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Stargate 2010 - Season 1: The Journey begins von Timelord , Valdan

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1.03 Eine neue Welt

Die Sonne stand hoch, als sie aus dem Tor traten. Die Umgebung ähnelte dem Planeten, auf den sie vor Xocotl geflohen waren. Jetzt zur Mittagsstunde war es angenehm warm und vor ihnen erstreckte sich ein dichter Laubwald, der von einem Pfad durchschnitten wurde. Dieser machte allerdings nicht den Eindruck, als ob er in der letzten Zeit häufig benutzt worden war.

Die Terraner hatten sich vorerst der Führung Lyzaies anvertraut. Eine andere Möglichkeit stand ihnen auch nicht offen. Sie hatten sich eine Nacht ausgeruht und dann, nach einem kurzen und kargen Frühstück, hatten sie sich auf Betreiben der dunkelhaarigen Außerirdischen wieder zum Gate aufgemacht.

„Ich kenne einen Planeten, dessen Gelehrte eine Liste von Toradressen besitzt und eure könnte dabei sein. Wir sollten sie aufsuchen. Außerdem ist es nicht gut, lange an einem Ort zu verweilen. Xocotl, und damit auch Asmodis stehen genug Mittel zur Verfügung, um uns zu verfolgen. Sie werden unsere Flucht nicht so einfach hinnehmen können, ohne den anderen Goa'ulds gegenüber an Achtung zu verlieren. Also werden sie alles daran setzen, unserer wieder habhaft zu werden.“

Auf diese Ansprache hin war ihnen auch keine andere Idee gekommen, also hatten sie die Flucht nach vorn ergriffen. Sie waren jetzt auf diesem neuen Planeten und begaben sich auf den Weg durch den Wald.

Es dauerte nicht lange und das dichte Unterholz lichtete sich langsam. Als der Bewuchs kurz darauf völlig unvermittelt aufhörte, standen sie am Rand einer Klippe, mit einem spektakulären Blick über einen Talkessel.

Mittendrin lag ihr Ziel, umgeben von Wiesenflächen und einer großen Anzahl Felder. An den Berghängen zog sich ein lichter Laubwald hoch, der dann in einer Buschzone endete, bevor schroffe Felsen den Übergang zu den Gipfeln der Berge bildeten.

„Ich will ja nicht unken“, bemerkte Jack mit einem skeptischen Blick auf die Felder, „aber für mich sieht das nicht unbedingt danach aus, als ob dort unten jemand lebt. Ich würde eher sagen, es sieht alles verdammt verlassen aus.“

Jack hatte Recht. Auf den zweiten Blick war in dem Talkessel kein Zeichen von Leben zu erkennen. Weder rauchten die Schornsteine der Häuser und Hütten, noch hörte man Geräusche, die nach alltäglichen Beschäftigungen klangen. Es waren auch keinerlei Menschen oder Tiere zu sehen. Die Gärten und Felder wirkten nicht so, als ob in letzter Zeit jemand Hand angelegt hatte. Unkraut schien die Vorherrschaft errungen zu haben und bedeckte vor allem die brach liegenden Flächen.

Bei Jack klingelten alle Alarmglocken, als er sich zu Lyzaie umdrehte. „Hattest du nicht gesagt, dass wir hier ein paar Geeks finden, die uns Zielkoordinaten geben können? Sieht nicht so aus, als ob jemand zuhause wäre.“

Lyzaie sah Jack fragend an. Daniel mischte sich erklärend ein. „Er meint Gelehrte; Männer der Wissenschaft. Der Ausdruck, den er benutzt hat, ist nicht sehr schmeichelhaft“, fügte er mit einem schiefen Lächeln hinzu.

„Also wollte er damit sagen: Leute wie du und der Professor?“

Daniels Lächeln wurde breiter. „Genau das. Er scheint nicht viel für Wissenschaftler übrig zu haben.“

„Ist nichts persönliches, aber bisher haben Typen wie ihr mir das Leben eher schwerer als einfacher gemacht. Aber egal, wie sollen wir weiter vorgehen?“, fragte Jack mit einem Blick in die Runde.

„Da es dort unten kein Anzeichen von Leben gibt, könnten wir doch ungefährdet nachsehen, ob wir nicht doch etwas finden“, schlug der Professor vor, den es in den Fingern juckte, in die Siedlung zu gelangen. In seinen Historikeraugen war es eine ungeahnte Möglichkeit, ein Dorf, welches er in das späte Mittelalter einordnete, wenn er vom Baustil ausging, mit eigenen Augen zu sehen. Daniel stimmte ihm sofort zu, während die beiden Frauen zur Vorsicht tendierten.

„Daniel, wir wissen doch gar nicht, was mit den Bewohnern geschehen ist. Vielleicht ist das, was sie vertrieben hat, noch hier?“, versuchte Nicole ihn etwas zu bremsen.

„Wir werde es aber nicht herausfinden, wenn wir nicht da runter gehen und versuchen, es herauszufinden, oder?“, argumentierte Daniel und traf damit einen wichtigen Punkt, dem auch Jack sich nicht entziehen konnte.

Kurz darauf machten sie sich auf den Weg ins Tal und standen eine dreiviertel Stunde später vor einem kleinen Haus, dessen Grundmauern bis zu einer Höhe von ungefähr einem Meter aus Bruchsteinen errichtet worden war. Darüber waren die Mauern mit Fachwerk weiter hochgezogen worden, das von einem strohgedeckten Dach bedeckt war. Es hatte zwei Stockwerke und eine Reihe kleiner Fenster war im Erdgeschoss eingelassen.
Die Tür hing halb aus der Angel und es machte einen genauso verlassenen Eindruck wie der Rest des Dorfes. Bisher war ihnen noch niemand begegnet und überall waren Hinweise darauf, dass das, was die Bewohner hatte verschwinden lassen, sie mitten im Alltag und völlig unvermittelt getroffen haben musste.

„Lyzaie, geh du mit dem Professor und Daniel ins Haus. Falls doch noch irgendwo jemand ist, kennt er dich vielleicht und rennt nicht sofort weg. Nicole und ich schauen uns hier draußen ein wenig um“, übernahm Jack das Kommando und machte sich ohne weitere Worte auf den Weg.

Die anderen Drei betraten vorsichtig das Haus. Eine dicke Staubschicht bedeckte den Boden, Spinnen hatte sich an den Decken häuslich eingerichtet und nur durch die Tür fiel ein bisschen Licht ins Innere.

Von einem kleinen Flur gingen nur zwei Türen ab und eine Treppe führte nach oben. Die eine Tür führte sie in eine Wohnküche, in der neben einer verrußten Kochstelle ein großer, immer noch gedeckter Esstisch stand. Teller und Löffel standen ordentlich neben hölzernen Bechern und in der Mitte stand ein Topf mit einer Schöpfkelle.

Lyzaie ging die paar Schritte zu dem Tisch hinüber und riskierte einen Blick in das Gefäß. Daniel erwartete, dass die Außerirdische zurückzuckte, aber die roten Pupillen verengten sich nur kurz, bevor sie versuchte, den Löffel aus dem Topf zu lösen. „Egal, was das hier einmal gewesen sein mag, es ist jetzt nicht mehr essbar. Alles ist völlig eingetrocknet und verklebt. Ich würde mal schätzen, dass es mindestens zwei Monate schon so hier steht.“

Daniel und der Professor sahen Lyz an und als diese auffordernd nickte, verließen sie die Küche, in der sowieso nichts mehr weiter zu entdecken war.
Lyzaie ging voran in den gegenüberliegenden Raum und vergewisserte sich, dass er auch leer war. Dann rief sie die beiden Männer. Als Tobias Coffey den Raum betrat, bekam er große Augen. Auf der ganzen Längsseite waren Regale eingebaut, die unter den Büchern und Folianten, mit denen sie gefüllt waren, schier zusammenzubrechen drohten.

Abgesehen von den Massen an Büchern war der Raum recht spartanisch eingerichtet. Ein langer Tisch, an dem mehrere Stühle standen, war bedeckt mit Papier, Tintenfässern und Schreibfedern. Ein Stehpult befand sich direkt am Fenster und war so ausgerichtet, dass man den Eindruck bekam, als ob von dort die Personen am Tisch beobachtet oder beaufsichtigt worden waren.

Als sie sich weiter umsahen, bemerkten sie an der Wand rechts neben der Tür eine Art Altar. Ein Vorhang, den sie kurzer Hand beiseite schoben, verdeckte eine Darstellung des Sternentores. Darunter stand eine schmale Bank, auf der sich vertrocknete Blumen und angebrannte Kerzen befanden.

