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Memories von Rosha

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Memories


Es waren die letzten Wintertage. Von Dächern und Ästen hingen lange, glänzende Eiszapfen, die das Licht der Sonne in sich brachen und vielfarbig wieder spiegelten. Noch immer bedeckte eine hauchzarte Schneedeck die Welt, wie ein seidenes Tuch. Die eisige Luft schnitt in Lungen und auf der Haut und der Himmel war klar und blau.

Das Fenster war geöffnet, so das die Kälte langsam aber stetig von außen herein zog. Davor stand ein Schaukelstuhl, sehr alt, doch wunderschön. Doch noch schöner war, was sich in ihm befand...

Sie lehnte sich entspannt zurück und sah mit verlorenem Blick aus dem Fenster. Ihr kurzes, weißes Haar war ein wenig zerzaust und die Falten in ihrem Gesicht erzählten Bände über ihr Leben. Ihre klaren blauen Augen aber waren noch genauso bezaubernd, wir zu ihrer Jugendzeit.

Das schien schon ewig her zu sein und seit her hatte sich einiges verändert. Fast alle ihrer Freunde waren bereits tot und jene, die noch lebten, waren für sie nicht mehr zu erreichen, zu sehr hatte sich ihr Geist in eine fremde Welt verloren.

Früher war sie eine der Schnellsten gewesen, so manchen hatte sie weit hinter sich gelassen, doch nun konnte sie ihre Beine nicht mal mehr bewegen. Auch ihre Hände, einst stark und sicher, waren nun nicht mal in der Lage eine Tasse zu halten, ohne zu zittern.

Jeden Tag saß sie hier und sah aus dem Fenster, einfach starr hinaus. Vielleicht sah sie etwas, was andere nie erkennen würden.

Manchmal wachte sie aus ihrem ewig währenden Traum auf, war wach und wieder wie früher, doch diese Momente waren selten, so selten, dass es nur eine pensionierte Ärztin gab, die sich täglich um sie kümmern musste.

Es gab sonst niemanden mehr, für die letzten, die sie kannten, war es zu schmerzlich, den Anblick ihrer Freundin zu ertragen. Gefesselt an einen Stuhl, ihr einst heller Verstand gefangen in einem unsichtbaren Gefängnis. Hilflos.

Es klopfte an der Tür, die Ärztin trat langsam ein. Die braunen Augen hatten seit Jahren nicht mehr gelacht und tiefe Sorgenfalten durchzogen das früher so hübsche Gesicht. Die schulterlangen Haare waren bis auf vereinzelte Strähnen fast völlig weiß. Doch gerade diese letzten verliehen ihr ein Leuchten, wie das letzte Aufflackern eines Hoffnungsschimmers bevor er erlischt.

Sie stellte eine Tasse mit einem warmen Getränk auf das kleine Tischen neben dem alten Schaukelstuhl. Sie sprach kein Wort. Was hätte es gebracht? Sie konnte sie nicht hören. Ehe sie sich wieder umwandte, um zu gehen, warf sie ihrer alten Freundin noch einen letzten Blick zu und setzte sich dann seufzend in Bewegung.

"Janet...".

Es klang als würde der Wind auffrischen. Sie ignorierte das Geräusch. Wie oft hatte sie sich gewünscht, dieses Wort zu hören? Es war nur Einbildung.

"Janet...".

Diesmal war es kräftiger, näher. Sie wandte sich um.

"Was?", fragte sie.

"Janet...", die Stimme klang seltsam fremd und doch so vertraut. Das Wort kam ungeschickt, fast verstümmelt hervor, aber es war da.

Sie ging zurück, betrachtete die Frau vor ihr. Hatte sie gesprochen? Der Blick war starr wie zuvor, doch ein Ausdruck war in ihr Gesicht getreten, der vorher nicht da gewesen war.

"Ich bin hier! Was soll ich tun?", fragte die Ärztin.

Mit kraftloser Stimme versuchte die Frau sich verständlich zumachen, es dauerte eine Weile, doch schließlich begriff die Ärztin, was ihre Patientin verlangte.

"Papier und einen Stift? Ist es das, was du willst?".

Ein Lächeln, so winzig, dass es als nicht existent bezeichnet werden könnte, umspielte den Mund der alten Frau.

Sofort begann Janet dem Wunsch ihrer Freundin nach zu kommen. Es dauerte keine fünf Minuten, als sie mit einem Blatt Papier und einem Kuli wieder neben dem alten Schaukelstuhl stand.

