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Und mein ist die Rache von Nyada

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Kapitel Bemerkung: A/N:In diesem Kapitel gibt es wieder einen kleinen Zeitsprung. Des Weiteren eine POV-Sicht, aber ich verrate nicht, von wem.
This is the way you left me,
I'm not pretending.
No hope, no love, no glory,
No Happy Ending.
This is the way that we love,
Like it's forever.
Then live the rest of our life,
But not together.
Mika – Happy Ending


Ich hatte nie besonders große Angst vor dem Sterben- aber Respekt. Der Tod war für mich immer präsent in meinem Leben, doch trotzdem so unbegreifbar. Ich fürchtete mich nie vor meinem eigenen Tod, ja, manchmal ließ ich meine Gedanken schweifen und stellte mir vor, wie ich sterben würde. Zuerst waren es die Gedanken eines kleinen, dummen Jungen, der sich vorstellte, als Held zu sterben, nachdem er die Frau gerettet hatte, die er liebte und die ihn liebte. Dass es tatsächlich eine Frau sein würde, wegen der ich sterben würde, konnte ich damals noch nicht wissen.

Man sagt, dass, wenn man stirbt, das Leben vor den Augen noch einmal abgespielt wird. Das ganze Leben innerhalb eines Sekundenbruchteils. Ich hatte das nie für möglich gehalten und war demnach gespannt, ob diese Behauptung wirklich stimmte. Wie enttäuscht ich doch war, als es nicht mein Leben war, das ich sah, sondern meine Fehler, die ich begangen hatte. Ich hatte alles erwartet, nur nicht…das! Wer wollte denn schon beim Sterben sehen, was für Fehler er gemacht hatte?

Ich seufzte, als plötzlich vor meinem geistigen Auge das enttäuschte Gesicht meiner Ex-Frau auftauchte. Ich erinnerte mich noch ganz genau an den Tag, an dem ich ihr offenbarte, dass ich mich endgültig von ihr trennen wollte. Sie hatte die Nachricht der Scheidung positiver aufgenommen, als ich gedacht hatte, doch ich konnte in ihrem Gesicht sehen, wie sehr ihr sie verletzt hatte.

Plötzlich sah ich meinen wutentbrannten Vater durch die Gänge unseres Hauses hetzen. Das war einen Monat vor seinem Tod- wir hatten uns fürchterlich gestritten. Hinterher tat es mir leid, dass ich ihn angeschrieen hatte, und noch heute hasse ich mich dafür, dass ich nicht Manns genug gewesen war, mich bei ihm zu entschuldigen. Nun war es zu spät. Nicht nur er war tot, ich würde es auch gleich sein.


ooOOoo

Eine Woche zuvor


Teyla seufzte, stützte ihren Ellenbogen gegen die edle Autotürverkleidung von Johns Wagen und schaute aus dem Fenster, genoss den Anblick der vorbei fliegenden Bäume, die rechts und links die schmale Straße säumten, durch die John sein schwarzes Aston Martin Coupé steuerte.
Sie hatte es schon vor einer halben Stunde aufgegeben, herausfinden zu wollen, wohin sie fuhren, wenngleich sie eine Erklärung erwartete. John hatte sie von der Arbeit abgeholt und von ihr verlangt, in den Wagen einzusteigen. Er wolle ihr etwas zeigen, hatte er seine Tat begründet, doch was er ihr zeigen wollte und vor allem was wichtiger war als ihre Arbeit, hatte er ihr bis jetzt nicht verraten…
…und sie war sich sicher, dass er es nicht tun würde, bevor sie ihr Ziel nicht erreicht hatten.

Manchmal liebte sie ihn dafür, dass er dermaßen selbstbeherrscht sein und ein Geheimnis für sich bewahren konnte… und manchmal hasste sie ihn für diese Eigenschaft. Je länger sie unterwegs waren, desto größer wurde ihre Neugierde und desto öfter schaute sie aus dem Fenster, um einen Anhaltspunkt erhaschen zu können, wohin er sie brachte. Wenn er es ihr schon nicht sagen wollte…