Während die Drei sich im Haus umschauten, hatten Jack und Nicole die nähere Umgebung in Augenschein genommen. Nirgendwo war ein Lebenszeichen zu entdecken. Weder Mensch noch Haustier waren zu finden, nur das Vogelgezwitscher aus den vereinzelten Bäumen, die zwischen den Häusern standen, und das Rauschen der Blätter war zu hören.

In jedes Haus, in welches sie hineinschauten, bot sich ihnen der gleiche Anblick: Alle Bewohner der Siedlung schienen beim Essen gewesen sein, als was auch immer eintraf und sie verschwinden ließ.

„Ich habe ja immer mal darüber nachgedacht, wie es ist, auf andere Planeten zu reisen und andere Völker kennenzulernen“, sagte Nicole mit gedämpfter Stimme. „Aber ich hätte nie geglaubt, dass ich, wenn es denn passiert, in einem Gruselfilm lande.“

„Warum redest du so leise?“, fragte Jack schmunzelnd. „Glaubst du, da kommt gleich ein Zombie um die Ecke?“

Nicole sah ihn strafend an. „Ich komme mir hier irgendwie wie auf einem Friedhof vor, nur fehlt mir das Gefühl von Frieden. Ich finde die Stimmung trotz des Vogelgezwitschers hier unheimlich. Wie wäre es, wenn wir wieder zu den anderen gehen? Ich denke nicht, dass wir hier noch irgendetwas Interessantes finden und ich habe ein mulmiges Gefühl bei dieser Lyzaie. Wir sollten den Professor und Dr. Jackson nicht so lange mit ihr alleine lassen und wer weiß? Vielleicht haben die ja mehr gefunden als wir!“

Jack stimmte seiner Patentochter von Herzen zu. Er hatte ein sehr mulmiges Gefühl bei der ganzen Sache und die beiden machten sich auf den Weg zu den anderen.

Eine Viertelstunde später trafen die beiden bei dem Haus ein, riefen eine kurze Warnung und traten danach ein. Als sie in den Wohnraum kamen, waren Lyzaie und Coffey dabei, systematisch die Regale zu durchforsten. Dabei ging der Professor wesentlich pfleglicher mit den Büchern um, als die Außerirdische. Er zuckte jedes Mal zusammen, wenn die dunkelhaarige Frau eines davon achtlos auf den Boden warf.

„Und? Irgendetwas gefunden?“, fragte Nicole bei ihrem Eintreten, was mit einem einhelligen Kopfschütteln der beiden Suchenden beantwortet wurde. Gerade als Jack fragen wollte, wo Dr. Jackson sei – das Wort Brillenschlange konnte er sich gerade noch verkneifen – kam dieser polternd die Treppe herunter gelaufen.

„Oben habe ich auch nichts gefunden. Insgesamt sieben Schlafstellen, eine etwas abgetrennt von den anderen und an jeder ein kleiner Kasten mit persönlichen Sachen, aber da war nichts Interessantes dabei“, informierte Daniel die Anwesenden und schob direkt hinterher: „Wenn sie mich fragen Professor, war das hier so eine Art Bruderschaft, die sich ganz dem Studium verschrieben hat.“

„Dann würden sie sich hier bestimmt pudelwohl fühlen, Jackson“, konnte Jack sich nicht verkneifen und wandte sich dann an Lyzaie. „Nun, gute Frau, was hoffen sie jetzt hier noch zu finden?“

Lyz sah Jack mit ausdrucksloser Miene an. „Diese Bruderschaft, wie Daniel Jackson sie richtig bezeichnet hat, ist oder besser war im Besitz sämtlicher Toradressen. Sie haben ihr Leben der Erforschung des Tores gewidmet und ich bin sicher, es gibt hier irgendwo eine Liste. Vielleicht nicht mit allen, aber wer weiß, vielleicht ist eure Heimatwelt dabei.“

„Und wie soll diese Liste aussehen?“

„Wie Papier eben aussieht“, giftete Lyz. „Es müssen immer sieben Symbole in einer Reihe stehen, deren letztes immer gleich ist. Das siebte Symbol steht immer für den Planeten, von dem aus die Reise beginnt. Es wechselt also von Planet zu Planet. Man sollte tunlichst wissen, welches Symbol zu der Welt gehört, auf der man gerade ankommt, sonst hat man ein Problem, wenn man wieder von dort weg will.“

„Und da man Papier am einfachsten in Papier verstecken kann, haben wir angefangen, die Bücher zu durchsuchen“, mischte sich der Professor ein, während er wieder einen Stapel aus dem Regal holte und sorgsam auf den Tisch legte.

Jack schüttelte den Kopf. „Das kann ja eine Weile dauern“, murmelte er und sah sich weiter im Raum um. Dabei fiel sein Blick auf die Torzeichnung an der Wand. Auch Nicole war mittlerweile darauf aufmerksam geworden. Sie gingen beide auf die Stelle an der Wand zu und sahen sich alles genau an.

„Egal was hier passiert ist, immerhin war genug Zeit die Kerzen auszupusten“, grinste Jack Nicole an und deutete auf die Stümpfe, die unter der Zeichnung standen. Er holte sein Sturmfeuerzeug heraus, welches in einer seiner tiefen Taschen den Weg bis hierher geschafft hatte und entzündete damit eine Kerze.

„Mach das noch mal“, bat Nicole ihn, die sich nicht ganz sicher war, ob sie ein Funkeln an der Wand gesehen hatte oder einer optischen Täuschung aufgesessen war.

„Hast du noch nie gesehen, wie eine Kerze angezündet wird?“, feixte Jack, aber Nicole ließ sich nicht beirren.

„Mach einfach die andere Kerze an“, drängelte sie ihn und schickte ein gemurmeltes „Bitte“ hinterher. Als Jack die Flamme an den Docht des zweiten Stumpfes hielt, rief Nicole: „Da! Da war es wieder. Also habe ich mich doch nicht getäuscht.“


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Vier Augenpaare sahen sie an, die meisten mit fragendem oder völligem Unverständnis im Blick. „Jedes Mal, wenn Jack das Feuerzeug anmachte, hat die Zeichnung aufgeleuchtet.“

„Was ja nichts Besonderes ist, denn das nennt man Licht“, fiel Jack ihr schmunzelnd ins Wort, hob aber gleichzeitig die Hände und wehrte ab, „aber nichts gegen deine Schlussfolgerungen.“

Nicole stöhnte leicht und wand sich kopfschüttelnd wieder dem Bild zu. „Was wird wohl passieren, wenn wir auch noch die beiden Kerzen hier oben anzünden?“ Sie schob den Vorhang noch ein Stückchen weiter auseinander, um den anderen zu zeigen, was ihr kurz zuvor aufgefallen war.

Genau auf der Mittelachse der Tordarstellung waren an beiden Seiten Halter angebracht, deren Kerzen ebenfalls weit heruntergebrannt waren.

„Es kommt auf einen Versuch an“, meinte der Professor und nickte Jack auffordernd zu, auch diese beiden Kerzen noch anzuzünden.
Einen Moment später erhellte das warme Licht den Raum und das Funkeln, welches Nicole vorher schon aufgefallen war, wurde intensiver und für alle sichtbar. Mitten durch das Abbild des Stargates zogen sich zwei sich kreuzende Linien.

„Was ist das da?“, fragte Daniel, der versuchte, näher an das Bild heranzukommen.

„Was?“, hakte Lyz nach, verstummte aber, als sie Daniels Blick folgte und erkannte, was er gemeint hatte. Wo die beiden Linien sich kreuzten, war eine kleine, kaum sichtbare Erhöhung, die erst durch den Lichteinfall auffiel.

Fasziniert kam der Professor näher, um das Ganze zu untersuchen, wurde aber von Jack abgedrängt, der kurzerhand seinen Arm ausstreckte und auf den markierten Punkt drückte. Im ersten Moment passierte nichts, außer einem Protestlaut von Daniel, den Jack mit einem „Was? Da stand doch ‚Drück mich‘ drauf!“ abtat.

Dann hörte man ein lautes Knacken und ein Paneel über dem kleinen Regal schob sich knarrend zur Seite und ein kleines Fach kam zum Vorschein.

Verblüfft traten alle einen Schritt zurück, bevor Lyzaie sich bückte und hinein griff. Sie holte ein in Leder eingeschlagenes Bündel heraus und ging zum Tisch, wohin die anderen ihr folgten. Vorsichtig packte sie es aus, während alle den Atem anhielten. Besonders Tobias und Daniel hatten einen Glanz in den Augen, als ob Lyz eine wertvolle Reliquie auspacken würde. Jack und Nicole waren zwar auch interessiert, hatten aber die ganze Zeit ein wachsames Auge und Ohr für die Umgebung.

