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The Darkness within von Ziyal

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Vorwort

Aftermath und SPOILER zu SGA 3.07 „Common Ground“ und Antwort zu Prompt #9 „rau(h)“ der FF25 Challenge. Vielen Dank für die tolle Beta-Arbeit geht an Sinaida und Aisling und ein besonderes Dankeschön geht an Shiun, weil sie diesen einen Song von Johnny Cash genau zur richtigen Zeit in ihrem LJ gepostet hat.
The Darkness within


Irgendetwas war anders.

Er wusste es in dem Augenblick, als er die Augen aufschlug und den Wraith über sich gebeugt sah, die Hand auf seiner Brust – genau an der Stelle, wo sie bereits mehrfach zuvor seine Haut berührt hatte. Aber er spürte nicht das Brennen und dieses unbeschreiblich grausame Gefühl des ‚Aus-der-Struktur-gerissen-werdens’, welches die vorherigen Begegnungen mit dieser Hand gekennzeichnet hatte. Er wollte fragen, was es war, aber er konnte es nicht mehr.

Und dann kam der Moment in dem Wald, als er seinem Team – seinen Freunden - das erste Mal seit seiner Entführung wieder gegenüber stand. Seit dem war ihm klar, dass etwas nicht stimmte. Sie benahmen sich anders. Nach außen hin waren sie bemüht, alles normal wirken zu lassen, aber er spürte sie. Die Blicke, die sich in seinen Rücken bohrten, während sie den Planeten anflogen, auf dem er den Wraith aussetzen wollte. Er nahm auch wahr, wie sie sich heimlich vielsagend ansahen, spürte die unausgesprochenen Bedenken. Und er hatte Teylas bestürzten und traurigen Gesichtsausdruck gesehen, als sie sich unbeobachtet wähnte.

Selbst nachdem Carson ihn einen Tag nach der Rückkehr als völlig gesund und fit, aber unter Beobachtung entlassen hatte – natürlich nicht ohne vorher jede erdenkliche Probe von ihm zu nehmen und auch noch den aberwitzigsten Test zu machen – wurde es nicht besser, sondern eher unerträglicher.
John fühlte sich wie gebranntmarkt.

Auch wenn viele der Wissenschaftler und Militärs ihn anlächelten und ihm sagten, wie froh sie seien, dass er wieder bei ihnen war – auch diese Menschen schauten ihm hinterher oder musterten ihn aus dem Augenwinkel. John wusste nicht, was er davon halten sollte. Hatte sich schon herumgesprochen, was mit ihm geschehen war? Oder sah man ihm das etwa an? Er begann sich einzubilden, alle warteten auf eine Verwandlung - in einen Engel. Oder in einen Wraith. Das machte ihn unruhig.

Als besonders schlimm empfand er aber die paar Begegnungen mit Athosianern, vor Allem mit den Älteren. Sie starrten ihn offen an, eine Mischung aus Unglauben und Furcht in den Augen. Himmel, er war doch kein Zombie oder Dämon!

Er zog es daher vor, allen aus dem Weg zu gehen, bis Carson ihn wieder diensttauglich schrieb, was sicher erst geschehen würde, sobald alle Testergebnisse vorlagen. Es gab Momente, in denen John sich am Liebsten in Luft aufgelöst hätte, aber stattdessen zog er sich in sein Quartier zurück und haderte mit seiner Lektüre von ‚Krieg und Frieden’, wenn er keine Lust mehr hatte, Sudoku zu lösen.

Die Einzige, die sich unbekümmert über seine Rückkehr freute, war Atlantis selbst. Ihr sanftes Summen umschloss ihn, egal wo er war, und gab ihm das Gefühl, sicher und geborgen zu sein. Sie war ihm irgendwie wohl gesonnen.

Dennoch, hier in seinem Quartier drehten sich seine Gedanken früher oder später doch im Kreis, und auch Johnny Cash war ihm heute offenbar keine Hilfe. Er verspürte den unbändigen Drang, seinen aufgestauten Frust und dieses nagende, ungute Gefühl zu bekämpfen – und normalerweise funktionierte das am Besten, indem er sich ordentlich auspowerte. Er überlegte kurz, ob er Ronon mitnehmen wollte, entschied sich aber dagegen. Allein zu sein erschien ihm irgendwie angebrachter. John packte eine Flasche Wasser, stopfte sie in die Taschen seiner Hose und verließ sein Quartier.

Er lief im Zickzack durch die Korridore, wählte Schleichwege und Abkürzungen, um möglichst niemandem auf seinem Weg zu begegnen. Schließlich rannte er durch den noch nicht in Besitz genommen Teil der Stadt - ziellos, einfach, um nicht auf der Stelle zu stehen.

Er hatte wieder angefangen, von Sumner zu träumen. Nur jetzt waren diese Träume anders als früher. Er schreckte nicht mehr hoch - keuchend und schweißgebadet - wenn sich Sumners anklagende Blicke in dem Moment des Schusses in seinen Schädel bohrten. Stattdessen stand er John gegenüber, legte ihm die Hand auf die Schulter, nickte und sagte schlicht: „Es ist okay und du weißt es.“
Es war kein Schuldgefühl mehr da, sondern die Gewissheit, das Richtige getan zu haben.

Das war neu.

John hatte diese Abwesenheit von Schuld wahrgenommen, aber nicht einordnen können, dennoch er begann er nun sie zu akzeptieren. Zu dumm nur, dass er noch so viele andere Dämonen mit sich herumschleppte, die sich nicht ohne weiteres geschlagen geben wollten.

