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[SGA] The core von Ailya

[Reviews - 1]   Drucker Kapitel oder Geschichte Inhaltsverzeichnis

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Kapitel Bemerkung: Kursiv gedrucktes am Anfang ist eine Szene mit David Hewlett aus irgendeinem Horrorfilm, dessen Name ich leider wieder vergessen habe, in der er passenderweise über schlecht gemachte Horrorfilme und über deren Klischees sinniert. Mir erschien die Szene einfach als passend…
“You know these scenes… in trashy horror movies. Six hot-headed teens somewhere in nowhere, alone in the woods. It’s dark and it rains and of course nobody has a mobile phone. The rain is getting stronger and it’s getting darker and darker. But suddenly a little hut appears. And our brave young friends do what? Yeah, they go into the hut to getaway from the dark and the rain. And the bad guy with the chainsaw is awaiting them. Creepy, isn’t it? Shall I tell you something? This here is a scene like that! Only that we’re the stupid guys this time! Oh, crap!”


„ Marie!“, verlangte Carson mit lauter Stimme nach seiner asiatischen Assistentin und seufzte erleichtert, als der Schein der Taschenlampe, die die zierliche Frau in ihrer Hand hielt, auf ihn zukam. „ Ich brauche Sie hier drüben“, wies er sie an und bedeutete mit seiner Hand auf einen jungen Marine, der rücklings auf einer Patientenliege zusammengebrochen war und sich mit allerletzter Kraft einen Stofffetzen vor seine blutende Nase presste. Seine braunen Augen waren- soweit man das in dem schwachen Licht der Taschenlampen erkennen konnten- geweitet und starrten gen Decke, die irgendwo in der Dunkelheit über seinem Kopf ihren Anfang haben musste.
Carson tätschelte seine Schulter und lächelte aufmuntern. „ Es wird gleich jemand kommen, mein Sohn“, versicherte er ihm und machte Marie Platz, als die sich an ihm vorbeiquetschte um mit weiteren Kompressen zu dem verwundeten Soldaten zu kommen.
„ Das bekommen wir schon wieder hin“, redete sie auf den Mann ein und drückte ihn sanft, aber bestimmt wieder zurück auf die Liege. „ Bleiben Sie ruhig liegen, Lieutenant.“

Carson ließ den Marine in Maries fähigen Händen zurück und ließ den Lichtkegel seiner Taschenlampe durch die Krankenstation schweifen. Auf den ersten Blick zählte er fünf Personen, die darauf warteten, dass sich jemand um sie kümmerte. Keiner von ihnen schien genau zu wissen, was überhaupt passiert war. Verwirrt und sogar ein bisschen ängstlich drein blickend saßen sie da auf ihren Stühlen und unterhielten sich leise miteinander oder schwiegen.
Das gibt es doch nicht, dachte Carson und machte einen Schritt in die Dunkelheit, winkte im Schein der Taschenlampe einer Wissenschaftlerin namens Sue Thompson zu und bedeutete ihr, sich zu setzen, damit er sie untersuchen konnte.
„ Es…es ist einfach nur schrecklich“, stammelte die junge Frau nachdem sie sich mit einem Seufzen gesetzt hatte und spielte mit einer ihrer braunen Haarsträhnen.
„ Was meinen Sie?“, fragte Carson sie, obschon die Antwort mehr als auf der Hand lag. Er leuchtete an ihre Stirn und tupfte dann vorsichtig das Blut von ihrer Haut, betrachtete die offene Wunde skeptisch. Wie um alles in der Welt gedachte er, sie zu behandeln? Es war stockduster und für ihn grenzte es an ein Wunder, dass wenigstens die Taschenlampen ihren Dienst noch nicht quittiert hatten.
„ Als kleines Mädchen hab’ ich mich immer unter unserer Treppe versteckt, wenn der Sturm ausgefallen ist“, wich Sue seiner Frage aus und wickelte ihre Haarsträhne noch fester um ihren Finger. „ Mein Dad hat immer gesagt, dass man sich nicht vor der Dunkelheit fürchten muss, aber ich hab’s trotzdem getan.“ Ihre Gedanken schienen zu wandern, während sie mit ihm sprach, und ein kleines Lächeln stahl sich über ihre aufeinander schlagenden Lippen. „ Ich hatte damals einen Teddybär- er hieß Moe. Ich hab’ ihn immer ganz fest an mich gedrückt und dann haben wir beide immer darauf gewartet, dass das Licht wieder anging.“
Carson hörte ihr lächelnd zu, während er ihre Wunde versorgte. Das erwies sich als nicht so leicht, besonders bei diesen Lichtverhältnissen, wenn man das Licht der Taschenlampe, die er in seiner linken Hand balancierte, überhaupt als solches bezeichnen konnte.
„ `Tschuldigung“, murmelte Sue plötzlich und sah ihn mit ihren rehbraunen Augen an. „ Sie interessiert das sicher überhaupt nicht, aber ich hatte grad das Bedürfnis mit jemanden zu reden.“
„ Reden Sie nur weiter“, sagte Carson und zog seine Stirn kraus. „ Sie haben sich ziemlich übel am Kopf verletzt, meine Liebe. Wie haben Sie das nur hingekriegt?“
„ Ich bin wahrscheinlich in Panik geraten, als plötzlich das Licht ausgegangen ist“, antwortete die Wissenschaftler und trotz Dunkelheit wusste Carson, dass sie verlegen lächelte und errötete. „ Den Grund dafür kennen Sie ja jetzt. Ich muss mir irgendwo den Kopf angestoßen haben. Ist es denn sehr schlimm?“
„ Ich werde es nähen müssen“, informierte Carson sie über sein Vorhaben und legte den mit Blut durchzogenen Tupfer beiseite, leuchtete noch immer an ihre Stirn und kam zu dem Schluss, dass er das unmöglich allein meistern konnte. Er schenkte Sue ein aufmunterndes Lächeln. „ Warten Sie, ich komme gleich zurück.“ Im Schein der Taschenlampe sah der Schotte, wie Sue ihren Mund zu einem Lächeln verzog und in ihren Augen blitzte die Frage auf, wo es sie jetzt schon hinziehen sollte.

