sklaven gemacht.“

„Tau’ri?“

„Erde.“

„Und ihr versucht diesen Menschen das Gegenteil zu beweisen?“

„Wenn wir dazu in der Lage sind, ja.“

„Und du warst…?“

„Der erste Primus von Apophis.“

„Unser Apophis?“

„Ja.“ Mensch, das ist doch mal ein Ding.

„Was ist passiert?“

„Colonel O’Neill, Major Carter und Daniel Jackson waren Gefangene von Apophis. Meine Aufgabe war es sie alle zu töten. Aber Colonel O’Neill stellte mich vor eine Wahl. Es war das erste Mal, dass ich eine Chance hatte zu entkommen. Und O’Neill hatte mir dabei geholfen.“

„Dann ist Apophis jetzt bestimmt richtig sauer, was?“

„In der Tat. Ich bin der Shol’va.“

Selbst ich brauche dafür keine Übersetzung. Mit einem Seufzen, schiele ich in seine Richtung, während ich zum wiederholten Male an meiner nassen Kleidung zupfe. Ich hasse es, wenn sie wie ein nasser Sack an mir klebt. „Und was machen wir jetzt?“

„Wir warten.“

„Was… was passiert mit Sam und Daniel?“

Teal’c schweigt einen Augenblick. Ich weiß noch nicht wie ich das Schweigen deuten soll. Will er es mir nicht sagen oder kann er es nicht? „Apophis wird versuchen das von ihnen zu bekommen, was er möchte“, durchbricht er schließlich tonlos die Stille. Obwohl sich die Worte aus seinem Mund nur wie Fakten anhören, ist die Bedeutung dahinter alles andere als angenehm.

„Und wenn sie es ihm nicht sagen?“

„Er wird seine Informationen bekommen.“

Ich nicke verstehend. „Und was ist, wenn er seine Informationen bekommen hat?“

Darauf antwortet mir Teal’c nicht, aber ich kenne auch so die Antwort auf diese Frage. Eine Antwort, die nur einmal mehr unsere missliche Lage schildert. Erst der Colonel und jetzt auch noch Sam und Daniel. Nach und nach werden wir in der Vegetation verschwinden und bis man uns findet, sind wir nur noch aufgeweichte Knochen.

„Du solltest dich noch etwas ausruhen“, durchdringt Teal’cs ruhige Stimme meine düsteren Nebelschwaden. Etwas ungeschickt rücke ich näher an ihn heran uns sehe fragend zu ihm auf. Als er seinen Kopf nicht schüttelt, nehme ich es mal als eine Zustimmung auf. Mit einem Seufzen kommt schließlich mein Kopf an seiner Schulter zum Ruhen. Das komische Gefühl am Anfang ist jetzt etwas anderem gewichen. Einem Gefühl, das von Schutz spricht. Ja, Teal’c strahlt einen gewissen Schutz und Sicherheit aus.

„Hast du sie jemals gesehen, Teal’c?“, frage ich mit geschlossenen Augen.

„Wen?“

„Die Erde. Hast du sie jemals aus dem Weltall gesehen?“

„Ja.“

„Ist sie schön?“

„Ja.“

Mit diesem friedlichen Bild in meinem Kopf erlaube ich es meinen Verstand in das Land der Träume abzudriften. Aus irgendeinem Grund weiß ich, dass ich meine Kräfte für später noch brauchen werde.


+++++


Durch das plötzliche Fehlen meiner Kopfstütze, werde ich ungewollt aus meinem Dämmerzustand gerissen. Bevor ich überhaupt etwas realisieren kann, lande ich bereits zum tausendsten Male innerhalb der letzten Tage auf dem Boden.

Während ich benommen mit dem Kopf schüttle und versuche mich aufzustützen, höre ich Schritte, die sich von mir entfernen. Es dauert noch ein paar Sekunden, bis ich erkenne, dass Teal’c auf die Zellentür zugeht.

„Was… was ist los?“, murmle ich und muss ein Stöhnen unterdrücken, als ich mich aufrichte. Scheiße Mann, ich mache drei Kreuze, wenn ich erst einmal wieder zu Hause bin. Da kriegen mich für mindestens zwei Wochen keine zehn wilde Pferde aus dem Bett. Mir kommt es so vor, als ob ich gerade eben das Vergnügen gehabt habe zwanzig Tequillas auf einmal getrunken zu haben. Gott, ich bin so matsche.

„Sshh…“

Okay, okay… ich kann zwar nichts hören, aber Teal’c scheint ein ausgesprochenes gutes Gehör zu haben. Denn ich höre nichts weiter als das laute Rauschen meines Blutes in meinen Ohren. „Sie kommen.“

Die Frage „Wer?“ liegt bereits auf meiner Zunge, aber dann sind selbst für mich diese lauten, hallenden, stampfenden Schritte nicht mehr zu überhören. Durch einen leichten Schleier der Benommenheit, wanke ich in Teal’cs Richtung und bleibe neben ihm stehen. Mein hämmernder Herzschlag passt synchron auf die sich nähernden Schritte. Wie Urwaldtrommeln, die eine große, blutige Zeremonie der Maya ankündigen. Ein dicker Klos bildet sich in meinem Hals und bei Gott ich kann nichts anderes tun, als wie gebannt geradeaus zu starren.

Die Zeit gerinnt wie in Zeitlupe. Aus Sekunden werden Minuten, aus Minuten Stunden, bis sie schließlich um die Ecke schreiten. Sechs kräftige, grimmige, eiskalte Jaffa mit scheppernden Rüstungen und ihren Stabwaffen stehen plötzlich vor uns. Die sehen genauso störrisch aus wie Teal’c. Genauso viel Gesichtsakrobratik. Doch ist das zu meiner großen Bestürzung erst der Anfang. Hinter den ersten beiden Kraftprotzen hängen Sam und Daniel wie zwei nasse Säcke zwischen jeweils zwei Wachen. Ihre Köpfe hängen kraftlos auf ihrer Brust und wippen rhythmisch zu jeder noch so kleinen Bewegung der Wachen. Zum Glück kann ich auf den ersten Blick keine besonders schlimmen Blessuren ausmachen, aber wenn ich eines gelernt habe, dann, dass das so gar nichts zu bedeuten hat. Daniels Shirt ist an der Seite zerrissen und obwohl es schwarz ist, vermute ich, dass am Rand getrocknetes Blut klebt.

Mistkerle!

Wenn ich das mal so sagen darf, wir stecken alle bis zum Hals in der Scheiße. Vier von fünf befinden sich stark lädiert in einer Gefängniszelle und der andere liegt hier irgendwo in einem komatösen Zustand herum. Wenn nicht bald ein Wunder passiert, hadere ich mit meinem Schicksal.

Mein Herz rast, während ich das Gefühl habe innerlich zu brodeln. Die Anspannung ist schon menschenunwürdig. Wenn nicht gleich irgendwas passiert, raste ich aus. Und dann ist es soweit. Einer der Jaffa lässt den Schutzschild herunterfahren, wenngleich die vier hinteren Wachen die bewusstlosen Körper meiner Freunde unsanft nach vorne schupsen.

Teal’c und ich, wir könnten diesen Bruchteil einer Sekunde sicherlich nutzen, doch ich bin nicht auf den Kopf gefallen. Mit großen Glück könnten wir – oder besser Teal’c - die paar Wachen ausschalten, aber was dann? Sam und Daniel sind für die nächsten paar Stunden zu nichts mehr zu gebrauchen und da draußen wartet eine ganze Horde auf uns. Nein, wir wären Fischfutter, bevor wir überhaupt die Schwelle übertreten könnten.

Deshalb konzentriere ich mich viel mehr darauf die beiden heile hier rein zu bekommen. So wie die bereits durch die Gänge hier hereingeschleift wurden, glaube ich nicht, dass Sam und Daniel den Luxus genießen können sanft auf dem Boden gelegt zu werden.

Nur wenige Sekunden später wird meine Vermutung bereits bestätigt. Ohne mit der Wimper zu zucken, schleifen die Wachen die beiden in unsere Zelle und lassen sie einfach fallen.

Wenn Teal’c und ich nicht gleich zur Stelle gewesen wären, wären die beiden ungehindert auf den Boden gefallen. Sam hängt schief in meinem Armen, während ich auf die Knie gesunken bin, da ich einfach keine Kraft habe sie und mich aufrecht zu halten. Mein Blick ist starr auf die Monster vor mir gerichtet, aber ich weiß, dass Teal’c sich Daniel angenommen hat.

„Mistkerle“, murmle ich, als das Schild vor uns wieder nach oben zischt und die Wachen stampfend verschwinden. „Wie kann man nur…?“ Fassungslos schüttle ich nur mit dem Kopf, während mein Blick auf Sam fällt. Vorsichtig wische ich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Sie sieht so erschöpft aus. Ein kalter Schweißfilm bedeckt ihre Stirn und ich wünschte ich könnte mehr tun als sie in meinen Armen zu halten.

Mit all der Wut, Angst und der anbahnenden Hoffnungslosigkeit, schaue ich mit heißen Tränen zu Teal’c auf. „Warum? Warum tun sie so etwas?“

Ob Teal’c keine Antwort weiß oder sie mir einfach nicht geben will, weiß ich nicht, aber ich kann dieselbe Qual in seinen Augen sehen. Und vielleicht noch mehr.

„Major Carter und Daniel Jackson müssen sich jetzt ausruhen“, antwortet er mir stattdessen. Ich nicke tapfer und wische mir rasch die Tränen aus den Augen. „Wir sollten sie dort drüben hinlegen.“

Mühsam kämpfe ich mich wieder auf die Beine ohne Sam dabei fallen zu lassen. Behutsam trage und ziehe ich sie irgendwie zu der Stelle in der Ecke und lege sie sanft auf den Boden. Der erbärmliche Versuch es ihnen etwas gemütlicher zu machen, besteht darin, dass wir ihnen unsere Jacken als Kissen unter die Köpfe schieben.

„Was wurde ihnen angetan?“ fragt meine monotone Stimme.

„Sie wurden gefoltert.“

„Apophis hat seine Informationen offensichtlich nicht erhalten.“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Kurz blicke ich zu ihm auf. „Sonst wären sie doch nicht mehr hier, oder?“

„Vermutlich.“

Ein schweres Seufzen rollt aus meiner Kehle. „Der Kerl sollte lieber dafür beten, dass wir hier nicht mehr lebend rauskommen, sonst..“

Ich lasse die Drohung offen im Raum stehen. Jeder kann sich von mir aus seinen Teil denken. Aber ich weiß nur eines, diese Larve wird bluten.


+++++


Vier Stunden des qualvollen Wartens und des Bangen, dass es den beiden bald wieder besser geht, sind bereits verstrichen. Während Teal’c und ich versuchen es Sam und Daniel so einfach wie möglich zu machen, umgibt uns das konstante Geräusch von Schmerzensschreien.

Jack? Oder vielleicht überlebende Wissenschaftler?

So morbide und krank es vielleicht klingen mag, aber ich höre lieber diese Laute als grausame Stille. So weiß ich zumindest, dass wer auch immer das arme Schwein ist, er ist noch am leben.

Gerade als ich meine Position gewechselt habe, um Daniel den Schweiß von der Stirn zu tupfen, pickst mich etwas in meinem Schuh gegen die Sehne.

„AU!“, schreie ich kreischend auf und stolpere nach hinten.

„Was ist passiert?“, höre ich bereits Teal’cs besorgte Stimme. Seine Augen tasten mich ab, als ob ich gerade irgendeine Transformation durchgemacht hätte.

„Verfluchter Mist“, murmle ich, als ich meinen Schuh ausziehe und erst einmal ausklopfe. Und dann purzelt der Übeltäter heraus. Freudig auflachend greife ich nach dem Gegenstand, aber Teal’c versperrt mir mit einem gezielten Griff den Weg. „Hey! Was soll denn das?“

„Wir wissen nicht, was es ist.“ Er begutachtet es genauer. „Es sieht nicht nach Goa’uld aus.“

„Natürlich ist es das nicht“, seufze ich mit einem Augenrollen und schubse seine Hand zur Seite. Während ich den kleinen Würfel vorsichtig auf meine Handfläche lege, sehe ich mit einem Lächeln zu ihm auf. „Das ist von den Antikern. Ich habe es in einer dieser Arsenalkammern gefunden. Ich hatte es zur Sicherheit immer in meinem Schuh versteckt.“

Die gewohnte Augenbraue setzt sich wieder in Bewegung. „Ist es eine Waffe?“

Ich schüttle nur mit dem Kopf. „Nein, das nicht, aber schau her.“ Ich schließe kurz meine Augen, um mich zu konzentrieren und aus dem kleinen schwarzen Würfel schießt ein Strahl empor und breitet sich vor unseren Augen aus. „Die mobile Miniausgabe der Konsole an der Pyramide.“

Skeptisch schweift sein Blick zwischen mir und diesem Ding hin und her. Und gerade als er zum Sprechen ansetzt, hören wir ein Stöhnen hinter uns. Die Konzentration ist hin und das Hologramm auch. Aber was soll’s?

Schnell krabble ich zurück und während ich noch einmal meine Hand auf Daniels Stirn lege, öffnet dieser blinzelnd seine Augen. Durch eine ziemlich zerbrochene Brille sieht er mich an. Ich frage mich ernsthaft, warum er keine Kontaktlinsen nimmt. Er muss Zuhause schon einen ganzen Stapel von zerbrochenen Brillen haben. Aber nichts von meinen unwichtigen Gedanken dringt nach außen, ich strahle ihn einfach nur an.

„Oooooh…“, brummt er. „Bin ich tot?“, murmelt er noch ziemlich benommen, als seine Hand über sein Gesicht fährt, um seine Brille zu richten.

„Nein“, antworte ich mit einem Schmunzeln. Aber er wünscht es sich vermutlich.

Mühsam stemmte sich Daniel auf die Ellbogen und kratzte seinen Hinterkopf. „Mir brummt der Schädel.“

„Was ist passiert?“, frage ich. Auch wenn ich von Teal’c bereits die ausführliche Version gehört habe (so ausführlich, wie es bei Teal’c möglich ist), weiß Daniel, dass ich Apophis meine.

„Wie vermutet wollte er Informationen und hat sich offensichtlich einen Spaß daraus gemacht uns zuzusetzen.“ Er seufzt leise und lässt seinen Blick durch den kargen Raum gleiten. „Wo genau sind wir eigentlich?“

„Im Knast.“

Große Augen sehen mich durch die zersprungenen Gläser an. „Im Knast?“

„Im hinteren Teil des Palastes.“

Er nickt ein paar Mal und runzelt dann mit der Stirn. „Liz, was machen Sie hier?“

„Na ja“, beginne ich und schiele zu Teal’c hinüber. „Wir hatten da ein paar Probleme.“

„Okay…“ murmelt er nachdenklich. „Und wo ist Jack?“

„Jack…“, setze ich an, werde aber Gott sei Dank von Teal’c unterbrochen.

„Colonel O’Neill ist Gefangener von Apophis. Wir haben ihn bisher noch nicht gesehen.“

„Okay, nur damit ich das richtig verstehe. Wir sind jetzt alle hier drin und keiner ist mehr draußen?“

Nickend sehe ich ihn bedauernd an.

„Okay, zumindest haben wir jetzt einen Weg rein gefunden.“ Er sieht sich erneut um. „Und wie kommen wir hier jetzt wieder raus?“

Er nimmt seine Brille ab und inspiziert sie mit einem Seufzen. „Super, und mein Ersatz befindet sich in meinem Rucksack.“

Keine zehn Minuten später, fährt Sam plötzlich wie von der Hummel gestochen aus ihrer Bewusstlosigkeit. Schockiert und nach Luft schnappend starrt sie uns an. Genauso perplex schauen wir zurück. Was war denn das? Geduldig beantworten wir ihre Fragen nach dem Was, Wo und Wann.

„Er hat umgestellt“, erzählt Sam. „Er benutzt nicht mehr einfach dieses Handgerät, nein, er hat jetzt ebenfalls diese Erinnnerungsgeräte, die auch Martouf bei mir eingesetzt hatte.“ Sie blickt in unsere Augen. „Nach Netu hat er offensichtlich aufgerüstet.“ Ein erschüttertes Seufzen rollt aus ihrer Kehle. „Ich habe nichts gesagt und versucht an nichts zu denken, aber ich weiß nicht genau, was er mitbekommen hat. Ich stand unter dem Einfluss einer Droge.“

Daniel nickt zustimmend. „Ja, bei mir war es nicht anders.“ Bestimmt sieht er uns an. „Jack muss ihm gar nichts erzählen. Wenn seine Gedanken ihn verraten, bekommt Apophis was er will.“

„Colonel O’Neill ist darauf trainiert gegen Drogen und andere Bewusstseinsverändernde Substanzen zu widerstehen“, wirft Sam in ihrem Major – Tonfall und in den Versuch sich selbst Hoffnung zuzusprechen, dazwischen.

„Auch in seinem Zustand?“, murmle ich mir sarkastisch in den Bart, aber offenbar laut genug, damit auch Sam davon Wind bekommt.

„Wie bitte?“ Ihr Kopf fliegt in meine Richtung.

Ich bedenke sie mit einem Blick, der so viel sagt wie: „Jetzt setze doch bitte dein hübsches Gehirn ein“. In den ganzen letzten Minuten und auch Stunden habe ich nichts anderes als irgendwelche Schreie und Erzählungen von Foltern gehört und so langsam liegen meine Nerven auf Grundeis. „Komm schon, Sam“, beginne ich mit einem leichten ironischen Unterton. „Wenn alles so glatt nach Plan gelaufen wäre, warum bin ich dann hier bei euch?“

Ziemlich verdattert schaut nicht nur sie mich an. Daniel und Teal’c gesellen sich noch dazu. Ja, ihr könnt gut reden. „Liz?“

Bringen wir es doch einfach mal auf den Punkt. „Dieser ganze Plan war für’n Arsch! Wir haben doch von Anfang an keine Chance gehabt! Das war total hirnrissig von uns überhaupt in Erwägung zu ziehen, dass wir das schaffen! Ich bitte dich, Sam. Du hast doch nicht allen Ernstes geglaubt, dass du mal eben so einen Computer der Antiker umprogrammieren kannst und wir uns dann eines dieser hübschen Schiffchen schnappen, um Apophis auszuschalten und dann so mir nichts dir nichts durch das Stargate verschwinden können!“ Ich kann nur mit dem Kopf schütteln, während ich mich mit meinen Händen von dem Boden aufstütze und hinüber zu dem einzigen, verriegelten Ausgang gehe. „Wir kommen hier nie raus – jedenfalls nicht lebend!“ Zur Demonstration werfe ich einen Haufen kleiner Steine gegen den aufschimmernden Schild. „Seht ihr? Wir sind schneller Fischfutter als wir Amen sagen können.“

„Liz, beruhige dich“, versucht Sam mit Engelszungen auf mich einzureden.

„Ich bitte dich, Sam. Bin ich denn hier die einzige, die es zu verstehen scheint? Das war’s, finito, Schluss, aus! Für euch mag das vielleicht Alltag zu sein; in irgend so einer Zelle zu hocken und gefoltert zu werden, aber wisst ihr was, für mich ist das eine Premiere und ich bin nicht gerade begeistert!“ Meine Stimme ist immer lauter geworden, bis ich sie schließlich schwer atmend mit heißen Tränen, die über meine Wangen rennen, anstarre. „Seht es doch einfach ein, wir kommen hier nicht mehr lebend raus.“ Ich schlinge schluchzend meine Arme um meinen Körper und wende ihnen den Rücken zu. „Und was Jack angeht, allzu große Hoffnungen würde ich mir nicht mehr machen.“ Die letzten Worte waren nur ein Flüstern; ob sie gehört wurden weiß ich nicht.

Ein betroffenes Schweigen legt sich über uns, als ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter spüre. Ich brauche mich nicht umzudrehen, um zu wissen, wer da hinter mir steht.

„Lass mich bitte allein, Daniel.“ Zumindest zeigt mir diese Geste, dass er nicht mehr allzu wütend auf mich sein kann. Ein, wenn auch nur äußerst geringer Trost.

Nur kurz drückt die Hand tröstend meine Schulter, bevor sie sich zurückzieht. Erschöpft und wie ein nasser Sack Kartoffeln rutsche ich in der hintersten Ecke an der Wand hinunter. Ich stehe *so* kurz vor einem Nervenzusammenbruch und dieses ganze Gutgerede kann ich mir jetzt echt nicht mehr anhören. Wie können sie da nur sitzen und über etwas diskutieren, was doch eh vollkommen aussichtslos erscheint? Wir werden in dieser dreckigen, kleinen Zelle elend verrecken.

Mit einem leisen Schluchzen vergrabe ich meinen Kopf zwischen meinen Armen, die um die Knie geschlungen sind. Es scheint so, als sei jegliche Entschlossenheit aus meinen Knochen geschwunden. Ich bin nur noch ein kraftloses Bündel, welches nicht mehr geradeaus denken kann. Reduziert auf ein weinendes Etwas. Und ich dachte immer, mich könnte nichts mehr schocken. Aber extreme Situationen erwarten extreme Verhaltensmuster.

Seufzend schließe ich meine Augen und lausche ungewollt der Diskussion meiner Freunde.


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Drei Stunden später und noch immer kein Zeichen von Jack. Langsam werden auch die anderen unruhig. Ich beobachte sie aus meiner Ecke heraus. Sam und Daniel ruhen sich noch etwas aus, während Teal’c in der Ecke schräg gegenüber von mir sitzt und ein wachsames Auge auf seine Freunde hält. Die Mutmaßungen haben sich gelegt, als auch schließlich Sam so gar nichts mehr eingefallen ist. Ihre Theorie den Schild zu deaktivieren ist mit Pauken und Trompeten ins Wasser gefallen, als sie gemerkt hat, dass sie noch nicht einmal etwas bei sich hatte, was langsamer als eine Kugel sei… oder wie auch immer. Ich habe es nicht so wirklich verstanden. Und da wir ja unserer Waffen beraubt wurden, war selbst diese Idee hinfällig.

Ein wenig gelangweilt und demotiviert beginnen meine Finger damit die Struktur im Boden nachzuzeichnen. Geradeaus, links und wieder ein Stück geradeaus. Da leider mein Arm viel zu kurz ist, muss ich immer nach kurzer Strecke inne halten, aber nur aus Neugier verfolgt mein Blick die Linie weiter. Interessanterweise stoppt sie bei einer etwas größeren Felsplatte im Boden. Merkwürdig. Eine symmetrische Linie wird von einer Platte unterbrochen. Das ist nicht der gewöhnliche Stil der Maya.

Mit Ach und Krach rutsche ich zur Seite und knie mich hin. Mit der flachen Hand wische ich den Dreck weg und siehe da. Ungefähr zwei Meter von der Kante der Wand entfernt trifft die Symmetrie auf eine Unstimmigkeit. Okay… Mein Blick gleitet zu den anderen Wänden und auch, wenn dort der Boden noch Dreck bedeckt ist, weiß ich, was ich dort finden werde. Ohne auf irgendeine Aufforderung zu warten, beginne ich zunächst mit meinen Händen den Staub und Dreck zu entfernen, aber als mir das mit der Zeit zu anstrengend wird, stehe ich auf und lasse meine Füße die Arbeit erledigen.

„Was ist los, Liz?“ höre ich plötzlich Daniels neugierige Stimme. Leicht benommen schiebt er seine Brille auf die Nase und sieht mich schief an.

„Ich glaube, ich habe hier etwas gefunden“, antworte ich ihm, ohne meine Arbeit zu unterbrechen. Nach und nach lege ich unter einer enormen Staubwolke den Boden frei. Hustend verscheuchen Daniel und ich die ganzen nervigen Partikel.

