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SG-27 von Hyndara71

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Author's Note: Da einige sich ja sooo gern feiern lassen. Die Idee zu dieser Fanfic stammt nicht von mir, sondern von einer hier aktiven Userin *ganz schnell Hände waschen geht und anschließend Tastatur desinfiziert*. Danksagungen also bitte an sie.

Vashtu Uruhk bremste die Maschine ab und setzte einen Fuß auf den Boden, um sich abstützen zu können. Stirnrunzelnd drehte sie sich halb um und beobachtete den feisten Mann in beiger Uniform und einem Cowboyhut, wie er, die Hose hochziehend, auf sie zukam.
War das auch ein Polizist?
Sicher war sie sich nicht. Sie war extra vom Highway abgefahren, weil sie ihre Ruhe vor der Patrol haben wollte. Daß ihr hier auch jemand über den Weg laufen könnte, mitten in der amerikanischen Pampa, damit hatte sie nicht gerechnet.
„So, mein Freundchen. Was hast du dir denn dabei gedacht?“ Der Dicke hatte sich vor ihr aufgebaut. Seine spiegelnden Brillengläser warfen ihr Gesicht zurück: Schmal, verstaubt, ebenfalls mit einer dicken Sonnenbrille auf der Nase. Das schwarze Haar war restlos zerzaust, die Fliegerjacke hatte sie bis zum Kragen geschlossen, da es ihr vorher auf dem Motorrad zu kalt geworden war.
Sie zog die Nase hoch und schüttelte verständnislos den Kopf. „Ich verstehe nicht ...“ murmelte sie ratlos.
Hatte sie irgendetwas übersehen?
Der Dicke stemmte die Hände in die breiten Hüften und funkelte sie an. „Warum heizt du hier auf meinem Land mit so einem Affentempo herum, Bübchen? Hast du das Schild nicht gesehen?“
Vashtu runzelte die Stirn und versuchte sich zu erinnern.
Ein Schild?
„Äh ... ich glaube nicht.“ Sie schüttelte etwas hilflos den Kopf und rieb sich die juckende Nase.
„Dreißig Meilen in der Stunde, Freundchen, nicht hundertdreißig.“
Upps, das war wohl etwas sehr schnell gewesen, oder?
Vashtu wagte einen bittenden Blick, doch so recht kam der durch die doppelten Sonnenbrillengläser wohl nicht an. „Ist mir gar nicht aufgefallen.“ Mit der Hand strich sie sich durch ihr kurzes Haar, kratzte sich dann hinterm Ohr. „Tut mir leid, Sir. Äh, die Maschine ist noch neu. Ich wollte sie einfach ein bißchen ausfahren.“
„Hast du überhaupt eine Zulassung für dieses Geschoß?“ bellte der stämmige Mann in der Uniform sie an.
Vashtu blinzelte, dann nickte sie. „Ja, einen Moment.“
„Na dann. Zulassung und Führerschein, aber pronto!“ Er hielt ihr die Hand fordernd hin.
Vashtu stutzte, blickte dann wieder in das bärbeißige Gesicht. „Führerschein, Sir?“ Das hätte O'Neill ihr auch ruhig sagen können. Jetzt mußte sie sich etwas einfallen lassen. „Äh, ich fürchte ... ich glaube, den habe ich nicht dabei.“
„Dann reicht erst einmal die Zulassung. Einen Ausweis wirst du Bürschchen doch wohl haben, oder?“
Noch ein Problem, an das sie nicht gedacht hatte. Sie besaß keinen Ausweis, nur eine Legitimationserklärung für ihr Hiersein. Bisher hatte sie sich noch nicht dazu entscheiden können, irgendeine Staatsangehörigkeit anzunehmen.
Seufzend öffnete sie die Jacke und packte den Kragen, um besser an die Innentasche heranzukommen. In diesem Moment hörte sie ein Zischen und den unverwechselbaren Laut einer Waffe, die entsichert wurde. Ihr Kopf ruckte herum und sie starrte in die Mündung eines riesigen Revolvers.
„Was ... ?“
„Runter von dem Motorrad, Freundchen, aber pronto!“ Der Dicke pendelte mit seinem Hintern nervös hin und her.
„Was?“
„Ich sagte, runter von dem Bock, aber schnell!“
Irritiert schüttelte sie den Kopf, klappte mit einem Fuß die Stütze der Maschine gen Boden und parkte das Motorrad. Dann stieg sie betont langsam und ruhig ab, hielt die Hände auf Brusthöhe, wo der Fremde sie auch sehen konnte.
War das jetzt ein Überfall? Was sollte sie tun? Wie sollte sie sich verhalten?
Siedendheiß fiel ihr ein, daß niemand im SGC wußte, wo sie war. Und urplötzlich zuckte wieder ihr letztes Erlebnis mit dem Trust aus ihrer Erinnerung hervor.
Was, wenn sie ihnen jetzt schon zum zweiten Mal in die Falle gelaufen war? Was, wenn ... ?
Würde der Trust wirklich einen solchen Stümper schicken, um sie einzufangen, nachdem sie das letzte Mal eine ganze Wachmannschaft kalt abserviert hatte? Doch wohl eher nicht.
„Rüber an den Wagen!“ befahl der Fremde und winkte mit seinem Revolver.
„Hören Sie, ich habe keine Ahnung ...“
Grob packte er sie an der Schulter und stieß sie vorwärts. „Hände auf die Motorhaube, aber dalli!“
Vashtu schüttelte den Kopf, breitete ihre Arme aus und legte sie auf das sonnenwarme Blech des braunen Geländewagens.
„Beine breit!“ Wenig geschickt trat er ihr gegen die Innenknöchel.
„Autsch! Passen Sie doch auf!“ begehrte sie auf.
„Schnauze, Freundchen. Keinen Ton, klar?“
Er roch nach altem Schweiß, als er sich ihr von hinten näherte.
Vashtu zwang sich, durch den Mund zu atmen und knurrte einen Fluch in ihrer Muttersprache. Der Kerl tatschte sie doch tatsächlich ab! Das gab es doch gar nicht. Noch dazu fing er bei ihren Beinen an, absoluter Quatsch. Wenn sie jemanden auf Waffen durchsuchen würde ...
Oh!
„Hören Sie, ich habe eine Genehmigung für die Beretta“, fiel ihr ein, gerade als der Dicke ihr Hinterteil befühlte. Jetzt reichte es aber langsam!
„Ich sagte, Mund halten!“ befahl der ihr, betastete jetzt ihre Hüften.
Vashtu schüttelte den Kopf, schwieg jetzt aber und kochte langsam im eigenen Saft.
Als seine Hände endlich auf Höhe ihrer Brust angekommen waren, zuckten die suchenden Finger plötzlich zurück, als hätte er sich verbrannt.
Na endlich schien der Kerl ein bißchen Verstand wiederzufinden.
„Du ... du bist ...“
Vashtu drehte sich um und kreuzte demonstrativ ihre Arme vor der Brust. „Ich bin eine Frau, ja. Und ich habe eine Legitimation für die Waffe, die Sie gesehen haben. Ich bin eine Beraterin der Army und würde gern ein paar Tage Urlaub machen. Reicht das jetzt? Ich kann Ihnen auch eine Nummer geben, bei der Sie sich das ganze bestätigen lassen können.“
Der Dicke musterte sie von Kopf bis Fuß, dann wanderte sein Blick wieder nach oben. Sein Gesicht war jetzt gerötet, ob von der, für ihn offensichtlich ungewohnten Anstrengung oder noch aus Scham konnte sie allerdings nicht sagen. Dann schien ein Ruck durch ihn hindurch zu gehen.
„Auf meinem Land trägt keiner eine Waffe, klar? Also her damit. Und auch gleich Ausweis, Führerschein und Fahrzeugpapiere. Den ganzen Batzen.“
„Ich trage die Waffe nicht ohne Grund, und ich werde sie nicht abgeben“, entgegnete sie bestimmt. „Meine Papiere dürfen Sie gern einsehen, aber mehr auch nicht. Ich bin doch eh nur auf der Durchreise.“
„Die Waffe, Mädchen. Und das Motorrad wird ebenfalls konfisziert.“
„Was?“ Vashtu starrte den Fremden entgeistert an. „Warum das denn?“
„Gefährdung des Straßenverkehrs.“
Allmählich wurde sie wirklich wütend. Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und funkelte ihren Gegenüber an. „Und wie soll ich, bitte schön, weiterkommen?“
„Auf meinem Land ...“
„Das hier ist eine Straße, eine öffentliche Straße!“ fauchte sie ihn an. „Es ist mir egal, ob das rundherum Ihr Land ist, ich habe nicht vor, hier irgendwo zu campieren. Ich will nur in die nächste größere Stadt!“
„Colby?“ Der Dicke schien zu überlegen, dann schüttelte er den Kopf. „Die Maschine wird konfisziert, ebenso die Waffe. Wie du weiterkommst, bleibt dir überlassen. Und wenn du so weitermachst, Mädchen, wanderst du auch noch in meinen Knast. Sheriff Snider läßt sich von niemandem zum Narren halten.“
Jetzt reichte es ihr endgültig. Wütend trat sie einen Schritt auf ihn zu. „Ich werde die Strafe für zu schnelles Fahren bezahlen und weiterfahren, klar? Es ist mir egal, wer und was Sie sind! Ich will hier nur durchfahren, verdammt!“
„So nicht, Mädel, so nicht. Du bist verhaftet.“ Wieder ein Griff an das Holster.
Vashtu sah ihn nur an, dann drehte sie sich herum und trat mit halber Kraft gegen den vorderen Reifen seines Geländewagens. Die Wraith-Zellen in ihrem Inneren verstärkten den Tritt. Mit einem leisen Zischen entwich die Luft dem gesprengten Hartgummi.
Snider beobachtete mit offenem Mund, wie sein Geländewagen Schlagseite bekam.
Vashtu ließ sich nicht mehr aufhalten. Mit einem Satz saß sie wieder auf ihrem Motorrad und startete. Dann heizte sie, was die Maschine hergab, davon und verschwand zwischen den Maisfeldern.