Der Wagen wurde langsamer und nachdem John den Blinker gesetzt hatte, bog er in eine noch schmalere Straße ein, die ebenfalls von hohen, alten Bäumen flankiert wurde; im Schatten des dichten, herbstlichen Blätterwerks parkten unzählige Autos am Straßenrand…
… und Teyla glaubte sich plötzlich an diesen Ort erinnern zu können. Ihre Erinnerung war nicht ganz klar, aber sie war sich sicher, hier schon einmal gewesen zu sein. Sie lehnte sich leicht vor, sah aus der Frontscheibe des Wagens und betrachtete die kleinen Häuschen, an denen sie vorbeifuhren.
Die Häuser stammten größtenteils noch aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg und waren wie ihre Wohnung damals in Greenwich Village liebevoll restauriert worden. Vor den Haustüren befanden sich schnuckelige Vorgärten. Die Front der Häuser bestand meistens aus einem großen Fenster und einer Einganstür im Erdgeschoss, zwei Fenstern im ersten und ebenfalls zwei Fenstern im Obergeschoss; insgesamt hatten die Häuser alle drei Stockwerke.
Die Mauern der Häuser waren aus dunklem Backstein, der zwar alt aussah, es aber nicht war. Die Außenwände waren nicht älter als zwanzig Jahre, manche Häuser waren erst innerhalb der letzten fünf Jahre restauriert worden. Der Charme ‚der guten, alten Zeit’ war jedoch erhalten geblieben.
Während Teyla so ein Haus nach dem anderen betrachtete, fiel ihr plötzlich wieder ein, woher ihr diese Gegend nur so bekannt vorkam.

John parkte den Wagen genau in dem Moment, als es ihr wie Schuppen von den Augen fiel und sie in dem Haus, vor dem sie hielten, ihr Haus erkannte. Nun ja, es war nicht wirklich ihr Haus. Sie hatten es ein paar Wochen nach der Hochzeit besichtigt, hatten dann aber doch beschlossen vorerst in Johns noblen Manhattaner Penthouse wohnen zu bleiben- sehr zu Teylas Leidwesen, denn erst hinterher war ihr klar geworden, wie sehr ihr dieses Haus gefallen hatte.
Es war perfekt und obwohl es sich nicht groß von den anderen Häusern in der Straße unterschied, war es für Teyla etwas Besonderes. Die leuchtend weiße Eingangstür stach aus der Masse hervor und harmonierte perfekt mit den ebenfalls weiten Fensterläden
Teyla liebte dieses Haus und nun, da sie im Wagen saß und hinaus, auf die weiße Eingangstür blickte, schlug ihr Herz bis zum Hals. Sich ganz langsam im Sitz zu ihrem Mann umdrehend, begann sie nervös zu lächeln. „John? Du…du hast doch nicht etwa…“ Als er zu Grinsen anfing, überschlug sich ihr Herz in ihrer Brust.
„Ich hoffe dir gefällt’s“, griente er und zog den Schlüssel aus dem Zündschloss. „Hat mich nämlich eine Menge Überzeugungsarbeit gekostet.“
„Du hast es…gekauft?“ Teyla wagte es kaum, die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, denn sie wusste, wie begehrt diese Häuser im Herzen Manhattans waren.
Johns Lächeln wurde weicher. „Die Marklerin war zugegeben etwas hartnäckig und wollte mir das Haus erst nicht verkaufen“, berichtete er. „Aber wir sind doch noch zu einer Lösung gekommen. Das…“ Er deutete aus dem Fenster „…ist jetzt unser Haus.“
„Unser Haus“, stammelte Teyla und deutete vage in die Richtung des Hauses.
„Unser Haus“, bestätigte John ihr, lehnte sich zu ihr herüber und küsste sie sanft auf die Lippen. „Ich meine, so eine Stadtwohnung in einem Wolkenkratzer ist nichts für ein kleines Kind, also-“
Teyla fiel ihm mit einem innigen Kuss ins Wort. Sie konnte nicht glauben, was er getan hatte, dass er das Haus gekauft hatte. Sie wusste nicht, wie sie ihm danken sollte, presste deswegen einfach ihre Lippen auf die seinen, senkte ihren Mund heiß auf seinen.
Als sie sich zurücklehnte, sah sie ihn lächeln.

„Wollen wir reingehen?“, fragte er und winkte mit dem Schlüssel in seiner rechten Hand.
„Jetzt?“, flüsterte sie, als ob sie fürchtete etwas Falsches zu sagen und aus diesem wundervollen Traum zu erwachen.
John nickte. „Jetzt“, sagte er entschlossen, stieg aus, lief vorne um den Wagen herum, öffnete die Beifahrertür und half ihr beim Aussteigen aus seinem niedrigen Wagen. „Genau jetzt“, wiederholte er augenzwinkernd und hauchte ihr einen Kuss auf den Handrücken.