„Leute, was macht ihr denn da?“ keuchend sehe ich, wie Sam zu uns stößt.

„Liz scheint hier was gefunden zu haben.“

Schornsteinfeger ähnlich blicken wir nach zehn Minuten des schweißtreibenden Schuftens auf unsere Arbeit. Und meine Vermutung hat sich bewahrheitet. Auch von den anderen vier Wänden führen Linien bis zu dieser einen Felsplatte in der Mitte.

„Und was genau sehen wir uns hier jetzt an?“, fragt Sam schließlich.

Ich schreite langsam um die Platte herum und studiere jede Ecke, jede Kante. „Das hier ist ungewöhnlich.“

„Inwiefern?“

„Das ist nicht der Stil der Maya – jedenfalls nicht der, den man kennt.“

„Und?“

„Schau dir den Boden an; die Struktur. Lediglich diese eine Platte zerstört das Bild.“ Ich schüttle leicht mit dem Kopf, während ich erneut auf die Knie falle und jetzt die Platte einer genaueren Inspektion unterziehe. Das merkwürdige Ziehen in meinem Oberschenkel ignoriere ich dabei gekonnt.

„Ein versteckter Durchgang“, überlegt Daniel laut.

„Vielleicht…“, murmle ich konzentriert, als ich endlich das gefunden habe, wonach ich gesucht habe. „Ha!“ Aufgeregt klatsche ich in die Hände und springe auf, auch wenn ich im gleichen Moment von meinem Körper dafür bestraft werde. „Ich hab’s“, rufe ich laut aus, während ich einfach die Schmerzwellen, die durch meine Knochen jagen ignoriere. „Seht euch das an!“ Ich deute auf eine Unregelmäßigkeit in der Platte. Dort befinden sich zwei ungefähr im Durchmesser sieben Zentimeter großen Löcher. Strahlend blicke ich zu den anderen auf. Ich merke sprichwörtlich, wie mich neue Hoffnung durchflutet. Die Wut ist wie verflogen! Wir haben wieder eine Perspektive. Wenn sich darunter wirklich ein geheimer Durchgang befindet, dann haben wir doch noch eine Chance von hier zu fliehen.

Verdattert und ein wenig überwältigt von dem plötzlichen Wandel, sieht Sam mit einem Stirnrunzeln von der Platte zu mir auf. Ich nicke ihr zu. Jetzt müssen wir nur noch Jack finden.


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Am Kinn und Hinterkopf kratzend stehen wir vier nach einer geschlagenen halben Stunde noch immer vor der verschlossenen Bodenplatte. Meine anfängliche Euphorie hat sich mittlerweile wieder gelegt. In dieser verdammten Bruchbude gibt es nichts, womit wir die Platte anheben könnten.

„So kommen wir nicht weiter. Dadurch, dass wir die Platte anstarren, hebt sie sich auch nicht aus dem Boden.“

„Und was sollen wir jetzt tun?“, frage ich ergeben und werfe genervt meine Arme in die Luft.

„Wir sollten ruhig bleiben“, kommt von Teal’c die glorreiche Antwort. Tief ein und ausatmen. Ein, aus… „Doktor Sullivan, du hast doch noch diesen… Würfel.“

Hä? Trotz meiner Unwissenheit, was er eigentlich sagen will, krame ich den kleinen Würfel aus meinem Schuh heraus und halte ihm das Ding entgegen. Ich weiß zwar nicht, was er damit will, aber bitte.

„Was ist das?“, fragt Sam und nimmt es mir ab, um es genauer unter die Lupe zu nehmen. Sie dreht und wendet es in ihrer Hand, aber nichts passiert. Fragend sieht sie zu mir auf. „Was ist das und wo hast du es her?“

„Miniausgabe des Hologramms, Arsenalkammer. In dieser Reihenfolge.“

„Es funktioniert nicht.“

„Oh doch.“ Ich nehme es ihr wieder aus der Hand und demonstriere ihr das Können dieses kleinen Gerätes.

Mit großen Augen starrt sie mich an. „Du kannst… ich dachte nur Colonel O’Neill…“, verstummt sie plötzlich, während sich die Gedanken in ihrem Kopf überschlagen. „Das heißt, dass Colonel O’Neill die Technologie der Antiker nicht deshalb benutzen kann, weil er einmal das Wissen der Antiker besessen hat, sondern dass hier ein ganz anderer Faktor eine Rolle spielt. Wenn selbst Liz in der Lage ist es zu bedienen, wir aber nicht…“ Sie beißt sich auf die Lippe.

„Janet wird begeistert sein das herauszufinden, aber erst einmal müssen wir einen Plan haben hier heraus zu kommen, damit sie dieses Ding überhaupt in die Finger bekommt“, kommentiert Daniel.

Schnell schüttelt Sam den Kopf, so als ob sie sich von all diesen Gedanken befreien will und nickt dann eifrig. „Richtig.“

„Mit Hilfe von diesem Gerät könnten wir O’Neill finden“, kürzt Teal’c Sams Planung etwas ab.

„Wir müssen einen Weg finden, Colonel O’Neill zu finden und gleichzeitig sehen, dass wir so schnell wie möglich fliehen können“, überlegt Sam für uns alle zusammen. „Wenn wir es schaffen…“ Sie verengt kurz ihre Augen und tippt mit ihrem Zeigefinger gegen ihre Lippe. „Ich habe da vielleicht eine Idee.“


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„Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum ich immer Köder spielen muss“, flüstere ich flehend zu Daniel, der über mir gebeugt steht.

„Das wird schon.“

Tätschelt mir einmal die Schulter und wendet sich damit von mir ab und rennt zum Tor, während ich in meinen Pseudoqualen gerade tausend Tode sterbe.

„Hey! Wir brauchen Hilfe! Hey! Hallo! Kann mich jemand hören?!“ schreit Daniel den ganzen Palast zusammen. Also, wenn den niemand gehört hat… Um seinen Aufstand noch ein wenig zu vertiefen, schreckt er auch nicht davor zurück kleinere Steine gegen den Schild zu werfen, so dass dieses permanent aufleuchtet und ein zischendes Geräusch von sich gibt. „Na kommt schon!“

Zum Glück brauchen wir keine fünf Minuten warten, bis man auch schon die scheppernden Schritte vernehmen kann. Okay, Liz, jetzt zeig was du kannst.

„Hey, Jungs“, begrüßt Daniel die beiden Jaffa. „Wir haben da ein Problem“, und deutet auf mich, während ich mich stöhnend winde und wende. „Apophis wird es sicher nicht gefallen, wenn einer seiner Gefangenen stirbt, die noch wichtige Informationen hat.“

Aus meinen halb geschlossenen Augen, kann ich sehen, wie die Jaffa kurz einen Blick austauschen und einer dann den Schild deaktiviert. Daniel atmet einmal tief durch und tritt ein paar Schritte zurück. Der Schild fährt herunter, die Türen öffnen sich und die beiden Jaffa treten ein. Ich - ein jammerndes Häufchen Elend – gebe mein bestes auch wirklich authentisch herüber zu kommen.

Ein Schritt, der zweite Schritt und dann bleiben sie stehen. Denn auch jetzt scheinen sie die kleine Veränderung mitbekommen zu haben – Sam und Teal’c fehlen. Doch bevor die armen Kerle überhaupt auch nur einen Gedanken fassen können, springen plötzlich zwei Gestalten von verschiedenen Seiten auf die Jaffa. Ein Kick in den Bauch, ein Ellbogen gleich hinterher, einmal die Beine wegziehen und ein gezielter Hieb in den Nacken und die Lichter sind ausgegangen.

Anmutig und einmal tief durchatmend fährt Sam mit ihrer Hand durch die kurzen Haare. Daniel hilft mir währenddessen schnell auf. Er und Teal’c schnappen sich die beiden Jaffa und schleifen sie in die Ecke auf einen Haufen, während Sam und ich uns der Zats bedienen. Die werden wohl so schnell nicht mehr aufwachen. Daniel und Teal’c behalten die Stabwaffen bei sich.

„Okay, ihr wisst was zu tun ist“, sagt Sam konzentriert. „Liz, du kommst mit mir.“ Nickend schaue ich noch einmal über meine Schulter und sehe bereits, wie sich Daniel und Teal’c daran machen die Platte mit Hilfe der Hebelkraft der Stabwaffen aus dem Boden zu befördern. Ich hoffe nur, sie versuchen das Ding nicht in ihrer Verzweiflung zu zerschießen. Dann könnten wir den anderen Jaffa gleich einen blinkenden Leuchtpfeil aufbauen.

Unsere Aufgabe ist es jetzt Jack zu finden.

Meine schweißnasse Hand umklammert den Miniwürfel, als wir hinaus in den Gang treten. „Gut, dann sag uns, wo es langgeht“, höre ich von Sam.

Nickend öffne ich meine Hand und fange an mich zu konzentrieren. Mit jedem Mal wird es einfacher. Das gewohnte Zischen und das Hologramm baut sich vor uns auf. Der blaue Punkt – ergo Jack – sticht wie ein entzündeter Daumen heraus. Und endlich mal eine gute Nachricht: Er ist hier irgendwo in der Nähe.

Ich schiele kurz hinüber zu Sam; sie sieht angespannt aus. Vollkommen in ihrer Konzentration versunken. Sie hat wirklich meine volle Bewunderung, wie sie all das hier meistert. Ich bin ein hysterisches Wrack und sie behält noch immer den Durchblick und einen kühlen Kopf. Ein merkwürdiges Gefühl der Erleichterung macht sich in mir breit. Ich weiß nicht wieso, aber mit ihr an meiner Seite, denke ich, werden wir es schaffen. Wir können alles schaffen. Ich weiß, Übermut kommt vor dem Fall, aber hey, Leute, ich hab’s jetzt im Blut, das wird was.

Wir sind keine drei Meter weit gekommen, als wir die ersten Schritte hören. Zum Glück gibt es hier im Palast viele Nischen und Säulen hinter denen man sich verstecken kann und das ist auch genau das, was wir in der nächsten Sekunde tun. Gerade noch rechtzeitig, bevor ein ganzer Trupp von Jaffa am Quergang vorbeimarschiert.

Sam wartet und wartet bis sie mir irgendwelche wirschen Handzeichen gibt, die ich beim besten Willen nicht entziffern kann. Mit einem Schulterzucken und einem Kopfschütteln sehe ich sie nur hilflos an und sie legt ihre Finger auf die Lippen und deutet mir dann mit der anderen Hand an, dass sie hinter die nächste Säule rennen wird.

Okay, gemacht getan, sie rennt los und lässt mich zurück. Nach einigem Lauschen und Schauen folge ich ihr. Dieses Spielchen wiederholen wir ein paar Mal, bis wir an die nächste Kreuzung kommen. Den Würfel habe ich zu unser aller Sicherheit wieder eingesteckt, aber Sam scheint das Gehirn eines Mannes zu haben. Sie kann offensichtlich Karten lesen und sich das ganze noch merken. Mich haben sie hier bereits verloren.

Säule links, Säule rechts, bis wir vor einer Gabelung kommen, wo sich in einer V-förmigen Abzweigung zwei weitere Gänge teilen. Das einzige wirkliche Manko an dieser Sache ist, dass wir dort keine Verstecksmöglichkeiten haben. Diese Gänge sind zugemauert. Wenn wir jetzt unsere Deckung aufgeben, sind wir verwundbar.

Sam hält inne und schiebt ihren Kopf um die Ecke. Die Luft scheint rein zu sein. „Okay, Liz, wie stehen unsere Chancen, dass wir in einen der Gängen einen Unterschlupf finden?“

„Nicht besonders gut“, flüstere ich zurück. „Wir befinden uns hier in einem Trakt, wo man die Gefangenen entlang geführt hatte. Man wollte ihnen verständlicherweise so wenig Spielraum wie möglich geben.“

Sie nickte nachdenklich. „Okay, wir müssen schnell sein.“ Sie blickte sich einmal um. „Ich gebe dir Rückendeckung. Und egal was passiert, lauf weiter.“

„Aber…“

„Los!“

Geradezu perplex und vor den Kopf geschlagen, renne ich aus meinem Versteck, quer über die Gabelung und verschwinde im rechten Gang. Und ich laufe und laufe. Lauschend hoffe ich bald Sams Schritte hinter mir zu hören, aber alles was ich vernehme ist eine plötzliche Unruhe und – Oh mein Gott – Schüsse!

Und egal was passiert, lauf weiter.

Unsicher blicke ich über meine Schulter. Helle Blitze schießen in der Ferne vorbei. Nein! Keuchend bleibe ich stehen. Sam ist da draußen und… und ich kann das nicht alleine. Wie soll ich denn dieses verdammte Schild deaktivieren oder irgendwas anderes öffnen, hinter dem der Colonel gefangen gehalten wird? Sie ist doch hier unser Genie. Taumelnd stolpere ich weiter nach hinten in den Gang. Wenn jetzt jemand von der anderen Seite kommt, dann sitze ich in der Falle. Meine Hände stützen mich an der Wand ab, bis ich eine Biegung erreicht habe. Und ja, ich renne weiter. Ich habe schon einmal einen Befehl missachtet und alles ist schief gelaufen. Ich hoffe nur, du weißt, was du tust, Sam.

Mein Herz hämmert in meiner Brust, alles schreit in mir auf, aber das Adrenalin lässt mich laufen. Immer nur geradeaus. Einfach nur weiter. Und wenn ich aus diesem endlosen Gang endlich hinauskomme, dann nur noch links und ich sollte eigentlich da sein, aber als ich das Ende erreiche, bleibt mir mein Herz fast im Halse stecken.

Die kalten und verstaubten Kalksteine sind einem merkwürdigen Metall gewichen. Schriftzeichen zieren die Seiten und schimmern golden im Licht von aufgestellten Fackeln. Auch der Boden unter mir hat seine Konsistenz verändert. Er scheint aus demselben Material zu bestehen, wie die Wand. Wie ist das nur möglich? Meine ersten Schritte sind zaghaft und vorsichtig. Bedacht berühren meine Fingerspitzen nur leicht die Wand. Kalt. Und obwohl ich mir den Luxus mir Zeit zu lassen nicht leisen kann, halte ich dennoch inne, um all das in mir aufzunehmen. Auf der rechten Seite vor mir, führt ein breiter Gang in eine ganz andere Richtung, während sich weiter vorne eine weitere Biegung befindet. Und genau da muss ich jetzt hin. Nervös zuckt meine Zungenspitze über meine ausgetrockneten Lippen. Der Griff um meine Zat festigt sich nur noch mehr. Behutsam setze ich einen Schritt vor den anderen und stoppe immer wieder, um zu lauschen. Bis auf den Kampf kann ich nichts hören. Tief durchatmend lehne ich mich gegen die Wand und schiele einmal um die Ecke. Die Luft scheint rein zu sein, doch bevor ich einen Schritt um die Ecke setzen kann, höre ich ein unverkennbares Scheppern. Doch diesmal ist es nicht langsam oder gleichmäßig, diesmal sind es schnelle und eilende Schritte. Mist! Die haben mitbekommen, dass hier etwas nicht stimmt.

Wie ein gehetztes Tier auf der Treibjagd, schaue ich mich nach allen Seiten um. Ich kann nicht zurück, aber ich kann auch nicht weitergehen. Panisch eile ich die entgegen gesetzten Richtung, nur um festzustellen, dass ich mich hier in einer Sackgasse befinde!

Verfluchte Scheiße!

Getrieben von der Angst taste ich die Wand nach irgendeinem geheimen Schloss ab. Daniel hat mir erzählt, dass die Goa’uld so etwas haben. Komm schon… wo bist du?

Verzweifelt haue ich auf die Wand ein, während mein Blick immer wieder über meine Schulter wandert. Sie sind schon so nahe. Jede Sekunde können sie um die Ecke kommen. Jede Sekunde.

Mein Hals ist wie zugeschnürt. Ich bin tot! Hier komme ich doch niemals lebend wieder raus. Blind funktioniere ich nur noch auf Autopilot. Der Kampf des Überlebens. Wenn es soweit ist, merkt man erst, wie sehr man an seinem Leben hängt. Ich will hier nicht sterben! Es muss hier doch irgendwo einen Ausweg geben.

Oh Gott, sie sind so nahe. Ich presse meine Stirn kurz gegen das kalte Metall. Jetzt ist es bereits zu spät noch zurück zu rennen. Plötzlich kann ich jede noch so kleine Faser, jede Eingravierung unter meinen Händen und Füßen so deutlich spüren, als sei es das Letzte, was mir noch von meinem Leben bleibt. Meine Gedanken schweifen zurück zu all den schönen und schrecklichen Momenten meines Lebens; meine Eltern, mein erster Freund, der Tod meines Vaters und… Tom.

Oh Gott Tom!

Und zum ersten Mal in meinem Leben beginne ich zu beten. Ich bin nicht religiös, aber irgendwo dort oben muss es doch eine höhere Macht geben. Ändern kann ich an dieser Situation nichts mehr, ich hoffe nur, dass die Menschen, die ich hier zurücklassen werde, die Kraft finden es zu verstehen und die wahren Umstände vielleicht auch eines Tages erfahren werden. Eine Träne fließt über meine Wange, als ich an all die schönen Dinge mit Tom denke. Wie er mir Segeln beigebracht hat, unser erster Kuss, unser erstes richtiges Date, die gemeinsamen Stunden, die wir zusammen gekocht haben… Kleinigkeiten, die das Leben bedeutsam machen.

„Ich liebe dich“, flüstere ich leise, „Für immer.“

Sämtliche Angst und Anspannung scheint plötzlich von mir zu fallen und eine Gleichgültigkeit macht sich in mir breit, die ich noch nie in meinem Leben zuvor vernommen habe. Ich werde sterben, aber ich habe keine Angst davor.

Und so warte ich in der Dunkelheit auf mein Schicksal, warte auf den brennenden Schmerz, der mein Leben beenden wird.


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Der brennende Schmerz ist nie durch mich hindurch gefahren. Stattdessen ist alles ziemlich schnell und unverhofft verlaufen. Während ich mich bereits mit meinen Ende abgefunden hatte, waren meine Hände anderer Meinung gewesen und hatten unweigerlich weitergesucht, bis ich endlich das fand, wonach ich die ganze Zeit verzweifelt gesucht hatte. Ein kleines, unscheinbares Symbol ließ sich drehen und ich war im wahrsten Sinne des Wortes durch eine sich öffnende Tür gefallen.

Schwer ein und ausatmend sehe ich dabei zu, wie sich die Türen wieder schließen und die hallenden Schritte an mir vorbeirauschen. Verdammt, das war knapp.

Nachdem sich mein Herz wieder beruhigt hat, sehe ich mich erst einmal um. Ein Raum mit bloß einem Ein und Ausgang. Ist ja hier nichts neues, aber was meine Stimmung dann doch überaus anhebt, ist die Tatsache, dass dieser Raum mit zahlreichen Kisten und Boxen gefüllt ist. Ein Lagerraum, ich befinde mich in einem gottverdammten Lagerraum! Ich hoffe jetzt nur, dass sich hier drinnen nicht irgendwelche Lebensmittel befinden.

Neugierig lausche ich einen Moment und starre auf die goldene Wand vor mir. Nichts passiert, keine Schritte sind zu hören. Okay, dann wollen wir mal sehen, was sich hier so befindet und wie wir hier wieder rauskommen. Die Boxen stehen im ganzen Raum verteilt. Sei es an den Wänden, übereinander gestapelt oder direkt vor meiner Nase. Eines muss man sagen, Apophis scheint nicht mit leichtem Gepäck zu reisen.

Ich stelle mich vor den ersten Kasten. Ein paar Fehlversuche später, schaffe ich es schließlich das Schmuckstück vor mir zu öffnen und mein lieber Scholli, ich habe noch nie so viele Stabwaffen auf einmal gesehen. Nach und nach gehe ich per Zufall ausgewählt weitere Boxen durch. Noch mehr Stabwaffen, Zats und einige andere Geräte mit denen ich absolut nichts anfangen kann. Ich habe zwar bereits ne Zat, aber zwei schaden mit Sicherheit nicht.

Versuchshalber schnappe ich mir einen dieser Stabwaffen und versuche damit so herum zu wirbeln, wie es die Jaffa machen, aber meine Versuche scheitern kläglich. Diese Dinger sind mir einfach viel zu unhandlich. Behutsam lege ich die Waffe wieder zur Seite, als mein Blick auf eine kleinere Box fällt. Sie unterscheidet sich nicht großartig von den anderen, außer in ihrer Größe und genau das macht mich neugierig.

Ein paar gezielte Griffe und das Ding ist offen. Und mich soll der Teufel holen! Waffen, gar keine Frage, aber bestimmt keine Waffen, die die Goa’uld jemals benutzen würden. Nein, diese Waffen gehören uns! Aufgeregt durchwühle ich den Inhalt. Mps, Handfeuerwaffen, C-4, Granaten und Taschenlampen. Alles da, bis auf meine ausgeliehenen Antiker – Waffen. Aber das muss reichen.

Ich stopfe alle Taschen, die sich noch an meinem Körper befinden mit Granaten und C-4 voll. Wie ich Sam kenne, wird noch irgendwo irgendwas in die Luft gesprengt. Nur die wirklich großen, schweren Waffen lasse ich da, obwohl, eine MP schadet sicher nicht. Eine Pistole verschwindet hinten in meinem Hosenbund und ein Messer schnalle ich mir um mein Bein. Bevor ich es vergesse, die Taschenlampe muss auch noch mit.

Schnell schließe ich alle Kisten wieder. Muss ja nicht unbedingt jeder wissen, dass ich hier war und gehe zurück zur Tür. Auch hier muss sich irgendwo ein Symbol befinden… Es ist das einfache Symbol einer geschwungenen Schlange, welches mir schließlich den freundlichen Dienst leistet die Tür zu öffnen.

Ich presse mich gegen die Wand, die beiden Zats im Anschlag und überlege, was ich als nächstes tun soll. Ich kann unmöglich Jack alleine befreien. Auch wenn es meinen Stolz kränkt, aber ich werde vor verschlossenen Türen stehen. Nein, dazu brauche ich ganz eindeutig Sam. Und die hat mir den Befehl gegeben nicht wieder zurück zu kommen. Na ja, wenn man es genau nimmt hat sie es so präzise nie formuliert und ich bin auch *nur* Zivilist und so gibt es für mich keinen Grund diesen Befehl auch auszuführen. Mal abgesehen, dass ich damit die Teamdynamik außer Konzept bringe, aber das hier ist auch keine normale Situation.

Die Entscheidung ist getroffen.

Sam, ich komme!

Zuerst zischen die beiden Zats um die Ecke und dann mein Körper hinterher. Im Moment laufen hier keine Jaffa herum, aber das kann sich ja jede Sekunde ändern. Und wenn Sam mir eine Standpredigt hält, die sich gewaschen hat, ich lasse sie da nicht alleine untergehen!

Blind vor Angst, angetrieben von einem enormen Adrenalinschub, laufe ich wie Lara Croft durch finstere Gänge, um den bösen Gegnern den Garaus zu bescheren.

Keine zwei Minuten später bin ich wieder an meinem Ausgangspunkt. Noch halte ich mich im Schatten versteckt, denn auch wenn ich nicht professionell ausgebildet bin, weiß ich durchaus, dass der nächste Schritt durchaus überlegt sein muss. Mein Blick schweift zu den anrückenden Jaffa. Gerade um die Ecke kommt ein neuer Trupp. Zwei gegen tausend. Das geht niemals gut. Und Sam mitten drin. Sie rollt und springt und schießt. Alles gleichzeitig. Doch jetzt scheint sie in der Falle zu sitzen. Von zwei Seiten wird sie gleichzeitig angegriffen, da nützt auch keine Nahkampftechnik mehr.