John fand sich vor dem kleinen Turm am Ende des Nordost-Pier wieder. Er sah sich um. So weit weg vom Kontroll-Raum war er nur einmal gewesen, als sie nach der Belagerung die Schäden aufgenommen hatten.
Neben dem allzeit unterschwellig vorhandenen Summen der Stadt konnte er nur das Rauschen des Meeres und vereinzelte Vögel hören. Die Sonne schien und der Himmel war blau. Doch die Götter schienen sich einen Scherz zu erlauben, denn diese Idylle passte so gar nicht zu dem Aufruhr, der in seinem Innen tobte.

Auch wenn John auch nicht unbedingt der Großmeister in Selbstreflexion war, dieses Mal konnte er nicht vor sich selbst weglaufen. Mit einem resignierenden Seufzer ließ er sich gegen die Wand fallen und rutschte daran herunter.
Er kauerte sich am Fuße des Turmes nieder, setzte die Wasserflasche an und leere sie, ohne einmal abzusetzen. Er fühlte sich matt und ein wenig kaputt – genau richtig, um seinen inzwischen wieder freien Kopf mit der anstehenden Aufgabe zu konfrontieren. Er war bereit, sich seinen Gedanken zu überlassen - etwas, das er seit seiner Rückkehr vor zwei Tagen konstant geschafft hatte zu vermeiden.

Er hatte sie verdrängt, ebenso wie dieses dumpfe Drücken in seinem Hinterkopf, welches einen Weg in sein Bewusstsein suchte. Und das Kribbeln unter der Haut, welches er seit seiner Wiederkehr spürte, als ob Millionen von Ameisen zwischen Haut und Muskeln hin- und her rannten. Beckett hatte keine körperliche Ursache für dieses Gefühl gefunden, sicher auch nach keiner gesucht, da John es aus irgendeinem Grund nicht erwähnt hatte.

Unbewusst glitt seine Hand wieder zu der Stelle auf seiner Brust, der Stelle, aus dem sein Leben in die Hand des Wraith geflossen war. Es fühlte sich ein wenig an wie ein großer Wespenstich. Allerdings war die Haut drum herum rau, fast so, als wäre sie vertrocknet. Es erinnerte ihn an die Stelle an seinem Arm - dort, wo er sich damals infiziert hatte.

John schaute hinab. Es war das erste Mal, dass er sich seine Wunde bewusst ansah. Vorsichtig strich er mit den Fingern daran entlang und das Erstaunen kehrte zurück. Wie war es nur möglich? Und während er sich noch fragte, wie es überhaupt sein konnte, dass er hier saß und sich darüber den Kopf zerbrach, kehrte die Unruhe zurück und die Gewissheit, dass etwas anders war. Die dumpfe Vorahnung, welche sich still und heimlich in seinem Unterbewusstsein manifestiert hatte, wurde stärker, fing an zu nagen.

Dass der Mann nicht mehr existierte, der er noch vor einer Woche gewesen war, hatte er in dem Augenblick realisiert, als seine Füße wieder den Boden der Stadt berührt hatten. Aber wie weit ging die Veränderung? Was, wenn es ihm jetzt so erging wie Ford? Was, wenn die Verwandlung durch den Retrovirus nun erneut anfing? Oder schon angefangen hatte? Was, wenn es keine äußere Verwandlung, sondern nur eine innere war?

Er versuchte kurz zu ergründen, ob dieses Gefühl des Anders-Sein vielleicht in einer Veränderung in der Bewertung der Wraith begründet lag. Schließlich hatte sein Mitgefangener ihm Einblicke in eine Kultur geliefert, die er bis zu diesem Moment einfach als nicht vorhanden abgestritten hatte. Wer mit seinen Händen die Lebensenergie anderer Wesen aufsog, konnte schließlich keine Kultur haben.

John musste sich tatsächlich eingestehen, dass sich seine Haltung offenbar änderte. Auch wenn er die Bemerkungen des Wraith am Anfang eher als beleidigend empfunden hatte, so hatte er sich selbst gegenüber zugeben müssen, dass sie ihn zum Nachdenken brachte.
Er fühlte immer noch eine große Wut auf die Wraith - und ja, er fürchtete sich vor ihnen. Aber die Intensität seines Zorns hatte nachgelassen und er wusste nicht, ob ihn diese Tatsache nun ruhiger machen, oder ihn alarmieren sollte. Sie könnte immerhin seinen heimlichen Verdacht bestätigen.

Auf der anderen Seite hatten ihn seine Kommandeure in Afghanistan auch davon überzeugen wollen, dass eigentlich jeder der Zivilbevölkerung dort ein Taliban sei. Das hatte er nicht geglaubt und auch da war er in seiner Überzeugung bestätigt worden.
Vielleicht war es nur ein erstens Anzeichen dafür, dass er seine Scheuklappen ablegte und neue Eindrücke zuließ. Nicht, dass dieses in einer so einseitig eingestellten Umgebung leicht wäre, aber es war immer noch die bessere Alternative, zu dem, was er im tiefsten Inneren befürchtete: Sich in einen Wraith zu verwandeln und damit zu dem Inbegriff von Hass und Furcht in dieser Galaxie zu mutieren.