Carson ließ Sue hinter sich zurück und ließ seinen Blick suchend durch die Krankenstation schweifen. Irgendjemanden musste es doch geben, den er um Hilfe bitten konnte! Wo steckte nur immer Jennifer, wenn er sie dringend brauchte? Wahrscheinlich war sie inmitten des Chaos und vielleicht kümmerte sie sich gerade auch um einen Verletzten, der wie Sue Thompson von der plötzlichen Dunkelheit überrascht worden war. Kurzen Informationen, die es mit den Patienten auch in die Krankenstation geschafft hatten, entnehmend, schien das ganze Schiff und nicht nur diese Sektion betroffen zu sein. Man konnte nur hoffen, dass Rodney im Moment das tat, was er am besten konnte- nämlich arbeiten und dabei einen ganzen Stab Wissenschaftler um sich zu versammeln.

Marie war- soweit er das beurteilen konnte- mit dem jungen Marine fertig, aber es hatte bereits ein anderer Patient auf ihrem Untersuchungstisch Platz genommen. Auf ihre Hilfe konnte er also nicht zählen! Carson seufzte und fand sich mit dem Gedanken ab, dass wohl oder übel einer der Marines den Part seines Assistenten übernehmen musste. Die groben Hände eines Soldaten waren zwar nicht für das Nähen von offenen Wunden geeignet, dafür aber für das Halten von Taschenlampen…
„ Dr. Beckett?“ Carson wandte seinen Kopf, um zu sehen, wer ihn gerufen hatte, und konnte ein erleichtertes Aufseufzen nicht verhindern, als er Teyla entdeckte.
„ Sie schickt der Himmel, meine Liebe“, empfing er sie, bedachte sie prüfenden Blickes. „ Ist alles in Ordnung mit Ihnen? Ich dachte, Sie wollten zurück in Ihr Quartier gehen und sich etwas ausruhen.“
Teyla lächelte schwach und man konnte ihr die Erschöpfung ansehen. Das alles hier musste sie furchtbar anstrengen, dachte Carson sich. Die Athosianerin hielt eine Taschenlampe in der einen Hand und rieb sich mit der anderen über ihren Bauch, den sie nun nicht mehr unter weiter Kleidung verbergen konnte. „ Ich war auf dem Weg dahin“, beteuerte sie aufrichtig und konterte gegen seinen nicht ausgesprochenen Vorwurf, dass sie sich nun, da sie im fünften Monat war, mehr auszuruhen hatte. „ Doch scheinbar scheint das ganze Schiff von dem Ausfall betroffen zu sein- die Transporter funktionieren nicht mehr.“
Carson seufzte. „ Ist mir auch schon zu Ohren gekommen. Ich hoffe, dass Rodney an dem Problem dran ist.“
„ Oh, das ist er“, entgegnete Teyla. „ Er meinte, dass er vom Kernraum aus, das ganze System noch einmal neu starten könne. Ich bin mir sicher, dass er es schafft. Er und John sind bereits auf dem Weg.“
„ Aber Sie sagten doch…“
Teyla lächelte und es schien beinahe so, als hätte sie diesen Einwand bereits erwartet. „ John kam auf die Idee, dass die Ebenen untereinander durch die Lüftungsschächte verbunden sind.“
„ Oh“, machte Carson und ließ, kaum dass er verstanden hatte, was die Athosianerin ihm da gerade gesagt hatte, ein zweites ‚Oh’ folgen und hob seine Augenbrauen. „ Das heißt, dass Rodney und Col. Sheppard… Wie haben Sie Rodney bloß dazu überreden können?“
„ Ihm scheint die Sicherheit des Schiffes wichtiger zu sein“, antwortete Teyla und rieb sich wieder über ihren Bauch, atmete durch ihre Nase aus und verzog ihr Gesicht.
Carson streckte seinen Arm nach ihr aus und legte ihr seine Hand auf die Schulter. „ Geht’s Ihnen nicht gut, meine Liebe? Wollen Sie sich setzen?“
„ Nein, nein.“ Teyla schüttelte mit dem Kopf und lächelte dann ein wirklich bezauberndes Lächeln. „ Mein Kind hat scheinbar Freude daran gefunden herumzuwuseln.“
„ Oh, das ist ja wunderbar“, freute sich Carson und konnte seine Erleichterung nicht verbergen.
„ Es…es ist ein komisches Gefühl“, sagte Teyla, „ und ich werde mich wohl erst einmal daran gewöhnen müssen.“
„ Sie glauben ja gar nicht, wie schnell das geht“, meinte Carson.
„ Ich hoffe nur, dass das Baby den richtigen Zeitpunkt abwartet, damit auch sein Vater sich daran erfreuen kann.“
Carson musste lachen. „ Ich bin mir sicher, dass Col. Sheppard jetzt lieber bei Ihnen wäre, als mit Rodney durch die Lüftungsschächte zu kriechen. Habe ich schon erwähnt, dass das eine ziemlich waghalsige Aktion ist?“
„ Sie kennen doch John“, entgegnete Teyla und verdrehte ihre braunen Augen, zog dann die Stirn kraus. „ Aber… Sie sagten vorhin, dass ich genau richtig komme- wie meinen Sie das?“
„ Ah…“ Carson erinnerte sich an Sue Thompson- wahrscheinlich wartete sie schon auf ihn. „ Ja, ich bräuchte Ihre Hilfe bei einer Sache. Da ich jetzt weiß, dass die Transporter nicht funktionieren und das dann auch der Grund ist, warum Dr. Keller nicht kommt… Könnten Sie mir assistieren, während ich mich um eine Patientin kümmere? Ein paar hat es ziemlich übel erwischt. Sie müssten nur die Taschenlampe halten.“
„ Aber natürlich helfe ich Ihnen, Carson.“ Teyla deutete ein kurzes Nicken an. „ Ich nehme an, dass es noch ein bisschen dauern wird, bis man das Problem behoben hat.“