***

Dr. James Wallace trat in die Küche. „Morgen, Mum“, begrüßte er die leicht übergewichtige Frau am Herd.
„Jimmy, hast du denn auch gut geschlafen?“ Mrs. Mary-Ann Wallace drehte sich herum und lächelte ihren Sohn an.
„Danke, Mum, wie immer. Die Kleinen machen ein bißchen Lärm.“ Wallace ließ sich an dem großen Eßtisch aus Vollholz nieder und rückte sein Besteck zurecht. „Aber schön, daß wieder Leben im Haus ist.“
„Oh, mein Jimmy!“ Mrs. Wallace seufzte und kam mit der Pfanne an den Tisch. „Du siehst schon wieder völlig ausgelaugt aus. Die nehmen dich ganz schön ran in dieser Forschungseinrichtung, oder? Seit dein neuer Chef ...“
„Es ist eine Frau, Mum.“ Wallace goß sich Orangensaft ein und nippte an dem Glas. „Miss Uruhk ist manchmal schon ein bißchen ... Aber sonst eigentlich ganz in Ordnung. Sie erinnert mich nur immer an diesen Lt. Colonel, der vor ihr das Kommando hatte.“
„Mein armer Schatz.“ Mrs. Wallace beugte sich, die Pfanne von sich weghaltend, über ihren schmächtigen Sohn und drückte ihm einen Kuß auf den Scheitel. „Aber eine Frau als Vorgesetzte für dich, das ist sicher nicht leicht. Ich möchte gar nicht wissen, was das wohl für eine ... eine Frau sein mag.“
Wallace runzelte die Stirn und blickte nachdenklich auf seinen Teller hinunter. Irgendwie war ihm plötzlich der Appetit vergangen.
„Iß nur, mein Junge.“ Mrs. Wallace kehrte an den Herd zurück und kümmerte sich um das Rührei.
Der junge Wissenschaftler schob den gebratenen Speck ein bißchen hin und her, bis er sich zwang, zumindest ein Stück davon zu kosten. Dabei fiel sein Blick durch das Fenster auf den Hof.
Sein Vater stand da und unterhielt sich offensichtlich gerade mit einer knabenhaften Gestalt in einer braunen Fliegerjacke und schwarzem strubbeligem Haar. Im Hintergrund stand ein schweres Motorrad aufgebockt.
Wallace wandte sich wieder seinem Frühstück zu. Aber irgendetwas an dieser Szene irritierte ihn.
Vor seinem inneren Auge tauchte wieder diese schlanke Gestalt in der zu groß wirkenden Jacke auf, wie sie sich mit einer Hand durch das kurze, tintenschwarze Haar fuhr. Eine Gestalt, eine Geste, die Jacke!
Wallace verschluckte sich an dem nächsten Schluck Orangensaft und prustete einen Gutteil über den Tisch. Hilflos würgend blickte er wieder auf und bekam große Augen.
Da draußen stand tatsächlich Vashtu Uruhk und unterhielt sich mit seinem Vater!
„Jimmy-Boy, was ist denn?“
Keuchend holte er Luft, hob die Hand und wies aus dem Fenster. „Da ... da ...“ Irgendwie wollte ihm kein einleuchtender Satz einfallen.
Seine Mutter trat ans Fenster und blickte nun ebenfalls hinaus. „Dein Vater will nachher nach den Feldern sehen. Die Erntezeit beginnt“, erklärte sie dabei, als sähe er das das erste Mal. „Nanu, wer ist denn das?“
Am Kopf seiner Mutter vorbei konnte Wallace sehen, wie sein Vater und Miss Uruhk jetzt auf das Haus zukamen.
Was wollte die Antikerin denn hier? Wieso kam sie gerade zu ihm?
Wallace schluckte.

***

„Danke, daß Sie mich kurz telefonieren lassen.“ Vashtu schenkte dem großen, stiernackigem Mann mit der sonnenverbrannten Haut ein Lächeln. „Es wird schon nichts schlimmes mit der Maschine sein.“
„Wenn Sie wollen, meine Frau macht gerade das Frühstück. Einer mehr am Tisch bedeutet nicht viel“, brummte der Riese gutmütig.
„Das ist sehr nett. Äh, haben Sie irgendeine Nummer eines Abschleppdienstes?“
„Im Telefonbuch. Aber trinken Sie doch erst einmal einen Kaffee mit uns. Fremde sehen wir hier selten.“
Vashtu nickte verstehend. Irgendwie konnte sie sich vorstellen, woran das liegen mochte. Eigentlich wäre sie auch gar nicht auf diesem Hof gelandet, wenn nicht ihr Motorrad eine Meile entfernt plötzlich den Geist aufgegeben hätte.
Sie nahm die Sonnenbrille ab und steckte sie an den Kragen ihres T-Shirts. „Das ist sehr nett von Ihnen, aber ich trinke keinen Kaffee.“
„Das macht nichts“, entgegnete der Mann, als habe sie ihm gerade die unwichtigste Sache der Welt mitgeteilt. „Wir haben auch gutes Wasser, verschiedene Säfte und Tees. Meine Schwiegertochter Carry-Sue macht da diesen ganzen Ayuveda-Quatsch.“
Vashtu nickte verstehend, ließ sich jetzt doch durch einen langen Flur in eine große Wohnküche geleiten.
„Mary-Ann, wir haben einen Gast. Miss ...“ Der Bär sah sie etwas hilflos an.
Vashtu blickte auf und stutzte. Ein Lächeln glitt über ihr Gesicht.
„Miss Uruhk!“ krächzte Wallace.
Sie begann zu kichern. „Das gibt es doch nicht! Wallace? Was tun Sie denn ... ?“ Dann ging es ihr auf und sie sah wieder zu dem Bären hinauf. „Dann müssen Sie Mr. John-Andrew Wallace sein. Sehr erfreut.“ Sie hielt ihm ihre Hand hin.
Der Riese starrte verdattert zwischen ihr und seinem Sohn hin und her, ebenso wie seine Frau.
„Mum, Dad“, quetschte Wallace irgendwie aus seiner Kehle hervor. Seine Stimme klang schrill. „Das ist Miss Uruhk, meine Vorgesetzte im Center.“
Das Farmerehepaar starrte nun einhellig die Antikerin an, die immer noch leise vor sich hinkichernd auf der Türschwelle stand und sich offensichtlich hervorragend amüsierte. „Ich freue mich, Sie kennen zu lernen, Mrs. Wallace, Mr. Wallace“, sagte sie schließlich.
Der Riese nickte verdattert, ergriff ihre Hand und schüttelte sie.
Vashtu war angenehm überrascht. Ein fester Händedruck. Aber andererseits ... was hätte sie denn auch anderes erwarten sollen von einem Farmer. John-Andrew Wallace war alles, was sein Sohn nicht war. Breitschultrig, muskulös und voller Kraft.
„Aber ...“ Mrs. Wallace schien sich plötzlich wieder zu fangen. Eilfertig lief sie zum Herd zurück. „Setzen Sie sich doch, Miss Uruhk. Bitte, frühstücken Sie mit.“
„Danke.“ Vashtu ließ sich das jetzt allerdings nicht mehr zweimal sagen. Sie trat an den Tisch und schob sich den Stuhl neben ihrem Teammitglied zurecht. Immer noch breit grinsend ließ sie sich nieder. „Sie genießen also auch das lange Wochenende, wie?“
Wallace drehte sich langsam zu ihr um, mit einer Miene wie ein Kaninchen, das der Schlange gegenübersteht. „Äh, ich ... Die Ernte!“
Vashtu nickte verstehend, zog ihre Jacke aus. „Verstehe, dann ist der Mais also so gut wie reif.“
Mr. Wallace blieb der Mund offen stehen, als er den Griff der Beretta unter ihrer Achsel sah. Vashtu nahm es gar nicht wahr, beugte sich vor und stützte die Unterarme auf den Tisch. Neugierig begann sie sich in der großen Küche umzusehen. „Schön hell hier“, stellte sie dann fest.
„Äh ja.“ Wallace Senior setzte sich jetzt auch, mit einem, unter seinen Sonnenbräune bleichen Gesicht. Immer noch starrte er auf die Gurte des Schulterhalfters.
Vashtu schien den Blick jetzt doch zu registrieren, sah stirnrunzelnd an sich hinunter. „Oh ... äh, denken Sie sich nichts dabei.“ Sie lächelte entschuldigend und richtete sich wieder auf. „Im Moment ist es ... mh, sicherer, wenn ich bewaffnet bin.“
Mr. Wallaces Blick glitt hilflos zu seinem Sohn.
Der schluckte sichtlich. „Ich ... ich trage keine Waffe, Dad. Nur ...“
„Ihr Sohn braucht keine Waffe“, fiel Vashtu ihm in sein Gestammel. „Er ist ein zu heller Kopf, um in Gefahr zu geraten, stimmts?“ Kameradschaftlich stieß sie ihn mit dem Arm an. Dann schälte sie sich auch noch aus dem Schulterhalfter, legte es sich auf den Schoß. „So besser?“
Mr. Wallace starrte sie immer noch an. „Ich wußte, daß James für eine Militärbehörde arbeitet, aber ...“ Er stockte.
Vashtu winkte ab. „Schon gut. Ich bin vor gut einer Woche entführt worden, deshalb riet mir mein Chef, für einige Zeit ständig eine Waffe zu tragen. Aber ich benutze sie nur im absoluten Notfall, glauben Sie mir.“
„Entführt?“ Wieder ein hilfloser Blick zu seinem Sohn.
„Äh, naja ...“
„Halb so schlimm. Eine konkurrierende Einrichtung, wenn Sie so wollen. Es ist nichts passiert.“ Munter beugte Vashtu sich wieder vor. „Ihr Sohn hat sehr schnell meinen Aufenthaltsort herausgefunden und die MP schickte ein Sondereinsatzkommando. Da gab es kaum Schwierigkeiten.“
Dr. Wallace schien vor ihren Augen immer kleiner zu werden, während das Farmerehepaar immer größere Augen bekam und sie mit unverhohlenem Staunen anstarrte.
„Mrs. Wallace? Ich glaube, da brennt gleich etwas an.“ Vashtu lächelte freundlich und wies auf die beiden Pfannen.
Die Angesprochene fuhr entsetzt herum und murmelte immer wieder etwas von Gott.
Vashtu lehnte sich entspannt zurück, betrachtete wieder den Raum, in dem sie sich befand.
„Wir wußten nicht, daß es gefährlich ist, für dieses Center zu arbeiten“, sagte Mr. Wallace.
„Ist es auch nicht. Die meiste Zeit sitzen wir in unseren Laboren und tun, naja, was man halt in der Forschung so tut.“
Ein ungläubiges Nicken des Bären.
„Miss Uruhk“, zischte Wallace ihr zu, „meine Eltern haben nicht die nötige Sicherheitsstufe.“
„Oh!“ Vashtu nickte. „Alles klar. Danke, Wallace.“
In diesem Moment stürmten vier Kinder in unterschiedlichen Altersstufen herein und fielen über den Tisch her.