Teyla wusste gar nicht, wie ihr geschah. Als sie Hand in Hand mit John die Treppenstufen zur Eingangstür erklomm, begann ihr Herz noch schneller in ihrer Brust zu schlagen und ihr ungeborenes Baby strampelte munter in ihrem Bauch.
Sie konnte nicht glauben, dass er das Haus tatsächlich gekauft hatte, und ausgerechnet jetzt. Was war für ihn der Ausschlag gewesen? Teyla konnte sich über ihren Mann nur wundern. Er hatte nicht nur Talent, Geheimnisse für sich zu behalten, sondern war auch dafür bekannt, dass er ohne sehbaren Grund die verrücktesten Dinge anstellte. John war ein spontaner Mensch, der mehr aus dem Bauch heraus entschied, als länger über etwas nachzudenken. Er war ein Emotions- und Gefühlsmensch, kein Denker.
Allerdings beantwortete ihr das nicht die Frage nach dem Warum. Warum hatte er das Haus gekauft? Und warum jetzt? Das Baby würde bald auf die Welt kommen, der Geburtstermin war in acht Wochen. Sie war im achten Monat und konnte in diesem Zustand unmöglich einen Umzug bewältigen. Was, also, hatte er sich bei der Sache gedacht?

Als John die Tür aufgeschlossen hatte und sie beide die kleine Vorhalle des Hauses betraten, steigerte sich ihre Neugierde ins Unermessliche. Die Vorhalle war großzügig angelegt, perfekt für kleine Kinder zum Herumtollen, Spielen und sich jagen. Eine breite Treppe führe hinauf in den ersten Stock, entlang einer in einem zarten Cremeton gestrichenen Wand, mit weißer Stuckleiste.

„Komm schon“, drängte John sie, obwohl sie sich noch an jede Kleinigkeit erinnerte. Seit sie vor mehr als einem Jahr hier gewesen waren, hatte sich nichts verändert. Die Räume waren immer noch hell und klar und versprühten immer noch den alten Charme. In sämtlichen Zimmern war teurer Parkettboden verlegt und das besondere Highlight im großen, freundlichen Wohn-/Esszimmer war ein gemauerter Kamin.
„Nicht so schnell“, bat Teyla ihn lachend, als er sie durch alle Räume des Untergeschosses hinter sich herzog, einschließlich der hellen Küche, die modern eingerichtet war und klare Strukturen hatte.

„Es gibt noch so viel, was ich dir gerne zeigen möchte“, wisperte John, als sie im geräumigen Wohnzimmer eine kurze Pause einlegten.
„Wir haben uns dieses Haus doch schon einmal angesehen“, erinnerte sie ihn, liebevoll durch sein dunkles, wirres Haar streichend. Als sie das Funkeln in seinen grünen Augen bemerkte, kam ihr ein Verdacht. Sie kniff kurz die Lippen aufeinander und fragte dann: „Wann hast du es gekauft?“
„Spielt das denn eine Rolle?“, stellte John die Gegenfrage, schlang die Arme um ihre Taille und küsste sie kurz und zärtlich auf den Mund.
„John“, rügte Teyla ihn, die Arme vor der Brust verschränkend. „Wann?“
Er seufzte. „Vor zwei Monaten“, gestand er. „An dem Tag, als du aus dem Krankenhaus entlassen wurdest. Ich wollte, dass wir irgendetwas… Festes haben. Etwas mit Persönlichkeit. Ich wollte nicht, dass unser Baby in einer überteuerten, leblosen Wohnung aufwächst.“
„Wie theatralisch du sein kannst“, lächelte Teyla, hob ihre Hand und legte sie ihm an die Wange. Gerührt, wie er mit einem versonnenen Lächeln über ihren Bauch streichelte, stellte sie sich auf Zehenspitzen und drückte ihm einen weiteren Kuss auf den Mund.
„Gefällt’s dir?“, spürte sie ihn gegen ihre Lippen reden.
Sie nickte. „Und wie. Könntest du ruhig öfters machen“, kicherte sie, legte dann die Hände an seinen Nacken und sah ihm tief in die Augen. „Danke, John.“
Er lächelte sanft. „Nicht dafür“, sagte er leise. „Warte erst, bis du den ganzen Rest gesehen hast.“
„Den…Rest?“, echote sie.

John nahm sie wieder bei der Hand und führte sie aus der Küche hinaus, die Treppe hinauf, den Flur im ersten Stock entlang. Vor der Tür am Ende des Ganges blieb er stehen und befahl ihr mit ruhiger Stimme: „Mach die Augen zu!“
„Wie bitte?“ Teyla drehte sich leicht verwirrt zu ihm um.
„Mach bitte die Augen zu“, bat er sie erneut. „Komm schon, Babe, verdirb mir nicht den ganzen Spaß.“
Teyla schmunzelte, tat dann aber wie ihr geheißen worden war und schloss ihre Augen.