Einmal tief durchatmend trete ich hinaus auf das Schlachtfeld. Ein gezielter Schuss und Sams hinterlistiger Angreifer geht zu Boden.

Wie nicht anders zu erwarten, ist es genau das, was ich lieber nicht getan hätte. Denn diese plötzliche Einmischung hat Sam vollkommen aus dem Konzept gebracht. Erstaunt starrt sie in meine Richtung und übersieht dabei den sich nähernden Jaffa von links, der bereits zum Schuss ansetzt.

„SAM!“ kann ich nur noch schreien.

Instinktiv dreht sie sich zu mir herum, doch da ist es bereits zu spät. Mit Glück im Unglück geht sie zu Boden. Es ist nur ein Streifschuss in der Schulter und wo jeder schreiend alles um sich herum vergessen hätte, versucht Sam selbst noch am Boden den ein oder anderen Jaffa umzulegen. Und das wirklich Erstaunliche ist, dass sie es sogar schafft.

Wenn das so weitergeht, können wir die Radieschen bald von unten zählen. Es ist unmöglich, dass wir zwei gegen diese nicht enden wollenden Gegner ankämpfen können. Hektisch suche ich an meinen Taschen herum, bis ich finde, was ich suche. Eine Granate. Waghalsig renne ich schießend zu Sam und beuge mich schützend über sie. „Kann uns das helfen?“

Verdattert sieht sie mich an. „Woher?“ Doch kaum ausgesprochen, schießt sie schon den nächsten Jaffa zu Boden. „Gib her.“

Sie zündet das Ei und wirft es mit vollem Schwung in die Hauptmenge der Krieger. Hastig helfe ich ihr auf und schleife und zerre sie in den Durchgang aus dem ich gekommen bin. Keine zwei Sekunden später schießen riesige Brocken an uns vorbei und nur das plötzliche Aufflammen sagt uns, was da vor sich geht. Seufzend lehnt sich meine beste Freundin gegen die Wand und schaut hinunter auf ihren Arm. „Mist“, zischt sie. „Das hat mir gerade noch gefehlt.“

„Bist du sonst noch irgendwo verletzt?“

Sie schüttelt mit dem Kopf. „Nein. Nein, ich denke nicht.“ Und dann sieht sie mich an. „Habe ich dir nicht gesagt, dass du weiterlaufen solltest?“

„Bin ich. Aber ich hatte selbst ein paar Probleme und ich dachte, ich sollte wohl besser zurückkommen.“

„Wir sollten weiter. Es wird nicht lange dauern, bis wir wieder Besuch bekommen.“

„Warte. Vorher verbinde ich das noch.“

Mein Blick schweift über sie hinweg und bleibt kurzzeitig an ihrer verbundenen Hand hängen. Der Verband ist blutgetränkt. Dann ziehe ich das Messer aus der Schnalle und opfere ein Stück von meiner Hose. Wenn das so weiter geht, habe ich bald nichts mehr an. „Woher hast du die ganzen Sachen?“

„Ich zeig’s dir.“


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Sam – jetzt ebenfalls eine wandelnde Granate – führt den Weg zu unserem Ziel. Mutig ignoriert sie ihren Arm, aber ich kann anhand ihrer Körpersprache sagen, dass es sie schwer belastet. Ich kann mir diesen Schmerz nur ausmalen.

Ich seufze einmal, als wir uns weiter voran schleichen. Es gibt eine Sache, die mich gewaltig an diesem Plan stört. Bevor wir überhaupt von ihr verschwinden, will Sam noch dafür sorgen, dass Apophis genau dies untersagt ist.

„Er hat genau zwei Optionen“, erklingt ihre Stimme in meinem Kopf, als sie von ihrer Idee erzählt. „Entweder das Stargate oder sein Schiff. Wir müssen dafür sorgen, dass beide außer Gefecht sind.“

Als ich sie nach dem Wie gefragt hatte, hatte sie mich mit einem prüfenden Blick angesehen. „Du und der Colonel, ihr seid doch in diesem Kontrollraum gelandet, nicht wahr?“ Vorsichtig nickte ich. „Von dort kann man mit Sicherheit das Stargate steuern. Wenn wir es schaffen, es soweit außer Gefecht zu setzen, dass es für Apophis unnutzbar ist, aber dennoch intakt, kann er nicht durch das Sternentor flüchten.“

Ich schluckte schwer. Bei Gott, aber bitte lasst mich nicht noch einmal an diesen Ort zurück. „Muss das wirklich sein, Sam?“

„Wir haben keine andere Wahl. Außerdem hast du gesagt, dass sich direkt darüber das Sternentor befindet.“

„Bitte, Sam.“

Sie musste das Flehen und die Qual in meinen Augen gesehen haben, denn sie legte eine Hand auf meinen Arm. „Glaub mir, wenn es einen anderen Weg gibt, ich würde ihn wählen. Aber wir dürfen nicht zulassen, dass Apophis entkommt. Er ist eine zu große Gefahr.“

„Ich könnte gehen“, mischte sich Daniel ein und ein dankbares, wenn nicht schon hoffnungsvolles Lächeln hatte sich auf meine Lippen gezaubert. Das war mein Ticket nach draußen. Doch zu unser aller Überraschung schüttelte Sam mit dem Kopf.

„Ich werde es vermutlich nicht rechtzeitig schaffen das Stargate wieder umzuprogrammieren. Außerdem dürfte es zu gut bewacht sein. Wir müssen nur zusehen, dass es nichts abbekommt. Wir werden von hier aus flüchten. Wenn wir es schaffen vielleicht noch in den Maschinenraum des Schiffes zu gelangen, könnte ich die Aggregate austauschen. Wir kommen mit Colonel O’Neill hier hin zurück und flüchten durch diesen Gang.“

Sie deutete auf den Boden und die große Steinplatte. „Daniel, Sie müssen Teal’c helfen diese Platte irgendwie anzuheben. Liz kann mir bei der Übersetzung helfen.“

„Na ja“, warf ich ein und hob einen Finger. „Ich bin bei weitem nicht so gut wie Daniel.“

„Das wird reichen.“ Sie schwieg einen Moment. „Außerdem scheinst du die einzige zu sein, die ebenfalls diese Geräte bedienen kann.“


Und damit war mein Schicksal besiegelt gewesen. Doch leider wurde soeben unsere Zeitplanung etwas über den Haufen geworfen. Ich weiß nicht, wie Sam all das schaffen will. Immerhin haben die Jaffa schon Wind davon bekommen, dass wir uns hier draußen aufhalten.

„Solange sie versuchen uns zu fangen, verschwinden sie schon nicht“, flüstert Sam auf meinen unausgesprochenen Gedanken hin. Egal, ob sie uns suchen oder nicht, ich würde mir jetzt am liebsten einfach nur den Colonel schnappen und von hier verschwinden.

„Okay, hier sind die Ringe“, verkündet Sam mir und lugt einmal um die Ecke. Na, das ist doch mal nett. Gleich vier Gänge, die von den Ringen abgehen. Während Sam links herum geht, begebe ich mich in die andere Richtung und halte Augen und Ohren auf. Ohne große Umschweife läuft mein Genie zu der Steuerung. „Stell dich in die Mitte.“

Mit meiner Waffe im Anschlag und immer ein gezieltes Auge auf meine beiden Gänge, mache ich genau das, was mir gesagt wird. Keine fünf Sekunden später stellt sich Sam mit den Rücken an meinen gelehnt neben mich, bevor uns ein gleißendes Licht umgibt.

Und da bin ich wieder. Hier unten im Loch. Während Sam aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommt, läuft es mir eiskalt den Rücken herunter. Vor meinem geistigen Auge kann ich ganz genau sehen, wie der Colonel und ich an den Konsolen stehen und hinterher um unser Leben rennen müssen. Lasst es nur so schnell wie möglich hinter uns bringen.

Ich folge Sam zum Zentrum, wo sich die gigantische Steuerkonsole befindet. „Gott“, haucht sie ehrfürchtig. „Stell dir nur all die Informationen vor.“

Ein stummes Nicken ist meine Antwort. Auch wenn die Wissenschaftlerin in mir genauso denkt, überragen doch die schlechten Erinnerungen und die Angst. Dieser Ort jagt mir einen eiskalten Schauer den Rücken herunter. Ja, ich würde mein rechtes Bein dafür ausreißen, um all dies hier zu studieren, aber nicht unbedingt zu diesem Preis.

Als ich meine Hand auf die Fläche der Konsole lege, erwacht diese zum Leben. Geschwind suche ich mich durch die Daten. Diesmal dauert es nur wenige Minute, bis ich gefunden habe, was Sam sich wünscht. Das Stargate.

„Okay, gib mir fünf Minuten.“

Optimist.

Nach nur einigen Sekunden, höre ich bereits das erste Fluchen. „Verdammt. So kommen wir nicht weiter. Ich muss die Energiequelle finden, die das Stargate steuert.“

„Uhm… wie soll die aussehen?“

„Das weiß ich, wenn ich es gefunden habe.“

„Oh.“

Nichtsdestotrotz versuche ich ihr mit meinem dünn gesäten Antikerwissen zu helfen. „Also, ich weiß wirklich nicht, was genau du suchst, aber…“

„Warte mal kurz! Geh noch einmal zurück.“

Ich gebe den letzten Befehl ein und zum Vorschein kommt eine Karte vom Umriss des Geländes. Es ist gigantisch, aber was meine Freundin viel mehr interessiert sind die fünf aufflackernden Energieströme. „Diese fünf Energiequellen scheinen die Versorgung zu sein. Wenn ich jetzt noch herausfinde, wie genau sie gesteuert sind und wie ich das Stargate abkapseln kann, brauche ich nicht den ganzen Laden dicht zu machen“, lächelt sie mich schief an.

Wäre auch ne super Idee, wirklich. Laufen eigentlich die Transportringe auch darüber?

Sam klimpert weiterhin auf den Tasten herum und kaut dabei konzentriert auf ihrer Unterlippe. Wir sind schon viel zu lange hier. „Okay, okay… ich glaub, ich hab’s. Wenn ich diese Energiesequenz abkapseln und umleiten kann, könnte es klappen.“

„Ah.“

„Aber dazu muss ich mir die Energiequelle ansehen. Von hier aus geht das nicht.“

„Wie bitte?“ Ich starre sie vollkommen entgeistert an.

„Keine Angst.“

Habe ich nicht. Echt nicht. Wieso auch? Wir sitzen hier nur auf einem Pulverfass! Und da rennt sie bereits los. „Hey, wo willst du denn hin?“ Oh nicht schon wieder. Muss sie eigentlich immer weglaufen? Erst irgendwelche halben Sätze anfangen und sich dann aus dem Staub machen! Das haben wir mal wieder gerne. „Hey, jetzt warte doch mal!“

Sie rennt schnurstracks zu einer entlegenen Wand. Es ist die Wand, die ich schon bei meiner ersten Ankunft hier unten entdeckt hatte. Hinter der es weitergeht. Als ich leicht außer Atem zu ihr stoße, teilt sich diese in zwei Hälften. „Nicht schlecht“, murmle ich und setze einen Schritt in das Innere. Der Raum ist kleiner als sein Vorraum, aber dafür nicht weniger interessant. In der Mitte steht eine Art Podest, wo sich eine Maschine drauf befindet. Dahinter gibt es eine Schaltfläche, die all das zu steuern scheint. Ein merkwürdiges Summen erfüllt die Luft um uns herum, so als ob ein ganzer Schwarm Bienen über uns Kreisen würde. Unweigerlich fährt mein Blick nach oben und mich trifft der Schlag! Dort oben geht es weiter!

Abwesend zupfe ich an Sams Arm und als ihr Blick meinem folgt, bleibt selbst ihr die Spucke weg. „Wow…“

Mehrere Etagen erstrecken sich über uns, mit Geländern, die alles absichern. Die einzelnen Ebenen sind durch Treppen miteinander verbunden, aber das wirklich, wirklich faszinierende ist die weißbläuliche ovale Kugel, die über uns an der Decke hängt. Sie scheint in einem Gerüst befestigt zu sein. Das Licht pulsiert hypnotisierend über unseren Köpfen und wir sehen uns schräg von der Seite an.

Dennoch haben wir eine Mission zu erfüllen. Sam reißt ihren Blick von dem Ding und zieht mich mit in Richtung Steuerkonsole. Ich aktiviere das Ding und sie taucht in ihre Wissenschaft ab. „Ich hoffe, das funktioniert auch“, murmelt sie. Kaum hat sie die Worte ausgesprochen, fährt eine der Energiequellen aus dem Gerät vor uns. Es sieht merkwürdig aus. Wie ein gehauener Stein aus Kristall, nur, dass sein Licht erlischt. In einem dunklen gelblichen Ton liegt es jetzt einfach so vor uns.

„Uhm…“, kommt es von Sam.

„Wir sollten es vielleicht hier nicht so einfach herumliegen lassen.“

Aber Sam ist mit ihren Gedanken bereits ganz woanders. „Überleg dir mal wie viel Energie so ein Ding spenden kann. Dieser Ort ist gigantisch und lediglich fünf dieser Energiequellen werden benötigt. Wenn wir diese Energie bündeln könnten…“ Sie schaut zu mir herüber, schluckt und nickt dann. „Ja, wir sollten vielleicht gehen.“
Ich renne noch schnell in die Mitte, schnappe mir das Ding und stelle es auf den Boden unterhalb der Konsole. „Ich muss unbedingt noch mal zurückkommen.“

„Ja, aber können wir jetzt gehen?“, dränge ich und schubse sie quasi nach draußen. Nehmt es mir nicht übel, aber noch einen Vulkanausbruch will ich hier unten bestimmt nicht verbringen. Mit einem letzten sehnsüchtigen Blick aktiviert sie die Transportringe und wir befinden uns wieder ein paar Stockwerke über der Erde. Aber nicht gerade in ungefährlicher Lage. Gezielt dreht sich Sam nach allen Seiten, bis sie mir schließlich erneut ein Zeichen gibt.

Es ist schon fast unheimlich wie leicht wir hier durchkommen. Kommt ein gerade zu beabsichtigt vor. „Sam“, zische ich, aber sie wedelt nur mit der Hand herum, dass ich ruhig sein soll. „Sam“, wiederhole ich mit etwas mehr Nachdruck.

Schließlich bleibt sie stehen und wirbelt zu mir herum. Sie braucht nichts zu sagen, ich kann alles in ihren furiosen Augen sehen. „Hier ist etwas faul.“

„Liz, komm schon. Wir haben dafür keine Zeit.“

„Trotzdem stimmt hier was nicht.“

Schweigend setzt sie ihren Weg fort. Und da sollte man meinen, dass jemand, der bei der Air Force ist, darauf eingeht.

Nach einigen Minuten haben wir die letzte Biegung erreicht, die uns zum Maschinenraum führt. Wieder einmal ist es Sam, die um die Ecke schielt. „Okay, ich gebe zu, das ist ungewöhnlich. Hier befinden sich eindeutig zu wenige Wachen.“ Was sie nicht sagt. Ich bedenke sie nur mit einem „Ich hab’s ja gesagt“ – Blick, doch Sam ist bereits dabei einen weiteren Plan auszutüfteln. „Wir sollten besser die Tür meiden. Es gibt hier bestimmt noch einen anderen Weg.“

Ich hoffe nur, sie kommt hier nicht auf krumme Gedanken. Doch dafür ist es bereits zu spät, als ich ihren hübschen, blauen Augen folge. Oh bitte nicht! „Das ist nicht dein Ernst.“

„Komm schon.“ Sie stellt sich mit dem Rücken zur Wand, verhakt ihre Hände und geht leicht in die Kniebeuge, um mir auch eine perfekte Räuberleiter zu gewährleisten. Einfach super. Ich kann nicht glauben, dass ich das hier mache. Mit Schwung steige ich mit meinem rechten Fuß auf ihre Handflächen und drücke mich nach oben, nur um dort angekommen etwas ungeschickt das Gitter lösen. Ich werde hier noch zum Einbrecher. Ein paar wirklich wacklige und Nervenzerrende Sekunden später, habe ich es geschafft das Ding mit Hilfe meines Messers irgendwie abzumontieren. Fragt mich nicht wie, aber es ist ab. Erleichtert kehre ich wieder auf den Boden zurück, während Sam ganz unauffällig das Gitter hinter einer der zahlreichen Einbuchtungen verschwinden lässt. „Du gehst vor.“

Wer auch sonst?

Mit einer reichlichen Portion Kraft, um Sams angeschossenen Arm nicht allzu sehr zu belasten, ziehe ich mich nach oben in den schmalen, rechteckigen Spalt. Sofort drehe ich mich herum und lasse meinen Oberkörper so weit wie möglich heraushängen, um auch Sam hier herein zu ziehen. Hätte ich gewusst, wie verdammt das schmerzen wird, ich hätte es gelassen. Als ich Sam dann mit einigen Schwierigkeiten und ein paar Hämatomen mehr ebenfalls oben neben mir sitzen habe, müssen wir beide erst einmal Luft holen. „Klasse Idee“, kommentiere ich sarkastisch.

„Ich weiß.“

Kopfschüttelnd machen wir uns auf den Weg den langen Tunnel entlang zu kriechen. Ich hoffe nur, wir kommen auch da heraus, wo wir es wollen. Wie es der Zufall natürlich so will, ist das natürlich nicht der Fall. Ich will gerade in dieser Richtung ein Kommentar abgeben, als Sam plötzlich anhält und sich halb zu mir umdreht und ihren Finger auf die Lippen legt. Genau unter unserer Lüftung steht ein komisch aussehender Mann. Eine Gesichtshälfte scheint irgendwie verbrannt zu sein, welche aber zum größten Teil abgedeckt ist. Er trägt ein rotes Gewand, bespickt mit Goldfasern.

„Sucht sie! Und bringt sie dann zu mir“, brüllt der Kerl die Wachen vor ihm an. Diese machen unweigerlich kehrt. Sam und ich tauschen einen besorgten Blick aus. Das ist gar nicht gut. Und bevor auch er den Korridor verlässt schaut er noch einmal auf und bei Gott ich schwöre euch, er hat mich direkt angesehen! Erstarrt starre ich nach unten. Er hat mich gesehen! Er weiß, dass wir hier oben drin sind. Ein eiskalter Schauer fährt über meinen Rücken. Dieser Blick, so kalt und böse. Ich werde ihn nie in meinem Leben vergessen.

Nachdem er verschwunden ist, atmen Sam und ich hörbar aus. Ich hatte bis dahin gar nicht bemerkt, dass ich die Luft angehalten habe. „Das war Apophis“, verkündet mir Sam.

Ich lächle schief. „Für einen Gott sieht er aber ziemlich mickrig aus“, überspiele ich mit einem scherzhaften Kommentar meine nervliche Anspannung.

Sam lacht leise. „Ja, sag ihm das nur lieber nicht persönlich.“

„Oh keine Angst. Ich habe noch nicht einmal vor mit dieser Kreatur in einem Raum zu sein.“ Sam nickt nur und kriecht weiter. Bevor ich es überhaupt bemerkt habe, stecke ich bis zum Hals in einem riesigen Fettnäpfchen! Gott, ich könnte meinen Kopf gegen die Wand hauen! Toller Kommentar, Liz! Wirklich ausgezeichnet. Und das sagst du einer Person, die gerade Stundenlang gefoltert wurde. Oh Mann, mein Einfühlungsvermögen scheint auf Urlaub zu sein.

Schließlich folge ich Sam mit einem Seufzen. Wie ich sie kenne, möchte sie eh nicht darüber sprechen und ehrlich gesagt, wäre es jetzt auch ein schlechter Zeitpunkt dafür. Sie ist angespannt, man kann es in jeder ihrer Bewegungen sehen. Ob es an der Situation liegt? Vermutlich. Ob es daran liegt, was sie bereits hinter sich hat? Sicherlich. Oder liegt es an dem, was sie noch erwarten wird? Mit Sicherheit.

Ich verspüre selbst diese Angst. Was werden wir vorfinden? Wie wird es ihm gehen? Wird er leben? Werden wir nur zu viert dieses Gebäude hier verlassen? All diese Fragen lungern unter dieser knallharten Oberfläche und ich weiß bei Gott sie fressen Sam von innen auf. Sie kann es leugnen oder kaschieren so viel sie will. So undurchschaubar bist du nicht, Sam.

Aber gerade ihr ist es jetzt nicht erlaubt die Nerven zu verlieren. Sie darf nur in diesen gradlinigen Bahnen denken. Jegliche Gefühle könnten alles gefährden. Das habe ich bisher gelernt. Und wenn sie es nicht darf, dann werde auch ich nicht damit anfangen.

„Wir sind da“, reißt mich Sam aus meinen Gedanken. Ich schiele durch die Gitter und kann einen gewaltigen Turm in der Mitte des Raumes ausmachen. Das ist dann also der Baukasten, der hier alles in Schuss hält. „Sieh mal.“ Sie deutet auf die Tür. Auf beiden Seiten leuchten rote Lampen auf. Auch wenn es außerirdisch ist, weiß ich was es ist. Eine moderne Alarmanlage.

Vorsichtig lässt sich Sam an der Wand hinunter und benutzt als Stützte die Bank, die von der Wand abgeht. „Apophis scheint offensichtlich genug davon zu haben, dass wir andauernd seine Schiffe in die Luft jagen“, kommentiert sie, als sie mir hilft aus diesem Loch zu kriechen.

Ich bin nur froh, dass mich mein Bauchgefühl nicht im Stich gelassen hat. So ist das nun einmal. Man sollte immer auf seinen Bauch hören. Und bisher konnte ich mich immer ausgezeichnet darauf verlassen.

„Und was hast du jetzt vor?“, frage ich neugierig.

„Eigentlich wollte ich nur ein paar Kristalle austauschen, aber wenn wir schon einmal das hier bei uns haben“, sagt sie und zieht gleichzeitig ein C-4 Sprengstoff aus ihrer Tasche. Schnell öffnet sie die Maschine und eine ganze Reihe an Kristallen zischt nach draußen. Konzentriert befestigt sie einen Sprengstoff und schließt das Fach wieder. „Ich stelle den Zeitzünder auf fünfzehn Minuten.“

Das schaffen wir nie!

„Mal schauen wie weit Apophis damit kommt.“

Vermutlich nicht sehr weit und wir auch nicht, wenn wir uns nicht schleunigst beeilen. Hastig ziehe ich mich an der Wand wieder nach oben und wiederhole das Spielchen, um Sam ebenfalls eine Etage höher zu befördern. Jetzt dürfen wir echt keine Zeit mehr verlieren. Und das tun wir auch nicht. Schnurstracks rutschen wir bis unsere Knie bereits wund sind, durch die verwinkelten Tunnel und gelangen schließlich wieder zu unserem Ausgang. Ein geprüfter Blick nach unten und in alle erkennbaren Richtungen und wir sind wieder auf dem Boden der Tatsachen.

Wir lassen uns kaum Zeit zu einer Verschnaufpause, denn sofort geht es weiter, bis Sam plötzlich stehen bleibt.

„Hier muss es sein.“ Sie dreht sich zu mir herum und wir stehen mal wieder vor verschlossenen Türen. Zielstrebig begibt sich Sam zu einer kleinen Konsole an der Wand. Sie hantiert gekonnt mit dem Messer und nachdem sie das Gehäuse abgetrennt, steckt sie das Messer auch noch in den Mund, so dass ihre Zähne die Klinge halten. Doch wie die Ruhe selbst tauscht sie irgendwelche merkwürdigen Kristalle aus und schwupps öffnet sich die Tür.

Verblüfft schaue ich in ihre Richtung, aber Sam hat das Messer bereits wieder weggesteckt und befindet sich in der Zelle. Ich sagte doch, ich hätte das nie hinbekommen.

