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Richtig oder falsch? von Bastet-X

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Vorwort

Die Verwendung der Shedu-Lamassu ist, so glaube ich, in diesem Zusammenhang nicht ganz authentisch. Aber seit ich das erste Mal ein Paar von ihnen im Original bewundern durfte, bin ich ein absoluter Fan dieser beeindruckenden Figuren. Ich habe mir mit dieser Geschichte den Traum erfüllt sie mal irgendwann in eine FF einzubauen. Also seht es einfach als künstlerische Freiheit an.
Auf einstimmigen Wunsch meiner gesamten Fangemeinde (vielen Dank für Eure Unterstützung JolinarMV, Jack Zero und Merlin!) habe ich hiermit das Thema aus meiner Geschichte "Wers findet, darfs behalten" noch einmal aufgriffen. Wer möchte kann sie vorher lesen. Sie ist aber nicht unbedingt für das Verständnis erforderlich.
Richtig oder Falsch


Anmerkung: Die Verwendung der Shedu-Lamassu ist, so glaube ich, in diesem Zusammenhang nicht ganz authentisch. Aber seit ich das erste Mal ein Paar von ihnen im Original bewundern durfte, bin ich ein absoluter Fan dieser beeindruckenden Figuren. Ich habe mir mit dieser Geschichte den Traum erfüllt sie mal irgendwann in eine FF einzubauen. Also seht es einfach als künstlerische Freiheit an. Auf einstimmigen Wunsch meiner gesamten Fangemeinde (vielen Dank für Eure Unterstützung JolinarMV, Jack Zero und Merlin!) habe ich hiermit das Thema aus meiner Geschichte "Wers findet, darfs behalten" noch einmal aufgriffen. Wer möchte kann sie vorher lesen. Sie ist aber nicht unbedingt für das Verständnis erforderlich. Archiviert im Fanfiction Paradies (http://www.fanficparadies.de/) in der Stargate-Sektion Wie lange lag ich hier nun schon auf Beobachtungsposten? Zwei Wochen? Hatten wir nicht weiß Gott etwas besseres zu tun?
Ich warf mich auf die Seite und begann mir eine Zigarette zu drehen. Eine kleine Pause konnte sicher nicht schaden. Irgendwann beginnt man sonst komisch zu werden bei dieser ganzen Beobachterei. Wie groß war schon die Wahrscheinlichkeit, daß genau in diesem Moment etwas von Bedeutung geschah und dann auch noch ausgerechnet mir? Außerdem waren die Goa'uld so alt geworden... da konnten sie auch noch warten, bis ich mit meiner Zigarette fertig war.
Wie immer begann ich zu husten. Die Dinger schmeckten jedesmal so, als hätte ich nie zuvor eine in der Hand gehabt. Daran war nur Hamal schuld! Dieser verdammte Symbiont! Das machte er mit Absicht! Jedesmal hielt er mir lange Vorträge über die Schädlichkeit des Rauchens, aber ich hielt daran fest. Ich hing eben an meinen alten Gewohnheiten und außerdem brauchte ich das, um irgendwie meine Identität unter den anderen Tok'ra zu bewahren. Ich weigerte mich strikt ihre seltsame Schwarmmentalität anzunehmen. Alles zum Wohle des Volkes... bla bla bla. Wo blieb denn da der Spaß? Es ist ja nicht so, daß ich die Notwendigkeit nicht einsehe aber manchmal fallen sie mir mit ihrem Eifer ziemlich auf die Nerven. Ich bin Zivilist. Jedenfalls war ich das, vor meinem Leben als Tok'ra. Vielleicht liegt es daran daß ich die Welt anders sehe.
Leise vor mich hin hustend und noch immer mit der Kippe im Mundwinkel hob ich wieder das Fernglas an die Augen. Sand. Überall Sand. Der Boden bestand daraus. Es gab Sand so weit man sehen konnte. Sogar die Luft war voll davon, denn vor kurzem hatte ein heftiger Sturm gewütet und noch immer trübten Massen von feinstem Staub die Atmosphäre. Sand. Super. Spannend wie ein Telefonbuch.
Hätte ich gewußt, daß Langeweile eine Grundvoraussetzung für diesen Job ist, hätte ich mich sicher nicht dafür gemeldet. Bei diesem Gedanken begann ich zu grinsen. Als ob ich es mir hätte aussuchen können. Ich kam zu den Tok'ra wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kind. Ein Unfall in der Nähe des Cheyenne Mountain hätte mich beinahe das Leben gekostet. Die Leute vom Stargate-Center fanden mich, konnten mich aber weder richtig behandeln noch ausfliegen, weil es das Wetter nicht erlaubte. Und dann, wie durch ein Wunder, kreuzten die Tok'ra auf und hatten einen verletzten Symbionten dabei, für den sie innerhalb der nächsten Stunde einen Wirt brauchten. Es mußte eine Entscheidung getroffen werden, und irgendjemand traf sie. Wir wurden beide nicht gefragt ob wir einverstanden waren aber was solls... wir haben uns miteinander arrangiert.
Noch einmal sah ich durchs Fernglas. Ja ja... der gute alte Sand... wenigstens war er zuverlässig... hatte sich keinen Millimeter weg bewegt seit ich das letzte Mal hingesehen hatte.
Ich zog an der Zigarette und sah sie anschließend mit Abscheu an. Sie war furchtbar, schlicht und ergreifend fruchtbar. Ich schnippte sie mit den Fingern davon. Absurderweise hatte mir Hamal klar gemacht, daß er dafür sorgte, daß ich keine Folgen durch meine ungesunde Lebensweise zu erwarten hatte. So waren seine Vorhaltungen für ihn gehörig nach hinten los gegangen. Zwar gab ich ihm im Stillen recht, aber das hätte ich nie zugegeben.
Ein Windstoß fegte in meinen kleinen Unterstand und trieb mir Staub in die Augen. Genau das fehlte mir noch! Noch so ein Sturm und die Langeweile würde mich töten!
Aber der verdammte Wind dachte gar nicht daran nachzulassen. Er nahm immer mehr zu. Ein seltsames Heulen versteckte sich zwischen den Böen. Ich war zuerst nicht in der Lage es überhaupt herauszuhören, geschweige denn es zu identifizieren, aber schließlich wurde mir klar was es war. Die kleinen Härchen in meinem Nacken stellten sich auf bei dieser Erkenntnis. Das Heulen nahm mit dem Wind weiter zu. Schließlich sah ich Lichter durch die Staubwolken hindurch, die auf mich zukamen. Ein gewaltiger dunkler Schatten zog über mich hinweg. Es mag nicht das größte Pyramidenschiff gewesen sein, das ich je sah aber es flog unglaublich tief und war deshalb irgendwie in jeder Hinsicht atemberaubend. Ich kannte Hamals Erinnerung daran, aber noch nie hatte ich selbst eins aus dieser Nähe gesehen.
Meine Langeweile war verflogen und schon wünschte ich, es wäre nicht so. Dieses Schiff war der Grund, warum ich hier war. Es war wie ein Sechser im Lotto. Eine Menge Tok'ra hatten über Monate eine Unmenge von Planeten überwacht, um es zu finden. Dabei war noch nicht einmal sicher, daß es dieses Schiff überhaupt gab. Und wem fiel es vor die Füße? Mir! Wem sonst! Dabei war ich mit Abstand der Tok'ra, der von diesen Dingen die geringste Ahnung hatte.
Ganz ruhig Harrison! Noch sind wir nicht in Schwierigkeiten! dachte ich. Durch das Fernglas beobachtete ich das Schiff. Es war noch nicht gelandet, als auch schon seine Gleiter ausschwärmten. Es war ein unkonventionelles und nicht ganz ungefährliches Manöver. Sicher unternahmen sie einen genauen Scan der Umgebung. Vom Orbit aus waren kleinere getarnte Objekte nicht zu entdecken. Der Melder an meinem Ärmel begann zu piepen. Sie hatten mein Schiff entdeckt. Das hatte ich befürchtet. Seit die Goa'uld diese neuen Detektoren besaßen, war man nirgendwo mehr vor ihnen in Sicherheit.
Okay Harrison, jetzt steckst du in Schwierigkeiten, stellte ich fest.
Das hast du völlig richtig erkannt, stimmte mir nun auch Hamal zu. Wir redeten nicht viel miteinander, aber wir sahen und hörten das selbe und griffen auf das selbe gemeinsame Gedächtnis zu. Und so wie es aussah, zogen wir daraus auch die selben Schlüsse.

