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[SGA] The core von Ailya

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Nur die Sterne leuchten nach dem Tod


John keuchte erschrocken auf und schnappte nach Luft, als das harte Holz in seine Kniekehlen schnellte und ihn zu Fall brachte; er machte einen stolpernden Satz nach vorne, versuchte vergebens irgendwo Halt zu finden und fiel der Länge nach auf den kalten Boden.

Dort blieb er liegen; völlig außer Atem und nassgeschwitzt. Sein Herz hämmerte gegen seinen Brustkorb, sein Puls raste und er hörte förmlich das Blut durch seine Adern rauschen.
„ Sie sind nicht bei der Sache, Sheppard“, bemerkte Ronon Dex trocken und stupste dem dunkelhaarigen Soldaten mit seinem Bantosstab in die Seite.
John verzog sein Gesicht zu einer Grimasse und rollte sich schwerfällig auf den Rücken, ignorierte das Brennen in seinen Kniekehlen. Seine Unterarme waren krebsrot und kribbelten. So langsam kam ihm der Verdacht, dass es dem Sateder Spaß machte, ihn leiden zu sehen.

Ronon grinste und streckte ihm seine prankenartige Hand entgegen, doch John bedachte ihn nur missbilligenden Blickes und stieß sich mit den Ellenbogen vom Boden ab.
Ächzend kämpfte er sich auf die Beine und verharrte dann einen Moment in seiner Bewegung, als sich alles um ihn herum zu drehen begann, aber daran hatte er selbst Schuld. Er hatte seinen hünenhaften Teamkameraden gebeten nicht zimperlich mit ihm zu sein. Es war etliche Wochen her, dass sie beide zum letzten Mal trainiert hatten- solange, dass er sich schon gar nicht mehr richtig daran erinnern konnte.

John seufzte tief und fokussierte Ronon, als der Schwindel langsam verflog und seine Gedanken wieder klarer wurden. Es war viel passiert in den letzten Wochen und er musste dringend den Kopf freibekommen. Von dem Training mit Ronon hatte er sich genau dies erhofft, doch so langsam fragte er sich, ob das wohl wirklich eine so gute Idee gewesen war; sein Hinterteil schmerzte, seine Kniekehlen brannten und sowieso erweckte er einen eher geschundenen Eindruck.

„ Alles in Ordnung? Sollen wir lieber aufhören?“, hörte er Ronon fragen, wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn und schüttelte mit dem Kopf.
„ Mir geht’s gut“, erwiderte er schnell, klopfte sich den Staub von seiner Hose und funkelte den Sateder an. „ Lassen Sie uns weitermachen.“
Ronon zuckte mit den Schultern und nahm wieder seine Angriffsposition ein. „ Wie Sie wollen, Sheppard.“

Der Sateder begann um ihm herumzupirschen, wie ein Raubtier um sein ahnungsloses Opfer. Geschickt ließ er seinen Bantosstab durch seine Hände gleiten, zuckte manchmal binnen Sekunden nach vorne, täuschte einen Angriff vor.
Doch John kannte Dromoys lange genug, um zu wissen, dass er auf den richtigen Moment wartete. Ronon würde warten, bis er eine günstige Gelegenheit erhalten würde, um ihn wieder zu Boden zu schicken. Aber das würde ihm nicht gelingen!

Johns Blick folgte seinem Teamkameraden, nicht einmal das noch so kleinste Muskelzucken entging ihm. Nicht ein Schweißtropfen perlte von der Haut des Sateders ab und tropfte zu Boden, ohne dass er es bemerkte.
Ronon biss sich auf die Unterlippe und seine scheinbar undurchdringlichen braunen Augen studierten ihn unermüdlich. Er schien in seinem Kopf abzuwägen, wie er ihn überrumpeln wollte, wie er ihn demütigen wollte. Das würde nicht schwer werden, hatte er sich erst einmal für eine Methode entschieden.
Ronon hatte mit ansehen müssen, wie die Wraith seinen Planeten vernichtet hatten, wie sie seine Freunde getötet hatten. Jahrelang war er vor ihnen davongelaufen, war eine Art Freizeitbeschäftigung für diese Monster geworden. Er hatte sich nicht lange an einem Ort aufhalten können, ohne Vernichtung über ihn zu bringen.
John konnte sich nicht vorstellen, wie der Sateder diese Jahre der Einsamkeit hinter sich gebracht hatte. Wahrscheinlich damit, dass er kämpfte…
Er kämpfte wie kein Zweiter, konnte jeden Gegner binnen Sekunden einschätzen und wenn nötig ausschalten. Im Großen und Ganzen war er eine Bereicherung für das Team, auch wenn er es am Anfang schwer gehabt hatte.

