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Macht der Gedanken von Christine82

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Zehntes Kapitel

Evans gähnte. Er konnte sich an keine Gelegenheit in den vergangenen zehn Jahren erinnern, bei der er sich so gelangweilt hatte wie an die Sichtung dieses Videomaterials. Seit vier Stunden saßen seine Kollegen und er bereits vor diesen bescheuerten Aufnahmen, die viel mehr zeigten, als er jemals über das Privatleben von Kameraden und Zivilisten hatte wissen wollen. Der Gesprächsstoff war ihnen nicht desto trotz schon vor geraumer Zeit ausgegangen. Wenn der verheiratete Ex-Vorgesetzte zum fünften Mal händchenhaltend mit einem Fremden aus irgendeiner Bar abgezogen war, war es irgendwie nicht mehr dasselbe wie beim ersten Mal. Mit hängenden Lidern saßen sie nun noch zu zweit vor den Monitoren – er und George Ledoyen. Margret Love machte eine Zigarettenpause oben am Tageslicht und Michael Stowe war Kaffee für die ganze Runde holen gegangen.

„Sag es mir bitte noch mal: Weshalb machen wir das hier?", grunzte George und brach auf diesem Weg die Stille. Evans warf ihm einen müden Seitenblick zu.

„Wir suchen die beiden Typen", erinnerte er ihn und tippte gegen die Photos, die Richards ihnen aus den Dienstakten der Toten gegeben hatte. „Die haben nämlich zwei unserer Leute entführt."

„Ja, das kapier ich schon", stöhnte sein Kamerad auf. „Aber warum WIR? Ich habe jedenfalls nichts verbrochen! Ich habe nichts getan, wofür Richards mich hassen könnte. Also, warum WIR?" Evans schüttelte nur den Kopf und lächelte müde. Diskussionen waren an diesem Punkt überflüssig geworden. Jetzt galt es nur noch diese Schicht durchzustehen. Die Pläne, die er für heute Abend mit der süßen Brünetten aus der Verwaltung gehabt hatte, waren auf Eis gelegt. Wenn er Glück hatte, würde er die Augen immerhin so lange aufhalten können, bis er in seinem Quartier war. Schlafend in einem Gang gefunden zu werden, war eine Peinlichkeit, auf die er verzichten konnte.

Doch bis dahin galt es noch einige Stunden durchzustehen. Sein Blick wanderte für einen kurzen Augenblick zu der Uhr, die über den vier Monitoren hing. Noch exakt fünf Stunden und 38 Minuten bis er diesen kleinen, dunklen Raum mit den flimmernden Monitoren endlich hinter sich lassen konnte. Und dann wartete nicht etwa Silvia aus der Verwaltung auf ihn, sondern ein schmales Bett mit durchgelegener Matratze und einer viel zu kurzen Bettdecke für seine stattliche Körpergröße von 1,92 Meter.

Mehrere Momente herrschte erneut Stille zwischen ihnen. Lediglich das leise Rauschen der altmodischen Videokassetten hallte durch den Raum, als Evans es plötzlich sah. Es war lediglich eine kleine Ecke am unteren Bildrand, die ihn auffahren ließ.

„Da ist er!", entfuhr es ihm. Ledoyen setzte sich auf, stoppte die anderen drei Bänder und richtete den Blick auf den vierten Monitor, während Evans das Band kurz zurückspulte und dann auf Pause drückte.

„Scolari", sagte er nur. Sein Kamerad nickte.

„Er steht an der Bar. Und holt drei Bier… Wir brauchen die Aufnahme aus einer anderen Perspektive. Da muss es doch noch eine zweite Kamera geben, die den Rest des Lokals zeigt!" Hektisch wandte er sich dem bisher ungesichteten Teil der Videos zu, die abseits auf einem Tisch lagen. „Welches Lokal? Welcher Tag?", fragte er. Evans sah kurz nach.

„The lonely wolf", antwortete er. „23. Juni um 21 Uhr 38." Nach einigem Suchen zog sein Kamerad eine Kassette aus dem Stapel hervor und tauschte sie schnell gegen eine Kassette aus einem der anderen Recorder aus.

„Das ist die richtige", stellte Evans fest, als die Wiedergabe startete. Statt dem Eingangsbereich und der Theke war nun der hintere Teil der Kneipe zu sehen.