***

Wallace stand an die Scheune gelehnt da und beobachtete seine Vorgesetzte, die Robert und David, seinen beiden ältesten Neffen, gerade ihr Motorrad zeigte, mit gemischten Gefühlen. Am liebsten wäre es ihm gewesen, wenn sie gleich nach dem Frühstück wieder abgezogen wäre, andererseits aber wußte er nicht so recht, ob er dem Rest der Menschheit wünschen sollte, mit dieser ... unkonventionellen Antikerin zusammenzustoßen.
Die beiden Kinder, sieben und fünf Jahre alt, starrten die schlanke Frau groß an, während diese ihnen sehr ausführlich irgendetwas erklärte. Nur bitte nicht wieder irgendwelche Einsätze des SG-Teams, betete Wallace im Stillen.
„Ein ganz schön heißer Feger, deine Chefin“, sagte da plötzlich eine Stimme hinter ihm in der Scheunentür.
Wallace zuckte zusammen, als er so plötzlich aus seinen Gedanken gerissen wurde und drehte sich zu seinem älteren Bruder um. „Du weißt nicht, was du redest, Andy“, sagte er düster.
Andrew, der älteste Sohn des Wallace-Clancs, schürzte die Lippen. „Also, ich würde mir von ihr schon gern die eine oder andere Anweisung geben lassen.“
Wallace schüttelte resignierend den Kopf. „Besser nicht. Du weißt nicht, was du dir da wünscht.“
„Bist wohl selbst in sie verschossen, was?“ Andrew stupste ihn kameradschaftlich an.
Wallace zog ein langes Gesicht. „Ganz sicher nicht. Außerdem geht das Gerücht, sie hätte etwas mit einem anderen.“
„Ah!“ Andrew nickte verstehend. „Was ernstes?“
„Keine Ahnung. Wie ich gehört habe, soll es der Lt. Colonel sein, der früher das Team geleitet hat.“
„Aber der ist doch versetzt worden. Wohin nochmal? Atlanta?“
Wallace zog wieder eine Grimasse. „Sozusagen.“
„Dann ist er doch weit vom Schuß.“ Andrew grinste anzüglich. „Halt dich ran, Jimmy, sonst passiert das gleiche wie damals mit Laura-May.“
Wieder verzog der jüngere der Wallace-Brüder das Gesicht. „Lieber nicht. Diese Frau ist ... anders.“
Andrew nickte beeindruckt. „Stimmt. Sie bringt frischen Wind hierher. Muß in deinem Center genauso sein, was? Sie hat wohl des öfteren Zusammenstöße mit ihrem Vorgesetzten, könnte ich mir vorstellen.“
„Kann man so sagen.“
Vashtu setzte den kleinen David in den Sattel des Motorrades und zeigte ihm, wie er den Lenker halten mußte.
„Ist auf jeden Fall kräftiger, als sie aussieht.“ Andrew nickte. „Macht sicher Krafttraining oder was diese Stadtleute so machen.“
Wallace zuckte mit den Schultern. Wenn er eines nicht wußte, dann sicher das. Und er legte auch keinen Wert darauf, es zu wissen. Ihm genügte es zu wissen, was sich wirklich in ihr verbarg.
In diesem Moment wankte Joe-Kevin, der jüngste der Wallace-Brüder, aus dem Maisfeld heraus.
„Verdammte Scheiße!“ Andrew stürzte an seinem jüngeren Bruder vorbei zu dem Nesthäckchen. Wallace zögerte einen Moment, dann rannte er hinterher, als er sah, daß auch Vashtu auf den jungen Mann aufmerksam geworden war.
„Mist, verfluchter!“ Andrew, der als erstes bei Joe-Kevin angekommen war, faßte ihn unter den Achseln, um ihn zu stützen. „Das war doch wieder dieser Walker-Clan, oder? Hast dich wieder mit Jenny getroffen, was?“
„Was ist passiert?“ Vashtu beugte sich besorgt über das zerschlagene Gesicht des jungen Mannes, der sie irritiert anblinzelte.
„Jenny und ich ...“ quetschte er irgendwie hervor.
Vashtu runzelte die Stirn und sah zu ihrem Team-Mitglied hinüber.
„Ich bring dich erst einmal rein, ja? Mum wird das schon richten.“ Andrew lächelte die Antikerin entschuldigend an. „Sorry, Mam. Die Walkers und wir ... wir mögen uns nicht sehr.“
Vashtu nickte und blieb zurück, die Arme vor der Brust gekreuzt und mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck.
„Die Walkers haben die nächste Farm“, beeilte Wallace sich zu erklären. „Seit Jahren gibt es Streitigkeiten wegen der Grenze. Und da kommen mein Bruder und die jüngste Tochter der Walkers natürlich ...“
„Ich verstehe.“ Die Antikerin drehte sich um und musterte die hohen Halme des Maisfeldes. „Wenn der Abschleppwagen kommt, schreiben Sie sich die Adresse auf, Doc. Ich bin kurz weg.“
„Aber ...“
„Ich komme gleich wieder, keine Sorge.“ Sie verschwand im Maisfeld, gerade als einer der Streifenwagen des örtlichen Sheriffbüros auf den Hof fuhr.
Wallace fand sich unversehens zwischen zwei Stühlen wieder. Liebendgern wäre er seiner Chefin nach, einfach um sie vor möglichem Unsinn zu bewahren, andererseits hielt Sheriff Snider geradewegs auf ihn zu.
„Dr. Wallace, ein seltenes Vergnügen, Sie zu sehen. Wie geht es Ihnen?“
Wallace zögerte noch einen Moment, dann drehte er sich zu dem dicklichen Sheriff herum und lächelte nervös. „Guten Tag, Sheriff. Äh, ich habe viel Arbeit.“
Sniders Sonnenbrille nickte zu dem Motorrad, daß die beiden Jungen noch immer staunend umkreisten. „Ihnen ist hier nicht zufällig eine schwarzhaarige Furie über den Weg gelaufen, die das Ding da gefahren hat?“
Wallace starrte den Sheriff groß an. Nein! Nicht das auch noch!
„Äh ...“
Snider musterte die Maschine, trat näher. „Doch, das muß sie sein“, stellte er nach einer Umrundung fest. „Also ist dieses Weib hier irgendwo. Wo?“
„Äh ...“ Wallace glaubte, gleich im Erdboden versinken zu müssen.

***

Vashtu hörte einen Wagen auf den Hof fahren, gerade als sie das Feld betreten und damit nicht mehr sichtbar war. Sie zögerte.
Auf der einen Seite würde sie gern einmal mit diesen Walker-Jungen sprechen, die sich so offensichtlich an ihren Gastgebern vergingen, auf der anderen Seite war sie auch neugierig, wer da jetzt wieder gekommen war. Und ihr Instinkt sagte ihr, sie solle sich besser nicht zeigen.
Also schlich sie so nahe wie möglich zurück an den Rand des Feldes und lugte durch die Halme.
War das nicht ... ?
Vashtu erstarrte.
Oh, Mist! Das war dieser dicke Kerl, der sie heute morgen angehalten und ihr ihre Maschine hatte wegnehmen wollen.
Vashtu preßte die Lippen fest aufeinander und zwang sich, stehenzubleiben, als sie beobachtete, wie der Kerl, hatte er sich nicht Sheriff genannt?, ihr Motorrad umrundete.
Was hatte er vor?
Mit einem Ruck richtete sie sich auf, als der Sheriff beherzt nach dem Lenker griff.
Der würde doch nicht etwa ... ?
Doch, er rollte das Motorrad zu seinem Geländewagen und ließ sich von Wallace helfen, es auf die Ladefläche zu heben.
Vashtu kniff die Lippen fest aufeinander.
Jetzt reichte es aber! Das ging eindeutig zu weit!
Gerade als sie sich entschloß, diesem Sheriff noch einmal, und diesmal sehr gründlich, die Meinung zu sagen, hörte sie ein Rascheln hinter sich und drehte sich um. Da war ein Schatten im Maisfeld.
Einer dieser Walkers?
Vashtu nahm die Verfolgung auf. Die Maschine konnte warten, aber die würde sie sich wieder holen, das stand fest!

***

„Und jetzt gehen wir beide zu deinen Eltern und reden einmal mit ihnen!“ Vashtu hatte den muskulösen jungen Mann am Kragen gepackt und schleifte ihn halb hinter sich her.
Sie hatte ihn im Maisfeld gestellt und leider ein wenig mit ihm ringen müssen, ehe er zugab, zu dem Walkers zu gehören. Sie hatte ihm zwar kein wirkliches Leid zugefügt, doch sie war sich nicht sicher, ob sein glasiger Blick nicht vielleicht auch anders würde ausgelegt werden können. Aber, so dachte sie, man konnte schließlich über alles reden.
Entschlossen marschierte sie weiter, suchte sich ihren Weg durch das Maisfeld.
Wo sollte denn hier irgendwo eine Grenze sein? Sie jedenfalls merkte davon nichts. Und das würde sie diesen Walkers wohl auch klar machen können. Wenn sie so darauf bestanden, konnten sie doch immer noch einen Zaun ziehen.
Rufe klangen vor ihr auf.
Vashtu kniff die Lippen aufeinander. Also hatte sie sich doch nicht geirrt und der Bengel war nicht allein gewesen. Sie meinte, als sie ihn endlich am Kragen hatte, Schritte gehört zu haben, die sich entfernten.
Dann bellte heiser ein Schuß über ihren Kopf, gerade als die Maispflanzen sich zu lichten begannen. Eine heiße Spur zog sich über ihre Wange.
„Autsch!“ Mit der freien Hand wischte sie sich über das Gesicht und sah Blut.
Stirnrunzelnd ging sie in die Hocke und zog den Jungen mit sich.
Der starrte sie entgeistert an, als sie ihm ihre blutige Hand hinhielt.
„Was war denn das?“ fragte sie.
Verstockt wie er war starrte er nur weiter.
Vashtu seufzte und schüttelte ihn wie einen jungen Hund. „Hallo! Ich habe dich was gefragt.“
„Die Schrotflinte meines Vaters. Der wird Sie killen, Miss, ganz sicher.“
Vashtu runzelte die Stirn und blickte wieder auf.
Eine Schrotflinte. Mußte irgendeine Projektilwaffe sein, die sie noch nicht kannte. Aber so große Wunden fügte sie nicht zu, wenn sie den einen blutigen Strich an ihrer Wange bedachte. Aber sicher war sicher.
Vashtu packte den Jungen mit der anderen Hand und zog ihre Beretta. Mit einem Klicken entsicherte sie die Waffe und reckte den Hals.
„Okay“, murmelte sie, „eigentlich wollte ich ja nur mit deinen Eltern sprechen. Aber wenn sie Ärger haben wollen wie du ...“
Trotzig schob der Junge die Unterlippe vor. „Mein Dad wird Sie abknallen wie eine schlachtreife Ente im Herbst.“
„Werden wir sehen. Komm!“ Sie riß ihren Gefangenen hoch und drückte ihn vor sich, ehe sie das Maisfeld verließ.
„Mr. Walker?“ schrie sie über die freie Fläche.
Der Hof sah fast genauso aus wie der der Wallaces: Haupthaus, Scheune, Silo und ein großer Geräteschuppen. Nichts großartiges.
„Runter von meinem Land!“ antwortete eine tiefe Männerstimme.
Vashtu schüttelte den Kopf. „Ich möchte mit Ihnen sprechen, Mr. Walker. Ich bin bei Ihren Nachbarn zu Gast und mußte mitansehen, wie einer der Wallace-Söhne zusammengeschlagen nach Hause kam. Er sagte, es wäre ihre Bande gewesen.“
„Lügner und Landdiebe, dieses Wallace-Pack!“
Vashtu schüttelte seufzend den Kopf. „Nun, Ihr Sohn hat sich definitiv auf dem Land der Wallaces herumgetrieben, als ich ihn fand. Darum dachte ich, ich zeige ihm den Weg nach Hause.“
„Den hätte er auch allein gefunden.“
Vashtu stieß den Jungen noch einen Schritt nach vorn. In diesem Moment knallte wieder ein dumpfer Schuß los und ließ sie unvermittelt den Kopf einziehen.
Donnerwetter, ganz schön laut, diese Schrotflinten!
„Ich denke, man kann über alles in Ruhe reden, Mr. Walker“, rief sie zum Haus. „Wenn Sie Schwierigkeiten mit der Grenze haben, sollten Sie das als guter Farmer doch mit Ihren Nachbarn aushandeln können. Immerhin gibt es in diesem Land Gerichte.“
„Käufliche Schweine, allesamt!“ Jetzt öffnete sich doch eine Tür und ein dunkler Schatten mit einem mächtigen, zweiläufigen Gewehr erschien.
Vashtu seufzte. „Wenn das Ihre Meinung ist.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Hören Sie, sehen Sie mich als Vermittlerin an. Ich bin garantiert nicht käuflich, weder von Ihnen noch von den Wallaces.“
„Aber Sie sind bei denen zu Gast!“ Ein deutliches Klicken, dann wieder ein brüllender Schuß, der sich kurz neben ihr in den Boden grub.
Vashtu war nun doch beeindruckt. Was auch immer sie da vorhin getroffen hatte, allmählich glaubte sie nicht mehr, daß es tatsächlich die Schrotflinte gewesen war. Ein Krater, so groß wie ihr Fuß, hatte sich tief in die Erde gefressen.
„Und jetzt lassen Sie meinen Sohn los und verschwinden von meinem Land, Miss. Sonst mache ich ernst!“
Vashtu blickte auf und überlegte einen Moment, dann stieß sie den Jungen beiseite und hob gleichzeitig die Beretta. „Schlechter Vorschlag!“

