Stargate Fanfic Login
HilfeImpressumLexikon
Erweiterte Suche

Unerwartete Begegnung von Dani55

[Reviews - 1]   Drucker Inhaltsverzeichnis

- Schriftgröße +

Vorwort



Spoiler: Continuum

Einen lieben Dank an chaya93, die mir bei der ersten Version der Geschichte geholfen hat. Garfield verdanken meine FF und ich so viel, dass ich es gar nicht alles aufschreiben kann. Die vielen guten Tipps, Verbesserungsvorschläge und ihre kritische Sicht auf vielerlei Dinge, haben mir geholfen meine FF zu dem zu machen, was sie jetzt ist – nämlich etwas, in dem viel Arbeit steckt und worauf ich stolz bin. Ich danke dir Garfield, dass ich dich so oft benerven durfte und dass du dir so viel Mühe gemacht hast. Es war nicht einfach, aber es hat riesigen Spaß gemacht!
Unerwartete Begegnung


In eine Decke gehüllt saß sie auf der Couch und blickte durch das Fenster hinaus auf die Veranda und den dahinter liegenden kleinen Garten.
Die Knie hatte sie dicht an sich herangezogen.
Ihre Hände umschlossen fest die warme Tasse mit dem nach Zimt duftenden Tee, dessen heißer Dampf nach oben stieg und den Raum mit einer wahrhaft weihnachtlichen Atmosphäre erfüllte. Sie ließ die Wärme ihren Körper durchströmen und hoffte, die Kälte würde endlich verschwinden.
Doch es war keine körperliche Kälte.
Vielmehr war es ihr Herz, das so verzweifelt nach Wärme und Geborgenheit schrie.

So vieles beschäftigte Sam und ließ ihr keine Ruhe. Selten gelang es ihr eine Nacht durchzuschlafen. Immer wieder musste sie über den Grund nachdenken, der sie hierher gebracht hatte. Die Bilder des Tages, an dem ihr ihr altes Leben genommen und sie zu einem neuen gezwungen wurde, suchten sie heim und es schmerzte jede Sekunde.
Oft dachte sie an ihre Freunde, die irgendwo weit entfernt ein neues Leben begonnen hatten.
Ebenso wie sie selbst. Denn, was blieb ihnen anderes übrig?

Doch auch nach fünf Monaten gelang es Sam nicht in irgendeiner Weise ihre Trauer und Einsamkeit zu überwinden. Ihre Erinnerungen waren das einzige, was ihr von ihrem alten Leben noch geblieben waren und sie klammerte sich verzweifelt daran fest, in der Angst auch diese würden ihr irgendwann genommen werden. Schon jetzt hatte sie das Gefühl, sich nicht mehr genau an einige Dinge erinnern zu können. Winzige Details drohten ihr zu entgleiten und für immer in Vergessenheit zu geraten. Womit hätte sie diese festhalten können? Sie besaß nichts: keine Fotos, keine Briefe, keine Erinnerungsstücke und niemanden mit dem sie reden konnte. Das war ein Kampf, den sie unmöglich gewinnen konnte.

Es gab nur einen Menschen, der ihr in dieser Situation hätte helfen können…
Mit wenigen Worten und einem Lächeln hätte er es geschafft, dass es ihr besser ginge.
Ihn nun hier zu haben, würde alles erleichtern. Er hatte ihr immer Kraft gegeben alles zu schaffen, auch wenn alles schon verloren schien.
Doch er war nicht da und er würde auch nie wieder bei ihr sein.
Er existierte nur noch als Erinnerung, die zu einem Teil von ihr geworden war, die sie jede Sekunde herauf beschwörte, in der Hoffnung die Gedanken an ihn mögen ihr dabei helfen durchzuhalten.

Sam sah ihn reglos vor sich liegen, seine Augen ohne Leben. Sie wollte es nicht wahrhaben, doch jetzt war es Gewissheit.

Jack…
Er war tot und nichts war schmerzhafter als diese Erkenntnis.

Tränen rannen ihr übers Gesicht. Als Soldatin hatte sie gelernt Emotionen zu unterdrücken, sie nicht über sich hereinbrechen zu lassen. Aber sie war keine Soldatin mehr. Wer konnte ihr jetzt noch verbieten endlich zu weinen?
Sie hatte eine Weile gebraucht um das zu verstehen. Die Fähigkeit zu trauern, ließ sie ihr Leid halbwegs ertragen und auf diese Weise versuchte sie mit der Situation fertig zu werden.