„Was ist das?“, fragte Daniel in diesem Moment.

Lyzaies Augen hatten aufgeleuchtet, als sie das Leder zurückgeschlagen und zwei hölzerne Tafeln von ungefähr 10 mal 15 Zentimeter freigelegt hatte. In beide waren auf jeder Seite Zeichen eingraviert und farbig nachgezeichnet.

Lyz sah Daniel an und ein breites Grinsen verwandelte ihr Gesicht, machte es weicher und ließ einen die Narbe fast vergessen.
„Das, Daniel Jackson, sind Adresstafeln. Ich weiß nicht, was hier passiert ist, dass alle Menschen verschwunden sind, aber die Bruderschaft hat zumindest das hier hinterlassen. Ich hatte gehofft, die Adresse von eurem Heimatplaneten zu erfahren und vielleicht noch ein paar Adressen von Planeten, auf denen man sich vor Xocotl verbergen kann. Jetzt haben wir zwar keine genaue Kombination, um euch nach Hause zu schicken, aber wir haben genug Adressen, um weitersuchen zu können.“

„Wenn wir dann haben, was wir brauchen“, unterbrach Jack die folgende Stille, „können wir dann vielleicht so langsam hier verschwinden? Mein Bauch sagt mir, dass hier irgendetwas gewaltig stinkt und das sind nicht nur diese fürchterlichen Kerzen.“

Als von den anderen keine Einwände kamen, schickte er sich an, den Raum zu verlassen, Nicole löschte noch die Kerzen, steckte die Stümpfe dann spontan ein, ohne zu wissen warum, und folgte den anderen.
Sie waren gerade am oberen Rand des Tales angekommen, als sie ein Rauschen hörten. Jack und Lyz wechselten einen Blick.

„Ist das das Tor?“, fragte Jack sicherheitshalber nach und auf Lyz Nicken wies er auf einen schmalen Pfad, der sich durch das dichte Unterholz schlängelte und kaum mehr war, als ein Wildwechsel. Vorsichtig machten sie sich auf den Weg. Lyzaie ging voran, gefolgt von Daniel und dem Professor. Nicole und Jack bildeten die Nachhut, sorgsam darauf bedacht, keine Spuren zu hinterlassen.

Sie waren ungefähr eine Viertelstunde unterwegs, als sie unvermittelt vor einer Felswand standen. Der Weg führte daran entlang und fast wäre es ihnen entgangen, dass sich im Schatten eines großen Busches eine Vertiefung in dem sonst so massiven Stein befand. Lyz hob die Hand und wartete, bis die anderen aufgeschlossen hatten. „Sieht nach mehr aus, als einer einfachen Felsspalte“, sagte sie und sah Jack fragend an, woraufhin dieser ihre unausgesprochene Frage mit einem „Das werden wir nur erfahren, wenn wir es ausprobieren“ beantwortete.

Lyzaie bewegte sich vorsichtig auf den Schatten zu, immer damit rechnend, auf Widerstand zu stoßen. Aber dieser kam nicht, im Gegenteil: Sie bewegte sich durch eine schmale Passage, durch die maximal eine Person hindurch passte. Diese weitete sich nach ein paar Metern, und als sie einen Schritt zur Seite machte, konnte sie im schwachen Licht des Eingangs erkennen, dass sich dort eine Höhle weit in den Felsen erstreckte, deren Ende in undurchdringlicher Dunkelheit lag.

Sie drehte sich um und ging zu den anderen zurück, um ihnen zu berichten, was sie entdeckt hatte. Sie brauchten nicht lange zu überlegen, ob sie dort Zuflucht suchen sollten. Mit der momentan kaum vorhandenen Bewaffnung wäre es nur eine Frage der Zeit, bis sie von Asmodis Truppen aufgegriffen würden. Weiterhin sorgsam ihre Spuren verwischend suchten sie in der Höhle Zuflucht.

Sie waren noch nicht weit gekommen, als ihnen ein schwacher Lichtschein auffiel, auf den sie sich langsam und vorsichtig zubewegten. Er rührte von einem schmalen Schlitz in der Decke der Höhle und verbreitete gerade soviel Licht, dass sie die anderen schemenhaft erkennen konnten.

„Feuer fällt ja wohl aus“, stellte Nicole leicht fröstelnd fest und Daniel schob hinterher: „Dann müssen wir eben enger zusammenrücken“, wohl wissend, dass dieser Vorschlag nicht unbedingt jedermanns Zustimmung finden würde. Einzig Nicole zeigte eine Reaktion, indem sie zusammenzuckte und sich die Hände schützend um den Körper schlang.

Als Daniel das bemerkte, wollte er nachfragen, wurde aber von Jack daran gehindert, indem dieser ihn kurz am Ärmel zupfte und den Kopf schüttelte. Sie ließen sich daher einer nach dem anderen auf dem Höhlenboden nieder und versuchten, es sich so bequem wie möglich zu machen.

Zu ihrem Glück war der Boden mit einer Sand- und Laubschicht bedeckt, was darauf schließen ließ, dass durch das Oberlicht oder auch durch den Eingang im Herbst einiges an abgestorbenen Blättern hineingeweht wurde.

„Ich würde mal vermuten, dass diese Höhle schon öfter als Zuflucht gedient hat“, begann der Professor mit lauterer Stimme als sonst ein Gespräch, als ob er die Stille nicht ertragen konnte. Er wurde aber sofort von Jack unterbrochen. „Sorry Professor, aber wir sollten ein bisschen vorsichtig sein, was Geräusche angeht. Wir wissen nicht, ob unsere Stimmen nicht durch das Oberlicht nach draußen getragen werden. Wenn wir reden, sollten wir daher möglichst leise sein.“

Nickend schwieg der Professor und eine Weile sprach keiner mehr. Nur hin und wieder hörte man, wenn einer der fünf versuchte, sich etwas bequemer hinzusetzen. Daniel fiel auf, dass Nicole dabei immer darauf achtete, genug Abstand zu ihm zu halten. Verwundert schaute er zu ihr herüber, sagte aber nichts.

Jack, der das eine Zeit lang beobachtet hatte, konnte sich nicht verkneifen, den Archäologen zu foppen: „Scheint, dass ihr Deo versagt, bei dem Abstand, den Nicole zu ihnen hält.“
Daniel verzog das Gesicht und schlug mit einem „Da bin ich bestimmt nicht der Einzige“ zurück. Nicole selber sah Jack an und sagte leise: „Du weißt ganz genau, was los ist, Jack“, und drehte sich dann zu Daniel um. „Es hat nichts mit Ihnen zu tun, Dr. Jackson. Es ist eher generell so, dass ich von Männern eher Abstand halte.“

„Sie reisen aber mit ihrem Vater und seinen Freunden durch die Welt. Da sind Sie doch immer von Männern umgeben“, hakte Daniel neugierig nach und er konnte richtig sehen, wie Nicole sich einen Ruck gab.

„Das sind Freunde meines Vaters, mit denen ich aufgewachsen bin. Diese Abneigung bei zuviel Nähe bei männlichen Wesen, hat einen anderen Grund. Und bevor Sie fragen, ich erzähle es Ihnen, damit Sie wissen, woran Sie bei mir sind. Es liegt jetzt ein paar Jahre zurück…“

Ich stand gerade am Anfang meines Studiums. Das Leben war schön, ich hatte eine Menge Spaß, nette Freunde und ich war so gut, dass meine Professoren mir eine gesicherte Zukunft in Aussicht stellten.

Dann kam ein Tag im Herbst, als ich ein Wochenende nutzte, um meine Mutter zu besuchen. Es war kurz nach meinem 21. Geburtstag und wir hatten uns zu einer Shopping-Tour verabredet. Mein Vater war wieder auf einer dieser Missionen, die in keinem offiziellen Schreiben der Regierung erwähnt werden.

Wir hatten sehr viel Spaß an dem Tag und es war schon sehr spät, als wir voll bepackt mit Tüten wieder in Richtung Auto unterwegs waren. Mutter renovierte gerade mal wieder ein Zimmer und wir hatten uns in einem Deko-Laden so richtig ausgetobt. Das Auto stand am Rande des Parkplatzes. Wir konnten froh sein, überhaupt noch eine Möglichkeit gefunden zu haben, das Auto abzustellen, so ein Andrang hatte am frühen Nachmittag geherrscht.