***

Als sie einige Stunden später wieder zurückkehrte zur Farm der Familie Wallace, erwartete ihr Team-Mitglied sie bereits an der Scheune und sah sie mit einer Mischung aus Verzweiflung und Wut an.
„Alles erledigt.“ Vashtu klopfte sich den letzten Staub von den Jeans. „Mit den Walkers dürften Sie in Zukunft keine Probleme mehr haben.“
„Was haben Sie angerichtet?“ fragte Wallace mit einem erstaunlichen Mut in seiner Stimme.
Vashtu runzelte die Stirn. „Ihnen ins Gewissen geredet, das habe ich getan“, antwortete sie. „Was denken Sie denn? Ich frage mich eher, was Sie dazu bewogen hat, meine Maschine diesem Typen mitzugeben.“
Wallace riß die Augen auf. „Also haben Sie wirklich ... ? Miss Uruhk! Sie haben den hiesigen Sheriff verärgert, sehr verärgert. Er behauptet, Sie hätten seinen Wagen demoliert.“
„Ich habe ihm einen Reifen zertreten, weil er nicht mit sich reden lieߓ, entgegnete sie. „Ich wollte den Strafzettel ja bezahlen, aber er wollte das nicht.“
Wallace holte immer wieder tief Atem, was ihm das Aussehen eines Fisches auf dem Trockenen verlieh. „Miss Uruhk!“ rief er entrüstet aus.
Vashtu kreuzte die Arme vor der Brust und gab sich betont lässig. „Dieser ... dieser Sheriff hat mein Motorrad mit Ihrer Hilfe gestohlen, Doc. Das ist jetzt das zweite Mal, daß Sie nicht teamkonform arbeiten.“
„Ich arbeite nicht teamkonform?“ Wallace starrte sie an. „Das ist ... das ist! Sie haben Sheriff Snider angegriffen! Sie haben sich mit der Staatsmacht in diesem Teil des Landes angelegt! Und ich arbeite nicht teamkonform?“
Vashtu sah ihn irritiert an. „Snider ist die Staatsmacht?“ fragte sie verwirrt.
Wallace nickte. „Ja, ist er! Er ist der gewählte Sheriff für dieses County.“
„Oh ...“ Vashtu runzelte die Stirn und drehte sich wieder um. „Aber eine ziemlich ... äh ... eigenmächtige Staatsmacht, würde ich sagen.“ Sinnend blickte sie zur Straße hinunter.
„Es wird besser sein, Sie rufen das SGC an und melden sich bei General Landry, Miss Uruhk. Vielleicht fällt dem etwas ein.“
„Ich will mein Motorrad wieder zurück!“ Entschlossen kniff sie die Lippen aufeinander.
„Das werden Sie auch wieder zurück bekommen, wenn die Sache geklärt ist. Aber jetzt sollten Sie sich beim SGC melden und dem General sagen, daß Sie in Schwierigkeiten sind. Und dann sollten Sie nach Silent fahren und mit Snider sprechen. Sicher, er wird Sie wahrscheinlich in Gewahrsam nehmen ...“
„Er will mich einsperren? Warum?“ Vashtu schüttelte verständnislos den Kopf.
„Er wird Sie in Gewahrsam nehmen, weil Sie Widerstand geleistet haben, Miss Uruhk. Aber wenn der General Bescheid weiß, wird er Ihnen Hilfe schicken.“
Die Antikerin schüttelte den Kopf und drehte sich wieder zu ihm um. „Ich löse das allein“, entschied sie. „Und diesen Snider werde ich mir auch noch vorknöpfen, darauf können Sie sich verlassen. Er hat mein Motorrad gestohlen! Das Motorrad, das General O'Neill mir gerade erst geschenkt hat!“
„Der Brigade General hat Ihnen ein Motorrad geschenkt?“ Wallace schüttelte den Kopf, als müsse er irgendwelche inneren Bilder verscheuchen. „Miss Uruhk, nehmen Sie doch endlich Vernunft an!“
„Ich bin vernünftig!“ Drohend trat sie einen Schritt näher. „Ich hole mir meine Maschine zurück, lasse sie reparieren und fahre nach Colorado-Springs. Dann rede ich mit Landry und hole mir Unterstützung. Diesem Snider werde ich das Handwerk legen! Er ist ein gemeiner Dieb!“
Wallace seufzte und schüttelte resignierend den Kopf.
„Bringen sie mich in die Stadt?“ Bittend sah sie ihn mit großen Augen an.

***

„Schickes Maschinchen!“ Deputy Hamilton nickte anerkennend und umrundete das Motorrad, das der Sheriff auf dem Parkplatz neben dem Büro abgestellt hatte.
„Noch brandneu. Guck dir mal den Meilenstand an!“ Deputy Williams beäugte das Fahrzeug ebenso staunend wie sein Kollege. „Muß tatsächlich die erste Fahrt gewesen sein, die dieses Flittchen unternommen hat.“
Hamilton nickte wieder. Vorsichtig berührte er die Lenkstange. „Geil!“ sagte er. „Ob wir mal ne Runde mit der Kiste drehen dürfen? Was meinst du, Mike?“
Williams neigte abwägend den Kopf, schüttelte ihn dann bedauernd. „Ich schätze, eher nicht.“
„Würdet ihr beide jetzt endlich reinkommen?“ rief Snider aus dem Büro heraus.
Die beiden Deputys wechselten einen langen Blick, sahen sich dann noch einmal die Maschine an, ehe sie seufzend zurückkehrten in das Sheriffbüro.
Snider erwartete sie bereits hinter der Absperrung. „Ich möchte, daß die Maschine überprüft wird. Haben wir die Fahrzeugnummer?“
Williams nickte und klappte seinen Notizblock auf. „Habe sie notiert. Dürfte sich schnell herausfinden lassen, Sir.“
„Mich würde es nicht wundern, wenn diese Harpyie das Motorrad gestohlen hat. Ermittle den Halter, Mike. Und du, Charlie, hängst dich ans Telefon und gibst meine Beschreibung von dieser Irren an die State-Police weiter. Die kriegen wir!“
Die beiden Deputys nickten einhellig und traten durch die Schwingtür, die den zivilen vorderen Raum von ihrem hinteren Büro trennte.
Snider warf noch einen Blick nach draußen. Im Licht der Straßenlaternen leuchtete der Chrom des Motorrades silbern auf.
Dieses Weib würde er schon hinter Gitter bringen. Daß sie überhaupt den Mut hatte, sich bei den Wallaces einzuschleimen! Das hätte übel enden können, vor allem für den jungen James, der doch gerade seine Karriere auf Vordermann brachte.
„Sir, der Halter des Motorrades ist ein gewisser Jack O'Neill, derzeit wohnthaft in Washington D.C. Angehöriger des Militärs, Brigade General ... hohes Tier also.“ Williams' Stimme klang beeindruckt.
„Dachte ich es mir doch!“ Snider schlug sich mit der Faust in die flache Hand und marschierte zur Seitentür, hinter der sich sein Büro verbarg. „Suchen Sie die Nummer raus. Dieser General wird sich wundern, wo wir sein Motorrad gefunden haben.“

***

„Miss Uruhk ...“
„Ich hole mir mein Motorrad zurück, Wallace, Ende der Diskussion.“ Vashtu stieg aus dem alten Pickup der Familie Wallace und funkelte ihr Team-Mitglied an. „Und wenn Sie wieder im Chayenne-Mountain sind, reden wir beide einmal über Loyalität, Doc. An der hapert es Ihnen nämlich ganz gewaltig.“ Sie warf die Tür ins Schloß und stapfte in der hereinbringenden Dunkelheit die Straße hinunter.
Wallace sah ihr mit zusammengekniffenen Lippen nach. Dann atmete er tief ein und holte sein Handy hervor. Die Nummer des SGC hatte er im Speicher. Er drückte die entsprechenden Tasten und wartete.
„Stellen Sie mich bitte zu General Landry durch“, sagte er dann, sah noch einmal der einsamen Gestalt auf der Straße nach.

***

Vashtu blieb auf der anderen Straßenseite stehen und musterte das Haus mit dem großen Holzschild über der Tür. Sah für sie eher wie ein ganz normaler Laden in irgendeiner Kleinstadt aus, einmal abgesehen davon, daß es nicht verputzt war. Der Bau war fast quadratisch, verfügte nur über ein Stockwerk und hatte ein großes Frontfenster neben einer Glastür. Nur das Schild mit dem Wort „Sheriff“ über der Tür teilte mit, was es mit diesem Gebäude auf sich hatte.
Vashtu richtete ihre Aufmerksamkeit auf das Objekt ihrer Begierde. Ihr Motorrad stand auf einem Parkplatz direkt an der Seite des Sheriff-Büros. Von innen würde es kaum zu sehen sein, wenn sie sich ihre Maschine zurückholte, sofern Snider nicht irgendeine Wache aufgestellt hatte.
Vashtu wartete und lehnte sich gegen einen Laternenpfahl, die Arme vor der Brust gekreuzt.
Ein Stück die Straße hinunter hatte sie ein Motel gesehen. Wenn sie ihre Maschine bis dorthin schieben konnte, würde sie sich ein Zimmer nehmen und morgen sehen, daß sie eine Werkstatt fand, die ihr Problem beheben konnte. Und dann würde sie diesem Snider mal zeigen, was Gerechtigkeit war.
Sie einsperren? Da mußte er früher aufstehen!
Mit einem Ruck richtete sie sich wieder auf, als sie sicher war, daß ihr Motorrad wirklich nicht bewacht wurde, und überquerte die Straße.
Sorgfältig untersuchte sie die Maschine, konnte jedoch nichts feststellen. Weder war das Rad irgendwo angekettet noch sonstwie gesichert. Es war einfach hier geparkt worden.
Vashtu schüttelte den Kopf, kippte das Motorrad nach vorn und schob es auf die Straße.

***

„Der General ist nicht erreichbar“, meldete Williams.
Snider seufzte. Natürlich, das würde erklären, warum die Maschine bis jetzt nicht als gestohlen gemeldet war. Wahrscheinlich war dieser General O'Neill in irgendeinem Einsatz, vielleicht sogar in einem der Krisengebiete, und hatte schlichtweg noch nicht bemerkt, daß sein neues Spielzeug entwendet worden war. Dieses Weib war klever. Wahrscheinlich hatte sie vorsätzlich gewartet, bis sie sicher sein konnte, das Motorrad irgendwohin bringen zu können, wo sie es zu Geld machen konnte. Aber da mußte sie schon früher aufstehen!
„Sir?“ Williams hing immer noch in der Tür, den Kopf durch den Spalt gesteckt.
Snider nickte. „Gehen Sie, für heute haben Sie genug getan. Ich bleibe noch ein bißchen.“ Befriedigt lehnte er sich zurück und atmete tief ein, die Hände über seinem Bauch gefaltet.
Diese merkwürdige Frau würde er schon ins Kittchen bringen. Immerhin war er der Enkel des legendären Revolverhelden One-Bullet-Joe Snider. Er hatte schon ganz andere Fälle gelöst als diesen.
Eilige Schritte im Büro nebenan, dann wurde seine Bürotür aufgerissen. „Sir!“ Williams starrte ihn mit entsetzt geweiteten Augen an.
Snider setzte sich wieder auf und sah seinen Deputy fragend an. „Ja?“
„Das Motorrad, Sir ... es ist weg!“
Mit einem Ruck war Snider auf den Beinen. „Was?“

***

Vashtu rubbelte sich mit dem Handtuch noch einmal durch die Haare, während sie nachdenklich das Fernsehbild verfolgte. Irgendeine billige, von der Aufmachung her ziemlich alte Fernsehserie über die Abenteuer einer Raumschiff-Besatzung flimmerte über den Bildschirm. Aufmerksam war sie erst durch einen Namen geworden, den sie beinahe vergessen hatte.
„Captain Kirk ...“ murmelte sie nachdenklich, setzte sich auf das Bett. Die Matratze sank unter ihr weg, bis sie das Gefühl hatte, auf dem Boden zu sitzen. Na toll! Viel Schlaf würde sie diese Nacht wohl nicht finden.
Ein Mann in einem kurzen, gelblichen T-Shirt und einer schwarzen Hose setzte sich auf einen unbequem aussehenden Sessel.
Das war also der berüchtigte Captain Kirk, mit dem McKay so gern John verglich.
Vashtu rümpfte die Nase. Da war John ihr aber wesentlich lieber! Dieser Kirk war ...
Sie wurde aufmerksam, als sie einen anderen, schlankeren Mann mit schwarzen Haaren sah. Merkwürdig spitze Ohren zierten als Umrandung sein Gesicht.
Sie hob die Brauen. Mh, der war schon mehr nach ihrem Geschmack.
Vashtu schlug die Beine übereinander und verfolgte das weitere Geschehen auf dem Bildschirm aufmerksam, um herauszufinden, was es mit diesem Spitzohrigen auf sich hatte.

