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Kein Abschied- aber auch kein Wiedersehen von Jenny

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Teil 3

Seitdem du weg bist, ist so manches ok.
Dafür das es korrekt ist, tut es aber ganz schön weh.
Ich bin wirklich gesegnet, hatte Glück.
Und vieles ist super wie es ist, bis auf die Lücke die nicht schliesst.

Es ist ein defekter Kreis, von 280 Grad.
Der rettende Beweis, den ich leider grad nicht hab.
Es ist der Sinn des Lebens, den keiner mir verrät.
Man muss wirklich kein Genie sein um zu merken das was fehlt...





Am nächsten Morgen war er zurück geflogen.

Washington meldete Probleme und die Dinge zwischen Daniel und ihm waren geklärt. Alles andere würden sie ausarbeiten.

Froh über den Ausgang seines Kurzurlaubes war er in Dallas zwischengelandet und wartete ungeduldig auf seinen Anschlussflug. Es war einer der großen Monitore, der seine Aufmerksamkeit erregte.

Gelangweilt folgte er den Schlagzeilen, als seine Augen an dem Wort „Belize“ hängen blieben. Gefolgt von „Guerillas“. Gefolgt von „mehrere Tote“. Gefolgt von „archäologische Ausgrabung“.

Er verlor den Sinn für seine Umgebung als sein Augen hektisch an dem Monitor haften blieben. Doch der Text lief bereits weiter und berichtete nun von den Wahlvorbereitungen der Demokraten.

Quälende drei Minuten vergingen, ehe die Nachricht wieder erschien.

„In Belize wurde durch einen Guerillaangriff am frühen Morgen ein Zeltlager von ausländischen Forschern vollständig zerstört. Die Rede ist von mehreren Toten. Es handelte sich um ein Team von Wissenschaftlern, die eine archäologische Ausgrabung durchführten.“

Jacks Herz raste.

Verzweifelt griff er nach seinem Mobiltelefon. Natürlich hatte er das verdammte Ding in Belize ausgeschaltet.

Er drückte die grüne Taste und nach ewig wirkenden fünfzehn Sekunden war er startbereit.

Daniel hatte ihm seine Telefonnummer gegeben und Jack tippte sie verzweifelt ein.

Nichts.

Hatte er die richtige Vorwahl benutzt?

Ein weiteres mal tippte er alle Nummern ein, ging sicher, dass alles korrekt war.

Diesmal konnte er nicht falsch liegen.

„Der gewünschte Gesprächspartner ist zur Zeit leider nicht erreichbar.“

Sein Magen drehte Loopings.

Er bekam nicht einmal mehr mit, wie zum Boarding aufgerufen wurde.

Die Entscheidung war sofort getroffen.

Er würde nicht nach Washington zurück kehren, musste zunächst herausfinden, was hier vor sich ging.

Nach drei weiteren sinnlosen Versuchen legte er auf und erkannte auf seinem Display die Nachricht, dass eine Voicemail auf ihn wartete.

Ungeduldig wählte er den Anrufbeantworter an.

„Neue Nachrichten...Eine.“, meldete die Maschine und schaltete durch.

„Hi Jack, ich bins Daniel.“, O“Neill atmete tief durch. Gott, das war knapp gewesen., „Ich...ich schätze ich wollte mich nur dafür bedanken, dass du den ganzen Weg hierher geflogen bist, um mich zu sehen. Es bedeutet mir eine ganze Menge...Ich muss mich jetzt wieder an die Arbeit machen, wir sehen uns in ein paar Wochen. Bye.“

Beruhigt wollte er schon wieder auflegen, als der Anrufbeantworter automatisch noch den Tag und die Zeit des Anrufes meldete.

Entgegen seiner Vermutung hatte Daniel ihn gestern Abend angerufen, nicht etwa heute.

Seine Beunruhigung wuchs zu neuen Höhen und er stand auf, entschied, zum nächsten Schalter seiner Fluggesellschaft zu gehen und einen Rückflug nach Belize zu buchen.

+++

Die Zeit ist eine relative Variable, die sich je nach Gemütszustand verändert. Für einige wirkt sie oft zu kurz, meist dann, wenn man Spass hat. Doch für Jack verging sie an diesem Tag nicht schnell genug.