„Ich weiß, dass du mich vielleicht für verrückt erklären wirst, aber ich konnte einfach nicht anders“, erklärte John ihr, nahm sie vorsichtig an den Armen. Sie hörte wie er die Tür öffnete und sie in den warmen und hellen Raum hereinführte, in dem es nach frischer Farbe und Holz roch.
„John?“, sagte Teyla unsicher, als er sie gleich hinter der Tür zum Stehen brachte und sich hinter sie stellte. „Kann ich-“
„Du kannst die Augen aufmachen“, gab er ihr Bescheid und noch bevor sie blinzelnd die Augen öffnete, fügte er hinzu: „Sag erst einmal nichts. Lass es einfach auf dich wirken, ja?“

Der Anblick, der sich Teyla bot, als sie endlich die Augen öffnete, verschlug ihr die Sprache. Sie hielt überrascht die Luft an, spürte schon im nächsten Augenblick, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen.
Vor ihr lag ein großer, quadratischer Raum, dessen Wände in einem hellen, angenehmen Zitronengelb gestrichen waren. Das Licht fiel durch ein großes Fenster herein, leuchtete den ganzen Raum aus und zeichnete bizarre Schatten auf den hellen Parkettboden. Eines der Fenster war geöffnet und trug eine laue Brise herein.
Teylas Kinnlade klappte herunter. Sie konnte nicht glauben, was sie sah- mal wieder. Es war ein Zimmer, aber nicht irgendein Zimmer sondern ein Kinderzimmer oder besser ausgedrückt ein Babyzimmer. Eine Wiege aus geweißeltem Haus stand zu ihrer Rechten und zu ihrer Linken ein gemütlich aussehender Sessel, in den man sich sinken lassen konnte, nachdem man das Baby ins Bett gebracht hatte.
An den gelbgestrichenen Wänden hingen Bilder und Fotografien von den Orten der Welt, die John während seiner vielen Dienstreisen besucht hatte, und eines der Kunstwerke erkannte Teyla als eines von Evan.

Der Raum sprühte nur so vor Freundlichkeit und Liebe. Die hellen, klaren Farben und die Möbel aus hellem Holz gaben ihm eine klar erkennbare Linie. Er war schlichtweg…Teyla suchte nach dem richtigen Wort, aber es wollte ihr partout nicht einfallen. Perfekt traf es nicht ganz, denn das hier war mehr als perfekt.
Es war so…John. Das Alles hier trug seine Handschrift. Eine liebevolle, wenngleich verrückte Handschrift, die Teyla zu Tränen rührte. Auf so etwas konnte nur er kommen.
„Du…du bist verrückt“, lächelte sie ergriffen; ein leises Schluchzen mischte sich unter ihre zitternde Stimme.
„Wie findest du’s?“, fragte John, von hinten die Arme um ihren Leib schlingend. Er küsste sie auf die Wange, legte dann sein Kinn auf ihrer Schulter ab.
„Es ist…“ Sie suchte nach den richtigen Worten, aber das Einzige, was ihr spontan einfiel war wundervoll. „Absolut wundervoll. Du hast das alles gemacht?“, fragte sie ihn. Plötzlich schien sich die Frage zu beantworten, warum er die letzten Wochen selten zuhause gewesen war, abends erst spät nachhause kam und ihr nicht verraten wollte, wo er gewesen war. Nach der Sache mit Larrin vor ein paar Monaten hatte sie das Schlimmste befürchtet. Nun lösten sich ihre Sorgen in Luft auf.
„Sagen wir es so: Ich hatte etwas Hilfe“, antwortete John auf ihre Frage und seinem Grinsen nach zu urteilen, dachte er an genau dasselbe wie Teyla.
„Hast du überhaupt irgendetwas in diesem Raum gemacht?“ Sie musste schmunzeln, denn es war weit und breit bekannt, dass John Sheppard nicht einmal einen Nagel in die Wand schlagen konnte, ohne dass etwas schiefging.