***

„Da steht es!“
Hamilton sah irritiert aus der Frontscheibe und blickte sich dann aufmerksam um, doch nichts war zu sehen.
Das gesuchte Motorrad stand einsam auf dem Hof des verlassenen Kane-Hofes, als habe es hier die ganze Zeit auf das Auftauchen der beiden Deputys gewartet.
„Bestimmt nur einer dieser dummen Streiche der Boulder-Jungs“, mutmaßte Williams.
Hamilton nickte. „Ruf trotzdem lieber den Boß, Mike. Nicht daß wir noch Ärger kriegen, von wegen Spuren verwischt und so. Du weißt doch, wie er ist, seit diese komische Forensik-Serie im Fernsehen kommt.“
Williams nickte und griff nach dem Funkgerät, um Meldung zu machen.

***

Vashtu wurde durch einen an- und abschwellenden Lichtschein vom Fenster her aufmerksam auf das Geschehen vor ihrem Motelzimmer. Stirnrunzelnd richtete sie sich auf und reckte den Hals.
Draußen am Straßenrand, sehr gut beleuchtet von einer einsamen Straßenlaterne, stand der Geländewagen des Sheriffs an der einzigen Ampel, die Silent zu bieten hatte. Gerade als sie näher an das Fenster trat, fuhr der Wagen an - in die Richtung des Hofes, in dessen Schatten sie ihr Motorrad versteckt hatte.
Vashtu starrte dem Gefährt einen Moment lang verdattert hinterher, dann schoben sich ihre Brauen zusammen und sie kniff wütend die Lippen zusammen.
„Jetzt reicht es aber!“
Sie fuhr herum, griff sich ihre Jacke und verließ das Motel, um dem Wagen zu folgen und ihre Maschine zu retten.

***

„Ohne Zweifel, das ist es.“ Snider umrundete das Motorrad und nickte nachdenklich.
„War bestimmt einer der Boulder-Jungs, vielleicht sogar beide“, meinte Williams und kreuzte die Arme vor der Brust.
„Oder auch nicht. Diesem Weib ist alles zuzutrauen.“ Snider marschierte zu seinem Wagen zurück und beugte sich ächzend über die Ladefläche, um den Metallkasten aufzuschließen.
„Aber ... Boß! Meinen Sie wirklich, das wird nötig sein?“
Snider hob seine Schrotflinte heraus und kontrollierte die Patronen. Dann drehte er sich um und sah sich den Hof noch einmal aufmerksam an. „Wir verteilen uns im Schatten. Dann wird sie uns wohl nicht sofort sehen. Und haltet eure Waffen bereit, Jungs. Diese Furie ist zu allem fähig.“

***

Vashtu joggte bis zu dem verlassenen Hof, blieb dann auf der Straße stehen und sah sich mißtrauisch um. Der Geländewagen des Sheriffs stand in der Zufahrt des Hofes, ein Stück die Straße hinunter parkte ein anderes Fahrzeug mit einem goldenen Stern auf den Türen und der Beleuchtung der Polizei.
Wieder sah sie sich sehr genau um, tastete einen Moment lang nach der Beretta, aber die hatte sie auf dem Walker-Hof leerschießen müssen. Und Ersatzmagazine hatte sie nicht bei sich.
Dann eben ohne Waffen. Aber kampflos würde sie ihr Motorrad nicht aufgeben!
Im Schatten des Geländewagens pirschte sie sich vorwärts.
Das Motorrad stand noch immer da, wo sie es abgestellt hatte. Irgendein dummer Zufall hatte den Sheriff wohl auf die Idee gebracht, es ausgerechnet hier zu suchen. Sie hätte die Maschine besser verstecken sollen. Aber wer konnte schon damit rechnen, daß Snider plötzlich Intelligenz entwickelte?
Das ganze sah verdammt nach einer Falle aus, und Vashtu hatte keine Ahnung, wieviele Leute dem Sheriff unterstanden. Aber sie würde auf keinen Fall das Motorrad zurücklassen. Wer konnte schon sagen, was Snider damit tun würde. Außerdem war es ein persönliches Geschenk von General O'Neill, und auf dessen Freundschaft wollte sie auch weiterhin nicht verzichten.
Vashtu überlegte und sah sich aufmerksam in der Dunkelheit um.
Wenn sie wüßte, wieviele Männer Snider hatte, und ob einer von denen über etwas mehr Grips als ihr Boß verfügte, würde sie besser kalkulieren können. Auf der anderen Seite ... Sie hatte vor nicht einmal einem Jahr ein Hive-Schiff der Wraith im Alleingang gesprengt - naja, durch einen dummen Zufall, aber immerhin.
War da nicht ... ?
Vashtus Gesicht verzog sich zu einem Grinsen.
Ja, im Schatten einer niedrigen Mauer kauerte ein Mann. Und dieser Mann wartete offensichtlich auf irgendetwas.
Bis zu ihm konnte sie so gut wie ungesehen kommen. Und sie war sich sicher, daß es sich bei diesem Kerl um einen der Handlanger von Snider handelte.
Vashtu huschte auf der anderen Seite um den Geländewagen herum und hechtete auf die andere Seite der Mauer. Dann pirschte sie sich leise, mit der Nase fast am Boden, den Rücken zu einem Katzenbuckel gekrümmt, näher an den Mann heran, spannte sich schließlich an und sprang über das Mäuerchen.
Sofort riß sie ihn zu Boden und rammte ihm ihre Faust ins Gesicht. Dann erst hörte sie das Klicken, daß sie heute schon einmal zu oft gehört hatte und blickte auf, direkt in den breiten, respekteinflößenden Lauf einer Schrotflinte.
„Und jetzt, ganz langsam aufstehen“, befahl Sniders Stimme.
Vashtu atmete tief ein und hob die Hände. Diesem Ding da in den Händen ihres Feindes traute sie nicht.
„Aufstehen, na los!“ Sniders Stimme wurde ungeduldig.
„Okay, nur schön vorsichtig mit dem Ding.“ Langsam kam sie wieder auf die Beine, die Hände immer noch erhoben.
Snider drückte ihr den Lauf in den Magen und drängte sie so zurück und weiter ins Licht hinein. Vashtu blinzelte, wagte jetzt aber keinen Widerstand mehr als ein dritter Mann auf Zuruf hinter ihrem Rücken auftauchte und ihre Hände mit Stahlschellen fesselte.
„Wer sagt es denn?“ Snider nickte zufrieden und erntete dafür einen vernichtenden Blick der Antikerin.

***

„Ich kenne meine Rechte! Ich darf einen Anruf tätigen, und genau das möchte ich umgehend tun!“ Vashtu fiel unsanft auf den Stuhl zurück und funkelte den Sheriff wütend an. „Wenn Sie mir diesen Anruf vorenthalten, beschneiden Sie damit meine Rechte.“
„Welche Rechte? Sie sind keine amerikanische Staatsbürgerin.“ Snider klopfte vehement auf eines der Dokumente, die er vor sich ausgebreitet hatte. „Hier steht nichts von Ihrer Staatsangehörigkeit, also sind Sie staatenlos für mich und ich brauche Ihnen keinen Anruf zuzugestehen.“
Vashtu beugte sich wütend vor und reckte den Hals. „Sie werden bitter bereuen, wenn Sie mich nicht umgehend meine Arbeitgeber informieren lassen, das schwöre ich Ihnen!“ zischte sie.
Snider lehnte sich lächelnd zurück. „Sie werden nicht eher mit einem Ihrer Spießgesellen Kontakt aufnehmen, als daß ich Sie dem Haftrichter vorgeführt habe, Miss ... äh ... Uruhk. Und Sie sollten nicht vergessen, gegen Sie liegt bereits eine Menge vor. Machen Sie es sich nicht noch schlimmer, meine Liebe.“
„Ich bin nicht Ihre Liebe!“ brüllte Vashtu los und richtete sich halb auf. Williams zerrte sie wieder auf den Stuhl zurück und drückte sie hart nieder.
„Widerstand gegen die Staatsgewalt, Angriff auf einen Polizisten, das Tragen einer scharfen Waffe in der Öffentlichkeit ... ob geladen oder nicht spielt keine Rolle. Nebenbei auch noch das Führen eines Fahrzeugs ohne gültige Fahrerlaubnis, sowie immer noch die überhöhte Geschwindigkeit und der Verdacht auf Diebstahl.“ Sniders Lächeln verwandelte sich in ein breites Grinsen. Sein Doppelkinn bebte leicht. „Wie ich es sehe ...“
„Diebstahl?“ Vashtus Augen wurden groß. „Was, bitte schön, soll ich denn gestohlen haben?“
„Das Motorrad ist auf einen gewissen Brigade General O'Neill gemeldet. Leider haben wir ihn bisher nicht erreichen können, sonst wüßten wir wahrscheinlich auch, wie es Ihnen gelungen ist, ihm seine Maschine abzunehmen.“
„Sind Sie denn von allen guten Geistern verlassen, Mann?“ wütete die Antikerin wieder los. „General O'Neill hat mir das Motorrad vor gerade einmal einer Woche persönlich geschenkt. Wenn es noch auf seinen Namen läuft, wird er wohl vergessen haben, es auf mich umschreiben zu lassen. Und was den Diebstahl angeht ... Sie haben mir die Maschine doch wohl gestohlen, wie ich es sehe, nicht umgekehrt. Ich habe sie mir nur wieder zurück geholt!“
Snider beugte sich nach vorn und stützte seine Unterarme auf den Schreibtisch. „Machen Sie es nicht noch schlimmer, Miss Uruhk. Wenn ich das alles zusammenzähle, was Sie jetzt schon auf dem Kerbholz haben ... da kommen schon einige Jährchen zusammen. Nennen Sie uns Ihre Hintermänner und ich werde sehen, was ich bei Richter Jonas für Sie tun kann.“
Vashtus Hals schien anzuschwellen durch den zornigen Schrei, der in ihrer Kehle steckte und sie würgte. Doch sie zwang sich zu einem ruhigen Tonfall. „Sie wissen nicht, worauf Sie sich eingelassen haben, Sheriff Snider. Ich warne Sie zum letzten Mal: Geben Sie mein Motorrad heraus und lassen Sie mich gehen. Sonst wird es Ihnen sehr bald sehr leid tun, überhaupt jemals meinen Namen auch nur gelesen zu haben!“
Snider musterte sie wieder genau, dann lehnte er sich zurück und gab Williams einen Wink, der die zierliche Frau daraufhin am Arm packte und hochzog.
„In die Zelle mit ihr. Vielleicht kühlt sie sich dort etwas ab. Morgen früh unterhalten wir uns weiter, meine Liebe.“
„Sie werden das bitter bereuen, Snider, das sage ich Ihnen!“ knirschte die Antikerin, ließ sich jedoch von dem Deputy nach draußen zerren in das Büro der beiden Untergebenen hinein. Hamilton saß an seinem Schreibtisch, einen Eisbeutel auf einer Hälfte des Gesichtes und musterte sie genau.
Vashtu ließ sich mit verkniffener Miene durch die hintere Tür zerren. Dort befand sich eine Zelle mit einem Fenster und einer einfachen Pritsche. Williams nahm einen Schlüssel, den er am Gürtel getragen hatte, und schloß die Gittertür auf. Dann nahm er der Antikerin die Handschellen ab und stieß sie in die Zelle hinein.
Sich die Handgelenke reibend sah Vashtu sich aufmerksam um.
Das hier war einfach lächerlich! Diese Leute hatten wirklich nicht die blaßeste Ahnung, mit wem sie es zu tun hatten. Aber sie würden sie schon noch kennenlernen.
Aufmerksam musterte sie das Gitter, legte dann ihre Hände um zwei Stäbe und rüttelte daran. Ziemlich stabil, aber längst nicht stabil genug. Allerdings würde sie wohl kaum unbeschadet durch das Büro nach draußen marschieren können.
Mit einem breiten Grinsen wandte die Antikerin sich um und betrachtete das ebenfalls vergitterte Fenster.

