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Stürmische Zeiten von Bastet-X

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Kapitel Bemerkung: Obwohl ich Fortsetzungen hasse, konnte ich dieses Mal nicht widerstehen. Es hat mir keine Ruhe gelassen, dass das Ende des ersten Teiles auf gewisse Weise etwas von einer Seifenblase hat, die einfach so zerplatzt.
TEIL 2


"Der Durchgang zu Planet P4X-964 ist etabliert, General."
Hammond nickte. "Sie können jetzt gehen"
"Sind Sie sicher? Ich meine, wenn...."
"Es ist schon gut. Es wird nicht lange dauern."
Der Techniker schwieg. Er konnte seinem General nur schwer widersprechen. Er stand auf und ging. Leise schloß er die Tür hinter sich.
Hammond verweilte einen Moment im Kontrollraum. Freundlich und ruhig schimmerte die Oberfläche des Ereignishorizontes, wie ein blauer Sommerhimmel, der nichts von einer Gewitterwolke weiß. Und doch hatte sich dieses Tor als der größte Schatz erwiesen, den die Menschheit besaß und gleichzeitig als ihre größte Bedrohung.
Aber heute war er in erster Linie deshalb hier, weil diese Bedrohung plötzlich persönlicherer Natur war. Auch wenn der normale Dienstbetrieb weiterging, war deutlich zu spüren, daß sich die Menschen in den Gängen leiser unterhielten als sonst. Die Begeisterung der SG-Teams bei ihren Missionen war kühler Sachlichkeit und Professionalität gewichen und der gesamte Dienst verlief ungewohnt reibungslos und ohne Beschwerden.
Langsam ging General Hammond die Treppe in den leeren Torraum hinunter und die Rampe hinauf. Vor dem aktivierten Stargate blieb er stehen. Er war allein und er würde es bleiben, bis er diesen Raum wieder verließ. Hammond hatte sich diesen einsamen Moment von seinen Leuten erbeten, nicht befohlen, und aus Respekt waren sie seinem Wunsch nachgekommen. Noch immer waren alle sprachlos und fassungslos. Niemand redete darüber, jeder tat so, als hätte es auf Dauer keine Bedeutung.
"Das Leben geht weiter." Wie oft hatte er diesen Satz in den letzten Wochen gehört? Und er machte die Dinge heute genauso wenig leichter wie beim ersten Mal.
Er hatte keine Minute länger gezögert als nötig. Der Sturm Aaron brauchte etwas mehr als 32 Stunden, bis er so weit über das Gebiet hinweg gezogen war, daß eine Rettungsmission vertretbar wurde. Doch schon die ersten Untersuchungen zeigten, daß sich das Angesicht des Planeten in dieser Zeit radikal verändert hatte.
Hammond schüttelte den Kopf in stummer Trauer. Bei Gott, sie hatten es wirklich versucht! Tagelang suchten sie alles ab, aber das Eis hatte Daniel Jackson, Jack O'Neill und Samantha Carter für immer unter sich begraben. Schon nach einigen Tagen wich die wage Furcht um ihre Freunde der schmerzhaften Erkenntnis, daß die Rettungsaktion sich in eine Leichenbergung wandelte. Aber all ihre Mühen waren vergebens. Sämtliche SG-Teams und jede ihnen zur Verfügung stehende Technik waren nicht in der Lage, die Vermissten zu entdecken. Wenn sie wenigstens ihre Körper gefunden hätten... Dann wäre es für alle leichter zu akzeptieren gewesen.

Drei Wochen war das nun her und es war Zeit einen Schlußstrich zu ziehen. Er beugte sich vor und nahm die Blumen auf, die vor ihm auf der Rampe bereit lagen.
Und was sollte aus Teal'c werden? Er wußte es nicht, denn der Jaffa hatte sich noch nicht entschieden, ob er bei einem anderen SG-Team weitermachen oder zu seiner Familie zurückkehren wollte.
Hammond ließ die Blumen in die blaue wabernde Oberfläche sinken. Als er einen Moment innehielt, bemerkte er, wie sie vom Ereignishorizont sanft hineingezogen wurden. Unwillkürlich hatte er das Gefühl, daß sie jemand auf der anderen Seite entgegen nahm, obwohl er es besser wußte.
SG-1 existierte nicht mehr und so sollte es bleiben. Nie wieder würde eines der Teams diese Bezeichnung tragen. Der Planet mit dem Namen Hoth und der Bezeichnung P4X-964 wurde nun offiziell als Grabstätte von SG-1 geführt. Wie das Meer, so gab auch das Eis nichts wieder heraus, was es einmal in Besitz genommen hatte.
"Für Ihre Freundschaft und für Ihre Treue, für Ihre Zuverlässigkeit und für Ihre Willensstärke, für Ihre Hilfe und für alles, was Sie sonst noch für uns getan haben, danke ich Ihnen. Sie hinterlassen eine nicht zu schließende Lücke... in unseren Diensten... und in unseren Herzen. Ruhen Sie in Frieden."
Hammond nahm die Hand von dem Strauß und überließ es dem Wurmloch, seine Wünsche und seine Blumen an ihr Ziel zu tragen, Lichtjahre entfernt, in das ewige Eis.


****************


Lichtjahre entfernt, allerdings nicht im ewigen Eis, versuchte ein verschlafener Jack O'Neill ohne Kaffee langsam zu sich zu kommen. Man hätte meinen können, daß ein paar Wochen Entzug das Problem beseitigt hätten, aber so war es nicht. Kaffee war den Asgard unbekannt und das machte ihn in den Morgenstunden zu einem ausgesprochen schlechten Gesprächspartner.
Noch immer hatte er sich nicht an sein neues Leben gewöhnt. Aber wenigstens war er am Leben, auch wenn es dabei verdammt knapp zugegangen war.
Zusammen mit Carter und Jackson hatte er auf dem Planeten P4X-946 während eines Sturmes festgesessen. Er konnte sich nicht erinnern, wann er jemals eine solche Kälte erlebt hatte. Der Sturm, den der Wissenschaftler Doktor Hamilton in seiner Begeisterung Aaron getauft hatte, entpuppte sich als rachsüchtiger Dämon. Es war O'Neill zuvor nie in den Sinn gekommen, daß etwas Unbelebtes wie Wind eine so schwarze Seele haben könnte, aber bei Aaron hatte er zum ersten Mal in seinem Leben Zweifel was das anging. Der Planet schien alles daran zu setzen, sie zu vernichten und jede Spur von ihnen auszulöschen, und beinahe wäre es ihm gelungen.
Carter verletzte sich beim Sturz in eine Gletscherspalte lebensbedrohlich. Daniel ging allein los, um eine Funkverbindung zum Stargatecenter zu errichten und kam dabei fast um und er selbst...? Er blieb bei Carter,... bis zum Ende.
Die Welt im Herzen des Gletschers war geprägt von unsagbarer Kälte und einem so tiefen Blau, daß er die Farbe des Eises sein ganzes Leben lang nicht mehr vergessen würde. Diese so irreal erscheinende Umgebung hatte ihn gleichermaßen bedroht, wie auch mit einer geradezu berauschenden Faszination erfüllt. So kam es, daß er eine gewisse Zerrissenheit empfand, wenn er an diesen Ort dachte, ohne genau sagen zu können, was dieses Gefühl hervorrief.
Er wollte nicht mehr daran denken. Jetzt war er hier, auf der Asgard-Heimatwelt, auf Othalla, in Sicherheit.
Thor hatte keine Diskussion darüber zugelassen, wie es weiter ging. Er handelte gegen den ausdrücklichen Befehl des Asgard-Oberkommandos, als er ihnen das Leben rettete. Eigentlich hatte er die Anweisung, alles zu tun, um ihre Aktivitäten auf diesem Planeten geheim zu halten. Das schloß auch die Tatsache ein, daß einzelne Menschen vielleicht bei dem Versuch diesen Ort zu erforschen umkamen. Daß es sich dabei vielleicht um Freunde handelte, war lediglich ein bedauerlicher Umstand.
Thor, als Oberbefehlshaber der Asgard-Flotte, nahm sich das Recht heraus zu retten, was von SG-1 noch zu retten war und holte sie an Bord. Er begründete es den anderen Asgard gegenüber damit, daß sie ihnen vielleicht im Kampf gegen die Replikatoren nützlich wären. Diese Ausrede war so dünn, daß sie selbst für den Dümmsten durchschaubar war, aber dennoch widersprach ihm niemand.
Natürlich setzte er danach voraus, daß Jackson, Carter und O'Neill ihm dankbar waren und mit ihnen tatsächlich zusammenarbeiteten. Auf der Erde erfuhr niemand etwas von ihrer Rettung. Es mußte ein Geheimnis bleiben, ebenso wie die Anwesenheit der Asgard auf P4X-964.
Das Leben auf Othalla war ebenso anstrengend wie ereignislos. Zu Beginn war alles neu und er kam sich dumm vor, weil er die einfachsten Dinge neu erlernen mußte. Alles hatte hier eine andere Funktionsweise, als er es gewohnt war. Selbst das Licht wurde auf andere Art eingeschaltet. Langsam kam er sich überflüssig vor und vermißte die Erde, auch wenn keiner der beiden anderen dieses Gefühl zu teilen schien. Carter fand schnell eine Aufgabe. Es gab tausend Dinge, über die sie sich mit den Asgardwissenschaftlern austauschen konnte und selbst Daniel entdeckte in seinem Sprachschatz etwas, wovon die kleinen Grauen noch nichts wußten und womit er sich beschäftigen konnte. Aber für ihn schien sich einfach keine nützliche Verwendung finden zu lassen.
Es war noch dunkel auf Othalla, als er sich vor dem Fenster seines stillen Quartiers niederließ. Diese Welt war auf ihre Weise atemberaubend, hochtechnisiert und glitzernd. Sie hatte so gar nichts mit der Art von Landschaft gemeinsam, die er normalerweise liebte.
Die Nächte auf diesem Planeten waren angenehm lang, aber das war auch kein Wunder, denn der Tag hatte hier dreißig Stunden. Es brachte seinen Rhythmus etwas durcheinander, aber nach mehreren Wochen gewöhnte er sich nun langsam daran.
Er ging zurück ins Bett. Auch wenn der Morgen bereits dämmerte, hatte er noch ein paar Stunden, bevor er sich mit Thor traf und die wollte er nutzen.