Sams Blick verweilte auf den eingeschneiten Bäumen, deren Äste sich unter dem Gewicht der Schneemassen bogen. Vieles ließ sich unter der weißen Pracht nur erahnen.
Noch immer fielen dicke Flocken vom Himmel, dessen graue Färbung keine baldige Veränderung des Wetters vermuten ließ. Doch das war nichts Außergewöhnliches für diese Jahreszeit und schon gar nicht für eine Stadt wie Duluth.
Die kalten und langen Winter bescherten der Stadt im Nordosten Minnesotas wochenlang frostige Temperaturen und der Schnee schien unaufhörlich zu fallen. Für die Menschen, die in Duluth lebten, gehörten diese Wetterverhältnisse zum alltäglichen Leben dazu und man arrangierte sich mit den Umständen. Die vielen Seen und die Berglandschaft in der Umgebung der Stadt, begünstigten das Aufkommen teils heftiger Winterstürme, die sich aber ebenso schnell legen konnten, wie sie kamen.

Ein solcher Wintersturm schien derzeit über der Stadt zu verweilen…

Sam stellte ihre leere Tasse auf dem kleinen Holztisch ab und nahm das daneben liegende Buch, das sie sich vor zwei Tagen in einem Laden gekauft hatte. „Neueste Forschungen auf dem Gebiet der Astrophysik“ lautete der Titel.
Doch nach nur wenigen Sekunden klappte sie es wieder zu und legte es beiseite.
Sie konnte sich nicht konzentrieren, denn ihr Kopf war voller Gedanken, die sich nicht ausblenden ließen.

Sie atmete einmal tief durch.

Heute am Morgen nach Heilig Abend wurde ihr besonders bewusst, wie sehr sie ihr altes Leben vermisste. Ihr kleines Haus war für sie nicht ihr wirkliches zu Hause, sie fühlte sich hier nicht wohl und alles um sie herum kam ihr wie eine verkehrte Welt vor – wie ein Traum, aus dem sie so schnell wie möglich erwachen wollte.
Alles, was ihr früher etwas bedeutet hatte, schien fort zu sein.
Sie war noch nicht dazu bereit sich auf ihren neuen Alltag einzulassen.

Man hatte ihr den Kontakt zu Daniel und Cam untersagt und ihr ebenso einen Beruf verboten, der etwas mit dem Militär, der Raumfahrt oder der Astrophysik zu tun hatte. Ihr Lebensinhalt war verschwunden und es gelang ihr nicht diese Lücke wieder zu füllen.

Ganz im Gegenteil - dieses Loch schien immer größer zu werden.

Sam erhob sich von der Couch und wollte versuchen mit einer heißen Dusche die Gedanken zu vertreiben.
Im Badezimmer stellte sie das Radio an und begann sich ihrer Sachen zu entledigen.
Ihr war kalt.
Schnell ging sie unter die Dusche und ließ das warme Wasser über ihren Körper fließen. Einige Minuten lang stand sie wie erstarrt unter dem Wasserstrahl und versuchte an nichts zu denken. Zu ihrer Überraschung gelang es ihr sogar und sie fühlte, wie sie sich allmählich entspannte.

Sie vergaß völlig die Zeit und erst nach einer halben Stunde verließ sie das Bad, in ein weißes Handtuch gehüllt, in Richtung Schlafzimmer.
Vor dem großen Wandspiegel blieb sie stehen.
Sie betrachtete sich kurz…
Ihre langen nassen Haare hatte sie nach hinten gekämmt und ein paar vereinzelte Tropfen rannen von den Haarspitzen ihren Rücken hinunter.
Sam sah dort im Spiegel eine Frau, die unmöglich sie selbst sein konnte – eine Frau mit einem Leben, welches unmöglich ihres sein konnte. In ihrem Innern herrschte das reinste Chaos und das sah man ihr auch äußerlich an. Der Glanz ihrer sonst so strahlend blauen Augen war fort und einem grauen Schleier aus Traurigkeit und Einsamkeit gewichen.

Sie machte die Schranktür auf und das Bild verschwand. Sie wollte jetzt nicht schon wieder dieser Wehmut verfallen.

