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[SGA] The core von Ailya

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Die Summe unseres Lebens sind die Stunden, in denen wir liebten.


Helia. Eine Welle der Erleichterung fuhr durch ihren Körper und ein scheinbar nicht enden wollendes Glückgefühl überkam sie, als die sanfte Stimme ihren Namen zu ihrem Ohr trug. Es war schon so lange her, seit sie ihn das letzte Mal gehört hatte. Sie konnte sich noch nicht einmal daran erinnern.
Der Klang der Stimme verebbte langsam, doch erst jetzt gewann er so richtig an Bedeutung. Die Stimme war sanft, doch zugleich auch ein bisschen ängstlich, verwirrt und fragend. Scheinbar war sie sich ihrer Sache nicht sicher.

Trotz alledem war es eine wunderschöne, melodische Stimme, die nur zu einer Frau gehören konnte. Sie war der Stimme schon fast ein bisschen dankbar, denn schließlich hatte sie sie aus diesem tiefen finsteren Loch befreit, von dem sie schon gedacht hatte, nie wieder hinaus zu kommen und bis in alle Ewigkeiten darin gefangen zu sein. Doch die Stimme hatte sie gerettet!

Innerlich war sie am jubeln und wollte der Person, zu der diese Stimme gehörte, ins Gesicht sehen, doch gleichzeitig regte sich etwas in ihr und sie hatte auf einmal das Gefühl, einen schlimmen Fehler zu begehen. Nicht selten hatte sie so ein Gefühl gehabt und fast immer war dann auch etwas furchtbar schief gelaufen. Es war dieses Gefühl, was sie vor Gefahr warnte und bisher hatte sie ihm immer vertraut!

Helia. Aber so sehr sie auch versuchte, auf ihr Gefühl zu hören… die Erleichterung und die Neugier brachten ihr Blut zum kochen. Der rote Lebenssaft raste durch ihren Körper und brachte diesen fast zum Explodieren. So sehr sie es auch versuchte, sie konnte dem Drang nicht länger widerstehen und erlag ihm schließlich.

Ein Licht am Ende des Tunnels erschien und allmählich kehrte Leben in ihren Körper zurück. Sie spürte, wie ihre Muskeln zu zucken begannen und heiß wurden, als sie ihren Kopf langsam in die Richtung drehte, aus der sie die klangvolle Stimme vernahm. Vor ihren Augen war noch alles ein bisschen unscharf, doch schon bald erkannte sie satte Farben und erste Umrisse. Sie erkannte Bewegungen, dann gedämpftes Licht und dann die flackernde Kerzenflamme. Es mussten an die zwanzig Stück sein. Sie sah zwanzig Lichter, zwanzig Flammen. Ja, es waren Kerzen.

Gefesselt von dem nervösen Spiel der Kerzenflammen vergaß sie, warum sie eigentlich aus ihrer Starre erwacht war und erst, als wieder diese Stimme an ihr Ohr drang und etwas leicht an ihrer Schulter ruckelte, erinnerte sie sich wieder an den Grund ihres Bestrebens.
Sie drehte ihren Kopf in die Richtung, aus der die Stimme klang, und schloss die Augen als ihr ein wohliger Duft entgegenschlug, der in ihrer Nase zu kitzeln begann. Es roch nach frischen Blüten und reiner Luft und wenn sie sich konzentrierte, glaubte sie auf einer Wiese zu stehen, umgeben von einem bunten Blumenmeer.
Die klare Stimme, der angenehme Duft… ja, sie war jetzt noch neugieriger als vorher und in ihr flammte das Verlangen auf, die geheimnisvolle Person kennenzulernen. Dennoch etwas zögerlich schlug sie ihre Lider auf und betrachtete die Frau, die vor ihren Augen auftauchte…

Sie kannte sie nicht, sie war fremd. So sehr sie sich auch zu erinnern versuchte… nein, das Gesicht der Frau war ihr fremd.
Die Frau stand wenige Meter von ihr entfernt und sah sie ungläubig, mit dem Kopf schüttelnd an. Sie hatte etwa schulterlange, leicht gelockte Haare, die in dem schummerigen Kerzenlicht dunkelbraun schimmerten. Ihre grünen Augen strahlten Wärme und Freundlichkeit aus, auch wenn sie im Augenblick verwirrt und verwundert wirkten.
Auch die Art, wie sie sich kleidete, war ihr fremd. Ihr schlanker Oberkörper steckte in etwas, was einer Uniform sehr ähnlich sah. Unter dem Jackett blitzte am Kragen roter Stoff hervor. An den Ärmeln waren seltsame Abbildungen angebracht, die sie nicht zu deuten wusste, trotzdem sie es versuchte.