Carson lächelte sie dankbar an und führte die Athosianerin zu der Liege, wo Sue Thompson bereits auf sie wartete. Sie hatte sich nicht von der Stelle gerührt, presste eine Kompresse gegen ihre Stirn, wo ihre Wunde wieder zu bluten begonnen hatte. „ Carson, ich dachte schon Sie hätten mich vergessen“, rief sie sichtlich erleichtert, als sie seine Schritte auf sich zukommen hörte.
„ Ich habe mich nur um ein bisschen Unterstützung gekümmert.“ Der Schotte löste die Kompresse von der Stirn der Wissenschaftlerin und musterte die Wunde kritisch.
„ Ist es sehr schlimm?“, fragte Teyla und beugte sich über die Patientenliege.
„ Ich werde es nähen müssen“, antwortete Carson, „ und dazu werde ich Ihre Hilfe brauchen.“ Er drehte sich um und tastete mit seinen Fingern nach einem weiteren Tupfer, um die Wunde zu reinigen. Sue zuckte zusammen, als er mit dem Jod getränkten Wattebausch über ihre Wunde strich, und presste die Luft ruckartig zwischen ihren zusammengebissenen Zähnen hindurch.
„ Ich habe meinem Zahnarzt mal in den Finger gebissen“, murmelte sie plötzlich und verlegen sah sie Carson an. „ Das hab’ ich nur gesagt, um Sie zu warnen, Doktor! Es war auch keine Absicht gewesen! Eher ein kleines, nicht gewolltes Missgeschick.“
Carson schmunzelte und er bemerkte, dass Teyla ihren Mund ebenfalls zu einem Lächeln verzogen hatte. „ Danke, dass Sie mich gewarnt haben, meine Liebe“, sagte er, „ aber ich bin sicher, dass mein Finger außer Gefahr ist. Sie werden es nicht einmal merken.“
„ Ich will Sie jetzt nicht beunruhigen, aber das hat der Zahnarzt damals auch behauptet.“
„ Dann war das wohl kein besonders guter Arzt“, sinnierte Teyla.
„ Oh, doch! Dr. Humphrey war die gute Seele unserer Stadt“, erwiderte Sue mit einem ernsten Nicken. „ Doch irgendwie war ich an dem Tag nicht so gut drauf.“
Carson musste lachen. „ Dann ist zu hoffen, dass Sie heute einen guten Tag haben, meine Liebe. Und ich verspreche auch, ganz vorsichti-…“

Er wusste nicht, was schlimmer war- die unsichtbare Gewalt, die das Schiff wie aus dem Nichts erfasste und zum Wanken, oder der daraus resultierende spitze Schrei einer Frau. Carson konnte gar nicht so schnell reagieren, wie es geschah. Er wusste nicht was, er wusste nicht wie, er wusste warum. Er konnte nur vermuten… und das auch erst, als der Aufprall ihn zu Boden riss. Die Taschenlampe fiel ihm aus der Hand, wurde durch die Luft geschleudert und prallte an einer Wand ab, rollte über den Fußboden. Carson riss die Augen auf und versuchte sich zu halten, doch da war nichts, wo er sich hätte festhalten können. Seine Hände griffen ins Leere, sein Arm knallte gegen die Tischplatte und der Schmerz, der sich nur Sekunden später durch seinen ganzen Körper zog, schnürte ihm die Luft ab.
Das Schiff, in dem die letzte Stunde eine geradezu gespenstische Stille geherrscht hatte, bebte, die Wände erzitterten und die Instrumente, die man in der Krankenstation aufgebaut hatte, polterten durch die Gegend. Leute begannen zu schreien und zu wimmern. Es ging viel zu schnell, als dass Carson etwas hätte erkennen können. Er hörte nur, dass irgendetwas nicht stimmte. Er hörte, wie Kisten durch die Luft geschleudert wurden und wie Glas zu Bruch ging. Er hörte, wie Menschen zu Boden gingen, wie sie vor den umher fliegenden Gegenständen Schutz suchten. Ganz in seiner Nähe hörte er Sue Thompson aufstöhnen und das Jammern und die ängstlichen, verwirrten Schreie der anderen dröhnten nur wenige Sekunden später an sein Ohr, als er sich mit seinen Handflächen abfing. Einen kurzen Moment hielt er inne, doch dann begann sein Gehirn zu arbeiten und binnen Sekunden begriff er, dass etwas nicht stimmte! Es musste etwas passiert sein! Das Schiff… es musste getroffen worden sein! Sie waren nicht mehr allein da draußen!

