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Ein Himmel ohne Sterne von Sphere

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KAPITEL 3

Scheschs Funkspruch erreichte die Mjölnir, während Daniel sich gerade auf der Brücke befand. Er vermutete, dass der Botschafter sich lediglich erkundigen wollte, ob die von ihnen gelieferte Ausrüstung gut angekommen war.
Nach einigem Überlegen hatten sich die Tzenk doch bereit erklärt, sie aktiv bei der Reparatur ihres Schiffes zu unterstützen. Sonderlich begeistert war Hermiod wegen der angeblich „miserablen Qualität“ der gelieferten Ware zwar nicht gewesen, verbaut schien das Material aber wohl dennoch zu sein.
„Ich muss euch noch einmal bitten, uns eure Hyperantriebstechnologie zu überlassen“, begann Schesch mit einem Klang in der Stimme, welcher in Daniel sofort alle Alarmsirenen zum Läuten brachte. Mit einem Mal brachte Schesch keine Bitten mehr vor. Er übte sich nicht mehr in endloser, diplomatischer Geduld. Plötzlich stellte er Forderungen und Daniel fragte sich, was diesen Sinneswandel bewirkt hatte.
„Dir ist bekannt, wie wir verblieben sind“, erklärte Thor geduldig.
„Dann lässt du uns leider keine Wahl“, übertönte Scheschs Stimme den Klang der Sirenen in Daniels Kopf. „Es sind Replikatoren in zwei weiteren Städten gesichtet worden. Gemäß der Aussage eurer Freunde teilen sich diese Maschinen nur auf, wenn ihre Zahl bereits extrem groß ist. Wir haben daher keine Zeit mehr. Unsere Welt wird von dieses Wesen überrannt werden! Übergebt uns eure Technik oder wir werden euch vernichten.“
Du Narr! durchfuhr es Daniel. Vor Kurzem erst hatte er sich mit Jack über Funk unterhalten. Er wusste inzwischen, wie schlecht die Aktien tatsächlich standen und war bereits dabei gewesen, Argumente zu formulieren, welche er Thor unter die Nase reiben konnte.
Es ging mit einem Mal nicht mehr um einen vergleichsweise harmlosen Wunsch der Tzenk, sie wollten nicht mehr sozusagen zum Spaß die Galaxien bereisen. Jetzt hing an dieser Fähigkeit ihr blankes Überleben, denn erfolgreich verteidigen konnten sie ihre Welt inzwischen nicht mehr. Sie mussten fliehen.
Vermutlich hätte Thor das sogar eingesehen und schnell seine harte Haltung aufgegeben. Die Asgard waren auf das Wohl der Mehrheit aus und man musste nicht lange rechnen und abwägen, um zu wissen, wie es nach einem vernichteten Planeten um selbiges bestellt war.
Doch die Chance hatte Schesch in diesem Moment verspielt, denn eines wusste Daniel ganz genau: Thor ließ sich zu gar nichts zwingen! Jeder, der es versuchte, würde sich daran die Zähne ausbeißen.
Schesch fuhr fort. „Mir war nicht bewusst, dass meine Delegation während unseres Besuches eine Bombe bei euch deponiert hat. Es hat mich anfangs ziemlich verärgert, aber jetzt bin ich froh darum. Die Bombe enthält Neutronenmaterie, die nur unter hohem Druck stabil ist. In 4,8973 Minuten wird dieser Druck wegfallen und die Neutronen werden freigesetzt. Dem Schiff wird das nicht schaden, aber die Neutronen werden euch alle umbringen, wenn ihr nicht vorher kapituliert.“
Eine energische Geste, welche Daniel Thor gar nicht zugetraut hätte, ließ das Holo verlöschen.
„Daniel Jackson, Teal’c. Ihr seid mit dem Verlauf der Schiffstour von der Delegation vertraut. Aufgrund der kurzen Zeit, die uns gegeben wurde, kann das Versteck der Bombe nicht sonderlich gut sein. Findet sie. Hermiod wird von hier aus die Asgardmannschaften der betreffenden Sektionen instruieren.“ Es war keine freundliche Bitte, was Thor da vorbrachte. Es war ein Befehl.
Teal’c wandte sich sofort um und stürmte davon.
„Ist das nicht zu wenig Zeit“, widersprach Daniel. „Sollten wir nicht besser weiter versuchen mit ihnen zu verhandeln?“
„Überlass das mir.“ Thors leise Stimme duldete keinen Widerspruch und Daniel respektierte militärische Kommandostrukturen inzwischen genug, um in dieser Situation auch keinen weiteren Zweifel verlauten zu lassen. Auch er eilte davon.