***

„Ja, wir haben sie. Sie können die Fahndung aussetzen. Danke für die Mithilfe.“ Snider legte den Hörer auf die Gabel und erhob sich ächzend. Hinter den Gürtel greifend zog er seine Hose wieder hoch und trat aus seinem Büro. Er war sehr zufrieden mit diesem Tag, weit zufriedener, als er erwartet hatte nach diesem verkorksten Morgen.
Er hatte eine gemeingefährliche Irre von der Straße geholt, die noch dazu zu allem fähig schien. Dem armen Hamilton hatte sie jedenfalls ziemlich zugesetzt. Wo dieses schmale Persönchen wohl so viel Kraft hernahm.
„Sir?“ Williams richtete sich auf.
„Mike, ich denke, ich gehe zu Clara rüber und besorge uns einen Happen. Wie sieht's aus?“ Sein Blick fiel auf Hamilton, der noch immer gequält auf seinem Stuhl hockte. „Für dich auch etwas, mein Junge? Oder sind die Zähne immer noch locker?“
Hamilton schüttelte nur stumm den Kopf und stöhnte leise.
Snider nickte mitfühlend und drehte sich um. Dann stutzte er und lauschte.
„Was ist das?“ fragte er, sich wieder seinen beiden Deputys zuwendend.
Williams blickte von seinem Bildschirm auf und sah seinen Chef verwirrt an. Dann weiteten sich seine Augen vor Überraschung, als auch er dieses heisere Krächzen und Stöhnen wahrnahm. Selbst Hamilton richtete sich auf.
„Das kommt ...“ Williams lauschte mit schiefgelegtem Kopf. Dann drehte er sich zu der geschlossenen Tür um und starrte auf sie, als könne sie sich jeden Moment öffnen und den Schlund der Hölle freigeben.
„Schon wieder dieses verrückte Weibstück!“ Snider marschierte mit weitausholenden Schritten an seinen beiden Untergebenen vorbei und riß die Tür zur Zelle auf. Dann blieb er verblüfft stehen und starrte auf das Bild, das sich ihm bot.
Vashtu Uruhk fuhr herum und erwiderte seinen Blick mindestens ebenso überrascht wie er. Und neben ihr ... Das dicke, schmiedeeiserne Gitter des Fensters war verbogen wie eine Bretzel!
„Das glaube ich ja nicht!“ entfuhr es Snider endlich. „Mike! Komm sofort her!“

***

Vashtu hockte am nächsten Morgen mißmutig auf der Pritsche, die Beine angewinkelt und die mit Handschellen gefesselten Hände auf die Knie gestützt. Unter ihren Ponyfransen starrte sie durchdringend zu Hamilton hinüber, der auf der anderen Seite des Gitters saß, die Schrotflinte auf dem Schoß. Da öffnete sich die Tür vorn im Büro.
Da Snider angeordnet hatte, die Verbindung offen zu lassen, um eine zusätzliche Kontrolle über seine Gefangene zu haben, konnte Vashtu die beiden Eintretenden genau erkennen. Innerlich stöhnte sie auf, doch sie hoffte ebenso, daß endlich Hilfe gekommen war. Wie auch immer Landry von ihrer Misere erfahren hatte, er hatte ihr jemanden geschickt. Besser gesagt, eine Hälfte von SG-1: Dr. Daniel Jackson und einen Mann in der Uniform der Air Force, bei dem es sich um Lt. Colonel Cameron Mitchell handeln mußte, dem sie bisher noch nie begegnet war im SGC.
Mit einem Ruck kam die Antikerin auf die Beine und trat an das Gitter. „Dr. Jackson!“ rief sie nach vorn.
Der hob unwillkürlich den Kopf und blinzelte in ihre Richtung. Dann konnte sie sehen, wie seine Schultern sich hoben und wieder senkten in einem resignierenden Seufzen.
„Was kann ich für Sie tun?“ fragte Williams dienstbefließen.
„Zurück!“ nuschelte Hamilton undeutlich und winkte mit der Schrotflinte.
Vashtu ignorierte ihn und reckte den Hals.
„Wir kommen von Chayenne-Mountain, der dortigen Air-Force-Base, wegen ... wegen Ihrer Gefangenen. Wir würden gern den Sheriff sprechen“, sagte Jackson.
Hamilton erhob sich. „Ich sagte zurück!“ Seine Stimme war immer noch undeutlich, doch die erhobene Schrotflinte sprach ihre eigene Sprache.
Vashtu ließ die Gitterstäbe los und hielt die Hände erhoben, während sie langsam rückwärts Richtung Pritsche ging. „Schon gut“, murmelte sie und ließ sich wieder nieder.
Mitchell hatte wohl etwas von dem kurzen Intermezzo bei ihr mitbekommen. Jedenfalls reckte er jetzt den Hals und staunte, als er einen Blick auf den angeschlagenen Hamilton mit der Waffe in den Armen sah.
Vashtu stützte die Ellenbogen auf die Knie und legte ihr Kinn auf die Handflächen, während sie wieder mißmutig den Deputy betrachtete.
Sie hatte wohl härter getroffen, als sie gedacht hatte. Eine Gesichtshälfte war deutlich verfärbt, sein Auge fast zugeschwollen. Und seine Aussprache verriet, daß ihre Faust wohl auch einige Zähne gelockert hatte.
Vashtu seufzte, richtete ihre Aufmerksam wieder nach draußen.
In der Nacht war noch ein Mann bei ihr gewesen, nachdem ihr Ausbruchsversuch entdeckt worden war. Laut Snider ein Arzt, der ihr ziemlich unsanft Blut abgenommen hatte. Es sollte untersucht werden, um einen eventuellen Drogenmißbrauch festzustellen.
Sie hatte sich nur noch tiefer in die Sache reingeritten, ging ihr zum wiederholten Male auf. Sie hätte brav in der Zelle sitzenbleiben und darauf vertrauen sollen, daß Landry sie irgendwann suchen würde. Aber ihr Stolz war mit ihr durchgegangen.
Frustriert blickte sie zu dem demolierten Gitter hinauf. Ein metallener Fensterladen war vor die Öffnung geschoben worden, so daß sie hier hinten, einmal abgesehen von der ungesund knisternden Leuchtstoffröhre, die seit der Nacht durchgehend brannte, im Dunkeln gesessen hätte.
„Dann möchten wir mit Ihrer Gefangenen kurz sprechen“, hörte sie Jackson sagen.
Hätte Landry nicht irgendjemand anderen finden können, den er ihr hinterherschicken konnte? Mit Jackson stand sie zwar nicht auf Kriegsfuß, aber sonderlich kamen sie nicht miteinander aus. Sie wußte nicht, ob sie ihm zutrauen konnte, sie hier wieder herauszuholen. Und überhaupt, lieber wäre es ihr gewesen, wenn sie nicht auf die Hilfe von irgendjemandem angewiesen wäre und es selbst und allein geschafft hätte.
„Äh, ich weiß nicht, ob ...“
Eine Bewegung vorn ließ sie sich auf das Geschehen im Büro konzentrieren. Lt. Colonel Mitchell hatte die Schwingtür durchschritten, ohne auf den Einwand des Deputys zu achten.
„Sir, Sie sollten besser auf Sheriff Snider warten“, wandte Williams ein.
„Ach, der wird schon nichts dagegen haben. Miss Uruhk und wir sind Arbeitskollegen.“ Mitchell ließ den Deputy einfach stehen und trat in den Zellenraum.
Vashtu erhob sich wieder, blieb aber im sicheren Abstand vom Gitter. Ein schiefes, entschuldigendes Lächeln regte sich auf ihren Lippen. „Lt. Colonel.“ Sie nickte grüßend.
Jackson betrat jetzt ebenfalls den Zellenraum und sah sich aufmerksam um. Er stutzte, als er den angeschlagenen Hamilton sah, der die beiden Besucher mißtrauisch beäugte. Dann trat er an das Gitter heran und funkelte sie an. „Miss Uruhk, was denken Sie sich eigentlich?“ zischte er ihr zu.
Vashtu hob entschuldigend die Schultern, ließ sie dann wieder sinken. „Der Sheriff wollte mir mein Motorrad stehlen“, antwortete sie erklärend.
Mitchell gluckste, stemmte die Hände in die Hüften. „Oh Mann, Sie darf man wohl wirklich nicht allein lassen, was?“ Er klang amüsiert. Dann nickte er ihr zu. „Was haben Sie denn noch angestellt, daß sie selbst in der Zelle noch gefesselt werden?“
Vashtu verdrehte die Augen. „Ich wollte hier raus.“
„Sind Sie vollkommen wahnsinnig geworden? Sie hätten auf Ihren Anruf bestehen und das SGC anrufen sollen!“
„Snider ließ mich ja nicht telefonieren.“ Vashtu stutzte. „Woher wußten Sie eigentlich, wo Sie mich finden konnten?“
„Dr. Wallace hat Landry informiert, daß Sie in irgendeinem Schlamasel stecken würden“, antwortete Mitchell noch immer sehr amüsiert und grinste breit.
Vashtu bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. „Wallace also, soso.“ Sie knurrte einen Fluch in ihrer Muttersprache.
Jackson schluckte hörbar, dann leckte er sich kurz über die Lippen und hob eine Hand. „Wir holen Sie wieder hier heraus, okay? Landry will Sie so schnell wie möglich wieder in der Einrichtung sehen. Darum hat er uns geschickt.“
„Die Kavallerie ist da.“ Mitchell zwinkerte, sah sich wieder um. „Hey, Jackson, denken Sie nicht auch an etwas, wenn Sie das hier so sehen?“
Der sah seinen Teamleader mit einem undefinierbaren Blick an. „Nein, ich denke nicht, Lt. Colonel. Ich versuche das Schlimmste abzuwehren.“
„Äh ...“ Vashtu schloß den Mund wieder und senkte betreten den Kopf.
Sofort ruckten die beiden Angehörigen von SG-1 zu ihr herum.
„Was?“ fragte Mitchell.
„Naja ... äh ...“ Vashtu zog eine Grimasse.
„Was?“ wiederholte jetzt Jackson.
„Man hat mir heute nacht noch Blut abgenommen, um es auf Drogen untersuchen zu lassen“, antwortete sie endlich.
Jacksons Augen hinter den Brillengläsern weiteten sich. „Wie bitte?“
Verlegen zuckte sie mit den Schultern und warf dem verbogenen Gitter einen vielsagenden Blick zu.
Der Wissenschaftler japste nach Luft, dann wurde er umgehend wieder ernst und blitzte sie wütend an. „Miss Uruhk!“
„Wow! Das waren Sie?“ Mitchell staunte.
„Was ist hier los?“
Von allen unbemerkt hatte Snider den Zellenraum betreten. „Wer hat Ihnen erlaubt, die Gefangene aufzusuchen?“
Jackson drehte sich eilfertig um. „Sheriff Snider?“ Er hielt dem feisten Mann die Rechte hin. „Ich bin Dr. Daniel Jackson, das ist Lt. Colonel Cameron Mitchell. Wir sind Arbeitskollegen von Miss Uruhk und gekommen, um ... äh ... nun, die Air Force hätte gern ihre Beraterin zurück, Sir.“
Snider musterte die beiden vor ihm stehenden Männer mit verbissener Miene. „Das wird nicht möglich sein. Die Gefangene bleibt hier, bis sie dem Haftrichter vorgeführt wird.“
„Aber ...“
Mitchell warf ihr einen kurzen Blick zu und machte eine beschwichtigende Geste.
Vashtu nickte seufzend und zog sich wieder zur Pritsche zurück.
„Wir sollten das doch eher in Ihrem Büro erörtern“, schlug Jackson mit versöhnlicher Stimme vor. „Wenn Sie erlauben, Sheriff.“
Snider musterte den Wissenschaftler noch einmal von Kopf bis Fuß, dann nickte er und ging voran.
Vashtu sah den beiden Mitgliedern von SG-1 sehnsüchtig nach.