Die Frau schien neugierig auf sie zu sein, aber dennoch wahrte sie eine gewisse Distanz. Scheinbar wusste sie nicht, was sie tun sollte und es dauerte, bis ein schüchternes, aber bezauberndes Lächeln über ihre Lippen zuckte und sich ihre Miene aufhellte.
„ Können Sie mich verstehen, Helia?“, fragte sie, während sie sich mit den Händen abstützte, und sogleich überkam sie wieder dieses befreiende Gefühl und sie empfand nichts als Dankbarkeit in ihrem Herzen. Wer auch immer diese Frau war, sie hatte sie aus dem finsteren tiefen Loch befreit. Sie nickte.
Ein weiteres Lächeln huschte über die Lippen der dunkelhaarigen Frau und die Unsicherheit verschwand aus ihren Augen. Ihr Blick wurde warm und freundlich.
„ Mein Name ist Dr. Elizabeth Weir“, stellte sie sich vor. „ Wissen Sie, wo Sie sich befinden, Helia?“

Sie sah an der Frau, die sich als Elizabeth Weir vorgestellt hatte, vorbei und ließ ihren Blick durch den doch recht kleinen Raum schweifen. Neben ihrem Bett standen zwei Säulen, die von oben bis unten mit Schriftzeichen übersäet waren. Ebenso die Wände und die Tür, sodass es ihr nicht schwer fiel zu erkennen, wo sie sich befand.
Ein warmes Gefühl jagte durch ihren Körper und sie spürte, wie feuchte Tränen in ihre Augen stiegen. Sie kannte diesen Raum! Sie verband viele Erinnerungen mit diesem Raum- schöne, atemberaubende. Diese Erinnerungen und Bilder hatten sich in ihren Kopf gebrannt und sie glaubte den Schrei ihres neugeborenen Sohnes zu hören, der an den Wänden widerhallte. Sie glaubte die Glückwünsche von Janus zu hören. Ach, Janus. Was wohl mit ihm geschehen war? Sie fragte sich, ob er es wohl zurück in die Stadt geschafft hatte.

„ Helia?“ Elizabeth Weirs Stimme riss sie aus ihren Erinnerungen und realisierte ihr, dass es sich nicht lohnte in vergangenen Zeiten zu schwelgen. „ Wissen Sie, wo Sie sich…“
„ Das ist mein Schiff“, fiel sie ihr ins Wort. Es überraschte sie nicht, als Elizabeth Weir auf ihre Antwort nur mit einem weiteren Lächeln reagierte.
„ An was erinnern Sie sich?“, fragte sie weiter. Die anfängliche Scheu und Vorsicht waren verflogen und nun blitzte Erwartung in ihren grünen Augen auf.

Helia wollte antworten, wollte ihr sagen, was für Erinnerungen in ihrem Kopf waren. Sie wollte ihr alles sagen, denn sie mochte Elizabeth Weir, obwohl sie sie eigentlich noch nicht einmal kannte und obwohl sie ihr trotz alledem ein bisschen merkwürdig vorkam. Ihre Art sich zu kleiden war ihr fremd und auch ihre Art zu sprechen. Aber dennoch besaß diese Frau eine beruhigende Art und ihre Stimme lenkte von allen Unzulässigkeiten ab.
Ja, sie wollte ihr alle erzählen. Der erste Satz lag ihr sogar schon auf der Zunge. Sie wollte ihr von ihrem Schiff erzählen und von allem, was sie hier erlebt hatte, doch bevor sie ihre wirren Gedanken ordnen konnte, brachte ein ihr bekanntes Gesicht alles zum Wanken. Mit einem Mal drohte sie wieder zurück in das tiefe Loch zu fallen. Mit einem Mal war ihr Kopf wie leer gefegt, denn sie sah ihn.
„ Eolion“, wisperte sie so leise, dass sie bezweifelte, dass es außer ihr noch jemand gehört hatte.