Carson rappelte sich auf, nicht zuletzt weil das Jammern der Leute ihn darauf hinwies, dass Arbeit auf ihn wartete. Seine Beine drohten zu streiken und er musste sich an einer Tischkante hochziehen. Ihm wurde schwindelig und es fühlte sich für ihn an, als ob sich seine Beine vom Boden lösten. Aber, nein, das konnte er nicht! Carson atmete tief ein und aus, richtete sich gerade auf und blinzelte in die Dunkelheit hinein. Die meisten Taschenlampen waren erloschen, nur ein paar Meter von ihm entfernt leuchteten noch zwei.
„ Dr. Beckett! Carson, wo sind Sie?“, hörte er Maries nervöse Stimme durch die stockfinstere Krankenstation schallen.
„ Ich bin hier, Marie. Es geht mir gut!“ Carson wusste nicht in welche Richtung er zu antworten hatte. Ganz in seiner Nähe leuchtete eine weitere, eine dritte Taschenlampe auf und in ihrem Lichtkegel erkannte er das besorgte Gesicht der asiatischen Krankenschwester. Sie entdeckte ihn und ihre Gesichtszüge hellten sich ein bisschen auf.
Carson griff nach seiner Taschenlampe, die ihm während der ganzen Aktion aus der Hand gefallen, gegen die Wand geprallt und wieder in seiner Richtung zurück gerollt war, als das Schiff hin und her gependelt war. Theoretisch war das unmöglich, doch Carson hatte schon lange damit aufgehört, nur an die Theorie zu glauben!
Die Taschenlampe lag kalt in seiner Handfläche, als er sie umher schwenkte. Er entdeckte Sue Thompson, die sich kreidebleich an der Patientenliege hochzerrte. Ihr Atem ging schnell und holprig und sie hatte ihre braunen Augen weit aufgerissen. Schweißperlen standen auf ihrem vor Schreck erblassten Gesicht.
„ Geht es Ihnen gut, Sue?“, schaffte es Carson sie zu fragen. Die Wissenschaftlerin starrte ihn mit ihren geweiteten Augen an und nickte dann. Über ihre bebenden Lippen kam ein schwaches ‚Ja’, was sich jedoch in den Stimmengewirr der anderen Besatzungsmitglieder, die sich auf der Krankenstation befanden, unterging.
Carson rieb sich sein Kinn, das hart auf dem Boden aufgeschlagen war, und leuchtete mit der Taschenlampe in die Richtung, wo er Teyla zum letzten Mal hatte stehen sehen- doch die Athosianern war verschwunden und eine leise Panik überkam den Schotten.
„ Teyla“, rief er in die Dunkelheit hinein und allein die Tatsache, dass die junge Frau ihm nicht sofort antwortete, machte ihm Angst. Er half Sue auf die Liege. „ Teyla! Teyla!“ Angstschweiß trieb ihm auf die Stirn. Was wäre wenn…
„ Hier bin ich“, ertönte da auf einmal eine schwach klingende Stimme ganz in seiner Nähe und im faden Lichtschein erblickte Carson die schwangere Athosianerin. Ihre Hand ruhte auf einer umgestürzten Kiste, während ihr anderer Arm schlaff an ihrem Körper hinab baumelte.
„ Oh, mein Gott!“ Carson eilte zu ihr, legte ihr vorsichtig einen Arm um die Taille und half ihr auf. „ Sind Sie verletzt, meine Liebe?“
„ Mir geht’s gut“, antwortete Teyla mit schmerzverzogenem Gesicht. „ Nur… mein Arm- ich...ich kann ihn nicht mehr bewegen!“ Eine alte Narbe an ihrer Schläfe war wieder aufgeplatzt und das Blut tropfte ihre Wange hinab.
„ Halten Sie den Arm möglichst still“, wies Carson sie an und geleitete sie zu einem Stuhl. Mit einem lauten Ächzen ließ sich Teyla auf den Stuhl sinken und fiel gegen die Rückenlehne.
„ W…was ist da eben passiert?“, fragte sie, rieb über ihren Bauch. „ Es hat sich angefühlt, als hätte uns etwas getroffen.“
Carson schüttelte mit dem Kopf. „ Wenn ich Ihnen doch darauf nur eine Antwort geben kann.“ Die Athosianerin zuckte zusammen, als er mit seinen Fingern nach ihrer Wunde tastete, um sie genauer zu untersuchen. „ Fühlen Sie sich schwindelig? Haben Sie außer im Arm noch irgendwo anders Schmerzen?“
„ Es ist nur der Arm“, erwiderte Teyla, verzog ihr Gesicht, als Carson ihren linken Arm anwinkelte, und wimmerte leise auf. Ihre andere Hand lag noch immer auf ihrem Bauch. Carson blickte sie an und entdeckte die blanke Angst in ihren braunen Augen. Nichts war mehr verblieben, von der ruhigen Person von vorhin…
„ Ungeborene sind in diesem Stadium sehr zäh“, versuchte er sie zu beruhigen, doch Teyla schnitt nur eine bedingt beruhigte Grimasse.
„ Ich mache mir nicht nur darum Sorgen, Carson“, sagte sie und der Mediziner verstand.
„ Ich bin mir sicher, dass dem Colonel nichts passiert ist“, meinte er und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: „ Es würde mich nicht überraschen, wenn gleich die Tür aufgeht und er wohl behalten hereinspaziert.“

Niemals im Leben hatte Carson damit gerechnet, dass er ein so gutes Timing besaß. Eine abrupte Ruhe legte sich über die Krankenstation, als plötzlich im Korridor außerhalb Schritte ertönten, die sich ohne jeden Zweifel näherten.
„ Was zur Hölle…“, hörte Carson jemanden erleichtert fluchen, als die Deckenleuchten zu flackern begannen und nach wenigen Momenten elektrisiertem Hin und Her wieder hell zu leuchten begannen. Ein Seufzen der Erleichterung ging durch die Krankenstation, auch wenn jetzt ihm Hellen das Ausmaß sichtbar wurde.
„ Gott sei Dank!“, rief ein junger Marine und umarmte eine Wissenschaftlerin freundschaftlich. Trotz seiner Kopfverletzung sprang er freudig auf, genau in dem Moment, als sie die Türe zur Krankenstation öffnete. Eine dunkle, unverkennbar weibliche Gestalt kam herein… und jedermann hielt nach der Euphorie die Luft an. Der Marine stolperte erschrocken zurück, prallte dabei gegen ein paar Kisten, die das ganze Durcheinander heil überstanden hatten und riss sie mit Tumult zu Boden.
Oh, verdammt, dachte Carson nur, als er sah, wie die fremde Frau, die in der Türschwelle stehengeblieben war, ihn anfunkelte. So schnell, das es noch nicht einmal der beste Marine hätte realisieren können, griff sie an ihren Gürtel, zog eine Waffe, richtete sie auf den Marine und drückte ohne auch nur mit der Wimper zu zucken ab.
Ein Aufschrei ging durch die Anwesenden, als die Kugel sich genau zwischen die Augen des Soldaten bohrte, die daraufhin im Hinterkopf des jungen Mannes verschwanden. Er kippte nach vorne, wie eine Marionette, deren Bänder man durchgeschnitten hatte.