Sam nahm sich ihren schwarzen Rollkragenpullover, einen kurz bis über die Knie gehenden Jeansrock und eine Strumpfhose heraus und verschwand erneut im Bad.
Die Musik im Radio drehte sie ein wenig lauter und sie ertappte sich sogar dabei, wie sie ein paar Zeilen eines Liedes mitsang.


Kurzerhand hatte Sam beschlossen, nicht den ersten Weihnachtsfeiertag zu Hause zu verbringen. Im Radio hatten sie angesagt, dass der morgendliche Sturm zu größten Teilen abgeklungen war und man nur noch mit geringem Schneefall rechnen musste.

Trotz des vielen Schnees wollte Sam mit dem Auto zu fahren.
Schnell schmiss sie Autoschlüssel, Portemonnaie, Handschuhe und Handy in ihre Handtasche, zog sich ihre Stiefel und ihren schwarzen Mantel an und verließ das Haus.
Ihr silberner Toyota parkte gleich nebenan auf einem überdachten Parkplatz, worüber sie sehr froh war, als sie die vielen eingeschneiten Autos sah, die auf der Straße standen. Eine zentimeterdicke Schneedecke lag darauf und ließ die Autos, als solche kaum erkennen.

Obwohl von dem Sturm nur noch wenig zu spüren war, ließ sie der kalte Wind und die Schneeflocken, die vom Himmel fielen, schnell frösteln und sie beschleunigte ihren Weg zum Wagen.

Sie hatte sich immer noch nicht an die Kälte gewöhnt…

Sam hatte kein wirkliches Ziel. Sie startete einfach den Motor und wollte sehen, wohin es sie trieb. Heute war ein Feiertag, also durfte nicht allzu viel los sein. Die Menschen saßen zu Hause, bei ihren Familien und sahen dabei zu, wie die Kinder gespannt die Geschenke öffneten.
Sie fuhr aus der Stadt hinaus und erst auf der Route 53 kamen ihr einige Autos entgegen.

Das Fahren entspannte Sam und sie genoss es, wenigstens für kurze Zeit alles hinter sich lassen zu können. Sie sah die vielen Seen, Wälder an sich vorbei ziehen und die Gebirgssilhouette auf der entgegengesetzten Seite näher kommen. Sie fuhr immer weiter auf dem Highway Richtung Norden.

Die Natur Minnesotas war einfach einzigartig, dachte Sam.

Etwa zwanzig Kilometer fuhr sie immer geradeaus, bis sie ein Schild entdeckte, dass sie auf den kleinen Ort namens Twig aufmerksam machte.
Ohne lange zu überlegen nahm Sam die Ausfahrt und verließ den Highway.

Denn nun wusste sie, wohin sie fahren wollte.

Auch in dem kleinen Ort war kaum eine Menschenseele unterwegs.
Langsam fuhr Sam an kleinen Läden und Häusern vorbei, die so aussahen, als hätten sie bereits viele Jahrzehnte überdauert.
Die Straßen waren hier kaum vom Schnee befreit, was Sam das Fahren ziemlich schwer machte. Vor einer Kirche sah sie die ersten Einwohner.
Sam musste lächeln.
Dieser Ort hatte ihr bei ihrem ersten Besuch schon sehr gefallen. Es war etwas romantisch-märchenhaftes dass diese kleine Stadt umgab, sie wirkte so friedlich.
Sie hatte sich damals, wie heute, sofort wohl gefühlt.

Doch was machte sie eigentlich hier?
Sie war gerade im Stande an den Ort zu fahren, der voller Erinnerungen war, Erinnerungen an ihn und an eine Vergangenheit, die eigentlich ihre Zukunft hätte sein können.
Was versprach sie sich davon?
Es würde alles doch nur schwerer machen.

Sie hielt am Straßenrand, nahm die Hände vom Lenkrad und stellte den Motor ab.
Eigentlich hätte sie umkehren sollen, aber etwas hielt sie zurück. Vielleicht war es die Sehnsucht nach diesem Ort und die Sehnsucht nach Jack, die sie davon abhielt, das Auto zu wenden und den gleichen Weg wieder zurück zu fahren - was ihrer Meinung nach das einzig Richtige gewesen wäre.
Aber nun war sie so weit gefahren und die Chance, dass Er hier sein würde war gering. Schließlich hatte sich in dieser Zeitlinie einiges anders entwickelt.
Also warum sollte sie nicht kurz vorbeifahren und schauen, ob alles genauso aussah wie in ihrer Erinnerung? Warum sollte sie sich keinen kurzen Augenblick gönnen und versuchen die schönen Momente wieder herauf zu beschwören? Vielleicht würde es helfen…
Wer weiß?