Mittlerweise war die Sonne schon untergegangen und vom angrenzenden Wald fielen die Schatten der dunklen Bäume unheimlich auf die letzten dort parkenden Autos. Wir haben sie nicht bemerkt. Sie mussten sich hinter einem der dort stehenden Waren verborgen haben, aber als meine Mutter in ihrer Handtasche nach dem Schlüssel kramte, waren sie auf einmal da. Es waren fünf. Einer stand hinter mir und bevor ich mich wehren konnte, hatte er sich meine Arme geschnappt, hielt sie hinter dem Rücken zusammen und ich spürte ein Messer an meinem Hals.

„Immer schön brav sein. Habt ihr die Mutter?“, fragte der Mann hinter mir die anderen auf ein Nicken zerrten sie uns in Richtung der Bäume, die den Platz begrenzten. Ich versuchte mich zu wehren, aber es hatte keinen Zweck. Der Griff um meine Arme wurde nur noch stärker und ich fühlte etwas Feuchtes an meinem Hals hinunterlaufen.

Es dauerte nicht lange und wir erreichten eine kleine Lichtung. Sie banden mich fest an einem Baum und steckten mir einen Knebel in den Mund. Ich konnte nicht genau erkennen, was sie mit uns vorhatten, als ich meine Mutter aufkeuchen hörte und in ihre Richtung sah. Ich erstarrte den Bruchteil einer Sekunde und versuchte dann wie wild, meine Fesseln loszuwerden.

Während zwei der Männer meine Mutter auf dem Boden festhielten, schnitt ein Dritter – später nannte ihn einer der Männer Alvarado – ihr die Kleidung auf. Er ging dabei so grob vor, dass er mehrmals die Haut ritzte und sich dünne Blutfäden über die Haut schlängelten. Dann zog er seine Hose runter, kniete über ihr und rammte sein erigiertes Glied brutal in meine Mutter hinein.

Ich versuchte wegzuschauen, aber ich konnte den Geräuschen nicht entgehen, die in meinem Kopf ein noch schlimmeres Bild erzeugten. Mittlerweile hatte ich aufgegeben, mich zu wehren. Die Fesseln schnitten mir in die Arme und den Oberkörper, als sich Alvarado näherte. Mittlerweile hatte ein anderer seinen Platz eingenommen. Meine Mutter hatte aufgehört sich zu wehren und nur ab und zu gab sie ein leises Wimmern von sich.

„Schau dir das gut an, Schätzchen. Du bist auch noch dran. Aber du solltest erst einmal sehen, was dich noch erwartet.“ Dabei grinste er lüstern und fing an mit seinem Messer über meinen Oberkörper zu streichen. Nicht so fest, dass er mehr als einen leichten Striemen hinterlassen hätte, aber es war spürbar und ich versuchte, meine Gedanken auf einen Punkt zu konzentrieren um mir dabei zu helfen, keinen Laut von mir zu geben.

Ich weiß nicht mehr, ob es beim dritten oder vierten Vergewaltiger war, aber urplötzlich herrschte Stille.

„Hey, Alvarado, die Alte sagt nichts mehr. Ich glaube sie ist tot.“

Die Bedeutung des Satzes sickerte wie Eiswasser in mein Bewusstsein und ließ mich erstarren. Alvarado wandte sich von mir ab und sah seine Kumpane an. „Ihr Idioten. Was habt ihr gemacht!“

„Sie hat wieder angefangen sich zu wehren, da habe ich ihr ein paar Ohrfeigen gegeben. Plötzlich war sie still.“

„Bastarde. Mörder. Was habt ihr getan“, brach es aus mir heraus, was mir auch Schläge einbrachte, die so heftig waren, dass ich völlig benommen wurde.

Ich bekam noch mit, wie die Fünf sich kurz berieten. Dabei fiel unter anderem der Name Alvarez und der Name eines Ortes, der sehr spanisch klang. Dann kam Alvarado wieder zu mir zurück.

„Du hast Glück, mein Täubchen. So war das nicht geplant. Aber da noch jemand deinem Vater erzählen muss, was hier passiert ist, bleibst du noch am Leben. Aber hüte dich. Irgendwann tauche ich hinter dir auf und dann bekomme ich, was ich heute schon von dir wollte.“

Dann holte er noch einmal zu einem heftigen Schlag aus, der mich fast besinnungslos werden ließ und mit einem „damit du mich nicht vergisst“ schnitt er die Fesseln, die mich bisher am Baum festgehalten hatten so auf, dass ein paar tiefe Schnittwunden zurückblieben. Sie waren so schnell verschwunden, wie sie gekommen waren. Ich war auf dem Boden zusammengesunken und es dauerte einen Moment, bis ich wieder einigermaßen klar war. Dann kramte mich nach meinem Handy, wählte 911 und kroch dann zu meiner Mutter hinüber. Viel mehr weiß ich von dem Abend nicht mehr, weil ich dann ohnmächtig geworden sein muss.

Nicoles Stimme, die im Laufe der Schilderung leiser geworden war, erstarb. In der Höhle herrschte entsetztes Schweigen, als die Zuhörer zu verdauen versuchten, was sie gerade gehört hatten.

Jack kannte zwar die Geschichte, hatte sie aber auch erst heute aus Nicoles Perspektive gehört und verstand einiges jetzt wesentlich besser, was danach in ihrem Leben passiert war. Er war aber auch nicht der einzige, der gegen Ende der Erzählung den stählernen Unterton bemerkt hatte, der immer in Nicoles Stimme mitgeschwungen war.

Der erste der das Schweigen brach, war der Professor. Im Bestreben, die Stimmung ein bisschen aufzuhellen, fragte er Daniel leise: „Hätten Sie jemals gedacht, dass sich ihre Theorien jetzt als wahr herausstellen?“

Daniel schaute den Professor entgeistert an und wusste im ersten Moment nicht, was er antworten sollte. Nicole, die froh war, dass das Interesse auf jemand anderen gelenkt wurde, hakte nach: „Welche Theorien? Und was hat sich bewahrheitet?“

„Das ist eine etwas längere Geschichte, ich weiß nicht, ob …“, begann Daniel, wurde aber von Jack unterbrochen. „Also, ich habe keine Date mehr heute, wie es mit den anderen? Keiner? Dann schießen sie doch einfach mal los, Jackson.“ Und so begann Daniel zu erzählen.

Auditorium der Universität Chicago

Daniel stand am Rednerpult des Hörsaales. Hinter sich zwei vollgeschriebene Tafeln, neben sich einen Overhead-Projektor, der momentan Hieroglyphen an die Leinwand hinter ihm warf.

„Während meiner Studien der Inschriften in den verschiedenen Pyramiden, sind mir immer wieder bisher unbekannte Symbole begegnet. Besonders dieses hier taucht immer wieder auf.“ Er deutete auf eine stilisierte Darstellung von zwei Menschen, die rechts und links neben einer Pyramide saßen, über der eine Sonnenscheibe schwebte.

„Diese Piktografien sind nirgendwo anders zu finden. Zusammen mit einigen anderen ungewöhnlichen Darstellungen bin ich zu der Ansicht gekommen, dass wir die bisher bekannten Götterdarstellungen der alten Ägypter neu überdenken müssen. Meiner Meinung nach haben sie einen ganz anderen Ursprung, als den angenommenen. Die Proben der Farbe und der wenigen Artefakte, die mit den unbekannten Darstellungen versehen sind, weisen, laut Radio-Karbon-Methode, auf wesentlich älteren Ursprung hin, als wir die ägyptische Kultur bisher datiert haben.“

„Aber welche genaue Kenntnis haben Sie jetzt daraus gewonnen, Dr. Jackson?“, arf ein Zuhörer aus der ersten Reihe ein.

„Mehrere Quellen weisen auf die „Götter aus dem Himmel“ hin, die mit ihren „Himmelschiffen“ herabgeschwebt sind, um ihre Untertanen zu regieren. Auch von einem „Ring der Götter“ ist in manchen Quellen die Rede, aber dazu habe ich noch keine weiteren Erkenntnisse. Für mich liegt daher die Schlussfolgerung nahe – und die schiere Unmöglichkeit, Monumente wie die Pyramiden mit den damaligen Mitteln zu errichten, bestärkt mich darin – dass die Pyramiden errichtet worden sind, von einem Volk, dass mit riesigen Raumschiffen zu Erde gekommen ist, und diese als Landeplätze für eben diese Raumschiffe benötigt hat.“

Stille herrschte auf diese Eröffnung. Dann folgte ein leises Glucksen, dem empörte Protestrufe folgten. Einer nach dem anderen stand auf und verließ den Saal.