Ich nahm die Beine in die Hand um zu meinem Schiff zu gelangen. Aber der heiße Staub drang in meine Lungen ein. Ich wurde langsamer. Es kam mir vor, als wäre eine riesige Welle über mir zusammengeschlagen. Der Wind und der Staub zerrten wie ein reißender Strom an mir, ich konnte nicht atmen und der Lärm nahm mir jede Orientierung. Ich habe keine Ahnung wie ich es schaffte, aber es gelang mir in diesem Durcheinander aus Krach und Sand das Schiff zu finden. Ich kannte die alten Sandalenfilme genauso gut wie jeder andere Mensch auf der Erde, trotzdem macht man sich kaum eine Vorstellung davon, was es wirklich bedeutet in einen Sandsturm zu geraten. Man erwartet etwas Unangenehmes, aber auf keinen Fall etwas derart gefährliches.
Das Schiff enttarnte sich und ich stolperte ins Innere. Die Türen schlossen sich hinter mir. Ich blieb einen Moment lang an die Wand gelehnt stehen, bevor ich mich aus meinen zahlreichen Umhängen und Tüchern schälte, die mich vor dem Klima dieses Planeten schützen sollten.
Auf den Armaturen im Cockpit lag eine dünne Staubschicht. Ich fragte mich wie sie da hin kam, wo ein raumtaugliches Schiff doch eigentlich luftdicht sein sollte. Aber ich hatte keine Zeit länger darüber nachzudenken. Wüstensand findet praktisch immer einen Weg hinein, ganz egal wo dieses hinein auch sein mochte.
Ich startete die Maschinen. Leider konnte ich nicht sofort abheben. Wie bei einem alten Diesel, mußte das Triebwerk auch hier erst ein paar Sekunden vorglühen, bevor ich Leistung von ihm verlangen konnte. Doch kaum war die Anzeige erloschen, riß ich das kleine Schiff vom Boden hoch. Die Gleiter hatten mich längst entdeckt. Ich konnte nur hoffen, daß sie mich nicht am Boden erwischten. Das ist für ein Fluggerät so ziemlich das schlimmste und außerdem ist es demütigend.
Am Boden war ich nicht mehr. Ich war aber auch noch nicht richtig in der Luft. Eine Salve traf mich steuerbords während sich die Maschine noch im Steigflug befand. Ich weiß nicht, ob es Glück war oder wie ich das bezeichnen soll. Zwar war das Schiff gestiegen, hatte aber noch nicht zu viel Geschwindigkeit aufgenommen. Also fiel es lediglich wie ein Stein zu Boden, statt sich, durch seinen eigenen Antrieb beschleunigt, in den Grund zu bohren. Ich blieb dabei relativ unverletzt. Also ist das nun Glück?

Das nächste, an was ich mich erinnere, ist ein ziemlich dunkler kleiner Raum. Das beunruhigte mich im ersten Moment nicht allzu sehr. Die Tok'ra hausten wie die Maulwürfe unter der Erde. Was das anging war ich einiges gewohnt. Ich muß wohl wieder weggetreten sein, denn als ich das nächste Mal zu mir kam wurde ich von zwei Jaffa unsanft hinaus gezerrt. Ich wäre gern selbst gelaufen, aber sie ließen mir nicht die zwei Sekunden Zeit, die ich benötigte um mich hinzustellen. Stattdessen schleiften sie mich lieber kraftvoll einen ziemlich langen Gang hinunter. Ich ließ es mir gefallen... wo ihnen doch scheinbar so viel daran lag...
Am Ende des Ganges befand sich ein heller Raum. Ich kniff die Augen zu vor dem grellen Licht und verpaßte promt meinen Einsatz. Mit einem lauten Krachen landete ich unsanft und völlig unvorbereitet auf dem Boden. Ich spürte wie mir das Blut aus der Nase schoß. Da hatte ich also den Absturz eines Raumschiffes überlebt und dann verletzte ich mich, weil mich jemand zu Boden warf. Das Schicksal hat eben Sinn für Humor.
Als ich den Kopf hob stand vor mir breit grinsend ein Goa'uld. Es mußte einer sein. Ein so fieses Lächeln hatte ich selten gesehen. Nicht einmal Jack Nicholson kam an diesen Typen heran. Es machte mir jedes mal eine Heidenangst wenn mich jemand so ansah. Aber ich würde den Teufel tun und es ihm zeigen.
Einer der Jaffa trat vor und reichte seinem Herrn etwas.
"Das hier haben wir bei ihm gefunden, Herr!" In der Hand hielt er einige der Gegenstände, die ich bei mir hatte, unter anderem auch meinen Glücksbringer, eine spanische Münze, die mir ein Freund aus Europa mitgebracht hatte. Sie hatte in der Mitte ein Loch und ich trug sie an einer Kette um den Hals.
"Hey, verdammt nochmal! Das gehört mir!" platzte es aus mir hervor. Hätte ich es nicht eigentlich besser wissen sollen? Da trage ich in mir nun die Erinnerungen und Erfahrungen eines tausendjährigen Lebens und mache noch immer solche Fehler!
Für diese Frechheit verpaßte mir ein Jaffa mit seiner Stabwaffe einen Schlag in die Rippen. Das erfüllte seinen Zweck. Ich bekam keinen Ton mehr heraus.
"Ach ja, ist das so", meinte der Goa'uld. Er gab die Münze dem Jaffa, der sie grinsend einsteckte. "Für wen arbeitest du?" fuhr er mich an.
"Wonach sieht es denn aus?" Ich konnte mir das nicht verkneifen. Es war mehr als offensichtlich, daß ich Tok'ra war. Ich erhielt einen weiteren Schlag in die Rippen und dieses Mal spürte ich deutlich ein Knirschen. Ich hatte mir nie zuvor etwas gebrochen aber ich wußte trotzdem genau, was da passierte.
Der Goa'uld lachte "Auf einen wie dich habe ich gerade gewartet. Du wirst mir sicher noch viel Freude machen. Schafft ihn weg, ich werde ihn später verhören!"
Vorsichtig schielte ich zur Seite. Ein paar eigenartige schlanke Drachen zierten die Wände des Raumes. Meine Befürchtungen bestätigten sich. Diesen Drachen nannte man Mushussu und er war das Emblemstier von Marduk.

Marduk hatte Recht behalten, er hatte eine Menge Spaß in den nächsten Tagen. Leider war ich der Leidtragende dabei und ich fand es nicht halb so amüsant. Ich wußte nicht, was er von mir wollte. Es war doch klar, daß ich Tok'ra war, oder? Was gab es da sonst noch über mich herauszufinden abgesehen von dem üblichen Zeug wie: wo habt ihr eure Basis und warum bist du hier?
Hamal schien in diesen Dingen geschickter zu sein als ich. Er übernahm die Verhöre, denn eigentlich wollte Marduk nur mit ihm sprechen. Aber die meiste Zeit litten wir gemeinsam.
In der Zelle war es stockdunkel. Mit meiner noch gebrauchsfähigen linken Hand fummelte ich das zerdrückte Zigarettenpäckchen aus der Tasche. Sie hatten mir alles abgenommen, was aus Metall war, aber das fünfzig Cent Plastik-Feuerzeug aus dem Supermarkt, das mir Daniel mitgebracht hatte, ließen sie mir. Ich machte ein wenig Licht damit, um mich umzusehen.
Viel gab es nicht zu sehen. Die Zelle war klein, kalt und schmutzig. Vorsichtig versuchte ich mich aufzusetzen. Hamal konnte mir zwar die meisten meiner Schmerzen nehmen, aber was übrig blieb war immernoch genug. Nach einigen Versuchen gelang es mir. Mein Kopf dröhnte, das Atmen schmerzte und meine rechte Hand... ich wollte lieber nicht wissen, was damit los war. Ich konnte nur hoffen, daß Hamal das irgendwie hinbekam. Doch das verbesserte meine momentane Lage nicht. Der Schmerz war nicht das Schlimmste. Das Schlimmste war die Angst, die Ungewißheit, was aus mir werden würde. Marduk konnte mit seinem Schiff inzwischen Gott weiß wo sein und niemand wußte es. Es war mir nicht mehr gelungen ein Signal abzusetzen. Niemand würde mich suchen und niemand würde mich finden.
Mein Peiniger verlor langsam das Interesse an mir. Das konnte ich deutlich spüren. Ich wußte nicht ob ich mich darüber freuen oder besorgt sein sollte. Es langweilte ihn, daß Hamal so stur war und ihn nur beschimpfte, statt ihm mit brauchbaren Informationen zu antworten.
Dann hörte ich Schritte auf dem Gang draußen. Sie waren wieder einmal gekommen um mich zu holen. Wie lange war ich schon hier? Wie oft hatten Marduks schreckliche Drachenkrieger mich schon mitgenommen? Wie lange konnte ich das noch aushalten?