Ronons tiefe Narben an seinem Arm stachen John ins Auge. Schon bei ihrem ersten Treffen hatte er begreifen müssen, dass der Sateder eine Nummer zu hoch für ihn war. Und selbst jetzt- eineinhalb Jahre später- war er sich darüber im Klaren, dass sie sich nie ebenbürtig werden würde.
Im Gegensatz zu ihm und Teyla. Seit sie einander kannten, hatte sie versucht ihn in die Kunst des traditionellen athosianischen Kampfes einzuweisen und inzwischen konnte sie sogar recht zufrieden mit ihm sein… meinte er zumindest. Im Laufe der Jahre hatte er sich verbessert, war nicht mehr ganz so tollpatschig wie zu Anfang und konnte seine Bewegungen besser koordinieren. Hatte sie ihn damals noch mühelos besiegen können, so musste sie sich jetzt anstrengen. Er nahm sich sogar die Freiheit zu behaupten, dass sie sich im Kampf ebenbürtig waren… auch wenn sie beide sich während ihres letzten Trainings nicht unbedingt auf den Kampf konzentriert hatten.

John musste schmunzeln, als er sich daran zurückerinnerte, wie Teyla und er versucht hatten, sich gegenseitig zu Fall zu bringen. Jeder hatte versucht den Kampf für sich zu entscheiden… der schließlich unentschieden in seinem Bett geendet hatte.

Er schürzte die Lippen, als ihm wieder einfiel, was heute Nacht geschehen war. Es war in letzter Zeit öfters passiert und er hatte sich schon fast daran gewöhnt, dass Teyla regelmäßig schreiend aus dem Schlaf fuhr und dabei wild um sich schlug. Doch diese Nacht war es so schlimm wie noch nie gewesen!
Er hatte nur gehört, wie sie mit einem kehligen Schrei erwacht war, wie sie sich aus dem Bett gekämpft hatte, in Richtung Bad gestürmt war und sich dort mit einem gurgelnden Laut erbrochen hatte. Merkwürdigerweise war er noch eine Weile liegen geblieben, bis er sich aufgerafft hatte und zu ihr geeilt war.
Sie war blass, wenn nicht schon aschfahl, gewesen und sah ausgelaugt aus. Diese scheinbar nicht enden wollenden Träume machten sie fertig und es war allerhöchste Zeit gewesen, dass sie zu Carson ging…

Seufzend schloss John die Augen für einen kurzen Augenblick, und sich- als er sie wieder öffnete- auf dem Boden zu Ronons Füßen liegend wiederfand, den Bantosstab des Sateders in die Seite gepresst, sein Knie in seiner Wirbelsäule spürend.
„ Sie sind nicht bei der Sache“, meinte Ronon wieder und es kam John vor, als klang leichte Belustigung in der Stimme seines Freundes mit. Er wollte ihm etwas erwidern, doch es überraschte ihn, als außer einem Krächzen nichts über seine Lippen kam, und er einen stechenden Schmerz verspürte, als er sich aufrichten wollte.

Ronon schien zu merken, dass er den Luftwaffenoffizier überrumpelt hatte, beugte sich nach vorne, reichte ihm seine Hand und zog ihn mit einem Ruck hoch.
John stöhnte leise auf und das Knacksen in seiner Rückengegend gefiel ihm überhaupt nicht, ebenso wenig der Schmerz, der Sekunden später durch seinen Rücken fuhr und ihn nach Luft schnappen ließ.
„ Stimmt etwas nicht?“, fragte Ronon und schleuderte seinen Bantosstab in eine Ecke des Raumes. Als er ihn ansah, zuckte er mit seinen mächtigen Schultern. „ Sie scheinen mir nicht bei der Sache zu sein.“
„Ach, wie kommen Sie denn da drauf?“, fragte John spitz, tat es seinem Kameraden gleich und humpelte hinter ihm her. Plötzlich sehnte er sich nach einem heißen Bad… und nach seinem I-Pod- nichts auf der Welt war in so einer Situation besser als Johnny Cash.