Satzfetzen, wie „was soll der Schwachsinn … dafür habe ich meine Zeit geopfert… das ist sein akademisches Todesurteil …“ drangen an Daniels Ohr, während das Auditorium sich leerte. Nur in einer der obersten Reihen saß noch ein Zuhörer, der sich bisher nicht gerührt hatte, den Daniel aber nicht bemerkte. Einerseits waren die Reihen in ein diffuses Dämmerlicht getaucht, andererseits wurde Daniel gerade klar, was passiert war.

Beherrscht packte er seine Unterlagen ein und wollte gerade den Raum verlassen, als der Dekan hereinkam. „Dr. Jackson, heute haben Sie endgültig den Bogen überspannt. Wissen Sie eigentlich, wie es dem Ruf unseres Institutes schaden kann, wenn solche hanebüchenen Theorien auf uns zurückfallen?“, brauste er auf und seine Gesichtsfarbe war mittlerweile auf ein alarmierendes Rot gewechselt. „Sie sind für uns nicht mehr tragbar und daher bitte ich Sie, Ihr Büro noch heute zu räumen. Ich verliere ungern einen so versierten Sprachwissenschaftler, aber mit derart verschrobenen Ideen können wir hier nichts anfangen und wollen auch nichts damit zu tun haben. Schließlicht haben wir einen Ruf zu wahren. Guten Tag!“

Er drehte sich um und verließ den Saal. Ohne mit der Wimper zu zucken, hatte Daniel zugehört und dann genickt. Innerlich fühlte er sich leer, denn auch wenn er leichte Zweifel gehegt hatte, dass seine Theorien ohne jegliche Fragen ankommen würden, war dieses vernichtende Urteil schwer zu verdauen.

Als er kurz darauf in seinem Büro stand und die paar persönlichen Dinge, die er hier aufbewahrte, in einen Karton packte, klopfte jemand an den Türrahmen. Der Mann, der dort stand, war nicht mehr der jüngste, hatte sich aber anscheinend gut in Form gehalten. Seine dunklen Haare waren kurz geschnitten und von ein paar grauen Strähnen durchzogen. Die Falten um seine Augen zeigten, dass er gerne lächelte, wie auch jetzt und viel an der frischen Luft unterwegs sein musste, wovon eine gesunde Gesichtsfarbe zeugte. Mit den blauen Tweed-Sakko, welches er trug, sah wie ein Wissenschaftler aus, der lieber im Feld als in der Bibliothek forschte.

„Darf ich eintreten, Dr. Jackson?“

„Wollen Sie schon mal Ihr neues Büro ansehen? Ich wusste zwar, dass mein Job auf der Kippe steht, aber dass der Nachfolger schon feststeht, verblüfft mich jetzt doch. Kommen Sie ruhig rein und schauen Sie sich um“, lud Daniel den Unbekannten auf eine für ihn ungewohnte, zynische Art ein.

„Vielleicht sollte ich mich erst mal vorstellen“, ließ sich der Fremde nicht aus der Ruhe bringen. „Mein Name ist Tobias Coffey. Ich habe einen kleinen aber feinen Lehrstuhl an der UCLA für Geschichte mit dem Schwerpunkt südamerikanische Kulturen. Ich könnte noch einen guten Sprachwissenschaftler brauchen, vorausgesetzt sie können ihr Latein, sind offen für Ungewöhnliches - was wohl außer Frage steht - und haben nichts gegen ein mildes Klima.“

Daniel sah Tobias an. Diese kleine Rede hatte ihm glatt die Sprache verschlagen.

„Ich weiß, das kommt alles ein bisschen plötzlich, aber Sie können es sich in Ruhe überlegen“, sagte Coffey, während er eine Visitenkarte aus dem Jackett zog und sie Daniel reichte. „Ich wohne im Plaza und fliege erst übermorgen wieder nach L.A. Wenn Sie sich entschieden haben, können Sie mich dort erreichen.“ Mit diesen Worten ließ er den verdutzten Archäologen stehen und verließ das Büro.

„Und so bin ich in Los Angeles gelandet“, endete Daniel mit einem dankbaren Blick auf Professor Coffey. „Auf diese Art und Weise hatte ich die Möglichkeit, mich von dem Tiefschlag zu erholen.“

„Und jetzt hat sich herausgestellt, dass Sie genau die richtigen Schlüsse gezogen haben und sie können es niemandem sagen“, schmunzelte Nicole.

„Nur, dass uns das momentan überhaupt nicht weiterhilft“, bemerkte Jack trocken.

„Es hilft uns zumindest, einander besser kennen zu lernen und zu verstehen. Das kann nur gut sein, denn wir sind ja wohl voneinander abhängig“, gab Nicole zurück und wandte sich dann an Lyzaie. „Was ist mit Ihnen? Aus welchem Grund waren sie in diesem Kerker und was genau wollten sie von Ihnen?“


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Lyzaie zuckte mit den Schultern. „Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Da gibt es bestimmt interessantere Geschichten. Wie zum Beispiel deine, O‘Neill. Hinter deinem kriegerischen Verstand liegt eine dunkle Wolke. Was ist passiert, das diesen Kummer ausgelöst hat?“

Jack schnaubte, ging aber nicht auf diese Herausforderung ein.

„Okay, Jack. Aus der Nummer kommst du nicht raus. Ich finde, du solltest ruhig sagen, was dich dazu gebracht hat, eine gute Karriere beim Militär an den Nagel zu hängen“, forderte Nicole sanft von ihrem Paten und sah dabei in seine Augen. Jack merkte, dass sich alle Köpfe in seine Richtung drehten und ihn erwartungsvoll ansahen. Eine dieser Situationen, die er gar nicht mochte. Nicht, weil er reden sollte. dass konnte er gut, wenn es denn sein musste. Aber die Sache hier ging tiefer und berührte einen Punkt in seinem Leben, den er gerne unter Verschluss hielt. Das war auch der Grund, warum er das nicht einfach so mit einem lockeren Spruch abtun konnte.

Abgesehen davon hatte er Nicole dazu gebracht, ihre Geschichte zu erzählen und es war nur fair, wenn er auch reden würde. Vielleicht wäre der Schmerz auch nicht mehr so hart, wie noch vor ein paar Jahren. Er schnaubte kurz, sah zu Nicole und begann langsam und mit sorgsam gewählten Worten seine Geschichte zu erzählen.

Es war einer dieser schönen Spätsommertage, an denen man am liebsten den ganzen Tag draußen verbringen möchte, weil man nie weiß, wann das Wetter umschlägt. Jack war erst am Abend vorher nach Hause gekommen und nach einer ausgiebigen Mütze Schlaf brachte Sarah ihn bei einem gemütlichen Frühstück gerade auf den neuesten Stand der heimatlichen Ereignisse.

Charlie, sein Sohn und ganzer Stolz, war vor nicht allzu langer Zeit in den Garten gerannt und hatte ihnen zugerufen: „Ich bin draußen, kommst du gleich und trainierst ein bisschen mit mir, Dad?“

„Ich komme, wenn ich mit deiner Mum fertig gefrühstückt habe. Dann kannst du mir zeigen, wie gut du schon geworden bist und deinen alten Herrn mal so richtig fertigmachen.“

„Du bist doch nicht alt, Dad. Grandpa ist alt, aber mit dem spiele ich ja auch kein Baseball.“

Dann war Charlie verschwunden und Jack und Sarah hatten in ihrer Zweisamkeit die Zeit vergessen. Sein Beruf brachte es mit sich, dass er viel unterwegs war, da gab es immer eine Menge aufzuholen, wenn er heimkam.

Er sah sich gerade ein Bild an, was in der Schule aufgenommen worden war. Mit einem Lächeln bemerkte Jack, dass sein Sohn anscheinend eine ähnliche Abneigung gegen das fotografiert werden hatte, wie er selber. Ein bisschen Trotz, hinter einem breiten Grinsen gut verborgen, sah man ihm an. Er zog Sarah in eine Umarmung. „Das ist das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist“, sagte er zufrieden.

„Und wo bleibe ich?“, fragte Sarah schmunzelnd und sah ihn auffordernd an.

„Du stehst über allem, denn ohne dich würde es Charlie nicht geben.“
Er schaute ihr in die Augen; ihre Lippen zogen ihn magisch an, als die romantische Stimmung jäh von einem lauten Knall unterbrochen wurde.
Die beiden erstarrten und nach einem kurzen Schockmoment ruckten die Köpfe nach oben, in die Richtung, aus der der Schuss gekommen war.

