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Die zwei Seiten einer Münze (1) von silverbullet27

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Kapitel 12 – Kopf

Die Nachricht, dass Guide nichts geschehen und ihre eigene Königin nun Primary der Allianz war, verbreitete sich wie ein Lauffeuer im Hive. Zum ersten Mal seit Tagen fiel sämtliche Anspannung von Bonewhite ab und er fühlte sich nur noch unendlich müde. Mit geschlossenen Augen lauschte er den Unterhaltungen und Gedankenfetzen der Mannschaft, konnte aber nicht einmal ein Lächeln aufbringen. Sobald sie mit dem Hive der „abgesetzten" Primary zusammentreffen würden, sollte er die Menschen wieder an Bord nehmen – keine besonders beglückende Aussicht. Vor allem deshalb nicht, weil Guide noch einige Tage auf dem anderen Schiff verbringen wollte. „Und was soll mit den Menschen in der Zwischenzeit geschehen?", hatte er gefragt und Guide lächelnd geantwortet: „Behandelt sie wie willkommene Gäste – die Königin wird ihnen ein oder zwei Tage später folgen, dann bist du sie alle wieder los!"

Willkommene Gäste… so willkommen wie Zahnschmerzen… Nein, Bonewhite konnte und wollte sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, Menschen außerhalb der Vorratskammern herumlaufen zu lassen. Solang man sie in Nahrungskapseln hielt, brauchten sie weder Wasser noch Futter. Sie sprachen dort auch nicht und erst recht stolperten sie einem nicht ständig vor die Füße. Snow – beide Snows – hatten es immer abgelehnt, Anbeter zu halten. Und so, wie sich der Wilde und der Anführer dieser Menschengruppe aufführten, würde niemand glauben, dass es sich um die persönlichen Anbeter ihrer Königin handelte, egal, was Guide dazu meinte. Am Besten, er schickte Sudden vorläufig in den Winterschlaf, der Meister der Darts war ihm mittlerweile fast genauso lästig geworden wie diese Menschen.

Aber zunächst wollte er die letzten paar Stunden vor dem Treffen in seinem Quartier allein sein. Seit er auch noch Ease vor den Kopf gestoßen hatte, fühlte er sich so einsam wie selten zuvor, da brauchte er keine Gesellschaft zu. Bead führte die Brücke, Ease hatte sich ebenfalls in sein Quartier zurückgezogen (und schlief, war das zu glauben?), Sudden scheuchte seine Piloten durch verschiedene Simulationen – im Moment wurde er nicht gebraucht. Ärger und Aufregung kamen meist eh von allein.

Seltsam. So verbunden die Wraith untereinander auch waren, so beengt man in den Hives auch lebte: es gab immer genug Platz für die absolute Einsamkeit. Bonewhite hatte noch nie zu den Wraith gehört, die schnell oder gar leicht Freundschaften schlossen. Hätte Guide ihn nicht immer wieder angetrieben, protegiert, in die richtigen Posten gedrängt, er wäre heute wahrscheinlich noch ein einfacher Wachoffizier. Stattdessen schlug er sich nun schon seit Jahrtausenden mit den Intrigen der Führungsoffiziere herum, lebte in der Zenana – oder was davon noch übrig war – und der Einzige, den er einen Freund nannte, verbrachte mehr Zeit mit Lanteanern als auf seinem eigenen Hive nach dem Rechten zu sehen. Nun gut, Bonewhite war seit fast zwölf Jahren Hivemaster, aber glücklicher machte ihn das nicht. Er war für alles verantwortlich und es gab immer nur die Möglichkeit, andere gegen sich aufzubringen.

Wenigstens hatte er schon frühzeitig gelernt, dass es auch Vorteile hatte, nicht allzu viel zu reden. Nur Sudden und Ease waren diejenigen, die ständig eine Erklärung von ihm verlangten, abgesehen von Guide. Aber nur Guide zwang ihn auch immer wieder in die Knie, sorgte dafür, dass er sich unsicher wie ein Anwärter fühlte und ihn zu sich aufschauen ließ. Um ihn kurze Zeit später nach seinem Rat zu fragen oder in Dinge einzuweihen, die ihn eigentlich gar nichts angingen. Oder brachte ihn in die absurdesten Situationen, was beinahe genauso häufig vorkam.

Nach Fever's Tod stand Bonewhite plötzlich allein da, war in die Zenana befördert worden, war Erster Wachkommandant und Guide nicht für ihn erreichbar gewesen. Zutiefst schockiert und verunsichert hatte er das getan, was er am Besten konnte: schweigen und sich nichts anmerken lassen. Firehead's Posten zu übernehmen war nicht die eigentliche Schwierigkeit gewesen, die anfallenden Arbeiten hatte er souverän und zur Zufriedenheit aller Schwadronskommandanten ausgeführt. Doch wenn es Zeit zum Wachwechsel geworden war, hatte er nichts mit sich anzufangen gewusst. Die meiste Zeit hatte er damit verbracht, die Wände des für ihn viel zu großen Quartiers anzustarren und sich zu bemühen, die Trauer zu unterdrücken, die ihn nicht schlafen ließ.

Nach einigen Wochen hatte Guide ihn dort aufgesucht und angesichts der Unordnung nur den Kopf geschüttelt. „Es ist geradezu erstaunlich, wie man mit so wenigen Besitztümern ein solches Chaos anrichten kann!"