Er sah Ronon mit den Schultern zucken und dann nach seinem Handtuch angeln.
„ Ich weiß nicht“, brummelte er in das Handtuch hinein, als er sich das Gesicht trocken wischte. „ Vielleicht bedrückt Sie ja irgendwas. Kann ja mal vorkommen.“
John hob die Augenbrauen, wusste genau worauf der Sateder hinauswollte. Rein zufällig hatte Ronon erfahren, dass Teyla und ihn inzwischen etwas mehr als nur Freundschaft verband- er war unfreiwillig in einen mehr oder weniger leidenschaftlichen Kuss geplatzt und hatte sich mindestens genauso erschrocken, wie sie beide.
Erst war der Sateder skeptisch gewesen und John konnte ihm das nach den Geschehnissen vor zwei Wochen nicht verdenken… aber schlussendlich hatte er unter Zwinkern und Grinsen versprochen, dass ihr "Geheimnis" bei ihm sicher sein würde.

„ Nein, alles in Ordnung“, log John, nachdem er sich den Schweiß mit dem Handtuch vom Gesicht gewischt und es über seine Schulter geworfen hatte.
„ Sie wissen, dass ich merke, wenn Sie mich anlügen, Sheppard?“, sagte Ronon, ohne ihn dabei anzusehen.
John runzelte die Stirn. „ Warum sollte ich Sie jemals anlügen, Kumpel?“

Ronon zögerte mit dem antworten, als sie beide aus dem Trainingsraum hinaus auf den Korridor traten und sich auf den Weg in Richtung Mensa machten.
Der Korridor war hell erleuchtet und wirkte nun nicht mehr so düster und unheimlich wie noch bei ihrer Ankunft. Sie befanden sich auf der Ebene mit den Quartieren der Besatzung. Fast das ganze alltägliche Leben spielte sich hier ab; wen es nicht auf seinem Quartier hielt, vertrieb seine Zeit in der Mensa oder im Trainingsraum. Unter lautem Protest hatte Rodney jedem Expeditionsmitglied eine persönliche Sache zugesprochen, die er mithilfe des antikischen Materiekonverters generierte, was zur Folge hatte, dass Elizabeth sich vollends in ihr Quartier zurückgezogen hatte, um sich der Malerei hinzugeben, während Carson Beckett seine musikalische Seite zu entdecken versuchte.

Ronon hatte noch immer nicht geantwortet, als sie um die Ecke gebogen waren, die Mensa in Sicht kam und sich eine Stimme mit starkem schottischen Akzent aus seinem Headset meldete: „ Col. Sheppard, bitte kommen Sie unverzüglich auf die Krankenstation!“
Er und Ronon blieben mitten auf dem Korridor stehen und sahen einander verwirrt an.
„ Was ist passiert, Carson?“, fragte John.
„ Sie sollten sich lieber beeilen, Colonel“, erwiderte der schottische Mediziner. „ Das sollten Sie sich persönlich ansehen.“
John runzelte die Stirn und nickte, obwohl er wusste, dass Carson das nicht sehen konnte. „ Ich komme sofort.“
„ Beeilen Sie sich, bitte“, schallte es abermals aus seinem Headset, als er sich in Bewegung setzte.

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Wie schon sooft in den vergangenen Minuten blickte Carson auf, kaum dass das Stöhnen seiner Patientin an sein Ohr drang. Mit einem fast schon wehleidig klingenden Seufzen beobachtete der Mediziner, wie sie sich nervös hin und her warf. Schweißtropfen traten wie Blutstropfen gleich über ihre Stirn, bahnten sich schwerfällig ihren Weg über ihr vom Fieber erhitztes Gesicht. Ihre Lippen und ihre Schultern bebten. Ihr zerbrechlich wirkender Körper wurde von immer neuen Fieberattacken geschüttelt; sie packten sie, ließen sie zusammenzucken und sich nervös auf die andere Seite werfen.
Immer wider stöhnte und ächzte sie leise, verzog ihr Gesicht unter den Schmerzenswellen. Ihre Augen zuckten rastlos unter den geschlossenen Lidern.
Ihr ganzer Körper war mit Schweiß bedeckte, ihr Top klebte nassgeschwitzt an ihrem vom Fieber gebeutelten Körper. Immer wieder wurde er von neuen Krämpfen geschüttelt. Immer wieder sank sie unter Ächzen und Stöhnen in sich zusammen. Immer und immer wieder…

Carson tat es unglaublich weh, zu sehen wie sehr sich Teyla quälte und zu wissen, dass er nichts tun konnte. Er hatte alles nur Erdenkliche und in seiner Macht Stehende getan, um der jungen Frau zu helfen, doch er wusste nicht, was ihr fehlte. Seit scheinbar nicht enden wollenden Minuten wurde sie von Krämpfen und Fieberattacken geschüttelt, doch egal was er auch versucht hatte… nein, die Athosianerin war auf nichts angesprungen. Es war fast zum Verzweifeln!
Diese Ungewissheit machte ihn verrückt! Es gab nichts, was er mehr hasste, als nicht zu wissen, was seinem Patient fehlte. Das hatte er schon damals auf der Universität gehasst und er hasste es heute immer noch.