Er stand etwas weiter von ihr entfernt, wie Elizabeth Weir, und hatte die Arme vor seinem Oberkörper verschränkt. Obwohl er anders aussah, als in ihren Erinnerungen, fühlte sie sich gleich mit ihm verbunden und zeigte ihm das durch ein Lächeln, welches er nach scheinbar nicht enden wollenden Sekunden erwiderte. Sein Lächeln verwirrte sie. Es war anders. Nicht mehr so ausgelassen, wie sie es in Erinnerung hatte. Irgendetwas fehlte. War es die Leidenschaft oder das Blitzen seiner Augen? Oder waren es die kleinen Grübchen, die sich immer dann bildeten, wenn er sie anlächelte? Sie konnte es nicht so genau sagen, aber da war etwas, das anders war und sie verunsicherte…

Sie legte leicht den Kopf schief und betrachtete ihn so, wie sie vorhin Elizabeth Weir betrachtet hatte. Bis auf feinste Unterschiede, sah er noch genauso aus, wie die Bilder in ihrem Kopf: groß gewachsen, breite Schultern, schmale Taille, muskulöser Brustkorb, schwarze Haare, die den Eindruck erweckten, dass er eben erst aufgestanden sei und vergessen hatte, in den Spiegel zu sehen, und seine für ihn charakteristischen haselnussfarbenen Augen.
Auch er trug eine Uniform, die ihr fremd war. Im Gegensatz zu der von Elizabeth Weir war sie schwarz, wies aber dieselben Abbildungen an den Ärmel auf, wie die der brünetten Frau.

„ Eolion?“ Wieder Elizabeth Weirs Stimme. Helia sah aus dem Augenwinkel heraus, wie sie ihre Hand hob und mit ihrem Finger auf ihren Begleiter deutete. „ Erinnern Sie sich an ihn?“
Helia wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte, deshalb nickte sie nur und versuchte zu verhindern, dass Tränen aus ihren Augen strömten. Doch sein Anblick machte ihr dies unmöglich! Sie konnte es einfach nicht verhindern. Nein.

Ihre Kraft war noch nicht zurückgekehrt und ihre Glieder fühlten sich noch ziemlich schwach an, aber trotzdem hielt sie nichts mehr in diesem Bett. Wie im Trance rappelte sie sich auf, kletterte ungeschickt von dem Bett hinunter, hielt sich fest, als ihr schwindelig wurde und ihre Beine unter ihr nachzugeben drohten.
Sie wusste nicht, ob die Richtung stimmte, in die sie taumelte, denn die heißen Tränen brannten in ihren Augen und verwischten ihre Sicht. Ihr eigenes Schluchzen irritierte sie so sehr und das Brennen in ihrem Körper lenkte sie ab. Rasend schnell schoss das Blut durch ihren Körper. Ihre Muskeln zuckten, arbeiteten auf Hochtouren um dem Druck stand zu halten, doch sie schafften es nicht.
Helia wankte noch ein paar Schritte, eh ihre Kraft sie endgültig verließ und ihr Schluchzen in ein geschwächtes Stöhnen überging. Sie schloss ihre Augen und versuchte sich irgendwo anders hin zu versetzen, um dem Schmerz des Aufpralls zu entgehen… doch dieser kam nicht.

Sie spürte, wie zwei starke Arme nach ihr griffen und sie vor dem Sturz bewahrten.
„ Keine Sorge, hab dich“, hörte sie ihn sagen und öffnete ihre Augen wieder, blickte ihm ins Gesicht. Von Nahem bemerkte sie noch mehr kleine Unterschiede, die ihr vorher nicht aufgefallen waren. Sie streckte ihre Finger aus und strich ihm vorsichtig über seine Wange. Der Bart fehlte. Feine, kaum noch sichtbare Narben zogen sich über seine Wangen.
Er lächelte, während sie ihn eingehend betrachtete, und da waren sie wieder- die kleinen Grübchen, die sein leicht schiefes Lächeln erst ausmachten!

„ Eolion“, wisperte sie wieder, wünschte sie aber im nächsten Augenblick, es nicht getan zu haben, denn sein Lächeln erstarb und er starrte sie verwirrt und ernst zugleich an.

+++++++++


Elizabeth atmete auf, als ihr Herz wieder zu schlagen begann und nach nur wenigen Sekunden den verlorenen Rhythmus wiederfand. Sie zog ihre Arme, mit denen sie versucht hatte sie festzuhalten und vor dem Sturz zu bewahren, wieder zurück an ihren Körper. Vor lauter Aufregung vergaß sie ganz zu atmen und sie wusste nicht, was sie tun sollte. Was in den letzten Sekunden passiert war, hatte sie völlig aus dem Takt gebracht und so musste sie ihre Gedanken erst einmal ordnen.