„Meine Tasche – Charlie…“ Jack sprang auf und hastete die Treppe hinauf.
Was war passiert? Diese Frage hämmerte ihm ein ums andere Mal durch den Kopf. Oben angekommen, wandte er sich direkt zum Schlafzimmer, wo er gestern seine Tasche abgestellt hatte. Der einzige Ort, wo sich in diesem Haus eine Waffe befand.

Sein Herz raste, als er in den Raum stürmte und setzte einen Augenblick aus, bei dem Anblick, der sich ihm bot.

Charlie lag auf dem Boden neben dem Bett. Blut floss aus einer Wunde am Bauch. Sie sah von vorne nicht sehr groß aus, aber die Blutlache unter Charlies Körper sprach Bände.
Jack stürmte zu seinem Sohn hin. Seine Augen suchten den Raum nach etwas ab, das er als Kompresse nutzen konnte. Als er nichts fand, versuchte er verzweifelt, mit seinen Händen die Blutung zu stoppen.

„Halt durch Charlie“, murmelte er und rief Sarah, die gerade in der Tür erschien zu, sie solle sofort einen Notarzt holen. Mit einem gehetzten „Hab ich schon“ kniete sie sich auf den Boden neben ihren Mann und ihren Sohn.

In diesem Moment schlug Charlie die Augen auf und sah seine Eltern an: „Tschuldige, Dad“, hauchte er, bevor er wieder das Bewusstsein verlor.

Jacks Stimme erstarb. Er schüttelte den Kopf, als wollte er eine lästige Fliege loswerden, sammelte sich, bevor er die Erzählung mit leiser Stimme fortsetzte.

Es hat nicht mehr gereicht. Der Notarzt kam zu spät und konnte nur noch Charlies Tod feststellen. Danach war Jack mehr Zombie als Mensch. Er verschloss sich allem und jedem, vor allem Sarah, die gerne ihre Trauer mit ihm geteilt hätte, aber er ließ ihr dazu keine Möglichkeit.

Seinen Job erledigte er automatisch, ohne den Enthusiasmus, der ihn früher angetrieben hatte. Noch waren alle Einsätze gutgegangen, aber das Pendel schlug langsam aber unaufhörlich zu einer Seite, die die Gefährdung für das Leben seiner Teamkollegen immer wahrscheinlicher machte.

Etwa ein Jahr nach Charlies Tod kam Jack von einem Einsatz zurück und fand das Haus leer vor. Ein Abschiedsbrief von Sarah lag auf dem Küchentisch. Ein halbes Jahr später unterschrieb er die Scheidungspapiere.

„Ein weiteres halbes Jahr später habe ich meinen Abschied genommen und mit der Abfindung ein Boot gekauft.“

„Was stand in dem Brief?“, fragte Lyz, wusste aber im gleichen Augenblick, dass sie keine Antwort darauf bekommen würde.

„Das war sehr privat, aber es hat mir die Augen geöffnet. Ich werde mir nie verzeihen, dass ich Charlie an dem Tag so lange habe warten lassen, dass ihn die Langeweile ins Haus getrieben hat. Und noch weniger werde ich mir verzeihen, dass ich so nachlässig war, die Waffe nicht zuerst wegzuschließen. Aber im Laufe der Jahre ich habe gelernt, damit zu leben.“

Es folgte eine beklommene Stille, die urplötzlich von lautem Waffenklirren, Stimmen und Signalhörnern durchbrochen wurde. Sofort standen alle unter Spannung und verharrten atemlos auf ihren Plätzen. Allein ihre Blicke wanderten zu der Belüftungsöffnung nach oben, durch welche die Geräusche nach unten drangen.

Als die Spannung fast nicht mehr auszuhalten war, ebbte der Lärm langsam ab. Die Quelle schien sich zu entfernen und schließlich blieb wieder Stille zurück. Eine halbe Stunde lang rührte sich danach immer noch keiner vom Fleck, aber dann ließ die Anspannung langsam nach.

„Sollen wir hier bleiben oder nachschauen, ob sie wirklich weg sind?“, fragte Daniel, dem die ganze Situation an den Nerven zerrte, in die Runde.

„Es wäre besser, wir bleiben hier“, antwortete Jack ruhig. „Wenn sie uns bisher nicht gefunden haben, steigen unsere Chancen, unentdeckt zu bleiben. Und mit ganz viel Glück sind sie morgen früh weg. Außerdem ist es mittlerweile draußen völlig dunkel und wir können nicht sicher sein, keine Spuren zu hinterlassen. Bleiben wir besser bis zum Morgengrauen hier“, entschied er kurzer Hand für alle.

„Wir sollten versuchen, etwas Schlaf zu bekommen. Ich übernehme die erste Wache“, bot Lyz sich an.

Allerdings war es keinem möglich, zu schlafen. Die Anspannung war zu groß. Sie beratschlagten leise, ob es gefährlich wäre, eine der Kerzen anzuzünden, die Nicole im Haus mitgenommen hatte und beschlossen, dass alles besser wäre, als die mittlerweile fast undurchdringliche Schwärze.

Jeder war in seine eigenen Gedanken vertieft, als Lyz Nicole leise fragte: „Was ist eigentlich aus den Mördern deiner Mutter geworden? Sind sie jemals gefasst worden?“

Nicoles Gesicht verzerrte sich zu einer grimmigen Fratze. Der Eindruck wurde durch das von unten scheinende Licht der Kerze noch verstärkt, welches unheimliche Schatten warf.

Dafür habe ich selber gesorgt“, murmelte Nicole. „Mein Vater war ständig unterwegs und die Polizei hat nach kurzer Zeit die Ermittlungen eingestellt.“

Hier noch einmal eine kleine Warnung, der nächste Teil ist nichts für empfindliche Gemüter, also wer vor gewaltätiger Rache zurückschreckt, bitte den Spoiler nicht öffnen!
Spoiler  
Ich habe mir eine kurze Zeit der Trauer gegönnt, aber dann habe ich alles in meiner Macht stehende versucht, um die Spur der Mörder zu finden. Dad war nach der Beerdigung wieder verschwunden, kam aber in regelmäßigen Abständen, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. Meistens erwischte er mich in den verrücktesten Verkleidungen an öffentlichen Orten. Er kam nie nach Hause, denn wir konnten davon ausgehen, dass das Haus von der MP überwacht wurde.

Ich hatte mir dort eine Operationszentrale eingerichtet. Mit der Hilfe eines guten Freundes hatte ich mich in verschiedene Systeme eingehackt, um an Informationen zu kommen und nach langer akribischer Suche hatte ich endlich eine Spur gefunden: Ich stieß auf den Namen Alvarez.

Es ist zwar kein seltener spanischer Name, aber eine Kleinigkeit hatte mich stutzig gemacht. In dem Zusammenhang mit ihm war dort ein Verweis auf Aktivitäten bezüglich Menschenschmuggels über die mexikanische Grenze und einem Ort namens Valejo. Da erinnerte ich mich, was dieser Alvarado an dem Abend gesagt hatte und noch etwas andere blitzte in den Tiefen meiner Erinnerung auf.

Ich suchte im Internet nach den Artikeln von Amy und da fand ich, was ich suchte.

„A-Team hebt Menschenschmuggler-Ring in Valejo aus“

Da war der Zusammenhang und dieser Alvarez musste gut gegraben haben, um die Verbindung von Hannibal zu Mutter herzustellen. Es war also wirklich alles geplant gewesen. Abscheu stieg mir die Kehle hoch, als mir das alles klar wurde und ich rannte zur Toilette, um mich zu übergeben.

Danach begann ich, mich in winzig kleinen Schritten an diesen Alvarez heranzutasten. Sammelte alle Hinweise und schließlich und endlich hatte ich ein annähernd vollständiges Bild.

Er war einer dieser schmierigen Typen, die immer ein bisschen schlauer und stärker als die anderen gewesen sind. Härter, brutaler und ein absoluter Machtmensch, der die Leute in genau die Richtung lenken konnte, die er wollte. Er machte Geld aus allem, aber hauptsächlich aus dem Elend und der Verzweiflung anderer. Und alleine das machte ihn schon zum Bastard. Durch den Befehl, sich an Mutter zu rächen, weil Hannibal und seine Freunde ihm ein Bein gestellt hatten, war nur der Gipfel all seiner Aktivitäten und ich schmiedete einen Plan, ihm das Handwerk zu legen.