Carson musterte die fremde Frau. Irgendetwas stimmte nicht. Nein, er kannte sie nicht und er glaubte fest daran, dass sie etwas mit dem Vorgefallenen zu tun haben musste. Sie hatte lange, blonde und leicht gewellte Haare. Ihre rubinroten Augen stachen aus ihrem leichenblassen Gesicht, ebenso wie ihre blutroten Lippen. Sie sah schlichtweg furchterregend aus und die Tatsache, dass sie eisern schwieg und nur ihren Blick über die Anwesenden schweifen ließ, machte sie Sache nicht gerade besser.
„ Wer von Ihnen ist zuständig für diese Sektion?“ Als sie ihre glasklare Stimme erklingen ließ, zuckten alle zusammen- doch Carson mitunter am stärksten. Sie hatte ihn angesprochen, auch wenn sie es nicht wusste. Er spürte Teylas ängstlichen Blick auf sich liegen. Tun Sie es nicht, schienen ihre braunen Augen ihm sagen zu wollen, doch wieder aller Versuche, richtete Carson sich auf. Er schluckte nur, als der Blick der Frau auf ihn fiel.
„ Das bin ich“, antwortete er ihr selbstbewusst. Wer auch immer diese Frau war… er war sich sicher, dass sie nichts Gutes im Schilde führte. „ Und wer sind Sie?“
„ Ich denke nicht, dass Sie das zu interessieren hat“, erwiderte sie ihm schnippisch, doch dann stahl sich ein Lächeln über ihre perfekt geschwungenen Lippen. „ Aber ich will nicht so sein: Mein Name ist Larrin.“
„ Wie sind Sie auf dieses Schiff gekommen?“ Carson fragte sich selber, was er da eigentlich tat. Sämtliche Alarmglocken in ihm schrillten. Trotzdem fuhr er fort, sie zu fragen. Er musste wissen, wer sie war. Er musste wissen, warum und vor allem wie sie auf das Schiff gekommen war. Er sah seine Verantwortung! „ Was wollen Sie von uns?“
Larrin lächelte boshaft und machte einen Schritt auf ihn zu. Ein Laut des Entsetzens ging durch die Menge. „ So viele Fragen“, meinte sie, „ und so wenig Zeit für Sie, die Antworten zu finden.“ Sie zog ihre Waffe, die noch immer rauchte, richtete sie auf ihn und drückte ab. Der Schuss zerriss die angespannte Stille der Krankenstation und ging in den gnadenlosen Schrei von Sue Thompson über, die sich aufgebracht die Hände vors Gesicht schlug.

+++++++++++


Was es auch immer war, das sich vor seine Augen gelegt hatte- es verschwand und er merkte, wie seine Sinne zurückkehrten. Sein Schädel brummte wie nach einer durchfeierten Nacht und als er es nach mehreren erfolglosen Versuchen schaffte, seine müden Augen zu öffnen, sah er nichts als ein merkwürdiges Flimmern. Es war hell und es schmerzte ihn so sehr, dass er wieder in die Bewusstlosigkeit zurückzufallen drohte, doch das wollte er nicht.
Standhaft kämpfte er gegen das Verlangen, seine Augen zu schließen, an und versuchte sich zu konzentrieren. Mit aller Kraft fokussierte er seinen Blick auf das seltsame Flimmern. Er blinzelte einmal, zweimal, dreimal und dann noch ein viertes und fünftes Mal, ehe er erkannte, um was es sich dabei handelte. Auf einmal war er wieder klar und sein Verstand kehrte zurück. Obwohl sein Körper mit stechenden Schmerzen, die ihm fast den Atem raubten, protestierte und sein Kopf sich bei jeder unüberlegten Bewegung meldete, richtete er sich auf. Er biss die Zähne zusammen und presste seine Lippen fest aufeinander, um ein Stöhnen zu verhindern, als er sich auf seinen zitternden Unterarmen abstützte und sich mit seinen Ellenbogen vom Boden wegdrückte.

In solchen Momenten wie diesen, schätzte er die Ausbildung, die er damals genossen hatte sehr. Er hatte gelernt, selbst in scheinbar aussichtslosen Situationen einen klaren Kopf zu behalten und erst einmal den Sachverhalt zu klären. Auch dieses Mal war es so, auch wenn die Bewusstlosigkeit ihn immer wieder zu übermannen versuchte. Doch er musste aufstehen! Er konnte nicht liegen bleiben! Irgendetwas stimmte hier nicht und das machte ihn nervös!
„ Rodney?“, kam es heiser über Johns Lippen, als er sich hochgehievt und das Gefühl hatte, einigermaßen sicher auf seinen Beinen zu stehen. Er drehte seinen Kopf, suchte den Kanadier, der ihn begleitet hatte, doch er konnte ihn nirgendwo entdecken. Er mochte vielleicht auf wackligen Knien stehen, doch das helle Flimmern verschwand nur sehr langsam und die Schmerzen, die stechend heiß durch seinen Körper zogen, ließen ihn nicht klar denken. Er versuchte sich trotz aller Mühen zu erinnern, was geschehen war, aber er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Alles war so unübersichtlich und die Gedanken rasten durch seinen Kopf wie die Autos über den Highway. John kniff seine Augen zusammen, nicht zuletzt, weil das Flimmern wieder unerträglich wurde.
Verdammt, konzentrier’ dich, Mann, schimpfte er mit sich selbst. In mühevoller Arbeit versuchte er die kleinen Bilder und Erinnerungen in seinem Kopf zu einem großen Bild zusammenzufügen…