Während sie ins Innere rennt, bleibe ich an der Tür, um Schmiere zu stehen. Ein kurzer Blick über meine Schulter zerreist mir das Herz. Da liegt er. Geschunden und geschlagen. Es sieht so aus, als ob die Wachen ihn einfach auf den Boden geschmissen haben, wo er sich dann nicht mehr gerührt hat. Sein Hosenbein ist bedeckt mit getrocknetem Blut und Schweißperlen zieren seine Stirn. Zahlreiche Blessuren – alt und neu – zeichnen sich am ganzen Körper ab. Wenn ich mich nicht täusche, dann ist sein T-Shirt noch zerrissener als beim letzten Mal. Ein Klumpen bildet sich in meinem Hals bei diesem Anblick.

Vorsichtig hat sich Sam neben ihn gehockt und streicht ihm zaghaft eine Strähne aus der Stirn. „Sir?“, flüstert sie mit zitternder Stimme. „Colonel, können Sie mich hören?“

Sie bekommt keine Antwort. Ich wende meinen Blick wieder nach vorne und schließe für einen kurzen Augenblick meine Augen.

„Hier ist Carter“, redet sie weiter. „Wir holen Sie hier raus.“

Als ob das mein Zeichen gewesen ist, renne ich zu ihr und knie mich auf die andere Seite des Colonels. Behutsam lege ich eine Hand auf seine Schulter und schaue zu Sam hinüber. Mit einem gequälten Blick sieht sie zu mir auf – auch wenn sie tapfer versucht ihn zu verbergen. „Er reagiert nicht.“ Ihre Stimme klingt so gebrochen, so unglaublich verloren. Es ist das erste Mal, dass sie sich selbst erlaubt ein gewisses Maß an Gefühl zu zeigen. Und ich weiß, wie sehr es sie von Innen heraus zermatert.

Ich schlucke schwer. Ich weiß, Süße, denke ich. Ich weiß. „Komm, lass uns von hier verschwinden. Je eher wir hier raus sind, desto besser.“

Sie atmet noch einmal tief durch und die Kontrolle ist wieder an ihrem Platz. Gott, wenn es mir bereits das Herz zerreist, wie muss es ihr dann erst gehen? Wie kann sie das nur aushalten?

Kontrolliert beiße ich mir auf die Zunge und zusammen versuchen wir den Colonel in unsere Mitte zu nehmen. Mit vereinten Kräften befreien wir Jack aus seiner Hölle.


+++++


Der Rückweg hat eindeutig mehr Zeit in Anspruch genommen als geplant. Wir haben nur noch sieben Minuten. „Gleich haben wir es geschafft“, murmelt Sam mehr zu sich selbst als in meine Richtung.

Meine Hoffnung schwillt schon innerlich an, dass wir es bald geschafft haben. Endlich raus hier. Hätte ich mich nur nicht zu früh gefreut. Denn kaum, dass sich der Hoffnungsschimmer in mir ausgebreitet hat, ertönt hinter uns das Geschepper von mehreren Füßen. Jetzt müssen wir allerdings einen Zahn zulegen.

Mein Herz schlägt mir bis zum Halse, meine Lungen brennen, als ich versuche mit Sam zusammen uns und Jack so schnell wie möglich aus der Gefahrenzone zu bekommen. Jeden Schritt den wir machen, legen die doppelt so schnell zurück. Wir müssen es schaffen. Wir können nicht so soweit gekommen sein, um jetzt zu verlieren!

Während Sam und ich um die Ecke hetzen, hantiert sie bereits mit der anderen Hand in ihrer Tasche herum. Mir wird gleich schwindelig. Ich kann nicht mehr. Vor meinen Augen läuft alles geradezu nur noch in Zeitlupe ab.

„DANIEL!“, schreit Sam schließlich, als wir auf unsere Zelle zu rennen. In ihrer linken Hand hält sie doch tatsächlich eine Granate und wirft sie meinem Archäologenkollegen zu. In der Zwischenzeit ist Teal’c an unsere Seite gelangt, um uns den Colonel abzunehmen. Am liebsten wäre ich an Ort und Stelle zusammengebrochen, aber der nagende Gedanke, dass sich direkt hinter uns ein paar wirklich wütende Jaffa befinden, lässt meine Beine aufrecht stehen.

Erschöpft und total ausgebrannt werfen wir uns die Zelle, während Daniel einmal mit Schwung die Granate in den Gang wirft. Schützend schmeißt sich Daniel neben uns, als ein lauter Knall das Gemäuer erfasst. Noch während Staub von der Decke rieselt, schaue ich betroffen und leicht mitgenommen auf.

„Alles in Ordnung?“, fragt Daniel sinnloser Weise.

„Alles bestens“, meine ebenso sinnfreie Antwort.

„Wir haben uns schon Sorgen gemacht.“

„Jetzt sind wir ja da.“

Sein Blick schweift zu Jack und Teal’c. „Gott, er sieht schlimm aus.“ Mitgenommen schüttelt er den Kopf und hilft mir dann wieder auf die Beine, bevor wir uns daran machen in unserem Schlupfloch zu verschwinden. Doch bevor das passiert, geschehen zwei geradezu schlechte Dinge.

Erstens, taucht der Möchtegerngott persönlich auf. Und meine Güte, ist der sauer! Er brüllt irgendwas in einer außerirdischen Sprache, aber da braucht man wirklich keinen Daniel, um das zu verstehen. Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, beginnt alles um uns herum zu wackeln und zu zittern.

Man hätte es auf die Explosion schieben können, aber wir wissen es besser. „Los runter!“, schreie ich aufgebracht und kaum, dass wir auf den Beinen waren, liegen wir wieder auf dem Boden. Durch einen Schlitz zwischen meinen Armen, kann ich sehen, wie Apophis ziemlich überrascht darsteht. Brocken, geradezu große Platten fallen von der Decke und zertrümmern auf dem Boden. Getöse macht sich um uns breit und jetzt können wir nur noch beten. Jetzt im Tunnel zu verschwinden wäre reinster Selbstmord.

Aber unser Gott scheint das Interesse an uns verloren zu haben. Erschrocken sieht er sich um und will in die andere Richtung flüchten, doch gerade in diesem Augenblick fallen mehrere große Platten zu Boden. Na super, gefangen mit einer übergeschnappten Schlange!

Bevor ich überhaupt nachdenken kann, ist Teal’c auf den Beinen, seine Stabwaffe im Anschlag.

„Shol’va!“, kommt es aufgebracht von Apophis. Er wirbelt zu seinen Jaffa herum. „Tötet sie!“

Doch zu unserem Glück kommt es gar nicht mehr so weit. Denn ausgerechnet in diesem Moment, erfasst uns ein weiteres, noch viel stärkeres Beben. Die Brocken und Platten, die von oben herabfallen, landen nicht nur glücklicherweise neben uns, sondern auch auf den Jaffa. Ein Großteil der Wachen wird unter den Steinen begraben. Geschockt kann ich das Geschehen nur verfolgen. Aber selbst wenn ich in der Lage gewesen wäre irgendwas zu tun, ich bin dermaßen gelähmt, dass ich noch nicht einmal registriere, wie ich selbst unmittelbar in der Gefahrenzone sitze.

„Liz!“, schreit Daniel und kann mich im letzten Moment noch zurückziehen, bevor ein riesiger Klotz zwischen meinen Beinen landet. Oh Scheiße…

Vollkommen außer Atem, starre ich auf den Klotz und dann zu Daniel. „Danke“, hauche ich leicht benommen.

Aber das Unglück findet kein Ende. Ohne mit der Wimper zu zucken schnappt sich Apophis eine der Stabwaffen und zielt jetzt persönlich auf uns.

„Du wirst sterben, Shol’va!“, spuckt der Kerl aufgebracht vor uns aus. Im gleichem Atemzug aktiviert Teal’c ebenfalls seine Waffe und im Regenfall der Steine etabliert sich vor uns ein High Noon der ganz anderen Art.

Vorsichtig, aber bestimmt geht Teal’c einen Schritt vor. Wartet. Seine Kieferknochen sind angespannt, seine Muskeln zucken.

Die Waffe ist aktiviert. Sie glimmt gefährlich auf und er braucht jetzt nur noch schießen.

PENG!

Doch Apophis geht nicht zu Boden. Ein blaues, schimmerndes Feld umgibt ihn. Stattdessen kreuzt er mit einem furiosen und höhnischen Blick seine Arme, berührt seine Hand und ein helles Licht umgibt ihn. Ringe schießen herunter und umschlingen ihn. Und dann ist er verschwunden. Einfach weg, futsch. Dieser Mistkerl lässt uns doch einfach in diesem zusammenbrechenden Trümmerhaufen allein zurück!

„Wo ist er hin?“, frage ich und schiele an die Decke.

„Es muss sich noch ein weiteres Raumschiff in der Umlaufbahn befunden haben.“

„Aber, als wir im Kontrollraum waren, da haben wir kein anderes gesehen.“

„Es war vermutlich getarnt“, gibt uns Teal’c ganz sachlich die Antworten.

Ich schiele hinüber zu dem Loch im Boden und dann zu der Steinwand, die uns großzügiger Weise dem Weg nach draußen versperrt. Also auf herkömmliche Weise – durch die Tür – kommen wir hier wirklich nicht mehr raus. Damit wäre auch die Option Stargate gestrichen. Wie es jetzt in unserem Loch aussieht, können wir auch nur raten. Ob wir überhaupt noch hier rauskommen, dürfte äußerst fraglich sein. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes zum Heulen. Keinen Meter von uns entfernt befindet sich unsere Rettung, aber wir sitzen hier fest.


+++++


Übersät mit Staub, klopfe ich ziemlich erfolglos die Staubklumpen aus meinen Haaren. Daniel und ich sitzen geschafft an die Wand gelehnt. Vor nicht ganz fünf Minuten hat das Beben aufgehört und ich schaue mich recht erleichtert um. Der Palast ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Trümmerhaufen, aber niemand von unserer Truppe hat ernsthafte Schäden davon getragen. Mein Blick wandert eine halb auf den Boden gekrachte, noch halb hängende Deckenplatte. Einzelne Sonnenstrahlen kitzeln mein Gesicht, während ich blinzelnd hinaufschaue und die Wärme genieße.

Theoretisch könnte man auch über das Dach herausklettern, schießt mir plötzlich der Gedanke durch den Kopf. Und als ob es die Idee schlechthin ist, schieße ich nach oben und begutachte mir die Steine etwas genauer. Sicher, man könnte darüber klettern, wir würden es alle schaffen. Leider sind die Winkel etwas zu steil und wenn ich ehrlich bin ist mir die gewählte Konstruktion doch etwas zu gefährlich. Auf allem, wir würden den Colonel da nie – ohne noch mehr Schaden anzurichten – da rüber schaffen. Also, sehe ich, wie meine Idee wie eine Seifenblase zerplatzt.

Puff! Weg ist sie. Seufzend setzte ich mich wieder neben Daniel.

„Was ist?“, fragt er neugierig.

„Meine Seifenblase ist gerade geplatzt.“

Ein äußerst irritierter Blick trifft mich, aber da ich im Moment nicht in der Stimmung bin, ihm das ausführlich zu erklären, winke ich nur ab. Erneutes Schweigen breitet sich zwischen uns aus und ich schiele hinüber zu Sam, die sich vollkommen und ganz um den Colonel kümmert. Diesmal habe ich es ihr überlassen ihm eine Schiene zu legen. Zum Glück schwebt er noch in ganz anderen Hemisphären, denn das sieht schon ziemlich brutal aus. Gott, ich bin so verdammt froh, dass wir wieder alle zusammen sind. Egal wie angeschlagen, wir sind wieder zusammen und das gibt mir erneute Hoffnung. Langsam begreife ich, warum sie die Besten der Besten sind. Sie haben es bisher geschafft jede noch so auswegslose Situation lebend zu überstehen. Und ja, ohne sich jetzt extrem aufzuspielen, aber ich kann stolz auf mich sein, denn auch ich habe dieses ganze Chaos in einem Stück überlebt. Auch wenn es fast in letzter Minute schief gegangen wäre. Wenn Daniel nicht gewesen wäre, wäre ich jetzt Matsche.

Ich drehe meinen Kopf in seine Richtung und sehe ihn solange an, bis er merkt, dass er angestarrt wird. Überrascht sieht er zu mir hinüber. „Wieso schaust du mich so an?“

Lächelnd schüttle ich mit dem Kopf. „Ich wollte mich nur noch einmal bedanken.“

Verdutzt sieht er mich an. „Wofür?“

Ich deute mit meinem Kopf auf den riesigen Klotz auf dem Boden. „Dafür. Wenn der mich erwischt hätte, bräuchte ich nie wieder eine Diät machen.“

Er schnauft leise auf. „Also ob du das nötig hättest“, murmelt er sich in den Bart.

„Was?“

„Nichts. War doch eine Selbstverständlichkeit. Würdest doch auch dasselbe für mich tun, nicht wahr?“, flachst er mit einem sanften Hieb in meine Rippen. „Außerdem“, seufzt er schwer und jegliche Heiterkeit ist aus seiner Stimme verschwunden, „hat es mir einmal gereicht ein solchen Unfall mit anzusehen.“

Unsicher schiele ich zu ihm hinüber. Ich habe keine Ahnung wie ich darauf reagieren soll. Ich weiß noch nicht einmal auf was für einen Unfall er es bezieht.

Als ob er meine Unwissenheit geahnt hätte: „Als ich noch ein Kind war, sind meine Eltern gestorben“, beginnt er zu erzählen.

„Das… das tut mir Leid“, sage ich ehrlich betroffen.

„Sie haben im Museum of Art in New York Stelen aufgebaut. Die Deckenplatte hing an ein paar Ketten. Sie war am Wackeln, aber das war nicht das Problem. Als man die Platte auf die Säulen hinab gelassen hatte, ist eine der Ketten gerissen. Meine Eltern standen direkt unter der Platte.“

Meine Kehle ist wie zugeschnürt. Ich kann nichts sagen. Jedes Wort des Trostes würde sich wie eine Beleidigung anhören und so tue ich das einzige, was mir in diesem Moment einfällt. Ohne ihn anzusehen, greife ich nach seiner Hand und drücke sie einmal fest.

„Mein Dad ist auch tot“, sage ich schließlich mit tonloser Stimme. „Wir sind auf einer Expedition gewesen. Gar nicht mal so weit von hier entfernt. Wir haben uns eine uralte Ruine angesehen. Meine Ma und ich – ich war damals zwölf gewesen - haben eine dieser wirklich tollen Spielarenen der Maya angesehen, während mein Vater in einem abgeschiedenen Tempel verschwunden ist. Er liebte diese dunklen, geheimnisvollen Orte.“ Sehnsüchtig lächle ich an die Erinnerung. „Er ist so aufgeregt gewesen, wie ein Kind. Seine Augen haben gestrahlt.“ Ich seufze schwer. „Der Tag neigte sich dem Ende zu und wir haben uns einen Treffpunkt ausgemacht. Ich stand vor dem Eingang des Tempels und habe ihm zugerufen, dass er sich beeilen sollte, denn er hat mir versprochen, dass wir gemeinsam auf eine der großen Pyramiden klettern würden und er mir dort die Astronomie der Maya zeigen würde.“ Ich halte stockend inne, als ich die heißen Tränen spüre, die in meinen Augen brennen. „Er hat den Tempel nie verlassen. Er ist auf eine brüchige Platte getreten und darunter befand sich nichts anderes als ein Abgrund. Er wurde unter den Steinen begraben.“

Mein Herz hämmert wie wild, erstickte Tränen sammeln sich meinem Hals und kann nicht mehr atmen. Die Luft ist wie abgeschnürt. Es ist das erste Mal seit Jahren, dass ich über diesen Verlust spreche. Meine freie Hand, habe ich zu einer zitternden Faust geballt. Gott, ich vermisse ihn so sehr! Eine einzelne Träne fällt hinunter in meinen Schoß. Es ist so verdammt unfair! Ein krampfhaftes Schluchzen, welches ich eigentlich unterdrücken wollte, erschüttert meinen Körper. Es tut so verdammt weh!

Nur abwesend registriere ich, wie jemand seinen Arm um meine Schultern legt und mich an sich heranzieht. Weinend vergrabe ich mein Gesicht in Daniels Brust und lasse seit seinem Tod zum ersten Mal richtig meinen Tränen freien Lauf.


+++++


Es ist schließlich Sam, die zu uns hinüber kommt. Ganz sanft rüttelt sie an meiner Schulter mein Gesicht rutscht wenige Zentimeter in ihre Richtung. „Wir sollten endlich von hier verschwinden“, sagt sie, hält dann aber inne als sie meine verquollenen Augen sieht. Überrascht schaut sie zu Daniel auf.

„Ist schon in Ordnung“, versichert dieser ihr.

Aber Sam will davon nichts hören. „Liz, was ist los?“ Sie sieht total verängstigt aus. Kopfschüttelnd befreie ich mich aus Daniels Umarmung und wische mit meinen Händen über meine geröteten Augen.

„Geht schon.“ Sie glaubt mir kein Wort. „Du kennst mich doch, ich kann manchmal etwas… weinerlich sein.“ Sie glaubt mir immer noch nicht und das kann ich verstehen. Denn ich bin mein ganzes Leben lang nicht weinerlich gewesen – bis auf die letzte Woche. Da habe ich mehr geheult, als in meinem ganzen Leben. Sie bedenkt mich einen geprüften Blick, der so viel sagt, dass das Thema noch nicht fertig ist, bevor sie sich wieder aufstützt.

Mit dem Handrücken fahre ich schnell über meine Nase. Na lecker, jetzt habe ich Schnodder mit Staub vermischt. Da ich hier aber nicht auf irgendeiner Modenschau bin, sondern eh schon wie ein gelblicher Schornsteinfeger aussehe, wird mich das auch nicht mehr umbringen. Und so wische ich den Schmier ganz ungeniert an meiner Hose ab. Die muss eh gewaschen werden.

„Okay, es sieht folgendermaßen aus“, verkündet Sam, als sie all unsere Aufmerksamkeit hat. „Unser einziger Weg nach draußen scheint dieses Loch dort zu sein.“ Etwas mulmig schlucke ich schwer. „Es gibt für uns keine andere Möglichkeit“ und dabei schielt sie zum Colonel. „Bevor wir da jetzt alle reinrennen, sollten zwei von uns vorgehen und erst einmal sehen, wie es da unten aussieht. Nicht, dass unser Weg versperrt ist.“

Wir nicken alle einstimmig.

„Okay“, geht es weiter, „Daniel, wir beiden sehen uns da unten mal um.“

Sam drückt Daniel eine Taschenlampe in die Hand und sie gehen hinüber zum Loch. Vorsichtig leuchtet sie mit den Lichtkegeln herein. Direkt vor ihnen wird eine unförmige Steintreppe sichtbar. Sie scheint endlos lang zu sein, denn selbst die Taschenlampen können kein Ende ausmachen. Unruhig und etwas hibbelig, laufe ich neben ihnen auf und ab. Nervös knabbere ich unbewusst an meinen Fingern herum.

„Sam“, platzt es schließlich aus mir heraus, die gerade den ersten Fuß auf die Steintreppe gesetzt hat. Erwartungsvoll sieht sie zu mir auf.

„Sei vorsichtig, okay? Das da unten ist ein Labyrinth, es ist stockfinster und gefährlich.“

Sie nickt mir zu. „Okay.“

Und dann sind sie verschwunden. Hilflos schaue ich zu Teal’c und selbst auf seinem sonst so leblosen Gesicht, kann ich ein besorgtes Glimmern erkennen. Leute, seid nur vorsichtig.


+++++


Das sind eindeutig die längsten zehn Minuten in meinem ganzen Leben. Immer wieder huscht mein Blick zu der Luke, während ich beim Colonel sitze und ihm den Schweiß von der Stirn wische. Wir müssen hier schleunigst raus, nicht nur, dass das Gemäuer um uns ziemlich baufällig ist, nein, wenn Jack nicht bald einen Arzt sieht, stehen seine Chancen schlecht.

Auf meine Anweisung – oder doch eher Flehen hin – hat sich Teal’c vor das Loch im Boden gestellt und wartet dort geduldig, bis wir ein Lebenszeichen von unseren beiden Maulwürfen bekommen. Er ist für diesen Job eindeutig besser geeignet als ich es bin. Ich bin jetzt schon ein aufgekratztes Nervenbündel und nur da herumzustehen und immer wieder hinunter zu starren, wäre für mich nichts. Teal’c scheint das alles viel besser verstecken zu können.

Ich hätte den Colonel fast eine Haarsträhne ausgerissen, als ich plötzlich einen blonden Schopf erkenne. Schnell schmeiße ich das Stück Stoff neben Jack und springe auf.

„Und?“

„Wie du bereits gesagt hast, es ist dunkel und das reinste Labyrinth. Wir müssen verdammt aufpassen, aber soweit wir sehen konnten, war nichts großartig verschüttet. Nichts, was wir nicht schaffen könnten.“ Sam atmet einmal tief durch. Ihr ist offensichtlich nicht wohl bei den Gedanken wieder da hinunter zu gehen.

Was mir persönlich noch mehr Sorgen macht, ist die Tatsache, dass wir keine Garantie dafür haben, dass wir auch einen Ausgang finden. Einmal falsch abgebogen und man sitzt fest. Und wir haben nichts mehr. Kein Wasser, kein Essen – noch nicht einmal ein Stück von diesem ekligen Fertigessen, was die einem mitgeben.

„Dann los.“

Sam wirft noch einen besorgten Blick zu ihrem Vorgesetzten, der von Daniel und Teal’c getragen wird, und nickt mir dann zu. Ich folge ihr dicht die Treppe herunter. Ohne große Worte einigen wir uns darauf, dass es besser ist, wenn wir erst einmal nur eine Taschenlampe beanspruchen. Die Batterien halten bestimmt auch nicht für ewig.

Hier unten ist die überraschend kühl, die Wände sind uneben, aber massiv. Als ich schließlich unten angekommen bin, fühlen meine Füße wieder festen, wenn auch etwas schleimigen Boden. Um uns allen einen kurzen Eindruck von unserer derzeitigen Lage zu verschaffen, schweift Sam einmal mit der Taschenlampe durch die dunklen Gänge. Das ist das reinste Höhlensystem.

„Daniel und ich haben uns für gerade aus entschieden“, flüstert Sam.

Da niemand irgendeinen Einwand hat, gehen wir genau in diese Richtung. „Sam, ich habe nachgedacht“, flüstere ich schließlich neben ihr. Als sie mir nicht antwortet nehme ich das mal als Aufforderung auf weiter zusprechen. „Du kennst dich auf diesem Gebiet sicherlich besser aus, aber wie war das noch mal mit der Thermodynamik?“

Für einen kurzen Moment hält sie inne. „Was?“

„Ist dir nicht aufgefallen, dass es hier unten um einiges kühler ist, als noch oben?“

Im Schein der Taschenlampe kann ich ein Nicken ausmachen. „Du meinst, dass durch die Öffnung der Luke ein Luftstrom gezeugt wurde, der aber nur dann entstehen kann, wenn sich irgendwo noch eine andere Öffnung befindet?“

„Ja, genau. Mir hat man mal gesagt: ‚Es kann nur dann ziehen, wenn sich auf der einen Seite ein Loch befindet und auf der anderen.’“

„Es ist trotzdem sehr vage“, gibt sie zu bedenken.

„Es gibt zahlreiche solcher Höhlen in Yucatán. Die haben für gewöhnlich auch immer mehr als nur einen Eingang.“

„Und wie stehen unsere Chancen, dass *diese* Höhle mehr als einen Eingang hat?“

„Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass es hier noch mehr gibt. Ein Problem könnte nur sein, dass er nicht groß genug ist oder eine missliche Lage hat. Und selbst, wenn es einen weiteren Eingang gibt, ihn auch zu finden ist ein ganz anderes Problem“, mache ich meinen Sorgen Luft.