John entließ sie aus seinen Armen, damit sie sich in dem Zimmer genauer umsehen konnte. Er, seinerseits, blieb im Türrahmen stehen und beobachtete sie dabei, wie sie mit großen Augen durch den Raum streifte.
Sie schlenderte erst ziellos durch den Raum, kreiste in der Mitte einige Male hin und her, ehe sie auf die Wiege zusteuerte. Die Hand ausstreckend, strich sie über das helle, weiche Holz und betrachtete die Fotografie, die über der Wiege hing. Sie zeigte einen nebligen Sonnenaufgang im Himalajagebirge. Teyla erinnerte sich nur zu gut an dieses Bild und an seine Geschichte.
„Ich fand es als passend“, bemerkte John, der nun zu ihr herüber geschlendert kam und das große Bild ebenfalls ins Auge fasste. Er lehnte sich neben sie mit den Ellenbogen auf das Holz der Wiege und lächelte leicht.
Sein Blick war noch immer auf das Bild gerichtet, als er leise meinte: „An dem Morgen wusste ich, dass du diejenige bist, mit der ich mein restliches Leben verbringen will.“

Teyla schmunzelte. Sie erinnerte sich an den Tag, an dem sie ihm vom Flughafen abgeholt und er dieses bubenhafte Grinsen im Gesicht gehabt hatte. Bereits dort ahnte sie, dass etwas im Busch war und als sie schließlich am Abend in ein teures Restaurant ausführte, nach der Vorspeise dort vor ihr auf die Knie ging und sie bat seine Frau zu werden, bestätigte sich dieser Verdacht. Es war fast so, als hätte er auf dieser Reise zu sich selbst gefunden und verstanden, was er wirklich wollte.
„Ja, es passt“, erwiderte sie und lehnte sich gegen ihn, hob ihren Kopf nach wenigen Sekunden allerdings wieder an und sah sich um. „Es passt alles. Du hast dir wirklich Mühe gegeben“, lächelte sie. „Es ist einfach wunderschön.“
John zog sie zu sich und sie kuschelte sich an seine Brust. „Denkst du dir wird es hier gefallen?“, hörte sie ihn fragen.
„Ob es mir gefallen wird?“ Teyla sah auf. „Natürlich wird es mir hier gefallen. Es ist nur…“ Sie runzelte nachdenklich die Stirn.
„Es ist nur was?“, hakte John nach, legte den Finger unter ihr Kinn und hob es an. „Was ist? Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“
„Doch, doch.“ Teyla schüttelte mit dem Kopf. „Es ist perfekt, John. Ich habe mir immer gewünscht, in so einem Haus zu leben, aber…“ Sie seufzte und beschloss ehrlich zu sein. „Wie sollen wir das alles schaffen? Es sind nur noch acht Wochen. Das Baby kommt bald und ich weiß wirklich nicht, wie ich jetzt einen Umzug schaffen soll.“
„Du wirst gar nichts machen, hörst du?“ John erhob den Finger gegen sie, spielte kurz den Strengen, küsste sie dann aber auf die Wange. „Keine Sorge“, beruhigte er sie, „es ist schon alles geregelt. Ich habe dafür gesorgt, dass alles innerhalb von zwei Wochen abgeschlossen sein wird und dass du keinen Finger krümmen müsst.“
Teyla kniff die Augen zusammen. „Du hast doch nicht wieder meine Kollegen bestochen, oder?“
John grinste. „Nein“, antwortete er. Er legte den Arm um sie und führte sie aus dem Kinderzimmer heraus. „Die Möbelpacker kommen morgen.“
„Morgen schon?“, rief Teyla aus. „Das heißt, ich-“
„Du machst gar nichts, meine Liebe“, fiel John ihr ins Wort. „Das Einzige, was ich dir erlauben werde, ist das Einpacken des Geschirrs. Und du darfst die schwerschuftenden Arbeiter mit Getränken versorgen.“
„Aha“, machte Teyla, „dafür bin ich also noch gut genug?“
John seufzte und lächelte schwach. „Ich will einfach nicht, dass dir und dem Baby was passiert“, sagte er besorgt. „Du weißt, dass Dr. Beckett gesagt hat, dass du dich schonen sollst. Und das heißt: Kein schweres Heben, keine Anstrengungen, kein Stress. Also, wirst du mit deinem lieblichen, schwangeren Hintern morgen schön auf dem Sofa sitzen bleiben. Hast du gehört?“
Teyla nickte geknirscht und bekam zur Belohnung einen Kuss auf die Wange.

ooOOoo

Eine Woche später


Ich nahm den Wagen, der plötzlich aus einer Seitenstraße geschossen kam und direkt auf mich zuraste, nur verschwommen war. Ich war stets ein disziplinierter Autofahrer gewesen, hatte in zwanzig Jahren keinen einzigen Unfall gehabt… und reagierte deshalb auch so, wie man es von einem anständigen New Yorker Autofahrer erwartete.
Ich riss das Lenkrad herum, trat gleichzeitig auf die Bremse. Die Reifen quietschten gequält auf und rutschten über den regennassen Asphalt. Der Geruch oder vielmehr Gestank von verbranntem Gummi stieg mir in die Nase. Das Hinterteil meines Wagens scherte erst nach links aus, rutschte dann aber nach rechts, als der andere Wagen frontal in die Seite raste. Ich trat noch immer auf die Bremse, obwohl ich wusste, dass es zu spät war.