Kaum hatte er den Gedanken zugelassen, packte ihn ein Anflug von Panik und er schob seinen Ärmel hoch. Die Stelle an seinem Unterarm sah noch genauso aus wie vor seiner Gefangenschaft. Ein wenig bläulich schimmernd und auch ein bisschen rau und schuppig an der Oberfläche. Alles noch so wie vorher. Irgendwie erleichtert atmete er aus, sich erst in diesem Moment bewusst werdend, dass er die Luft angehalten hatte.

Dumpf ließ er den Kopf gegen die Wand fallen, presste die Lippen zusammen und schloss die Augen. So konnte es nicht weitergehen. Jetzt, da er diese schrecklichen Gedanken an die Oberfläche seines Geistes gelassen hatte, konnte er sie nicht mehr ignorieren, sondern musste sie konsequent zu Ende verfolgen. Sonst ließ er es zu, Opfer seiner eigenen Hilflosigkeit zu werden. Nur wenn er selbst etwas unternahm, konnte er dieses Gefühl bezwingen und die aufkommende Verzweiflung im Keim ersticken. Und erst dann konnte er die notwendige Klarheit erlangen und sein Leben zurückerobern – wenn er dann noch eines hatte.

John wusste instinktiv, dass er die Lösung nicht in Becketts Labor oder in einem der Ergebnisse finden würde. Es war ihm auch klar, was dies bedeutete: Er musste sich mit den Menschen auseinandersetzen, die er in den letzten zwei Tagen wie die Pest gemieden hatte.

Aber zuvor wollte er sich noch ein wenig mehr abreagieren. Es wäre nicht gut, sich mit zu viel aufgestauter Angst und Unsicherheit dem zu stellen, was auch immer auf ihm zukam. Er musste seine Hilflosigkeit und Verzweiflung herauslassen. Wenn er schon diesen Weg bis zum Schluss gehen musste, dann wollte er es so kontrolliert wie möglich tun. Zumindest konnte er sich dann selbst im Zaum halten, auch wenn er nicht wusste, wie die Anderen sich daraufhin benähmen. Entschlossen erhob er sich und begann den Weg zu seinem Quartier zurück zu laufen, als ob der Teufel persönlich hinter ihm her wäre.


***


Dampf erfüllte das kleine Badezimmer und hüllte es in eine Nebelwand. Der Wasserstrahl plätscherte auf seinen Rücken und lief an seinem Körper herab, aber John registrierte es gar nicht mehr. Seine Nerven hatten kapituliert, nachdem er sich am Anfang mit dem heißen Wasser fast verbrüht hatte. Er wusste nicht, warum er dies getan hatte, vielleicht, um etwas zu spüren – oder um nichts mehr zu spüren – so wie jetzt, da seine Nerven den Schmerz gegen Taubheit eingetauscht hatten. Das Einzige, was er noch wahrnahm, war die Gitarre und die Stimme, die er so gut kannte.

Well you know I have a love, for everyone I know
And you know I have a drive, for life I won't let go
But can you see this opposition, comes rising up sometimes
that its dreadful imposition, comes blacking through my mind


John schreckte immer noch davor zurück, etwas von sich, von seinen Ängsten und Befürchtungen preis zu geben, aber es hatte keine andere Wahl. Er musste sich eingestehen, dass er Angst hatte. Davor, dass sich seine Befürchtungen bestätigen könnten. Er hatte keine Ahnung, wie er dann reagieren sollte.

Aber was er wirklich fürchtete – und zwar so sehr, dass sich alles in ihm zusammenzog - war Ablehnung oder sogar offener Abscheu der Menschen, die ihm am Wichtigsten waren. Was, wenn Elizabeth und Carson nicht mehr zu ihm standen? Was, wenn Rodney seinen Widerwillen offen zur Schau trug? Oder Teyla und Ronon ihn verstoßen sollten? Der Gedanke war unerträglich. Vor Allem, wenn er an Ronons Reaktion auf die Freilassung des Wraith dachte. Oder an Teyla. Es schmerzte fast so sehr wie eine körperliche Verletzung –und viel mehr, als er je gedacht hatte.

And then I see a darkness
Oh no, I see a darkness
Do you know how much I love you
Cause I'm hoping some day soon
You'll save me from this darkness

Johnny Cash hatte ihn nun schon so viele Jahre seines Lebens begleitet, aber noch nie hatte er diesen Text so gut verstanden wie in diesem Moment. Eigentlich war es ihm die ganze Zeit klar gewesen, dass er sich mitteilen musste. Selbst die Hoffnung, die immer noch in ihm loderte, zeigte auf seine Freunde als Lösung. Warum benötige er seinen Lieblingssong, um sich dieses wieder bewusst zu machen? Wahrscheinlich, weil er schon immer ein Meister der Vermeidungsstrategie gewesen war. Aber er kam nun einmal nicht umhin, sich seinen Freunden und seinen Ängsten zu stellen.

Die letzten Takte verklangen und John erwachte wie aus einer Art Trance. Er schaltete das Wasser ab, griff nach dem bereitliegenden Handtuch und trat aus der Dusche. Er wusste nun, wie er vorgehen wollte. Zwei Minuten später verließ er komplett angekleidet sein Quartier.


***


Vorsichtig klopfte John gegen den Rahmen der offen stehenden Tür. Major Lorne sah von dem Notebook vor ihm auf dem Schreibtisch auf, die Stirn in Falten gelegt. Offenbar erforderte seine momentane Aufgabe einiges an Konzentration. Als er seinen Vorgesetzten erkannte, hellte sich sein Gesicht auf, nur um sofort einem Ausdruck von Konfusion zu weichen. Offenbar irritierte ihn dessen Anwesenheit.