„ Wissen Sie“, schnaufte Rodney, „ es ist auch für mich nicht angenehm, dass Sie an meinem Hintern kleben. Und ich finde außerdem, dass ich den viel schwierigeren Part bekommen habe. Sie sollten sich nicht so aufregen, Sheppard.“
„ Aber ich habe doch gar nichts gesagt“, verteidigte John sich kopfschüttelnd und fügte hinzu: „ Im Gegensatz zu Ihnen weiß ich, wann man die Klappe hält.“
Rodney lugte über seine Schultern hinweg. „ Hey, erwarten Sie keine Begeisterungsrufe von mir. Ich war von Anfang an gegen diese ganze Aktion und ich hätte mit Sicherheit einen anderen, vorteilhafteren Weg gefunden, um das Problem zu lösen. Aber, nein, stattdessen krieche ich hier durch die Lüftungsschächte, weil Colonel „Indiana Jones“ immer auf so abenteuerliche Ideen kommt!“
„ Es war nicht meine Idee“, erinnerte John ihn. „ Und es tut mir leid, aber ich sehe keine andere Möglichkeit.“
„ Oh, nein“, rief Rodney sarkastisch aus. „ Der strahlende Held, dem alle Frauen zu Füßen liegen, und der geniale Wissenschaftler, der mit dem Nerven am Ende ist, kämpfen sich ihren Weg durch das verwirrende System der Lüftungsanlage. Hab’ ich eigentlich schon erwähnt, dass diese Idee vollkommen schwachsinnig ist?“
„ Wir würden viel schneller vorankommen, wenn Sie nicht alle fünf Meter anhalten würden, um sich zu beschweren, was für ein armer Mensch Sie doch sind.“
Rodney hielt an und John seufzte. „ Ich möchte Sie nur noch einmal darauf hinweisen, Colonel, dass das hier nicht meine Idee gewesen ist. Und für das Protokoll: Diese Idee ist Wahnsinn und das hier ist Selbstmord!“
„ Jetzt machen Sie schon weiter“, befahl John, „ sonst sehe ich mich gezwungen, Ihnen weh zu tun!“
„ Als ob Sie das nicht schon mit dieser dämlichen Idee getan hätten“, schnaubte Rodney erbost und machte sie daran, tiefer in das Lüftungssystem vorzudringen. John kroch widerwillig und Abstand haltend hinter dem Kanadier hinterher und so langsam kam er an den Punkt, an dem er sich fragte, ob es vielleicht doch klüger gewesen wäre, er hätte Rodney Zeit gegeben um nach einem anderen Weg zu suchen. Sie beide waren schon seit einer viertel Stunde in den Schächten unterwegs und bisher hatte sich nicht viel getan, außer das Rodney Schimpfarien von Minute zu Minute schlimmer wurden und seine Wortwahl begann allmählich unter die Gürtellinie zu rutschen.
John versuchte sein Bestes, um Rodneys schrille Stimme irgendwie auszublenden, doch sein Vorhaben scheiterte an der Umsetzung. Der Soldat hielt seine Lippen zusammengepresst und verkniff sich jeglichen Kommentar. Es war nicht nur besser für ihn…

„ Ich fühl’ mich dämlich“, posaunte Rodney plötzlich und brachte Johns Vorhaben damit kräftig ins Wanken.
„ Dazu gehört nicht viel“, giftete John Rodney an, woraufhin dieser anhielt und der Soldat dem viel zu schnell herannahenden Hinterteil des Kanadier nur knapp ausweichen konnte.
„ Das werde ich jetzt geflissentlich ignorieren“, verkündete Rodney scharf und sein Blick sprach Bände. „ Obwohl ich mich gerade sehr verletzt fühle.“
„ Ihrem Ego wird es sicher nicht schaden“, stichelte John weiter und musste grinsen, als er merkte, wie Rodney darauf ansprang.
„ Seihen Sie mal ganz ruhig, mein Lieber, schließlich ist das hier alles Ihre Schuld“, sagte Rodney und brachte das Gespräch somit wieder auf das alte Thema zurück.
„ Es ist nicht meine Schuld“, beteuerte John eisern und unterstrich seine Aussage mit einer fließenden Handbewegung. „ Und ich will jetzt auch nicht mehr darüber reden, sondern endlich diesen Ausgang finden. Ich habe nämlich keine Lust die nächsten Tage im Dunkeln zu verbringen.“
„ Der Colonel hat gesprochen“, knurrte Rodney. „ Wenn Sie mir jetzt auch noch sagen, in welche Richtung wir zu gehen, beziehungsweise zu kriechen haben, dann erkläre ich mich bereit Ihnen Ihre Kommentare zu verzeihen.“ Er zog seine Stirn kraus. „ Aber da Sie das anscheinend nicht sind und da ich weder diese verquäkte Stimme höre, die mir sagt, dass ich in hundert Metern rechts abzubiegen habe, sehe ich keine Notwendigkeit darin.“
„ Sie sollten das Ganze mal etwas positiver sehen, Rodney!“
„ Ich weiß nicht, was es hier positiv zu sehen gibt“, empörte sich der Kanadier und hielt zu Johns Leiden wieder an. „ Wir kriechen in einem Lüftungsschacht umher, ohne zu wissen, wo uns unsere Reise hinführt. Und zu allem Überfluss sitzt mir die Tatsache im Nacken, dass Dutzende Leute im Dunkeln darauf warten, dass ich das wieder hinbekomme. Also, ich weiß echt nicht, was Sie daran Positives sehen! Für mich ist das alles nu-…“