Von den ersten Tagen einmal abgesehen, hatte Thor nur noch wenig Zeit für Jack. Er hatte eine Aufgabe, die ihn völlig in Anspruch nahm. O'Neill verstand das. Obwohl er vorher nie darüber nachgedacht hatte, war Thor nicht einfach irgendwer. Er war der Oberbefehlshaber der Asgard-Flotte.
Aber heute hatte er sich etwas Zeit für ihn genommen. Sam kam vor einigen Tagen mit der Nachricht in sein Quartier, daß er ihn sprechen wolle. Seitdem fragte er sich, was er wohl auf dem Herzen hatte. Er versuchte betont lässig zu wirken, während er auf dem Weg zu ihm war, aber er platzte vor Neugier.
Die Asgard auf Othalla hatten sich an den Anblick der Menschen gewöhnt und auch O'Neill störte sich nicht mehr daran, daß die meisten Leute wesentlich kleiner und grauer als er selbst waren.
Thor hatte ihm die Nachricht zukommen lassen, daß er sich an einem bestimmten Ort mit ihm treffen wollte, den er nicht kannte. Er war nicht schwer zu finden. Ein paar freundliche Asgard schienen zwar einen Moment lang etwas irritiert zu sein als er sie danach fragte aber dann zeigten sie ihm den Weg.
Thor erwartete ihn bereits. Er begrüßte ihn und bat ihn in einen Raum, der offensichtlich als technische Kontrollstation verwendet wurde.
"Wie geht es Dir O'Neill?"
"Oh, mir geht es gut."
"Wirklich?''
"Aber natürlich. Ich habe alles was ich brauche, und jede Menge... Zeit."
"Du langweilst dich?"
"Nein ich..., versteh mich nicht falsch, euer Planet ist toll, aber ich... naja..."
"Du langweilst dich."
"Ja, ich habe hier keine Aufgabe. Es gibt nichts, was die meisten Asgard nicht besser können als ich."
"Das habe ich erwartet. Aber ich glaube, ich habe etwas für dich. Darf ich Dir unsere neueste Errungenschaft vorstellen: die O'Neill II."
Er schaltete einen der Monitore auf die Vogelperspektive einer Werft um. Wahrscheinlich war es nur eines von vielen Docks, denn dahinter konnte Jack die Umrisse von weiteren Schiffen sehen, die sich aus dem Dunst erhoben. Vor ihm befand sich ein wunderbares silberglänzendes Schiff. Sein elegantes Äußeres wies es als atmosphäretauglich aus und verlieh ihm eine gefällige Form. Er war beeindruckt, aber dieser Zustand war noch steigerungsfähig, wie er feststellte, als er kleinere Fahrzeuge um es herumschwirren sah, die ihm einen Größenvergleich lieferten.
"Wow!" entfuhr es ihm.
"Ich habe mir schon gedacht, daß sie Dir gefallen würde."
Es war mehr als einfaches Gefallen. Er kannte Carters Erzählungen über die Vorgängerin der O'NeiII II. Sie war riesig. Es hatte ihn immer gewurmt, daß er sie nie mit eigenen Augen gesehen hatte, und natürlich auch, daß sie einen so sinnlosen Tod sterben mußte.
"Es ist das beste, was die Asgard-Technologie zu bieten hat", sagte Thor.
O'Neill war noch immer sprachlos und konnte die Augen kaum von der silbernen Hülle abwenden, die in der Sonne glitzerte. Erst einige Sekunden später gelang es ihm, den Mund wieder zu schließen und rational zu denken.
"Ist das eine gute Idee?"
"Was meinst du?"
"Carter hat mir erzählt was mit Nummer Eins passiert ist. Die Replikatoren waren ganz scharf darauf. Die einzige Chance, sie daran zu hindern, das Schiff zu übernehmen, war, es mitsamt den Käfern zu sprengen."
"Das ist richtig."
"Das war ein teurer Köder."
"Auch das ist korrekt. Trotzdem müssen wir unsere eigene Entwicklung vorantreiben. Wir haben viele Feinde und die schlafen nicht. Wenn wir nicht schneller sind, werden sie technologisch eines Tages zu uns aufschließen, und wir werden verloren sein." Er hielt einen Moment inne. Jack wußte, daß das Volk der Asgard nicht sehr zahlreich war und wenn sie sich ihrer Haut in den vergangen Jahrhunderten nicht mit Technologie erwehrt hätten, würden sie beide heute hier nicht stehen und sich unterhalten
"Und wenn uns keine anderen Optionen mehr zur Verfügung stehen," fuhr Thor fort, "dann mag uns die O'Neill II auch dieses Mal als Köder dienen. Auch wenn es ein hoher Preis ist und ich nicht annehme, daß dieser Trick ein zweites Mal klappen wird."
"Das wäre dann ein weiterer ziemlich teurer Köder, oder?"
"In der Tat."
Beide schwiegen, versunken in den Anblick vor ihnen.
"Sie ist eine wirkliche Hoffnung für uns im Kampf gegen die Replikatoren. Ich wollte, daß du es verstehst."
"Warum sollte ich es nicht verstehen?"
"Weil sie der Grund dafür ist, daß ihr beinahe gestorben wärt. Die neuen Systeme für dieses Schiff basieren auf einem elektromagnetischen Prinzip. Diese Art von Technologie benutzen wir seit Ewigkeiten nicht mehr. Vielleicht verschafft uns das einen Vorteil, aber diese Systeme werden nicht auf Othalla entwickelt, sondern auf Planeten, die möglichst weit von dem von ihnen befallenen Raum entfernt sind. Kaum jemand weiß davon. Auch in unseren Datenbanken gibt es keine Aufzeichnungen darüber, damit sie den Replikatoren nicht zufällig in die Hände fallen, wenn sie eines unserer Schiffe übernehmen."
Jack konnte nicht verbergen, daß er wegen dieser Sache noch immer verärgert war. Aber zumindest konnte er ihre Entscheidung nun wenigstens verstehen, wenn er auch nach wie vor nicht damit einverstanden war. Er beschloß ganz sachlich beim Thema zu bleiben und sich nicht zu einer Grundsatzdiskussion hinreißen zu lassen.
"Diese Art von Technologie ist ziemlich einfach lahmzulegen. Mit einem EMP bekommt man jede Elektronik klein", warf Jack ihm vor.
Thor sah ihn überrascht an. "Ein EMP?"
"Ein elektromagnetischer Impuls. Man kann ihn künstlich erzeugen, aber er ist auch ein Nebeneffekt bei Kernwaffenexplosionen. Die genaue Funktionsweise kenne ich nicht, aber ich weiß, daß es funktioniert."
"Wir kennen diesen Effekt, aber wir wären nie auf die Idee gekommen, ihn als Waffe oder auf andere Art für unsere Zwecke einzusetzen. Er würde vielleicht den Replikatoren schaden, aber auch unsere Schiffe lahmlegen."
"Das ist richtig, aber er schadet den Asgard auf den Schiffen nicht, die sie anschließend wieder in Betrieb nehmen können."
"Es käme auf einen Versuch an. Möglicherweise macht dieser EMP die Replikatoren wenigstens zeitweilig kampfunfähig, während unsere Schiffe unbeschädigt bleiben."
"Und denk daran. Sie können diese Art von Technik zwar assimilieren, aber sie können sich nicht dagegen abschirmen oder sie für sich einsetzen ohne sich selbst außer Gefecht zu setzen... jedenfalls nicht daß ich wüßte. Da müßt ihr Carter fragen, sie kennt sich damit besser aus.
"Das ist vielleicht eine primitive aber effektive Lösung, O'Neill."
"Danke." Er grinste und fügte dann hinzu. "Dumm genug für euch?"
Thor nickte. "Dumm genug."
O'Neill hätte schwören können, daß der Asgard lächelte.


****************


Sam und Jack bemühten sich immer noch, möglichst normal miteinander umzugehen. Es war ein schwieriges Unterfangen, denn beide wußten, daß seit diesem Tag im Bauch des Gletschers nichts mehr normal war.
O'Neill hatte zwar zugegeben, daß er sie liebte, aber schon bald darauf bekam er Angst vor der eigenen Courage und während die Tage vergingen, redeten sich beide ein, daß es nichts als eine Schwäche im Angesicht des Todes war. Außerdem war sich zumindest O'Neill sicher, daß er in absehbarer Zeit auf die Erde zurückkehren konnte. Sobald das neue Schiff in Dienst gestellt wurde, war das Geheimnis kein Geheimnis mehr und er nahm an, daß er dann gehen konnte. Es betrachtete sich nicht als Gefangenen, aber sie waren auch nicht nur einfach Gäste.
Jedenfalls war es für alle Beteiligten einfacher, wenn es nicht zu romantischen Verwicklungen zwischen ihnen kam. Zurück auf der Erde würde es die Dinge wesentlich komplizieren. Er war kein Mann, der Probleme scheute, aber es gab noch andere Überlegungen, die er anstellte. O'Neill war zwanzig Jahre älter als Carter. Er hatte eine Ehefrau und wurde wieder geschieden. Er hatte ein Kind und verlor auch dies. Er war als Partner für eine Frau wie Carter einfach eine Zumutung. Es gab tausend Ausreden dafür, nicht auf sie zugehen zu müssen, und er fand sie alle. Jedes Mal, wenn sich herausstellte, daß einer dieser Umstände als Entschuldigung für sein Verhalten nichts taugte, trat ein anderer an seine Stelle.
So schleppte sich die Zeit dahin, in der er sie beobachtete und sich für sie freute, weil sie bei den Asgard eine Aufgabe hatte und weil sie die Anerkennung fand, die sie verdiente. Aber es blieb bei einer gewissen nicht zu überbrückenden Distanz, die unmerklich von ihm ausstrahlte.
Er war froh, daß Sam von ihrer Arbeit so in Anspruch genommen wurde. Sie schien nicht zu bemerken, daß er sich in ihrer Gegenwart ungeschickt und mürrisch verhielt. Sie tat so, als hätte es jenen Augenblick, in dem er es zum ersten und einzigen Mal aussprach, nie gegeben und er war ihr dankbar dafür, weil sie ihn nicht zwang sich dazu zu bekennen, bevor er so weit war... wenn er es jemals war. Er konnte eben nicht aus seiner Haut.
Er wußte nicht, ob sie mit Daniel darüber sprach. Er wollte es auch nicht wissen, aber Daniels unauffälliger neugieriger Blick, wenn er die beiden zusammen sah, war Jack nicht entgangen. Falls es sich so verhielt, war er jedenfalls recht geschickt darin, es zu überspielen.
In den letzten Wochen hatten sie sich immer seltener gesehen. Jeder von ihnen war beschäftigt. Jackson und Carter hatten das Quartier gewechselt und auch O'Neill würde bald aus Zeitgründen in die Nähe der Werft übersiedeln. Trotzdem bemühten sie sich darum, sich alle paar Tage zu treffen, um den Kontakt zueinander nicht komplett zu verlieren.
O'Neill betätigte den Türmelder an Carters Quartier. Wenige Sekunden später öffnete sich die Tür und sie lächelte ihn an.
"Colonel, kommen Sie herein." Sie schloß die Tür hinter ihm. Daniel war bereits anwesend. "Wie ich höre, hat Thor ihnen einen neuen Job verpaßt."
"Oh ja, er hat mich gebeten, an der O'Neill II mitzuarbeiten und sie bei der Entwicklung neuer Taktiken zu unterstützen."
"Sie?"
"Wundert Sie das?"
Carter war einen Moment lang perplex. Sie war tatsächlich überrascht.
"Nun, entschuldigen Sie, Sir, aber ich hätte nie gedacht, daß Sie mal technischer Berater für die Asgard sein würden."
"Ich auch nicht." Er lächelte. "Aber im Ernst: technisch kann keiner von uns es mit ihnen aufnehmen. Ich liefere nur die Ideen, die Umsetzung überlasse ich ihnen."
Nun lächelte auch Sam. Es war wirklich dumm von ihr. Wer O'Neill nicht so gut kannte, neigte leicht dazu ihn zu unterschätzen. Selbst ihr passierte das von Zeit zu Zeit, obwohl er sie schon häufiger mit seinen Antworten überrascht hatte. Sie wußte nicht, ob es ein Merkmal seines Charakters war, daß er sich so verhielt, oder vielleicht Taktik, denn gelegentlich erleichteres es einem das Leben schon sehr, wenn andere einen unterschätzten.
Er kam herein und ließ sich neben Daniel nieder. Einige Zeit lang sah er stumm auf seine Hände hinab.
"Ich bin eigentlich nur hier, um Euch zu sagen, daß ich wegen dieses neuen Jobs in Zukunft vielleicht nicht mehr so viel Zeit haben werde. Ich werde in ein anderes Quartier umziehen, das in der Nähe der Werft liegt."
"Auf der anderen Seite des Kontinents..." fügte Daniel hinzu.
"Ja, so kann ich mehr Zeit in die Arbeit investieren." Was er nicht sagte war, daß ihn diese Arbeit davor bewahrte, sich Gedanken über seine Zukunft machen zu müssen und über die Einsamkeit, die er mit sich herumschleppte.
"Was machen Sie denn nun genau?" fragte Daniel interessiert, um das Gespräch in Gang zu halten.
"Ich gehe mit ihnen Angriffs- und Verteidigungsstrategien durch, entwickle und erprobe neue Vorgehensweisen und helfe ihnen von Zeit zu Zeit beim Bau der O'Neill II."
"Das haben Sie vorhin schon erwähnt. Ich will nicht unhöflich sein, aber wie können Sie denen bei so etwas helfen?"
Jack begann hinterlistig zu grinsen. Offensichtlich gefiel ihm dieser Teil besonders gut. "Indem ich Fehler einbaue." Carter und Jackson sahen ihn verständnislos an, was ihn nur noch fröhlicher machte. "Das Schiff ist wirklich gut, zu gut, wenn sie mich fragen. Ich habe Thor vorgeschlagen hier und da absichtlich fehlerhafte Systeme oder Materialien zu verwenden, damit es zwar gut genug ist, um das Interesse der Replikatoren auf sich zu ziehen, aber schlecht genug, daß es sie in ihrer Entwicklung nicht so sehr voran bringt, wenn sie es einnehmen."
"Und die Asgard haben dem zugestimmt?" fragte Sam verblüfft. Sie hatte in den letzten Wochen eher die Erfahrung gemacht, daß die kleinen Grauen gewissenhaft bis zur Perfektion waren. Sicher widersprach es all ihren Grundsätzen, absichtlich etwas fehlerhaftes zu konstruieren.
"Ich glaube, sie sind verzweifelt genug, alles zu versuchen. Außerdem haben Sie gute Vorarbeit geleistet, Carter."
"Ich?"
"Ja, Sie haben ihnen bewiesen, daß auch etwas nicht ganz Perfektes funktionieren kann. Wir haben Kampferfahrung und sind geschickt im Improvisieren. Das scheint ihnen als Qualifikation zu genügen. Außerdem sollte etwas, das meinen Namen trägt, auch einige meiner hervorstechendsten Eigenschaften aufweisen, finden Sie nicht?"
Daniel grinste und Sam hätte beinahe angefangen zu kichern. Sie sah eine Sekunde lang zu Boden, um ihm nicht offen ins Gesicht zu lachen. Ein Vergleich zwischen einem Colonel der Air Force und einem Kriegsschiff voller Fehler schien im ersten Augenblick unangebracht zu sein, aber in diesem speziellen Fall paßte es nur zu gut.
"Wenn das so ist," meinte sie trocken, "werden sich die Käfer wohl die Zähne an ihr ausbeißen."
"Na das will ich doch schwer hoffen."