Ihr Herz siegte über den Verstand.
Sie startete den Motor und folgte dem Weg in den Wald hinein, der an Twig grenzte.

Die Straße war schlecht zu befahren, aber Sam hatte es nicht eilig. Sie ließ sich Zeit und rief sich ihre letzte Fahrt hierher ins Gedächtnis.
Etwa zwanzig Minuten später bog sie rechts auf eine schmale Seitenstraße ab und schon von weitem erkannte sie die Lichtung.

Gleich war sie da…


Sam parkte den Wagen und blickte gedankenverloren auf die andere Straßenseite.
Kurz verweilte sie in dieser Position.
Dann zog sie sich ihre Handschuhe an und stieg aus.

Langsam ging sie über die Straße auf das kleine Haus zu.
Es war genauso, wie sie es in Erinnerung hatte…

Das Dach der Holzhütte war völlig mit Schnee bedeckt.
Ordentlich gestapelt lagen Holzscheite unter einem Unterstand neben der Eingangstür. Zwei halb eingeschneite Klappstühle lehnten an der Hauswand.
Ein Auto war nirgends zu sehen und auch sonst schien in der Hütte niemand zu sein.

Sam versuchte durch das vordere Fenster hinein zu sehen, doch die Vorhänge gestatteten ihr keinen Einblick. So ging sie links an der Hütte entlang…
Der hinter dem Haus liegende Teich war mit einer Eisschicht bedeckt, auf der eine dicke Schneedecke kaum vermuten ließ, dass sich darunter Wasser befand. Nur das Schilf und der kleine Steg gaben einen Hinweis auf dessen Existenz.
Sam wollte darauf zugehen, als ihr ein Loch in der Schneedecke auffiel. Verwundert ging sie auf den Steg, um es näher betrachten zu können. Etwa ein halber Meter im Durchmesser war ordentlich aus dem Eis herausgesägt worden und das erst vor kurzer Zeit, denn es hatte sich noch keine neue Eisschicht auf dem Wasser gebildet.

In diesem Moment bemerkte Sam die Fußspuren im Schnee, die von dem Steg zur Hütte führten.
Gerade als sie ihre Gedanken ordnen wollte, hörte sie Stimmen und eine zufallende Autotür.

Eine der Stimmen kam näher.

Ein etwa 18 jähriger Junge bog um die Ecke und meinte laut zu sich: „Ich verstehe einfach nicht, was wir mit so viel Fisch machen sollen, aber…“
Er hielt inne, als er die Frau sah, die dort auf dem Steg stand.

Kurz sahen sie sich verwirrt an.

Er kam Sam auf irgendeine Weise bekannt vor, doch sie konnte dieses Gefühl nicht genauer deuten.

„Entschuldige, ich wollte hier nicht…“, begann sie.

„Oh, kein Problem.“, gab der junge Mann zurück und stellte die beiden Eimer, die er mitgebracht hatte, in den Schnee.

„Sie kommen mir bekannt vor“, fügte er hinzu.

Sam ignorierte die letzten Worte und versuchte die Flucht zu ergreifen.

„Ich werde jetzt wohl besser gehen.“

„Ist das Ihr Wagen dort auf der anderen Straßenseite?“

„Ja, das ist meiner.“

„Haben Sie Probleme, sollen wir Ihnen helfen?“

„Danke, nein. Es ist alles in Ordnung. Ich wollte nur… Ähm, ein Freund von mir hat hier einmal in der Gegend gewohnt“, versuchte Sam mit einem unsicheren Lächeln zu erklären.


„Wir können die Fische auch gleich ins Haus bringen“, erhob sich plötzlich die zweite Stimme vor dem Haus.
Ein Mann kam um die Ecke und hielt zwei Angelruten in den Händen.

„Charlie, wir sollten…“, fing er an, hielt aber abrupt inne, als er die Frau hinter seinem Haus entdeckte.

Jack O´Neill konnte nicht glauben, wer hier in seinem Garten stand.
Sam schien ebenso überfordert mit der Situation, denn sie brachte kein Wort hervor. Stattdessen sah sie zu dem Jungen links neben ihr.

Das ist Charlie, registrierte sie leicht ungläubig.

Charlie, dem diese Situation äußerst seltsam vorkam, brach die Stille.