Das Nachdenken wurde zu anstrengende für seinen brummenden Schädel, doch John erinnerte sich wieder daran, was nach seiner kleinen Auseinandersetzung mit Rodney passiert war. Sie waren noch eine ganze Weile durch die miteinander verzweigten Lüftungsschächte gekrochen und Rodney hatte nicht aufgehört auf Gott und die Welt zu schimpfen. Das rüde Benehmen des Kanadiers hatte ihn fast verrückt gemacht! Er fragte sich, wie er das nur ausgehalten hatte…
Die Tatsache außen vor lassend, dass Rodney es nicht geschafft hatte, auch nur für ein paar Sekunden den Mund zu halten, war der Rest ruhig verlaufen. Anders als von Rodney erwartet, hatten sie beide sich nicht verirrt und hatten das Ende des Lüftungsschachtes heil erreicht- abgesehen von ihren geschundenen Händen und schmerzenden Knien…

Was danach geschehen war, war John nur noch schleierhaft in Erinnerung und es waren nicht mehr als dunkle Bilder. Er erinnerte sich, dass er und Rodney versucht hatten das Schachtgitter zu lösen, um in den dahinterliegenden Korridor zu gelangen, doch es war ihnen nicht gelungen- das Gitter klemmte. Er hatte versucht, es aus der Verankerung zu heben, scheiterte jedoch.
Danach war wieder eine große Leere in Johns Kopf- keine Erinnerungen, keine Bilder. Doch dann… nur schwach, aber er erinnerte sich an ein Beben, das die Wände erschüttert und ihn und Rodney zurückgeschleudert hatte. Soweit er sich erinnern konnte, war weder ihm noch dem Kanadier etwas passiert- sie hatten einander nur verwirrt angesehen. Das Beben dauerte an, schwächte ab, kehrte aber dann mit einer solchen Wucht zurück, dass es sie durch die Luft schleuderte, gegen das Lüftungsschachtgitter, das krachend ihrer beider Gewicht nachgab und sie mit zu Boden. Der Boden war hart. Der dumpfe Aufschlag seines Kopfes auf den harten Boden hatte John die Tränen in die Augen getrieben, doch nur für einen kurzen Moment, der schnell wieder verflog. Das Letzte, an was er sich bewusst erinnern konnte, war, dass sich ein dunkler Schleier über das Flackern der wieder zu leuchten beginnenden Deckenleuchten gelegt und dass ihn das matte Gefühl der Ohnmacht übermannt hatte…

…dann war er erwacht. John konnte nicht sagen, wie viel Zeit vergangen war, doch es gab im Moment durchaus Wichtigeres. Er war sich nicht sicher, ob er sich dieses miese Gefühl, das ihm sagte, dass etwas nicht stimmte, nur einbildete oder ob es tatsächlich echten Grund zur Sorge gab. Misstrauisch blickte er sich um, stellte dankend fest, dass sich das seltsame Flimmern langsam legte. Neben ihm hatte es das Schachtgitter zu Boden gerissen und nur ein paar Meter weit entfernt erblickte er Rodney, der mühsam aus seiner Bewusstlosigkeit erwachte und dabei leise vor sich hinfluchte.
„ Rodney!“ John stieg über das Gitter hinweg und eilte zu seinem Freund so schnell es ihm seine Beine erlaubten. Er sah, wie sich der Kanadier ächzend auf den Rücken rollte und seinen Kopf in seine Richtung drehte. Auf den ersten Blick schien er unverletzt zu sein, doch John wollte sich da nicht festlegen. Was auch immer gerade passiert war und so ungern er es auch zugab, aber sie beide musste zu einem Arzt. Nicht nur sein wiederkehrendes Schwindelgefühl sprach für eine ärztliche Untersuchung. John ging neben Rodney auf die Knie und berührte ihn an der Schulter; so ganz sicher war er sich nicht, was er damit bezwecken wollte. Er wollte seinem Kameraden einfach nur realisieren, dass er bei ihm war und dass er sich keine Sorgen machen müsste. „ Hey, alles in Ordnung?“, wollte der Soldat wissen. „ Rodney, können Sie mich hören? Geht’s Ihnen gut?“
„ Mir geht’s gut“, antwortete Rodney ihm mit heiserer Stimme und schnitt eine Grimasse. „ Kein Grund gleich so zu schreien, Sheppard.“ Er ächzte und schlug seine Augen, blinzelte verwirrt. „ Was… was ist da eben passiert?“
„ Ich hab’ gedacht, Sie können mir das sagen“, gestand John kleinlich, reichte Rodney seine Hand, die der Wissenschaftler sogleich ergriff, und zog ihn vorsichtig hoch. „ Alles okay?“, fragte er, als Rodney einen Schritt zurück taumelte und sich an die Stirn fasste.
„ Jaja, ich denke schon“, kam die Antwort. „ Gebrochen ist hoffentlich nichts. Und was ist mit Ihnen?“ Rodney deutete mit dem Finger auf Johns Stirn. „ Sie bluten.“
John tastete nach der Stelle, die Rodney ihm bedeutete, und zuckte zusammen, als ein stechender Schmerz durch seinen Körper fuhr und als seine Fingerkuppen in rotes Blut tauchten. Verdammt, dachte er und presste ärgerlich die Lippen aufeinander.
„ Sie sollten zu Carson gehen“, schlug Rodney vor. Er zog die Stirn kraus, aber John wusste, dass es nicht seinetwegen war, sondern wegen der Tatsache, dass im Gegensatz zu vorhin, der Korridor nunmehr hell erleuchtet war und das die Wandpanele an den Türen aktiviert zu sein schienen. „ Was um alles in der Welt…“, hörte John Rodney leise murmeln und blickte zu ihm herüber. Rodneys Blick verriet genau das, was auch ihm durch den Kopf ging.
„ Glauben Sie mir, ich denk’ dasselbe wie Sie“, meinte John.
„ Ich will nicht schon wieder nörgeln, aber ich habe bei der Sache hier ein ganz, ganz mieses Gefühl“, sagte Rodney.
„ Da sind Sie nicht allein“, entgegnete John und war sich sicher, dass Rodney ihren kleinen Streit im Lüftungsschacht bereits vergessen hatte, so wie er. Er seufzte- wie hätte er es auch anders tun können- und strich sich durch seine dunklen Haare, richtete seine Augen auf das am Boden liegende Gitter. „ Wir sollten zurückgehen und nach den anderen sehen. Irgendwas stimmt hier nicht.“
„ Ich mag zwar nur selten Ihrer Meinung sein, aber diesmal stehe ich voll und ganz auf Ihrer Seite“, redete Rodney. Ernst sah John den Kanadier an und überlegte, was wohl geschehen war, als er im Augenwinkel einen Schatten vorbeihuschen sah. Sämtliche nicht erforderliche Funktionen wurden eingestellt und er bedachte Rodney warnenden Blickes, aber dieser schien ebenso wie er bemerkt zu haben, dass sie beiden nicht mehr allein waren- er hielt seinen Blick auf Johns Gesicht gerichtet, rührte sich nicht und der Soldat bezweifelte sogar, dass Rodney noch atmete.
John spähte über seine Schulter, doch er konnte nichts entdecken. Sein Herz begann schneller zu schlagen und mehr Adrenalin durch seinen Körper zu jagen, doch sein Atem war ruhig. Noch immer hielt er Rodneys Blick. Plötzlich erschauderte der Kanadier und auch John überkam ein seltsames Gefühl. Sie beide schienen die verstohlenen Blicke zu spüren, die auf ihnen lasteten.
„ Keine Bewegung“, flüsterte John und Rodney nickte, biss die Zähne zusammen. Johns Nackenhaare stellten sich auf und er lauschte in die Stille hinein- nichts war zu hören, trotzdem wusste er, dass sie nicht mehr allein waren. Er presste seinen Arm eng an seinen Körper, wanderte mit seiner Hand an seinem Bein hinab und tastete mit seinen Fingern nach seiner Beretta. Seine Finger klammerten sich um das kühle Metall seiner Waffe und sein Zeigefinger legte sich auf den Abzug.
Rodney stand ihm gegenüber und hielt die Luft an. Der Blick seiner blauen Augen wanderte über Johns Schultern hinweg… und erstarrte. „ John, runter!“