Fast schon ein bisschen hilflos hatte sie mitangesehen, wie sich Teyla auf die Beine gekämpft hatte, zu John getaumelt war und kurz bevor sie ihn erreicht hatte, zusammengebrochen war. Das war der Moment gewesen, wo sie mit einem erschrockenen Laut ihre Arme nach der Athosianerin ausgestreckt hatte, obwohl es sich genau genommen gar nicht um sie handelte. Der Gedanke, dass eine Antikerin das Handeln ihrer Freundin bestimmte, war fremd, wenn nicht sogar ein kleines bisschen beängstigend.

Elizabeth machte einen Schritt nach vorne und sah, wie sich Johns Arme um den zitternden Körper der Athosianerin schlangen. Sie sah, wie sich ihre Lippen leicht bewegten, sie redete. Johns Lächeln verschwand aus seinem Gesicht, kaum dass es überhaupt aufgetaucht war und er blickte sie ernst an.
„ Was hat sie gesagt?“, wollte Elizabeth von ihm wissen.
„ Sie sagte `Eolion`“, antwortete John und sein Gesichtsausdruck wandelte sich von Ernsthaftigkeit zu Verwunderung.
„ Eolion war laut der Datenbank mit Helia verheiratet“, erklärte sie ihm schnell, obwohl sie sich sicher war, dass sie ihn irgendwann schon einmal darauf hingewiesen hatte.
„ Und sie denkt…“ John verstummte mitten im Satz und blickte auf Teyla hinab, die sich an ihn klammerte und zitterte wie Espenlaub. Auch ihm schien es schwer zu fallen, zu begreifen, dass es nicht die Athosianerin war, die er ihm Arm hielt und gegen seine Brust drückte. Er schüttelte mit dem Kopf, als ob er es nicht wahrhaben wollte oder als ob er es nicht verstand. Doch John verstand sehr wohl, was vor sich ging. Elizabeth musste zugeben, dass sie in den letzten drei Jahren ihrer gemeinsamen Arbeit so Einiges über den Soldaten gelernt hatte- auch, dass er viel schlauer war, als er immer zugab.

Elizabeth antwortete ihm nicht, da sie ihm zutraute, dass er sich den Rest zusammenreimen konnte. Schweigend beobachtete sie, wie sich sein Gesichtsausdruck veränderte und wie er den Körper der Athosianerin, der auf einmal so fürchterlich zerbrechlich wirkte, noch fester an sich drückte und dann sein Gesicht in ihren Haaren verbarg.
Sie hörte Teyla leise schluchzen, doch es kling hohl und ausdruckslos, als ob es nicht von ihr stammte.
Natürlich stammt es nicht von ihr, verbesserte sich Elizabeth selbst und schüttelte mit dem Kopf. Noch immer konnte sie sich nicht erklären, wie die Athosianerin in diese Lage geraten war und vor allem, wie sie ihr und Helia helfen konnten. Rodney und Dr. Jackson arbeiteten daran, doch das war auch das Einzige, was sie taten. Die Arbeit erwies sich als schwierig. Beide- sowohl Daniel als auch Rodney- waren erschöpft und sie konnte es den beiden nicht verdenken.

Elizabeth seufzte schwerfällig und wünschte sich, als sie zu ihrem befehlshabenden Offizier und zu der Athosianerin herüber sah, nichts sehnlicher, als das sie alle wieder zu Hause wären, in Atlantis. Alles wäre besser, schöner.

John hatte sein Gesicht noch immer in den rostbraunen Haaren seiner Freundin verborgen, doch er hatte sein Schweigen gebrochen und redete leise mit ihr. Seine Aussprache klang heiser und abgehackt und Elizabeth fragte sich, was er wohl zu ihr sagte. Er sprach in einer ungewohnten Stimmlage und es kostete die Expeditionsleiterin einige Sekunden, bis sie verstand, dass es die Antikersprache war, die trocken und mit starkem amerikanischen Akzent über seine Lippen perlte. Verwundert beobachtete sie John. Sie hatte nicht gewusst, dass er antikisch sprach, zumal er es ihr gegenüber nie erwähnt hatte! Genaugenommen hatte er es nie erwähnt!

Elizabeth zuckte zusammen, als Teyla einen Seufzer von sich gab und dann wieder mit dieser hohlen, ausdruckslosen Stimme zu reden begann: „ Ich erinnere mich nicht mehr an alles, doch die Erinnerungen, die mir geblieben sind, sind klar. Ich sehe Bilder, ich kann mich an Taten, Gesichter, Dialoge erinnern.“ Die Athosianerin blickte zu ihr auf und ihre rehbraunen Augen durchbohrten sie wie eine scharfe Klinge.
Ein eiskalter Schauer lief Elizabeth über den Rücken, als sie sich ins Gedächtnis rief, dass es nicht Teyla war, die da zu ihr sprach, und dass es sich nicht um ihre Erinnerungen handelte, sondern um Helias.