Mit zittrigen Händen führte die Frau den Kugelschreiber über das Blatt. Es war ein Brief, an wen er gerichtet war, konnte Janet nicht mehr lesen, da sie den Raum verließ, um ihre Freundin mit ihren Gedanken allein zu lassen.

Die Tage vergingen und mit steigenden Temperaturen verschwand das Seidentuch und auch die Eiszapfen. Jeden Tag hatte Janet nun öfter als sonst nach ihrer Freundin gesehen und jedesmal wenn sie kam, schrieb die alte Frau.

Janet hatte ihr ein ums andere Mal gesagt, sie solle schlafen, nur ein wenig, da sie sonst an Übermüdung sterben würde. Doch die alte Frau hatte wieder mit dem nicht existenten Lächeln geantwortet und weiter geschrieben.

Am Abend vor Frühlingsbeginn legte die Frau den Stift nieder und schloss für einen winzigen Moment ihre Augen. Ihr war kalt und ihre Finger schmerzten, ebenso wie ihre Augen. Sie wollte sich ausruhen, nur eine Weile. Es wurde dunkel um sie herum.

Die Kälte ließ nach und wich einem angenehmen Gefühl, das sich nicht in Worte fassen ließ. Die Dunkelheit löste sich in einem Nebel auf und hinterließ ein helles Licht. Weder gleißend noch heiß. Sondern mild und mit einer tiefen Wärme.

Der Schmerz in ihrem Körper verschwand, sie öffnete die Augen und fand sich an einem Ort wieder, den sie aus ihrer Jugendzeit kannte.

Es waren die gläsernen Ebenen von Kirlis.

‘Ein schöner Traum’, dachte sie, lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und genoß den Anblick des Sonnenunterganges. Das goldene Licht tauchte die Landschaft in diverse Rot- und Gelbtöne.

Über die Ebene hinweg flog ein Schatten auf sie zu. Nicht bedrohlich und angsteinflößend, sondern voller Erinnerungen und Liebe.

Vor ihr erhob sich der Schatten vom Boden und nahm ihr nur zu vertraute Züge an.

"Es ist lange her", sagte der Schatten.

"Viel zu lange!", antwortete sie.

Ein Lächeln trat in das Gesicht der Schattenperson.

"Ich... nein, wir alle haben auf dich gewartet.".

"Bist du endlich gekommen? Holst du mich nun zu dir?", fragte die Frau.

Der Schatten nickte.

"Komm, sie warten auf dich."

"Ich kann nicht. Meine Beine tragen mich schon lange nicht mehr.", entgegnete sie.

Wieder lächelte der Schatten, reichte ihr die Hand. Sie ergriff sie und sanft zog er sie aus dem Stuhl.

Das gewohnte Gefühl der Schwäche war verschwunden. Sicher stand sie vor ihm.

"Endlich hab ich dich wieder! Ich habe so lange gewartet, um dir sagen zu können, was ich damals fühlte und noch immer fühle...", er wollte weiter sprechen, doch sie hob die Hand und unterbrach ihn.

"Ich bin alt und lange nicht mehr die Frau, die du einst kanntest. Viele Jahre ist es her, seit du mich verlassen hast. Die Zeit ist mir davon gelaufen.".

"Wir haben alle Zeit, die es gibt.", antwortete er und fuhr fort, "Und du bist auch nicht alt und wirst es nie werden, nicht für mich, für uns alle hier. Das ist alles was wichtig ist.".

"Aber...", sie wollte widersprechen, doch er schüttelte sanft den Kopf.

Langsam hob er eine ihrer Hände bis vor sein Gesicht und küsste diese zärtlich. Ihr Hand sie war nicht mehr zittrig, alt und schwach. Sie war wieder wie früher. Ihr ganzer Körper war wieder jung, sie sah an sich herunter und konnte es nicht fassen.

"Ich sagte doch du bist nicht alt.".

Sie sah auf und in zwei strahlend blaue Augen. Martouf!

Sie spiegelte sich in ihnen und erkannte, dass er die Wahrheit gesagt hatte.

Er zog sie an sich und umarmte sie sanft.

Von allen Seiten kamen nun weitere Schatten geflogen und nahmen Gestalt an.

Jack, Daniel, ihr Vater, Teal`c, General Hammond, Jolinar und alle anderen die sie einst kannte und sie verlassen mussten, waren da und lächelten ihr zu.