„Die Aufnahme beginnt um ein neun Uhr", sagte Ledoyen. „Sollen wir vorspulen?"

„Nein, warte", hielt er ihn zurück und er sollte Recht behalten. Nur wenige Sekunden später kamen sie ins Bild – Scolari, O'Shea und…

„Oh, mein Gott!", entfuhr es Ledoyen.


Es waren 15 schwerbewaffnete Männer. Zehn Minuten nach der Entdeckung der entscheidenden Szene führte Colonel Richards den Einsatz gegen Dr. Christoph White, dem Leiter der Forschungsabteilung der Area 51, an. Doch sie waren zu spät.

Angewidert ließ Richards ihren Blick über den Wissenschaftler wandern. Seine Lippen waren blau angelaufen, das konnte sie erkennen. Ansonsten zog sie es vor sich auf das abstoßende Gesamtbild des Toten zu konzentrieren, der vor ihr von der Decke baumelte, anstatt auf die Details. Das wollte sie dann doch lieber den Medizinern überlassen.

„Es ist niemand sonst hier", meldete ihr der Truppenführer. Sie nickte geistesabwesend und steckte ihre Pistole zurück in ihr Halfter. Ihr Verdächtiger war tot. Ihre Arbeit begann von vorne: Kontakte, Kontobewegungen etc.

Als sie auf den Flur hinaustrat wartete Sheppard bereits auf sie. „Mord oder Selbstmord?", fragte er nur. Richards Blick wanderte zurück in den Raum.

„Wollen Sie eine höfliche oder eine ehrliche Antwort?", entgegnete sie. „Die Sichtung der Videos geht weiter. Aber ich habe das Gefühl, dass wir nichts mehr finden werden. Nichts und niemanden."


„Wie ist ihnen die Flucht gelungen?", fragte Bates mit einem kurzen Blick über die Schulter. Eine Stunde war vergangen seitdem Bates und Dean Freya und Rodney aufgelesen hatten. Amarillo lag inzwischen bereits weit hinter ihnen – viel Zeit um zu reden. Zeit, die sie genutzt hatten, um Bates und Dean die Geschichte ihrer Entführung zu erzählen bis…

„Zufall!", entgegnete Freya schnell. „Irgendetwas muss mit der Tür des Autos nicht in Ordnung gewesen sein. Ich weiß es gar nicht ganz genau, ich war noch so benommen. Alles an was ich mich erinnern kann, war dieser furchtbare Schrei! Die Tür öffnete sich und einer der beiden fiel hinaus. Ich glaube, er war nicht angeschnallt." Sie zuckte mit den Achseln. „Der Wagen wurde abrupt abgebremst und wir haben die Gelegenheit sofort genutzt und sind mit dem Auto davongefahren, während der Fahrer sich noch um seinen Komplizen kümmerte."

„Wir können Sie noch nicht auf Area 51 zurückbringen", sagte Bates. „Wir haben einen sicheren Ort ausgewählt, an dem Sie bleiben können, bis Colonel Sheppard den Maulwurf gefunden hat." Er sah Freya über den Rückspiegel an. „Ich schätze mal, Sie haben nicht in den Gedanken ihrer Entführer gelesen, wer der Maulwurf ist, oder?" Überrascht sah Freya ihn an.

„Woher…?" Bates lachte auf.

„Meine Sicherheitseinstufung ist auch ziemlich hoch", antwortete er. „Als Colonel Sheppard mich gestern anrief, habe ich einen Blick in ihre Akten geworfen. Was ich nur nicht ganz verstehe: Wie ist es Ihnen gelungen mit dem Colonel Kontakt aufzunehmen?" Für einen Moment war Freya versucht McKay einen hilfesuchenden Blick zuzuwerfen. Doch dieser lehnte mit geschlossenen Augen gegen die Tür und schlief. Das hie߅ er schlief nicht wirklich. Freya hatte sich inzwischen schon fast an das Gefühl gewöhnt. Dieser Schmerz in ihrem Kopf, der ihr genau verriet, dass McKay hellwach war und ihre Gedanken las.

„Die Entführer… sie haben…" Sie hielt einen Moment inne, als ob sie nach den richtigen Worten suchen müsste. „Als wir in dem Auto saßen, dachten die Entführer daran, warum sie mich entführt hatten. Es hatte mit meinen Fähigkeiten zu tun und dass ich zu viel mehr in der Lage sei, als nur Gedanken zu lesen. Also habe ich es ausprobiert."