****************


Es gab Tage, an denen Hamilton seinen Job haßte. Heute war so ein Tag.
Es war jetzt drei Monate her, daß er den Zusammenstoß mit einem mörderischen Hurrican namens Aaron überlebte, der drei von vier Mitgliedern von SG-1 das Leben gekostet hatte. Er hatte diesen Tag nicht vergessen, ebenso wenig wie die Wochen danach. Auch wenn er nicht verantwortlich dafür war, fühlte er sich dennoch schuldig, denn er war es, der den General darum bat ihm SG-1 zur Begleitung abzustellen. Er war es, der Aaron zuerst entdeckte und seine zerstörerische Kraft richtig einzuschätzen wußte und er war es auch, der dem General andeutete, daß er SG-1 nicht retten konnte.
Er schuldete O'Neill mehr als jemals zuvor. Hamilton war sich sicher, daß er ohne ihn auch diesen Ausflug nicht überlebt hätte und niemand war in der Lage, ihn davon abzubringen. Und nun stand er schon wieder vor einem Problem, das ihn an diese Tage erinnerte und ihn nicht vergessen ließ.
Der Planet P4X-946 hatte sich zu einem Alptraum entwickelt. Nachdem Carter, Jackson und O'Neill beim Aufbau einer Wetterstation auf so tragische Weise ihr Leben verloren, hatte ihn der Gedanke daran, daß ihr Opfer nicht umsonst war, etwas getröstet. Die Wetterdaten, die ihre Instrumente über Stürme wie Aaron sammelten waren höchst wertvoll und würden in Zukunft vielleicht vielen anderen Menschen das Leben retten. Die Daten wurden nicht, wie es unter Meteorologen üblich war, nach einem halben Jahr sondern bereits nach drei Monaten heruntergeladen und zur Auswertung gebracht.
Hamilton war bisher heilfroh gewesen, daß er dazu keinen Fuß auf den Planeten setzen mußte. Wenn alles glatt gegangen wäre, hätte das auch eines der SG-Teams für ihn übernehmen können. Aber nichts lief glatt, wenn es um diesen Planeten ging.
Noch einmal überprüfte er die Telemetrie der Flugsonde. Vom Kontrollraum aus konnte er alles genau überwachen. Er war auf niemanden angewiesen und konnte somit sicher sein, daß es kein Bedienfehler war, auch wenn er sich wünschte, er könnte jemandem die Schuld dafür geben.
"Haben wir immer noch kein Signal?" fragte er den Techniker neben sich.
"Nein, Sir. Ich habe die Kanäle noch einmal überprüft. Nichts, absolut nichts. An der Sonde liegt es nicht. Wir empfangen ihre Telemetrie, das heißt sie sendet ordnungsgemäß. Sie folgt unseren Anweisungen, also empfängt sie auch. Der einzige Grund, warum sie nichts aufschnappt, kann also nur der sein, daß die Instrumentenstation nichts übermittelt."
Mürrisch kaute Hamilton auf einem Stift herum, während er nachdenklich immer wieder neue Befehle ausprobierte. Es gab eine Menge weiterer Ursachen, die als Fehler in Frage kamen. Obwohl er alles versuchte, wurde ihm schließlich klar, daß man die Daten nicht auf herkömmliche Weise sicherstellen konnte. Er war lediglich in der Lage das Problem einzukreisen und was er dabei herausfand, gefiel ihm nicht. Es sah in der Tat so aus, als läge der Fehler bei der Meßstation. Also mußte er den General wohl oder übel um eine weitere Mission nach P4X-946 bitten, um das Problem zu beheben, denn dies war eine Aufgabe, die er nicht an ein SG-Team abgeben konnte.

Zögernd klopfte der Doktor an General Hammonds Bürotür.
"Herein!" hörte er seine resolute Stimme. "Ah, Doktor Hamilton... was gibt es denn?" fragte der General freundlich. Er wußte, daß sich der Wissenschaftler unnötige Vorwürfe wegen der Sache auf P4X-946 machte und war deshalb besonders geduldig mit ihm.
"Wir haben ein Problem mit der Wetterstation", stellte Hamilton fest. Er haßte diesen Planeten aus tiefstem Herzen und er haßte den Gedanken daran, dorthin zurückkehren zu müssen beinahe ebenso sehr. "Wir erhalten kein Signal von den Instrumenten. Wenn SG-17 versucht die Daten aus einem beschädigten Speicher zu laden, könnten sie unbrauchbar werden."
Der General sah ihn ruhig und nachdenklich an. Er ahnte, worauf es hinaus lief, aber es wollte ihm kein Weg einfallen, wie er ihm diesen Besuch ersparen konnte. Er persönlich war für die Beendigung des Projektes eingetreten, aber die Daten waren einfach zu wertvoll und zu beeindruckend, als daß man seiner mehr oder weniger sentimentalen Bitte nachgegeben hätte. Hamilton holte tief Luft und stellte fest: "Ich muß dorthin und es selbst machen."
"Sind Sie sicher?" fragte Hammond, aber diese Frage bezog sich weniger auf den Umstand daß er selbst dort erscheinen mußte, sondern vielmehr auf die damit verbundene seelische Last.
"Ob ich sicher bin?" Er setzte sich und schüttelte zweifelnd des Kopf "Natürlich bin ich sicher. Ich bin ein Profi. Das wollten sie doch hören, nicht?" fragte er verärgert.
"Sie wissen, was ich meine."
"Ja, das weiß ich." Seine Stimme klang nun wieder etwas versöhnlicher. "Ich komme damit klar."
"Gut, wann soll es los gehen?"
"Ich habe die atmosphärischen Daten der Flugsonde ausgewertet. In den nächsten zwei Tagen sind keine größeren Störungen durch das Wetter zu erwarten. In etwa acht Stunden geht auf Hoth die Sonne auf. Wir können es wahrscheinlich innerhalb eines Tage hin und wieder zurück schaffen, einschließlich Reparatur. Ich schlage vor, daß wir uns morgen früh Ortszeit auf den Weg machen."
"Wie Sie meinen. Da SG-17 für diese Mission sowieso eingeplant war, werde ich Sie damit beauftragen. Geht das in Ordnung?"
"Ja." Hamilton stand auf und machte sich auf den Weg zur Tür. Mitten in der Bewegung hielt er inne und drehte sich noch einmal um. Er hatte offensichtlich Zweifel bei dem, was er sagte, aber er tat es dennoch. "Was ist mit Teal' c? Vielleicht möchte er mitkommen? Er wird sicher nicht mehr so schnell die Gelegenheit haben dieses... Grab.... zu besuchen."
"Wir werden ihn fragen."

Ein wenig später schloß Teal'c sorgfältig die Tür hinter sich.
"Sie wollten mich sprechen, General Hammond?"
"Ja, Teal'c, bitte setzen Sie sich."
Hammond wußte nicht, wie er beginnen sollte. Der Jaffa hatte sich nach wie vor noch nicht endgültig entschieden, wie er sein Leben weiterführen wollte. Zeitweilig half er aus, wenn einem der SG-Teams ein Mann fehlte. Ein anderes Mal verschwand er für ein paar Tage nach Chulak, ohne daß Hammond wußte, was er dort trieb. Vielleicht war es zu früh, um ihn mit seinen Erinnerungen zu konfrontieren, aber sie mußten schließlich irgendwie weiter machen, auch ohne SG-1 und das erforderte klare Verhältnisse.
"Wie geht es Ihnen", fragte er.
"Gut, danke."
Aber diese Antwort kam zu schnell und klang viel zu einstudiert, um wirklich ehrlich zu sein.
"Ich hätte einen Auftrag für Sie. Ich weiß nur nicht, ob Sie ihn annehmen möchten."
Teal'c richtete sich unmerklich etwas auf. Er war noch nie vor einer Aufgabe zurückgeschreckt, egal wie unmöglich sie auch schien. Wenn er eines von SG-1 gelernt hatte, dann war es, niemals zurückzuweichen, und wenn die Lage noch so aussichtslos war.
"Worum geht es?" wollte er wissen.
"Es geht um eine Mission, die sie nach P4X-964 zurückführen würde, nach Hoth."
"Ich verstehe."
"Ich möchte, daß Sie gut darüber nachdenken. Es geht um mehr, als nur einen bloßen Besuch auf diesem Planeten. Ich möchte, daß Sie für sich selbst klären, ob Sie bei uns bleiben oder nach Chulak zurückkehren möchten. Ich könnte es verstehen, aber ich möchte auch, daß Sie wissen, daß ich es sehr schätzen würde, wenn Sie bei uns blieben."
Teal'c war vom ersten Tage an klar gewesen, daß dieser Moment einmal kommen würde. Er hatte sich schon längst den Kopf darüber zerbrochen, was er tun sollte, viel mehr als der General wahrscheinlich ahnte.
In seinem Inneren stritten zwei tiefe Sehnsüchte miteinander. Die eine zog ihn zurück in seine Heimat, zu seinem Volk, für das es noch viel zu tun gab. Eigentlich, so sagte er sich, existierte hier nichts mehr, was ihn noch hielt. Die andere ermahnte ihn, daß hier sehr wohl noch etwas war, was seine Aufmerksamkeit verdiente. Sie waren es wert, daß er für die Tau're kämpfte. Seine eigenen Leute hatten aus ihm einen Helden und Heiligen gemacht und in seinem Namen ein Paar Fußstrapfen geschaffen, die er niemals angemessen ausfüllen konnte. Aber hier konnte er etwas bewegen und außerdem war er es O'Neill, Carter und Jackson schuldig.
"Ich habe diese Entscheidung bereits getroffen, General Hammond." Im Herzen wußte er es längst, es ging nur noch darum, es auszusprechen.

Vorsichtig suchte sich Hamilton seinen Weg durch das Eis. Wortlos setzte er einen Fuß vor den anderen. Alles, woran er dachte, war lediglich der Meter vor ihm. Es mußte so sein, denn wenn er sich vor Augen geführt hätte, daß irgendwo unter seinen Füßen vielleicht die Leichen von SG-1 lagen, hätte er keinen weiteren Schritt mehr tun können.
Der Tag war klar und kalt, die Sonne strahlte unbarmherzig auf die Oberfläche herab, so daß an einen Einsatz ohne den notwendigen Sonnenschutz trotz der Kälte nicht zu denken war. Ein strahlender Himmel erstreckte sich über ihnen von Horizont zu Horizont, ohne den geringsten Makel. Eine frische Schicht sauberen weißen Schnees bedeckte den Boden und ließ alles weich und hell erscheinen. Es schien ganz so, als wolle der Planet sie seine Vergangenheit vergessen machen, aber für Hamilton war er trotz des tadellosen Wetters ein Wolf im Schafspelz, ein Betrüger, der sie nur in Sicherheit wiegen wollte, um später heimtückisch über sie herzufallen.
Er wußte daß es Unsinn war, einem leblosen Stein im All solche Absichten zu unterstellen, aber er konnte nicht anders, als die Tragödie, die sich hier ereignet hatte, persönlich zu nehmen.
Der Mann vor ihm blieb stehen und beinahe wäre er gegen ihn gestoßen, weil er in seine eigenen Gedanken versunken war.
"Wir sind da Doktor", sagte Teal'c zu ihm.
Als er aufblickte, sah er in die erwartungsvollen Gesichter von SG-17. Sie warteten darauf, daß er seine Aufgabe erledigte und daß sie wieder zurückkehren konnten. Hamilton nickte nur und ging an ihnen vorbei zur Meßstation.
Nur die Antenne war noch zu sehen. Sie ragte etwa einen Meter hoch aus dem Schnee. Er kannte den Aufbau der Instrumente von allen am besten und begann zielsicher im Schnee zu wühlen. Nach kurzer Zeit schon hatte er die Speichereinheit gefunden. Er zog seinen Computer aus der Tasche und schloß ihn an.
Auf den ersten Blick schien es kaum Daten zu geben, was Hamilton ziemlich verblüffte. Doch auch nach verschiedenen Diagnosedurchläufen, konnte er nicht sehr viel mehr finden als das, was er bereits hatte.
Hektisch grub er die übrigen Geräte mit den Händen aus dem Schnee aus und überprüfte sie. Einige davon hatte er selbst entworfen, um sie den extremen Bedingungen auf Planeten wie diesem anzupassen. Aber ganz offensichtlich war es ihm nicht gelungen, denn die meisten von ihnen waren beschädigt und unbrauchbar. Irgendwann in den letzten drei Monaten mußten die Temperaturunterschiede Risse verursacht haben, die sich zuerst mit Wasser und später mit Eis füllten. Es war egal wie er es drehte und wendete, sie mußten die Station neu errichten und die wenigen Daten, die sich im Speicher befanden, waren wahrscheinlich wertlos, weil sie von den fehlerhaften Instrumenten verfälscht sein konnten. Hamilton sah sich darin bestätigt, was er über diesen Ort dachte. Das schöne Wetter schien ihn zu verhöhnen. Es würde mindestens eine Woche dauern, alles neu zu errichten... wenn das Wetter mitspielte.