Ich war müde, unendlich müde, als man mich wieder einmal vor Marduks Thron auf den Boden warf. Ich habe mich mit der Zeit daran gewöhnt. Die Fliesen kühlten mein zerschundenes Gesicht. Marduk hatte ein Faible für Kacheln. Gold schien allein eine Sache von Ras Sippe und den Ägyptern gewesen zu sein. Er wußte es zwar durchaus zu schätzen aber er benutzte es nie in der selben Art wie Ra.
Ich hatte mir den Vortrag von Doktor Jackson interessiert angehört. Marduks Herrschaftsgebiet lag in einem Landstrich, in dem nicht einmal genügend Steine existierten, um ordentliche Häuser daraus zu bauen. Dort gab es nur Sand, Schilf und das Wasser der großen Flüsse. Darauf hatte er sein Imperium errichtet. Von Babylon aus herrschte er über ein riesiges Gebiet, sowohl auf der Erde, als auch im Weltraum. Er schmückte die Wände seiner Paläste nicht mit Gold und edlen Steinen, sondern mit farbigen Ziegeln und Reliefs und das war nicht weniger beeindruckend.
Ich wagte es nicht aufzusehen. Oder besser gesagt: ich war zu müde für diesen Anblick. Vor mir stand Marduk. Ich konnte es spüren und hinter ihm hielten zwei gewaltige Stiermenschen aus Stein am Eingang seiner Gemächer Wache. Ihre Köpfe sahen prüfend auf jeden hinab der einzutreten gedachte. Ihre meterhohen Flügel schmiegten sich eng an den Torbogen und waren (wie der Rest der Figuren) farbig bemalt.
Ich kannte diesen Anblick nur zu gut. Ich wollte ihn mir ersparen, aber die Jaffa zwangen meinen Körper vom Boden hoch.
"Du erhältst nun eine allerletzte Chance mir die Pläne der Tok'ra zu verraten", fuhr er mich mit blecherner Stimme an.
Ich überließ Hamal das Feld. "Du kennst meine Antwort darauf! Wir Tok'ra sterben lieber als unsere eigenen Leute zu verraten."
Marduk schnalzte mit der Zunge. Offensichtlich hatte er nichts anderes erwartet. Ohne ein weiteres Wort gab er seinen Wachen ein eindeutiges Zeichen. Sie richteten ihre Waffen auf mich und ihr Herr schickte sich an zu gehen.
Ich wollte nicht sterben. Kann so etwas wahr sein? Konnte so etwas mir passieren? Ich hätte mir nie träumen lassen, daß ich einmal so endete! Diese verdammten Tok'ra! Wäre ich nur nie zu ihnen gegangen! Dann wäre ich jetzt vielleicht zwar tot, aber wenigstens wäre ich auf der Erde begraben und das bedeutete mir doch ziemlich viel!
Meine Gedanken überschlugen sich. Welche Optionen hatte ich? Keine, die mir gefielen. So viel war klar. Doch plötzlich kam mir eine Idee.
"Aber ich kann dir etwas anderes anbieten, was dich interessieren wird", sagte ich.
Marduk blieb stehen und drehte sich zu mir um. Seine Augen glühten. "Was kannst Du mir schon anderes anbieten?"
"Ich kann Dir die Leute liefern, die dich damals in deinem Tempel gejagt und verbrannt haben." Ich wußte, daß ihn das interessieren würde. SG1 hatte ihn seinerzeit in einer Zikkurat, einem babylonischen Tempelturm, aufgestöbert, wo er sich in einem Tier eingenistet und in einem Sarkophag überlebt hatte. Sie hatten ihn gejagt und vernichtet. Jedenfalls dachten sie das. Doch Marduks Leiche wurde nie gefunden. Und das war auch der Grund weshalb die Tok'ra die umliegenden Planeten routinemäßig eine Zeit lang überwachten. Es mußte unerträglich für ihn sein, daß jemand von dieser Schande wußte und davon berichten konnte. Außerdem war es gefährlich für ihn. Ich behielt es schön für mich, daß auch ich all diese Umstände bis ins Detail kannte.
Doch da unterbrach mich Hamal in meinem Gedankengang. Harrison was tust du da? Hast du denn gar nichts von mir gelernt? Glaubst du wirklich, daß ein solcher Verrat dein Leben retten wird? Er war in Aufruhr. Es wunderte mich nicht. Schließlich war er Tok'ra und die sind mit den Menschen verbündet. Ich wollte ebenfalls nur das beste für die Menschen und es ist ja auch nicht so als ob ich die Erde verraten würde. Es sind nur vier Leute. Ich schätze das ist ein durchaus akzeptabler Preis. Hamal schien das nicht einzuleuchten. Jedenfalls verdrängte er mich und übernahm die Kontrolle.
"Nein, das kann er nicht." Hörte ich mich selber sagen. Es lag alle nur denkbare Ruhe in diesem Satz. Ich glaube, ich selbst habe in meinem ganzen Leben noch nicht so überzeugend geklungen. "Der Feigling will nur seine Haut retten. Töte mich wenn du willst. Es macht mir nichts aus für meine Überzeugungen zu sterben!"
Marduk schien einen Moment zu überlegen. Er war kein Dummkopf. Einst war er ein mächtiger, reicher und gnadenloser Herrscher über zahllose Götter und Menschen gewesen, der selbst seine eigene Ahnin Tiamat getötet hatte, um seine Ziele zu erreichen. Zu seinen besten Zeiten mußte er den Vergleich mit Ra nicht scheuen. Er wäre niemals so alt geworden, wenn er nicht in der Lage gewesen wäre, die Wahrheit von einer Lüge zu unterscheiden.
Er winkte einen seiner Jaffa heran und gab ihm ein Zeichen. Einen Moment später reichte man ihm ein Gerät, das er mir an den Körper heftete. Als er es einschaltete fühlte ich wie Hamal sich wand und die Kontrolle verlor. Er tobte vor Wut, aber was davon noch zu mir drang, waren keine Gedanken mehr, sondern nur noch ein Knäuel von Emotionen. Zum ersten Mal seit langer Zeit war ich wieder allein. Es war befreiend aber irgendwie auch leer.
"Nun sprich!" fuhr mich Marduk an. Seine glühenden Augen waren ein Zeichen seiner Ungeduld. "Wir haben dieses Gerät von den Tollanern erbeutet. Es unterdrückt den Goa'uld, also lüg mich nicht an!"
Aber das wäre mir doch niemals in den Sinn gekommen... Aber ganz im Ernst. Was war es, was alle Goa'uld wollten und dem sie nicht widerstehen konnten? Macht und Reichtum! Auf der Erde ist beides so ziemlich das gleiche und hier draußen schien das auch nicht anders zu sein. Zweifellos war Marduk dabei, seine Truppen aufzubauen, um beides wiederzuerlangen. Das mußte er heimlich tun. Denn bis es ihm gelungen war, eine gewisse Stärke zu erreichen, war er immer in Gefahr einem anderen seiner Art zum Opfer zu fallen. Es war also eine Frage des gekränkten Egos, ob er sich auf den Deal einließ und ich am Leben blieb. Hatte SG1 ihn genug angestachelt, damit er dieses Risiko einging? Waren sie in seinen Augen gefährlich und unverschämt genug, damit er sich aus seiner Deckung hervorwagte und agierte, auch auf die Gefahr hin vorzeitig entdeckt zu werden?
"Ich kenne die Leute, die damals in der Zikkurat waren. Ich kann es arrangieren, daß du sie triffst. Der Rest ist dann deine Sache."
"Warum sollte ich daran interessiert sein?"
Uh, eine Fangfrage! Da half nur noch die Flucht nach vorn. "Weil sie sich über dich lustig machen. Sie erzählen überall Lügengeschichten herum und machen dich lächerlich." Gott sei dank schmerzte mein Gesicht derartig, daß ich gar nicht in die Verlegenheit kam, mir ein schadenfrohes Grinsen verkneifen zu müssen.
"So, was erzählen sie über mich?"
Jetzt kam es darauf an. "Sie sagen, daß du den Körper eines Tieres in Besitz genommen hast und daß du darum selbst nichts anderes als ein Tier seist. Sie sagen auch, daß du sogar eines dreckigen Daseins als die schleimige Schlange, die du bist, nicht würdig seist."
Das hatte gesessen. Er versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. Wahrscheinlich sollte die Geschichte für seine Jaffa nichts als eine Lüge bleiben. Aber ich konnte sehen, wie die Zornesröte langsam unter Marduks Gewand empor stieg, seinen Hals hinaufkletterte und sein Gesicht dunkelrot werden ließ. Ich schwöre, daß ich einen Moment lang befürchtete, daß ihm der Kopf platzen würde.
"Sollte dir das gelingen, so schenke ich dir dein Leben", blaffte er kurz angebunden und verschwand in Richtung der beiden gewaltigen steinernen Stiermenschen. Es sah so aus, als brauchte er eine Abkühlung.

Es stimmt. Marduk hatte mir das Leben geschenkt, aber mehr auch nicht. Ich hauste weiter in meiner dunklen feuchten Zelle und wurde nur heraus gelassen, wenn es ihm beliebte. Aber wenigstens schlugen und quälten mich seine Jaffa nicht länger.
Als er sich ein wenig beruhigt hatte, ließ er mich erneut zu ihm bringen.
"Warum tust du das?" fragte er mich.
"Weil ich leben möchte", antwortete ich und das war nichts als die Wahrheit.
"Du willst ein Tok'ra sein? Als ob ihr etwas vom Leben verstehen würdet. Ihr verkriecht euch in Höhlen, lebt im Exil, in Verhältnissen, die absolut unwürdig sind. Man möchte meinen, daß jemand, der dies freiwillig auf sich nimmt, eine feste Überzeugung hat", schnaubte er verächtlich.
"Ich bin kein Tok'ra. Der Symbiont in mir ist einer, aber ich bin es nicht."
"Erkläre es mir."
"Jemand anderes traf die Entscheidung für mich. Ich war dem Tode nahe." Ich entblößte meinen Hals. Seitlich war eine noch rote Operationsnarbe zu sehen. "Der Symbiont war bereits so schwach, daß er sich nicht mehr mit mir vereinen konnte. Sie haben ihn mir auf diese Weise eingesetzt und mich künstlich am Leben erhalten. Es hat Tage gedauert, bis wir beide außer Gefahr waren. Ich habe mich ihnen gefügt, denn ich wollte nicht undankbar sein. Aber ich will dieses Ding in mir wieder los werden und mein eigenes Leben führen."
Ich war froh, daß ich noch immer das Tollanergerät trug und mich mit Hamal nicht auseinandersetzen mußte. Ich bezweifelte, daß Marduk Verständnis für mich hatte, aber er konnte meine Motive nachvollziehen.