„Sir, was kann ich für Sie tun? Sind Sie wieder für den Dienst freigegeben? Das hat Beckett mir noch gar nicht mitgeteilt.“

Mit einem schiefen Grinsen im Gesicht betrat John das kleine Büro. Auf dem Schreibtisch türmten sich Akten und in dem Regal hinter dem Schreibtisch standen Duzende Ordner und ein paar persönliche Gegenstände.

„Ich glaube, das gäbe eher einen Eintrag ins Dienstbuch, wenn ich so meinen Dienst anträte“ antwortete John mit einem schiefen Grinsen und deutete auf Jeans und Shirt. Lorne zog die Augenbrauen hoch und erwiderte amüsiert:

„Den Eintrag machte ich dann auch höchstpersönlich, Sir.“

John zog eine Grimasse und machte ein paar Schritte in den Raum hinein.
„Tja, aber Sie könnten wirklich etwas für mich tun, Major. Ich war in den letzten zwei Tagen ... huh ... etwas schwer erreichbar.“

„Das habe ich bemerkt.“, erwiderte Lorne trocken. „Dr. Weir hat die halbe Stadt auf den Kopf stellen lassen, um Sie zu finden. Die Scanner haben so getan, als gäbe es Sie einfach nicht.“

John versuchte ein unschuldiges Gesicht zu machen, was ihm aber nicht wirklich gelang. Er wusste, dass die Stadt ihn für eine Weile verschwinden lassen konnte. Das hatte schon öfter funktioniert und kein interner Sensor war in der Lage gewesen, ihn zu orten. Das war auch genau das, was er in den vergangenen Tagen gebraucht hatte – und Atlantis schien immer ein offenes Ohr für ihn zu haben.

„War es was Wichtiges?“, erkundigte er sich vorsichtig, aber Lorne schüttelte den Kopf.

„Ich glaube, sie wollte nur wissen, ob Sie noch da sind und nicht irgendeinen Blödsinn unternehmen. Ich habe ihr gesagt, dass wir Sie nicht finden könnten, so sehr wir auch suchten, und dass die Stadt schon ihren Aufenthaltsort preisgeben würde, sollte es notwendig sein. Ich glaube, sie hat nicht verstanden, was ich ihr sagen wollte.“

Nun musste John wirklich grinsen. Lorne hatte auch ein natürliches – wenn auch nicht so stark ausgeprägtes – Gen wie er selbst und verfügte daher auch über ganz spezielle Erfahrungen mit der Stadt. Elizabeth aber blieb diese Erfahrung vorenthalten.

„Was ich Sie bitten wollte: Könnten Sie für mich herausfinden, wo Teyla sich gerade aufhält? Ich möchte nicht unbedingt ... Sie wissen schon ...“ John schaute ein wenig verloren drein.

„Den Spießrutenlauf durch die Stadt auf sich nehmen.“

Ihre Blicke trafen sich und John wusste, dass Lorne ihn irgendwie verstand. Er war auch einer der Wenigen gewesen, die ihn nicht angestarrt hatten, sondern normal geblieben war.

„Kein Problem, ich kümmere mich darum, Sir. Ich nehme auch an, Sie hätten es lieber, wenn der Berg zum Propheten kommt.“

John nickte, erleichtert, dass Lorne ihn so gut kannte, dass er sein Anliegen nicht aussprechen musste.

„Wo kann ich Sie finden?“

„Ich werde am Südwest Pier sein, Sie wissen schon wo.“

„Okay. Kann ich sonst noch was für Sie tun, Sir?“

Lorne sah ihn an, der Kopf leicht schräg gelegt und die Stirn gerunzelt, als ob er ihn eigentlich noch etwas anderes fragen wollte. Er machte sich offenbar Gedanken um ihn und das rührte John. Er hatte selten einen wirklich guten Draht zu seinen Vorgesetzten oder Untergebenen gehabt, aber Lorne war schon ein besonderer Schlag Mensch. Zuverlässig, grundehrlich, offen und herzlich. Er zählte ihn schon fast zu seinen Freunden.
Er zögerte einen Moment, sagte dann aber:

„Nein, Major. Das ist schon eine große Hilfe. Ich werd’ dann mal ...“

Lorne nickte verstehend und wandte sich wieder seinem Notebook zu. Als John die Tür schon fast erreicht hatte, drehte er sich noch einmal um.

„Und, Major?“

„Ja, Sir?“

„Danke.“

Ihre Blicke trafen sich erneut. Lorne lächelte ein wenig und nickte. John tippte an seine Stirn und verließ das Büro. Er dankte den Göttern, dass das Schicksal ihm den passenden Stellvertreter zugeteilt hatte.


***


Die Sonne war bereits untergegangen und nur noch ein schwach rot leuchtendes Wolkenband trennte das Schwarzblau des Ozeans von dem saphirblauen, mondlosen Himmel. John saß mit dem Rücken an die Wand gelehnt auf der Stufe des Balkons am Südwestpier, wo er vor Ewigkeiten Chaya das Picknick serviert hatte. Er konnte schon die ersten Sterne ausmachen, die der immer dunkler werdende Himmel preisgab. Insgeheim war er froh, dass Neumond war und die Dunkelheit ihn umfing. Sie gab ihm die Geborgenheit, die er im Moment dringend benötigte.