Mehrere Male binnen einer Minute blickte er auf seine Uhr, durchlief im Kopf sein weiteres Vorgehen, rutschte unruhig in dem engen Sitz der kleinen Passagiermaschine hin und her und bewegte die Fusszehen auf und ab. Es trieb ihn in den Wahnsinn.

Wie lange noch, bis sie da waren?

Er hatte die Stewardess schon drei Mal gefragt, beim letzten Mal war sie verständlicherweise genervt gewesen. Doch Jack hatte ihr die vagen Umrisse seines Dilemmas beschrieben und sie hatte versprochen, ihn auf dem laufenden zu halten. Schliesslich besass diese kleine Maschine noch keine standardisierten multifunktionalen Fernsehgeräte mit GPS- Routenverfolgungssystem. Sie besass nicht einmal einen Projektor für Filme.

Jack hatte die Flugbegleiterin gefragt, ob es irgendwie möglich war, den lokalen Fernsehsender anzurufen, um nach genaueren Informationen zu fragen, doch auch sie hatte wenig Ahnung. Warum hatte er sie überhaupt gefragt? Er fing an, die Nerven zu verlieren.

Sein Geist wollte ihn darauf vorbereiten, dass eine Möglichkeit bestand, dass es Daniels Camp war. Dass er unter den Opfern war. Doch sein Herz verweigerte es. Sie hatten sich gerade erst wieder gesehen, Frieden geschlossen, eine neue Zukunft gestartet...und überhaupt, die Wahrscheinlichkeit, dass Daniel unter den Opfern war, war so unheimlich gering. Belize war ein El Dorado für Archäologen, bestimmt gab es dort sehr viele Ausgrabungsorte. Und auch sehr viele Archäologen. Er machte sich vermutlich umsonst Sorgen. Aber er wollte sicher gehen.

„Wir werden in fünfzehn Minuten landen.“, meldete der Pilot, während Jack sich nervös durch die Haare fuhr. Er wollte endlich am Boden sein, Dinge erledigen und nicht nur dumm dasitzen. Umso langsamer vergingen die fünfzehn Minuten dann auch. Und die fünf Minuten Rollbahn- Sightseeing, die fünf Minuten, ehe die Treppe an das Flugzeug herangefahren wurde, und die fünf Minuten, bis jeder elende, hochmotivierte Südamerikaurlauber vor ihm ausgestiegen war.

Sofort schaltete er sein Handy wieder ein. Zwar musste er den Roaming- Dienst nutzen, aber Hauptsache, das Ding funktionierte.

Wieder erhielt er nur Daniels Voicemail, hinterliess zum siebten Mal eine Nachricht, dass Daniel ihn doch bitte zurückrufen möge. Aber er hatte während seines Rückfluges keinen Anruf erhalten.

Hektisch rannte er durch den Flughafen, kämpfte sich durch die Kontrollen und wieder zum Taxistand. All das kam ihm wie ein krankhaftes Deja- Vu vor, wie ein Albtraum, der gerade erst begann.

Und so sollte es auch sein...

+++

Jack hatte diesmal nicht einen Stadt- und Waldführer gesucht, er war schnurstracks zur Polizeistation gelaufen, hatte mit seinem Militärausweis gewunken und sich einen Beamten zur Seite geholt.

Schnell schilderte er ihm, was los war und erhielt die Nachricht, dass es sich bei dem Überfall tatsächlich um Guerillas gehandelt hatte und dass das befallene Camp eine Grabungsgenehmigung durch die Stadtverwaltung bekommen hatte, unterschrieben von Nicholas Jackson.

Der Schock betäubte Jack und sein Geist fiel in Autopilot.

Die Lage hatte sich geändert. Wie standen die Chancen jetzt?

Daniel war der geborene Diplomat und gut darin, sich aus lebensgefährlichen Situationen heraus zu reden. Mit Sicherheit war alles in Ordnung und er war noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen.

Und wenn nicht?

Nein, das war eine Option, die er gar nicht in Betracht ziehen wollte. Die Wahrscheinlichkeit war so gering...

Er erkundigte sich nach einer Polizeistreife, die ihn zur Ausgrabungsstelle fahren konnte, doch man sagte ihm, die US- Amerikanische Regierung hätte sich bereits eingeschaltet und das ganze Gebiet abgeriegelt.

Jack wusste, wenn sich seine Regierung einschaltete, bedeutete das, es gab US- amerikanische Opfer.