Ich will nicht alle Einzelheiten erzählen, das würde zu lange dauern, aber schließlich hatte ich ihn da, wo ich ihn haben wollte. Senor Alvarez hatte den Hang, sich regelmäßig am Mittwoch in der örtlichen Kantina einzufinden. Sein Grund war aber nicht der schwarz-gebrannte Tequila, sondern die paar Zimmer im ersten Stock, die allerlei Amüsement für den mehr oder weniger anspruchsvollen, zahlungskräftigen Kunden anbot.

Alvarez, dem der Laden gehörte, nahm sich auch ein „Recht der ersten Nacht“ heraus, ganz der größenwahnsinnige Macho, der er war. Sobald ein neues Mädchen eingestellt wurde, gehörte sie als erstes ihm.

Er hatte leider nicht damit gerechnet, dass seine Angestellten genauso käuflich waren, wie er selber und seine Ausflüge manchmal Spuren hinterließen, die es den Mädchen tagelang nicht erlaubten, zu arbeiten. Mamacita, die die Geschäfte für Alvarez führte, war einem entsprechenden Angebot meinerseits sehr offen begegnet und da sie sich sowieso zur Ruhe setzten wollte, gab es in ihrer Kantina schon bald ein neues Mädchen. Eine blonde „Americana“.

Nicole unterbrach, schloss kurz die Augen und setzte ihre Erzählung dann fort. Hatte sie bisher in einem relativ lockeren Ton gesprochen, klang ihre Stimme jetzt kalt und hart.

Ich hatte mir oft genug vorgestellt, was ich machen würde, wenn ich irgendwann die Mörder und vor allem den Auftraggeber vor mir hatte. Es war nichts gegen die Wirklichkeit. Vor allem war ich nicht auf die Art Mann gefasst, der an dem Abend mein Zimmer betrat. Ich hatte mich entsprechend herausgeputzt. Eine rote Korsage mit Strumpfhaltern, an denen schwarze Netzstrümpfe befestigt waren. Rote Highheels und darüber ein offen fallendes schwarzes Neglige. Meine Haare hatte ich mit ein paar Klammern hochgesteckt und nur den Mund mit knallrotem Lippenstift betont. Genau genommen sah ich aus wie Brigitte Bardot in „Viva Maria“ und dieser kleine Gag machte es mir etwas leichter. Ich drapierte mich auf dem Bett und wartete auf Alvarez. Überall im Zimmer - auch im Bett - hatte ich strategisch günstig Waffen versteckt. Er ließ die Zimmer nie durchsuchen, denn er rechnete nicht damit, dass ein Mädchen vom Mamacita sich in irgendeiner Weise gegen ihn wehren könnte.

Mein Adrenalinpegel hatte schon einen hohen Level erreicht, als er dann hereinkam.

Wie soll ich ihn objektiv beschreiben? Er war ungefähr Mitte Dreißig und so ein Typ Antonio Banderas, aber ohne dessen liebevolle Augen. Alvarez Augen schimmerten dunkel und kalt aus seinem gutaussehenden Gesicht. Er war in eine typisch südländische Machokluft gekleidet. Enge schwarze Hose und ein weißes Seidenhemd, das fast bis zum Bauchnabel aufgeknöpft war und aus einer schwarz behaarten Brust schimmerte eine dicke, goldene Kette, an der ein Kreuz baumelte.

Ich muss sagen, er hielt seinen Körper fit und wäre der Ausdruck in seinen Augen nicht gewesen und mir unter anderen Umständen begegnet, wäre er durchaus eine Versuchung wert gewesen.

Er kam durch die Tür, warf einen Blick auf mich und drehte sich zu seinen Bodyguards um. „Geht nach unten und lasst euch von Mamacita was zu trinken geben - das wird ein langer Abend.“ Dann drehte er sich zu mir um, schloss die Tür hinter sich und glitt auf mich zu, wie ein Raubkatze auf ihr Opfer. Anders konnte man seine Art zu gehen in diesem Augenblick nicht beschreiben.

„Wie heißt du, Kleine?“, fragte er und deutete mir an, zu ihm zu kommen. Ich stand auf und bewegte mich mit wiegenden Hüften auf ihn zu. „Du kannst mich nennen, wie du willst“, schnurrte ich und näherte mich ihm. Er grinste, ergriff meine Hand und zog mich hinter ihm her zu einem Sessel, in dem er sich niederließ. Mir deutete er an, sich davor zu knien.

„Okay, Blondie, dann sei meine Fee und mach mich glücklich. Ich muss dir wohl nicht sagen, wie du das anstellen musst“, grinste er anzüglich und machte eine eindeutige Geste zu seinem Schritt, wo sich die Hose schon enorm ausbeulte.

Ich hatte mich gerade auf vor ihm hingekniet, als er meinen Kopf mit ziemlicher Kraft zu seiner Körpermitte hinzog. „Los, Blondie, zeig mir was du kannst“, knurrte er, während er mit der anderen Hand an seinem Reißverschluss herumfingerte, um seinen enorm angewachsenen Schwanz aus seiner Hose zu befreien.

Ich nahm alle Selbstbeherrschung zusammen, um mich nicht sofort über ihn zu erbrechen, drängte den Würgereiz zurück und versuchte meine Kopf etwas zurückzuziehen und mit meinen Fingern da zu arbeiten, wo er gerne meinen Mund gesehen hätte.

Nicole unterbrach ihre Erzählung. Sie konnte nicht weiter in Worte fassen, was sich in ihrem Kopf wie ein Film abspulte.

Ich wusste, ich würde nicht ganz darum herum kommen, ihm zu Diensten zu sein. Außerdem musste ich auch irgendwie an die beiden schmalen Messer herankommen, die in meiner Korsage versteckt waren, wofür ich meine Hände brauchte, also nahm ich alle Selbstbeherrschung zusammen und ersetzte meine Hände auf eine harsche Aufforderung seinerseits durch meinen Mund.

Ich kann nicht mehr sagen, an was ich gedacht habe, um das alles erträglicher zu machen, aber als ich sein gutturales Stöhnen hörte, wusste ich, dass ich bald handeln musste, solange er abgelenkt war. Ich strich ihm noch einmal mit den Fingernägeln vom Hals abwärts über seine Brust, umrundete seine Brustwarzen, was ihm ein extra Stöhnen entlockte, und wanderte weiter an ihm herab über die Innenseite seiner Schenkel. Ich ließ kurz von ihm ab und warf ihm einen besänftigenden Blick zu.

„Darling, lass uns umziehen. Auf dem Bett kann ich dich noch besser verwöhnen.“
Ich hatte richtig vermutet, wie er reagieren würde. Er stand auf, entledigte sich in Windeseile seiner Klamotten und warf sich auf das Bett. Ich folgte ihm langsamer und bot ihm dabei genug Aus- und Einblicke, die ihn anscheinend weiter anfeuerten, denn er war so benebelt, dass er sich mir völlig auslieferte. Es war schon fast zu einfach.

Eine Klippe musste ich noch umschiffen, aber auch das schaffte ich, indem ich mich über ihn kniete und ihm genau den Blick bot, den er anscheinend erwartet hatte. Während er versuchte, seinen Mund in Richtung meiner Brüste zu bringen, holte ich die vorher deponierten Handschellen unter den Kissen hervor und fesselte ihn, bevor er richtig reagieren konnte an das Bettgestell.

Ich setzte mich zurück auf meine Fersen und sah ihn an. Seine einzige Reaktion war ein „Ja, Blondie, gib‘s mir. Blas mir einen und dann mach mich los und ich zeige dir, was es heißt, von einem Alvarez bestiegen zu werden.“

Keiner hatte das Schweigen unterbrochen. Allen war klar, dass Nicole mit ihren Erinnerungen und um die richtigen Worte kämpfte.

Kurz gesagt, ich habe Dinge getan, von denen ich nie gedacht hätte, dass ich dazu fähig wäre. Aber ich habe ihn damit so gefügig gemacht, dass ich ihn schließlich an das Bett gefesselt hatte. Dann stand ich auf und zog eines der schmalen Messer aus der Korsage.

Sein Blick saugte sich darauf fest und langsam schien Begreifen in sein Hirn einzusickern. Ich näherte mich ihm und er wollte gerade anfangen, mich zu beschimpfen, als ich ihm kurzerhand einen Knebel in den Mund rammte und an seinem Hinterkopf festband.

Alvarez versuchte trotzdem, seiner Wut Ausdruck zu verleihen, aber die dumpfen Töne, die er von sich gab und das Quietschen des Bettgestells, welches er durch seine Versuche, sich zu wehren verursachte, konnten von außerhalb des Zimmers durchaus als intensiver Sex interpretiert werden. Ich wollte einfach sicher gehen, dass uns niemand störte.