„Und das sagst du mir erst jetzt?“

„Zurück können wir ja wohl schlecht.“

Neben mir seufzt Sam einmal angespannt. „Das wird bestimmt lustig“, murmelt sie mit einem leicht sarkastischen Unterton, der stark an einen gewissen Colonel erinnert. „Aber leider auch unsere einzige Option.“

Meine Augen tasten die mineralisierten Wände ab. Jahrtausende lagen sie im Verborgenen. Ich kann der Versuchung diese milchig schillernde Oberfläche zu berühren einfach nicht widerstehen. Das kalte Nass auf meinen Fingerspitzen, erinnert mich irgendwie an schmelzende Eiswürfel, aber es ist nicht so kalt, wie ich angenommen hatte.

Je weiter wir kommen, desto größer scheint sich die Höhle mit ihren Salzsäulen vor uns auszubreiten, während der Durchgang, in dem wir uns momentan noch befinden immer enger zu werden scheint. Inzwischen ist es schon so eng und niedrig geworden, dass selbst ich meinen Kopf einziehen muss. Ich komme mir hier leicht eingequetscht vor. Jetzt, wo mir die Wände plötzlich so nahe sind, halte ich diese Idee für nicht mehr allzu brillant.

Nacheinander quetschen wir uns durch diesen engen Gang. Gott, ich hoffe, das wird bald breiter, denn ich kann bereits die Krallen der Klaustrophobie an mir zerren spüren. Sam wirft einen besorgten Blick über ihre Schulter, als es nicht unbedingt breiter wird. Hoffentlich ist das hier nicht unser Ende. Hey, ich habe lediglich gesagt, dass das hier ein Weg nach draußen sein könnte, ich habe nie behauptet, dass es einfach werden würde!

Letztendlich bleibt Sam stehen. Eingequetscht wie in einer Sardinenbüchse! Ich pack gleich meine Sachen und verschwinde in einem anderen Gang! Will Sam, dass wir in dieser verdammten Höhle stecken bleiben? „Hier vorne befindet sich ein Spalt.“ Und wer soll da durchpassen? Kate Moss vielleicht? Sie leuchtet durch den felsigen Spalt und dahinter tut sich eine breite Höhle auf. Aus Jahrtausenden gebildete Säulen stützen die Decke. Im Licht glitzern die kristallenen Wände wie das Funkeln des Mondlichtes auf den Ozean. Wow, wo kam das denn plötzlich her?

Wir warten bis die anderen zu uns aufgeschlossen haben. „Ich gehe mal durch und schaue, was sich dahinter befindet“, biete ich mich freiwillig an und deute auf den Spalt. Skeptisch neigt Teal’c seinen Kopf zur Seite.

„Das sieht eng aus.“

„Deshalb wird es jetzt getestet“, ist meine allzu fröhliche Antwort. Behutsam lege ich alles ab, was mich stören könnte und gehe Hände reibend zum Spalt. Na gut, vielleicht habe ich an ihm zu viel Kritik geübt. Jetzt, wo ich direkt vor dem Spalt stehe, sieht er gar nicht mal so mickrig aus. Erst Bein und dann den Oberkörper und…

„Wowowowowowow!“

„Liz, alles in Ordnung?“ Aufgeregt sehe ich Sams Lichtkegel hin und her huschen.

„Ja, ja, alles bestens!“, hallt meine Stimme zurück, während ich meine Klamotten abklopfe. Den Geröllhaufen direkt nach dem Spalt hätte man ruhig mal erwähnen können.

„Was siehst du?“

Dass sich hier die Höhle etwas öffnet ist eine komplette Untertreibung. Ich befinde mich in einer gigantischen unterirdischen Grotte. Die Wände sind jetzt Meter voneinander entfernt – hier könnte glatt ne Villa reinpassen. Bis zur Decke sind es vielleicht drei, sechs oder sogar zehn Meter. Die Decke ist bedeckt mit unterschiedlich großen, glitzernden Stalaktiten. Ein leises, hallendes Tropfen verrät mir, dass die Dinger über mir noch weiter wachsen. Es ist einfach unglaublich. Und so unmöglich es auch erscheinen mag, aber diese Grotte kommt mir irgendwie heller vor. Denn weiter hinten kann ich nichts weiter als pechschwarze Dunkelheit ausmachen.

Mit etwas Mühe und ein paar aufgeschürfte Knie und Hände später, befinde ich mich wieder am Spalt. „Sieht super aus. Ihr müsst nur aufpassen. Der Boden hier ist etwas locker.“

Geschwind reicht mir Sam meine Sachen durch und folgt schon bald. Doch auf der anderen Seite muss ich sie trotz aller Warnung auffangen, denn wie auch ich, rutscht sie erst einmal weg. Relativ schnell und ohne Komplikationen schaffen wir es den Colonel durch den Spalt zu hieven.

Auch wenn die Grotte noch so prachtvoll ist, wir sollten zusehen, dass wir so schnell wie möglich einem Weg nach draußen finden. Dieses Unterfangen gestaltet sich leider schwieriger als gedacht, denn gerade als wir die Schwelle zur Dunkelheit übertreten haben, sehen wir vor uns drei weitere Durchgänge. Nach einem kurzen Abstimmen, entscheiden wir uns weiter geradeaus zu gehen, nur um später festzustellen, dass auch dieser Durchgang nach nur wenigen Meter wieder schmaler wird.

Die nächsten zwei Stunden verbringen wir damit uns durch kleine, große, enge und breite Passagen zu winden. Es ist einfach eine endlose Zahl an Möglichkeiten hier unten. Wenn Sam nicht hier und da einen Wegweise hinterlassen hätte, wären wir hier unten vollkommen verloren. Mehr als nur einmal kann man ein Fluchen durch die Höhlen hallen hören, wenn wir mal wieder in eine Sackgasse geraten sind. Um es noch schlimmer zu machen, beginnt Sams Taschenlampe gerade ihren Geist aufzugeben. Sie schüttelt ein paar Mal kräftig und haut mit ihrer Handfläche dagegen, aber der Schein begleitet uns nur noch aus einer besagten Sackgasse hinaus in eine etwas größere Halle.

Das ist der Moment, in dem wir unsere erste Pause einlegen. Ich habe meine Taschenlampe nur kurz eingeschaltet, damit Jack auch ein bequemes Plätzchen hat und als sich alle niedergelassen haben, schalte ich auch diese aus. Sie ist jetzt unsere einzige Lichtquelle und wir sollten nicht allzu verschwenderisch damit umgehen. Und so ruhen wir uns alle in der vollkommenen Dunkelheit für einen Augenblick lang aus.

„Die Taschenlampe hat gerade mal vier Stunden gehalten“, kommentiert Sam. „Wir müssen davon ausgehen, dass die andere nicht viel länger hält, das heißt für uns, dass wir noch ungefähr vier Stunden Zeit haben einen Ausweg zu finden.“

Es war jetzt schon schwer einige Passagen zu laufen, wie soll das erst ohne Licht aussehen? Ein mulmiges Gefühl beschleicht mich bei dem Gedanken hier unten mit nichts außer der Dunkelheit fest zu sitzen. Wir würden im Kreis laufen und Tage hier unten sein! Ein leichtes Zittern durchfährt meinen Körper, als ich daran denke, dass ich hier unten wohlmöglich meine letzten Stunden verbringen werde. Ich hatte mir meinen Abgang immer etwas anders vorgestellt.

„Ich will ja eigentlich gar nichts sagen“, beginne ich seufzend, „aber wie es aussieht scheinen wir noch weiter nach unten gekommen zu sein.“

„Wir hatten kaum eine andere Möglichkeit“, antwortet Teal’c neben mir.

„Versucht euch etwas auszuruhen“, geht Sam dazwischen. „Wie es aussieht, haben wir noch einen langen Weg vor uns.“

Sam sitzt auf meiner anderen Seite und gleich neben ihr ruht Jack. Bisher hat er noch nicht sein Bewusstsein wieder erlangt und wenn ich ganz ehrlich bin, dann bereitet mir das doch etwas Sorgen. Wir dürfen keine Minute mehr als nötig hier verbringen. Unruhig rutsche ich auf meinem Hosenboden hin und her. „Liz“, stoppt Sam mich und legt ihre Hand auf meinen Arm – oder zumindest wo sie vermutet, wo sich mein Arm befindet. In Wirklichkeit ist es mein Bauch.

„’Tschuldige“, murmle ich.

„Ich glaube, ich muss mich bei dir entschuldigen“, sagt sie plötzlich. Mein Kopf wirbelt ungefähr in ihre Richtung.

„Wieso?“

Sie lacht leicht auf; eine Mischung aus Bitterkeit und Belustigung. „Du bist zu mir zu kommen, um einen klaren Kopf wegen Tom und der Hochzeit zu bekommen und ich schleppe dich in den tiefsten Dschungel. Du hast dir die Woche bestimmt etwas anders vorgestellt.“

Ja, das habe ich. Wer hätte schon gedacht, dass ich in dieser einen Woche wohl das größte Abenteuer meines Lebens erlebe? „Du musst dich für gar nichts entschuldigen, Sam“, lenke ich flüsternd ein. „Vielleicht war das ja die Therapie, die ich gebraucht habe?“

Ich kann ihren Blick nur erahnen, aber auch wenn es hier stockfinster ist, sehe ich ihre, großen Augen direkt vor mir. „Die Goa’uld?“, hakt sie ungläubig und äußerst skeptisch nach.

Aber ich schüttle nur mit dem Kopf. „Nein“, sage ich schließlich, da sie es nicht sehen kann. „Aber diese ganze Situation. Wenn ich hier eines gelernt habe, Sam, dann, dass es nichts Wichtigeres im Leben gibt als die Menschen, die man liebt. Ich habe mich wegen Kleinigkeiten aufgeregt, die mir jetzt so dermaßen trivial erscheinen, dass ich noch nicht einmal mehr weiß, wieso ich mich überhaupt darüber geärgert habe.“ Ich zucke kurz mit den Schultern. „Mir ist es egal, wo Tom und ich heiraten. Es kann von mir aus am anderen Ende der Welt sein… oder auf einem anderen Planeten“, kichere ich und auch von Sams Seite aus vernehme ich ein leichtes Lachen. „Hauptsache wir sind zusammen.“

Diesmal hat ihre Hand meine gefunden und drückt diese leicht. „Dann verkaufe ich mein Kleid nicht.“

„Unterstehe dich!“, drohe ich ihr in einem gespielt ernsten Ton. „Nein, Sam, ich glaube, ich muss mich bei dir bedanken.“

„Na dann… gern geschehen.“

„Es ist schon lustig“, beginne ich, „aber man muss erst am Abgrund stehen, um zu erkennen, wie wichtig das Leben und die Menschen darin sind, nicht wahr? Man muss nur seine Augen öffnen.“

Neben mir ertönt nur Schweigen, denn ich habe mit Absicht die unterschwellige Botschaft nicht zu verstecken versucht. Jeder verdient ein wenig Glück. Das ist zumindest meine Auffassung. Und Sam soll sich ruhig mal ein paar Gedanken darüber machen. Sie hat es direkt vor ihrer Nase, nur scheint sie es entweder nicht zu erkennen oder sie ignoriert es gekonnt.

Plötzlich ertönt neben uns ein leises Stöhnen. Licht sparen hin oder her, ohne groß zu überlegen, schalte ich die Taschenlampe ein und leuchte in die Richtung, in der der Colonel liegt. Als der Lichtkegel seine Augen trifft, stöhnt er erneut auf. Augenblicklich springt Sam auf und kniet sich neben ihm. Eine Hand fährt über sein Gesicht, streicht zart über seine Haut. Trotz meiner Sorge, seufze ich innerlich auf.

„Colonel?“, flüstert Sam.

Inzwischen stehen auch Daniel und Teal’c neben mir. „Ist er wach?“, fragt Daniel aufgeregt. „Jack?“

„Sir, können Sie mich hören?“

Er blinzelt leicht und dreht seinen Kopf in ihre Richtung. „Kann… nichts… sehen“, kommt es stockend über seine Lippen.

„Es ist dunkel, Sir. Wir sind hier in einer Höhle.“

„Carter?“

„Ja, ich bin hier.“ Sie ergreift seine Hand. „Ich bin hier.“

„Sind Sie das?“, fragt er leicht verwirrt.

„Ich bin hier, Sir.“

Besorgt beiße ich mir auf die Lippe. Ich habe ehrlich gesagt nicht erwartet ihn so zu sehen. Ich wende meinen Blick ab und schiele hinüber zu Daniel. Im Schatten des Lichtes kann ich dieselben Sorgen und Ängste in seinen Augen sehen.

Als ich mich zurück umdrehe, sehe ich, wie seine Zungenspitze seine trockenen Lippen berührt. Er atmet einmal tief durch. „Hat jemand ne Aspirin?“

Ein kleines Lachen erschüttert meinen Körper und auch Sam lächelt ihn erleichtert an. Das hört sich schon mehr nach unseren Colonel an. „Nein, Sir.“

„Apophis?“

Jetzt ist es Sam, die sich auf die Lippe beißt. „Sir, er konnte fliehen. Wir hatten zwar sein Schiff zerstört, aber in der Umlaufbahn befand sich wohl noch ein getarntes Mutterschiff. Wir sind auch nur knapp entkommen. Der Palast ist über uns zusammengebrochen.“

Mit einem Seufzen schließt er seine Augen und bedeckt sie mit seinen anderen Arm. „Ich schwöre Ihnen, Carter, das nächste Mal ist er dran.“

„Ja, Sir.“

„Und das nächste Schiff behalten wir.“

Weise schalte ich das Licht wieder aus. Wir brauchen die Energie. Erneut in Dunkelheit getaucht, geben wir dem Colonel noch zehn Minuten. Leise flüstern Sam und Jack miteinander und bei Gott, ich werde mich nicht drauf konzentrieren es zu verstehen. An der Wand entlang entferne ich mich tastend von ihnen, um ihnen so viel Privatsphäre wie möglich geben, bis ich schließlich bei den beiden anderen gelangt bin.

„Das war nett“, flüstert Daniel neben mir und stupst mich von der Seite an.

„Was denn?“

„Das, was du zu Sam gesagt hast.“

„Wenn es auch was bringt“, schmunzle ich und kann ein Lächeln nicht unterdrücken.

„Das ist etwas, was ich bezweifeln mag.“

„Hey!“ protestiere ich. „Ich gebe die Hoffnung noch nicht auf.“

„Und ich kenne die beiden jetzt schon etwas länger.“

„Und ich kenne Sam. Wir sind so.“ Ich kreuze meinen Zeige und Ringfinger und schalte zur kleinen Demonstration das Licht ein.

„Was macht dich da so sicher?“

„Oh, man nennt es Instinkt – weiblicher Instinkt. Der versagt nie.“

Amüsiert schüttelt er den Kopf neben mir. „Glaub mir, die beiden leben nach den Regeln.“

„Nun“, atme ich einmal tief durch. „Das beweist gar nichts. Regeln sind da, um gebrochen zu werden.“

„Ja, aber nicht diese.“

„Das werden wir ja sehen“, murmle ich und drücke mich an der Wand hoch. „Wir sollten jetzt weitergehen.“
Ich strecke ihm eine Hand entgegen und ziehe ihn auf seine Füße. Für einen kurzen Moment halte ich seine Hand noch fest und ziehe ihn noch ein Stückchen an mich heran, so dass ich mich leicht auf die Zehenspitze stelle und an sein Ohr lehne. „Um was wetten wir, dass ich Recht habe?“ Nur ganz langsam lasse ich von ihm ab und schenke ihm ein wissendes Lächeln, nur um ihn dann damit stehen zu lassen.

Bewusst setze ich jeden Schritt langsam vor den anderen und lasse mir genug Zeit damit wieder zurück zu Sam zu gehen.


+++++


Unser Weg führt uns diesmal durch einen relativ geraden Durchgang ohne irgendwelche weiteren Abzweigungen, die uns nur weiter aufhalten würden, um unseren nächsten Schritt zu überlegen. Dadurch, dass Jack jetzt wieder bei Bewusstsein ist, muss er zwar noch gestützt werden und ob ihr es glaubt oder nicht, aber dadurch sind wir noch einen Tick schneller. Obwohl Teal’c der Stärkste von uns ist, hat Sam darauf bestanden Jack mitzustützen. Und so haben jetzt Daniel und ich die Führung übernommen.

Ein angenehmes Schweigen hat sich während unseres ein Stunden Marsches ausgebreitet. Es gibt auch kaum noch Worte, die man dazu noch sagen kann und so konzentriert sich jeder darauf einen Schritt vor den anderen zu setzen. Ich schaue angespannt auf den Boden, um nicht irgendeinen Felsenvorsprung zu übersehen, als mir plötzlich ein ausgestreckter Arm den Weg versperrt.

„Hey! Was soll denn das?“

Aber Daniel starrt schlichtweg nach vorne. „Sieh dir das an.“

Schließlich wende ich meinen Blick ebenfalls nach vorne und mir bleibt die Spuke weg. „Wow.“

„Leute, wieso halten wir an?“ ruft Sam von hinten und bleibt schließlich neben uns stehen. „Was ist das?“

Vor uns breitet sich ein großer Raum aus. Zu unserer großen Überraschung ist dieser Ort hier nicht stockduster. Durch eine winzige Öffnung in der Decke scheint ein winziger Sonnenstrahl, in dessen Schein Staubflocken tanzen. Ich folge dem Strahl und sehe, dass die Seiten nicht mit irgendwelchen Tropfsteinen verziert sind, sondern mit richtigen, steinigen, kunstvolle Säulen. In einem kleinen Kristall spiegelt sich der Strahl und erfüllt den Raum zwar nicht mit Helligkeit, aber zumindest mit so viel Licht, dass wir nicht unbedingt die Taschenlampe brauchen. Die einzelnen Stelen werden jeweils von einer gefiederten Schlange umrankt, deren Köpfe in Richtung Wand schauen – Quetzalcoatl. Ihre Münder sind aufgerissen und lange, dünne Zungen zischen hervor. Es müssen auf jeder Seite mindestens zehn dieser Säulen stehen und am anderen Ende befindet sich eine schlichte Wand, die mit Eingravierungen verziert ist. Quetzalcoatl ist ebenso in dieser Wandmalerei enthalten, wie die Pyramiden und das Volk der Maya. Es ist eindeutig dargestellt, wie der Gott sein Volk besucht. Wie er von der Stadt der Götter zu den Menschen herabkommt. Striche, die kreisförmig um Quetzalcoatl angerichtet sind, erwecken den Eindruck, als sei er von einem hellen Licht umgeben.

„Sieht aus wie ne Sackgasse“, seufzt Sam.

„Nein!“ Aufgeregt wirble ich zu ihr herum.

„Liz, da ist nur ne Wand.“

„Das ist nicht bloß ne Wand“, wiederhole ich die Worte empört. „Hier wird uns eine Geschichte erzählt.“

„Wir haben aber keine Zeit für so etwas.“

„Nein, da hast du Recht. Aber wie ich das sehe, haben wir lediglich zwei Optionen. Entweder wir gehen den Weg eine Stunde lang wieder zurück und verschwenden unsere Energiereserven oder wir bleiben hier und untersuchen das hier.“

„Um was zu erreichen?“ Sie schüttelt nur mit dem Kopf. „Liz, ich verstehe ja, dass du das hier weiter studieren willst, aber das ist hier jetzt definitiv nicht der richtige Zeitpunkt. Wir müssen von hier verschwinden. Ich muss dir ja wohl nicht sagen, was passieren wird, wenn uns ein erneutes Erdbeben erfasst, oder?“

Prüfend sieht sie mich an. „Ich gehe nicht wieder zurück.“

„Liz, du kannst nicht einfach das tun, was du hier willst. Wir müssen uns hier alle an gewisse Regeln halten. So schreibt es das Protokoll vor. Wenn wir hier draußen sind und alles gesichert ist, dann kommen wir noch einmal zurück und du kannst dich hier unten austoben. Aber nicht jetzt!“

Gott, vergiss doch einmal das Protokoll! Will ich sie anschreien, aber ich sage ihr etwas anderes. „Du verstehst das nicht, Sam.“

„Dann erklär es mir.“

Schon fast wie zwei Rivalen, die auf einander losgehen wollen, stehen wir voreinander. Wir starren uns nur an, keiner von uns ist gewillt seinen Dickkopf nachzugeben. „Hey, hey, hey!“, kommt es schließlich überraschenderweise von Jack. „Ladys, ich denke, wir sollten uns erst einmal wieder beruhigen.“

Dabei sieht er Sam äußerst eindringlich an, bis diese schließlich einen Schritt zurücktritt. „Sir, wir haben noch für ungefähr zwei Stunden Licht. Wenn wir jetzt zurückgehen, haben wir immer noch eine Stunde Zeit einen anderen Ausgang zu finden.“

„Ja, Sam, genau. Du hast doch gesehen, wie viele Tunnel es hier gibt. Am Ende wirst du ohne Licht und alles dastehen. Wir könnten für Tage hier unten gefangen sein“, mische ich mich ein.

„Hey!“, geht der Colonel erneut dazwischen, jedoch jetzt mit einem äußerst ungeduldigen Unterton in der Stimme. „Das reicht.“ Er dreht sich zu mir um und deutet mit seinem Finger auf mich. „Sie halten jetzt den Mund, Sullivan. Ihr alle haltet jetzt den Mund“, sagt er und wirbelt damit zu Daniel herum, der gerade seinen Mund geöffnet hat. „Wir atmen jetzt alle einmal tief durch und beruhigen uns.“ In einer übertrieben Geste macht er uns vor. „Ist doch gleich viel besser, nicht wahr?“

Ein wenig baff schaue ich ihn an. Vor noch wenigen Stunden war er nicht ansprechbar gewesen und jetzt steht er vor uns und versucht irgendwie zu verhindern, dass auch noch unser letzter Rest gesunden Menschenverstands baden geht.

„Also, in einer Sache hat Sullivan Recht. Wir haben nur zwei Optionen, deshalb sollten wir diese vielleicht auch genau abwägen. Was ist, wenn wir wieder zurückgehen?“ Er atmet einmal tief durch und ich mache mir ehrlich Sorgen, dass er sich leicht übernimmt. Mit einem zweifelnden Blick schiele ich hinüber zu Sam, aber sie kaut auf ihrer Unterlippe herum und scheint ganz woanders zu sein.

„Erstens, wir gehen wieder zurück. Eine Stunde Licht mindestens und wir wissen nicht in welche Richtung wir gehen sollen, also besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass, wenn wir uns verirren, wir hier festsitzen.“ Ein einstimmiges Nicken ist seine Antwort. „Hört sich nicht wirklich vorteilhaft an. Andererseits, wenn wir hier bleiben und hier nichts finden, sitzen wir genauso gut fest. Also, Sullivan, geben Sie mir einen vernünftigen Grund, wieso wir nicht wieder zurückgehen sollen.“

„Na ja“, beginne ich jetzt doch etwas überrumpelt von seiner Frage, „zum Beispiel, weil ich diese Wand schon einmal gesehen habe?“

Ein verdutztes Schweigen breitet sich zwischen uns aus. Das muss erst einmal verdaut werden. „Was?“

Ich zucke nur kurz mit den Schultern. „Ich, ich habe diese Wand schon einmal gesehen“, wiederhole ich meine Worte.