***

„Ich weiß wirklich nicht, warum ich mich überhaupt mit Ihnen unterhalten soll. Sie sagen, Sie dürfen mir dies und das nicht erklären, bestehen aber darauf, diese Furie da hinten mitzunehmen.“ Snider lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, der leise ächzte unter seinem Gewicht.
„Miss Uruhk ist sehr wichtig für die Verteidigung dieses ... äh ... Landes“, wandte Mitchell mit einem Zögern ein.
„Sie ist doch nicht einmal Amerikanerin!“ Snider schüttelte den Kopf.
„Naja, aber sie verfügt über gewisse ... Kenntnisse, die wir dringend benötigen“, fuhr Mitchell fort. Fasziniert klebte sein Blick an einem gerahmten und vergilbten Stück Papier hinter der ausladenden Gestalt des Sheriffs.
„Dann hätten Sie besser auf sie aufpassen sollen, Lt. Colonel. Sie wird von hier aus nur einen Weg antreten, und der führt direkt ins nächste Frauengefängnis.“
Jackson faltete die Hände vor sich, blieb in seiner gebeugten Haltung sitzen. „Was werfen Sie Miss Uruhk denn überhaupt vor?“ fragte er, während er aufblickte.
„Nun, da wäre zunächst einmal die Geschwindigkeitsübertretung.“ Snider setzte sich wieder auf, lehnte sich über seinen Schreibtisch. „Dann das Führen eines Fahrzeugs ohne gültige Papiere, eventuell sogar den Diebstahl dieses Fahrzeugs. Dann Widerstand gegen die Staatsgewalt, Beschädigung öffentlichen Eigentums und nicht zuletzt den Angriff auf einen Staatsbeamten. Und vorhin habe ich auch noch erfahren, daß Ihre Miss Uruhk gestern nachmittag auf der Walker-Farm gewesen ist, dort den jüngsten Sohn Tommy als Geisel genommen und eine wilde Schießerei veranstaltet hat. Ach ja, da wären wir dann auch noch bei dem Tragen einer scharfen Waffe. Den Sachschaden, den Ihre Miss Uruhk angerichtet hat, will ich jetzt nicht einmal beziffern. Auf der Walker-Farm ist jedenfalls kein Fenster mehr heil.“
Mitchells Augen waren bei dieser Aufzählung immer größer geworden. Jetzt stand er stocksteif da und staunte nur noch den Sheriff an.
Jackson dagegen kniff bei jedem Vorwurf stöhnend die Augen zusammen. Er nahm seine Brille ab und rieb sich die Nasenwurzel. „Nun“, wandte er dann endlich ein und sah wieder auf, mit seinen Augengläsern nervös spielend, „was das Fahrzeug angeht, so können wir Ihnen selbstverständlich im Namen von Brigade General O'Neill versichern, daß es tatsächlich eine Schenkung gewesen ist, damit ist der Diebstahl des Motorrades vom Tisch. Es ist wahr, Miss Uruhk verfügt noch über keinen gültigen Führerschein. Dafür und für die Geschwindigkeitsübertretung wird sie gern die Verantwortung übernehmen. Was den Rest angeht ...“ Hilflos schloß er den Mund und wechselte einen Blick mit Mitchell. Der nickte zu dem Rahmen an der Wand hin. Jackson runzelte die Stirn und konzentrierte sich jetzt auf den Druck hinter Snider.
„Als beratende Mitarbeiterin einer streng geheimen Regierungsbehörde ist Miss Uruhk zudem befugt, eine Waffe zu führen“, sagte der Lt. Colonel jetzt zaghaft. „Und ich bin sicher, sie wird nicht ohne Grund auf irgendjemanden geschossen haben, Sheriff. Miss Uruhk ist in unserem Institut als sehr ... äh ... gewissenhaft bekannt. Sind Sie sich wirklich sicher, daß sie diese Walkers angegriffen hat?“
„Der Junge liegt mittlerweile im Krankenhaus“, entgegnete Snider erhitzt. „Ihre Miss Uruhk hat ihm zwei Rippen gebrochen und zahlreiche Prellungen und Quetschungen zugefügt. Wenn Sie mich fragen, Lt. Colonel, sollte diese Frau eingesperrt und der Schlüssel weggeworfen werden.“
Jackson murmelte leise etwas von einem solchen Versuch vor sich hin und setzte sich seine Brille wieder auf, um den vergilbten Druck aufmerksamer zu mustern.
„Hören Sie, Sheriff, wir sind doch vernünftige Menschen“, wandte Mitchell jetzt ein. „Miss Uruhk hat ein bißchen Unruhe gestiftet. Das ist doch nichts, was wir nicht unter uns regeln könnten.“
Snider starrte ihn erbost an. „Diese Frau hat mich persönlich beleidigt!“
Jackson hob einen Finger, wies auf den Druck. „Sehr interessant. Scheint antik zu sein. Darf ich es mir näher ansehen?“
Snider blinzelte, offensichtlich aus seinem Konzept gebracht. Und genau das hatte Mitchell erreichen wollen.
„Ich bin sicher, Miss Uruhk wird sich persönlich bei Ihnen entschuldigen, wenn Sie ihr den Sachverhalt erklären“, fuhr der Militär fort. „In dem Land, aus dem sie stammt, geht es ein wenig anders zu als bei uns. Wir sollten ein wenig Rücksicht nehmen.“
„Diese Frau ist einfach nur irre!“ Snider beobachtete aufmerksam Jackson, der um den Schreibtisch herumgetreten war und den Druck sehr genau studierte.
Der Wissenschaftler nickte anerkennend. „Ein seltenes Stück, das Sie da haben, Sheriff. War sicher nicht einfach, da heran zu kommen.“
„War mein Ururgroßvater. 1872 wurde er, nach einer langen Zeit als Revolverheld, ein ehrbarer Mann und der erste Sheriff von Silent“, erklärte Snider nicht ohne Stolz in der Stimme.
Jackson nickte anerkennend, studierte aufmerksam weiter den Druck und gab Mitchell ein stummes Hilfezeichen.
Der ließ sich das nicht zweimal sagen. „Ja, doch, eine gewisse Familienähnlichkeit zu Ihnen ist vorhanden“, log er und nickte. „Sicher nicht ganz einfach, einem solchen Ruf gerecht zu werden, oder?“
„One-Bullet war ein echter Kerl von Schrot und Korn, Sir.“ Snider nickte. „Er brachte Recht und Gesetz hierher.“
Mitchell nickte und überlegte fieberhaft.
„Eine phantastische Arbeit“, half Jackson jetzt wieder aus, um dem Lt. Colonel Zeit für eine Erwiderung zu geben. „Soetwas findet man sonst nur im Museum.“
„Um ehrlich zu sein, unser Heimatkundemuseum ist schon einige Male wegen des Steckbriefes an mich herangetreten. Aber ich kann mich einfach nicht davon trennen.“ Snider sonnte sich offensichtlich in dem verblichenen Ruhm seines Vorfahren.
„Kann ich verstehen“, wandte Mitchell schnell ein und zog eilig eine Grimasse zu Jackson. Der zuckte nur hilflos mit den Schultern, sobald Sniders Aufmerksamkeit wieder zu dem Militär wechselte.
„Was nun Miss Uruhk angeht ...“ wagte Mitchell sich jetzt wieder vor.
Sniders seliges Lächeln erlosch auf der Stelle. „Kommen Sie nächste Woche, dann findet die Verhandlung vor dem Haftrichter statt.“
Jackson hob die Arme in einer hilflosen Geste.
Mitchell dachte nach, doch ihm wollte wirklich nichts mehr einfallen.
„Hören Sie, Sheriff“, wandte der Wissenschaftler nun wieder ein. „Wir sind durchaus bereit, für den entstandenen Schaden aufzukommen. Wir können nicht bis nächste Woche warten. Miss Uruhk hat morgen eine dringende Verpflichtung einzuhalten. Es geht ...“ Hilflos sah er wieder zu Mitchell.
„... um die nationale Sicherheit. Das müssen Sie doch verstehen, Sir.“ half der aus.
Sniders Augen wurden schmal. Aufmerksam musterte er erst den Lt. Colonel, dann den Wissenschaftler, der noch immer halb hinter ihm stand. „Sie wollen mich doch wohl nicht einwickeln, oder? Sind Sie am Ende die Verbindung dieser Furie, ihre Hehler?“
Jackson und Mitchell wechselten einen vielsagenden Blick.
„Sie können die Nummer wählen, die wir Ihnen gegeben haben. General Landry wird Ihnen gern bestätigen, daß ...“
„Woher soll ich denn wissen, daß diese geheimnisvolle Organisation, von der Sie die ganze Zeit sprechen und nicht sprechen dürfen, tatsächlich existiert? Für mich hört sich das etwas weit hergeholt an.“ Snider richtete sich auf, behielt jetzt Jackson im Blick.
Der trat langsam um den Schreibtisch herum und stellte sich neben Mitchell auf. „Was jetzt?“ wisperte er seinem Teamleader zu.
Der zuckte mit den Schultern. „Plan B“, zischte er zurück.
„Und was ist Plan B?“
„Was ist das hier? Akte X oder sowas?“ Snider lehnte sich nach vorn.
„Es handelt sich um ein streng geheimes ...“
„Das hatten wir schon, meine Herren!“ Snider klopfte mit dem Finger auf seinen Schreibtisch. „Wenn Sie mir keine näheren Angaben machen können, bleibt Ihre Miss Uruhk, wo sie ist. Und sie beide sollten jetzt besser gehen, sonst können sie ihr gleich noch Gesellschaft leisten.“
Die beiden Mitglieder von SG-1 wechselten wieder einen Blick. „Plan B.“