„ Ich erinnere mich an den Tag, an dem sie ihre Geschwader losschickten“, fuhr die Antikerin in Teylas Körper fort und ihre Miene wurde ebenso ausdruckslos wie ihre Stimme.
Elizabeth wollte sie nicht unterbrechen, tat es aber dann doch. „ Wen meinen Sie mit `sie`? Die Wraith?“
„ Ja“, kam die Antwort, ohne dass die Antikerin sie ansah. Sie faltete ihre Hände und legte sie auf ihren Schoß. „ Die Wraith. Widerwärtige Kreaturen. Es beschämt mich, zu wissen, dass wir für ihre Existenz verantwortlich sind. Die Wraith sind Bestien und ich will mich nicht daran erinnern, wie viele meiner Freunde ich an sie verloren habe.“
„ Sie befanden sich im Krieg gegen die Wraith“, meinte Elizabeth, um das Gespräch wieder ins Rollen zu bringen.
Helia sah sie an, doch die Expeditionsleiterin blickte in das Antlitz ihrer besten Freundin. „ Wir haben dutzende Schlachten gegen die Wraith geführt. Manche konnten wir für uns entscheiden. An anderen Tagen gehörte der Sieg den Wraith. Gegen Ende mehrten sich diese Tage und damit auch ihre Siege. Ich erinnere mich an den Tag, als sie Atlantis und mein Schiff angriffen. Ich erinnere mich daran, als sei es gestern gewesen.“…

Die lauten Schreie gellten in meinen Ohren und der beißende Rauch brannte in meinen Augen. Lodernde Flammen schlugen mir entgegen, während ihr durch den verqualmten Korridor stolperte und versuchte nicht über die von der Decke hinabgestürzten Trümmer- und Schuttteile zu stolpern. Teilweise bis zur Unkenntlichkeit verbrannte Leichen säumten meinen Weg und der Geruch von verbranntem Fleisch ließ mir schlecht werden.

Immer wieder wurde der Korridor erschüttert. Die Wände zitterten und der Boden bebte unter meinen Füßen, als die nächste Salve auf die Schilde des Schiffes niederregnete und versuchte sie zu durchbrechen.
Ich blieb stehen, starrte verängstigt gen Decke und wartete nur darauf, dass sie über mir zusammenbrach und mich unter sich begrub. Doch es geschah nichts, die Schilde hielten und außer einem lauten Krachen passierte nichts. Nur einzelne Schutteile donnerten herab, doch ich konnte ihnen rechtzeitig ausweichen.

Ich setzte mich wieder in Bewegung, zog das Tempo diesmal etwas an. Schweiß stand mir auf der Stirn und der Rauch trieb mir brennende Tränen in die Augen. Der dichte Qualm machte es mir schwer zu atmen. Ich dachte ich müsse sterben!

Die Einschläge der Salven ließen mich nur erahnen, was sich außerhalb der schützenden Schiffswände abspielte. Draußen tobte ein erbitterter Kampf und ich wusste, dass schon viele meiner Freunde ihr Leben hatten lassen müssen und das nur, weil sie unsere Heimat beschützen wollten.
Das Aufeinandertreffen war nur eine Frage der Zeit gewesen. Schon als kleines Mädchen hatte ich von den Ältesten gelernt, dass die Wraith Diplomatie nicht so hoch setzten, wie unsereins das tat. Die Wraith waren Bestien, widerwärtigen Kreaturen, die nur auf die Lebensenergie ihrer hilflosen Opfer aus waren. Der Gedanke, dass meine Vorfahren für ihre Existenz verantwortlich waren, beschämte mich.

In den letzten Jahrhunderten hatte mein Volk immer wieder Krieg gegen die Wraith geführt, hatte Siege eingefahren, hatte aber auch Niederlagen einstecken müssen. Ich erinnere mich, dass es schon immer einen Konflikt zwischen meinem Volk und den Wraith gab, doch so eskaliert wie in den letzten Jahren war er noch nie.
Nach erbarmungslosen, kaltblütigen Streifzügen hatten es die Wraith geschafft, acht ihrer Basisschiffe in den näheren Umkreis von Lantea zu bringen, begleitet von mehreren Geschwadern Kreuzern, unzählbaren Jägern und einem Superhive. Es überraschte mich, dass bis jetzt nur drei ihrer Basisschiffe angegriffen hatten, während sich die anderen Schiffe zurückhielten und das Geschehen beobachteten.