Ich mußte ganz schön flunkern, damit SG1 mir in die Falle ging. Was habe ich mir nicht alles ausgedacht! Ich wußte nicht, daß ich derartig lügen konnte, ohne dabei auch nur rot zu werden. Aber schließlich habe ich es von den besten gelernt: den Tok'ra. Es wundert mich immer noch, daß es geklappt hat. Es hätte genauso gut schief gehen können, denn ich konnte den Tok'ra schlecht sagen, daß ich unbedingt die Tau're mit hineinziehen wollte.
Also erfand ich eine haarsträubende Geschichte. Ich berichtete, ich hätte etwas gefunden aber ich wüßte nicht genau, was es war. Marduk bestand darauf, daß sein Name nicht fiel. Ich sagte, ich wäre diesem seltsamen Etwas mit dem Schiff auf einen Planeten gefolgt, auf dem es ein Stargate aber kein Rückwahlgerät gab.
Diesen Planeten hatten wir mit Absicht ausgesucht, denn er befand sich aufgrund der stellaren Verschiebung außerhalb des Stargatesystems. Ich sagte ihnen, ich hätte die Anwahlkoordinaten für dieses Gate nicht. So ging ich auf zwei Arten sicher, daß das Stargatecenter bei der Mission dorthin dabei war. Zum einen besaßen sie den Naquadareaktor, den man für die Rückreise brauchte, wenn man kein DHD hatte. Zum anderen mußten die Koordinaten für das Tor erst berechnet werden und dazu war ebenfalls nur das Stargatecenter in der Lage. Die Tok'ra hatten aufgrund ihrer Raumschiffe nie eine Notwendigkeit dafür gesehen und hatten somit auch diese Art von Technologie und Know How nie entwickelt. Die Reise mit einem Schiff hätte zu lange gedauert. Es würde ihnen nicht passen, aber sie waren in dieser Sache von den Tau're abhängig. Danach gab ich vor, ein beschädigtes Funkgerät zu haben und sprach nicht mehr mit ihnen. Ich hoffte im stillen, daß das Stargatecenter SG1 schickte. Dies war der einzige Faktor, den ich nicht voraussagen konnte.

Marduk gestattete mir dabei zu sein, als sich das Sternentor öffnete. Nun kam es darauf an. Wie gut war mein Plan wirklich? Als ich das Tor anstarrte und darauf wartete, daß SG1 in sein Verderben lief, kamen mir ernste Zweifel an meinem Plan. Alles fiel und stand allein mit mir. Wenn ich jetzt reagierte, dann konnte ich vielleicht noch alles ändern. Aber der Moment kam und ging und ich tat nichts. Diese Art von Trägheit hatte mich schon früher an der Highschool zum Mitläufer gemacht. Sie hatte mich allerdings auch davor bewahrt, zum Außenseiter zu werden und mir viele Widerstände aus dem Wege geräumt. Aber ist es das wert? Opfert man die eigene Meinung der Bequemlichkeit, nur weil es alle anderen auch tun? Ich weiß nicht, was richtig ist. Ich bin kein Tok'ra. Für die scheint alles immer so eindeutig und glasklar zu sein. Ich weiß nicht, wie sie das machen. Wahrscheinlich bin ich einfach nur ein schlechter Mensch.
O'Neill hatte seine Waffe im Anschlag. Ich konnte sehen wie er sich zweifelnd umsah und sich langsam vom Tor entfernte. Das war mein Einsatz. Mit dem Wissen daß eine ganze Reihe Waffen auf mich gerichtet waren, näherte ich mich ihnen.
"Jack?"
"Ah, Harrison, da sind sie ja! Haben sie auf uns gewartet?"
"Ja Jack." Ich grinste ihn an. "Wo sollte ich hier auch hingehen. Es gibt keine Bars, kein Baseball. Ach verdammt, hier gibt es nicht mal einen Zeitungskiosk!"
Er lachte. Die anderen näherten sich nun auch.
"Hallo Harrison", sagten sie und klopften mir auf die Schulter. Ich rang mir ein Lächeln ab und entschuldigte mein etwas gequältes Verhalten damit, daß ich müde war. Und ich war wirklich müde. Mein Gott, ich glaube ich hätte eine ganze Woche schlafen können, wenn man mich nur gelassen hätte. Aber ohne Hamals Hilfe waren die Schmerzen kaum erträglich und es fiel mir schwer es vor ihnen zu verbergen.
"Nun", fragte mich Sam, "was haben Sie entdeckt?"
"Das sehen Sie sich am besten selbst an. Es ist schwer, es jemandem zu erklären, der es nicht gesehen hat." Ich zeigte in die ausgemachte Richtung. "Hier entlang."
Sie folgten mir ohne zu zögern. Wahrscheinlich hielten sie es für die normale Geheimniskrämerei der Tok'ra. Sie waren so ahnungslos. Ich wünschte, sie wären nicht so nett zu mir gewesen. Denn das machte alles nur noch schwerer. Ich führte sie tief hinein in die Wüste, weit weg vom Stargate, dorthin, wo die Hitze unerträglich wurde. Ein Berg in der Ferne diente mir als Landmarke. Das Gelände war unwegsam, so daß jeder von uns darauf achten mußte, wo er hintrat. Es kam mir recht gelegen, denn jemand, der beschäftigt ist, stellt keine Fragen und eine Unterhaltung war das letzte was ich im Moment gebrauchen konnte.
Der vereinbarte Treffpunkt befand sich in einer kleinen Schlucht. Sie war nicht sehr tief oder lang, aber sie war unübersichtlich genug für einen Hinterhalt. Ich blieb stehen und sah mich um. Es war nichts zu entdecken. Ich löste einige der Tücher, die ich wie ein Beduine um meinen Kopf geschlungen und vor mein Gesicht gebunden hatte.
"Was ist? Sind wir endlich da?" fragte mich Daniel.
"Ja, wir sind da."
"Und? Wo ist es? Ich meine das, was sie uns zeigen wollten?"
"Es ist genau hier."
Sie sahen sich um und ich trat unauffällig ein paar Schritte zurück.
Plötzlich erschienen von überall her Jaffa. Das Klirren ihrer Rüstungen und Waffen brach sich an den Wänden der Schlucht. Hunderte von Waffen waren auf sie und auch auf mich gerichtet. O'Neill, Carter und Teal'c erkannten ihre Lage. Es gab kein Entkommen.
"Was..." stieß O'Neill verblüfft hervor. Sein Blick wanderte rastlos umher und blieb schließlich auf mir liegen. Es dauerte keine Sekunde bis er begriff, daß ich etwas damit zu tun hatte. "Du verdammter Mistkerl!" brüllte er mich an. Mit ein paar schnellen Schritten war er bei mir und schlug mir mit dem Gewehr ins Gesicht.
Für einen Moment klingelten mir die Ohren aber es fühlte sich nicht einmal schlecht an. Ich hatte irgendwie das Gefühl, ich hätte es verdient. Natürlich versuchte ich nur das Beste für die Erde und die Tok'ra zu tun, auch wenn sie das nicht verstanden.
Während ich wieder auf die Beine kam und mir das Blut aus dem Gesicht wischte, wurden die Mitglieder von SG 1 festgenommen. Jeder Widerstand war hier zwecklos. Das konnte selbst ein Blinder sehen. Wenn Blicke töten könnten, dann hätte in diesem Moment mein letztes Stündlein geschlagen, denn jedes einzelne Mitglied von SG1 bedachte mich mit einem giftigen Blick.
Hinter meinem Rücken hörte ich ein leises schadenfrohes Lachen. Ich drehte mich um und stand direkt vor Marduk.
"Ich wußte doch schon immer, daß die Tok'ra und die Goa'uld sich mehr ähneln als man gemeinhin annimmt. So viel zu ihrer Ehre und ihren hohen Idealen."
Ich sah ihn fest an. "Das kannst du mir glauben, wir haben nichts gemeinsam. Gar nichts."
Das Grinsen in seinem Gesicht erstarrte. Er winkte seinen Jaffa, die nun auch mich abführten. Ich hatte nicht wirklich damit gerechnet, daß er mich frei ließ, aber einen Versuch war es wert gewesen.