***

Vashtu saß wieder mit angezogenen Beinen auf der Pritsche und starrte angestrengt vor sich hin. Inzwischen war es fast Mittag. Schon vor mehr als zwei Stunden hatte sie beobachten dürfen, wie Jackson und Mitchell beinahe fluchtartig das Büro verlassen und unverrichteter Dinge abgezogen waren. Sie wagte gar nicht sich vorzustellen, was bei Snider passiert war. Der Abgang der beiden war jedenfalls alles andere als glücklich gewesen.
Was hatte sie da nur wieder angerichtet?
Vashtu schlug mit dem Hinterkopf gegen die Wand und runzelte angestrengt die Stirn.
Sie gab ja gern zu, daß ihr Temperament mit ihr durchgegangen war. Inzwischen hatte sie sich wieder halbwegs abgekühlt und mußte wohl oder übel ihren Fehler eingestehen. Aber wie sie ihn wieder geradebiegen sollte, das wußte sie nicht. Snider schien noch immer so gegen sie aufgebracht, daß sie kaum eine Gelegenheit finden würde, in Ruhe mit ihm zu sprechen, von Williams und Hamilton redete sie jetzt gar nicht. Bei den beiden hatte sie es sich ohnehin verscherzt.
Vashtu seufzte und zog eine Grimasse.
Was würde sie jetzt wohl erwarten? Wie würde es weitergehen?
Sie hatte keine Ahnung. Sie wußte nur, in Zukunft sollte sie sich wesentlich besser im Griff haben, falls man ihr noch eine Chance zugestand, hieß das. Und irgendwie hatte sie das Gefühl, zumindest bei Sheriff Snider hatte sie aber auch wirklich alle Chancen verspielt.
In diesem Moment öffnete sich wieder die Eingangstür.
Vashtu blickte auf und staunte nicht schlecht, als sie zwei hochgewachsene Gestalten in Staubmänteln und tief in die Stirn gezogenen Cowboyhüten eintreten sah. Aber ... waren das nicht ... ?
„Kann ich Ihnen behilflich sein?“ beeilte Williams sich zu fragen.
Im nächsten Moment riß die vordere der beiden Gestalten ihren Arm hoch. Vashtu hörte das charakteristische Zischen einer ZET-Waffe, als sie entsichert wurde, gefolgt von dem Geräusch der Entladung. Williams brach in sich zusammen.
„Was ist denn da los?“ nuschelte Hamilton.
Mit langen Schritten setzte die zweite Gestalt jetzt durch die Schwingtür, hob ebenfalls eine Schlangenwaffe, während die erste auf das Büro des Sheriffs zuhielt und die dortige Tür aufriß. Die nächsten Entladungen kamen fast zeitgleich.
Vashtu wich mit einem skeptischen Blick zurück und musterte die vermummete Gestalt auf der anderen Seite des Gitters, bis diese den Mantelkragen umschlug und den Hut in den Nacken schob. Daniel Jackson kam unter der Verkleidung zum Vorschein.
„Alles klar, die Luft ist rein.“ Jetzt betrat auch, der ebenfalls verkleidete Cameron Mitchell den schmalen Raum vor der Zelle, blinzelte ihr verschwörerisch zu.
Vashtu blieb einen Moment lang der Mund offen stehen, dann schüttelte sie irritiert den Kopf. „Was soll das denn?“ fragte sie.
„Plan B“, erhielt sie die einhellige Antwort und nickte stirnrunzelnd.
„Wissen Sie, wo die Schlüssel sind?“ erkundigte Jackson sich.
„Williams hat den für die Zelle am Gürtel. Den für die Handschellen trägt Snider bei sich.“
Die beiden Männer tauschten einen Blick, dann verschwanden sie wieder nach vorn.
Vashtu sah ihnen mit skeptischem Gesicht nach. Was hatte das denn zu bedeuten gehabt?

***

„Sind Sie Drei denn von allen guten Geistern verlassen gewesen?“ donnerte General Landry die Anwesenden an und knallte eine Akte auf seinen Schreibtisch. „In Silent darf sich für die nächsten Jahre nicht einer aus dem SGC mehr zeigen, ist Ihnen das klar?“
Dreimal wurden schuldbewußt Köpfe gesenkt.
„Sir“, wagte Vashtu sich leise vor, „das war ...“
„Ich weiß, daß es Ihre Schuld war, Miss Uruhk. Und, wenn es nach mir gehen würde, würden Sie die nächsten Jahrzehnte in irgendeinem Keller dieser Anlage eingesperrt und nur für Ihre Einsätze herausgelassen werden.“ Landry funkelte sie an. „Sie haben sich für die nächste Zeit mehr als genug geleistet, glauben Sie mir.“ Wieder knallte er die Akte auf seinen Schreibtisch, als wolle er seine Worte unterstreichen.
Vashtu kniff die Lippen aufeinander, sah den General sehr schuldbewußt an, schwieg jetzt aber. Es war nicht das erste Mal, daß Landry ihr eine solche Standpauke hielt, und, sie schätzte, es würde auch nicht die letzte sein.
„Aber was Sie angeht, meine Herren ...“ Landry funkelte die beiden neben ihr Sitzenden an. „Was haben Sie sich dabei gedacht? Sie haben sich aufgeführt wie ... wie Desperados!“
Aus den Augenwinkeln sah die Antikerin ein kurzes zufriedenes Lächeln über Mitchells Gesicht zucken, doch es war so schnell wieder verschwunden, daß sie glaubte, es sich nur eingebildet zu haben.
„Ich habe Sie beide ausgeschickt, um unsere Miss Uruhk wieder einmal einzusammeln, nicht, um selbst auch noch fast im Gefängnis zu enden. Oder wäre Ihnen ein Strick angenehmer gewesen, Lt. Colonel?“
„Nein, Sir.“ Offensichtlich hatte auch Mitchell einige Übung darin, den Leiter des SGC schuldbewußt anzusehen, denn so ganz glaubte ihm Vashtu seine Bekundigungen nicht.
„Ich dachte, Sie wären verantwortungsvoll genug, um besänftigend auf die Staatsmacht in Silent einzuwirken. Dr. Jackson! In Sie hatte ich bisher immer größtes Vertrauen. Was ist Ihnen eingefallen, so einen ... einen Unsinn anzustellen?“
„Plan B?“ wagte Mitchell zu bemerken und erntete einen weiteren wütenden Blick von Landry.
„Nun, Sir“, antwortete Jackson recht kleinlaut, „wir haben wirklich alles versucht, um Miss Uruhk da herauszureden, aber dieser Sheriff ...“ Hilflos zuckte er mit den Schultern.
Landry atmete einige Male tief ein und setzte sich endlich wieder. „Über diese Sache haben wir nicht das letzte Mal gesprochen, meine Herren, Miss Uruhk. Das wird ein Nachspiel haben, das kann ich Ihnen allen schwören.“ Der General sah wieder die Antikerin an. „Was haben Sie sich nur dabei gedacht, sich auf dieses Motorrad zu setzen ohne gültigen Führerschein?“
„Ich wußte nicht, daß man dafür einen braucht“, murmelte Vashtu schuldbewußt und erntete nun ungläubige Blicke aus drei Augenpaaren.
„Wie bitte?“ Mitchell beugte sich vor. „Sie haben keinen Führerschein?“
Vashtu schüttelte schuldbewußt den Kopf.
Mitchell gluckste in sich hinein.
„Das werden wir ändern!“ Landry starrte sie wieder nieder. „Sie besitzen weder eine gültige Fahr- noch Flugerlaubnis. Also werden Sie ab jetzt Stunden nehmen und beides nachholen. Verstanden?“
Vashtu nickte stumm.
„Ebenso werden Sie, und das so schnell wie möglich, die amerikanische Staatsbürgerschaft annehmen. Das ist ein Befehl von ganz oben, haben Sie das verstanden?“
Wieder ein schuldbewußtes Nicken.
„Und was das andere angeht ...“
„Ich weiß, Sir. Antarktica.“ Die Antikerin seufzte.
Landry nickte. „Ja, ganz genau, Miss Uruhk. SG-27 bleibt zunächst einmal außer Dienst und Sie werden die nächsten Wochen auf Antarktica verbringen.“
Vashtu schluckte und verzog wieder das Gesicht.
„Ebenso wie Sie beide, meine Herren“, wandte Landry sich an Jackson und Mitchell. „Dr. Jackson, Sie werden Miss Uruhk für den Kontrollstuhl vorbereiten. Und Sie, Lt. Colonel, werden die beiden nach MacMurdo fliegen und dort bleiben, bis die Operation abgeschlossen ist.“
„Was?“ Alle drei starrten sich mit gemischten Gefühlen an, richteten dann ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Person jenseits des Schreibtisches. „Aber ...“
„Kein Aber. Das sind klare Befehle, verstanden? Es ist an der Zeit, ein Exempel zu statuieren. Das SGC wird weitere Übertretungen in Zukunft nicht mehr dulden, verstanden? Und Sie drei werden mit einem guten Beispiel vorangehen und ihre jeweiligen Strafen klaglos hinnehmen. Ansonsten ...“ Landry starrte sie alle der Reihe nach an.
Wieder tauschten die drei untereinander Blicke, ein einhelliges Seufzen folgte, dann ein Nicken. „Ja, Sir“, kam es kleinlaut aus drei verschiedenen Kehlen.
„Gut.“ Landry legte die Akte zur Seite. „Und, Miss Uruhk, ihre nächsten Gehälter werden gekürzt werden, damit der Schaden, den Sie angerichtet haben, abbezahlt wird.“
Vashtu nickte wieder. Das Geld machte ihr weniger aus. Sie hatte noch ein gut gefülltes Bankkonto, da sie ohnehin nicht viel verbrauchte.
„Weggetreten. In zwei Tagen fliegen sie nach Antarktica. Bereiten Sie sich vor.“ Wieder ein strenger Blick, während alle drei sich erhoben und mit gesenkten Köpfen das Büro des Generals verließen.
Vashtu hielt den Blick weiter konzentriert auf den Boden gerichtet und kniff die Lippen zusammen. Sie würde noch kurz in ihrem Büro vorbeisehen und dort die letzten Berichte schreiben, ehe sie ... Antarktica!
„Miss Uruhk!“ Mitchell war ihr gefolgt.
Sie blieb stehen und drehte sich zu ihm um. „Ja?“
Mitchell reichte ihr eine kleine Plastikkarte, ähnlich ihren Kreditkarten. „Wenn Ihnen das nächste Mal der Sprit ausgeht, wissen Sie hoffentlich, was Sie damit zu tun haben. Nämlich, die nächste Tankstelle anfahren und nachtanken“, erklärte der Lt. Colonel ihr. „Und damit Sie auch wissen, was eine Tankstelle ist, diese Karte. Eine Kundenkarte einer Tankstellenkette, die die gesamten Staaten mit Benzin beliefert.“
Vashtu nickte verdutzt. Ihr Patzer mit dem leeren Benzintank würde ihr wohl noch ein bißchen länger anhängen. Dabei ... Es hätte ihr auch jemand sagen können, daß diese merkwürdigen Einrichtungen zu mehr taugten als nur für einen schnellen Einkauf.
Mitchell hielt ihr nun noch eine silberne Cd hin. „Und den werden Sie mitnehmen und sich für die nächsten Tage jeden Abend mindestens einmal ansehen, klar? Das ist eine zusätzliche Strafe.“
Vashtu nahm die Cd und warf einen Blick darauf. Stirnrunzelnd blickte sie dann wieder auf und sah den Schalk in den Augen des Lt. Colonel blitzen. „The Wizard of Oz?“ fragte sie.
Mitchell kreuzte die Arme vor der Brust und sah sie streng an. „Damit Sie die Gebräuche in Kansas besser kennenlernen. Bis ich Ihnen etwas anderes sage, jeden Abend einmal ansehen, verstanden?“
Vashtu nickte verblüfft und sah dem Leader von SG-1 nach, der den Gang jetzt mit langen Schritten in die andere Richtung ging.
Warum wurde sie das Gefühl nicht los, daß er sie gerade hochgenommen hatte?
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