Mit der flachen Seite des Messers, strich ich langsam über seine Brust immer weiter auf seine Lendengegend zu. Die Panik, die in seinen Augen zu lesen war, war Balsam für mich. Je weiter ich mich seinen Genitalien näherte umso ruhiger wurde er. Ich drehte das Messer langsam auf die scharfe Seite und zog eine dünne rote Linie von seinem Bauchnabel zum Ansatz seines Penis.

„Na, wie fühlt sich das an?“, fragte ich ihn. „Hast du Angst? Dem Geruch nach zu urteilen, den du gerade verströmst, machst du gerade eine Abrechnung mit deinem Leben.“

Ich beugte mich leicht vor, sah ihm in die Augen, in denen Panik flackerte und sprach ruhig weiter. „Damit zu auch genau weißt, mit wem du es zu tun hast … deine Schergen haben vor nicht allzu langer Zeit meine Mutter umgebracht, nachdem sie sie grausam vergewaltigt haben. Es war ein Fehler von ihnen, mich dabei zusehen zu lassen und danach nicht auch umzubringen. Ich habe mir Rache geschworen, aber an dem Mann, der dafür verantwortlich war. Und deshalb liegst du jetzt hier vor mir und ich überlege, was ich als erstes tue, um dir möglichst lange Zeit zu lassen, sich mit dem Tod abzufinden.“

Schweiß lief ihm die Schläfen hinab, die Augenlieder flatterten und er atmete hastig und abgehackt. Ich erzählte ihm noch ausführlicher, was ich mit ihm vorhatte, alleine, weil seine Angst die größte Befriedigung in mir auslöste. Schließlich hatte ich ihn soweit, dass sich seine Blase entleerte und er in seinem Urin lag. Erniedrigt und hilflos. Die Augen geschlossen wurde er ruhig.

„Hast du noch etwas zu sagen, Alvarez? Dann sag es jetzt und zwar schnell“. Ich nahm ihm den Knebel aus dem Mund. „Und du brauchst nicht zu schreien, denn dann bist du schneller tot, als du piep sagen kannst.“ Ich hielt ihm das Messer an die Kehle und er verstand.

„Du Puta – das wirst du büßen. Meine Männer werden dich jagen und dich fertig machen“, knurrte er und versuchte in seinem trockenen Mund ein bisschen Speichel zusammenzukratzen, um mich anzuspucken.

„Große Worte, für jemanden wie dich, der sich wie ein Kind in die Hosen macht, wenn ihm eine Frau mit einem Messer zu nah kommt. Ich habe auch keine Angst. Deine Männer werden die Botschaft die ich hinterlasse, schon richtig verstehen und mich in Ruhe lassen, wenn sie nicht das gleiche Schicksal haben wollen wie du. Also, mach deinen Deal mit Gott, den du ja anscheinend so verehrst“, sagte ich mit einem Blick auf das Kreuz und zog das Messer über seine Kehle.

Es dauerte nicht lange und er gab einen letzten gurgelnden Laut von sich. Ich packte alles ein, was einen Hinweis auf mich geben konnte und verschwand.

Dummerweise hatte ich nicht damit gerechnet, dass der Sheriff in diesem Nest der Onkel von Alvarez war und eine Fahndung nach mir ausschrieb. Ich musste also untertauchen und werde seitdem gesucht. Glücklicherweise konnte ich mich mit meinem Vater und seinen Freunden zusammentun und die haben eine glückliche Hand, wenn es darum geht, der Obrigkeit ein Schnippchen zu schlagen.


Die Ausdrücke in den Augen der Zuhörer waren bei der Erzählung von Nicole zwischen Entsetzen und Zustimmung geschwankt. Zumindest waren sich alle darüber im Klaren, dass mit Nicole nicht zu spaßen war, wenn man ihr zu nahe trat. Lyz hatte ruhig zugehört und in ihren Augen hatte ein Ausdruck gelegen, der weit über reines Verstehen hinausging. Allmählich fielen danach einem nach dem anderen die Augen zu und nur die leisen Schlafgeräusche brachten Abwechslung für die Wache haltenden.

Einige Stunden später weckte Lyz die anderen. Es war in dieser Zeit merklich kühler geworden, aber von oben kam ein heller Lichtschein und kein anderes Geräusch als ein fernes Blätterrauschen und Vogelgezwitscher.

Sie beredeten kurz, wie sie vorgehen wollten und einigten sich dann, zusammenzubleiben und gemeinsam zum Tor zu gehen. Als sie sich dem Höhlenausgang näherten, hob Lyz kurz die Hand und alle standen still und lauschten, aber immer noch war draußen nichts als natürliche Geräusche zu hören. Ein paar Schritte weiter und sie standen vor dem Höhleneingang, der völlig von einer Art Spinnweben bedeckt war, welches Lyz kurzerhand mit den Händen auseinander riss.

„Da haben wir, ohne es zu wissen, einen zusätzlichen Wächter gehabt“, murmelte Daniel und grinste Nicole an, die sich schaudernd von den Resten des Gespinstes abwandte. Jack sah das und schüttelte den Kopf. „Das werde ich nie verstehen, du rächst dich blutig an dem Mörder deiner Mutter, aber bei Spinnweben fängst du an zu zittern. Frauen“, fügte er hinzu.

Nicole schoss einen Blick auf ihren Paten ab, sagte aber sonst nichts, als sie vorsichtig in Richtung Tor gingen. Immer auf der Hut vor ungewohnten Geräuschen kamen sie schließlich auf der Lichtung vor dem Stargate an, auf der immer noch alles vollkommen still war.

„Die werden bestimmt in der Nacht wieder abgezogen sein“, stellte der Professor fest und spazierte sorglos weiter. Die anderen überholten ihn und Lyz holte das Steuergerät heraus, sobald sie am Gate war. Sie gab eine ihr bekannte Adresse ein, die Ringe setzten sich in Bewegung und der Ereignishorizont bildete sich mit dem üblichen lauten Rauschen.

Nicole und Daniel gingen als erste, Jack rief dem Professor, der etwas zurückgeblieben war zu, er solle sich beeilen und folgte den beiden dann. Lyz wartete auf Tobias und als dieser fast am Tor war, schoss ein Energiestrahl aus dem Wald heraus an ihrem Kopf vorbei durch das Tor. Coffey schreckte auf und erhöhte sein Tempo, während Lyz sofort das Tor durchschritt, ohne weiter auf den Professor zu warten.

Sie kam gerade auf der anderen Seite heraus, als ein zweiter Energiestrahl an ihr vorbei in den Himmel kam. Einen Bruchteil später fiel der Ereignishorizont in sich zusammen.

„Wo ist der Professor?“, rief Daniel und starrte auf Lyzaie, die alleine vor dem abgeschalteten Tor stand und sich umdrehte. „Er war gerade noch hinter mir“, sagte sie verwirrt, als sie hinter sich nichts als Leere sah.

„Was kann denn passiert sein? Und was können wir tun?“, drängten alle auf Lyz ein, die aber auch keine Antwort wusste. Sie hob abwehrend ihre Hände und versuchte, sich zu sammeln. „Ich weiß nicht, was passiert ist - ich weiß nur, dass wir nicht viel machen können. Wenn wir jetzt den Planeten wieder anwählen, werden wir von unserem Angreifer erwartet und außerdem haben wir keine Gewähr, dass der Professor nicht noch ins Wurmloch gegangen und vielleicht ganz woanders gelandet ist. Das ist möglich, aber sehr selten. Es gibt da Gerüchte, aber wir können in dem Fall nichts machen, weil der Professor überall im Sonnensystem gelandet sein kann.“

„Uns sind also die Hände gebunden und wir können nichts machen? Wir sollen Däumchen drehen, während der Professor da draußen ist und auf unsere Hilfe wartet? Das kann nicht dein Ernst sein“, wütete Jack und baute sich vor Lyz auf. Diese blieb ganz ruhig und sah ihm in die Augen.

„So leid es mir tut, Jack O‘Neill, mehr können wir nicht tun. Wir sollten sehen, dass wir hier wegkommen, damit wir nicht auch noch gefunden werden.“

Den logischen Ausführungen von Lyzaie konnte sich am Ende keiner entziehen und so machten sie sich direkt auf den Weg, ihre Spuren zu verwischen, im Hinterkopf immer die Frage, was wohl mit Tobias Coffey passiert war und ob sie ihn wohl jemals wiedersehen würden.

ENDE (Episode 3)
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