„Dad, alles in Ordnung?“ fragend sah er zu seinem Vater.

„Ja sicher“, gab dieser nur zurück, stellte die Angelruten an die Wand des Hauses und kam näher.

Charlie beugte sich leicht zu Sam und meinte leise: „Sonst ist er nicht so verwirrt, aber Frauen sieht man hier nur selten.“

Ein schelmisches Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit. Er nahm seine beiden Eimer und brachte sie auf die andere Seite der Hütte.
Die Ähnlichkeit mit seinem Vater war verblüffend: die gleichen braunen Augen, das gleiche Lächeln und der gleiche Sinn für Humor, dachte Sam.

Sie sah nun wieder zu Jack, der jetzt vor ihr stand.

„Mit Ihnen habe ich nun gar nicht gerechnet“, begann Jack.

„Tut mir leid, ich wollte Sie hier nicht stören, Sir. Ich habe kein Auto gesehen…“

„Sie kennen meine Hütte?“, unterbrach er sie.

„Nun ja, in gewisser Weise schon“, versuchte Sam zu erklären. „Ich war schon ein paar Mal hier. Also nicht wirklich hier, ähm… in meiner Zeit, also…“ Sam wusste nicht recht, wie sie es ihm beschreiben sollte, ohne dass er sie gleich wieder für eine Verrückte hielt.

„Lassen Sie mich raten, das hat wieder mit Ihrer abgefahrenen Zeitreise-Geschichte zu tun, die Sie mir damals an Bord des U-Boots versucht haben zu erklären?“ antwortete Jack mit einem Hauch von Sarkasmus.

„Ja, Sir.“

„Na dann, ist ja alles klar“, meinte er ironisch.

„Sie glauben mir nicht.“ Eigentlich war es viel mehr eine Feststellung von Sam.

„Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, was ich davon halten soll. Ich spreche hier gerade mit Jemandem, der eigentlich tot sein müsste… Eine simple Erklärung kann ich dafür wohl nicht verlangen. Aber ihre Story schießt da den Vogel ab.“

„Ich glaube, es ist besser, wenn ich jetzt gehe. Ich hätte nicht herkommen sollen.“
Sam wollte an ihm vorbei, doch er stellte sich ihr in den Weg.

„Moment… Das funktioniert so nicht!“

„Entschuldigen Sie, Sir, dass ich hier einfach aufgetaucht bin. Aber so wie ich das sehe, glauben Sie mir eh nicht und ich habe keine Kraft dafür, es Ihnen noch einmal zu erklären, um mir dann anhören zu müssen, dass ich sowieso nur wirres Zeug über etwas rede, das niemals geschehen sein kann. Außerdem wurde mir untersagt mit irgendjemandem über die ganze Sache zu sprechen.“

Entschlossen wich sie ihm aus und ging zurück zur Straße.
Sie musste gegen ihre Tränen ankämpfen, denn sie wollte nicht zeigen, wie sehr ihr die Situation zusetzte.
Nein, so hatte sie es sich nicht vorgestellt. Die Begegnung mit dem O’Neill dieser Zeit hatte alles nur noch schlimmer gemacht.
Sam fühlte sich einsamer als je zuvor und bereute es hierher gefahren zu sein.


„Warten Sie…“ Jack rannte ihr hinterher und erreichte sie auf der anderen Straßenseite.

„Es tut mir leid, ich wollte nicht…“, begann er und erkannte, dass es ihr nicht gut ging.

„Schon gut, an Ihrer Stelle würde ich wahrscheinlich genauso reagieren“, musste Sam zugeben.
Sie öffnete die Tür zu ihrem Wagen und wollte gerade einsteigen.

„Warum sind Sie hier her gekommen?“

Diese Frage traf Sam völlig unerwartet. Doch zu ihrer Überraschung klang sie nicht vorwurfsvoll, sondern eher besorgt.

„Wieso wollen Sie das wissen?“

„Ich sehe in Ihren Augen, dass es Ihnen nicht gut geht.“

„Da haben Sie Recht. Mir geht es schlecht…“ Zu Sams Verwunderung klang es wütender, als sie wollte. „ …und ich bin hier her kommen, um wenigstens für kurze Zeit das Gefühl zu haben, ich wäre meiner Vergangenheit etwas näher.“

Wut, Verzweiflung und Trauer schlugen dem Colonel entgegen.