Ich ließ die Augen geschlossen. Ich träumte von meinem Leben, von meiner Freundin Sally, von meiner Familie, von den Dingen die ich kannte und mochte. Aber es war nicht richtig. Dieses Leben war vorbei. Fort. Nur noch ein blasser Glanz in meiner Erinnerung. Wehmütig erkannte ich den Traum als das, was er war, und erwachte.
Wie lange hatte ich schon nicht mehr geschlafen? Immer wieder döste ich für kurze Zeit ein und wurde von wilden Träumen heimgesucht. Wenn ich dann zusammenzuckte oder mich bewegte, weckten mich die Schmerzen unweigerlich. Es war das erste Mal seit langer Zeit, daß ich zur Ruhe gekommen war.
Orientierungslos fragte ich mich, wo ich wohl war, aber dann fiel es mir wieder ein. Ich legte eine Hand auf das Tollanergerät, das ich nicht mehr abgenommen hatte, seit Marduk es mir gegeben hatte. Ich hatte keine Lust auf eine Diskussion mit Hamal. Das hier ging ihn nichts an. Es war allein meine Sache.
Marduk war mir unsympathisch. Ich meine wirklich unsympathisch, selbst wenn man einmal davon absah, daß er der Feind war. Er hatte etwas unheimliches an sich, etwas, das ihm diese Ausstrahlung von Alter, Verfall und Erstarrung verlieh. Trotzdem war er gefährlich, und zwar auf eine Art, die mir aufgrund eben jenes Alters irgendwie fremd war. Hamal verstand das, aber auf seine Hilfe konnte ich nun nicht zählen. Marduk hatte mir versprochen, mich am Leben zu lassen und das tat er auch, aber von Freiheit war nie die Rede gewesen und so erwachte ich wieder in der stockdunklen kalten Zelle tief im Bauch seines Schiffes.
Mit gefühllosen klammen Fingern suchte ich in einer Tasche nach dem Plastikfeuerzeug. Vorsichtig schüttelte ich es an meinem Ohr. Es hatte mir durch viele einsame Stunden hier unten geholfen, doch nun war es fast leer. Es ist bemerkenswert welche Wirkung eine so kleine Flamme auf einen Menschen haben kann. Alle Hoffnung, alle Sehnsucht und aller Schmerz scheinen in ihr zu liegen. Sie mochte nicht dazu geeignet sein mich zu wärmen, aber sie wärmte meine Seele. Ich glaube, ich hätte längst aufgegeben, wenn ich dieses kleine Licht nicht gehabt hätte.
Vorsichtig stemmte ich mich an der Wand hoch und sah mich um. Hier drin war wirklich nichts was mir heraushelfen konnte. Ich hatte nicht vor, den Rest meines Lebens dort zu verbringen. Wahrscheinlich würde das sowieso nicht mehr lange dauern, wenn ich Marduk richtig einschätzte.
Ich zog einen der Umhänge von meinen Schultern, die mich draußen gegen die Hitze, die Sonne und den Sand schützen sollten. Dann hielt ich das Feuerzeug daran und hoffte, daß das Zeug brannte. In der Tat dauerte es nicht lange und der Stoff begann zu brennen und zu qualmen. Als ich sicher war, daß es nicht wieder ausgehen würde, trommelte ich gegen die Tür und rief nach den Wachen.
Die Jaffa warfen nur einen kurzen Blick in den Raum und öffneten dann sofort die Tür. Ich kniete auf dem Boden und hustete wie ein Wahnsinniger. Als sie an mir vorbei eilten, um das Feuer zu löschen, sprang ich auf und stürzte zur Tür hinaus. Jedenfalls war das der Plan. Es war nicht so einfach, wie ich es mir ausgedacht hatte. Mit dem Aufspringen war es Essig. Ich kroch mehr zur Tür hinaus, aber immerhin blieb das Ergebnis das selbe. Ich warf die schwere Tür hinter mir zu und meine Wächter waren gefangen. Ich mußte mich beeilen. Sicher dauerte es nicht lange, bis man meine Flucht entdeckte.
Ich konnte mir keine Pause gönnen und stand auf, um nach SG 1 zu suchen. Sie waren bestimmt dankbar für eine Fluchtmöglichkeit. Und ganz nebenbei war mir klar, daß ich allein nicht entkommen konnte. Ich schleppte mich von Zelle zu Zelle. Die meisten waren leer, oder zumindest hielt ich sie dafür, denn durch das spärliche Licht konnte ich nicht allzu viel sehen.
Doch dann gelangte ich an eine Tür, hinter der es still war. Dennoch spürte ich auf eigenartige Weise eine Anwesenheit. Vielleicht war es Carter, die einmal von einem Tok'ra in Besitz genommen worden war. Vielleicht war es aber auch nur Intuition. Ich habe wirklich nicht die geringste Ahnung.
"Carter?" rief ich leise.
Ein paar Sekunden tat sich gar nichts, doch dann hörte ich ein Scharren. "Harrison? Sind Sie das?"
Ohne zu antworten öffnete ich die Tür und spähte vorsichtig hinein. Vor mir stand eine dunkle Gestalt. Ich nahm an, daß es Carter war. "Sam?" fragte ich noch einmal und trat einen Schritt in die Dunkelheit hinein.
In diesem Moment traf mich etwas hart von der Seite und warf mich zu Boden. Halb besinnungslos spürte ich wie ein gewaltiges Gewicht auf mir lastete und mir jede Bewegung unmöglich machte. Instinktiv wehrte ich mich, aber ich hatte diesem Mann, der auf mir lag und mich festhielt, nichts entgegen zu setzen.
"Hast du ihn, Teal'c?" hörte ich Carter sagen.
"Ja."
"Halte ihn gut fest. Ich werde etwas suchen, um ihn zu fesseln."
"Hey, ihr müßt mich nicht fesseln. Ich habe euch schließlich hier heraus geholt."
Aber ich bekam keine Antwort. Sie taten so als wäre ich nicht da. Ich spürte, wie etwas fest um meine Handgelenke gezogen wurde. Der Schmerz fuhr mir bis in die Schulter hinauf, als der Bruch in meinem Unterarm, der ohne Hamals Hilfe eben erst zu heilen begann, erneut verschoben wurde. Jemand versuchte mir den Mund zuzuhalten als ich zu schreien begann.
Aber ich hatte Glück. Sam schien wenigstens einen Rest von Mitleid zu empfinden und hielt einen Augenblick inne. Sie wühlte sich durch meine Kleidung bis sie den Arm im schwachen Licht sehen konnte.
"Oh mein Gott", sagte sie leise und ließ mich augenblicklich los. "Teal'c, laß ihn los. Er ist keine Gefahr für uns."
So lädiert kam ich mir nun auch wieder nicht vor, daß ich für niemanden mehr eine Gefahr darstellte. Jedenfalls hoffte ich das. Da ich nun aber nicht mehr durch die Lagen meiner Kleidung verhüllt war, konnte sie mein Gesicht sehen. Ich habe keine Ahnung, wie ich in diesem Moment ausgesehen habe, aber es schien Eindruck auf sie zu machen.
"Mitleid ist hier fehl am Platze, Major Carter." Teal'c Stimme klang kalt. "Er erhält nur die gerechte Strafe für seinen Verrat."
"Tja, ich widerspreche Dir ja nur ungern", ich versuchte mich aufzusetzen, "aber ich habe Euch nicht verraten."
Carter gab ein freudloses Lachen von sich. "Und wie würdest Du es dann nennen? Vielleicht hast du uns einen Gefallen tun wollen, was?"
"Im Prinzip war es so, ja. Aber wollen wir jetzt lange diskutieren oder wollt ihr hier heraus?"
"Und woher wissen wir, daß du uns nicht wieder herein legst?"
"Das weißt du nicht. Du wirst es mir einfach glauben müssen. Aber als kleine Entscheidungshilfe: sieh mich an! Was glaubst du, wie lange ich es hier drin noch mache? Denkst du, ich will sterben? Das hätte ich auch einfacher haben können."
Sie sah mich prüfend an. Meine Argumente waren hieb- und stichfest. Es gab nichts dagegen zu sagen.
"Gut. Also wie gut kennst du dich hier drinnen aus?"
"Ich kenne die Baupläne dieses Schiffstyps."
"Wo bringt Marduk seine Gefangenen zum Verhör hin?"
Erst jetzt fiel mir auf, daß O'Neill und Jackson fehlten. Es war mir klar, daß die anderen niemals ohne sie fliehen würden. Also lief alles auf eine Befreiungsaktion hinaus.
"So etwas erledigt er in der großen Halle. Sie befindet sich vor dem Eingang zu seinen Privatgemächern. Aber ich sage Euch gleich, daß dieser Ort der zentrale Punkt des Schiffes ist. Es werden sehr viele Jaffa dort sein."
Ich konnte nur hoffen, daß wir auch dieses Mal wieder das sprichwörtliche Glück von SG1 auf unserer Seite hatten.

Zum ersten Mal sah ich den großen Saal aus einer etwas entfernteren Perspektive und nicht nur aus einer Höhe, die nur selten mehr als zwanzig Zentimeter maß. Wir waren über Nebengänge dorthin gelangt und konnten nun von einem kleinen Balkon aus alles überblicken.
Wir hatten weder Zeit noch Lust die Architektur zu bewundern, aber dennoch war es atemberaubend. Eine strahlend blaue Glasur überzog die Wände des lichtdurchfluteten Raumes, der mit weißen, orangen und grünen Ornamenten geschmückt war. Marduks Drache war allgegenwärtig und in vielen Formen dargestellt. Und über allem thronten die gewaltigen Shedu-lamassu, die das Tor zu Marduks Reich bewachten. Allein die Hufe dieser steinernen Stiermenschen waren so hoch, wie der Unterschenkel eines Menschen. Angeblich befähigte sie ein Zauber dazu, den Hausherrn vor allem Übel zu beschützen. Sie belegten jeden, der zwischen ihnen hindurch schritt und etwas Böses gegen die Bewohner im Sinn hatte, mit einem Fluch. Entweder man glaubte es oder nicht, aber dennoch konnte man sich der einschüchternden Wirkung dieser geflügelten Riesen nur schwer entziehen.
Marduk hatte sich beim Bau seines Schiffes den Luxus erlaubt, sozusagen ein "Sonnendach" einzubauen. Durch eine transparente Kuppel fiel bei Bedarf das Sonnenlicht in die große Halle. Aber ich machte mir nichts vor, gerade diese Öffnung, durch die ich nun den Himmel sehen konnte, war der Fluchtweg, der am unwahrscheinlichsten war. Mit schweren Energieschilden und mehrfachen Sicherungen versehen, war es praktisch unmöglich dort hinaus zu gelangen. Wenigstens konnte ich nun aber sicher sein, daß wir den Planeten noch nicht verlassen hatten. So bestand für uns immer noch die theoretische Möglichkeit, durch das Sternentor zu entkommen. Ich betone theoretisch. Denn mehr war es in diesem Moment nicht.
"Wir müssen in die Halle hinunter", sagte ich, "und zwar bevor Marduk zurück kommt." Ich zeigte auf einen Abschnitt der hinteren Wand, wo sich einige Jaffa aufhielten und zwei Gestalten bewachten, von denen die eine kniete und die andere leblos auf dem Boden lag. Von Anfang an hätte ich darauf drängen sollen, ohne sie zu fliehen. So hätten wenigsten ein paar von uns eine Chance gehabt. So gebot es jedenfalls die Logik, auch wenn mein Herz etwas anderes sagte. "Ich kann euch dorthin führen. Das sollte kein Problem sein, aber sobald wir sie befreit haben, geht der Tanz los. Es wird schwer werden. Wenn sie zu geschwächt sind, werden wir vielleicht gezwungen sein, einen von ihnen oder sogar beide zurück zu lassen." Ich haßte es, wieder einmal der Buhmann zu sein, aber ich mußte sicher gehen, daß sie die Dinge klar sahen.
Carter sah mich sprachlos und entrüstet an. "Wir lassen unsere Leute nicht zurück, Harrison. Egal wie schwierig es dadurch wird!"
Ich nickte nur. Ich hatte nichts anderes erwartet. Dennoch hatte ich erreicht was ich beabsichtigte. Ich wollte ihnen den Gedanken nur nahe bringen. Die Hoffnung blieb, daß es nie so weit kam, aber vielleicht fiel ihnen die Entscheidung später dann nicht so schwer, falls sie doch getroffen werden mußte.
"Es gibt Wartungsschächte, die bis hinter die steinernen Wächter führen. Dort sollte uns niemand sehen."