Sam schüttelt leicht mit dem Kopf, um ihre Gedanken zu ordnen. „W- Wo?“

„Das wollte ich euch ja die ganze Zeit erklären.“. „Die Ausgrabungsstätte?“ Ein mehrfaches Nicken. „Ob ihr es glaubt oder nicht, aber da befand sich auch solch eine Wand.“

Daniel atmet einmal neben mir tief durch. „Wieso hast du nichts davon gesagt?“

„Na, ganz einfach. Zu Anfang hielt ich es für bedeutungslos, dann haben sich die Ereignisse überschlagen und ich habe es irgendwie vergessen und zum Schluss war es eh sinnlos. Ihr habt alles in die Luft gejagt.“

„Warte mal. Diese Wand“, sagt er und geht darauf zu, um eine Hand auf den kalten Stein zu legen, „gab es noch einmal?“

Ich nicke. „Wir konnten die Inschriften zum Teil übersetzen und es ist die Rede von einem ‚Kreis des Lichtes’ und dem ‚Weg der Götter’. Man soll nur dem Pfad folgen, um die Götter zu huldigen.“

„Das Stargate“, murmelt Sam. „Aber wie hilft uns das in dieser Situation weiter?“

„Ich denke, dass diese Wand hier etwas verbirgt. Einen Durchgang, einen Weg… vielleicht ja irgendwie einen Weg zum Stargate oder so. Es ist nämlich ebenso die Rede davon, dass es nur ausgewählten Personen erlaubt ist durch den ‚Kreis des Lichtes’ zu gehen.“

Der Colonel grübelt ernsthaft über die Option nach. Angespannt beobachte ich ihn. „Und wir könnten von hier aus einen Weg nach draußen finden?“

„Na ja, sicher ist es nicht, aber wenn ich die Inschriften richtig gedeutet habe, dann gibt es zumindest die Möglichkeit.“

„Dann fangt an.“

Er nickt Daniel und mir zu und wir machen uns sofort an die Arbeit.


+++++


Während die anderen ziemlich gelangweilt an einer Wand sitzen, springen Daniel und ich vor der besagten Wand hin und her.

„Nein, das kann nicht stimmen“, gehe ich dazwischen. „Das ergibt keinen Sinn. Nur die Auserwählten durften durchgehen. Daniel, hier steht, dass für dieses Ritual eine große Zeremonie veranstaltet wurde. Ich denke, dass wir irgendeinen Schlüssel brauchen.“

„Okay, okay, okay“, beginnt Daniel laut zu überlegen. „Normalerweise sind es immer die Goa’uld, die das Tor aktivieren und irgendwelche Durchgänge öffnen, also muss es hier irgendwo eine Öffnung geben, in der ein Kristall oder etwas anderes passt.“ Suchend dreht er sich einmal im Kreis, bis er schließlich seufzend stehen bleibt. „Oder es bezieht sich auf die Antiker.“

„Aber die Schlangen und die Inschriften deuten doch auf die Goa’uld hin“, halte ich ihm ganz sachlich vor die Augen. „Nur solche Parasiten halten sich für Götter!“

„Sicher“, nickt Daniel mehrmals, „aber die Antiker waren nun einmal die Erbauer des Stargates. Die Goa’uld haben lediglich adaptiert. Sie haben es nur ihren Vorteilen angepasst. Und es ist offensichtlich, dass die Maya von den Antikern gewusst haben. Vielleicht haben die Maya ja auch durch die Antiker ihr Wissen erhalten.“

„Und? Und was soll uns das jetzt sagen?“

„Zumindest würde das heißen, dass du Recht hattest. Offensichtlich gibt es doch irgendeinen Zusammenhang.“

„Hey“, mischt sich plötzlich Jack an, der mit Sam und Teal’c an der Wand sitzt. „Schon was gefunden?“

Daniel dreht sich kurz zu ihm um. „Wir arbeiten noch dran.“ Und lenkt dann seine Aufmerksamkeit sofort wieder auf meine Wenigkeit. „Ich will lediglich sagen, dass die Maya vielleicht schon einen Weg gefunden haben das Wissen der Antiker zu nutzen. Überleg dir doch mal. Ihr Wissen in Mathematik und Wissenschaft, über die Sterne und die Astronomie.“

„Und wieso haben sie sich dann von so ein paar Würmern verschaukeln lassen?“

„Es waren auch nur einfache Menschen, die an ihre Götter geglaubt haben.“

Ich kann nicht anders als mit dem Kopf zu schütteln. Das bringt uns kein Stück weiter! „Daniel...“, beginne ich.

„Ich bin ja kein Wissenschaftler“, mischt sich erneut der Colonel ein und als wir uns umdrehen sehen wir, wie Sam und Teal’c ihm helfen aufzustehen, „aber hat einer von euch vielleicht mal in Erwägung gezogen, dass es weder etwas mit den Antikern noch den Goa’uld zu tun hat? Vielleicht ist es ja schlichtweg das, was man in so zahlreichen Ruinen findet: Eine bekritzelte Wand.“

Er humpelt zu uns hinüber und um ehrlich zu sein, der hat gesessen. Ich brauche ein paar Sekunden, um das wirklich zu verstehen.

„Unmöglich“, ist meine prompte Antwort. Er starrt mich einen Augenblick nur an, aber ich gerate nicht in irgendwelche Erklärungsnot. „Nein, ich meine, hier wird das Stargate deutlich erwähnt. Es wird von einem Durchgang erzählt, es steht alles da.“

„Ja, aber wird nur über das Stargate gesprochen oder steht da auch irgendwo drin, dass sich hinter dieser Wand ein Durchgang befindet.“

„Es…“, beginne ich, aber verstumme, als ich Hilfe suchend zu Daniel schaue. Darauf fällt mir nichts an.

„Ah, je nachdem wie man es interpretiert, könnte es sich durchaus nur um einen Hinweis auf das Stargate handeln, aber nicht unbedingt auf einen Durchgang, der uns von hier wegbringt“, gibt Daniel schließlich reumütig zu. „Jetzt, wo man drüber nachdenkt, erscheint es sogar logisch“, murmelt er geschlagen.

Ich bin aber noch nicht bereit meine Niederlage einzugestehen. „Natürlich gibt es hier einen Durchgang“, gehe ich aufgebracht dazwischen.

Vor ein paar Wochen hätte ich nicht im Traum daran gezweifelt, dass es lediglich eine Erzählung ist, ein Nachlass unserer Vorfahren, ein Vermächtnis für die Geschichte. Damals habe ich noch nicht einmal daran gedacht, dass sich da irgendwo ein Durchgang befinden könnte, dieser Gedanke kam mir erst, als mir die Wand wieder eingefallen ist. Keine Woche mit außerirdischen Technologien später und ich sehe noch nicht einmal das Offensichtliche vor mir.

„Vielleicht aber auch nicht“, fährt Jack fort und bohrt in meiner offenen Wunde nur noch weiter herum.

Unweigerlich will ich zu einem Protest ansetzen, mein Mund ist schon geöffnet, während mein Blick noch einmal über die Wand gleitet, um nach irgendeinen Beweis zu suchen. Aber ich sehe ihn nicht. Durchgang ja, aber nicht hier. Schockiert über die Erkenntnis, dass wir nicht hier rauskommen, sacken meine Schultern eine ganze Etage tiefer.

Wie kann man nur so geblendet sein? Ich habe uns geradewegs in eine Sackgasse geführt und jede Sekunde, die wir hier unten waren, ist verschwendete Zeit. Mir wird ganz schwindelig.

Benommen schweift mein Blick über die Wände und die Striche, Andeutungen ergeben plötzlich einen Sinn. Es ist nichts weiter als das, was es ist. Eine Wand. Keine, geheime Technologie, kein Durchgang. Jetzt, wo ich drüber nachdenke, ergibt es auch relativ wenig Sinn. Wieso sollte jemand eine Stunde durch einen engen Gang latschen, nur um hier einen versteckten Durchgang zu finden? Ich glaube kaum, dass ein Goa’uld sich die Zeit dafür nimmt. Vollkommen taub von dieser plötzlichen Erkenntnis, drehe ich mich um und lehne mich gegen die Wand. Ich muss mich setzen.

Abwesend lasse ich man an der Steinmauer hinunter gleiten. Alles umsonst. Wie konnte ich nur so blind sein? Nach einer Antwort suchend, schaue ich hinauf zu Daniel, der ebenfalls ziemlich baff zu sein scheint, aber schon wieder in einer seiner Diskussionen mit Jack vertieft ist. Gott, er sieht den ganzen Tag nichts anderes, aber *mir* hätte es doch auffallen müssen! Ganz langsam beginne ich damit meine Schläfen zu massieren, das ist alles nicht wahr, das passiert nicht wirklich.

„Hey“, stupst mich Sam mit ihrer Stiefelspitze an. Gepeinigt schaue ich zu ihr auf.

„Ich hab’s vermasselt.“

„Nein, hast du nicht.“ Wie es eine gute Freundin so macht, setzt sie sich neben mich und legt ihr Maschinengewehr zur Seite. „Wir sind alle etwas gestresst und außerdem, hättest du ja Recht haben können.“

„Habe ich aber nicht.“ Sie drückt einmal meinen Arm und mit einem schweren Seufzen schiele ich hinüber zum Colonel, der weiterhin von Teal’c gehalten und von Daniel zugelabert wird. Erneut schüttle ich nur mit dem Kopf. „Ich meine, wieso? Wieso habe ich es nicht gesehen, aber Jack? Er kennt sich auf diesem Gebiet doch gar nicht aus.“ Energisch deute ich in seine Richtung und sehe dann wieder Sam an. Wieso? Steht groß in meinen Augen geschrieben.

Ein leichtes Lächeln umspielt ihre Lippen. „Manchmal hat der Colonel die Gabe die Dinge aus ihrer einfachsten Perspektive zu betrachten.“ Einen Moment sehe ich sie einfach nur schweigend an. „Glaub es mir oder nicht, aber damit hat er uns schon mehr als einmal das Leben gerettet.“

Ein leichtes Lachen kriecht meine Kehle hinauf. „Und was jetzt?“

„Daniel, ich sage Ihnen, jetzt ist Zeit für Plan B!“, beantwortet mir der Colonel aufgebracht die Frage. Verdutzt tauschen Sam und ich einen Blick aus und gesellen uns geschwind zu den anderen.

„Plan B, Sir?“, hackt Sam vorsichtig nach. „Es gibt einen Plan B?“

„Sicherlich gibt’s den“, kommt die pampige Antwort. „Nach A kommt immer B.“

„Und wie sieht der aus?“

„Er will--“, geht Daniel dazwischen, wird aber nach nur zwei Worten scharf von Jack unterbrochen.

„Sprengstoff. Was sonst?“ Um seinen Worten noch mehr Bedeutung zu verleihen, zieht er aus Sams Tasche einen Sprengsatz.

Mehr als schockiert schnappe ich nach Luft. Das kann er nicht tun! Mit offen stehendem Mund, packe ich nach Sams Arm. Das darf er nicht tun! Nicht, weil ich darauf beharre, dass diese Kunstwerke hier erhalten bleiben sollen (okay, ist auch ein Grund) aber diesmal geht’s wirklich darum, welche Auswirkungen das haben kann. Und Sam ist hier offensichtlich die einzige, auf die er noch zu hören scheint! Wir anderen könnten uns genauso gut vor eine Parkuhr stellen und die versuchen zu überzeugen.

„Sir“, ergreift Sam das Wort. „Diese Gemäuer hier sind schon über tausende von Jahren alt. Wir hatten bisher Glück, dass sie nicht von dem Erdbeben beschädigt wurden.“ Jack setzt bereits zum Sprechen an, aber Sam lässt ihn nicht zu Wort kommen. „Ich weiß, Sie denken, wenn sie bisher die Beben überstanden haben, dann wird eine Ladung C-4 auch nicht viel ausrichten. Aber das stimmt nicht. Jede weitere Detonation oder Beben könnte das auslösen, was uns bisher erspart blieb. Die Konsistenz der Steine ist alles andere als sicher.“ Sie atmet einmal tief durch. „Sir, wenn Sie die C-4 Ladung zünden, könnten wir hier alle unter den Steinen begraben werden und dann haben wir keine Chance mehr hier heraus zu kommen.“

Der Colonel scheint ernsthaft über den Einwand nachzudenken, abzuwägen, ob er bereit ist unser aller Leben zu riskieren, um hier herauszukommen. Abwechselnd schielt er zwischen der Decke, den Säulen, der Wand und unserem einzigen Ausgang in das Labyrinth hin und her. Nach unbeschreiblichen zwei Minuten des konstanten Schweigens, drückt er schließlich Sam das C-4 zurück in die Hand.

Ein erleichtertes Raunen geht durch die Halle. „Wir brechen sofort auf.“

Wie die fleißigen Bienchen sammeln wir kurzerhand alles zusammen, bis wir startbereit sind. Ich habe kaum den ersten Schritt getan, als ich inne halte und lausche. „Habt ihr das auch gemerkt?“

„Was denn?“

„Ich kann es nicht genau beschreiben.“ Für ein paar Sekunden kneife ich meine Augen zusammen, um meinen Gehör – und Tastsinn zu stärken. Da ist es schon wieder. Eine merkwürdige… Vibration. „Da… da ist es schon wieder.“ Meine Augen fliegen auf.

„Ich merke nichts“, antwortet der Colonel. „Weiter.“

„Jack, warten Sie mal“, ruft Daniel. „Ich glaub’, ich merke es auch.“

Er tippt Teal’c an die Schulter und sie drehen sich gemeinsam um. „Daniel?“

„Warte…“ Er schließt seine Augen, spreizt seine Finger, so als ob er die Vibrationen auffangen will. Und dann ist es wie ein Zittern, das sich langsam an die Oberfläche arbeitet. Wie das böse Grauen aus dem Schlund. Ein Grollen. Wenn ich den Film „Herr der Ringe“ einmal zu oft gesehen hätte, würde ich behaupten, es sei der Balrog von Moria. „Das“, sagt Daniel und sieht bestimmt in Jacks Richtung.

„Okay, das habe ich gespürt.“

„Wir würden es nie rechtzeitig schaffen aus dem Tunnel zu kommen“, wirft Sam ein. „Wir müssen einen anderen Weg finden.“

„Ja, und ich weiß auch schon welchen.“

Wir stehen in der Mitte der Halle. Ein Teil von uns hat sich bereits dem Ausgang genähert, während die Erde unter uns ihren Ärger freien Lauf lässt. Die ersten Risse zeichnen sich in den Wänden ab, Gesteinsbrocken fliegen aus den Mauern, von der Decke. Unter dem Beben, beginnen die ersten Schlangenstatuen zu wackeln.

Wie in Trance sehe ich, wie Sam an mir vorbei zur Wand rennt. „Liz“, ruft sie, „gibt mir all dein C-4.“ Vollkommen erstarrt, sehe ich sie nur an. „Na los!“

Es ist schließlich Daniel, der meine Taschen durchwühlt. Nach und nach wirft er Sam die Pakete zu. Ein lauter Knall reißt mich letztendlich aus meiner Starre. Direkt vor unserem Ausgang beginnt die Decke zu bröckeln, die erste Statue ist bereits auf dem Boden zerschellt. Teal’c schafft es gerade noch rechtzeitig sich und den Colonel in Sicherheit zu bringen.

Zu Tode geängstigt, weiche ich den Brocken aus, doch als ich ein unverkennbares Knacken unter meinen Füßen höre, halte ich in meiner Bewegung inne und schaue hinunter auf den Boden. Ein Riss, direkt unter meiner Sohle. Oh mein Gott.

Schockiert wirbelt mein Blick zu den anderen, aber die scheinen es noch nicht bemerkt zu haben. „Der Boden!“, schreie ich, aber meine Worte gehen im Getöse unter. „Der Boden reißt auf!“

Durch die ganzen Staubschwaden kann ich nur ansatzweise erkennen, wie Sam versucht den Sprengstoff sicher an die Wand anzubringen, ohne von irgendwelchen Steinen getroffen zu werden.

Nach nur wenigen Sekunden wird mir eines ganz deutlich. Jeder ist auf sich gestellt. Jeder kämpft um sein eigenes Überleben. Und als ob das die treffenden Gedanken gewesen sind, rolle ich mich zur Seite, bevor der Riss im Boden zu einem großen Spalt aufreißt. Außer Atem starre ich hinunter über den Rand des Abgrundes. Das war mehr als knapp.

„Fertig!“, höre ich Sam rufen und sehe, wie sie sich aufrichtet, um sich so weit wie möglich von der Explosion zu entfernen.

Der Spalt ist inzwischen so groß geworden, dass man hineinfallen könnte. Der Raum ist geteilt. Sam auf der einen Seite und wir auf der anderen. Mit Schrecken schweift mein Blick zu Sam, die Schwierigkeiten hat ihr Gleichgewicht zu halten. Wenn sie genug Anlauf nimmt, kann sie es vielleicht schaffen, aber das erzürnte Zittern der Erde macht es ihr nicht einfach.

Uns allen nicht. Denn auch wenn ich hier platt auf dem Bauch liege, es kostet mich Unmengen an Kraft mich gezielt in eine Richtung zu bewegen. Ein plötzlicher, lauter Knall, begleitet von fliegenden Brocken, die über uns hinwegfegen, lassen mich inne halten.

„CARTER!“, zerrt die schockierte Stimme des Colonels durch die Halle.

Ich wage nicht aufzublicken, aber ich scheine nicht mehr Herr über meine motorischen Funktionen zu sein. Meine Augen fahren in ihre Richtung. Wie in Zeitlupe wird Sam nach vorne geschmissen, große, blaue von Angst erfüllte Augen starren Jack an. Ihr Blick ist auf ihn gerichtet. Ihre Arme schlingern in der Luft herum, um irgendeinen Halt zu finden, aber durch die plötzliche Druckwelle ist ihr Körper wie ein Blatt im Orkan. Sie wird einfach über den Boden gefegt und verschwindet dann im Abgrund.

„SAM!“

Jack streckt trotz jeglicher Vernunft und Wissen, dass es keinen Sinn hat, seine Arme reflexartig nach ihr aus. Aber er kann sich kaum bewegen. Sein zertrümmertes Bein hindert ihn daran seine Pflicht zu tun. Und da ist es Teal’c, der Jack los lässt und die Kraft und den Mut aufbringt durch das Beben, die fallenden Steine, hindurch zu rennen, um sich mit seinen Oberkörper über den Abgrund zu werfen. Ein kurzer Blick in Jacks Richtung sagt mir, dass er Teal’c vermutlich dahin getreten hätte.

Ich beiße meine Zähne zusammen, sammle meine ganze Kraft und robbe und ziehe mich zu Teal’c. „Major Carter!“, höre ich ihn schreien.

Nach nur wenigen Sekunden, schaffe ich es ebenfalls über die Kante zu schielen und was ich dort erblicke, erfasst mich mit eiskaltem Grauen. Sam krallt sich mit beiden Händen verzweifelt an einen Vorsprung, während unter ihr die spitzen Kanten des Abgrundes hervorragen. Teal’cs Arm reicht nicht einmal annähernd in ihre Richtung.

„Major Carter, ich habe dich gleich.“ Noch ein Stückchen rutscht er nach vorne, sein Oberkörper verschwindet jetzt ganz, so, dass nur noch sein Gesäß zu sehen ist. „Schau nicht nach unten“, höre ich ihn rufen und er hält Sam davon ab genau das zu tun. Ihr Kopf wirbelt zu uns hoch, die Angst ist ihr förmlich ins Gesicht geschrieben.

„Du musst dich festhalten“, rufe ich ihr zu, aber ich kann die Anstrengung sehen. Sie hält das nicht mehr lange durch. „Haben wir denn kein Seil oder so etwas?“

Keine Antwort.

Auf Teal’cs anderer Seite beugt sich jetzt ebenfalls Daniel über den Abgrund und versucht Teal’c irgendwie zu helfen.

„Gib mir deine Hand, Major Carter.“

Zweifelnd sieht sie ihn an. Es sind bestimmt noch gute zehn Zentimeter Luft zwischen ihnen. Das kann nicht klappen. Zögernd hält sie Teal’cs Blick, dessen Hand noch immer in gleicher Position verharrt. Sie scheint einen inneren Krieg zu führen. Lässt sie jetzt los, hat sie ihren Halt verloren. Klammert sie sich weiterhin an den Vorsprung, können wir ihr nicht helfen.

Und dann nickt sie. „Auf drei“, bestimmt der Jaffa neben mir. „Eins, zwei… drei!“

Und sie lässt tatsächlich los, schafft es sich noch ein paar Zentimeter nach oben zu drücken und Teal’c schnellt hervor. Ihre Fingerspitzen berühren sich, seine Finger gleiten um ihre, aber dann verliert er sie. Ein Kreischen bleibt in meinem Halse stecken, als ich mit ansehen muss, wie sie jetzt nur noch mit einer Hand an dem Vorsprung hängt. Ein überraschtes und panisches Kreischen, hallt durch das Gemäuer. Sam, nein, bitte nicht. Halte durch.

„Teal’c!“, schreit Jack hinter uns und als ich kurz über meine Schulter blicke, sehe ich, wie er trotzt kaputten Bein versucht zu uns zu kriechen. Das Entsetzen steht ihm ins Gesicht geschrieben.

Das gleiche Entsetzen, kann ich ihn Teal’cs erstarrten Blick sehen. „Sam!“, schreit Daniel. „Versuchen Sie sich festzuhalten. Wir holen Sie da raus.“

Ja, und wie? Schreien meine Augen, während Sam unter uns nur noch mit einer Hand baumelt. Ihr Blick gleitet hinunter zu den Spitzen und ich kann förmlich sehen, wie sie ihre Augen schließt und ein stummes Gebet gen Himmel schickt. Das darf nicht wahr sein.

„Ich kann mich nicht mehr halten!“ Panik lässt ihre Stimme eine Oktave höher klingen. Ihre weißen Fingerspitzen rutschen Millimeter für Millimeter ab.

„Carter!“ Es ist Jack. Er liegt neben mir, Schweiß rinnt in Bahnen über seine Stirn.

„Sir…“ Sie schüttelt nur mit dem Kopf. Ein Blick, so endgültig wie die Apokalypse.

„Sam… nicht…“, fleht er.

„Ich… ich kann nicht mehr.“

Nein, nicht aufgeben. „Doch können Sie, halten Sie durch.“

„Ich…“ Aber ihre Worte, werden von einem weiteren – noch stärkeren – Beben unterbrochen. Sie hat keine Chance mehr. Ihre Finger lassen den Vorsprung los.

„CARTER!“


+++++


Abgrundtiefe Dunkelheit und gleißendes Licht umgibt mich zugleich. Wärme, Kälte, Hitze – alles Eindrücke, die auf einmal auf mich nieder prasseln. Was ist passiert? Ich habe das Gefühl zu fallen, meine Bewegungen nicht kontrollieren zu können, bis ich plötzlich von einem harten Aufprall gestoppt werde.

Benommen öffne ich meine Augen. Alles ist verzerrt und liegt verkehrt. Der Boden unter mir ist nicht mehr staubig oder aufgerissen, er ist kalt und glatt. Meine Fingerspitzen gleiten über die Oberfläche, meine Augen huschen hin und her. Was ist hier los… und wo bin ich?

Langsam hebe ich meinen Kopf. Wir sind definitiv nicht mehr in der Halle. Hier ist alles so… sauber – wenn nicht sogar schon steril. Kalt und unpersönlich. Eine Art futuristischer Kontrollpult steht vor mir. Er zieht sich in einem Halbkreis durch den hinteren Teil des Raumes. Schräg rechts daneben befindet sich ein großer, flacher Bildschirm – wenn man es als solches bezeichnen kann – auf dem merkwürdige Symbole und Schriftzeichen wie bei einem Bildschirmschoner bläulich aufleuchten. Erinnert mich ein wenig an den Matrixcode. Ich kann nur eines mit Sicherheit sagen: Das ist weder Goa’uld, noch Maya, noch eine Schrift der Antiker.