„Nur einen kurzen Augenblick wollte ich mir vorstellen, ich wäre wieder in meiner Zeit und würde hier stehen… an diesem wundervollen Ort, der mir so viel bedeutet und jeden Moment käme …“
Sam versagten die Worte und sie verlor den Kampf gegen die Tränen. Schützend hielt sie die Hände vors Gesicht und wandte sich ab, so dass Jack ihr nicht ins Gesicht sehen konnte. Sie wollte vor diesem Mann keine Emotionen zeigen. Aber ihre Trauer jetzt noch zu unterdrücken war einfach unmöglich.

Jack gab ihr einen Moment.
Er konnte nicht ermessen, was diese Frau durchmachen musste oder welchen Schmerz sie erlitten hatte. Noch verstand er, was sie hierherbrachte – in diese Zeit, diese Welt, dieses Universum, was auch immer… Er konnte ihre Geschichte nicht glauben… Auch wenn er zugeben musste, dass er kaum eine andere Erklärung für ihre Existenz fand.

Er reichte ihr ein Taschentuch und sie nahm es dankend an.

„Ich kann keine Tränen ertragen“ Es waren die einzigen Worte, die ihm in diesem Moment einfielen.

Sie sahen sich in die Augen und erst jetzt merkte Jack, dass sie leicht zitterte.

„Wollen Sie vielleicht etwas trinken? Es ist ziemlich kalt hier draußen und es sieht so aus, als ob es bald wieder anfängt zu schneien.“

Sam zögerte kurz, willigte dann aber ein und beide gingen still zur Hütte.

Charlie hatte bereits damit begonnen Feuer im Kamin zu machen.
Das Innere des Hauses war fast genauso eingerichtet, wie Sam es in Erinnerung hatte. Eine Couch und ein Sessel standen dem Kamin gegenüber und gleich im Eingangsbereich war die kleine Küche. Zwei winzige, aber gemütliche Schlafzimmer grenzten an das Wohnzimmer. Sam war immer wieder überrascht, wie viel Platz hier drin doch war.

In einer Ecke stand ein kleiner Weihnachtsbaum, dessen Lichterkette leuchtete. Ein paar Kugeln und Lametta hingen an seinen Zweigen und darunter konnte Sam loses Geschenkpapier entdecken.

Jack reichte seinem Sohn noch ein paar Holzstücke, die er von draußen mitgebracht hatte.

„Dad, hast du was dagegen, wenn ich mit dem Auto zu Tom fahre. Ich will heute nicht schon wieder Fisch essen.“

„Meinetwegen, aber komm nicht so spät.“ Jack warf seinem Sohn die Autoschlüssel zu.

„War schön Sie kennen zu lernen“ meinte Charlie an Sam gewandt und streckte ihr seine Hand entgegen.
Er schenkte ihr ein warmes Lächeln und öffnete die Tür.

„Finde ich auch, Charlie.“

Sie sah dem Jungen hinterher.
Dieses Glück hatte „ihr“ Jack nie erleben dürfen.
Erneut musste Sam gegen die Tränen ankämpfen.

Jack ging in die Küche und ließ seinen Blick über die vielen Teesorten wandern.
„Also, wir haben Pfefferminz, Früchtetee, Kräutertee, irgendwas mit Zimt… Oh man, Sie können froh sein, dass mein Sohn da ist, sonst hätte ich nur Bier im Angebot.“

„Pfefferminz wäre toll“, gab sie zurück und sah zu Jack, wie er verzweifelt zwei Teebeutel zu entknoten versuchte.

„Soll ich das übernehmen, Sir?“ fragte sie und nahm ihm diese „unbekannten Objekte“ aus den Händen.

„Fühlen Sie sich ruhig wie zu Hause.“

Sam zuckte unweigerlich zusammen. Das gleiche hatte Jack zu ihr gesagt, als sie das erste Mal hier waren.


Mit der Tasse Tee setzte sie sich auf die gemütliche Couch und beobachtete Jack, wie er eine Flasche Bier öffnete und sich in den Sessel ihr gegenüber fallen ließ.

„Geht es Ihnen wieder etwas besser?“ wollte er wissen.

„Ja, danke.“

„Sie mussten viel durchmachen.“

Ein zaghaftes Nicken war Sams Antwort und Jack verstand.

Beide schwiegen und beobachteten die brennenden Holzscheite im Kamin.