Alles um mich herum geschah nun in Zeitraffer… und trotzdem so unglaublich schnell, dass ich nicht begreifen konnte, was geschehen war. Ehe ich mich versah, kippte mein Wagen. Die Seite, auf der ich saß, hob sich und es gelang mir, einen Blick auf den Fahrer des anderen Wagens zu werfen. War das nicht…
Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, wen ich am Steuer des anderen Wagens gesehen hatte, musste ich die Hände hochreißen, um mich am Dach und der Tür abzustützen. Als sich mein Wagen überschlug, wusste ich nicht wo mir der Kopf stand, geschweige denn wo oben und unten war. Für einen Moment fühlte es sich an, als würde ich im Innenraum schwebe…
…doch dann fand mich die Schwerkraft abrupt wieder.


Der Wagen schlug auf dem Dach auf. Der Aufprall riss mich brutal nach vorne in den Gurt, schleuderte mich dann aber sofort wieder in den Sitz zurück. Die Scheiben um mich herum zerbarsten und Hunderte kleinster Glassplitter flogen mir ins Gesicht, bohrten sich in meine Arme, fraßen sich durch den Stoff meiner Kleidung. Überall, an meinem ganzen Körper, konnte ich die schmerzenden Stiche spüren. Unbeholfen flogen meine Gliedmaßen durch die Luft. Ich konnte keine Kontrolle darüber gewinnen und der Wagen überschlug sich noch immer. Mein rechter Arm knallte irgendwo gegen, der Schmerz zog stechend heiß durch meinen gesamten Oberkörper. Dann spürte ich, wie der Wagen an Geschwindigkeit verlor. Und dann war plötzlich noch etwas anderes im Weg. Mit einer enormen Wucht wurde der Wagen abgebremst. Das Metall des Wagens kreischte förmlich auf, als die Karosserie zerdrückt wurde.
Mein Kopf schnellte zur Seite und traf hart eine Kante des Wagens. Der Aufprall verursachte höllische Schmerzen, reichte aus, um mich für den Bruchteil einer Sekunde ohnmächtig werden zu lassen. Das Gefühl der herannahenden Bewusstlosigkeit ummantelte mich und schon bald sorgten die Schmerzen dafür, dass ich entkräftet die Augen schloss und sie nicht mehr öffnen wollte.

Also schloss ich meine Augen, atmete ein letztes Mal tief ein, bevor sich das dumpfe Gefühl über meinen Körper legte und die Welt um mich herum zu Stillstand kam.


ooOOoo


Es war die erste richtige Mahlzeit, die Teyla in ihrem neuen Domizil zubereitet hatte und die nicht aus einer Dose Würstchen und Kartoffelsalat aus dem Kühlregal bestand. Die Möbelpacker, Bauarbeiter und Inneneinrichter waren verschwunden und mit ihnen- Gott sei Dank- auch ihre ungesunden Essensgewohnheiten. Eine Woche lang hatte Teyla nichts anderes getan, als die hungrigen Mäuler zu stopfen, von denen nicht gerade wenig ihr Haus bevölkert hatten. Eine Woche lang nur Fertigessen! Wie froh sie doch war, das Haus nun endlich wieder für sich allein zu haben und nicht ständig, in jedem Raum, auf jemanden zu stoßen, den sie nicht kannte. Das sollte nicht heißen, dass sie den Männern nicht dankbar für ihre Arbeit war. Nein, sie war einfach nur froh, dass das Chaos größtenteils beseitigt und sie wieder allein war.