Ich drückte mich mit dem Rücken gegen eine Wand, als ich einem Trümmerteil auswich, und musste schlucken, als ich eine blutige, zerschmetterte Hand darunter entdeckte. An dem Ringerfinger blitzte etwas auf, golden. In das edle Metall war der Name meines Schiffes eingraviert und ich wusste sofort, um wen es sich handelte. Ein lauter Schluchzer brach über meine Lippen, ich schlug mir die Hand vor den Mund und wollte auf die Knie gehen, doch ein weiterer Treffer meiner Feinde erinnerte mich an mein eigentliches Ziel: die Brücke.

Ich bedachte Kalios, meinen Versorgungsoffizier, noch mit einem kurzen Blick, ehe ich mich aufmachte, um zur Kommandobrücke zu gelangen. Ein kleiner Stups meines Kindes, das unter meinem Herzen heranwuchs, ließ mich lächeln und ich legte die Hände auf meinen Bauch, während ich mich weiter durch den brennenden, qualmenden Korridor kämpfte.

„ Helia!“ Eine entsetzt klingende Stimme ereilte mich und als ich mich umwandte, sah ich ihn auf mich zueilen. „ Komm weg hier!“ Er stolperte über die Trümmerteile und über seine gefallenen Kameraden hinweg. Als er mich erreicht hatte, ließ er einen erleichterten Seufzer erklingen, packte mich an meinem Arm und zog mich gegen seine Brust.
„ Was ist passiert?“, fragte ich ihn, drückte mich fest gegen ihn und ignorierte die blutige Wunde, die sich quer über sein Gesicht zog. Er war warm und sein Herzschlag beruhigte mich und unser Kind.
„ Sie haben ihre Geschwader losgeschickt“, antwortete er und ich wusste sofort, was das zu bedeuten hatte. Sie hatten die Jäger losgeschickt! Er löste sich aus meiner festen Umarmung und sah mich besorgt an. „ Ich werde dich in die Stadt zurückbringen.“
„ Nein!“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „ Mein Platz ist hier, bei dir und bei dem Schiff, bei der Mannschaft.“
„ Ich werde dich zurückbringen lassen“, wiederholte er mit festem Ton und legte dann eine Hand auf meinen Bauch. „ Ich will nicht, dass euch beiden was passiert. Sie sind dabei, die Evakuierung einzuleiten. Du wirst in einer der ersten Gruppen sein.“
Ich schüttelte wieder mit dem Kopf und legte meine Hand auf die seine. Die lockere Haltung seiner Hand verriet mir, dass unser Kind gegen seine Handfläche trat. Wie sehr er solche Augenblicke doch genoss! Nur heute konnte er es nicht. „Du kannst mich nicht wegschicken.“ Ich sah ihm fest in seine haselnussfarbenen Augen, fragte mich im Geheimen, ob unser Kind, unser Sohn, wohl nach ihm kommen würde. „Das kannst du nicht.“
„ Ich muss es tun“, erwiderte er und küsste mich zärtlich auf die Stirn. „ Janus wird dich zurück in die Stadt bringen. Dich und noch ein paar andere.“ Er sah mich eindringend an, ließ seine Hand noch ein letztes Mal über meinen Bauch gleiten, versucht seinen Sohn zu beruhigen, und lächelte mich an. „ Ich werde schon bald nachkommen. Das verspreche ich dir, Helia.“ Er drehte sich um und lief los, in Richtung Brücke, um unser Schiff und um unsere Heimat zu verteidigen.

„ Eolion!“, rief ich ihm aufgebracht hinterher, doch er war schon verschwunden, hörte mich nicht mehr. Angst stieg in mir auf, als ich realisierte, dass ich ihn verlassen musste. Auf einmal hatte ich Angst um das Schiff und um ihn. Ich hatte Angst davor, beides zu verlieren und ich fürchtete mich davor, dass unser Kind seinen Vater nie kennenlernen würde.
Mein Sohn bewegte sich in meinem Inneren nervös hin und her- er schien zu spüren, dass etwas nicht stimmte. Das hatte er von seinem Vater.
Ich legte wieder meine Hände auf meinen Bauch und versuchte ihn zu beruhigen.
„ Alles wird gut“, wisperte ich leise, doch als ein weiteres Donnern das Schiff erschütterte und ein weiterer Funkenschwall aus der Wand brach, die Decke über mir zu wackeln begann und ein zerreißender Schmerz mich unter Stöhnen zu Boden gingen ließ, fragte ich mich, ob das eben nicht eine glatte Lüge gewesen war. …