„Darf ich Sie etwas fragen?“ begann Sam nach einer kurzen Weile.

„Sicher.“

„Haben Sie mein Ich aus Ihrer Zeit gut gekannt? Damals in der Antarktis kam es mir so vor.“

Jack verwunderte diese Frage keineswegs. Er hatte damit gerechnet, dass sie ihn das früher oder später fragen würde.

„Wir haben im Golfkrieg derselben Einheit angehört. Ich war ihr CO und wir sind einige Einsätze zusammen geflogen. Aber ich wurde in ein anderes Gebiet versetzt und Sam blieb bis zum Ende des Krieges dort und flog über hundert erfolgreiche Einsätze, was ihr eine schnelle Beförderung einbrachte.
Aber ihr Ding war schon immer der Weltraum und einige Zeit später bewarb sie sich für einen Job bei der NASA. Ein großer Traum ging für Sam in Erfüllung, als man sie für ein neues Raumfahrtprojekt einstellte…“

Jack machte eine kurze Pause. Sein Blick schien sich in Erinnerungen zu verlieren.

„Alles in Ordnung?“

„Entschuldigung. Es ist nur etwas komisch hier mit Ihnen zu sitzen und quasi über sie selbst zu sprechen…“

Er blickte Sam direkt in die Augen und sah seine ehemalige Kollegin und Freundin vor sich sitzen.

„Sam war ziemlich beschäftigt bei der NASA“, fuhr er fort.
„Erst kurz vor ihrem ersten Flug ins All, sahen wir uns seit langer Zeit wieder. Bis spät in die Nacht haben wir damals geredet.
Wir haben ausgemacht uns sofort nach dem Ende ihrer Mission zu treffen.
Aber dazu kam es nie“, traurig starrte er auf seine Bierflasche, die er in den Händen hielt.

„Nach drei langen Monaten war ihre Mission beendet… Aber bei der Landung ging so ziemlich alles schief, was nur schief gehen konnte.“
Jack sah sofort die Bilder von dem brennenden Shuttle vor sich, die damals um die Welt gingen.
„Aber das mit dem Unfall hat man Ihnen sicher erzählt“, fügte er knapp hinzu.

„Ja, ich hab viel darüber gelesen…“

„Die Menschen sehen in ihr eine Heldin und das ist sie auch für mich. Es lag in ihrer Natur sich erst um die anderen zu kümmern und sich selbst hinten anzustellen.“

Er machte eine kurze Pause, bevor er meinte: „Ich war immer der Meinung, so jemanden wie Sam treffe ich nie wieder in meinem Leben… Aber nun sitzen Sie vor mir und nun ja…was soll ich sagen? Ich lag anscheinend falsch.“

Dieser Versuch eines Witzes ließ Sam sich etwas entspannen.

Die Atmosphäre, die zwischen ihnen herrschte, konnte sie nur schwer einschätzen. Ihr entging keineswegs, dass sich der Colonel ungern an die damaligen Ereignisse erinnerte, was sie sehr gut verstehen konnte. Doch ebenso wie „ihr“ Jack, hatte er die Gabe, durch ein paar Worte, eine Geste oder einen Witz den Einblick in sein „Innerstes“ zu verbergen.
Aber Sam kannte Jack schon lange genug, um hinter die Mauer zu blicken, die er um seine Gefühlswelt zu errichten verstand. Sie erkannte die Trauer in seinen Augen, wenn er von der Samantha Carter aus seiner Zeit sprach und Sam vermutete, dass sie eine tiefe Freundschaft verbunden hatte. Es tat ihr Leid, dass sie ihn mit ihrer Gegenwart an das schreckliche Ereignis vor drei Jahren erinnert hatte und das ausgerechnet an Weihnachten.
Er hatte keinen Grund Sam von alledem zu erzählen, umso mehr war sie erstaunt, dass er es getan hatte. Doch sie würde es dabei belassen und seine Geduld nicht länger auf die Probe stellen. Sie war ihm dankbar für seine Offenheit – sehr sogar. Aber sie war nicht „seine Sam“, sie war eine Fremde für ihn, die nur das gleiche Aussehen und die gleiche Stimme hatte, wie seine Freundin und Kollegin.
Nichts verband Sam und Jack in dieser Zeit: keine gemeinsame Vergangenheit und keine gemeinsame Gegenwart. Das einzige, was sie gemein hatten, war der Verlust eines geliebten Menschen, an den beide durch den jeweils anderen erinnert wurden.
Ihre Begegnung war reiner Zufall gewesen, sowohl die Jetzige, als auch die Damalige im Eis.
Aber sie war froh ihn getroffen zu haben… Egal, wie es jetzt weiter ging.