John hörte leise Schritte, die sich seiner Position näherten. Er merkte, wie sein Herz schneller schlug und ärgerte sich darüber, denn er wollte sich seine Nervosität nicht anmerken lassen. Himmel, warum mussten Gespräche immer nur so schwierig sein? Er schaute zu dem spärlich beleuchteten Flur herüber und sah einen sich nähernden Schatten, dem sogleich die zierliche Silhouette von Teyla folgte. Sie brauchte einen Moment, um ihre Augen an das Dunkel zu gewöhnen, schritt dann aber zielstrebig auf ihn zu, verlangsamte dann aber kurz darauf ihre Schritte.

John setzte sein patentiertes Sheppard-Lächeln auf und hob die Hand ein wenig wie zum Gruß.

„Teyla!“, sagte er, fast schon zu überschwänglich.

„John“, antwortete sie und neigte den Kopf. Zögernd blieb sie gut zwei Meter von ihm entfernt stehen, als wäre sie unsicher, ob ein Näher kommen seinen persönlichen Raum berührte und ihm unangenehm wäre. Er schaute sie erst einen Moment zerstreut an, bat sie dann jedoch mit einer Handbewegung, neben ihm Platz zu nehmen.
Teyla ließ sich neben John nieder, allerdings nicht ohne auch hier einen gewissen Abstand einzuhalten, der etwas zu groß war, um noch als ‚Persönlichen Freiraum lassen’ gedeutet werden zu können. John registrierte es mit einem innerlichen Seufzer. Dies ließ sich noch schwerer an, als er es ohnehin schon befürchtet hatte.

Seine innere Unruhe ließ ihn aufstehen und er begann, vor Teyla auf und ab zu gehen. Er bemerkte, wie sie ihn mit einer Mischung aus Besorgnis und Erheiterung beobachtete und es war ihm bewusst, dass er sich wie ein Teenager verhielt, doch das war nebensächlich. Seine Gedanken rasten durcheinander und er versuchte, sie zumindest ansatzweise zu ordnen.

„Teyla, dies ist nicht einfach für mich“, begann er und sah, dass sie zustimmend den Kopf neigte. „Ich weiß auch nicht so recht, wo ich anfangen soll ...“

„Es geht um das, was der Wraith mit dir getan hat, oder?“, fragte sie, eine Spur Mitgefühl in ihrer Stimme. John nickte.

„Ich weiß, dass ich darüber sprechen muss, und zwar nicht mit Beckett oder Heightmeyer. Sie sind nicht dafür geeignet, denke ich. Natürlich sind sie qualifiziert, aber ... irgendwie ...“

„Ihnen fehlt etwas, das sie die Situation besser verstehen lässt?“, schlug Teyla vor, die Augenbrauen vorsichtig erhoben.

„Genau. Die Sache ist die, dass ich ... nicht genau weiß, wie ich es beschreiben soll und ...“

Er atmete hörbar aus. Es war ein Hinauszögern, um sich noch ein paar Sekunden zu verschaffen, bevor er seiner Angst eine Gestalt in Form von Worten verleihen würde. Ganz kurz spielte er mit dem Gedanken, alles als unwichtig abzutun, die Sorgen zu verdrängen und zur Tagesordnung überzugehen, aber ein Blick in Teylas Gesicht genügte, um ihn vom Gegenteil zu überzeugen.

„John, fang doch einfach an zu erzählen. Egal wo, nur fang an. Ich werde fragen, wenn ich etwas nicht verstehe oder genauer wissen möchte.“

Dankbar lächelte John sie an. Zumindest war sie nicht abweisend, wie er befürchtet hatte. Außerdem hatte sie das Gespür für seine ‚Zwischen-den-Zeilen’ – Botschaften nicht verloren. Er setzte seinen Rundgang vor Teyla fort. In Bewegung zu sein erleichterte ihm das Sprechen.

„Ich muss zugeben, dass ich mich ein wenig wie gebranntmarkt fühle. Die Wissenschafter und Marines schauen mir hinterher, als sei ich ein Wunder. Das ist zwar nicht so schlimm, aber es ist schon nervig, wenn sich alle Welt nach mir umdreht. Aber ... ich hatte ein paar Begegnungen mit Athosianern, Teyla. Sie starren mich alle ganz merkwürdig an, als sei ich ein Zombie oder so und das ist ... unheimlich

Teyla Augen verengten sich. „Was ist ein Zombie?“, fragte sie vorsichtig, als ob sie schon etwas ahnte.

„Das sind Gestalten aus Märchen, willen- und seelenlose Menschen ... oder zum Leben erweckte Tote.“, erklärte John, die Augenbrauen hochziehend, um damit seinen Unglauben an solchen Humbug zum Ausdruck zu bringen. Allerdings hätte er früher auch nicht gedacht, dass er so etwas wie die Wraith gab - vampirartige Wesen, wenn man es genau betrachtete. Verdammt. Offenbar konnte er hier in der Pegasus-Galaxie nichts wirklich als Humbug ausschließen.

Teylas Lippen wurden schmal und ihr Gesichtsausdruck verdüsterte sich.