Elizabeth schreckte regelrecht zusammen, als Helia ihren Bericht beendete und gedankenverloren in die Ferne sah. Ihre Erzählung war dermaßen authentisch gewesen, dass sie sich in ihr verloren hatte. Bilder waren vor ihren Augen aufgetaucht, so real, dass sie ihr fast Angst einjagten.
„ Was passierte dann?“, fragte sie gefesselt und kam sich vor, wie ein kleines Mädchen, dass seinen Vater anbettelte, er möge ihr doch endlich das Ende der Gute Nacht- Geschichte erzählen.
Helia seufzte, doch es war Teyla, die das Gesicht verzog. „ Danach sind meine Erinnerungen verschwommen. Es sind nur noch einige Gedankenfetzen, die in meinem Gedächtnis hängen geblieben sind.“ Ihre angespannte Miene lockerte sich ein wenig und das, was ihre Mundwinkel umspielte kam schon fast einem schwachen Lächeln gleich. „ Mein Sohn kam nur drei Stunden später zu Welt. Sein Name war Catan; nach dem Vater meines Mannes.“ Sie holte tief Luft. „ Danach ist fast gar nichts mehr. Meine Erinnerungen sind schleierhaft. Wenn ich meine Augen schließe, dann sehe ich Feuer und Tod. Ich höre Schreie und Donner. Und da ist noch mehr Tod.“

Elizabeth ließ das Gesagte auf sich wirken. Sie glaubte, die Traurigkeit aus der Stimme der Antikerin heraushören zu können, obwohl diese Annahme in jeder Hinsicht absurd war, da es Teylas Stimme war, die sie hörte. Die Stimme der Athosianerin klang hohl und ausdrucksloser, als sie es sonst tat, aber dennoch war da eine Spur von Helia oder vielmehr von ihren Gefühlen.
Die Antikerin schien das Handeln der Athosianerin vollkommen übernommen zu haben; Tränen glitzerten in ihren Augen und als sie John anblickte, erfüllte unüberwindbare Traurigkeit ihre Seele.

Der Soldat war dem Bericht der Antikerin ebenso still wie ihre Wenigkeit gefolgt und nun lag seine Stirn in tiefen Falten. Er hatte die Lippen fest aufeinander gepresst und hatte seinen „Denkerblick“ aufgesetzt. An seiner Körperhaltung war zu erkennen, dass ihm die Geschichte mehr ans Herz gegangen war, als dass er es eingestehen wollte; er hatte seine Arme immer noch um Teylas Körper geschlungen, auch wenn er wusste, dass es nicht sie war.
„ Du bist nicht nach Atlantis gekommen“, stellte er schließlich nach einer ganzen Weile der Stille fest.
„ So sieht es aus“, erwiderte ihm Helia seufzend. „ Wie gesagt, ich kann mich an nichts erinnern. Das Letzte, was in meinem Gedächtnis hängen geblieben ist, ist das Gesicht meines Sohnes. Ich habe ihm einer Amme gegeben, die nach Atlantis zurückgekehrt ist. Eolion und ich wollten, dass er mit seinem Bruder zusammen auf die Erde zurückkehrt.“
„ Wie bist du in diese Kapsel gekommen?“, fragte John.
Helia- oder vielmehr Teyla- sah ihn verwirrt an und ihre braunen Augen verwandelten sich in große, leuchtende Fragezeichen. „ Kapsel? Welche Kapsel?“ Sie drehte ihren Kopf in Elizabeths Richtung, um scheinbar sie nach einer Antwort zu fragen, doch ihr Blick blieb an etwas hängen.