Carson seufzte wieder, als Teyla sich wieder unter Stöhnen wand und ihr Kopf rastlose Ruhe auf dem Kopfkissen fand. Im Gegensatz zu Col. Carter, die überraschend nach ein paar Minuten erwacht war und sich jetzt mehr oder weniger normal fühlte, hatte sich der Zustand der Athosianerin verschlechtert. Weder er, noch seine neue Kollegin Dr. Keller wussten mit ihr etwas anzufangen.

„ Machen Sie mir ja keinen Unfug, meine Liebe“, sagte Carson leise und legte seine Handfläche auf Teylas vom Fieber erhitzte Stirn. „ Wir brauchen Sie hier doch noch.“ Er bezweifelte, dass sie ihn hören konnte, aber er konnte nicht einfach nur dasitzen und zusehen, wie sie litt. Es war einfach nur unerträglich, nicht zu wissen, wie ihr man ihr helfen konnte!

Das metallene Rasseln in Teylas Brust, ihr leises Jammern und ihr Winseln wurden von dem Zischen der sich öffnenden Türe und von den heraneilenden Schritten übertönt… doch Carson wandte sich erst um, als er aus dem Augenwinkel heraus sah, dass sich ihm jemand näherte.
„ W..was ist mit ihr?“ Col. Sheppard klang besorgt. Seine Atmung war beschleunigt, wahrscheinlich weil er den Weg von wo immer er auch gewesen war bis hierher gerannt war.
Carson wandte sich seufzend zu dem dunkelhaarigen Soldaten um, blickte ihn verständnislose haselnussfarbene Augen, die nach einer Antwort suchten.
„ Ich weiß es nicht.“ Das war die einzige Antwort, die Carson auf diese Frage zu geben wusste. Die Reaktion, die darauf folgte, hatte er schon erwartet: ein Schatten legte sich über das Gesicht des Colonels und seine Miene wurde ausdruckslos. Er presste die Lippen so fest aufeinander, dass das Blut aus ihnen wich.

Ein Moment der Stille folgte. Teylas Aufstöhnen ließ den Soldaten zusammenzucken und aus seiner Starre erwachen.
„ K…kann ich…“, brachte er stotternd zustande. Carson nickte, wusste was er wollte.
„ Gehen Sie zu ihr, mein Junge“, sagte er und trat einen Schritt von Teylas Bett weg, beiseite, machte Platz, gewährte Privatsphäre. Langsam entfernte er sich immer weiter, sah nur noch, wie der Colonel nach der Hand der Athosianerin griff und sie fest umklammerte, als wollte er sie festhalten.

Jennifer hatte gemeint, dass die beiden Teamkameraden eine innige Freundschaft verband und sie war es auch gewesen, die vermutet hatte, dass ihre Beziehung weit über Freundschaft hinausging. Eine Vermutung, die Carson schon viel früher gekommen war, die er aber immer wieder verworfen hatte. Doch diesmal…
Nein, dieses Mal ließ es sich nicht leugnen; zärtlich und behutsam strich der Zeigefinger des Colonels über Teylas zitternde Hand. Er hatte neben ihrem Bett Platz genommen, hatte ihre Hand an seine Lippen geführt. Er schien irgendetwas gegen ihre Handflächen zu wispern, doch Carson verstand es nicht. Wenn er es sich genau überlegte, wollte er es auch nicht wissen.
Im Schatten eines Pfeilers sah er den hünenhaften Ronon Dex stehen, der scheinbar auch beschlossen hatte, den beiden einen Moment allein zu gönnen. Als sich ihre Blicke trafen, nickte der Sateder nur und verschränkte die Arme vor seinem muskulösen Brustkorb.

Carson nahm wieder Platz, schob mit einem missmutigen Laut seinen Tablettlaptop beiseite- er hatte jetzt einfach keinen Nerv dafür. Er hatte die letzten Tage immer wieder darauf gestarrt und so langsam machte ihn das Flimmern des Bildschirms verrückt.
Sein Blick fiel auf ein unscheinbares, weißes Blatt Papier, welches schon länger auf seinem Schreibtisch gelegen hatte, er es aber noch nicht angesehen hatte- es war einfach zu viel passiert, er hatte keine Zeit gefunden.
Vorsichtig, als hätte er Angst die Schrift zu verwischen, strich er mit seiner Fingerkuppe über das raue Papier, auf dem in ebenso unscheinbarer Schrift das kleine Wörtchen Negativ zu lesen war- schwarz auf weiß.