Mein Blick wandert weiter und bleibt bei einem großen Fenster hängen. Es ist pechschwarz draußen, bis auf die hellen Punkte, die das Firmament bespicken. Ich habe noch nie in meinem Leben die Sterne so deutlich gesehen. Sie sehen so groß aus – und sie bewegen sich. Moment, seit wann bewegen sich die Sterne? Okay, ich weiß, dass sich Sterne bewegen, aber von der Erde aus konnte man das bisher nie erkennen.

Mit einem leichten Kopfschütteln, richte ich meinen Oberkörper auf. Jetzt kommt mehr in mein Sichtfeld und ich verschlucke mich fast, als ich einen blauen Ball durch das Fenster sehe.

Ach du heilige Scheiße! Ich bin… ich bin, im Weltraum… in einem Raumschiff. Mir wird ganz schlecht. Ein krächzender Laut verlässt meinen Hals, welcher nicht ungehört bleibt. Ich krieg nen Rappel, aber das… das ist doch die Erde… Das will erst einmal verdaut werden. Vollkommen fasziniert starre ich auf das Gebilde vor mir. Mit einem hatte Teal’c Recht, sie ist in der Tat wunderschön.

Die anderen liegen direkt neben mir, irgendwo auf dem Boden verteilt. Und zu meiner grenzenlosen Erleichterung ist Sam auch mit dabei! Danke, danke, lieber Gott. Ich schwöre dir, ab heute glaube ich wieder an dich. Ein leises Stöhnen geht von Jack und Daniel aus, nur Teal’c ist bereits auf den Beinen. Er steht am anderen Ende des Raumes und scheint sich mit jemandem zu unterhalten.

„Lieber Himmel…“, murmelt Jack und fasst sich an den Kopf. Doch dann schießen plötzlich seine Augen auf. „Carter?“

Seine Hand tastet neben sich und berührt ihren Körper. Ohne sich seiner Umgebung bewusst zu sein, kriecht er in ihre Richtung. „Carter?“, flüstert er erst vorsichtig, bevor er sie sanft an den Schultern rüttelt. „Aufwachen. Kommen Sie, wachen Sie auf.“

„Oh…“, stöhnt Sam plötzlich auf und ich habe ihn noch nie so strahlen sehen, als er dieses Wort mit nur zwei Buchstaben von ihr vernommen hat. „Bin ich tot?“

„Nein“, lacht er. „Nein, das sind Sie nicht.“

„Aber ich bin gefallen.“ Sie öffnet blinzelt ihre Augen. „Ich muss tot sein.“

„Hey, ich hatte ja keine Ahnung, dass Ihre Todessehnsucht so groß ist.“

Sie lächelt leicht. „Wo sind wir?“ Sie stützt sich auf ihren Ellenbogen auf, als ich aus meinem Augenwinkel eine Bewegung vernehme.

Wir drehen uns alle in die Richtung und wir sehen, wie Teal’c und noch eine Gestalt auf uns zukommen. Ich muss träumen, das ist alles nur ein verrückter Traum. Schockiert starre ich auf das Wesen vor mir.

„Seid gegrüßt, SG-1.“

Das Ding kann ja sprechen! Ich flippe hier gleich aus! Mit einem Quietschen springe ich auf und taumle nach hinten, nur um mich wieder auf die Nase zu legen. Oh mein Gott.

„Wie immer ein perfektes Timing, Thor“, grinst Jack und hält einen Daumen hoch, bevor er erschöpft zu Boden geht.


+++++


Nach ungefähr zehn Minuten weiß ich, dass kleine, graue Männchen nicht aus irgendwelchen Science Fiction Romanen entsprungen sind, sondern, dass sie wirklich existieren, der Rasse der Asgard angehören, auf germanische Götternamen getauft sind und sich offensichtlich nicht an dem Fehlen jeglicher Bekleidung stören. Mindert meine schon fast apathische Überraschung nicht im Geringsten.

Inzwischen hat sich der Rest des Teams um der Konsole versammelt, wo das kleine Männchen – Entschuldigung, wo Thor – steht. Jack wird zum größten Teil von Teal’c und dem Pult gehalten. Aber egal wie umständlich es auch ist, er wollte partout nicht alleine auf dem Boden sitzen bleiben.

„Also, wie hast du uns gefunden?“, fragt Sam neugierig, die ihren Oberarm hält, damit die Schusswunde nicht ganz aufreißt.

„Ich habe ein verschlüsseltes Signal erhalten“, antwortet Thor in einer leicht mechanischen, monotonen Stimme und schiebt dabei ein paar Kristalle hin und her, bis wir auf dem Bildschirm Frequenzen erkennen können. „Die Nachricht war verfasst in der Sprache der Antiker und stammte von einem bereits seit tausenden von Jahren unbenutzten Antikerstützpunkt auf der Erde.“

Oh, wirklich?

„Jemand hat es vor ein paar Stunden herausgeschickt. Ein Notrufsignal.“

Sam, Daniel und Teal’c schauen in meine Richtung. „Was?“

„Das muss das Signal sein, welches du gesendet hast“, kombiniert Daniel.

„Wer hat welches Signal gesendet?“ platzt der Colonel dazwischen.

Etwas unwohl in meiner Haut, schaue ich hinunter auf meine Schuhe. „Na ja, als wir im Lager waren und ich in dem Tunnel verschwunden bin?“ Er nickt langsam. „Ich, äh, ich bin wieder zurück zu diesem Kontrollraum gelangt und habe von dort versucht irgendeinen Hilferuf zu senden.“ Anerkennend zieht er eine Augenbraue hoch.

„Wirklich?“

Ich nicke nur. „Das… das war gut.“

Mit einem Lächeln schaue ich zu ihm auf. „Danke.“

„Es tut mir leid, dass ich euch erst so spät erreicht habe“, unterbricht Thor uns. Augenblicklich lässt Jacks Blick von mir ab und schaut auf seinen kleinen Freund. Fragend sieht er ihn an. „Wir hatten ein paar Probleme mit den Replikatoren.“

„Oh, ich hasse diese Käfer.“

„Als ich in die Erdumlaufbahn eingedrungen bin, haben Apophis’ Schiffe die Erde umzingelt. Er hat, dadurch, dass er auf der Erde war, das Abkommen verletzt. Ich bin leider zu spät gekommen. Bevor ich handeln konnte, war er bereits verschwunden. Es tut mir leid, aber wenn wir ihn gefunden haben wird er vor dem Hohen Rat der Asgard zur Verantwortung gezogen.“

„Und du glaubst, der lässt sich darauf ein?“ Jack betrachtet den kleinen Kerl zweifelnd.

„Natürlich, O’Neill. Wenn nicht, wird das Konsequenzen haben. Ich habe bereits ein Signal an die anderen Asgard Kommandanten geschickt.“

„Ach“, winkt Jack unwirsch ab. „Man sieht sich ja schließlich immer fünf… sechs Mal im Leben.“

„Ich konnte noch weitere Lebenszeichen orten. Es waren ebenfalls Mitglieder des Stargate Kommandos und normale Menschen“, erzählt Thor weiter ohne auf Jacks Kommentar einzugehen.

„SG-13“, flüstert Sam. „Wir hatten keine Möglichkeit gehabt zu ihnen zu gelangen. Alles ist verschüttet gewesen.“

„Es geht ihnen gut. Ich habe sie zurück auf die Erde geschickt.“

„Danke.“

Leicht beugt Thor seinen Kopf und er schließt für einen kurzen Moment seine großen, schwarzen Augen. Jack atmet einmal erleichtert durch und hebt beide Hände „Wirklich, Thor, das war echt Rettung in letzter Sekunde. Einen Moment später und es wäre alles aus gewesen.“

„Ja“, nickt Sam. „Danke, du hast mir das Leben gerettet.“

Langsam dreht der Außerirdische seinen Kopf in ihre Richtung. „Ihr Menschen würdet sagen: ‚Jetzt sind wir quitt.’“

Sam lacht nickend und selbst in dem sonst so starren und ausdrucklosen Gesicht des Asgards kann man so etwas wie ein Lächeln erkennen.

„Ich werde euch jetzt zurück auf die Erde schicken. General Hammond erwartet euch bereits.“ Wieder bewegt er ein paar Kristalle.

„Hey, weißt du was?“, wirft Jack dazwischen. „Wenn dich diese kleinen Käfer weiterhin nerven sollten, dann weißt du ja, wo du uns findest. Einfach anklopfen und hochbea--“

Aber da ist es bereits zu spät. Wir werden von einem weißen Licht umgeben.


+++++


Passender Weise landen wir genau in der Krankenstation. Nach dem ersten Moment der Orientierungslosigkeit, wird es plötzlich ganz still um uns herum. Das Gewusel der Schwestern und Soldaten hält für nur einen kurzen Augenblick inne, um das plötzliche Auftauchen der Neuankömmlinge – also wir – zu registrieren.

Und wie die fleißigen Bienchen, begibt sich die Hälfte der Meute direkt in unsere Richtung – angeführt von niemand anderem als Janet. Wir müssen vermutlich ein ziemlich erbärmliches Abbild darbieten – verstaubt, verdreckt, halb ausgeblutet und zerrissene Kleidung. Jep, den Schönheitspreis können wir uns dann wohl abschminken.

Obwohl ich erwartet habe, dass sich Janet gleich unserer annimmt, rauscht sie an uns vorbei, bellt irgendwelche medizinischen Anweisungen mit denen man ein ganzes Lexikon füllen kann und schnappt sich den Telefonhörer an der Wand. „General, ja, sie sind soeben eingetroffen.“

Während die anderen Weißkittel bereits wie die Vampire über uns hergefallen sind und ich ehrlich gesagt nicht weiß, wo mir der Kopf steht, hält Janet mit einem kurzen, aber deutlichen Kopfschütteln vor uns inne. Ein schweres Seufzen kriecht über ihre Lippen. Vermutlich nicht das erste Mal, dass so etwas passiert.

Mit einem prüfenden Blick schätzt sie die Situation ein und schnappt sich den Colonel, da er offensichtliche Schwierigkeiten hat mit seinem kaputten Bein das Gleichgewicht zu halten. „Das sieht schlimm aus.“

„Ja, können Sie es wieder flicken?“

Ohne ihn eine Antwort zu geben, hallen die nächsten Befehle durch den Raum und zu Jacks Erleichterung wird ihm jetzt eine richtige Schiene gelegt, eine die diese Bezeichnung auch ehrlich verdient hat. Ich kann noch sehen, wie die anderen jeweils zu einem freien Bett gelotst werden, als sich auch mein Vorhang schließt.

Es ist schon komisch, wir sind wieder zu Hause. Ich hatte das Gefühl Lichtjahre entfernt gewesen zu sein und dabei haben wir bis auf vielleicht fünfzehn Minuten nicht einmal den Planeten verlassen. Ein seliges Lächeln umspielt meine Lippen. Ich bin wieder daheim.

„Ma’am?“, fragt eine junge Frau. „Tut Ihnen etwas weh?“ Ich hätte fast laut aufgelacht. Ob mir was weh tut? Mädel, du kannst einmal mein gesamtes Skelett austauschen. Aber sie sieht so unschuldig aus und hier ist die Hölle los, da will ich nicht auch noch ein schlechter Patient sein.

„Meine Schulter. Sie wurde eingerenkt, aber es scheint noch wund zu sein“, berichte ich ihr vollkommen pflichtbewusst. „Und mein Bein.“

Das Mädchen vor mir nickt und macht sich an die Arbeit. Erschöpft schließe ich meine Augen, lasse sie ihre Arbeit tun und genieße einfach nur den Gedanken an eine heiße, lange, nasse und erholsame Dusche. Oh ja, ich kann schon förmlich das prasselnde Wasser hören, wie es auf meine geschundene Haut plätschert… Gott, ich bin im Himmel.


+++++


Schonen, ausruhen, etwas schlafen, Schulter und Bein dürfen nicht belastet werden – das sind die ärztlichen Anweisungen, die ich persönlich von Janet erhalten habe und so liege ich jetzt hier. Sicher, es tut so gut endlich eine weiche Matratze unter mir zu spüren, die kühlen Laken sind Balsam für meine Haut, aber wie Sam es vor einer Woche so passend beschrieben hat, es ist Sterbenslangweilig. Däumchen drehend starre ich an die Decke und zähle die Punkte. Ich bin gerade irgendwo bei dreitausendeinhundertsiebenundzwanzig angekommen, als ich ein leises Geräusch höre.

„Psst.“

Überrascht drehe ich meinen Kopf in die Richtung und sehe, wie Daniel seinen Kopf durch den Spalt der Tür schiebt. „Wo ist sie?“

„Sie wurde vorhin zu General Hammond gerufen.“

Ein erleichtertes Lächeln huscht über sein Gesicht, als auch der Rest seines Körpers die Krankenstation betritt. Auf dem Weg zu meinem Bett, schnappt er sich einen Stuhl und platziert sich neben meinem Bett. Etwas unelegant mit einer Schlinge um den Hals, wo meine Schulter ruhig gehalten werden soll, rutsche ich etwas nach oben. „Solltest du dich nicht etwas ausruhen?“

„Ich war in meinem Quartier.“ Ich nicke kurz und wir verfallen in ein leicht unangenehmes Schweigen. „Schicker Verband“, sagt er und deutet auf meine Schulter.

„Ja? Dann hast du den hier noch nicht gesehen.“ Ich schmeiße meine Decke zur Seite und entblöße ihm mein Bein. Der gesamte Oberschenkel ist eingewickelt. Flüchtig fährt sein Blick über meinem Körper, bevor er sich leicht beschämt abwendet und ich die Decke wieder dahin zurücklege, wo sie auch hingehört.

„Janet weiß schon was sie tut. Wenn sie uns nicht zusammenflicken kann, dann kann es niemand.“ Obwohl es vermutlich wie ein Scherz klingen sollte, kann ich dennoch die Bewunderung aus seiner Stimme heraushören. Ich schürze kurz meine Lippen, während ich ihn beobachte und sehe, wie seine Augen zu strahlen beginnen.

„Also“, wechsle ich das Thema, „was passiert jetzt? Ich meine, wenn man die Mission mal unterm Strich betrachtet, dann war sie schon ein Reinfall.“

Er kratzt sich kurz am Hinterkopf, bevor er seine Hände faltet und seine Ellebogen auf seinen Knien abstützt. „Nun, wir werden noch ein Team rausschicken, damit alles abgesichert werden kann und wir einen Überblick davon haben, was sich wirklich dort unten noch alles befindet.“

„Ja, aber wir haben einiges weggebombt.“

„Ah, nein, so würde ich das nicht sagen.“ Verschmitzt sieht er zu mir hoch. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass wir den Stützpunkt der Antiker zerstören würden.“

„Aber…“

„Sam und ich haben dafür gesorgt, dass der Eingang zu dem Stützpunkt verschüttet wurde, so dass wir jetzt noch eine Chance haben dort hin zu gelangen.“ Oh, aber dafür ist diese überaus wertvolle und prachtvolle Pyramide draufgegangen. Für meine kleine Welt ist das genauso schlimm!

„Was ist mit Apophis? Ich meine, er weiß doch jetzt, was sich hier befindet. Abkommen hin oder her, wird er nicht versuchen es für sich einzunehmen?“

Ein leichtes Nicken ist seine Antwort. „Vermutlich, aber mach dir darüber keine Sorgen. Uns fällt schon was ein.“

„Die Welt zu retten?“

„Jeden Tag unser Leben zu riskieren, ja?“, antwortet er grinsend.

„So was in der Art.“ Ich seufze schwer und lasse meinen Kopf zurück in die Kissen sinken, während ich unbewusst mit der Kette um meinen Hals spiele. Der Ring tanzt über meinen Finger. Unbehaglich rutsche ich etwas hin und her. Es ist wieder da, dieses merkwürdige Gefühl der tausend nagenden Termiten in meinem Bauch. Mein Blick huscht unauffällig in Daniels Richtung, als ich das Gefühl habe, dass der Ring auf meinem Finger plötzlich glühend heiß wird. Ein Gefühl des Verrats. Nein, schüttle ich innerlich mit dem Kopf. Ich habe Tom nicht verraten, ich habe nur eine Schulter zum anlehnen gesucht. Nichts weiter. Ich hoffe nur Daniel sieht es genauso. Ich sammle alle meine Kräfte, um den Mut aufzubringen, den ich schon von Anfang an hätte haben sollen. Ich hätte gleich die Grenzen zeichnen müssen, als mich dem hinzugeben. Ich hätte so vieles tun müssen. Nachdem ich stumm bis drei gezählt habe, schaue ich zu Daniel auf. Neugierig beobachtet er mich.

„Liz-“

„Daniel-“, platzt es gleichzeitig aus uns heraus. „Ich glaube wir müssen reden.“

„Ja“, nickt er zustimmend.

„Daniel, ich mag dich.“ Na toll, so fängt doch jede schlechte Abfuhr an. Aber das hier ist keine Abfuhr, erinnere ich mich. „Ich bin so froh dich kennen gelernt zu haben, wirklich. In der einen Woche, in der wir uns jetzt kennen, habe ich das Gefühl, dass wir bereits seit Jahren Freunde sind und es ist ein tolles Gefühl. Ich will das nicht verlieren. Aber ich will auch, dass du weißt, dass wir auch nur das sind, Freunde, nicht mehr.“ Nervös fährt meine Zungenspitze über meine Lippe, während ich ihn vorsichtig anschaue. „Ich bin verlobt.“ Ich lasse den Ring los.

„Ich weiß.“ Er nickt ein paar Mal.

„Ich liebe Tom. Ich denke, dass er *der* Mensch in meinem Leben ist und ich, ich will das auf keinen Fall durch eine kurze lustvolle Dummheit auf’s Spiel setzen.“

„Kann ich verstehen.“ Er sieht mich nicht direkt an, sondern streicht sich peinlich berührt durch sein Haar, bevor er kurz seine Brille abnimmt.

„Er ist der Mann, den ich heiraten werde.“

Jetzt schaut er zu mir auf und schiebt seine Brille die Nase hoch. Ich weiß nicht, wie ich seinen Blick deuten soll, es ist so verwirrend. Keine Wut, Verletzbarkeit – vielleicht – und Erleichterung? Schließlich zeichnet sich ein kleines, schüchternes Lächeln in seinem Gesicht ab und er sieht mich direkt an.

„Ich… ich bin ehrlich gesagt froh, dass du das so siehst.“

Hä? Wie? Was?

Mein verwirrter Blick, gepaart mit meinem Schweigen zeigt ihm offensichtlich, dass ich ihm nicht so ganz folgen kann. „Ich meine, diese gewisse Chemie zwischen uns und dann der Vorfall in der Pyramide.“ Himmel, muss er damit anfangen? Ich merke schon, wie meine Wangen anfangen zu glühen. „Ich will, dass wir Freunde bleiben, Liz. Kollegen. Ich habe nie vorgehabt einen Schritt weiterzugehen. Ich will das genauso wenig kaputt machen, wie du. Dazu ist es zu wichtig, viel zu einzigartig.“

„Oh“, kommt es jetzt doch etwas enttäuscht. Und ich hatte die ganze Zeit angenommen, dass es genau das war, was es zwischen uns ausgemacht hat. Diese peinlichen Situationen, weil da irgendwas im Gange war. Oder waren es nur Ausgeburten meine Phantasie? Habe ich mir das alles nur eingebildet? Ich seufze innerlich auf, ich bin ja erleichtert, ehrlich, aber es ist schon demütigend, wenn man von einem Mann zu hören bekommt, dass er nie irgendwelche Absichten gehegt hat. Lässt mich nicht wirklich attraktiv erscheinen. Mensch und ich hatte mich schon geschmeichelt gefühlt. „Wenn das so ist“, kullern die Worte murmelnd über meine Lippen.

„Ja.“ Er deutet auf meine Kette. „Du bist verlobt.“ Ja, das bin ich und ich habe offensichtlich noch viel zu lernen. „Freunde?“

„Freunde.“

„Wie wär’s, wenn wir noch einmal von vorne anfangen?“ Er streckt mir seine Hand entgegen. „Hi, ich bin Daniel Jackson.“

„Und ich bin Liz Sullivan.“ Lachend schüttle ich die Hand und ich muss sagen, ich bin erleichtert! Jetzt muss ich das nur noch mit Tom wieder irgendwie grade biegen und alles ist wieder normal. „Ich habe ganz schönen Mist gebaut“, murmle ich. „Er wird mich hassen.“

„Nein, wird er nicht.“ Er klingt so zuversichtlich. „Er wäre verrückt dich zu hassen. Du bist eine klasse Frau, Liz. Egal, was du getan hast, er wird es dir verzeihen.“

„Ehrlich?“

Er nickt. „Glaub mir, ich weiß wovon ich spreche. Ich war mal verheiratet.“ Ich strahle ihn an und mal ehrlich, Daniel und ich hätten eh nicht zusammen gepasst. Eine Freundschaft – eine wirkliche, echte, tiefe Freundschaft – in der man sich vertrauen kann, ist mir wichtiger als jedes lustgesteuertes Abendteuer und obwohl ich Tom abgöttisch liebe, würde ein Teil von mir sterben, wenn ich das verliere, was ich mir hier mit Daniel aufgebaut habe. Es ist noch nicht viel, vielleicht gerade mal ein Fundament, aber ein Fundament auf dem noch Paläste entstehen werden.

„Hey“, sage ich schließlich, „wenn das mit Tom nicht klappen sollte, rufe ich dich an, okay?“,scherze ich und grinse ihn schief an.

Lächelnd nickt er und nimmt meine gesunde Hand. „Ich hoffe, ich werde diesen Anruf nie erhalten.“ Nickend stimme ich ihm zu. Ja, das hoffe ich auch.

„Ich ruf dich trotzdem an“, verkünde ich stolz.

„Wieso das?“

„Na ja“, antworte ich mit einem einseitigen Schulterzucken, „ich würde mich freuen, wenn du auch zu meiner Hochzeit kommen würdest.“

„Gerne“, lächelt er. „Ich komme auf jeden Fall.“

„Schön.“ Mit einem erleichterten Seufzen, atme ich einmal tief durch.

Diesmal ist es ein angenehmes Schweigen, welches uns umgibt und wird nur durch Janet unterbrochen, die einen Rollstuhl vor sich herschiebt. „Daniel, hatte ich Ihnen nicht gesagt, Sie sollen sich noch etwas ausruhen?“

„Ja.“ Doch dann deutet er auf den Rollstuhl. „Für wen ist der denn?“

Sie seufzt einmal. „Für den Colonel.“

Er fängt an zu lachen. „Und Sie glauben ernsthaft, dass er sich da reinsetzen wird?“

„Nein.“ Und damit verschwindet sie wieder. Daniel schaut ihr noch solange hinterher, bis sie hinter einem Vorhang verschwunden ist. Als ob ich ihn bei etwas Verbotenem erwischt hätte, schnellt sein Blick schuldbewusst zurück.

„Weißt du“, beginne ich langsam und schiele zurück zu dem Vorhang, „ich glaube, dass es für jeden nur den einen richtigen Menschen gibt.“

„Ein Seelenverwandter?“

„Ja.“

„Die hatte ich bereits“, sagt er in einem traurigen Ton. „Meine Frau ist tot.“

Oh. „Das, das wusste ich nicht.“ Ich schaffe es auch immer in die größten Fettnäpfchen zu treten.