* * *


Die Tzenk feierten ihren unverhofften Sieg. Sie tanzten um ihre Toten herum, wogten mit ihren riesigen Leibern umher und stießen trötende Laute aus.
Auf diesem Schlachtfeld kam Jack der Vorgang reichlich makaber vor, ganz zu schweigen davon, dass er die Besatzung der Kommandozentrale der hiesigen Truppen vor sich hatte, die eigentlich Wichtigeres zu tun hatte.
Vermutlich wäre er durchaus in der Lage gewesen, sich Gehör zu verschaffen und dem Einhalt zu gebieten. Doch er tat nichts dergleichen. Er war nicht Daniel, er hatte nie gelernt, sich in die Mentalität anderer Völker hineinzudenken. Dennoch riet sein Instinkt ihm, diese Wesen gewähren zu lassen. Er glaubte zu wissen, dass sie diesen Moment brauchten – und zwar nur diesen Moment.
Carter sah ihn zweifelnd von der Seite an und er registrierte sehr genau jeden ihrer Blicke. Doch behielt er letztlich zu seiner Erleichterung recht. Schon nach wenigen Minuten kehrte Ruhe ein und die überlebenden Tzenk begannen diszipliniert zu den wenigen Liftschächten zurückzukehren, welche nicht durch die Replikatoren zerstört worden waren.
„Na also“, murmelte Jack und wollte sich ebenfalls auf den Weg machen, als ihm ein dicker, runzliger Tentakel, welcher in einer verschlossenen Öffnung mündete, den Weg versperrte.
„Wartet“, hielt Sasss ihn sanft zurück.
Sie verharrten, bis alle, abgesehen von ihnen dreien, das Dach verlassen hatten.
„Ihr werdet feststellen, dass ihr keine Verbindung mehr zu eurem Schiff bekommt.“
Eine lange Sekunde brauchte Jack, bis er die Schwere dieser Aussage begriff.
„O’Neill an Thor...“, sprach er in seinen Helm.
Schweigen. Eigentlich hätte der Anzug die Verbindung sofort herstellen müssen.
„Was ist hier los?“, fuhr Jack den Alien an.
„Die verantwortlichen Stellen scheinen beschlossen zu haben, dass die Technologie eures Schiffes uns nützlicher ist, als eure Hilfestellung. Zur Zeit werden eure Freunde angegriffen. Ich habe den Befehl bekommen, euch festzusetzen.“ Die Worte kamen schnell, aber völlig sachlich und ruhig.
„Aber du hast nicht vor, das auch zu tun“, erkannte Carter.
„Nein“, bestätigte Sasss.
Jack hatte diesen Knoten nie getraut. Dass sie erneut angegriffen, wunderte ihn überhaupt nicht. Dass ausgerechnet der Kerl, welcher sie vor Kurzem noch am liebsten mit einer Atombombe in die Luft gesprengt hätte, nun auf ihrer Seite stand, schon.
„Ich bezweifle, dass ein leistungsfähiger Hyperantrieb oder das Wissen darum uns jetzt noch helfen könnten. Dazu ist es wohl zu spät“, erklärte Sasss verbittert. „Aber selbst, wenn ich mich irre: Mit euch habe ich keinen Streit.“
Der zurückliegende Kampf hatte offenbar mehr Vertrauen geschaffen, als zerstört. Von der Reserviertheit und dem verborgenen Misstrauen von Sasss war nichts mehr übrig.
„Okay, dann hilf uns“, ergriff Jack die Gelegenheit beim Schopf. Sie mussten so schnell es ging zurück zum Asgardschiff.