Das Holz der Hütte zu riechen, ein einziges Mal auf dem Steg zu stehen, - schon allein dafür hatte es sich gelohnt hierher zu kommen. Jacks Augen und sein Lächeln wieder zu sehen, seine Stimme noch einmal zu hören, war etwas, dass sie sich niemals erträumt hatte.
Es gelang ihr die große Lücke in ihrem Herzen mit ein paar Details ihrer Vergangenheit zu füllen und es war ein beruhigendes Gefühl.
Den Kampf gegen das Vergessen hatte Sam wenigstens kurz für sich entscheiden können. Doch lange würde dieser Sieg nicht anhalten, das wusste sie.

Sam saß einfach nur still da und starrte in das brennende Holz im Kamin.
Sie schien völlig in ihren Gedanken versunken zu sein.

Jack beobachtete sie, wie sie ins Feuer starrte und in einer anderen Welt zu sein schien. ...oder in einer anderen Zeit..., korrigierte er sich selbst.
Ohne Zweifel war ihre Geschichte sonderbar. Mehr als das: sie klang verrückt und jeder Mensch mit ein wenig Verstand, würde sie ebenso wenig glauben wie er.
Aber die Tatsache, dass sie hier vor ihm saß, konnte keine logische Erklärung haben. Jack war unsicher, aber das versuchte er so gut es ging zu überspielen. Er hatte keine Lust sich damit auseinander zu setzen, weil es doch keine Möglichkeit gab zu einer Lösung zu kommen.
Auf der einen Seite wünschte er sich, diese Frau wäre nie aufgetaucht. Er hätte weiterhin geangelt und mit Charlie das restliche Weihnachtsfest verbracht, bevor er ihn wieder zurück zu Sara fahren würde.
Doch jetzt war sie hier: Sam… Nicht „seine“ Sam, das war ihm klar, aber sie sah aus wie sie, sie sprach wie sie – und dennoch war sie es nicht.
Wer konnte das verstehen?

Jack sah die tiefe Trauer und Einsamkeit in ihrem Blick und da er all das bei sich selbst wieder erkannte, war ihm nun klar, warum sie hierher gekommen war…, an diesen Ort.

„Sie waren hier… mit IHM,… Ihrem Jack, meine ich!?“

Die Worte rissen Sam aus ihren Gedanken.

Schweigend senkte sie den Blick, der für Jack Bestätigung genug war.

„Aber Sie werden IHN hier nicht finden.“

Er machte eine kurze Pause.

„Weder dieser Ort, noch ich, können Ihnen dabei helfen, darüber hinweg zu kommen.
Und wenn Sie einen guten Rat haben wollen: Versuchen sie das auch nicht, denn es wird Ihnen nicht gelingen. Die Vergangenheit ist und bleibt ein Teil von Ihnen, aber sie müssen lernen, zu akzeptieren was passiert ist und wieder nach Vorne sehen.
Glauben Sie mir, es ist schwer, aber irgendwann gelingt es.
Es braucht nur etwas Zeit…“

Eine einsame Träne rann Sams Wange hinunter.

Er hatte Recht…

„Ich weiߓ, war das Einzige, was sie antworten konnte.

„Auch wenn ich Ihnen nicht auf diese Weise helfen kann…
An Weihnachten sollte Niemand allein sein. Sie können gerne hier bleiben und mit mir und meinem Sohn feiern, wenn Sie wollen.
Wir haben genug Fisch für drei.“

„Das klingt toll…“

Mit einer Handbewegung strich sie die Träne fort und sah zu Jack, der ihr immer noch gegenüber saß.

„Danke.“

„Gern.“

Sie sahen sich in die Augen und erkannten, wie sehr beide mit dem Schmerz kämpften, den sie in der Vergangenheit erlitten hatten.
Es existierte ein unsichtbares Band zwischen ihnen, denn nichts half mehr gegen die Einsamkeit und Trauer, als Jemand, der Ähnliches durchgemacht hatte.

Jack konnte nicht ahnen, dass er Sam mehr geholfen hatte, als er dachte.


ENDE.
Du musst login (registrieren) um ein Review abzugeben.