Waren noch andere Amerikaner vor Ort, als er das Lager besuchte?

// Denk nach, verdammt!//

Er wusste es nicht mehr genau, war er doch so auf Daniel fixiert gewesen. Verdammt!

„Das macht nichts, ich habe Top Secret Freigabe.“, erklärte er dem Polizisten und erhielt einen skeptischen Blick. Bin kein Drogenfahnder, wollte er hinzufügen, doch biss sich stattdessen auf die Zunge.

Der Mann verschwand in einem angrenzenden Büro und Jack überprüfte seine Uhr. Eine Stunde, seit er gelandet war. Was hatte er bisher erreicht? Wie konnte er an Informationen gelangen? Warum wurde alles von der Presse abgeschirmt?

Die Uhr an der Wand über ihm tickte fordernd und er begann rhythmisch mit seinen Fingern auf den Tisch zu klopfen, um etwas Anspannung los zu werden. Doch es half nichts. Sein Blutdruck stieg weiter und weiter an, sein Magen drehte Loopings, die Ungewissheit trieb ihn in den Wahnsinn.

Er nutzte die Zeit, um seinen Plan weiter zu vervollständigen.

Ziel Eins. Zum Camp fahren. Das bekam er hin.

Ziel Zwei. Feststellen, ob Daniel ok war. Das war ja wohl eine sichere Konstante.

Ziel Drei. Daniel mit in die USA nehmen, damit er nicht noch einmal beinahe getötet werden würde.

Und was, wenn er doch...?

// Wirst du wohl damit aufhören, Jack?! //

Er musste diese Gedanken los werden. Es war so unwahrscheinlich, dass sein Freund unter den Opfern war, aber trotzdem überschwemmten ihn diese Sorgen.

Warum ging er nicht ans Telefon? Warum rief er ihn nicht zurück?

Möglichkeit Eins: Er war gerade damit beschaeftigt, sich mit den Behoerden ueber das Geschehene zu unterhalten.

Möglichkeit Zwei: Er war verletzt. Wo hatten sie ihn hin gebracht? Wie weit war das nächstgelegene Krankenhaus entfernt? Wie gut war die Versorgung in dem Krankenhaus? Wie schwer waren seine Verletzungen?

Möglichkeit Drei: Er war unter den Opfern. Inakzeptabel.

Der Polizist liess auf sich warten, also ging Jack zurück zu der Frau, die am Empfang saß.

„Wissen Sie vielleicht, wohin die Verletzten des Guerilla- Überfalls gebracht wurden?“

Die Frau schüttelte betrübt den Kopf.

„Leider nein, Sir. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob es Verletzte gab. Aber ich kann Sie mit den zwei Krankenhäusern hier in der Gegend verbinden. Wenn es Verletzte gab, wurden sie mit Sicherheit dorthin gebracht.“

Er nickte und die sympathische Frau begann, eine Telefonnummer einzutippen. Anschließend reichte sie ihm den Hörer.

Eine Frau meldete sich und natürlich sprach sie Spanisch. Gott sei Dank hatte Jack noch die wichtigsten Redewendungen aus seiner Ausbildungszeit behalten und kämpfte sich bis zum diensthabenden Arzt durch.

„Hallo, ich bin General Jack O’Neill, United States Air Force. Ein Freund von mir war in einen Guerrilla Überfall verwickelt. Sein Name ist Daniel oder Nicholas Jackson. Befindet er sich in Ihrem Krankenhaus? Haben Sie Opfer des Überfalls in Ihrem Krankenhaus?“

Gott, er klang wie jemand, der gerade erst die Sprache gelernt hatte...

Der Arzt verneinte und verwies ihn zu dem anderen Krankenhaus. Schnell legte er auf und liess die Polizistin die andere Nummer wählen. Es gab noch keinen Grund zur Beunruhigung, Daniel war bestimmt dort.

Wieder spulte er seinen Text herunter. Diesmal etwas nachdrücklicher.

Man verwies ihn zur Notaufnahme und er erklärte sein Problem ein drittes Mal.

Der Mann am anderen Ende wirkte leicht genervt, im Hintergrund waren hektische Stimmen hörbar.