Die Worte waren wie durch eine dicke Nebelwand zu Bonewhite durchgedrungen und er hatte sich wohl zum ersten Mal richtig umgeschaut: alles hatte noch genau dort gelegen, wo die Drohnen es bei seinem Umzug abgeladen hatten. Nur aus dem Kleiderhaufen, der sich in der Schlafecke türmte, hatte Bonewhite gelegentlich etwas Frisches herausgesucht. Benutzte – und mittlerweile vom Nebel gereinigte – Kleidung war auf dem Boden drum herum verteilt gewesen. Der Becher, der frisches Trinkwasser auffing, war seit Tagen nicht geleert worden und übergelaufen gewesen. Es hatte Bonewhite nicht interessiert. Nichts hatte ihn interessiert.

„Was tust du eigentlich die ganze Zeit, wenn du nicht arbeitest?", hatte Guide gefragt und den Kamm, den er in dem Stapel auf dem Tisch gefunden hatte, dazu benutzt, Bonewhite die Haare zu kämmen. „Du siehst fürchterlich aus, dein Quartier ist ein Schlachtfeld und die Sprache hast du anscheinend auch noch verloren!"

Es brauchte einige Zeit, bis Bonewhite reagiert hatte, dann wehrte er halbherzig Guide ab, der ihm den Kamm dann in die Hand gedrückt hatte. „Dann kämm dich selbst, ich werde in der Zeit deine Kleider weglegen… hast du keinen Helfer bisher? Hier kann man ja nicht einmal eine Drohne reinlassen ohne dass es Gerede gibt…"

Bonewhite hatte die Augen zusammengekniffen und wieder geöffnet. Dann meinte er leise: „Das ist Fever's Kamm…"

Guide hatte innegehalten und war zu ihm zurückgekehrt, hatte sich auf einen Stuhl ihm gegenüber gesetzt und gemeint: „Fever ist höchstwahrscheinlich – nein, ganz sicher – tot. Du lebst. Oder zumindest atmest du noch. Finde dich damit ab. Es gibt genügend andere, die sofort deine Stelle einnehmen würden!" Als Bonewhite nicht antwortete, hatte Guide gefragt: „Willst du damit etwa sagen, dass die Hälfte von diesem Zeug auch noch dein Erbe von Fever darstellt? Da habe ich ja schon als Anwärter mehr besessen…"

„Warum bin ich hier?", hatte Bonewhite gefragt und war langsam aus seiner Starre aufgewacht. Als Guide ihn nur verständnislos angeschaut hatte, fragte er genauer: „Wieso hat die Königin behauptet, ich wäre ein Pallax?"

„Weil ich sie darum gebeten hatte. Sie wird dich allerdings wohl nie allein zu sich rufen lassen. Sie hält Wind's Erbanlagen nicht für kostbar genug, um sie mit ihren eigenen mischen zu wollen", hatte Guide ruhig geantwortet, dann traurig zugefügt: „Hätte Fever sich nichts anmerken lassen, wäre er noch bei uns. Ich habe in der Vergangenheit schon mehrere Brüder verloren, aber nur in Kämpfen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es sein muss, jemanden so sinnlos zu verlieren…"

Sinnlos. Ja, das hatte es getroffen. Sowohl Fever's Tod wie auch Bonewhite's neuer Status als Pallax. Absolut sinnlos. Nun hatte es an ihm selbst gelegen, seinem Leben einen echten Sinn zu geben. In den nächsten Wochen war es mühsam gewesen, sich völlig aus der Starre zu befreien, oft genug hatte er Guide's Hilfe benötigt, um nicht wieder aufzugeben, aber er hatte es geschafft. Und irgendwann war er sich auch nicht mehr so einsam vorgekommen. Lightning hatte ihn vom ersten Augenblick an gehasst, was ihm bei Guide's Vertrauten in der Zenana viele Sympathien einbrachte. Die Offiziere unter seinem Kommando vertrauten ihm, nicht zu Letzt, weil viele in ihm Hornet's Art wieder erkannten. Mit den Jahren schloss er sogar einige wenige, dafür intensive Freundschaften und verlor sie wieder. Nur Guide war noch übrig – Guide, ein ewiges Rätsel, sein Commander, seine Nemesis.

‚Bonewhite? Wir sind gleich am Treffpunkt!', riss Bead ihn aus seinen Gedanken.

‚Ich gehe zum Hangar, Ease soll ebenfalls dort sein, wenn wir die Fracht entgegennehmen', antwortete er und machte sich auf den Weg. Sudden empfing die beiden Offiziere grummelnd mit dem absoluten Mindestmaß an Respekt, aber Bonewhite war nicht in der Stimmung, sich zu streiten.

Ease hingegen schon. „Sudden, Guide findet jetzt sicher genügend Kreuzer, auf denen ein Commander gesucht wird! Wenn ich ihm nicht vorschlagen soll, dich auf ein Versorgungsschiff zu verbannen, solltest du dich besser zusammenreißen!"

Gegen seinen Willen musste Bonewhite kurz grinsen. Ihm war wieder eingefallen, dass er Guide damals vorgeschlagen hatte, Sudden's ehemaligen Kreuzer abzuschießen – ein Versorgungsschiff war natürlich noch leichter zu entbehren. Er ließ Ease an seinen Gedanken teilhaben, der daraufhin auch grinste und meinte: ‚Ich war mir immer sicher, dass du das nicht im Scherz gemeint hattest…'

Wenigstens war Ease nicht nachtragend. Bonewhite atmete tief durch und machte sich auf die Ankunft der Lanteaner gefasst. Ob er sie wohl zunächst in einer Zelle unterbringen konnte? Natürlich nur, um den Schein zu wahren, verstand sich…


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