****************


Nach einem langen Tag anstrengender Arbeit zog sich Sam in ihr Quartier zurück. Nach all der Zeit gelang es ihr immer noch nicht, mit den Asgardwissenschaftlern mitzuhalten. Wieviel Zeit mochte inzwischen vergangen sein? Ihrem Gefühl nach konnte es nicht so viel sein, aber das mochte täuschen, denn die langen Tage und Nächte auf Othalla verzerrten ihre Wahrnehmung in dieser Hinsicht.
Die Asgardtechnologie war der auf der Erde um Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende, voraus. Dinge, die vor kurzem für sie noch ein interessantes Forschungsgebiet dargestellt hätten, wurden von ihnen unter nur einem einzigen Begriff zusammengefaßt und beduften im täglichen Umgang keiner weiteren Erklärung. Zumindest galt das für die Asgard. Für Sam war es nur ein weiterer Punkt auf einer langen Liste von Dingen, die sie hinnehmen und glauben mußte ohne sie zu begreifen. Natürlich erwartete sie nicht, daß sie nach so kurzer Zeit schon hinter das Geheimnis ihrer Technologie kam, aber zumindest hatte sie sich ein ansatzweises Verständnis erhofft.
Wie auch immer, an diesem Tag würde sie sich nicht weiter den Kopf darüber zerbrechen. Thor hatte sich zu einem Besuch angemeldet. Sie freute sich auf ihn, denn genau wie O'Neill bekam sie ihn kaum noch zu Gesicht. Beide sprachen nur ungern über das Projekt, an dem sie arbeiteten und ließen sich kaum mehr als ein Wort darüber entlocken. Meistens wechselten sie schnell das Thema, wenn das Gespräch darauf kam. Was Sam besonders seltsam daran fand war die Tatsache, daß sie sich unabhängig voneinander so verhielten.
Bei diesem Gedanken stieg ein leiser Groll in ihr auf. Lange Zeit hatte sie nicht gewußt, woher dieses Gefühl kam, aber irgendwann war ihr klar geworden, daß sie eifersüchtig war, eifersüchtig darauf, daß O'Neill trotz seiner mangelnden Fähigkeiten an einem so wichtigen Projekt mitarbeiten durfte, während sie selbst sich den mitleidigen und geduldigen Blicken ihrer Asgardlehrer ausgesetzt sah.
Außerdem hatte es O'Neill auf eine für sie nicht ganz nachvollziehbare Weise geschafft, eine Art von Beziehung zu den Asgard, und besonders zu Thor, aufzubauen. Ihr selbst war nichts in dieser Hinsicht gelungen. Die meisten waren still und zurückhaltend, befassten sich mit wissenschaftlichen Dingen oder mit einer so hochentwickelten Kunst, daß ihr dafür das grundlegende Verständnis fehlte. Es schien keine Gemeinsamkeiten, keine Berühungspunkte, zwischen ihnen zu geben, und das gab ihr mit fortschreitender Zeit das Gefühl, nur Ballast zu sein.
Thor kündigte sich an und Sam öffnete ihm die Tür. Die Asgard liebten hohe Räume, die sie häufig völlig angemessen als Hallen bezeichneten. So war wenigstens kein Problem entstanden, als es darum ging, für die verhältnismäßig großen Menschen passende Quartiere zu finden. Sie bat ihn herein.
"Hallo Thor, es ist schön Dich zu sehen."
"Es ist auch schön, dich wiederzusehen, Major Carter."
"Bitte komm herein und erzähle, was es für Neuigkeiten gibt."
"Das Projekt, an dem wir arbeiten, schreitet voran. Colonel O'Neill hat sich als äußerst hilfreich erwiesen."
So weit sie es beurteilen konnte, sah Thor sie forschend an. Sam hatte in den letzten Monaten gelernt, in ihren Gesichtern zu lesen, aber es gelang ihr nicht immer. Häufig interpretierte sie einen Ausdruck falsch, was sie gelegentlich in peinliche Lagen gebracht hatte.
"Das ist gut. Es fällt mir zwar schwer, mir den Colonel in dieser Position vorzustellen, aber ich freue mich über seinen Erfolg", sagte sie rein reflexartig.
Thor musterte sie stumm einen Moment lang. "Ich bemerke Spannungen zwischen Euch in der letzten Zeit."
Jetzt war Sam verlegen. "Ach ja? Das kommt Dir sicher nur so vor."
"Ich habe den Eindruck, daß es Eure Effizienz beeinträchtigt."
Sam war drauf und dran, ihm zu widersprechen, aber dann fiel ihr auf, daß er tatsächlich recht hatte. Es belastete und beeinträchtigte sie.
"Vielleicht ist das richtig...", gab sie zu und setzte sich nachdenklich. "ich schätze es sind noch immer die Nachwirkungen dieser Nacht im Eis." Sie blieb einen Moment still sitzen. Plötzlich schoß ihr eine Frage durch den Kopf, die sie schon immer stellen wollte, aber irgendwie war sie bisher entweder nicht dazu gekommen oder der Zeitpunkt erschien ihr jedes Mal unpassend. Aber nun hatte sie die Gelegenheit dazu, denn sie war mit Thor allein. "Wann hast Du Dich eigentlich entschieden, uns zu retten? Als ich starb, oder erst als es Colonel O'Neill auch schlechter ging?" Wie groß war das Risiko, das er eingegangen war, wie lange hatte er gewartet und warum war es gerade zu diesem Zeitpunkt geschehen?
Thor durchquerte den Raum und nahm vor dem großzügig geschnittenen Fenster platz, das ihm einen wunderbaren Blick auf die Stadt mit ihren schillernden Lichtern bot, während sich der orangene Himmel darüber wie an jedem Abend in ein tiefes Rot färbte. Er schien sich auf ein längeres Gespräch einzustellen.
"Die Frage nach dem Wann war nicht so schwierig zu beantworten wie die Frage nach dem Ob. Ob ich Euch helfen sollte oder nicht, konnte ich mir schon lange vorher überlegen. Ich habe es mir, trotz meiner Sympathie für euch, nicht leicht gemacht. Hätte ich auch nur die geringste Gefahr für das Projekt gesehen, hätte ich mich vielleicht im Interesse meines Volkes anders entscheiden müssen. Wann der richtige Zeitpunkt gekommen war, Euch zu helfen, war danach einfach. Colonel O'Neill hat mir diese Entscheidung abgenommen."
Sam sah ihn entgeistert an. Diese Version der Geschichte war ihr neu. Sie traute ihren Ohren nicht.
"Wie bitte!" Empörung machte sich auf ihrem Gesicht und in ihrer Stimme breit. O'Neill hatte das entschieden? Aber wie? Und warum? "Was hat er getan?"
Aber Thor sprach nicht mehr weiter.
"Was hat er getan?" fragte sie noch einmal energisch.
"Das solltet ihr untereinander klären. Ich bin nicht deshalb hierher gekommen", wechselte er das Thema.
"Und warum sonst bist du hier?"
"O'Neill ist uns eine große Hilfe beim Bau des neuen Schiffes, was aber die technische Umsetzung seiner Ideen angeht, so gibt es Fragen, die er uns nicht beantworten kann. Wir hatten gehofft, daß deine vereinfachte Sicht der Dinge uns vielleicht weiter helfen könnte."
"Vereinfachte Sicht?"
"Bitte versteh mich nicht falsch, aber es ist eine Tatsache, daß sich dein Kenntnisstand auf Grundlagen beschränkt, die für unsere Wissenschaftler nicht mehr völlig präsent sind. Du hast die Fähigkeit, sie in Frage zu stellen und... kreativ mit ihnen umzugehen."
Sam schüttelte lächelnd den Kopf. Thor hatte ihr eben nichts anderes gesagt, als daß sie keine Ahnung hatte und ab und zu falsche Schlüsse zog. Aber sie wußte auch, wie er es meinte. Denn die Fähigkeit altbekannte und bewährte Erkenntnisse umzustoßen und neu zu durchdenken, oder sie aus einer anderen Sicht zu betrachten, erforderte ein nicht unerhebliches Maß an geistiger Beweglichkeit. Es war also Ansichtssache, ob diese Bemerkung eine Beleidigung oder eine Anerkennung war. Sie beschloß, es als letzteres zu verstehen.
Sie hatte O'Neill schon geraume Zeit nicht mehr gesehen, aber so wie es schien, würde sich das nun ändern. Es wäre doch gelacht, wenn sie nicht herausbekam, worauf Thor vorhin angespielt hatte.


****************


Langsam begann Hamilton die Sache persönlich zu nehmen. Er spielte abwesend mit dem Bleistift, den er aus Nervosität wie immer zwischen den Fingern hin und her wandern ließ und konnte nicht glauben was er sah. Wie konnte das passieren?
Er hatte vor Wochen die Anlage auf Hoth noch einmal persönlich überprüft. Er hatte sie verstärkt und verbessert, noch einmal erprobt und regelmäßig in Augenschein genommen, bis er sicher war, daß alles richtig funktionierte. Erst dann hatte er die Instrumente mit ruhigem Gewissen auf diesem unwirtlichen Planeten zurückgelassen, damit sie in Ruhe weitere drei Monate lang Daten sammeln konnten. Wie war also eine Anzeige wie die möglich, die gerade über seinen Schirm flackerte?
Er konnte es noch nicht mit Gewißheit sagen, aber es sah ganz so aus als wären die Geräte auch dieses Mal wieder ausgefallen und langsam nahm er es dem Planeten übel, daß er seine Bemühungen immer wieder auf so hinterhältige Weise durchkreuzte.
Das bedeutete einen weiteren Aufenthalt auf P4X-964.

Auch dieses Mal schien sich der Planet über ihn lustig zu machen, denn er empfing ihn mit tadellosem Wetter. Die wenigen Wolken leuchteten in strahlenden Pastellfarben am morgendlichen Himmel. Es war ein wunderbarer Anblick - und er haßte ihn dafür. Inzwischen wurde es zu einem durchaus vertrauten Gefühl. Es kam ihm so vor, als würde der Griff Hoths sich noch immer fest um seinen Hals legen, so als würde er ihn daran erinnern wollen, wem sein Leben gehörte, das er nur mit der Hilfe Teal'cs noch einmal vor dem ewigen Eis retten konnte. Immer wieder zwang er ihn, hierher zurück zu kommen und sich seinen Erinnerungen zu stellen.
Noch einmal nahm er den Fußmarsch zur Instrumentenanlage auf sich, noch einmal grub er sie aus dem Schnee aus um dann festzustellen, daß er ein weiteres Mal einen Fehler bei der Konstruktion begangen haben mußte.
Er befreite sich von den Handschuhen und strich mit den Fingern über die Oberfläche. Das Gerät in seiner Hand war von innen heraus zerstört. Obwohl die Ränder merkwürdig ausgefranst aussahen, fand er Eis im Inneren. Es war also Wasser eingedrungen, das dann zu Eis gefror und sich ausdehnte. Dabei sprengte es das Gehäuse und vernichtete die Daten.
Hamilton konnte nicht einmal vermuten, was für Umstände das waren, die so etwas verursachten, denn die Informationen, die er hierzu gebraucht hätte, waren zerstört. Das normale Wetter, wenn man es auf einem Planeten wie diesem so nennen konnte, war es jedenfalls nicht. Darauf war er vorbereitet, aber was war es dann....?
Teal'c sah ihm über die Schulter. Er sagte nichts, ein Blick genügte, um zu verstehen.
"Wir werden unsere Ausrüstung wohl noch einmal überarbeiten und neu aufbauen müssen", stellte Hamilton fest und erhob sich.
Teal'c schüttelte nur den Kopf. "Es gibt Orte, die man in Ruhe lassen sollte. Haben Sie jemals daran gedacht, diese Forschungen aufzugeben? Vielleicht sollten wir einfach nicht hier sein."
Sicher hatte Hamilton daran gedacht. Er wußte genau, was der Jaffa meinte. In dieser Hinsicht verstanden sie sich wortlos. Es war als wolle man sie hier nicht haben, aber laut antwortete er: "Das ist keine Option." Er war Forscher, und Emotionen sollten Forschungen nicht im Wege stehen.