Teyla tat sich eine großzügige Portion Spaghetti Carbonara auf den Teller, schlurfte dann ins Wohnzimmer und ließ sich auf der Couch nieder, das einzige Möbelstück in diesem Raum, der noch etwas leer wirkte. Nicht einmal Gardinen hingen vor den Fenstern, aber es war nicht zu erwarten, dass die Nachbarn stierten. Die Gegend, in dem sie das Haus gekauft hatten, war eine der vornehmsten in New York und wer hier hinzog bestand schon auf seine Privatsphäre und musste sich auch nicht vor Spannern oder sonstigen zwielichtigen Gestalten fürchten. Diese Wohngegend war perfekt für all diejenigen, die dem Stress und Lärm Manhattans entkommen wollten, aber dennoch nahe am pulsierenden Zentrum der Stadt sein wollten… und das nötige Kleingeld in der Tasche hatten.
Teyla hatte John nicht gefragt, wie viel er für dieses schnuckelige Häuschen in angenehmer Lage hatte hinblättern müssen und sie war sich sicher, dass er es ihr sowieso nicht gesagt hätte. Eines hatte sie in den letzten zwei Jahren gelernt: John mochte zwar vermögend sein, aber er sprach nicht gern über Geld. Es ausgeben, ja, das tat er eigentlich ganz gern, doch nicht für sich, vielmehr für sie. Aber darüber sprechen, wie viel er denn nun auf dem Konto hatte? Nein, das war ein Tabuthema.
Genau genommen interessierte es Teyla auch nicht, wie viel ihr Gatte auf dem Konto hatte, sie hatte ihn schließlich nicht des Geldes wegen geheiratet, auch wenn manche, besonders die New Yorker Klatschpresse- ihr das vorwarfen. Nein, sie liebte ihn wirklich. Sie liebte ihn, seit sie ihn das erste Mal gesehen hatte, ganz gleich, dass man ihm damals vorgeworfen hatte, Camille Wray ermordet zu haben. Sie hatte ihn die ganze Zeit über geliebt, die ganzen zwei Jahre lang und ihr war es egal, das böse Zungen behaupteten, er würde es nicht ernst mit ihr meinen.

Ärgerlich drehte Teyla ein paar Spaghettis auf ihre Gabel auf und steckte sie sich in den Mund. Wieso behaupteten diese schmierigen Reporter eigentlich, dass sie John besser kannten als sie es tat? Sie war seine Frau, die Reporter schlichtweg sensationsgeil. Sie war diejenige, die seit nunmehr zwei Jahren an seiner Seite war und ihn stets bei allem unterstützt hatte. Sie hatte ihn zu allen Events, Charityveranstaltungen und Vernissagen begleitet. Sie teilte jeden Abend mit ihm das Bett und sie war es, die sein Kind erwartete.
Teyla war sich sicher, dass John sie auch liebte, nicht zuletzt wegen seinem ungeborenen Kind, das in ihr heranwuchs. Sie hatten in der Vergangenheit zwar einige Probleme gehabt- die von der Presse sehr zelebriert worden waren-, aber im Laufe der Zeit, war ihr Band immer enger und fester geworden. Es war ganz einfach: Sie liebte ihn und er, er liebte sie. Da war nichts, auf was die Presse sich hätte stürzen können, denn sie waren glücklich, sie liebten einander und ließen es jeden wissen.

Teyla stellte den leeren Teller beiseite, als sie aufgegessen hatte, und lehnte sich zurück. Der Gedanke, dass sie ganz allein in diesem riesigen Haus war, wirkte nun doch etwas merkwürdig und sie fühlte sich verlassen. Eine Woche lang war sie von Menschen umgeben gewesen und es war laut gewesen. Nun waren sie alle weg. Die Möbelpacker, die den Großteil ihres Hab und Guts aus Johns Penthouse hierher transportiert und teilweise aufgebaut hatten. Die Bauarbeiter, die die restlichen Arbeiten fertig gestellt hatten. Der Innenarchitekt, der stets geschäftig mit seinem Klemmbrett herumgelaufen war und dabei herumgebrüllt hatte, als ginge es um die Renovierung des Buckingham Palace. Und auch John war nicht anwesend, denn er war für ein paar Tage geschäftlich verreist und würde erst in zwei Tagen wiederkommen.
'Jetzt bin ich also allein', dachte sich Teyla… und wurde prompt von ihrem Ungeborenen mit einem Tritt daran erinnert, dass dem nicht so war. „Schon gut, schon gut“, lachte sie und legte ihre Hand auf ihrem Bauch ab. „Jetzt sind wir also allein. Nur du und ich“, sprach sie zu ihrem Baby. „Hey, vielleicht sollten wir die Zeit nutzen, bevor dein Daddy wiederkommt und uns beide bemuttert. Was meinst du?“
Das Baby strampelte kräftig und drückte von innen mit seinem kleinen Füßchen gegen ihre Bauchdecke.
„Das ist eine gute Idee, nicht wahr?“, sagte Teyla und richtete sich mühsam auf. Sie sammelte ihren Teller ein und schlenderte zurück in die Küche, stellte ihn dort ab und öffnete das Kühlfach, das prall gefüllt war mit allerlei Eissorten, die John ihr vor seiner Abreise noch besorgt hatte. Eine Packung 'Cookie Dough' von Ben & Jerry’s stach ihr ins Auge und ohne lange zu Zögern beschloss sie, sich mit einem Löffel darüber herzumachen. Zum Teufel mit den Kalorien, sie war schließlich schwanger!