„Tut mir leid, ihr überschätzt meinen Einfluss. Ich werde jetzt in den Kommandostand zurückkehren und eure Suche anordnen. Es besteht kein Zweifel, dass man euch finden wird.“
„Na toll“, antwortete Jack sarkastisch. „Und wie sieht dein Plan wirklich aus?!“ Das konnte doch nicht sein Ernst sein!
„Mehr kann ich nicht für euch tun.“ Sprach’s und verschwand hinter einer Lifttür, die sogleich hinter ihm zuschnappte.
Jack zerbiss einen Fluch zwischen den Zähnen.
Sie mussten ungesehen von diesem Dach runter. Das war erst einmal das Wichtigste. Wie sie danach durch eine replikatorenverseuchte Stadt voller feindlicher Truppen zu ihrem kilometerentfernten Schiff kommen sollten, mit nichts in der Hand als einer leeren P-90 – darüber konnten sie dann immer noch nachdenken. „Kommen Sie“, winkte er Carter zu den Aufzügen.
„Sir! Halt, warten Sie!“
Er drehte sich zu ihr um.
„Die Straßen sind voller Tzenk“, erinnerte sie hastig. „Die Häuser dagegen werden von ihnen nur betreten, wenn sich darin Replikatoren befinden. Das gleiche gilt für die Dächer.“
„Ihr Punkt, Carter!“
„Wir springen von Dach zu Dach, Sir.“
Unwillkürlich sah Jack hinüber zum nächsten Hochhaus. Es war mehrere Stockwerke höher, als das, auf dem sie sich befanden. Das galt auch für die anderen Nachbargebäude, die er derzeit sehen konnte. Ganz zu schweigen davon, dass Straßen die Häuser voneinander trennten.
Ausgesprochen breite Straßen.
„Die Kraftverstärker dienen den Asgard nur dazu, schwere Gegenstände tragen zu können. Die vergrößerten Versionen in unseren Anzügen sind aber zu weit mehr im Stande“, ereiferte sich seine Wissenschaftlerin weiter. „Ich habe mir die Spezifikationen angesehen, Sir. Wir können das durchaus schaffen!“
„Eigentlich bin ich ja eher ein Fan von Verfolgungsjagden in Autos“, machte er seinem Zweifel Luft.
Doch Carter war jetzt nicht nach Scherzen zumute. Eigentlich war ihr in solchen Situationen nie nach Scherzen zumute. „Sir!“, drang sie in ihn. „Ich glaube, das ist unsere beste Chance.“
„Dann los.“
Hatte er das eben wirklich gesagt?
Sie hatten schon viele verrückte Dinge getan. Aber sowas? Das erschien selbst ihm ein wenig lebensmüde.
Andererseits: Wenn Carter sagte, dass es ging, wenn sie in ihren nie endenden Gedankengängen aufgrund der Gebrauchsanweisung dieser modischen Overalls zu dem Schluss gekommen war, dass es möglich war... dann war das wohl so.
Unbehaglich stellte er fest, sich tatsächlich auf den Absprung vorzubereiten.
„Wir brauchen nicht soviel Anlauf, Sir“, belehrte ihn Carter. „Wenn wir die Leistung der Anzüge unterschätzen, springen wir über das Ziel hinaus.“
Sie sprinteten gleichzeitig los. Der Rand des Daches kam näher, doch es war zu spät, an der eigenen Courage zu zweifeln. Jack stieß sich vom Boden ab und sprang ins Nichts.