****************


Alle wichtigen am Bau beteiligten Personen waren auf der Aussichtsplattform der Werft versammelt. Hinter ihnen erhob sich die riesige O'Neill II langsam aus dem Dock. Träge und vorsichtig entfernte sie sich vom Boden. Obwohl sie beinahe eine Meile von ihr entfernt waren, warf sie einen so gewaltigen Schatten, daß er den größten Teil der Werft verdunkelte.
O'Neill hatte alles versucht, um für den Stapellauf des Schiffes, das seinen Namen trug, Champagner zu besorgen, aber es war ihm weder gelungen den Asgard zu erklären was Champagner war noch wofür er ihn brauchte. Aber irgendwann fand er etwas, das wenigstens eine Spur von Alkohol enthielt, wenn es auch für seinen Geschmack ungenießbar war. Schließlich ließen sie sich sogar überreden, dieses kleine Treffen zu arrangieren, damit sie nicht ganz ohne den Segen ihrer Erbauer in Dienst gestellt wurde.
Thor konnte sich daran erinnern, wie sehr die Menschen auf der Erde schon früher an ihren Schiffen hingen und daß sie verschiedene Rituale mit ihnen durchführten. So ließ er O'Neill gewähren, als er vor ein paar Tagen eine rötliche alkoholische Flüssigkeit mit an Bord brachte, um das Schiff, das sich nun in der Testphase befand, zu taufen.
Als Jack die Augen von seinem Schiff abwandte, erblickte er Daniel.
"Hallo Daniel, schön, daß sie da sind. Sie haben sich länger nicht mehr gemeldet. Ich wußte nicht, ob Sie es einrichten können."
"Das würde ich mir um nichts in der Welt entgehen lassen!" antwortete er lachend.
"Haben Sie viel zu tun?"
Daniel drehte sich um und ließ seinen Blick über die ebenmäßige silberne Hülle der O'Neill II schweifen. "Jedenfalls nicht so etwas."
"Ja, sie ist schon etwas Besonderes. Ach übrigens, Carter hat sich schon gefragt, wo Sie sind." Er sah sich suchend nach ihr um.
"Wir werden sie schon finden", meinte Daniel und sie machten sich auf den Weg zu ihr. "Wie weit sind Sie inzwischen?"
"Oh, es läuft gut. Ich kümmere mich um die Ideen und sie um die Umsetzung. Gemeinsam versuchen wir, den Asgard ein paar taktische Tricks beizubringen, aber das ist nicht so einfach. Sie sind gut, wirklich gut... aber sie denken zu viel um die Ecke."
"Ich meinte eigentlich mehr das Schiff."
"Ach so, wir haben die Tests abgeschlossen. Unter kontrollierten Bedingungen hat sie sich gut gemacht. Wir werden in den nächsten Tagen sehen, was sie wirklich drauf hat."
Daniel blieb stehen und hielt ihn am Arm fest. "Soll das heißen, daß sie sie einsetzen wollen."
"Richtig."
"Finden Sie das nicht ein bißchen früh? Ich meine, ich verstehe ja nicht viel von Raumschiffen, und schon gar nicht von denen der Asgard, aber sollten Sie mit einem Einsatz nicht warten, bis das Schiff wenigstens einmal im offenen Raum war? Bisher hat sie diese Werft noch nicht einmal verlassen, geschweige denn Othalla."
Im selben Moment löste sich die O'Neill II endgültig von der Werft. Sie neigte sich etwas, um sich in den Wind zu drehen und stieg dann auf. Zuerst langsam, dann immer schneller und ohne das geringste Zögern. Schließlich stieß sie durch die Wolken und verblaßte zu einem schwachen glänzenden Schimmer, der schon nach Sekunden nicht mehr zu sehen war.
"Glauben Sie mir Daniel, sie ist so weit und ich werde den Replikatoren den Hintern versohlen!"
"Sie? Ich dachte das Schiff braucht kein Personal."
"Braucht sie auch nicht, aber ich werde trotzdem mitfliegen, genau wie noch ein paar andere."
Den wahren Grund dafür verschwieg ihm Jack. Er hatte aufgehört, mit ihm über die technischen Besonderheiten des Schiffes zu sprechen, sobald er selbst daran mitarbeitete. Er verstand diese Geheimhaltung nur zu gut und so sprach er nicht aus, daß die Waffe, die sie an Bord hatten, auf dem EMP-Effekt beruhte und nach ihrem Einsatz organisches Personal nötig war, um das Schiff wieder in Gang zu setzen und die Replikatoren von Bord zu befördern. Jedes einzelne Mal wenn er mit diesen Elektrokäfern zusammen getroffen war, war er entweder rückwärts gestolpert oder gerannt. Dieses Mal würde es anders sein. Dieses Mal würde er es ihnen zeigen.

Später am Abend verließen die Gäste die Halle. Daniel war schon vor einiger Zeit gegangen und so waren es nun nur noch Carter und O'Neill die in der relativen Dunkelheit vor dem Gebäude auf eine Transportmöglichkeit warteten. Einzelne kleinere Schiffe bewegten sich lautlos zwischen den erleuchteten Gebäuden Othallas hindurch.
Carter hatte lange auf eine solche Gelegenheit gewartet. Jack war gut gelaunt und sie waren allein. Seit Wochen schon war es ihr nicht gelungen, mit ihm auch nur eine einzige Stunde zu zweit zu verbringen. Sie nahm ihren Mut zusammen. Wenn sie ihn jetzt nicht zur Rede stellte, dann würde sie es wahrscheinlich nie mehr tun.
"Jack?"
"Hmm."
"Wir müssen reden."
Sofort warf er ihr einen mißtrauischen Blick zu. Sie wußte, daß er etwas ahnte und sie kannte ihn gut genug, um zu bemerken, daß es in seinem Hirn jetzt rund ging, auf der Suche nach einem Ausweg aus dieser Situation.
Und sie hatte Recht damit. Anfangs fühlte er sich unwohl dabei, mit ihr zusammen zu arbeiten, aber von Tag zu Tag normalisierte sich das Verhältnis zwischen ihnen scheinbar, so lange bis er glaubte, daß es wieder in klaren und geordneten Bahnen verlief, wie früher. Aber wie es aussah, hatte er sich geirrt.
"Reden? Worüber?"
"Über unsere Rettung aus dem Eis."
"Was gibt es da noch zu reden."
"Ich finde da gibt es eine Menge. Fangen wir doch damit an, was Sie auf Thors Schiff zu mir gesagt haben...."
"Ach Carter, Sie wissen doch... das war...."
"Was? Ein Versehen?"
"Eine extreme Situation, und in extremen Situationen sagt man manchmal Dinge die... die...." Er suchte nach dem richtigen Wort. Er wollte nicht 'bereuen' oder 'nicht beabsichtigt' sagen, aber es wollte ihm auch kein anderer Begriff dafür einfallen.
"Ich verstehe." Sie verschränkte die Arme und sah ihn gekränkt an. "Und was ist mit der Rettung?"
Er war irritiert. War es nicht das, worüber sie gerade sprachen. Er wußte nicht worauf sie hinaus wollte.
"Wie war das mit unserer Rettung? Wann genau hat Thor uns herauf geholt? Und warum?"
"Aber das wissen Sie doch, Carter..."
"Nein, das weiß ich nicht. Ich kenne Ihre Version der Geschichte, aber ich weiß auch, daß das nicht alles ist."
Sie bluffte. Ihre kleine Ansprache war eine Herausforderung, obwohl sie nicht genau wußte, was an der Sache denn nun eigentlich faul war. Sie drückte sich vage aus um ihm das Gefühl zu geben, daß sie es ohnehin wußte und er es darum auch nicht mehr zu leugnen brauchte.
O'Neill tat etwas, womit sie gerechnet hatte. Er schob die Hände in die Hosentaschen und sah sie ausdruckslos an, eine Geste absoluter Abwehr. Er wollte nicht darüber reden und wurde langsam wütend, weil sie nicht aufhörte nachzubohren.
"Meine Version der Geschichte ist die einzige Geschichte."
Er blieb dabei, also war es nun Zeit für ihren letzten Joker.
"Da hat Thor aber etwas anderes erzählt."
Eine Sekunde lang hatte er seinen Gesichtsausdruck nicht unter Kontrolle. Sie sah deutlich Ärger aufblitzen, sie konnte nur nicht sagen, worauf er sich richtete.
"Ich wußte doch, daß dieser kleine graue Zwerg nicht dicht halten würde!" fluchte er.
"Also..." fuhr sie fort. "Wie war es wirklich?"
Aber O'Neill konnte es nicht aussprechen. Er wollte nicht, daß sie es wußte. Was er damals in größter Not für sich entschieden hatte, kam ihm nun dumm und unüberlegt vor.
"Lassen Sie es gut sein, Carter", bat er sie. "Vergessen wir es einfach. Es war kein guter Tag, für keinen von uns."
Er drehte sich um und wollte gehen. Wohin, das wußte er selbst nicht, nur weg. Aber sie hielt ihn fest.
"Thor sagte, sie hätten ihm die Entscheidung abgenommen, wann er eingreifen sollte. Ist das wahr?"
Sie hatte lange darüber nachgedacht und war zu einer Erkenntnis gelangt, die ihr einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Trotz aller Schwierigkeiten und Gefahren, trotz aller Unannehmlichkeiten und Ängste, die sie damals ausstanden, half Thor ihnen erst in dem Moment, als es kein Zurück mehr gab, keinen Ausweg und keine andere Rettung mehr. Wenn O'Neill diesen Moment willentlich festgelegt hatte, dann mußte er es auf eine Art getan haben, die ebenso endgültig war.
Wenn es stimmte, was sie vermutete, dann war er vielleicht bereit gewesen, ihr das größte Geschenk zu machen, das ein Mensch einem anderen machen konnte: sein eigenes Leben. Aber wenn es sich so verhielt, dann mußte sie es wissen. Sie mußte wissen, ob sich all die Schwierigkeiten der letzten Monate gelohnt hatten: das Ausweichen, Gespräche die sich auf Belanglosigkeiten beschränkten, Zweifel darüber, ob sie das richtige tat oder fühlte, Zurückweisungen jeglicher Art und Unterhaltungen die schmerzhaft und ungeschickt waren wie die, welche sie gerade führten.
"Stimmt das?" fragte sie ihn noch einmal.
"Ja", sagte er, drehte sich um und wollte gehen.
Sam war sich im klaren darüber, daß sie wahrscheinlich nie wieder näher an die Wahrheit heran kommen würde und war bereit, es dabei zu belassen. Sie wußte nicht genau, wie er es getan hatte, aber wenigstens war sie sich nun sicher, daß er es getan hatte.
"Wovor fürchtest du dich?" fragte sie ihn.
Er antwortete überraschend offen. "Davor, zu verliere,n was ich schon habe."
"Und das wäre?"
"Dich."
"Wir werden schon einen Weg finden..."
"Nein, so meine ich das nicht. Oder doch... genau das meine ich." Zögernd fuhr er fort. "Ich habe immer geglaubt, daß mir Deine Freundschaft reicht, aber mir wurde klar, daß ich nicht ewig so weiter machen kann. Ich bin nicht zufrieden damit, wie es läuft, aber es wird genügen müssen. Es würde alles nur noch schwieriger dadurch. Sobald wir wieder auf der Erde sind, wird...."
"Wir werden wahrscheinlich nie wieder dorthin zurückkehren."
"Ich denke aber doch, daß wir das werden und dann wird es erst richtig kompliziert."
"Du machst dir zu viele Sorgen. Laß es doch einfach auf dich zukommen. Ganz langsam. Vielleicht kommt es gar nicht so weit."
Er sah verlegen zu Boden und begann zaghaft zu lächeln. "Ganz langsam..."
"Ja, warum nicht? Vielleicht ist es am Ende einfacher, als wir beide denken."
Er nickte nachdenklich. Schon einmal waren sie an diesem Punkt angelangt, damals, gleich nach ihrer Rettung, an Bord von Thors Schiff. Und dennoch war es ihm gelungen, diesen kleinen Schritt vorwärts einfach zu ignorieren. Stattdessen machte er zwei Schritte zurück. Sein Verstand sagte ihm, daß es einfach lächerlich war, immerhin war er nicht mehr Fünfzehn, und trotzdem hatte ihn etwas zögern lassen und zwar schon seit er sie kannte.
"Ganz langsam...."
"Ganz langsam."