John drückte Rodney mit einer Hand runter und wirbelte herum, fokussierte einen Mann, der am Ende des Korridors aufgetaucht war und noch halb im Schatten verborgen stand. In seiner blassen Hand blitzte das glänzende Metall eines langen Waffenlaufs auf und John konnte gar nicht so schnell denken, wie ihm die Schüsse um die Ohren peitschten. Der Schütze schien nicht beabsichtigen ihn oder Rodney zu treffen, denn sie Kugeln trafen nicht sie sondern die hinter ihnen liegende Wand. Trotzdem schien er alles andere als freundlich gesinnt…
John richtete seine Waffe auf den Mann, der sich ihm nun zu nähern begann. Er trat aus dem Schatten hervor und John erkannte, dass er von stattlicher Statur war und kurze braune Haare hatte. Seine Augen glänzten in einer Farbnuance, die es John eiskalt über den Rücken laufen ließ und schreckliche Erinnerungen in ihm wachrief- rubinrot. Nein, dachte John und riss seine Augen auf. Nein, das konnte nicht sein. Wie um alles in der Welt war das möglich? Wie hatten sie ihn gefunden? Das konnte nicht wahr sein!
„ Laufen Sie, Rodney“, pöbelte er über seine Schulter und ein zielgerichteter Schuss löste sich aus seiner 9mm, traf den fremden Mann an der Schulter, doch dieser zuckte noch nicht einmal zusammen. John spürte Rodneys Präsenz noch immer hinter sich. „ Verdammt, verschwinden Sie, Rodney! Los!“
„ John…“, hörte er Rodney rufen, gerade in dem Moment, als sich direkt neben ihm eine Kugel in die Wand bohrte und er hörte, wie der Mann am Ende des Korridors seine Waffe nachlud und ihm damit unmissverständlich klar machte, dass er nicht noch einmal daneben schießen würde. John fluchte und feuerte in die Richtung des Mannes- alle drei Kugeln trafen zielsicher ihr Ziel, doch dem Mann schien es nichts auszumachen, dass drei Kugeln in seiner Brust steckten.
John wusste, dass es jetzt an der Zeit war, sich aus dem Staub zu machen, und so wirbelte er herum. Er würde sich Rodney schnappen und ihn hinter sich her ziehen, wenn er mal wieder wie angewurzelt stehen bleiben würde und sich nicht bewegte. Er blickte zu Rodney und kam stolpernd wieder zum Stehen…

„ Denken Sie nicht mal dran, Sheppard!“, drang eine ihm nur zu vertraute Stimme aus einem ihm nur zu vertrauten Mund und er konnte es nicht verhindern, entgeistert zu gaffen.Wieso passierten die verrückten und unglaublichen Sachen immer nur ihm? Er konnte nichts sagen, war vielmehr damit beschäftigt, die Waffe zu mustern, die Rodney gegen die Schläfe gedrückt wurde. Voller Missachtung und unangenehmer Überraschung hob er seinen Kopf, blickte in ein Paar blutrote Augen und schreckte zusammen.
„ Tun Sie nicht so erschrocken, Sheppard. Das steht Ihnen nicht!“ Larrin grinste boshaft, schlang ihre blassen Finger um das Metall ihrer Waffe und presste sie noch fester gegen Rodneys Schläfe. Ab diesem Moment wusste John, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte und dass alles verdammt falsch lief…
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