„Solche Wesen kennen wir. In unseren Legenden heißen sie Narudati, die Zurückkehrer. Sie sind nicht eins mit der Natur, weil sie den Weg nicht zu Ende gegangen sind, das Ende nicht akzeptiert haben. Sie haben einen Weg gefunden, das Leben über die geplante Zeitspanne hinweg zu verlängern.
Ein Narudati bringt Unheil und Zerstörung zu denen, die ihn bei sich lassen. Früher wurden Menschen, die als Narudati identifiziert wurden, getötet und verbrannt. Wenn der Körper zerstört ist, kann der Geist nicht zurückkehren und muss seinen Weg zu den Vorfahren fortsetzen. Ein Narudati unter den Menschen ist ein böses Omen. Darum haben dich meine Leute so angesehen.“

John blieb direkt vor ihr stehen und nickte. So etwas hatte er schon befürchtet. Nach ein paar Sekunden fragte er:
„Glaubst du das auch?“

Sie schaute kurz zu ihm herüber, senkte dann aber den Blick. „John ...“, begann sie, aber er unterbrach sie sofort.

„Du brauchst nichts zu sagen.“

Teyla seufzte leise und schüttelte den Kopf. Dann schaute sie zu ihm auf und John konnte sehen, dass Teyla – sonst immer unter Kontrolle – kurz davor war, selbige zu verlieren. Er konnte ihr Gesicht kaum erkennen, aber ihre Augen waren inzwischen sehr groß und sehr feucht. ~ Nicht gut ~. John schloss die Augen und atmete ein, und eine Art grimmiger Entschlossenheit drängte ihn dazu, die Sache zu Ende zu bringen.

„Ich weiß, dass etwas anders ist mit mir. Aber ich weiß nicht, ob ich meinen Sinnen trauen kann oder ob ich langsam durchdrehe. Es kribbelt unter meiner Haut und da ist etwas, das ich vorher nicht kannte. Ich weiß, dass du etwas spürst, ich hab’ es dir angesehen. Sag’ mir, was es ist, Teyla. Ich muss es wissen!“

Sie schaute ihn an und John konnte kaum fassen, dass Teyla Tränen in den Augen standen. Mit diesem schon fast verzweifelten Blick hatte sie ihm schon alles gesagt, aber dann sprach sie es aus:

„Ich spüre eine Präsenz bei dir und es ... ist Wraith.“

John schluckte hart und seine Züge verhärteten sich. Also hatte ihn sein Gefühl nicht getäuscht. Mit der Lebensenergie hatte ihm der Wraith mehr als nur sein Leben zurückgegeben. Es war keine DNA oder ähnliches, das hätte Carson festgestellt - er hatte ihm etwas von seiner Wraith-Essenz zukommen lassen.
Es war auch nichts, dass irgendjemand anderes hätte feststellen können – außer Teyla. Und natürlich den Wraith. Indirekt hatte es ihm der Wraith auch gesagt, dort in dem Wald: „Das Geschenk des Lebens ist nur für unsere aufrichtigsten Verehrer reserviert – und für unsere Brüder“.
John dämmerte langsam, was mit ihm geschah.

„Diese Präsenz hat sich nicht verstärkt, es fühlt sich immer noch so an wie am Anfang.“, fuhr Teyla fort. „Es ist mehr als nur ein Schatten einer Präsenz, sondern fühlt sich an wie damals, als Michaels Verwandlung im Gange war. Sie ist vorhanden, schwach, aber konstant.“

Teyla schien sich wieder gefasst zu haben, sie blinzelte ein paar Mal und befreite ihre Augen von den Tränen. Trotzdem schluckte sie, bevor sie weiter sprach:

„Für mein Volk wärest du ein Narudati. Du bist wiedergekommen, obwohl es gegen die Natur ist. Das allein hätte mich schon sehr getroffen, aber schon in dem Wald habe ich Wraith-Präsenz gespürt ... John, ich mache mir große Sorgen um dich.“

John drehte sich zum Wasser um und starrte in die schwarze Nacht hinaus. Ja, jetzt machte er sich auch wirklich Sorgen. Seine Gedanken fingen an, sich im Kreis zu drehen, aber er gebot sich selbst energisch Einhalt und schüttelte dabei vehement den Kopf. ~ Bloß nicht durchdrehen, John! ~. Laut fragte er:

„Wissen es die Anderen?“

Teyla schüttelte den Kopf.
„Ich habe nichts gesagt - aber jeder scheint sich auf seine Art mit deiner Rückkehr auseinander zu setzen.
Ronon konnte einfach nicht verstehen, dass du den Wraith hast gehen lassen. Auch wenn er einem Menschen gegenüber wohl sein Wort gehalten hätte, bei einem Wraith hätte er es niemals getan. Dein Verhalten hat ihn verunsichert, es passte nicht zu deinem normalen Auftreten. Und er ist wütend auf sich selbst, weil er sich hilflos vorkommt.“

„Wie geht er damit um?“

„Er läuft viel durch die Stadt und legt täglich mehrere Trainingseinheiten mit den Marines ein. Major Lorne ist nicht ganz glücklich darüber. Es bedeutet einiges mehr an Blessuren für die Soldaten und viele Änderungen bei den Einsatzplänen der Teams.“

Trotz der Ernsthaftigkeit musste John bei der Vorstellung lächeln und ihm fiel mal wieder auf, wie ähnlich Ronon ihm doch war.