****************


Wie ein kranker Wal kroch die O'Neill II mit nur einem Viertel ihrer Kraft durch den offenen Raum. Unter dem Schutz einiger schwer bewaffneter Kreuzer der schleppte sie sich auf Nebenrouten auf den sicheren Hafen zu.
Während ihrer frühen kurzen Testflüge war alles gut gegangen, aber beim ersten Langstreckentest, der sie weit weg in ein entlegenes Gebiet führte, kam es zu einer Reihe schwerer Systemfehler, die ohne die Möglichkeiten einer Werft nicht behoben werden konnten. Im Grunde handelte es sich dabei um eine Erscheinung die man auf der Erde "Kinderkrankheiten" genannt hätte. Jedes noch so gute System beinhaltete, besonders wenn es neu war, eine Unmenge von einzelnen Komponenten, von denen man nie sicher sein konnte, wie sie miteinander interagierten. Selbst wenn man solche Neuheiten in ein bereits funktionsfähiges erprobtes System integrierte, konnten die Auswirkungen fatal sein, und sie waren es um so mehr, je mehr Neuerungen an dem Umbau beteiligt waren.
So war es auch im Falle der O'Neill II. Die mit Hilfe der Menschen konstruierten Anteile waren von denen der Asgard so verschieden, daß es mehr als nur ein wenig abstraktes Denken erforderte, um einen Weg für ihre Integration in die Schiffssysteme zu finden. Der Antrieb ließ sich nicht mit Vollast anfahren, die Schilde wiesen Löcher auf, der Bordcomputer führte ein Eigenleben und der Energiepegel der Waffen schwankte besorgniserregend. Alles in allem schien dieser erste Flug nur knapp an einem Desaster vorbeigekommen zu sein.
Trotzdem hatte sich auf der Brücke ein zufrieden grinsender O'Neill einen Platz gesucht und genoß diesen Flug. Carter hatte ihm mehr als einmal erklärt, warum es eigentlich unmöglich war, daß die von ihnen entwickelten Einzelteile zusammen funktionierten. Im Labor war es kein Problem, aber man konnte schließlich nicht jede Situation im Labor vorhersehen. Doch all das beunruhigte O'Neill nicht. Er war immer davon überzeugt gewesen daß sein Schiff keine Probleme haben würde und weniger als das war für ihn nicht akzeptabel.
Bedächtig bewegte sich die O'Neill II nun schon seit Tagen am Rande des Asgardterritoriums. Jack gab nicht vor zu wissen, wie sie zu steuern war. Er war einfach nur froh hier zu sein und genoß seine vorübergehende Stellung als Boss.
Doch auch die größte Begeisterung läßt irgendwann einmal nach, wenn sich nichts ereignet und so begann er langsam aber sicher damit, sich zu langweilen. Der Geleitschutz durch die bis an die Zähne bewaffneten Kriegsschiffe gab ihm ein sicheres Gefühl, doch sie hatten sich mit der Zeit weit von jedem Außenposten entfernt und die Bedrohung war allgegenwärtig. Es blieb ihnen nichts anderes übrig als sich durch diese gefährdete Zone zu bewegen. Es war der kürzeste Weg zurück, wenn es vielleicht auch nicht der sicherste war.
"Carter, wann haben wir die Anzeigen das letzte mal überprüft?"
"Es ist noch keine fünf Minuten her."
"Überprüfen Sie sie noch einmal."
"Colonel, Sie wissen, daß sie nicht einwandfrei funktionieren. Seit zwei Tagen haben wir dieses diffuse Echo auf dem Schirm und können nicht herausfinden, wo der Fehler liegt. Eine Überprüfung wird uns auch dieses mal nicht weiter bringen."
"Ich weiß", Sagte er und druckste dabei etwas herum. "Machen Sie's trotzdem. Ich hasse es, wenn etwas auf einem Schirm erscheint, was da nicht hingehört. Ich komme mir verfolgt vor, wenn ich so etwas sehe."
Carter verdrehte die Augen und nahm wie angeordnet einen weiteren Scan vor. Wie immer erschien am äußeren Rand ein verschwommenes zerstreutes Echo, so als würde etwas den Scan reflektieren. Aber es war kein Schiff, denn dafür bot die Darstellung ein viel zu zerfressenes Bild. Es war auch kein Trümmer- oder Asteroidenfeld, denn dann hätte es sich schon in konstantem Abstand mit ihnen mit bewegen müssen. Langsam fragte sie sich ob es nicht einfach nur eine Unsauberkeit beim Einbau der Schirme war. Ohne darüber nachzudenken, strich sie mit der Hand über die glatte Fläche vor ihr, die die Funktion eines herkömmlichen Monitors erfüllte, aber der leuchtende Fleck ließ sich nicht wegwischen.
"Nichts Sir, es ist alles wie in den vergangenen Tagen. Das Echo ist immer noch da."
"Was ist mit den anderen Schiffen?"
"Sie gleichen ihre Scans routinemäßig mit uns ab, und nicht eines von ihnen hat irgendwo etwas geortet. Es muß sich um eine Fehlfunktion handeln... noch eine..."
"Also ich weiß nicht. Vielleicht leide ich an Verfolgungswahn, aber ich hasse es, etwas auf einem Schirm zu haben, ohne zu wissen was es ist. Ich hasse es wirklich", wiederholte er. "Ich weiß immer gern, womit ich es zu tun habe."
"Ich verstehe, Sir", antwortete sie ihm, ohne wirklich zuzuhören und natürlich hörte O'Neill den unterschwelligen Zweifel in ihrer Stimme.
Zu Beginn ihrer Probleme mit dem Scanschirm, hatte er es einfach nur der Liste der zu überprüfenden Teile hinzugefügt und es danach sofort wieder vergessen, aber dann war er immer und immer wieder auf dieses Problem gestoßen und hatte nun die Nase voll davon. Und da es Carter und den Asgard scheinbar nicht möglich war, es zu beseitigen, beschloß er, der Sache selbst auf den Grund zu gehen.
"Es reicht", sagte er. "Schalten Sie den Antrieb ab und übermitteln Sie den anderen Schiffen, daß wir einen Maschinenschaden haben."
Auch wenn er nicht in der Lage war sie zu fliegen, hatte er bei diesem Flug die Kommandogewalt über die O'Neill II.
"Aber Sir..."
"Carter, tun Sie, was ich sage!"
Das leise Summen, das die Brücke erfüllte, schwoll ab und die Anzeigen, die über den Status des Antriebes Auskunft gaben, begannen zu sinken.
Der Asgardnavigator stellte diese Entscheidung nicht in Frage, er übermittelte die Nachricht ohne Widerrede und registrierte die Antwort.
"Sie fragen, wie lange wir brauchen, um sie wieder in Gang zu setzen."
O'Neill dachte einen Moment lang nach. "Sagen Sie ihnen, daß wir nicht wissen ob wir es überhaupt können. Vielleicht ist es besser, uns abschleppen zu lassen."
Einen entsprechenden Schlepper hier draußen zu finden würde schwer werden und eine gute Kommunikation war hier auch nicht gewährleistet. Um Hilfe zu holen mußte sich wenigstens eines der Kriegsschiffe aus dem Verband lösen und nach Othalla fliegen.
Und genau so geschah es. Thor, der sich um die Kreuzer kümmerte, zog den einzig logischen Schluß. Binnen Minuten scherte eines der Schiffe aus und änderte die Richtung. Die beiden verbleibenden hingen in ein paar Meilen Entfernung bewegungslos neben der O'Neill II im Raum.
Fast eine Stunde lang geschah nichts. Carter ging einer der zahllosen Fehlermeldungen nach und Jack begann erneut sich zu langweilen.
"Wollen sie mir nicht erklären, was das alles soll?" fragte sie ihn schließlich.
"Es war nur ein Test. So eine Art 'Irrer Ivan'. Ich wollte nur sehen, ob wir allein sind."
"Wir sind seit etwas über einer Stunde hier. Unsere Eskorte hat sich um ein Drittel reduziert und unser Antrieb funktioniert offensichtlich nicht. Wenn es irgendjemand auf dieses Schiff abgesehen hätte, dann würden wir beide jetzt sicher nicht dieses Gespräch führen und..."
Sie wurde von einem Heulen unterbrochen, das die Asgardentsprechung eines Alarmtones war.
"Was ist los?" blaffte O'Neill.
Carter war schon dabei, die Herkunft des Alarmes zu ermitteln. Die Asgard unterschieden eine Reihe verschiedener Dringlichkeitsstufen, die sie mit verschiedenen Tönen kennzeichneten. Der von eben klang ziemlich dringend und daß er ihn selbst bei schweren Fehlfunktionen noch nie gehört hatte, trug nicht unbedingt zu seiner Beruhigung bei.
"Carter?"
"Die Scanner haben etwas aufgeschnappt, aber sie können es nicht identifizieren."
"Haben wir Informationen von der Eskorte?"
"Nein, Sir. Sie können unsere Beobachtungen nicht bestätigen."
"Wieder nur ein defekter Scanner?"
Sie zögerte einen Moment, während sie fieberhaft die Anzeigen hin und her schob und versuchte, sich ein Bild zu machen.
"Carter, ist es ein Defekt?" fragte er noch einmal eindringlich.
"Ich fürchte nein, Sir", gab sie schließlich zu und ließ die Hände sinken. "Das Echo auf dem Schirm... es bewegt sich."
O'Neill nickte grimmig. "Manchmal hasse ich es, wenn ich recht habe."
Wie von Zauberhand begann das schattengleiche Echo der Scans sich zu verändern und zu einer Vielzahl einzelner Punkte zu verdichten.
Ohne Aufforderung schaltete einer der Asgard das Bild einer Außenkamera auf den Hauptschirm. Ein ganzer Schwarm kleiner wendiger Schiffe hielt direkt auf sie zu.
"Was zum Teufel ist das?" preßte O'Neill hervor.
"Ich weiß es nicht, Sir. Schiffe dieser Bauart befinden sich nicht in den Datenbanken."
O'Neill biß die Zähne zusammen. Das war sein Schiff und wenn sie versuchen sollten es anzugreifen, würden sie ihr blaues Wunder erleben, egal um wen es sich dabei handelte!
Was er sah, bedurfte keiner weiteren Erklärung. Es war geradezu unglaublich mit welcher Frechheit sich die kleinen Schiffe an den Kreuzern vorbeibewegten und mit welcher Leichtigkeit sie durch die Löcher in den Schilden der O'Neill II schlüpften.
Trotz ihrer Bewaffnung und ihrer imposanten Ausmaße, waren die Kreuzer der Asgard keine Gegner für sie. Sie waren zu schwerfällig, um den geschickten schnellen Manövern der kleinen Flugkörper folgen zu können und ihre Waffen waren stark, aber aufgrund ihrer Bauart nicht präzise genug, um im vollen Flug ein so kleines Ziel zu treffen.
So erfolglos wie sich ein Mensch gegen einen Schwarm Insekten wehrte, so wertlos war auch ihre Verteidigung.
Ein metallischer Schlag traf das Schiff. O'Neill sah sich fragend um.
"Sie heften sich an die Hülle und versuchen sie zu durchdringen. Wir verzeichnen strukturelle Schäden auf den Decks 2, 3, 5, 7 und.... es werden immer mehr. "
"Nun, dann Sie das?"
"Sie haben versucht sich zu tarnen und uns unbemerkt zu folgen, aber wir haben sie entdeckt. Wir wußten nur nicht genau, was es war, was wir da sahen. Wie auch immer..." O'Neill erhob sich zügig und schickte sich an, die Brücke zu verlassen. "Sie bleiben hier Carter und tun was ich Ihnen sage, wenn ich es Ihnen sage."
"Jawohl, Sir." Ohne es zu bemerken, waren beide in den Kommandoton zurückgefallen, der Soldaten fast immer auszeichnete und den sie niemals wieder ablegten, sobald sie ihn einmal verinnerlicht hatten.