Es war nicht so schwierig, wie ich angenommen hatte, in ihre Nähe zu gelangen. Erst wenn sie in eine andere Sektion übergehen, sind Sicherheitsbarrieren in die Schächte eingebaut. Die, in denen wir herumkrochen, gehörten jedoch alle zur Großen Halle.
Von einem kleinen Erker aus konnten wir die Jaffa beobachten, die O'Neill und Jackson bewachten. Der Colonel schien gerade wieder zu sich zu kommen. Hamals taktisches Verständnis ermöglichte mir eine relativ gute Einschätzung der Lage. Es war kaum möglich, hier unbemerkt heraus zu kommen. Immerhin war dies der Mittelpunkt des Schiffes, sobald sich hier etwas ereignete, dauerte es nur Sekunden, bis das ganze Schiff alarmiert war. Trotzdem mußten wir etwas unternehmen, und sei es nur aus Verzweiflung.
"Teal'c?" fragte ich. Der Jaffa sah mich mit einer Verachtung an, daß ich es unter normalen Umständen nicht gewagt hätte, ihn anzusprechen. "Wie gut kanntest du Apophis' Schiff?"
Er sah zwischen den Steinfiguren hindurch in Marduks Gemächer und plötzlich hellte sich sein Gesicht auf. "Gut genug, denke ich. Aber ich kann nichts garantieren."
Carter sah von einem zum anderen und legte die Stirn in Falten. "Hast du einen Plan?" fragte sie mich, aber es war Teal'c, der für mich antwortete.
"Das werden wir sehen, Major. Aber zuerst müssen wir uns um Colonel O'Neill und Doktor Jackson kümmern."
Wir konnten nicht verhindern, daß uns die Jaffa sahen, also mußten wir schnell sein. Teal'c sprang ohne Vorwarnung aus unserer Deckung hervor und warf sich gegen den erstbesten Jaffa. Carter und ich stürmten sofort hinterher. Ich glaube nicht, daß ich ihnen eine große Hilfe war, aber sie hätten mich sowieso nicht gebraucht, denn in Windeseile hatten sie sich die Stabwaffen genommen, welche die überrumpelten Jaffa verloren hatten, und schossen auf den Feind. Innerhalb von Sekunden war die Gruppe von Wachsoldaten überwältigt. Ohne zu zögern, packte ich O'Neill am Ärmel und zerrte ihn auf die Füße. So orientierungslos und geschwächt er auch war, schien er sich dennoch an mich zu erinnern, und daran, was ich getan hatte. Er zögerte einen Augenblick, dann unternahm er einen halbherzigen Versuch nach mir zu schlagen.
"Kommen Sie Colonel, dafür haben wir später noch Zeit", sagte ich und er ließ sich widerstandslos von mir mitziehen.
Ich stolperte auf die einschüchternden Wächter aus Stein zu und senkte unwillkürlich den Blick vor ihnen, so als würden sie sonst ahnen können, daß ich etwas im Sinn hatte, was den Plänen ihres Herrn zuwider lief. Ich bin nicht abergläubisch, und trotzdem ... man sollte es nicht darauf ankommen lassen.
Ich wußte, daß Marduks Gemächer nicht durch ein Kraftfeld gesichert waren, denn ich hatte Diener ein und aus gehen sehen. Warum auch? Er befand sich hier auf seinem eigenen Schiff, umgeben von seinen eigenen Bediensteten. Es bestand kein Grund dafür.
In dem Moment, in dem ich zwischen Shedu und Lamassu, den beiden Steinfiguren, hindurchschritt, schrillte der Alarm los. Mit einer einfachen Alarmanlage habe ich nicht gerechnet. Also hatte die Legende recht: die beiden dämonischen Wächter brachten Verderben über jene, die dem Hausherrn etwas Böses wollten, und sie brachten es in Gestalt der Jaffa.
Obwohl ich im Grunde damit gerechnet hatte daß man uns bald entdeckte, wurde mir nun auf fatale Art klar, daß es kein Zurück mehr gab. Wir mußten es durchziehen. Entweder starben wir dabei oder wir entkamen. Wir hatten keine andere Wahl. Bei diesem Gedanken konnte ich Hamals Aufruhr spüren. Ein Gefühl von Ohnmacht und Wut stieg in mir auf, das zweifellos von ihm ausging. Ein weiteres Mal war ich froh, mir seine Vorhaltungen nicht anhören zu müssen und dennoch hätte ich viel darum gegeben, mich in dieser Situation auf seinen Rat verlassen zu können. Immerhin war er deutlich älter als ich und steckte nicht zum ersten mal in einem solchen Schlamassel.
O'Neills Arm war um meine Schulter gelegt, mit meiner unverletzten Hand stützte ich ihn und zusammen stolperten wir vorwärts. Wir zogen uns in die hinteren Räume zurück, wo wir uns vor den Jaffa verschanzen konnten. Ich setzte den Colonel ab und sah mich um.
Aus dem Augenwinkel bemerkte ich einen Schatten, der sich schnell durch eine im Dunklen versteckte Tür entfernte. Mit eiligen Schritten setzte ich ihm nach, aber als ich in den nächsten Raum kam war alles was ich bemerkte ein Lichtschimmer, der sofort verschwand. Ich konnte nicht sagen, woher er kam, nur daß sich das, was wir suchten, in diesem Raum befinden mußte.
Ich eilte wieder zurück, als im selben Moment auch Carter und Teal'c hereinkamen. Sie sicherten den Eingang.
"Teal'c", sprach ich den großen Jaffa an und zeigte auf den Raum hinter mir. Er nickte und machte sich sofort auf den Weg. Im Vorbeigehen drückte er mir eine Stabwaffe in die Hand. "Vielleicht ist es besser, wenn sie ihm helfen, Major Carter, Doktor Jackson. Ich glaube nicht, daß wir uns hier lange aufhalten können."
"Wonach suchen wir eigentlich Harrison?"
"Nach Marduks geheimem Schlupfloch." Carter sah mich fragend an. "Ein Goa'uld baut sein Nest immer so, daß es sich einfach verteidigen läßt, mit nur einem Zugang." Ich zeigte auf die verriegelte Tür. "Aber auch wenn er es mit nur wenigen Leuten lange halten könnte, säße er hier drin dennoch in der Falle. Was liegt also näher, als einen geheimen Fluchtweg anzulegen?"
Sie nickte und grinste mich an. "Transportringe", stellte sie fest.
"Transportringe", nickte ich.
Carter und Jackson gingen mit Teal'c. Da er die Methoden der Goa'uld kannte, war es am wahrscheinlichsten, daß er die Ringe fand. Ich blieb beim Colonel. Er war nicht besonders gut zu fuß. Ich sah, wie Blut aus seinem Hosenbein sickerte, aber das machte ihn nicht weniger gefährlich. Mit einer Stabwaffe hatte er sich hinter einem Teil der Einrichtung auf die Lauer gelegt, die er zuvor umgestoßen hatte. Da auch ich in meinem Zustand keine wirkliche Hilfe für die anderen war, tat ich es ihm gleich. Immerwieder wurde mir schwindelig und bereits wenige Schritte ließen mir den kalten Schweiß ausbrechen. Schweigend legte ich mich neben ihn und bewachte die Tür. Da lagen wir nun, wie zwei müde, verwundete, alte Bären, zu schwach, um ohne Hilfe zu fliehen, aber immernoch stark genug um zu beißen.
Ich konnte Rufe von außen hören und wußte, daß sich vor den Toren die Jaffa formierten. Ich wußte jede einzelne Sekunde zu schätzen, in der sie noch nicht auf uns los gingen, aber plötzlich brach die Hölle über uns herein. Mit wenigen Schüssen verwandelten sie die Tür in einen Regen scharfkantiger Splitter. Der Lärm war erschreckend und ohrenbetäubend, aber er bewirkte zwei Dinge: er schüttelte mich aus meiner einsetzenden Lethargie und ließ mich meine eigenen Einschränkungen vergessen, die mir meine Verletzungen auferlegten. Adrenalin strömte durch meine Adern und machte mich hellwach. Mit der Stabwaffe schoß ich zurück, zu Beginn ohne zu zielen, aber bereits wenig später kühl und berechnend.
Das Quartier war hervorragend angelegt. Es ließ sich mühelos mit zwei Leuten verteidigen, aber natürlich war es nur eine Frage der Zeit, bis sie uns überrannten. Ich glaube, ich verlor das Zeitgefühl. Die Erinnerung, die ich an dieses Gefecht habe, ist bestenfalls bruchstückhaft. Irgendwann hörte ich einen Schrei hinter mir. Sie mußten die Ringe wohl gefunden haben. Natürlich dauerte das etwas, denn sie waren gut versteckt. Die Dienerschaft sollte sie nicht zufällig finden und ihren Standort an einen eventuellen Spion verraten können.
"Colonel, wir müssen gehen!" brüllte ich O'Neill zwischen zwei Schüssen ins Ohr. An einen geordneten Rückzug war nicht zu denken, denn wir beide waren dazu nicht in der Lage. Noch während ich darüber nachdachte, kniete plötzlich Carter hinter uns und half ihrem Colonel in die relative Sicherheit des nächsten Raumes zu gelangen.
Ich an ihrer Stelle hätte uns vielleicht zurück gelassen. Hamal war in diesen Dingen konsequent und meistens hatte er damit recht. Zumindest hätte ich mich zurückgelassen, wenn ich an ihrer Stelle gewesen wäre, denn immerhin war ich für die Schwierigkeiten, in denen sie jetzt steckten, verantwortlich. SG 1 hatten mehr Grund als alle anderen, mich zu hassen, und ich konnte sie gut verstehen. Aber selbst, wenn ich starb und sie entkamen, hatte ich mein Ziel erreicht. Um so größer war meine Überraschung als mich völlig unerwartet Teal'c packte und mit sich zog.
Jackson stand an einer Wand und bediente ein Gerät, das ich wegen des fehlenden Lichtes nicht erkennen konnte. Man zerrte mich zügig und ohne Verzögerung an eine Stelle, an der auch schon Carter und O'Neill standen. Kaum angekommen, sprang noch Jackson zu uns und im selben Moment wurden auch schon die Ringe ausgelöst. Die Jaffa konnten nur noch einen Atemzug entfernt gewesen sein.
Als sich die Ringe wieder hoben, duckten wir uns automatisch. Wir waren im Hangar des Schiffes gelandet und natürlich blieb unsere Ankunft dort nicht unentdeckt. Wie konnte es auch anders sein? Sofort nahm man uns wieder unter Feuer und nur Marduks Paranoia rettete uns. Dieses geheime Ringsystem war so angelegt, daß es in einem nicht gleich einsehbaren Teil des Hangars erschien, damit sich der Goa'uld verteidigen konnte, falls man ihn auch hier angriff. Umso seltsamer war es, daß man sofort auf uns schoss. Das konnte eigentlich nur eines bedeuten....
"Sagtest du nicht, du wolltest nicht undankbar sein? Das habe ich nun davon, daß ich dein Leben verschont habe", hörte ich Marduk dröhnen. Also mußte er es wohl gewesen sein, den ich mit den Ringen hatte fliehen sehen. Und schon wieder saßen wir in der Falle. Hektisch suchte ich nach einem Ausweg.
Ein Schiff, das baugleich mit meinem war, stand ganz in unserer Nähe. Die Hangartore waren geöffnet. Ich spürte, wie der heiße Wüstenwind hereinwehte, und schmeckte den Staub, den ich nach so vielen Tagen in Gefangenschaft nun wieder zu schätzen wußte. Doch schon begannen sich die Tore zu schließen und ich wußte, unsere Zeit lief ab. Vorsichtig entfernte ich mich ein Stück von den anderen.
"Hättest du mir mein Leben wirklich geschenkt?" fragte ich ihn und stand auf. Ich wußte, daß es seinen Jaffa eine ausgezeichnete Möglichkeit gab mich zu töten.
"Harrison, nicht! Harrison.....!" flüsterte O'Neill.
Marduk grinste. "Du bist in der Tat anders als die Tok'ra. Du verstehst mich und meinesgleichen. Du weißt, daß ich dich nicht gehen lassen kann. Aber wir können eine andere Übereinkunft treffen. Versprich, mir zu dienen und ich werde dich nicht nur am Leben lassen, sondern dir auch einen passables Lebensstandard ermöglichen. Jemanden wie dich kann ich brauchen."
"Und du weißt, daß ich immer versuchen würde, dich aufzuhalten und du würdest mich auch nie lebend dazu bringen, einen neuen Symbionten aufzunehmen."
Marduk grinste und schüttelte den Kopf. "Du weißt, daß die Goa'uld nötig sind, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Stelle dir nur ein Universum vor, daß von den Tok'ra oder gar den Tau're regiert würde! Krieg und Chaos würden herrschen. Ich erwarte nicht, daß Du mich liebst oder verehrst, aber ich bin sicher, du respektierst mich und das, was ich tue. Die Vorteile unserer Herrschaft kannst du nicht verleugnen. Sieh dir nur die Größe unserer Reiche an. Wer sollte den Platz der Systemlords einnehmen?"
Mir wurde übel von so viel Selbstherrlichkeit. "Wer, außer Dir." fragte ich.
Wieder grinste er. "Was macht es schon, wer die Galaxis regiert, solange er überhaupt regiert. Genau darum will ich, daß du dich mir anschließt. Niemand sonst wagt es, mir zu widersprechen."
Langsam drehte ich mich zu den anderen um, und sah SG1 nachdenklich an. Man mochte von den Goa'uld halten was man wollte, aber auf seltsame Weise hatte ihre Logik etwas bestechend realistisches an sich. Vorsichtig schielte ich zu dem kleinen Transportschiff hinüber, das in unserer Nähe lag und sah danach Carter eindringlich an, wobei ich sorgfältig darauf achtete, sie nicht direkt anzusehen, um ihre Position nicht preis zu geben. Ich konnte sehen, was sie dachten, als ich von einem Gesicht zum anderen blickte. Er wird uns wieder verraten... Er wird wieder versuchen sein jämmerliches Leben zu retten.... Hätten wir ihn nur zurück gelassen...
Ich drehte mich um und trat einen Schritt auf Marduk zu. Sofort gingen seine Jaffa in Verteidigungsposition. So gut ich es vermochte, hob ich vorsichtig die Hände.
"Ich kann nicht versprechen, daß ich dir ohne Einschränkung diene."
"Nichts anderes habe ich erwartet. Ich will nur, daß du ehrlich bist bei dem, was du tust."
Ist es nicht absurd, einen Goa'uld von Ehrlichkeit sprechen zu hören? Mir jedenfalls kam es so vor. Langsam kam ich näher. Seine Jaffa umringten mich nun schon zur Hälfte. Ich stand kaum noch einen Meter von ihm entfernt.
"Wie willst du dir meiner sicher sein?" fragte ich ihn.
"Natürlich werde ich dich bewachen lassen, und mit der Zeit werde ich dir verschiedene Aufgaben übertragen und die Bewachung lockern, falls du dich als würdig erweist. Ich bin sicher, daß du dir mein Vertrauen verdienen kannst."
Die Jaffa in meiner unmittelbaren Nähe ließen ihre Waffen bei diesen Worten sinken. Darauf hatte ich nur gewartet.
"Ich schätze, du irrst dich!" knurrte ich ihn an. Seine Augen glühten, als er erkannte, daß ich ihm niemals dienen würde. Wie ich schon einmal sagte: ich habe das Lügen von den Besten gelernt.
Mit all meinem Gewicht warf ich mich gegen Marduk. Während er strauchelte, legte ich ihm meinen gesunden Arm um den Hals und preßte ihn fest gegen meine Brust, so daß ich ihm fast die Luft abdrückte. Ich schaffte es, ihn wie einen Schutzschild vor mich zu halten. Die gebrochene Hand hielt ich hinter seinen Rücken, so daß niemand sehen konnte, ob ich nicht doch eine Waffe dort versteckte. Marduks Gewicht lastete darauf und der Schmerz, den das verursachte, erforderte eine nicht geringe Konzentration, aber ich wußte, daß es nur eine Sache von Sekunden war, bis man mich überwältigte. Götter sind eben keine Geiseln und selbst wenn ich ihn erschossen hätte, wäre er mit seinem Sarkophag in kurzer Zeit wieder auferstanden.
Aber ich war nicht allein und SG1 kam zu meiner Hilfe. Carter schien mein Zeichen verstanden zu haben und begann, auf die Jaffa zu feuern, als ich Marduk versuchte als Geisel zu nehmen. Sie hatten sich unbemerkt etwas verteilt und das ermöglichte es ihnen, sich in Richtung Transportschiff zu bewegen und gleichzeitig ihren Rückzug zu decken.
Ich nutzte die Verwirrung des Augenblickes und folgte ihnen. Mit aller Kraft hielt ich den Goa'uld schützend vor mich, aber das machte mich nicht nur langsam, sondern auch zu einem sehr gut sichtbaren Ziel.
Carter sah, was ich tat und änderte ihre Taktik, statt nur ganz allgemein den Rückzug zu decken, gab sie mir Feuerschutz und verschaffte mir die Gelegenheit, zu ihnen aufzuschließen.