Langsam ging die Sonne auf über dem kleinen Haus mitten im Nirgendwo. Der erste Frühlingstag war gekommen und er hatte einen der schönstens Sonnenaufgänge, den man hier seit langem beobachten konnte.

Die Ärztin öffnete leise die Tür und betrat wie jeden Morgen den Raum.

Langsam ging sie zum Schaukelstuhl, um ihrer Freundin das Frühstück zu bringen. Sie stellte das Tablett auf den kleinen Tisch und berührte die Frau sacht an der Schulter, um sie zu wecken. Ein Lächeln lag ihr auf den Lippen, anscheinend hatte sie einen wunderschönen Traum und wollte nicht aufwachen.

Sanft strich ihr Janet übers Gesicht. Augenblicklich zog sie ihre Hand zurück. Das Gesicht ihrer Freundin war kalt und ihre seltsam fremd.

Auf dem Tisch neben ihr lang das Blatt Papier. Ein Brief. Langsam hob sie ihn auf und begann mit den Tränen kämpfend zu lesen.

Janet,

ich weiß nicht wie viel Zeit mir noch bleibt und wie lange ich noch die Kraft hierfür haben werde. Ich weiß nur eines, dass ich den Frühling nicht mehr erleben werde, daher wollte ich dir noch einiges sagen.

Ich wollte dir dafür danken, dass du dich in all den Jahren so liebevoll um mich gesorgt hast.

Ich möchte dir aber etwas erzählen, dass mir vor einigen Jahren passiert war.

Es war kurz nach Jacks Beerdigung. An einem Abend zu Frühlingsbeginn, ich saß wie meistens am Fenster und mein Herz schlug so schnell, dass ich fürchtete ich würde sterben. Der Schmerz über den Verlust eines weiteren Menschen, den ich geliebt habe, war so überwältigend.

Ich schlief ein und hatte einen Alptraum.

Ich lief durch einen dunklen Gang, vor mir öffnete sich eine Tür und ich betrat einen großen Raum. An einer Wand stand das Stargate und der Ereignishorizont leuchtete. Im Raum waren so viele Leute, erst erkannte ich sie nicht, doch dann... Sie waren alle da. Martouf, Daniel, Jack, Teal`c und all die anderen, auch du.

Sie sagten kein Wort. Ich wollte zu ihnen gehen, doch sie wandten sich von mir ab und gingen durchs Gate.

Erst Martouf, dann Daniel und Teal`c, Jack und nach und nach alle anderen. Ich wollte ihnen folgen, doch du hast mich zurück gehalten. Ich rief ihnen hinterher, sie sollen mich nicht allein lassen, sie sollen zurück kommen, doch sie hörten mich nicht. Ich schrie und schrie.

Dann erklang eine Stimme. Es war Martouf. Er sagte, ich werde alle Freunde verlieren. Jeden einzelnen werde ich zum Grab begleiten, nur dich nicht, denn ich brauche schließlich jemanden, der mich zu Grabe geleitet.

Ich hatte Angst, er machte mir mit diesen Worten Panik, ich wollte nicht mit ansehen, wie alle meine Freunde sterben. Aber es kam so wie er sagte, alle starben sie vor mir, nur du nicht.

Er sprach noch weiter. Er sagte, ich werde noch viele Jahre kommen und gehen sehen, doch meinen 89. Frühling, so sagte er, würden wir gemeinsam beginnen und dann würde er mich nie mehr allein lassen.

Er versprach mir, mich zu abzuholen, wenn die Zeit gekommen wäre und ich müsse nur nach ihm Ausschau halten. Er würde mich nicht vergessen.

Ich vermisse sie alle so sehr und freue mich nun sie endlich wieder zusehen.

Janet wir werden uns in einigen Jahren treffen und ich verspreche dir, dich abzuholen, damit du den Weg zu uns findest.

Sag Cassy von mir einen schönen Gruß und wünsch ihr alles Gute.

Ich hab euch lieb.

Auf Wieder sehen!

Deine Freundin Samantha Carter.

Unter Tränen legte sie den Brief zurück auf den Tisch und sah aus dem Fenster, im Westen war es noch dunkel und dort konnte die den letzten Stern am Himmel sehen.

Es war Kirlis, Planet der gläsernen Ebenen und Heimat der Seelen.



Ende

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