„Was ist mit den Anderen? Rodney, Carson, Elizabeth?“

„Rodney hat sich in sein Labor vergraben und spricht nicht viel.“, antwortete sie.
„Dr. Zelenka sagte, er wäre unüblich ruhig und friedlich. Beim Abendessen sprach er gestern von einem Jesus und davon, dass es Dinge in dieser Galaxie gäbe, die ihm zu hoch seien. Ich habe den Eindruck, er hatte sich schon von dir verabschiedet und muss sich jetzt erst wieder an den Gedanken gewöhnen, dich weiter um sich zu haben.“

John gab ein undefinierbares Geräusch von sich. Rodney schien sich innerhalb seiner normalen Parameter im Bereich ‚Umgang mit Gefühlen’ zu bewegen. Es beruhigte John eins ums andere Mal, dass er nicht der einzige war, der sich mit diesen Dingen schwer tat. Und dass weder Ronon noch Rodney etwas bemerkt hatten.

„Dr. Beckett ist mehr als fasziniert von dem, was er über den Prozess herausgefunden hat und er versucht nun, es genau zu analysieren. Ich glaube, er ist so eingenommen von seiner Forschung, dass er alles darüber hinaus ausblendet.“

John brummte zustimmend. Das passte zu Carson – alles außer der Arbeit ausblenden. Darüber hatte sich Cadman auch einmal bei ihm beschwert.

„Und was Dr. Weir angeht ... ich kann es dir nicht genau sagen. Ich habe den Eindruck, sie fühlt sich dir gegenüber schuldig, weil ihre Entscheidung zu den Ereignissen geführt hat. Sie glaubt wahrscheinlich, sie habe dich im Stich gelassen.“

Das wäre sehr typisch für Elizabeth – und so was von unnötig. Halt, Stopp. Er hätte genau so gehandelt wie sie und hätte sich jetzt wahrscheinlich nicht anders gefühlt. Es war für ihn absolut nachvollziehbar, auch wenn er ihr nie die Schuld gäbe.
Er ertappte sich dabei, wie er schon wieder versuchte, sich mit den Problemen anderer Menschen zu beschäftigen, um seinen eigenen auszuweichen. John Sheppard, Meister der Selbstablenkung.
Reiߒ Dich zusammen, fokussiere!

„Du bist also die Einzige?“, erkundigte sich John abschließend und Teyla bestätigte dies mit einem kurzen Kopfnicken.
Er hatte vorhin eine Ahnung davon gehabt, was mit ihm geschehen war. Nun bewegte er diese Einschätzung des Erlebten in seinem Geist hin und her, suchte nach den passenden Worten. Nach einer Weile drehte er sich wieder zu Teyla um und ging vor ihr in die Hocke, suchte ihren Blick.

„Carson hat nichts gefunden, was auf eine Mutation meines Körpers hindeutet. Noch nicht. Ich ... habe keine Ahnung, was mit mir geschehen wird, auch wenn ich denke, dass ich weiß, was passiert ist. Der Wraith sagte, das Geschenk des Lebens erhielten nur die treuesten Anhänger und ihre Brüder. Er muss mich für würdig gehalten haben, sonst hätte er es nicht getan – denn als treuen Anhänger hat er mich sicher nicht gesehen.“

Er sah, dass Teyla seinen Ausführungen folgte. Da er kein Zeichen von Unverständnis entdecken konnte, fuhr er fort:

„Während unserer Flucht sprach er davon, ich wäre mehr Wraith, als ich mir vorstellen könne. Ich weiß nicht, was genau ihn dazu gebracht hat, aber er wollte sich nicht nur revanchieren, sondern ... mich verstehen lassen ... oder noch mehr.“
Teyla runzelte die Stirn und kniff die Augen zusammen.
„Denkst du, er wollte dich aus Dankbarkeit zu einem der ihren machen?“, fragte sie verwundert.

John schüttelte den Kopf.

„Ich kann es dir nicht sagen. Da ist nur dieses Gefühl, dass er mir nicht schaden wollte, sondern mir einen Einblick geben wollte, eine Chance vielleicht ...“

Teyla starrte ihn ungläubig an. „Dir ist schon klar, dass du gerade die Taten eines Wraith rechtfertigst, oder?“

Er seufzte, ließ sich ungraziös auf seinen Hintern fallen und legte die Arme um seine angewinkelten Beine.

„Das ist eines der Dinge, die mich so ... Ich erkenne mich selbst nicht wieder, Teyla. Ich zweifele ja schon an meinem Verstand. Vieles stellt sich mir plötzlich ganz anders dar und ich fange an, Zusammenhänge zwischen Dingen zu sehen, von denen ich nicht mal wusste, dass sie einzeln existieren.“ John senkte den Kopf und starrte auf seine Schuhspitzen.

„Es verändert mich. Es ist mir unheimlich, weil ich es nicht sehen kann. Die Veränderungen durch den Virus habe ich bemerkt, aber dies hier ... ist anders. Ich weiß einfach nicht ...“ John realisierte, dass seine Stimme seine Verzweiflung offenbar gemacht hatte. Unter normalen Umständen wäre ihm das nie passiert, aber was war in Pegasus schon normal?

Eine Weile lang schwiegen sie beide. Seine Augen waren immer noch auf seine Schuhspitzen fixiert und er spürte, wie sich Kopfschmerzen langsam bemerkbar machten. Kein Wunder, er hatte über den Tag verteilt auch viel zu wenig getrunken. Er hob die rechte Hand und massierte sich die Schläfe.
Er hörte ein leises Rascheln und im nächsten Augenblick spürte er Teylas Hand auf seinem linken Arm. Verwundert blickte er auf und sah, dass sie sich vor ihn gehockt hatte.