* * *


Thors Verstand analysierte die Lage nüchtern.
Die Tzenk standen unter gewaltigem Druck. Einerseits vom rein psychologischen Standpunkt, weil vor Kurzem ihre größten Hoffungen erst erfüllt und dann zerschmettert worden waren. Aber auch durchaus von der Sachlage her, denn es bestand jetzt kein Zweifel mehr, dass den Replikatoren nicht mehr Herr zu werden war.
Dies mündete in Aktionismus. Die Tzenk hatten das Gefühl, handeln zu müssen, gleichgültig ob es vernünftig war oder nicht. Ein in die Enge getriebenes Tier mochte als guter Vergleich dienen.
Unglücklicherweise hatten sie den einzigen Punkt gefunden, an welchem sie ihnen tatsächlich gefährlich werden konnten. Keine ihrer Waffen hätte den Schirm der Mjölnir durchdringen können. Jede gewöhnliche, Hitze erzeugende Explosion innerhalb des Schiffes wäre sofort erkannt und mit Kraftfeldern auf einige wenige Kubikmeter eingedämmt worden.
Die Freisetzung der Neutronen dagegen würden die Sensoren erst bemerken, wenn es zu spät war. Mit einer derartigen Bombe war es äußerst elegant möglich, alles Leben an Bord auf zellularer Ebene abzutöten.
Das Schiff in Besitz nehmen konnten die Tzenk deswegen noch lange nicht. Die Mjölnir würde sich auch ohne Besatzung zu verteidigen wissen und sich notfalls selbst zerstören, um nicht in die falschen Hände zu geraten. Dass solche Vorkehrungen sinnvoll waren, hatten die Asgard inzwischen gelernt.
Natürlich hätte Thor dies Schesch mitteilen können. Doch da es hier bekanntermaßen nicht mehr um Vernunft ging, hielt er dies für nicht sonderlich sinnvoll. Schesch hätte ihm nicht zugehört.
„Die drei Schiffe auf dem Raumhafen sind soeben gestartet, Commander“, meldete Hyrrockin von ihrer Station her. Offensichtlich hatten die eingedrungenen Replikatoren ihre Modifikationen an den Schiffen beendet. „Die Tzenk treffen keinerlei Vorkehrungen, sie mit ihren Zugstrahlen daran zu hindern.“
Die Replikatoren hatten längst erkannt, wie primitiv die Technologie dieser Welt war. Das machte die Mjölnir mit ihrer Technik und ihrem Material erneut zu einem ihrer primären Ziele – und die Tzenk wussten das. Daher verzichteten sie bisher darauf, die Schiffe aufzuhalten. Sie glaubten, sie dadurch noch weiter unter Druck setzen zu können.
Erneut flammte das Holo von Schesch auf. „Es tut mir leid“, bedauerte er. Vermutlich erleichterte ihm diese Doppelmoral sein Vorgehen ungemein. „Aber solltet ihr versuchen zu starten, werden wir gezwungen sein, die Bomben vor Ablauf der Frist fernzuzünden.“
Ein Mensch hätte jetzt sicherlich seine Gedanken daran verschwendet festzustellen, dass er in einer Zwickmühle saß: Entweder er startete und wurde durch einen Schauer von Neutronen getötet – oder er blieb wo er war und fiel den Replikatoren zum Opfer.
Nicht so Thor.
Es gab nur eine logische Wahl. Und die traf er.


* * *

Sam schlug nicht hart auf dem Dach des Hochhauses auf. Ihr Schutzschirm verhinderte, dass sie dieses zu irgendeinem Zeitpunkt auch nur berührte. Die künstliche Schwerkraft innerhalb des Anzuges reagierte schnell und glich die auftretenden Beschleunigungskräfte einfach durch ein Schwerefeld in entgegengesetzter Richtung aus.
Sie schlitterte über den Boden und überschlug sich mehrfach, doch sie spürte davon nicht das Geringste. Alles kam ihr so irreal vor, als würde sie lediglich das Video einer vorbeiwirbelnden Umgebung sehen. Das Ganze hatte etwas von einem Traum, in dem alles geschehen konnte, aber nichts davon – selbst innerhalb des Traumes – Konsequenzen hatte.
Alle Viere von sich gestreckt versuchte sie zum Stillstand zu kommen, doch das Video lief davon völlig unbeeindruckt weiter. Ihr Schwung war einfach zu groß.
Und auf einmal war da kein Boden mehr, über den sie schlitterte.
Auf einmal flog sie auch nicht mehr in einem beabsichtigten Sprung durch die Luft.
Sie fiel dem Boden entgegen, war über die Kante des Hochhauses gestürzt.
Der Instinkt suchte nach der Reißleine eines Fallschirms, den es nicht gab.
Plötzlich holte die Realität sie ein, wurde der Traum zur Wirklichkeit.
Sam schrie auf.