Mit kühler Distanz sah sich O'Neill das Schauspiel genauer an. Er entfernte sich nicht weiter von der Brücke als notwendig, gerade so weit, daß er sehen konnte womit er es zu tun bekam.
Es war genau so, wie er es schon angenommen hatte: die kleinen flinken Schiffe waren gefüllt mit Replikatoren, die sich sofort über die Systeme der O'Neill II hermachten, sobald sie in sie eingedrungen waren.
Angewidert verzog er das Gesicht. Zweifellos lagen die Asgardkreuzer, die sie begleiteten, machtlos in sicherer Entfernung neben ihnen und waren nicht in der Lage, ihnen zu helfen. Natürlich hatten die Replikatoren sie ignoriert, denn die O'Neill II war ein weitaus lohnenderes Ziel, trotz ihrer zahlreichen Fehler. Er erkannte, daß sein Plan bis jetzt aufgegangen war, auch wenn es ihn etwas überraschte, daß die Replikatoren ihnen folgten und sie beobachteten, um sicher zu gehen, daß es keine Falle war. Für so schlau hatte er die kleinen Biester nicht gehalten
"Carter?"
"Ja, Sir?"
"Wie sieht es aus, wie viele von den Dingern haben wir uns eingefangen?"
"Etwa drei viertel von ihnen haben sich uns angeheftet, insgesamt über einhundert. Ein paar scheinen in einiger Entfernung zu warten."
"Sie kommen nicht näher?"
"Nein, sie bewegen sich nicht."
Er dachte einen Moment darüber nach. Es wäre besser alle auf einmal zu erwischen, aber er sah keinen Weg, wie er das anstellen sollte. Andererseits machte das keinen Unterschied. Ihr Zögern und ihr Abwarten zeigten ihm, daß die List, die die Asgard seit ihrer Zusammenarbeit mit den Menschen immer wieder unter Beweis stellten, langsam Wirkung erzielte. Sie griffen nicht mehr wahllos an und das war schon ein Fortschritt, der ihnen immer wieder dringend nötige Ruhepausen verschaffte.
Wenn einige der Käfer bei diesem jetzigen Zusammenstoß entkamen, dann konnte es ihnen nur recht sein, weil sie nichts anderes berichten würden, als daß die Fallen der Asgard immer ausgeklügelter wurden. Vielleicht würde sie das zu noch mehr Vorsicht und Zurückhaltung ermahnen und etwas in die Defensive drängen.
"Carter, EMP ausführen. Danach das Notprotokoll, wie besprochen."
"Sind Sie sicher, Sir?"
"Carter, sie fressen mein Schiff! Wann sonst, wenn nicht jetzt?"
Er sah die elektromagnetische Schockwelle weder, noch hörte er sie. Ihre Reichweite war begrenzt, aber für ein Schiff dieses Ausmaßes genügte sie völlig. Er sah, wie die Replikatoren von den Wänden fielen, reglos liegen blieben und in ihre Einzelteile zersprangen, dann fiel das Licht aus.
Einen kurzen Moment lang war die O'Neill II tot. Es wurde still und dunkel. Doch schon weniger als eine Minute danach aktivierte Sam die Notbeleuchtung. Es war eine der längsten Minuten, die O'Neill je erlebt hatte und sobald er wieder sehen konnte, verzog er das Gesicht zu einem grimmigen Grinsen.
Sein Kommunikator funktionierte nicht mehr und so kehrte er zu Fuß auf die Brücke zurück, wobei er eine gewisse Schadenfreude nicht unterdrücken konnte, während er die Bestandteile der zerlegten Replikatoren unter seinen Füßen knirschen hörte.
"Wie sieht es aus, haben wir irgendeine Kommunikation nach draußen?"
"Noch nicht, Sir. Aber wir arbeiten daran. Sie wissen ja, daß die entsprechenden Verbindungen erst wieder hergestellt werden müssen. Das ist der Nachteil beim Einsatz des EMP. Wir können die Technik zwar reaktivieren, aber es dauert seine Zeit, eine Zeit in der wir höchst verwundbar sind."
"Ich weiß, ich weiß" Er winkte ab. Schließlich hatte er an diesem Schiff mitgearbeitet. Niemand wußte so gut über seine Fähigkeiten bescheid, wie er selbst. "Ich gehe wie vereinbart auf das oberste Deck und fange mit den anderen an, die Überreste dieser Wanzen aus dem Schiff zu befördern. Und sie stellen mir eine Verbindung zu den anderen Schiffen her. Ich will wissen was da draußen vorgeht. Es sind schließlich noch ein paar von diesen Quälgeistern übrig."
"Ja, Sir."

Deck um Deck überprüften O'Neill und die Asgard das Schiff, um auch nicht einen Baustein der Replikatoren zu übersehen. Im wesentlichen fand die Beseitigung ihrer Überreste mit Hilfe von Besen und Luftschleuse statt. Obwohl es eigentlich eine langweilige Aufgabe war, wurde es O'Neill nicht müde, sich über ihren Erfolg zu freuen.
Selbst die hochentwickelte Asgardzivilisation wurde nicht mit ihnen fertig, aber ihm war es gelungen, einem Menschen von der Erde, einem, der nicht das geringste von Technik verstand. Doch noch bevor sich sein Ego deswegen zu weit aufblähen konnten, wurde er jäh auf den Boden der Tatsachen zurück geholt.
Das Schiff war bereits zu zwei Dritteln gereinigt und seine Aufmerksamkeit ließ langsam nach, als er plötzlich bemerkte, wie sich die einzelnen Teile der Replikatoren langsam wieder zusammenfügten. Wie von einer unsichtbaren Hand geführt, entstanden nach und nach erst größere Teile und schließlich ganze Replikatoren.
Verdutzt blieb er wie angewurzelt stehen.
"Carter?" fragte er über das wieder funktionsfähige Kommunikationssystem. "Haben sie eine Verbindung nach draußen?"
"Ja, Sir, aber nur per Audio, warum?"
"Verbinden Sie mich mit Thor."
Es dauerte einen Moment, bis er ihn hörte.
"Thor, was geht dort draußen vor? Die Käfer regenerieren sich. Sollten sie nicht außer Gefecht sein?"
"Das habe ich befürchtet."
"Soll das heißen, du hast damit gerechnet?"
"Nein, aber die übrigen feindlichen Schiffe sind nicht geflohen als ihr den EMP eingesetzt habt. Selbst als wir Jagd auf sie machten, haben sie sich nie weit von euch entfernt. Ich fürchte sie haben etwas an Bord, was ihr einen Monsterkäfer nennen würdet, der die anderen steuert und koordiniert. Es hat wohl etwas gedauert, bis er nach dem EMP wieder die Kontrolle über sie übernehmen konnte."
Blitzartig schossen O'Neill Erinnerungen an einen solchen Bug durch den Kopf, riesig und intelligent und noch viel fremdartiger und abstoßender als es die kleineren Exemplare seiner Art ohnehin schon waren.
"Dann wird es wohl Zeit für Plan B..." überlegte O'Neill laut.
Er bekam lediglich ein Knacken als Antwort, als die Leitung zusammenbrach. Überall auf dem Schiff begannen die spinnenartigen Wesen ihr zerstörerisches Werk fortzusetzen. Wie es schien, war die Kommunikation eines ihrer vordringlichen Ziele.
Jack setzte sich Richtung Brücke in Bewegung. Er lief die Meile nicht mehr in der selben Zeit wie als Zwanzigjähriger, aber an diesem Tag war er schneller als jemals zuvor. Er mußte es sein, denn das Funktionieren seines Planes hing ganz wesentlich davon ab, wann er ihn in die Tat umsetzte. Solange die Schäden noch nicht zu groß waren, war noch alles möglich.
Völlig außer Puste und schnaufend wie eine alte Dampflok erreichte er den Kommandoraum, wo Carter hektisch versuchte die noch funktionierenden Anteile unter ihrer Kontrolle zu halten.
"OK, Carter, jetzt kommt es drauf an. Schalten Sie die O'Neill II ab und starten Sie sie mit den Sekundärsystemen neu."
Sie hatte ernsthafte Bedenken, das konnte er deutlich sehen. Ihm wäre es auch lieber gewesen wenn ihr erster Testflug anders gelaufen wäre, Plan B war zumindest für heute noch nicht vorgesehen, aber schließlich wurde das Schiff für genau diesen Fall gebaut und er hatte nicht vor, es sich praktisch unter den Händen von ein paar wildgewordenen Elektroasseln zerlegen zu lassen.
Jeder auf der Brücke war angespannt, als Carter den entsprechenden Stein auf der Anzeige verschob. Die ständigen geradezu organischen Geräusche des Schiffes verstummten innerhalb weniger Sekunden. Es war absolut dunkel. Jeder noch so geringe Energiefluß in dem stählernen Körper kam zum Erliegen, bis nur noch eine Handvoll Schaltkreise auf der Brücke funktionierten.
O'Neill verspannte sich, bis seine Schultern schmerzten. Unwillkürlich hielt er den Atem an, als Carter ihre Hand zu einer der wenigen noch leuchtenden Anzeigen bewegte und das Schiff mit dem Kaltstart eines noch nie zuvor getesteten Systems ins Leben zurückzurufen versuchte.
Aber es tat sich nichts. Geradezu panisch überprüfte sie die wenigen Daten, die sie zur Verfügung hatte und nahm ein paar Einstellungen vor. Schon konnte sie die ersten Käfer hören, die sich ihren Weg zur Brücke bahnten.
"Es sind schon erste Anteile des Sekundärsystems beschädigt, aber jetzt müßte es funktionieren."
Sie versuchte zuversichtlich zu klingen. Sie legte die Hand auf die Anzeige und schloß die Augen. Wenn es jetzt nicht klappte....
Aber es funktionierte. Gehorsam sprangen die Maschinen des Schiffes an. An die Stelle der fehlerhaften Originalkonfiguration trat nun eine, die auf den ersten Blick fehlerfrei und leistungsfähig, wenn auch deutlich einfacher und auf das Wesentliche begrenzt war. Für einen Außenstehenden mochten die Ersatzsysteme des Schiffes unübersichtlich und mit einer Menge überflüssigem Ballast angefüllt sein, aber auf den zweiten Blick mußte man erkennen, daß dieser Teil auf einer weit weniger entwickelten Technik beruhrte und nur wenige, aber entscheidende Neuerungen enthielt. Die Replikatoren interessierten sich für diesen Teil des Schiffes nicht und dies gewährleistete selbst bei stärkerem Befall ein reibungsloses Funktionieren, jedenfalls eine Zeit lang. Für die Menschen war vieles davon ein alter Hut, aber die Asgard hatten ihre Kenntnisse auf einzigartige Weise weiterentwickelt und vervollkommnet. Für kurze Zeit wurde es somit möglich auf praktisch jedes System zuzugreifen und weitere Maßnahmen in Angriff zu nehmen.
Es war nur die Frage wie lange es funktionierte. O'Neill war gleichermaßen über die Haltbarkeit seines Schiffes besorgt wie auch über die Anpassungsfähigkeit der Replikatoren. So beschloß er, Nägel mit Köpfen zu machen.
"Schilde aktivieren."
Carter folgte seinen Anweisungen. Während er sich aufbaute, konnte er zusehen, wie die Replikatoren, die bereits auf die Brücke vorgedrungen waren, ihre Funktion einstellten und schließlich in ihre Einzelteile zerfielen, als bestünden sie aus einer Handvoll Lego-Bausteine, die ein Kind achtlos hingeworfen hatte.
"Was machen die anderen Schiffe."
Ohne eine Antwort schaltete Carter den Hauptschirm auf die entsprechende Außenansicht, gerade noch rechtzeitig um zu sehen, wie die feindlichen Schiffe beidrehten und sich zurückzogen.
O'Neill konnte es sich nicht verkneifen von einem Ohr zum anderen zu grinsen. Der Schild beruhte auf dem selben Prinzip wie der EMP. Statt eines einfachen Impulses, war es den Asgard gelungen eine Art stehenden Effekt zu erzeugen. Er hatte keine Ahnung wie er funktionierte. Nicht einmal Carter schien es vollständig begriffen zu haben. Sie hatte ihm einmal gesagt, daß die Idee und die Grundlagen vielleicht von ihnen stammten, daß diese Art von Technologie aber mit der, die sie von der Erde kannte, nichts mehr gemeinsam hatte, aber das störte ihn nicht. Nur das Ergebnis zählte. In Gang gesetzt durch ein hoffnungslos veraltetes und eigentlich inkompatibles System, hatte der neue Schild die Verbindung des Monsterkäfers zu den Anderen, die ihr Unwesen auf seinem Schiff trieben, getrennt und da sie nun keine Anweisungen mehr erhielten, kehrten sie in den Zustand zurück, den sie vor ihrer Reaktivierung innehatten: sie zerfielen zu Einzelteilen.
Stolz richtete sich Jack auf. Eigentlich hatte er geglaubt, der EMP würde genügen, aber nun war er froh, daß er gemeinsam mit den Asgard diese zweite Überraschung für die Käfer entwickelt hatte, seinen Plan B. Obwohl sie nie zuvor in diesem Modus getestet wurde, funktionierte die O'Neill II einwandfrei. Er hätte gern noch seine neuen Waffen an den Käfern ausprobiert, aber sie entfernten sich zu schnell, als daß er sie noch hätte erreichen können.
"Na also, geht doch." Stellte er fest. Er wußte schon immer, daß sein Schiff ihn nicht im Stich ließ, wenn es darauf ankam.