„Ich habe auch Angst, John. Ich fürchte um meinen Freund und Verbündeten. Du bist nicht allein mit deiner Sorge.“

Sie schaute ihn direkt an und ihr Blick strahlte Wärme und Freundschaft aus. Er musterte sie, als sähe er ihr Gesicht zum ersten Mal. Es stand alles in ihrem Antlitz – die Sorge um ihn, die Angst vor dem, was aus ihm werden könnte und die Konsequenzen, die daraus resultierten.
Ihre Hand griff vorsichtig nach seiner, zog sie in ihre und hielt sie sanft, aber bestimmt fest.

Erst durch ihre warme Hand, die er in seiner spürte, wurde John bewusst, wie sehr ihm ein solcher Kontakt gefehlt hatte. Eine Berührung, die Zuneigung und Rückversicherung war – Zeichen dafür, nicht allein zu sein. Auch wenn er sich immer gesagt hatte, ihm wären solche Gesten nicht wichtig und er bräuchte keine Umarmung oder sonstigen körperlichen Kontakt – die Erkenntnis, wie sehr ihm diese Art Nähe gefehlt hatte, strafte ihn selbst Lügen.

Diese eine Geste ließ sein Herz Hoffnung fassen. Teyla ließ ihn nicht im Stich. Sie war immer noch seine Freundin - seine Verbündete – obwohl sie sein schreckliches Geheimnis kannte. Er drückte ihre Hand und hielt sie einfach fest. Während er sie ansah, fasste er einen Entschluss.

„Teyla. Ich möchte dich um drei Sachen bitten.“
„Was immer du möchtest, John“, antwortete sie und lächelte ihm aufmunternd zu.

„Ich möchte, dass dies unter uns bleibt. Nur du und ich wissen davon und das ist gut – solange alles okay ist.“

Sie quittierte den ersten Wunsch durch ein Nicken und John fuhr fort:

„Wenn du merken solltest, dass ich mich ... nicht mehr wie ich selbst verhalte, sag es mir ... zeig es mir. Im Zweifelsfall - bring’ mich zur Vernunft.“

„Ich werde mein Bestes tun.“, versprach sie. „Und was wäre der dritte Gefallen?“

John zögerte einen Moment, bevor er weiter sprach:

„Das, worum ich dich jetzt bitten werde, ist sehr wichtig. Ich weiß, dass nur wenige Menschen dazu bereit wären, aber ich weiß auch, dass du es kannst.
Wenn diese Verwandlung fortschreitet und nicht aufzuhalten ist, dann ... dann musst du mich töten, bevor ich jemandem Schaden zufügen kann. Das könnte ich nicht ertragen. Kannst du mir das versprechen?“

Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie schluckte hart. Zögernd nickte sie, wohl wissend, dass nie abzusehen war, ob es geschehen würde oder wann, dass die Konsequenzen jedoch furchtbar wären.
„Ich werde es tun, wenn der Tag gekommen ist, aber ich hoffe und bete zu den Vorfahren, dass er nie kommen möge.“

„Das hoffe ich auch.“, murmelte John.

Spontan beugte sich Teyla vor und lehnte schweigend ihre Stirn gegen die seine.

Schweigend blieben sie eine Weile in dieser Haltung, ohne dass die Stille zwischen ihnen unangenehm wurde.

Irgendwann fing Teyla an zu zittern. Die Nacht war inzwischen vollkommen hereingebrochen und die kalte Meeresbrise hatte sie unterdessen kräftig durchgepustet. Sie löste sich von John.

„Wir sollten hinein gehen“, sagte sie und erhob sich, die Hände John entgegengestreckt, um ihm beim Aufstehen behilflich zu sein.

„Ja, wir sollten uns Aufwärmen gehen. Vielleicht was trinken.“, sagte John, während er Teylas Hände nahm und sich hochziehen ließ. Wieder auf den Füßen, reckte er sich und entspannte seine Muskulatur. Er hatte gar nicht bemerkt, wie angespannt er gewesen war.

„Doktor Zelenka sagte, er habe noch etwas von diesem tschechischen Bier versteckt und er schuldet mir noch einen Gefallen. Ich denke, ich werde ihn einfordern.“, erwiderte Teyla lächelnd, während sie sich auf den Korridor zu bewegte.

„Und was soll ich sagen – ich habe auch zufällig noch eine Packung Cheetos übrig und wüsste auch schon, welchen Film wir uns dazu ansehen könnten.“, bemerkte John, ihr auf den Fersen folgend.

„So, wieder einer von diesen „Lethal Weapon“ Filmen?“, wollte Teyla wissen.

„Nein, viel besser. Sehr unterhaltsam. Lass dich einfach überraschen.“

„Ich kenne deine Überraschungen, John Sheppard. Das letzte Mal hast du von einem Film für Frauen gesprochen und es drehte sich alles ums Fallschirmspringen.“

„Aber er hat dir gefallen.“, wandte John ein.

„Dieser Wesley Snipes hat mir gefallen, aber sonst war der Film ... gewöhnungsbedürftig“, bemerkte Teyla mit hochgezogener Augenbraue.

„Das ist doch immerhin schon ein Anfang. Du wirst ihn mögen, bestimmt! Es hat was mit Surfen zu tun.“, sagte John, während er den Korridor betrat.
Teyla verdrehte die Augen und lachte, während sie ihm in das Innere der Stadt folgte.

- ENDE -
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