Als ich das kleine Schiff erreichte, war ich mit meinen Kräften am Ende. Das Adrenalin hielt mich noch auf den Beinen, aber ich spürte bereits, daß Marduks zusätzliches Gewicht mich sämtliche Reserven kostete. Wenn ich entkommen wollte, mußte ich mich jetzt von ihm trennen. Ich ließ ihn los, als ich Teal'cs starke Hand spürte, die mich von hinten packte und in das Schiff zog.
Benommen vor Erschöpfung sank ich zusammen, wo ich war. Im nächsten Moment hörte ich die Maschinen zünden. Nicht sofort starten dachte ich die Maschinen brauchen einen Moment. Schon nahm ich ein stockendes Geräusch wahr, das eine Überlastung ankündigte.
"Langsam, Major. Dieser Typ Schiff braucht ein paar Sekunden Zeit, bevor die Maschinen leistungsfähig sind", sagte Teal'c. Ein paar schnelle Schritte brachten ihn nach vorn ins Cockpit. "Achte auf diese Anzeige....jetzt....!"
Das Schiff setzte sich in Bewegung. Die Hangartore mußten nun beinahe geschlossen sein. Ich sah es vor meinem geistigen Auge, ganz so als ob ich selbst im Sitz des Piloten säße. Es mußte wohl Millimeterarbeit gewesen sein, aber das kleine Schiff passierte das Hangartor, auch wenn es dabei irgendwo anstieß und schlingernd in den Steigflug ging.
Carter war bemerkenswert schnell. Sie hatte in den letzten Jahren viel gelernt. Es gelang ihr so schnell aufzusteigen, daß die Jaffa nicht mehr die Chance hatten, in Schußreichweite zu kommen. Sicher hatte auch das inzwischen geschlossene Hangartor etwas damit zu tun, das sich erst wieder öffnen mußte, damit sie uns nachsetzen konnten.
Sobald sie aus der Atmosphäre heraus war, ging Carter mit dem Schiff in den Hyperraum über. Ich konnte es kaum fassen. Ich war Marduk entkommen. Wie war das nur gelungen?