Mit dem Löffel voller Eiscreme im Mund, machte sich Teyla auf den Rückweg ins Wohnzimmer, als es plötzlich an der Tür klingelte. Murrend und äußerst widerwillig stellte sie den Becher Eiscreme ab und beeilte sich zu Eingangstür zu gelangen. Sie fragte sich, wer wohl um diese Uhrzeit zu ihr wollte, denn sie erwartete niemanden. Ihre Kollegen arbeiteten und sie glaubte nicht, dass Johns Geschäftspartner seine neue Adresse bereits wussten und wenn doch, hätten sie ihn im Büro aufgesucht, wo man ihnen gesagt hätte, dass Mr. Sheppard leider im Moment nicht im Hause war.
Durch das Emailleglas spähend, machte Teyla zwei Männer aus, die vor der Tür standen und darauf warteten, dass man ihnen öffnete. 'Vielleicht zwei Arbeiter', die etwas vergessen haben, dachte sie sich und öffnete die Haustür.
Doch es waren weder zwei Möbelpacker, noch zwei Bauarbeiter und wie Innenarchitekten sahen die zwei Männer auch nicht aus. Eher wie zwei Polizisten. Zwei Polizisten mit unglaublich ernster Miene.
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte Teyla die beiden. Sie kannte sie nicht, also vermutete sie, dass sie nicht dem Police Departement Precinct 19 zugeteilt waren, auf dem auch sie bis vor einer Woche noch gearbeitet hatte.
„Mrs. Sheppard?“, erkundigte sich der Kleinere von beiden.
Sie nickte. „Ja, das bin ich“, erwiderte sie… und bekam mit einem Mal ein fürchterliches Gefühl. Irgendetwas stimmte nicht. „Kann…kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie noch einmal und hoffte, dass die beiden das Zittern in ihrer Stimmte nicht bemerkten. Irgendetwas stimmte nicht, kreischte eine Stimme in ihrem Kopf. Sie kannte solche Szenarios, sie hatte selbst oft Miene genug mit ernster vor den Türen anderer Leute gestanden. Sie war oft genug selbst in der Situation gewesen, anderen Leuten zu sagen, dass es etwas passiert war.
Dass etwas passiert war, hallte es in ihrem Kopf nach und seinen Sekundenbruchteil später schlug ihre innere Stimme Alarm. John, schoss es ihr durch den Kopf und sie flehte, dass es ihm gut ging.
„Es geht um Ihren Mann, Ma’am“, erklärte der kleine Polizist das Anliegen… und bestätigte damit, ohne es zu wissen, ihre Befürchtungen.
Teyla schnappte nach Luft. „Was…was ist mit ihm?“ Sie traute sich kaum zu fragen. Nein, flehte sie. Nein, bitte nicht.
Zum ersten Mal zeigte sich eine Regung in den Gesichtern der beiden jungen Polizisten. Der eine senkte den Blick, während der andere sich verlegen auf die Unterlippe biss, den traurigen Blick seiner meeresblauen Augen auf sie richtete und die Worte aussprach, die ihre Welt bis in die Grundfesten erschütterten und ihr den Boden unter den Füßen wegrissen.

„Es gab einen Unfall, bei dem Ihr Mann schwer verletzt wurde.“

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Es heißt, der Körper spürt, wenn das Ableben herannaht. Nun ja, ich hatte noch nie das ‚Vergnügen’ dieses Gefühl zu verspüren… aber jetzt, wo mich von einer Sekunde zur nächsten dieses eiskalte Schaudern übermannte, wurde mir ganz anders. Es war wie, als legte man sich splitterfasernackt in den Schnee, alles wurde taub, die Geräusche um dich herum verstummten und für einen Moment verspürte ich nichts als Ruhe. Diese innere Ruhe war herrlich.
Mich interessierte es nicht, dass um mich herum wieder das Chaos ausbrach, dass die Ärzte um mich herumzulaufen begannen. Mich interessierte es nicht, dass der Monitor, an dem ich angeschlossen war, Alarm schlug.
Es interessierte mich nicht, bis zu dem Augenblick, als das taube Gefühl plötzlich, binnen eines Wimpernschlages, verschwand, meine Brust vor Schmerzen explodierte und ich das Gefühl hatte, keine Luft mehr zu kriegen. Es war schrecklich und als ich plötzlich dieses weiße Licht von der Decke auf mich herabsinken sah, war es mir klar.

Ich starb.


TBC
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