Er schüttelt nur mit dem Kopf und lächelt dann wieder. „Ihr Name war Sha’re. Sie stammte von einem anderen Planeten.“

Was auch sonst? Die Erde reicht ihm wohl nicht aus. „Okay, aber auch unser blauer Planet hat einiges zu bieten. Ich wette mit dir, dass sie sich bereits direkt vor deiner Nase befindet.“

Daniel will gerade zum Sprechen ansetzen, als uns ein aufgebrachtes Schreien unterbricht. „Das können Sie vergessen, Doc! Ich werde mich auf gar keinen Fall in dieses Ding reinsetzen!“

„Colonel--“

„Was glauben Sie wohl, warum uns der liebe Gott zwei Beine geschenkt hat?“

„Colonel, wenn ich Sie daran erinnern darf, dann haben sie eine Infektion an ihrer Schulter und wie mir berichtet wurde, hatten Sie während der Mission einen Fieberanfall und somit ist Ihr Immunsystem noch geschwächt, also, wenn Sie aufstehen wollen, dann benutzen Sie den Rollstuhl, ansonsten bleiben Sie liegen.“

„Niemals.“

„Gut, dann bleiben Sie im Bett.“ Wir sehen, wie ein Schatten sich dran macht wieder zu verschwinden.

„Hey!“ Janet bleibt stehen. „Lassen Sie das Ding hier stehen.“ Sie rollt den Rollstuhl zurück. „Vielleicht ist er ja noch ganz nützlich.“

Mit einem amüsierten Kopfschütteln sehen Daniel und ich uns einen Augenblick an. Ja, wir sind wieder zu Hause.


+++++


Im Gegensatz zum Colonel finde ich den Rollstuhl äußerst praktisch. Keine großartigen Anstrengungen und man kommt sogar noch recht flott von der Stelle. Ich fahre um den Vorhang herum, bis ich vor seinem Bett stehe. Er sitzt weiterhin mit verschränkten Armen in seinem Bett und der Rollstuhl steht jungfräulich daneben. Er würdigt das Gefährt keines einzigen Blickes.

„Sullivan.“ Überrascht sieht er mich an. „Wie geht’s der Schulter?“

„Super“, grinse ich. „Dem Bein?“

„Hervorragend.“

„Wollen Sie es nicht wenigstens mal versuchen. Ist gar nicht so schlimm.“ Ich rolle etwas vor und zurück.

„Nein. Ich hasse diese Dinger.“ Ich nicke kurz und er schielt mich aus dem Augenwinkel heran. „Ich habe mich noch gar nicht wirklich bei Ihnen bedankt“, kommt es etwas zögernd über seine Lippen. Offensichtlich ist das etwas, wo er seinen Stolz mal herunterschlucken muss.

„Wofür?“

„Die Idee die Asgard zu rufen, war genial. Hätte glatt vor mir sein können.“

„Ich hatte nicht angenommen, dass es klappen würde.“

Er nickt. „Hat es aber und das ist das, was zählt.“

„Ja, hören Sie, Jack, meine Entscheidung in der Halle zu bleiben war ein Fehler gewesen. Ich habe uns alle in Lebensgefahr begeben.“

„Ich habe es akzeptiert.“

„Ja, aber wenn ich mich nicht von allem hätte beeinflussen lassen, dann hätte ich sehen müssen, dass es lediglich eine Huldigung war und kein verborgener Durchgang.“

„Sullivan, das ist Schnee von gestern.“

„Aber--“

„Kein Aber.“

Ich schüttle nur mit dem Kopf. Ich kann das nicht so einfach abtun. „Nein, wegen mir ist Sam fast gestorben!“

Für einen kurzen Moment schließt er seine Augen, so als ob er verhindern will, dass ich irgendwas in seinen Blick lesen könnte. Eine Hand ballt sich zur Faust und umklammert das Laken. „Sullivan“, murmelt er angespannt.

„Ich hätte sie fast umgebracht“, flüstere ich mit erstickter Stimme. „Ich hätte uns alle fast umgebracht.“

„Hören Sie auf.“

„Ich meine--“

„Hören Sie auf, okay?“ Er sieht mich jetzt bestimmt an. Seine Augen sind so schwarz wie die Nacht. „Sie konnten nicht wissen, dass das Beben wieder losgeht.“

„Nein, aber ich hätte es ahnen müssen und dennoch habe ich darauf bestanden, dass wir dort unten bleiben.“

„Es war nicht Ihre Schuld.“

„Ich hätte es mir nie verziehen.“ Schluchzend atme ich einmal tief ein. Gott, jetzt sitze ich wie ein heulendes Etwas vor dem Colonel.

„Sie haben nur versucht das Richtige zu tun.“

„Ja, aber manchmal ist es falsch das Richtige zu tun.“ Wirsch wische ich mir schnell über meine Augen. „Ich hätte mein Verstand benutzen sollen.“

„Niemand wird Ihnen irgendwelche Vorwürfe machen.“ Er räuspert sich kurz, nur um anschließend das Thema zu wechseln. „Die Beben waren der Vorbote eines Vulkanausbruches ganz in der Nähe. Überall in der Gegend sind wohl Häuser eingestürzt. Bisher kamen bei diesem Unglück knapp fünfzig Menschen ums Leben. Wir hatten besonders großes Glück. Und wenn Sie Thor keine Nachricht geschickt hätten, wären wir alle dort unten gestorben.“

Ich lache kurz auf. „Na, jetzt, wo eh alles nur noch Schutt und Asche ist, bin ich eh arbeitslos.“ Seufzend vergrabe ich meinen Kopf in meinen Händen. Ich weiß noch gar nicht, wie ich das den hohen Tieren alles erklären soll.

„Da hätte ich ein Angebot für Sie“, ertönt plötzlich die Stimme des Generals hinter mir. Ruckartig blicke ich zu ihm auf. Hinter ihm stehen ebenfalls Sam, Teal’c und Daniel.

„General.“ Auch wenn ich nichts mehr retten kann, fährt mein Arm noch einmal über meine Augen.

„Colonel O’Neill hat mich darüber informiert, was passiert ist und ich habe mich bereits mit Ihren Vorgesetzten in Verbindung gesetzt.“ Abwartend schiele ich zu Sam hinüber, die wie ein kleines Honigkuchenpferd grinst. „Ich habe Ihnen die Situation erklärt und Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.“

„Oh, danke… aber dennoch muss ich sehen, dass ich irgendwie wieder Arbeit kriege.“

„Auch dafür gibt es eine Lösung.“ Er lächelt und Sam nickt leicht mit dem Kopf. Was kommt denn jetzt? „Wenn Sie ein neues Projekt gefunden haben, dann lassen Sie uns das wissen. Wir werden Ihnen und Ihrem Team alles Nötige zur Verfügung stellen - sehen Sie es als kleine Entschädigung und als Dankeschön.“

Wow, ich bin platt. Total umgehauen. Und ich habe da auch schon den perfekten Kandidaten. Strahlend schaue ich zu ihm auf. „General, ich wüsste das schon etwas.“ Vielleicht kann ich jetzt die Cenote ja auch mal in einem gesicherten Zustand herunterklettern.

Er nickt. „Dann sollten wir das so schnell wie möglich klären.“

Und genau in diesem Moment kommt Janet zu uns. Ein Klemmbrett hat sie vor ihre Brust gepresst, während ihr Blick einmal von mir zum Colonel und dann zum einsamen Rollstuhl wandert. „General“, ergreift Janet das Wort. „Mit Doktor Sullivans Einstimmung habe ich eine Blut – und DNA Analyse durchgeführt und diese mit der von Colonel O’Neill verglichen.“

„Und?“

„Die DNA Analyse hat ergeben, dass ein bestimmter DNA Strang aktiv ist, von dem bisher vermutet wurde, dass er inaktiv ist. Mit Ihrer Erlaubnis würde ich noch gerne weitere Tests durchführen und auch untersuchen, wer vom SG Personal vielleicht noch diese Anomalie in sich trägt.“

„Natürlich, Doktor.“

Heißt das jetzt, dass ich halb außerirdisch bin? Tja, wir stammen ja angeblich eh alle vom Mars. Das tröstet mich zumindest ein klein wenig.

Bevor der General verschwindet, hält er noch einmal kurz inne. „Doktor Sullivan, sobald Doktor Fraiser Sie entlassen hat, kommen Sie doch in mein Büro und wir klären alles.“

„Ja.“ Als der General verschwunden ist, atme ich einmal lange aus. „Wow, wer hätte das gedacht?“

„Herzlichen Glückwunsch“, grinst Daniel mich an. „Du hast es dir verdient.“

„Und wenn ich dort wieder etwas finde?“

„Sie wissen ja, wo Sie uns finden“, kommentiert Jack. „Und wenn Sie wieder arbeitslos werden, denke ich, hat Daniel noch einen Platz für Sie frei.“

Überrascht sehe ich zwischen den beiden hin und her. „Wie? Was? Was soll das heißen?“

Er zuckt unschuldig mit den Schultern. „Vielleicht bist du ja daran interessierst uns hin und wieder auszuhelfen.“

„Aber, ich dachte…“

„Sie sind qualifiziert auf Ihrem Gebiet und der General hat auch schon sein Einverständnis gegeben, dass, wenn Sie Interesse haben, wir Sie zu Rate ziehen, solange Sie natürlich schweigen wie ein Grab.“

„Wow, das kommt jetzt etwas überraschend.“

„Denk mal in Ruhe darüber nach.“

„Aber ich wohne doch in Washington.“

„Sullivan, wir sind hier bei der Air Force.“

„Oh.“ Richtig.

„Na ja, sie hat sich mehr als qualifiziert“, wirft Janet ganz beiläufig mit ein, während sie noch ein paar Notizen macht. „Zumindest aus meiner Sicht.“

„Und wie hat sie das, Doc?“

Sie zuckt mit den Schultern und lächelt den Colonel an. „Sie hat eine Mission von SG-1 überlebt. Ich würde sagen, damit ist sie mehr als qualifiziert.“

Während SG-1 sie mit offen stehenden Mündern anstarrt, ich mir in mein Fäustchen lache, zwinkert Janet mir nur zu und verschwindet zu einem anderen Patienten von irgendeinem anderen SG Team.

Daniel ist der erste, der sich von diesem Schock erholt hat. „Also, ich weiß ja nicht, wie ihr das seht, aber jetzt wo wir alle wieder hier sind, sollten wir unbedingt noch unser Barbecue nachholen.“ Er klatscht einmal in die Hände und sieht hoffnungsvoll in die Runde.

„Barbecue? Welches Barbecue?“

Verwirrt sieht Jack uns alle und lässt sich von seinem Team erklären, was vor unserer Mission geplant war. „Und ich war nicht eingeladen?“ Wie ein kleines Kind sieht er trotzig von einem zum anderen.

„Wir hätten Sie noch angerufen… Sir“, druckst Sam herum. Ja, zu diesem Zeitpunkt lief sie noch auf Eierschalen, als es um den Colonel ging und ich glaube kaum, dass er auf der Gästeliste stand. Aber wenn ich mir Sam und ihn jetzt ansehe, wie sie leicht ihren Mund verzieht und er lächelt, weil er es geschafft hat sie in Verlegenheit zu bringen, weiß ich, dass er jetzt definitiv ein Gast ist.

Und somit steht es fest. Samstag bei Sam um sieben Uhr.


+++++


Samstag, sieben Uhr und die Bude ist voll. Na ja, was man als voll bezeichnen will, wir sind hier eher im kleinen Kreise. SG-1, Janet und meine Wenigkeit. Jack hat es doch tatsächlich geschafft Janet zu überreden hier nicht im Rollstuhl auftauchen zu müssen. Allerdings hat sie nur unter tausend von Einschränkungen zugestimmt und sie hat mir verraten, dass sie Ersatz mitgebracht hat. Und zwar im Kofferraum. Mit keinem großen Jubel, aber eindeutig weniger Missgunst, hatte er die Krücken akzeptiert, die Janet ihm beim Ausstieg aus dem Auto hingehalten hatte.

„Die oder der Rollstuhl, Colonel. Sie haben die Wahl.“

„Geben Sie schon her“, hatte er gemault und sich die Krücken geschnappt.

Da ich in den letzten Tagen nichts anderes gemacht habe, als auf der Couch zu liegen und zu telefonieren, muss ich zwar noch Vorsicht walten lassen, aber wenn jemand da ist, darf ich das Bein auch belasten. Und ja, die Tatsache, dass ich mehr oder weniger Gehbehindert bin, hat mein Verstand gleich ausgenutzt, um über alles nachzudenken. Nein, nicht über Tom und das alles, nein, dazu habe ich die nächsten Tage noch Zeit. Nein, ich habe viel mehr die letzten Tage Revue passieren lassen. So sieht also eine ganz normale Arbeitswoche von Sam aus. Ich rechne bei Sam ja mit vielen Dingen, aber damit bestimmt nicht. Sie überrascht mich immer wieder. Ist schon lustig, wenn man mal genauer drüber nachdenkt, dann wird die Erde also immer wieder von einer kleinen Stadt irgendwo in Amerika – Colorado Springs – gerettet. Zumindest starten sie von hier. Es ist nicht das Weiße Haus, nicht das Pentagon, keine CIA, FBI und was es da noch so alles gibt. Nein, es ist ein unauffälliger Berg mitten in Colorado Springs. Ich lache kurz auf, als ich einen Schluck von meinem Bier nehme. Verrückte Welt.

Aber was diese Menschen da unwissend von der Bevölkerung dort Tag ein Tag aus durchmachen und aushalten müssen verdient mehr als nur meinen Respekt. Es verlangt meine ganze, ehrfürchtige und aufrechte Anerkennung. Sie riskieren ihr Leben, nur damit wir hier oben unseres weiterhin durch Kleinigkeiten zerstören. Oh Mann, wie blind wir doch alle sind! Die Hälfte der Menschheit gibt einen Haufen Geld dafür aus, um sich von einem Seelenklempner sagen zu lassen, dass sie ein Problem haben und Hilfe brauchen. Ich sage euch, verbringt eine Woche mit diesen fabelhaften Menschen und ihr seid geheilt! Ich bin es. Denn ich weiß jetzt, dass es sich nicht lohnt darüber aufzuregen, dass meine Telefonrechnung zu hoch ist, dass mir irgendwer einen Parkplatz weggenommen hat oder dass sich mein Freund zu einer Verabredung verspätet hat. Nein, das ist alles Kleinkram. Wir haben erst Probleme, wenn diese Menschen in ihren Beruf versagen und so wie ich Sam kenne, und auch Daniel, Jack, Teal’c und Janet werden sie es nicht. Ab heute sind diese Leute meine wahren Helden.

Mit einem unglaublichen Gefühl der Leichtigkeit genieße ich das Getummel. Ich habe mit Hammond gesprochen, alles ist geklärt und ja, Tom habe ich auch schon angerufen. Nachdem ich reumütig auf dem Boden gekrochen bin, tat es auch ihm Leid, dass er so egoistisch gewesen ist. Zum ersten Mal in meinem Leben scheint alles nach Plan zu laufen und das ist für mich mal eine ganz neue Erfahrung.

Genussvoll schlürfe ich an meinem Bier und lehne mich im Stuhl zurück. Daniel und Janet wirbeln irgendwo zwischen Wohnzimmer und Küche hin und her, Teal’c steht am Grill (habe mir von Sam sagen lassen, dass unter keinen Umständen Jack auch nur in die Nähe des Grills kommen darf – es sei denn wir wollen verkohltes Fleisch essen) und Sam und Jack kann ich nirgends sichten.

„Hey“, ruft Daniel und lässt sich neben mir auf die Couch fallen.

„Wo hast du Janet gelassen?“

„Oh, sie ist im Badezimmer verschwunden.“

„Ah.“

„Also, konntest du schon mit Tom reden?“

„Ja“, lächle ich ihn an. „Ich fliege Montag nach Madrid.“

„Madrid?“

„Dort arbeitet er im Moment. Wir werden uns so richtig aussprechen und uns dann versöhnen.“ Doppeldeutig wacklige ich mit meinen Augenbrauen.

Neben mir verschluckt sich der Arme Kerl fast an seinem Bier. „Da bin ich mir sicher“, krächzt er. Unschuldig wie ich bin, klopfe ich ihm ein paar Mal auf den Rücken. Hey, woher soll ich denn ahnen, dass ihn das Thema so aus dem Konzept bringt? „Lässt Janet dich denn schon wieder gehen?“

„Ja. Sie hat gesagt, dass ich noch einmal meinen Hausarzt aufsuchen soll und solange ich nichts zu sehr belaste, wird alles heilen. Nur an meinem Bein wird vermutlich eine kleine Narbe zurückbleiben.“ Jetzt kann ich die ausgedehnten Sonnenbäder wohl vergessen. Wie sieht das denn aus? Alles knacke braun und auf meinem Bein zieht sich ein weißer Strich bis ins Nirgendwo. Frankensteins Braut ist nichts dagegen.

„Ach, ich habe da noch ne Kleinigkeit für dich.“

Überrascht sieht er mich an. „Oh, wirklich?“

Ich nicke und greife hinüber zu einem kleinen Tisch in der Nähe, wo ein Plastikpaket drauf liegt. Der Inhalt ist grünlich und es ist Stoff. „Die hier gehören dir.“

„Was ist das?“ Wie ein kleines Kind schnappt er sich das Paket und dreht es ein paar Mal in der Hand herum.

„Nachdem deine ganzen Kopftücher für meine Wunden herhalten durften, dachte ich mir, dass ich sie dir ersetze.“

„Wow, danke. Das hätte echt nicht sein müssen. Meine ganze Schublade ist voll damit.“

„Oh, ich will es aber. Wusstest du, dass es sie im Dreierpack gibt?“

„Ja, super diese Dinger.“ Er lächelt mich an und rutscht dann noch weiter mir herüber. Überraschenderweise nimmt er mich einmal kräftig in die Arme und drückt meinen zarten, geschundenen Körper an seine starke Brust. „Danke“, flüstert er.

Erfreut darüber, dass sie ihm gefallen, strahle ich ihn schließlich an, doch egal, was er sagen wollte, irgendwas anderes erhascht dann seine Aufmerksamkeit.

„Ah, da ist sie ja.“ Freudig schaut er zu Janet auf und winkt ihr zu. Ich kann nicht anders als lachen. Erstens scheint Bier nicht sein Getränk zu sein und zweitens denke ich, hat es ihn ganz schön erwischt.

„Daniel, Sie sollten vielleicht das nächste Bier aussetzen“, kommentiert Janet lächelnd, als sie sich neben ihn setzt und ihm ganz vorsichtig seine derzeitige Flasche aus der Hand nimmt.

„Wenn Sie das sagen. Sie sind hier der Doc.“

Sie verdreht kurz ihre Augen und richtet dann ihre Aufmerksamkeit auf mich. „Sie müssen auf ihn aufpassen“, bitte ich sie.

„Ja.“ Nur kurz schielt sie in seine Richtung und ein schon fast liebevoller Blick zeichnet sich auf ihrem Gesicht ab. „Ja, das werde ich.“ Doch dann ist der Bann gebrochen. „Also, ich habe gehört Sie reisen am Montag ab?“

Ich nicke nur. „Ich habe noch ein paar Dinge zu klären.“

„Ich wünsche Ihnen viel Glück. Da hat die eine Woche wohl doch etwas genutzt, was? Auch wenn sie sicherlich etwas unkonventionell war.“

„Das war sie“, lache ich. „Raumschiffe und Außerirdischen waren sicherlich nicht eingeplant.“ Und dann schießt mir plötzlich ein Gedanke durch den Kopf. „Wisst ihr, die ganze Zeit diese Aufregung und ich habe noch nicht einmal das Stargate gesehen.“

„Das nächste Mal“, nuschelt Daniel dazwischen und will nach seinem Bier greifen, aber Janet hält ihn sachte, wenn nicht auch bestimmt davon ab.

„Wo, wo sind eigentlich Sam und Jack?“, frage ich schließlich. Ist schon etwas merkwürdig, dass die beiden untergetaucht sind.

„Na ja, Sam ist draußen auf der Terrasse und den Colonel habe ich vorhin auch in die Richtung gehen… humpeln sehen“, antwortet Janet und sieht mich schon fast verschwörerisch an.

„Dann reden sie?“

„Das hoffe ich doch. Bevor zwischen denen nicht alles geklärt ist, kommen die mir hier nicht mehr rein.“ Bestimmt nimmt Janet einen Schluck von ihrem Wein.

„Aber das ist Sams Haus.“

„Na und? Aber ich habe Teal’c angewiesen, dass er sie erst rein lassen soll, wenn wieder alles in Ordnung ist.“

Ich kann nicht anders als zu lachen. Gott, Janet wird mir von Sekunde zu Sekunde sympathischer. Als ich hier angekommen bin und Sam in diesem Zustand vorgefunden habe, habe ich mir doch ehrliche Sorgen gemacht, aber solange Janet hier ist, ist sie in guten Händen. Ich weiß einfach, dass Janet immer ein wachsames Auge auf sie haben wird. Auf das gesamte Team. Sie ist ein wahrer Engel.

„O’Neill, Major Carter, ich darf euch nicht rein lassen“, hören wir Teal’cs tiefe Stimme. Wie eine Mauer steht er vor der Tür.

„Was soll der Quatsch, Teal’c? Komm schon, geh zur Seite.“

Aber er bleibt wie ein Fels in der Brandung stehen. „Doktor Fraiser hat mich angewiesen euch nicht durchzulassen, bevor ihr euch nicht ausgesprochen habt.“

„Wie bitte?“

„Teal’c, komm schon“, versucht es jetzt Sam.

„Ich muss sagen, ich stimme Doktor Fraiser zu. Es ist nicht gesund, was ihr tut.“

„Teal’c“, knurrt Jack warnend und ich sehe nur, wie Janet schnell ihr Glas leert.

„Ich glaube, ich sollte mal kurz verschwinden“, murmelt Janet und steht auf.

„Aber wir haben schon über alles gesprochen, Teal’c.“ Sam, wie immer die Stimme der Vernunft.

„Habt ihr?“

„Ja.“

„Natürlich.“

„Hmm.“

„Also, dürfen wir jetzt bitte durch?“ Zögernd tritt Teal’c einen Schritt zur Seite. „Dieser kleine, napoleonischer Machtzwerg.“ Erleichtert lehne ich mich kurz zurück. Vielleicht gibt es hier ja auch zwei Engel, einer in weiß und der andere in Form eines Außerirdischen.

„Sir.“ Sam bedenkt ihn mit einem spielend mahnenden Blick und dieser schüttelt nur in einer ‚Ist doch wahr’ Geste den Kopf.

Während Sam kurz in der Küche verschwindet, schlendert Jack durch das Wohnzimmer und bleibt vor dem Kamin mit einem Haufen Bildern hängen. Er nimmt eines in die Hand und betrachtet es eingehend. Von meiner Position aus, kann ich nicht sagen, welches es ist, aber wenn ich mir so sein Lächeln betrachte, dann kann es nur eines von Sam sein. „Hey, Carter“, ruft er und Sam gesellt sich neugierig zu ihm, als er mit dem Bilderahmen herumwirbelt. „Jetzt weiß ich auch, warum man Sie früher MacGyver genannt hat.“

Vollkommen schockiert reißt sie ihre Augen auf, der Mund hängt sprachlos offen. „Woher--?“ Doch dann hält sie inne und wirbelt in meine Richtung. Ihr Blick ist durchbohrend, bis ins Mark. Ich bin ja so tot. Ich glaube ich sollte mich langsam zu Janet gesellen.

„LIZ!“

Gerade als ich mich humpelnd aus dem Staub mache, rennt Sam hinter mir her.

Ja, jetzt ist wieder alles beim Alten.

Und ich liebe es.


ENDE

Schlusswort:

Literaturlinks:

www.mexiko-lexikon.de/index.php?title=Maya
www.michielb.nl/maya/astro.html
www.indianer-welt.de/meso/maya/maya-gott.htm
www.tu-dresden.de/slub/proj/maya/maya.html
www.geocities.com/aleyuc/geo1.html
www.geocities.com/aleyuc/null.html

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