„Lassen Sie mich die Liste überprüfen.“

Unbemerkt für die Außenwelt begann Jack zu zittern. Sein Atem ging rasend. Zu viel hing von diesem Telefonat ab, als das er ruhig bleiben konnte.

Die Sekunden vergingen nur langsam, doch nicht sie waren es, die den Takt angaben. Es war sein eigener Herzschlag, der in seinen Ohren pochte und Ströme reinsten Adrenalins durch seinen Körper jagte.

Im Augenwinkel erkannte er, wie der Polizist vom anderen Schreibtisch wieder zurückkam und ihn erwartungsvoll anblickte. Vielleicht konnte er ihm mittlerweile weiter helfen.

„Nein Sir, er ist nicht auf der Liste der Verletzten, die eingeliefert wurden. Tut mir leid.“

Die Nachricht des Arztes zerschmetterte seine Hoffnung, seine Möglichkeit Nummer zwei. Daniel was also nicht verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Nun, das hatte ja noch nicht allzu viel zu bedeuten. Jack war sich sicher, es gab für alles eine rationale Erklärung.

Wahrscheinlich war er wirklich vor Ort damit beschäftigt, den Feds Auskunft über die Situation zu geben. Zur Bestätigung holte er sein Mobiltelefon hervor. Vielleicht erreichte er ihn ja jetzt.

Währenddessen lief er auf den Beamten zu und gab ihm ein Zeichen, sich noch ein paar Sekunden zu gedulden. Möglicherweise löste sich dieses ganze Dilemma in Luft auf, sobald er Daniel ans Telefon bekam.

Wieder meldete sich die Mailbox. Er begann diese nervige Frauenstimme zu hassen.

Frustriert legte er auf und wartete auf das, was der Polizist ihm zu sagen hatte.

„General O’Neill, ich habe die Erlaubnis erhalten, Sie zu der Unglücksstelle fahren zu dürfen.“

Na dann konnte es ja los gehen...

+++

Die Fahrt hatte bereits eine halbe Stunde über unebenes Terrain in Anspruch genommen und raubte Jack den letzten Nerv. Jedes Mal, wenn sie sich einer kleinen Abfahrt näherten, hatte er gehofft, sie würden endlich da sein. Alles sah so ähnlich aus, als wäre es aus einem Guss.

Zwei Polizeistreifen waren ihnen entgegen gekommen und ein schwarzer SUV fuhr hinter ihnen, um ebenfalls zur Unglücksstelle zu gelangen.

Nervös überprüfte Jack immer wieder die Umgebung, versuchte sich die Bilder einzuprägen, aber was gab es sich da schon zu merken? Wo er auch hinblickte standen Sträucher, Bäume und es gab keine Zeichen der Zivilisation. Weder Schilder noch irgendwelche Markierungen wiesen ihnen den Weg.

„Ich hoffe, es geht Ihrem Freund gut.“, übte sich der zuvor schweigsame Polizist im Smalltalk.

Jack war nicht in der Stimmung, um über diese Dinge zu reden. In wenigen Minuten würde er Klarheit über Daniels Schicksal erhalten und plötzlich fühlte er sich so, als wollte er die Wahrheit gar nicht wissen. So als ob sein Herz lieber mit der ewigen Sorge leben wollte, als eine Wahrheit zu akzeptieren, die inakzeptabel war.

Aber es war ein Risiko, das er eingehen musste, Kopf oder Zahl, alles oder nichts.

Im Endeffekt wuerde die Klarheit ueber Daniels Verbleib besser sein als eine ewige Ungewissheit.

„Ich auch. Er hat eine Tendenz, immer in Schwierigkeiten zu geraten.“

Ein tiefes Loch ließ sie in ihren Sitzen auffahren und Jack stiess sich den Kopf an der Decke des Wagens.

„Tut mir leid.“, entschuldigte sich der Fahrer, „Wir sind in wenigen Minuten an der Ausgrabungsstelle.“

Da war es wieder, das unsichtbare Messer in seiner Magengrube, das sich bei jedem Puzzlestück der Wahrheit weiter in sein Fleisch bohrte. Jacks innerer Instinkt drängte ihn fort, warnte ihn, nicht weiter zu gehen. Aber sein Verstand, sein militärisches Denken und der Trieb, die Wahrheit zu erfahren waren stärker. Ob es ihm gefiel oder nicht, er musste der Ungewissheit ins Auge blicken.