Elizabeth wusste, was Helia in ihrem verzerrten Spiegelbild erkannte und beobachtete, wie sich die Antikerin auf die Beine hievte, zu dem Spiegel taumelte und sich, kaum dass sie ihn erreicht hatte, selbst betrachtete. Sie sah eine junge Frau mit rostbraunen Haaren und dunklen Augen vor sich. Ihr kleiner, anmutig wirkender Körper war in ein Gewand gehüllt, das bis zu den Knien reichte und ihr fremd sein musste.
Nach einer ganzen Weile der stillen Betrachtung streckte Helia ihre Hand aus und berührte die Spiegeloberfläche mit ihren Fingerkuppen. „ Wer ist das?“
„ Ich weiß, dass Sie das jetzt womöglich verwirren mag, aber…“, setzte Elizabeth an, doch Helia fiel ihr wieder ins Wort.
„ Was haben Sie getan?“ Sie wirkte auf einmal panisch und ihre Stimme klang nun nicht mehr hohl und ausdruckslos, sondern hoch und schrill. Ihre Augen blitzten sie angsterfüllt an und ein nervöses Zucken bebte durch ihren Körper. „ Was haben Sie mit mir gemacht?“
„ Es gab einen Zwischenfall… mit den Kapseln“, versuchte John es ihr zu erklären und es überraschte Elizabeth, wie ruhig der Soldat mit der Sache umging.
„ Zwischenfall?“, fragte Helia schrill. „ Was für ein Zwischenfall? Was haben Sie getan?“
„ Das wissen wir nicht“, antwortete Elizabeth schnell. „ Unsere Wissenschaftler arbeiten daran.“
Helia schüttelte mit dem Kopf und blickte ungläubig zwischen ihr und John hin und her. „ Sie wissen es nicht? Sie müssen sich darüber im Klaren sein, wenn etwas passiert, oder?“
„ Ich vergewissere Ihnen, dass…“

Elizabeth konnte ihren Satz, wie sooft in den letzten Wochen, nicht beenden, denn ein spitzer und schmerzerfüllter Schrei unterbrach sie. Der Jammerlaut, der aus Teylas Mund drang, fuhr ihr durchs Mark und ließ sie zusammenzucken.
Die Athosianerin donnerte ihre geballten Fäuste gegen ihre Schläfen und warf ihren Kopf weit in den Nacken. Adern fingen an ihrem Hals an zu pochen und binnen Sekunden begann ihr ganzer Körper zu beben. Ihre Knie zitterten und schlugen gegeneinander, gaben schließlich unter ihr nach. Mit einem lauten Stöhnen brach Teyla zusammen.
„ Teyla!“, riefen Elizabeth und John gleichzeitig. Die Arme des Soldaten schossen nach vorne und schlangen sich um die Taille der Athosianerin. Sein Blick sprach mehr als tausend Worte. Nein, nicht schon wieder.
Vorsichtig versuchte er ihren Kopf zu stützen und legte ihn auf seinen Schoß. Der Anblick der Athosianerin war erschreckend: sämtliches Blut schien innerhalb der letzten Sekunden aus ihren Adern gewichen zu sein und sie wirkte blass, fast so als hätte man ihr das Leben ausgesaugt.

Elizabeth wusste, was sie zu tun hatte und sprang auf, um Carson zu holen, doch sie kam nicht weit, als sie Rodneys aufgeregter Funkspruch ereilte. „ Elizabeth, Sie müssen sofort ins Labor kommen!“
„ Rodney, ich bin grad etwas beschäftigt“, gab sie zurück. „ Was ist los?“
„ Ähem… naja, wie soll ichs geschickt ausdrücken? Wir haben ein kleines Problem hier unten.“
„ Und das wäre?“
„ Sie ist weg.“
Elizabeth schob die Gedanken und die Sorge um Teyla für einen Moment beiseite und wiederholte die Worte des Kanadiers in ihrem Kopf. Sie ist weg.
„ W…was meinen Sie mit `Sie ist weg´?“, fragte sie.
„ Naja, dass sie weg ist“, antwortete Rodney. „ Hören Sie zu, ich kann mir das auch nicht erklären. Da war dieses helle Licht und dann… ach, kommen Sie einfach runter. Das wäre wohl das Beste.“

Zwei Sachen passierten in den nächsten dreißig Sekunden: Sie sagte Rodney, dass sie kommen würde und ein aufgebrachtes „ Elizabeth, schnell!“ schallte an ihr Ohr. Sie riss sich aus ihrer Starre und fegte ihren Kopf leer, um sich besser auf das von ihr Erwartete zu konzentrieren. Sie wandte sich halb um, nur um zu sehen, wie John seinen Arm stützend um Teyla legte und der Athosianerin aufhalf, die langsam zu sich kam und ihn benommen ansah.
„ Teyla?“, fragte er vorsichtig und streichelte mit seinem Finger über ihre Wange.
Die Athosianerin fasste mit ihren Fingern nach ihren Schläfen und ächzte leise auf, ehe sie zu dem dunkelhaarigen Soldaten aufblickte. „ John? W…was ist da eben passiert?“

TBC
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