„Ausprobiert?", wiederholte Dean.

„Ja, ich habe mich konzentriert und versucht mit dir Kontakt aufzunehmen. Das erste Mal ging es nicht besonders gut. Und das zweite Mal… ich weiß gar nicht, wie ich es geschafft habe. Aber danach war ich furchtbar erschöpft. Ich glaube, das nächste Mal lasse ich solche Dinge lieber." Sie schüttelte den Kopf. „Es war so ein furchtbares Gefühl, als ob… man sich selbst ganz verliert." Dean betrachtete sie besorgt aus den Augenwinkeln.

„Vielleicht solltest du solche Experimente in Zukunft lassen", sagte er langsam. Ihre Blicke trafen sich.

„Ja." Sie nickte und sah in die andere Richtung. „Das sollte ich wohl wirklich." Mit verschränkten Armen ließ sie sich neben McKay zurück in die Rückbank sinken und lenkte ihren Blick aus dem Fenster. Dean öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch das schrille Klingeln eines Mobiltelefons unterbrach ihn. Umständlich griff Bates mit einer Hand in seine Jackeninnentasche und zog das Telefon hervor.

„Ja, hallo?", sagte er und hielt sich das Handy ans Ohr. „Ich verstehe. Ja, bis später." Er beendete das Gespräch und legte das Mobiltelefon auf die Ablage zwischen den Sitzen. Dann bremste er vorsichtig den Wagen ab und wendete.

„Hey! Was…", wollte Dean protestieren und auch McKay regte sich auf der Rückbank.

„Wir fahren zurück zur Area 51", verkündete Bates und drückte aufs Gaspedal. „Der Maulwurf ist tot."


Genervt verdrehte Morgan die Augen. Sein Blick war aus dem Fenster gerichtet, während Dr. Mills von der anderen Seite des Schreibtisches aus weiter auf ihn einredete. Der englische Wissenschaftler hatte sich mit den Händen auf der Schreibtischplatte abgestützt und lehnte halb über dem Tisch, so dass Morgan selbst weit zurückgelehnt in seinem Stuhl den warmen Atem seines Gegenübers spüren konnte. Seine Augen waren vor Zorn halb zugekniffen und die Wangen gerötet.

„Ich verstehe es nicht, Morgan! Ich kapiere es einfach nicht! Es war doch alles klar! Warum jetzt dieser Richtungswechsel?", wütete er. Lautlos seufzte sein Gegenüber auf. Er hatte sich nicht etwa aus Ignoranz gegenüber der Situation abgewandt, sondern aus einem ganz anderen Grund: Er konnte ja doch nichts ändern – und auch Dr. Mills sollte das eigentlich wissen.

„Der Auftrag wurde gestrichen", erinnerte er ihn. „Unser Land ist nur noch einen Schritt von der Staatspleite entfernt und auch wenn es eigentlich niemand will, muss im Staatshaushalt auch bei der Verteidigung gespart werden."

„Also, sollen weiterhin Soldaten sterben?", verlangte Mills zu wissen. ‚Als ob sich tatsächlich irgendjemand bei dieser Angelegenheit um Menschenleben scheren würde', fuhr es ihm durch den Sinn. ‚Das ganze Projekt sollte doch von vornherein nur dazu dienen, Kriege schneller zu gewinnen. Wenn man die Verluste an Soldatenleben zurückfahren will, dann nur weil sie schlechte Presse bedeuten und man die Soldaten noch für andere Kriege braucht.'

„Es gibt nichts, was wir dagegen tun können", entgegnete er. „Die Regierung hat entschieden, die Opposition hat zugestimmt: Kein Projekt, keine Supersoldaten mit telepathischen und telekinetischen Fähigkeiten, Ende aus. Ich kann Sie ja verstehen! Aber ich kann nichts machen." Dr. Mills richtete sich auf und atmete tief durch.

„Und jetzt? Was ist mit unseren Forschungsergebnissen und"

„Machen Sie sich darüber keine Gedanken", unterbrach Morgan ihn. „Wir werden Freya McAllister und Rodney McKay schon im Auge behalten. Man kann ja nie wissen und die Forschungsergebnisse lagern wir zur Sicherheit im Archiv ein. Dort kann ihnen nichts passieren."


weiter: Epilog
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