Er überprüfte sein Handy. Noch immer kein Anruf. Warum hatte er es überhaupt überprüft? Der Alarmton war auf die höchste Stufe gestellt, er hätte es von einer halben Meile Entfernung aus gehört, wenn es geklingelt hätte.

Frustriert fuhr er sich mit der Hand übers Gesicht. Er wurde zu alt dafür. Warum zum Teufel meldete Daniel sich nicht? Er schuldete ihm einiges, falls das hier gut ausging- wovon er ausging.

Je näher sie kamen, umso weniger war Jack in der Lage sich zu konzentrieren. Die Gedanken jagten ungeordnet durch seinen Kopf, sobald er hoffte, eine Sache überdacht zu haben, tat sich eine andere auf, sobald die geregelt war, vergaß er die erstere. Es war frustrierend. Dafür war er all die Jahre im Militär gewesen, um plötzlich den Kopf zu verlieren.

Aber zumindest merkte es niemand...

+++

Die letzte Kurve war fast erreicht, als ein schriller Klingelton durch den Jeep schallte. Jack fuhr in seinem Sitz auf und ließ fast sein Mobiltelefon fallen.

Auch der Polizist neben ihm wusste für eine Sekunde nicht, was los war und blickte seinen Beifahrer verwundert an.

Jack war fast durch die Decke gegangen, doch nachdem sich der erste Schrecken gelegt hatte, bereitete sich das gute Gefühl der Beruhigung in ihm aus. Da war er endlich, der –mit mehr Leben als eine Katze ausgestattete- Daniel Jackson.

Sofort nahm er das Telefon hoch und faltete es auseinander.

„Du hast ganz schön lange auf dich warten lassen.“, fuhr er sein Gegenüber an.

Während der Polizist den Wagen an der Stelle des Überfalls parkte, blieb Jack noch sitzen. Er erkannte fünf örtliche Polizeistreifen, mehrere Regierungsfahrzeuge der USA und einen großen Leichenwagen. Von dem Camp war nicht mehr geblieben als einige zerfetzte Zelte und herumliegende Holzkisten. Die zwei Jeeps der Archäologen steckten mit aufgeschlitzten Reifen und eingeschlagenen Scheiben im Schlamm.

Als er als Antwort nur ein Zögern erhielt, wurde er skeptisch.

„Daniel? Was ist los?“

Er hörte ein Räuspern am anderen Ende der Leitung und schließlich meldete sich der Anrufer.

„Jack, ich bin’s Sam. Wir hatten uns Sorgen gemacht, nachdem du nicht am Flughafen erschienen bist. Ist alles in Ordnung?“

+++

Taubheit war alles, was Jack spürte.

Sein Körper war taub, sein Geist war taub.

Er konnte nicht denken, fühlte sich, als seien seine Gedanken in eine Schüssel voll Honig gefallen. Egal wie sehr er kämpfte, er kam nicht frei.

Die Nerven in seinem Körper arbeiteten nicht mehr richtig. Er spürte weder die feuchte Wärme der Tropen, noch, dass der Polizist ihm auf die Schulter tippte.

Alles was er tun konnte war neben dem Jeep stehen zu bleiben und auf den Leichenwagen zu blicken.

Das war unmöglich.

Das Schicksal spielte ihm wieder einen Streich und er war es leid, sich ständig um nichts Sorgen machen zu müssen. Daniel rannte hier irgendwo herum und sprach mit den Polizisten, er hatte ihn nur noch nicht gefunden.

Komisch, wie eng verknüpft die Wahrscheinlichkeit war, dass Daniel unter den Opfern sein könnte...

Natürlich konnte das nicht der Fall sein, aber es war durchaus möglich. Daniel hatte das bestimmt noch gar nicht eingesehen und ihn deshalb nicht zurück gerufen.

War ihm denn nicht klar, dass er sich Sorgen machen würde?

Daniel schuldete ihm eine gute Erklärung.

Jack biss sich auf die Innenseite seiner Wange. Der Schmerz sollte das wiederkehrende „Was wenn doch?“- Mantra in seinem Kopf beenden. Aber es half nichts.

Nicht einmal der Taubheit tat es einen Abklang.

„Senior.“, sprach der junge Polizist neben ihm, „Wollen Sie nicht nach Ihrem Freund suchen?“

Jacks Kopf schnellte zur Seite.