Jack hatte das Gefühl zu fliegen. Es schien, als wären es seine Muskeln, sein reiner Wille gewesen, die ihn in diese Höhe geschleudert hatten. Die Zweifel fielen von ihm ab und wandelten sich Begeisterung.
Immer noch vom Schwung getrieben, bewegte er sich aufwärts, während unter ihm die Straße vorbeizog. Es war eine simple und vorhersehbare Parabelflugbahn, die er durchlief. Er würde genau auf dem angepeilten Dach des Nachbargebäudes landen. Die Sache war perfekt.
Ein Schlag traf ihn von unten und riss ihm die Beine zur Seite.

Der Aufprall presste ihr die gesamte Luft aus den Lungen. Einen Moment lag Sam benommen da, erst dann füllte sich mit einem Keuchen die unnatürliche Leere in ihrer Brust wieder.
Sams ganzer Körper tat einfach nur weh. Dennoch hatte sie den Sturz überlebt. Interessanterweise war ihr erster klarer Gedanke die kühle Feststellung, dass die anzuginternen Projektoren für künstliche Schwerkraft ganz offensichtlich ihre Grenzen hatten. Sie hatten die Wucht des Aufpralls gemindert, aber nicht vollständig absorbiert.
Den Tzenk am Ende der Straße sah sie viel zu spät.
Das Projektil seiner Waffe traf und explodierte mit einer grellen Explosion in ihrem Schutzschirm. Es wirbelte sie herum und schleuderte Sam gegen die Fassade des nächsten Hauses.
Geschützt von dem Anzug brachte sie das nicht um. Doch der helle Blitz hatte sie geblendet und sie litt noch immer unter den Folgen des vorangegangenen Sturzes. Dennoch – oder vielleicht auch gerade weil sie keinen klaren Gedanken fassen konnte, reagierte sie vollautomatisch und warf sich nach vorn.
Die Tatsache, dass eine weitere Explosion ein Loch in die Wand riss, vor der sie eben noch gestanden hatte, bekam sie nur am Rande mit. Ein einzelner Druck auf den Touchscreen der Asgardwaffe an ihrem rechten Unterarm ließ diese zum Leben erwachen. Sam riss den Arm hoch, die Hand flach ausgestreckt. Während die andere Hand noch nach dem Handgelenk griff, um es zu stützten visierte Sam den Tzenk an.
Das Ballen der Faust löste die Waffe aus. Ein hellgrüner Strahl löste sich und traf den schwammartigen Körper genau im Zentrum.
Der Tzenk brach zusammen, schien zu zerfließen und verfärbte sich schwarz.
Heftig atmend stützte Sam die Hände auf die Knie.
Verdammt! Zwar war sie mit dem Leben davongekommen, doch hatte sie den Tzenk nicht töten wollen. Auch wenn dieser das eben mit ihr versucht hatte, verstand sie die Situation noch zu wenig, um derartige Gewalt rechtfertigen zu können. Die grüne Farbe des Strahls, den sie verschossen hatte, bewies eindeutig seine geringe Intensität. Er hätte das Wesen eigentlich nur betäuben dürfen. Wenn die Waffe versehentlich nur ein wenig stärker eingestellt gewesen wäre, dann wäre auch der Strahl grünblau bis blau gewesen. Doch offenbar waren die Tzenk empfindlichere Lebensformen, als es vom Äußeren her den Anschein hatte.
Hastig erhob sie sich wieder und blickte auf. Sie stand inmitten der Straße, welche aus hellgrauem, fast weißen Material bestand und keinerlei Markierungen für etwaige Bodenfahrzeuge aufwies. Um sie herum türmten sich die bekannten Wolkenkratzer auf. Tzenk waren keine mehr zu sehen, aber das würde sich ändern. Es besteht kein Zweifel, dass man euch finden wird, klangen die Worte von Sasss in ihr nach.
Sie blickte auf die Energieanzeige ihres Anzugs. Die Vorräte waren auf 67 Prozent gesunken. Mehr als zwei weitere Treffer aus einem Tzenk-Gewehr sollte sie sich wohl besser nicht mehr leisten.
Seltsam, wie wenig ihr das jetzt erschien, obwohl sie sich bisher mit der Tatsache hatte arrangieren müssen, dass schon eine einzelne Kugel tödlich sein konnte, ganz zu schweigen von einer, die beim Aufprall explodierte.
Sam rannte los. Einfach geradeaus, einfach nur, um Abstand zu ihrer letzten, den Tzenk bekannten Position zu gewinnen.
„Carter!“, erklang eine bekannte Stimme in ihrem Helmfunk.