Ich schloß einen Moment die Augen und schluckte. Als ich sie wieder öffnete, sah ich O'Neill an der gegenüberliegenden Wand sitzen. Er beobachtete mich mißtrauisch und mit offensichtlichem Widerwillen. Wahrscheinlich war er etwas nachtragend weil ich ihn in diese Lage gebracht hatte.
"Es war der einzige Weg", stellte ich schlicht fest. Ich wußte, dass er nur nach einem Grund suchte, um über mich herzufallen, also entschloß ich mich, ihm diesen Gefallen zu tun.
"Der einzige Weg für was? Dein Leben zu retten? Und unseres und das der gesamten Erde aufs Spiel zu setzen?"
"Es war der einzige Weg, euch wissen zu lassen, wo ich bin und was ich gefunden habe."
Er sah mich verständnislos an.
"Marduk nahm mich gefangen, bevor ich Informationen über meine Entdeckung an die Tok'ra senden konnte", fuhr ich fort. "Ich mußte dafür sorgen, daß sie sie erhalten und Ihnen habe ich am ehesten zugetraut, das zu schaffen. Und wenn ich dadurch befreit werden sollte, so wäre mir das auch recht gewesen, aber es war nicht mein Hauptmotiv. Also sorgte ich dafür, daß Sie hierher kamen."
"Was?! Dann war das also nichts als ein gewöhnliches Tok'raspielchen? Herrgott, Harrison! Sie sind einer von uns! Mehr als jeder andere! Wie konnten Sie das tun?" fuhr er mich an.
Das hätte ich selbst gern gewußt. "Ich habe nur versucht, das richtige zu tun, für alle Beteiligten. Es tut mir leid, daß Sie da mit hineingezogen wurden, aber es war notwendig."
"Notwendig..." schnaubte er, aber sein Zorn verrauchte bereits, als er meine Gründe durchschaute. "Einen Moment lang dachte ich, sie würden Marduks Angebot ernsthaft in Erwägung ziehen."
"Hätte ich sofort eingewilligt, mich ihm anzuschließen, wäre meine Lüge offensichtlich gewesen und das hätte mich wahrscheinlich noch im selben Moment das Leben gekostet. Aber was das Lügen angeht, so habe ich inzwischen einige Erfahrung darin...Ich hasse ihn", stellte ich fest und O'Neill nickte nur. Ich hasste Marduk dafür, daß er mich durchschaute, dafür daß er mir bewußt machte, daß er tatsächlich in vielen Dingen recht hatte und dafür, daß er mich in der Tat in Versuchung geführt hatte. Aber das war etwas, was O'Neill niemals erfahren durfte. Falls doch, da war ich mir sicher, würde es in Zukunft nicht mehr genug Platz für uns beide auf ein und demselben Planeten geben.
Mir wurde bewußt, welche Risiken ich eingegangen war. Ich hatte mit dem Leben anderer gespielt, als wäre es nur eine Partie Poker mit erhöhten Einsätzen. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Was war nur aus mir geworden?
Ich sah an mir hinunter und bemerkte das blinkende Gerät auf meiner Brust. Es gab noch eine Person, der ich mehr als jeder anderen Rechenschaft schuldig war, und doch fürchtete ich mich davor, dieses Gespräch zu führen. Ich konnte es aufschieben denn ich fühlte mich zu Tode erschöpft und wollte keine Vorwürfe hören. Aber früher oder später mußte ich mich Hamal stellen, also tat ich es. Kurz entschlossen stellte ich das Gerät ab, bevor ich den Mut verlor.

"Harrison, bist du das?"
"Ja Hamal, ich bin es... kannst du mir meinen Alleingang verzeihen?"
"Es ging nicht anders, ich weiß es jetzt."
"Ich mußte etwas unternehmen, verstehst du? Ich bin kein Tok'ra. Ich weiß oft nicht, was richtig oder falsch ist. Vielleicht hätte ich auf dich hören sollen..."
"Mach dir darüber jetzt keine Gedanken, Harrison. Du mußt schlafen. Dein Körper braucht Ruhe. Laß mich dir helfen."
"Ich will aber, daß du es verstehst! Ich hatte Zweifel, wirkliche Zweifel. Zu keiner Zeit war ich mir sicher, das richtige zu tun."
"Ich weiß das Harrison, aber du hast das richtige getan. Nur das zählt."
"Nein, ich glaube das reicht nicht. Ein echter Tok'ra hätte nicht gezögert und nicht so viel aufs Spiel gesetzt."
"Mach dich nicht lächerlich! Du bist nicht schlechter oder besser, als die meisten anderen. Ich wäre das Risiko eingegangen, ich habe nur nicht damit gerechnet, daß dein Plan Erfolg hat. Darum war ich dagegen. Und jetzt schlaf..."
"Wie kannst du so ruhig bleiben? Ich habe dich ausgeschlossen und ich hätte dich ebenso leicht ausliefern können..."
"Sicher, und wir werden noch darüber reden, warum du das Gerät nicht wenigstens in der Einsamkeit deiner Zelle abgeschaltet hast! Trotzdem glaube ich an dich, Harrison. Wir sind nicht immer einer Meinung und wir haben einander nicht ausgesucht, aber an dem Tag, an dem du dir diese Fragen nicht mehr stellst, wenn du glaubst zu wissen was richtig und falsch ist, an dem Tag werde ich damit anfangen, mir Sorgen um dich zu machen. Du bist ein guter Tok'ra. Entscheidungen wie diese sind niemals leicht zu treffen, selbst für uns nicht. Glaubst du, wir zweifeln nie?"
"Es macht nicht den Eindruck. Ihr seid alle die Selbstsicherheit in Person und ihr seid immer so verdammt perfekt..."
"Das sieht nur so aus und nun schlafe, Harrison. Wir können später noch darüber reden."

Ich konnte seine Besorgnis spüren, ebenso wie seinen zurückgehaltenen Ärger. Es gibt eben keine echten Geheimnisse, wenn man sich einen Köper teilt. Ich weiß, daß er unzufrieden damit war, wie die Operation ablief, aber ich wußte ebenso, daß er ehrlich meinte, was er gesagt hatte.
Es bedeutete mir viel, viel mehr als ich sagen kann.
Ich wußte daß ich schlafen mußte, aber ich konnte es nicht, ich wollte es nicht. Stattdessen durchsuchte ich meine Kleidung nach etwas, das ich für einige Zeit vergessen hatte. Ich zog das fast leere Feuerzeug aus Plastik aus der Tasche. Es war schmutzig und verschrammt aber dieses unscheinbare kleine Ding hatte mich nicht nur die Gefangenschaft überstehen lassen, sondern auch mein Leben gerettet. Gibt es einen besseren Glücksbringer?
Schlaf jetzt, Harrison, hörte ich eine sanfte aber eindringliche Stimme. Hamal verdrängte mich und übernahm die Kontrolle. Ich ließ es geschehen. Langsam, ganz langsam und vorsichtig zwang er mich in den Schlaf hinüber und ich war ihm dankbar dafür.

Ende
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