****************


Es waren bereits einige Wochen vergangen, seit die O'Neill II zu einer Überholung in die Docks der großen Werft von Othalla zurückgekehrt war. Seitdem hatte sie sich keinen Meter mehr bewegt. Doch heute war ihr großer Tag. Die Asgard hatten sie gründlich instand gesetzt, ihre Kinderkrankheiten beseitigt und die Schäden ausgebessert, die die Replikatoren hinterlassen hatten.
Wieder einmal saß O'Neill vor dem Fenster seines Quartieres und sah der Morgendämmerung zu. Wieder einmal hatte er das Gefühl, daß ihm die Zeit davon lief, aber dieses Mal war es anders. Das Glas war nicht halb leer, es war halb voll!
Die Zeit ihres Lebens auf Othalla neigte sich ihrem Ende. Noch einmal rief er sich das Gespräch mit Thor vor einigen Tagen ist Gedächtnis.
"Es ist nicht länger ein Geheimnis, welche Art von Technologie wir entwickelt haben", hatte er ihm anvertraut. "Es steht Euch darum frei, nun zur Erde zurückzukehren. Aber natürlich würden wir uns glücklich schätzen, wenn ihr euch zum Hierbleiben entscheiden würdet."
Das Angebot war verlockend. Auch wenn er sich nach der Erde sehnte, hatte er sich an diesen Ort und an seine neue Aufgabe gewöhnt. Manchmal wunderte er sich über sich selbst. Noch vor einem halben Jahr hätte er es nicht für möglich gehalten, daß diese Entscheidung schwierig für ihn sein würde.
Er war immerhin Soldat der Air Force, so wie Carter. Es war ihre Pflicht zu ihrer Einheit zurückzukehren, ob sie es nun wollten oder nicht. Alles andere konnte mit etwas bösem Willen als desertieren ausgelegt werden, und auch General Hammond, der ihnen sicher immer helfen würde, egal worum es ging, hatte bereits mehrmals bewiesen, daß er nicht den geringsten Humor hatte, wenn es darum ging, daß man ihn vor vollendete Tatsachen stellte.
"Meinst du, ihr kommt allein klar?" hatte er Thor halb im Scherz gefragt.
"Wir werden es sehen", antwortete der ihm jedoch völlig ernst. "Diese Art von Trick wird nicht ewig funktionieren. Du hattest Recht mit deiner Vermutung. Sie konnten die EMP-Technologie nicht assimilieren, darum mag ihre abschreckende Wirkung noch eine Weile anhalten, aber letzten Endes ist es nur ein Aufschub."
Diese Aussage machte die Entscheidung nicht einfacher. Er hatte ein schlechtes Gewissen bei dem Gedanken daran, die kleinen Grauen einfach so im Stich zu lassen.
"Wir sind ja nicht aus der Welt, Thor", beruhigte er den Asgard. "Du kannst uns jederzeit fragen, wenn ihr etwas braucht." Aber das war nur ein schwacher Trost und das wußte er auch, denn es war etwas völlig anderes ob man nur gelegentlich einen Tip gab oder ob man kontinuierlich an einer Sache arbeitete. Wenn er eines in den letzten Monaten verstanden hatte, dann das.
Und was wurde aus ihm und Sam? Sie konnten nicht einfach ins Stargatecenter zurückkehren und so tun als wäre nichts geschehen, und wenn sie offen zu dem standen, was zwischen ihnen war, dann konnten sie es erst recht nicht. Er konnte es drehen und wenden, wie er wollte, nichts würde jemals wieder so sein wie vorher.
Und dann war da noch Daniel. Hatte er das Recht, über ihn zu entscheiden? Es ging ihm gut hier. Aber genügte das, um auf Othalla zu bleiben?
Die Asgard lobten ihn in den höchsten Tönen. Sie fanden es bemerkenswert, wie schnell er Sprachen nicht nur erlernte, sondern auch begriff, und das ohne größere grammatische Kenntnisse, einfach durch Intuition. Schon nach wenigen Wochen unterhielt er sich mit ihnen in ihrer Muttersprache und lachte über ihre Witze, deren Übersetzung O'Neill nicht das geringste Schmunzeln abrang. Erfolglos versuchte er wegzuhören, wenn Jackson das tat, denn dann fühlte er sich völlig grundlos klein und minderwertig.
Er machte sich Sorgen und in diesen frühen Morgenstunden, in denen er oft aufgrund der langen Nächte wach lag und nichts mit sich anzufangen wußte, traten sie klarer und schwerer als gewöhnlich hervor.
Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als noch einmal, wie ein Blitz, das Bild des Gletschers in seinem Geist auftauchte, mit dem alles begonnen hatte. Er unterdrückte den Gedanken daran. Er hatte das Kältegefühl von damals selbst nach über einem halben Jahr noch nicht überwunden. Nach wie vor brauchte er nachts eine zweite Decke, weil er sonst nicht einschlafen konnte. Es war verrückt, aber die Kälte schien selbst jetzt noch nicht aus seinen Knochen gewichen zu sein.
Er seufzte tief und wie als Reaktion darauf spürte er hinter sich eine Bewegung.
"Jack?" murmelte Sam verschlafen.
"Ich bin hier."
"Komm wieder ins Bett. Es ist kalt."




Epilog

Hammond saß wie immer in seinem Büro über einigen Papieren, die keinen Aufschub duldeten. Es gab immer etwas, was so wichtig war, daß es auf jeden Fall schon gestern hätte bearbeitet werden müssen, aber Hammond hatte mit der Zeit ein gewisses Geschick darin entwickelt, Dinge gefahrlos und ohne größere Konsequenzen aufzuschieben. Es gehörte nun einmal zu diesem Job wie der Panzer zu einer Schildkröte, dennoch war ihm wie den meisten Leuten im Stargatecenter jede Ausrede recht, um dieser Art von Arbeit aus dem Weg zu gehen, nur daß er es niemals zugegeben hätte.
Aber eine Alarmsirene erlöste ihn. Im selben Moment klingelte sein Telefon.
"Ja?"
"Sir, wir haben eine unplanmäßige Aktivierung von außerhalb."
"Ich bin auf dem Weg."
Er legte den Hörer auf und eilte in den Stargateraum. Er kam gerade noch rechtzeitig um zu sehen, wie die geschlossene Iris zu flimmern begann und jemand hindurch trat.
Die Wachen im Torraum luden ihre Waffen durch und richteten sie auf die Ankömmlinge.
Vorsichtig hob Colonel O'Neill die Hände.
"Ganz ruhig Leute, ich bin's."
Dann traten hinter ihm Major Carter und Daniel Jackson durch das Tor.
General Hammond traute seinen Augen nicht. Einen Augenblick stand ihm der Mund vor Staunen offen, aber kurz darauf bekam er sich wieder unter Kontrolle. Obwohl er ernste Zweifel daran hatte, daß es sich bei den Personen dort unten um SG-1 handelte, hoffte er es inständig.
"Rufen Sie Teal'c und Hamilton aus. Ich will, daß sie hierher kommen", bat er den Techniker neben sich. Echt oder nicht, wenn es sich um SG-1 drehte, dann ging es auch diese beiden etwas an.
Der General versuchte Fassung zu bewahren, als er in den Torraum hinunter ging. Mit einem Rauschen schloß sich das Wurmloch, das hinter der Iris verborgen war. Er blieb vor den Dreien stehen.
"Wer sind Sie?" fragte er.
Jack, der nicht wußte, ob er amüsiert oder verärgert sein sollte über diesen Empfang, sah sich zu den Anderen um.
"Es ist auch schön, Sie wiederzusehen."
"Ich wiederhole mich ungern, also wer...."
"Schon gut, General. Regen Sie sich ab. Wir sind es. Carter, Jackson und O'Neill. Live und in Farbe." Er schob die Hände in die Hosentaschen.
Noch immer im Zweifel, aber von der schnoddrigen Art des Colonels schon fast überzeugt, versuchte sein Hirn einen Zusammenhang herzustellen zwischen dem, was er wußte, und dem, was er sah. Aber es fiel ihm keine logische Erklärung dafür ein.
"Aber wie...? Ich meine, woher...? Wo zum Teufel waren Sie die ganze Zeit?"
"Wissen Sie, General, das ist eine verdammt lange Geschichte und ich schätze, ein Teil davon wird Ihnen nicht gefallen."
"Das kann ich mir sehr gut vorstellen." Er nickte resolut. "Aber Sie werden viel Zeit für Erklärungen haben, sobald Doktor Fraiser ihre Identität bestätigt hat." Mit einem Handzeichen wies er die Wachen an, die drei auf die Krankenstation zu begleiten, aber in diesem Moment flog die Tür auf und Hamilton stürzte herein. Ihm folgte Teal'c, der das breiteste Grinsen aufgesetzt hatte, das jemals bei einem Jaffa gesehen wurde.
Er war kein Mann großer Worte, aber sein Gesicht sprach Bände. Er konnte seine Freude kaum beschreiben, Freude darüber, seine Freunde und Partner zurück zu haben, und Freude darüber, daß seine Arbeit, die er für die Tau're leistete, von Zeit zu Zeit belohnt wurde. Manchmal schien es ihm, als hätten sie alles Glück dieser Welt auf ihrer Seite und den Segen sämtlicher Götter. Wie konnte er falsch damit liegen, wenn er für ihre Sache kämpfte?
Wenn auch sein Verstand eine Täuschung in Betracht zog, sein Gefühl hatte längst entschieden, daß dies die echten Mitglieder seines Teams waren und nicht die Ausgeburten einer Kriegslist.
Er trat einen Schritt vor und reichte Jack die Hand.
"O'Neill."
"Teal'c, mein Freund." Unvermittelt und lachend schloß er ihn in die Arme und klopfte ihm auf den Rücken. Sie hatten nie viele Worte gebraucht um sich zu verstehen und so war es auch dieses Mal.
Hamilton war da ganz anders. Er plapperte aufgeregt vor sich hin. Die Fragen sprudelten nur so aus ihm hervor, geradewegs wie sie ihm in den Sinn kamen. Selbst wenn er in dieser Situation eine Antwort bekommen hätte, wäre er sicher nicht in der Lage gewesen, sie irgendwie zu verarbeiten. Eine Last, die er nie als solche erkannt hatte, wälzte sich von einer Seele. Er war unendlich erleichtert. Ihr vermeintlicher Tod hatte ihn stärker und länger bedrückt, als er es selbst vor sich zugeben wollte. Was nun an ihre Stelle trat, war eine Euphorie, die einem Drogenrausch glich.
"Hamilton..." ermahnte ihn O'Neill. Sofort verstummte der Doktor. "Kommen Sie wieder runter." Eine Sekunde lang sah er den Wissenschaftler ernst an, aber dann begann er zu lächeln. "Versuchen Sie immer noch, auf Hoth Wetterdaten zu sammeln?"
Er schnaubte verächtlich. "Versuchen ist genau das richtige Wort."
"Versuchen sie es damit", sagte er und zog einen glatten Flußkiesel aus der Tasche, auf dessen Oberfläche die typischen Runen der Asgard zu sehen waren.
"Was ist das?"
"Das ist so eine Art Modem. Es stellt eine Verbindung zwischen einem Computer ihrer Wahl und einem Geschenk her, das die Asgard für Sie auf der Oberfläche von Hoth zurückgelassen haben."
"Äh, die Asgard? Für mich? Ein Geschenk?" Zögernd nahm er den Stein entgegen.
"Sie entschuldigen sich für den Ärger, den Sie Uhnen verursacht haben und hoffen, daß Sie die kleine Wetterstation als Entschädigung annehmen."
Plötzlich ging Hamilton ein Licht auf. "Ich wußte es! Ich wußte, daß es nicht mit rechten Dingen zugehen konnte! Und ich habe mir ein halbes Jahr lang den Kopf darüber zerbrochen, wo der Fehler in der Konstruktion lag! Eine Wetterstation der Asgard sagen Sie? Hmm, wie das wohl funktioniert...." Ganz in Gedanken musterte er den Stein.
"Sie werden es schon herausfinden."
"Soso, die Asgard....", warf der General ein. "Sie haben wirklich eine Menge zu erklären."
"Mehr als Sie denken, General", antwortete er mit einem verschwörerischen Seitenblick auf Sam. "Mehr als sie denken."

Ende
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