Richtig, er musste dieses Dilemma beenden um Daniel zu finden und ihm die Meinung zu sagen.

Wie konnte er ihn so lange im Unklaren lassen, es war doch offensichtlich, dass er sich Sorgen machen würde.

Die guten alten Zeiten eben...

Der Polizist führte ihn an dem Leichenwagen vorbei und das Messer in Jacks Magen machte eine 360 Grad Drehung. Alles in ihm verkrampfte sich, es schnürte ihm die Luft ab.

Der blosse Gedanke an die unwahrscheinliche Möglichkeit, dass...

Wo zum Teufel war Daniel?

Sein Atem ging rasend, Schweiß bildete sich auf seiner Stirn. Jacks Mageninhalt wanderte nach oben, seine Hände waren zu Fäusten geballt.

Er überprüfte die Umgebung, sah hier und da einige Polizisten, gelbe Absperrbänder und Blut. Viel Blut.

Er schluckte die bittere Gallenflüssigkeit herunter als er einige Blutspritzer an dem Vorratszelt sah, in dem er sich zuletzt mit Daniel unterhalten hatte.

Das sah nicht nach einem Überfall aus, das war eine Hinrichtung gewesen!

„Kann ich Ihnen helfen, Senior?“, riss ihn ein Mann aus den Gedanken.

Es war ein lokaler Polizist, der die selbe Uniform trug wie der Beamte, der ihn hierher gefahren hatte.

„Ja.“, sprach Jack und schluckte kurz, „Ich suche meinen Freund. Sein Name ist Daniel oder Nicholas Jackson. Er ist hier irgendwo und unterhält sich mit den Behörden.“

Er spürte, wie die beiden Männer hinter seinem Rücken Blicke austauschten, aber er dachte sich nicht viel dabei. Paranoia war das letzte, was er gerade gebrauchen konnte.

„Sir, ich würde Sie gerne bitten, kurz mit mir zu kommen.“

Dieser Satz...diese Floskel machte Jack nervös.

Es war nicht der Ausspruch, „Ja, ich sag ihm, dass sie hier sind.“ oder „Ja, er steht gleich hinter dieser Ecke.“.

Nein, der Mann wollte, dass Jack mit ihm kam.

Wieder spürte er das Messer, fühlte bittere Gallenflüssigkeit in seinem Hals, atmete hastig, um das Übelkeitsgefühl zu unterdrücken.

Aber es würde ihm nicht mehr lange gelingen.

Sein Herz pochte so schnell und hart, Jack wunderte sich, dass es niemand anderes hörte. Er zitterte, hatte sein Hemd mittlerweile durchgeschwitzt, er wurde kurzatmig.

Doch er folgte dem Mann wortlos.

Sie liefen über schlammiges Terrain zu einem der Streifenwagen, dessen Kofferraum als sporadischer Schreibtisch genutzt wurde. Sämtliche Akten türmten sich dort obwohl es danach aussah, als könnte es jede Sekunde wieder anfangen zu regnen.

Der Mann wühlte in einigen Unterlagen herum und Jack fragte sich zum wiederholten Mal, warum er seine Zeit verschwendete.

Schließlich holte er einen blauen Reisepass hervor und schlug ihn auf. Es war Daniels.

„Ist das der Mann, nachdem sie suchen?“

Jack versuchte den Kloss herunter zu schlucken, der seinen Hals verstopfte und ihm vom sprechen abhielt. Also gut, er war offensichtlich entführt worden und die Geiselnehmer hatten die Pässe hier gelassen um zu beweisen, dass die amerikanischen Geiseln in ihrer Gewalt waren. Wie einfallsreich. Deshalb hatten die Medien auch nichts davon berichtet, sie wollten die Geiseln schützen. Warum hatten sie ihm das nicht gleich gesagt?

„Ja.“, brachte er flüsternd hervor und schwor, dass er sich innerhalb der nächsten Sekunden übergeben musste. Er hielt dem Druck nicht mehr länger stand.

„Sind Sie sich absolut sicher?“

„Ja.“

Warum die Fragerei? Ich kann es verkraften, wenn du mir erzählst, dass er entführt wurde!

Der Polizist räusperte sich.

„Ihr Freund ist leider unter den Opfern. Es tut mir sehr leid für Sie.“


weiter: Kapitel 4
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