Er seufzte und sah wieder zu dem Paar herüber; Teyla wurde wieder von einem Krampf geschüttelt, der Colonel ließ ihre Hand nicht los, hatte die Zähne fest aufeinander gebissen und schien um seine Beherrschung kämpfen zu müssen.
Sie jammerte auf, er zuckte zusammen. Sie stöhnte auf, er umklammerte ihre Hand noch fester, drückte seine Lippen noch fester gegen ihre Handfläche. Vielleicht war es besser so. Vielleicht war es besser, dass der Test negativ ausgefallen war…

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Das Erste, was sie spürte, als ihre Sinne langsam zu ihr zurückkehrten, war der beißende Geruch nach Rauch. Dann spürte sie Schmerz, großen Schmerz in ihrem Kopf. In ihrem Magen. In ihren Beinen. Schmerz einfach überall.
Sie wollte ihre Augen öffnen, doch da war nichts außer Dunkelheit, Schwindel, Übelkeit und noch mehr Schmerz. Kälte kroch durch ihre Glieder, ließ sie frösteln.
Das Blut schien in ihren Adern zu gefrieren und sie fühlte sich, als hätte sie mehrere schlaflose Nächte hinter sich.
Ihr Mund und ihre Lippen waren trocken. Ihre Zunge klebte an ihrem Gaumen. Es brannte, als sie mit ihr über ihre trockenen, aufgesprungenen Lippen leckte.

Miéa kalina. Tuá miuó dué est. Eine sanfte Stimme erreichte ihr Ohr, fuhr durch ihren Körper, gab ihr die Kraft ihre Augen zu öffnen und dem Licht zu widerstehen, das viel, viel zu hell war.
Sie merkte, wie die Energie der Stimme durch jede Faser ihres Körpers strömte, merkte wie ihre Beine sich vom Boden abstießen. Ihr Magen begann zu flattern und sie hatte das Gefühl zu schweben.

Die Stimme, die sie aus dem tiefen schwarzen Loch gezogen hatte, war verebbt. Stattdessen drang ein leises, stetiges Brummen an ihr Ohr. Der Vorhang, der sich vor ihre Augen gelegt hatte, fiel… und sie sah einen hell erleuchteten Korridor vor sich liegen. Die Wände wurden von Leuchten beschienen und waren über und über mit Symbolen versehen, die sie nicht zu deuten wussten.
Langsam setzte sie sich in Bewegung. Mit jedem Schritt wurde sie sicherer. Sie spürte den kalten Boden unter ihren nackten Füßen. Die Kälte fraß sich durch ihre Fußsohlen, an ihrem Bein hinauf, ließ sie erschaudern und ihre Arme um ihren Körper schlingen.

Helia. Die sanfte Stimme ertönte wieder hinter ihr und sie drehte sich um, sah einen Mann mittleren Alters vor sich stehen. Er hatte dunkle Haare, warme haselnussfarbene Augen, die sie liebevoll und überrascht zugleich anfunkelten, und einen Dreitagebart. Er kam ihr vertraut vor und sie überkam ein warmes Gefühl, als sie sein Gesicht endlich einem Namen zuordnen konnte.
„ John“, stieß sie hervor und erschrak sogleich. Ihre Stimme war ein melodisches, silbernes Klirren. Es klang nicht nach ihr, es klang fremd. Sie schlug sich die Hand vor den Mund und blickte zu ihm auf; er lächelte sie an, streckte die Hand nach ihr aus und unwillkürlich setzte sie sich wieder in Bewegung, schwebte geradezu über den Boden.

Sie näherte sich einer riesigen Glasfront, langsam, stetig, und erschrak, als sie ihr Spiegelbild erblickte, was dennoch nicht das ihre war. Vor ihr stand ein geradezu vollkommenes Wesen mit langen honigblonden Haaren und bezaubernden blassgrünen Augen. Ihr Gesicht war gleich Porzellan- nicht die kleinste Unebenheit zeigte sich. Ihre Gesichtszüge waren weich, bildeten eine perfekte Harmonie zu ihren gelockten Haaren und ihren vollen Lippen.

Dieses perfekte Geschöpf starrte sie an und ihr wurde bewusst, dass etwas nicht stimmen konnte…

TBC
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