Jack krallte sich an etwas fest, das eben noch nicht da gewesen war und seiner Ansicht nach mitten in der Luft auch nichts zu suchen hatte.
Es war glatt, schwarz und glatt – hatte er erwähnt, dass es glatt war? Er lag mit dem Bauch mitten darauf und hatte bisher keine Ahnung, was es war, wusste lediglich, dass er im Flug dagegen gestoßen war.
Endlich hatten seine beiden Hände und auch einer seiner Füße etwas gefunden, das ihnen besseren, möglicherweise sogar halbwegs sicheren Halt bot. Vorsichtig stützte er sich auf und betrachtete das Ding unter sich genauer, während er nebenher irgendeine Vertiefung oder einen Vorsprung für den verbliebenen Fuß suchte.
Schließlich erkannte er, was es war. Es war einer der kleinen, eiförmigen Flugapparate, die er schon zuvor gesehen hatte – wenn auch aus einiger Entfernung innerhalb des Stadtpanoramas. Er hatte keine Ahnung, zu was sie dienten. Jedenfalls schien dieser hier automatisch zu fliegen, denn ein Pilot hätte auf einen Zusammenstoß irgendwie reagiert.
Erst jetzt nahm sein Hirn sich wieder die Zeit, auf die Ohren zu achten. Als ob jemand etwas auf einen Anrufbeantworter gesprochen hätte, erinnerte er sich an den Knall und das Keuchen, welche er eben noch vernommen hatte.
Carter! erinnerte er sich und sprach es wohl auch laut aus.
„Colonel! Wo sind Sie?“, erklang die vertraute Stimme aus dem Funkgerät. Rasche und tiefe Atemzüge waren zu hören, vermutlich rannte Carter gerade. „Ich bin vom Dach gefallen und kann Sie nicht mehr sehen.“
In Anbetracht der Tatsache, dass sie nach einem solchen Sturz noch rennen konnte, sparte sich Jack die Sorge.
„Ich steige mitsamt einem dieser fliegenden Eier senkrecht nach oben“, berichtete er und versuchte, dabei halbwegs cool zu klingen. „Wenn Sie von einem Dach fallen können, kann ich dann einfach so abspringen?“
Kurze Pause. „Sie müssen den Schutzschirm ausdehnen und in seiner Stärke abschwächen.“ Ein hastiges Atemholen zwischen den Sätzen. „Wie ein Airbag. Der Schirm wird nachgiebig und Ihr Sturz wird weniger abrupt gebremst.“
Statt Ketzerei zu üben fragte er nur: „Um wieviel muss ich den Schirm abschwächen?“
„Wie hoch ...e, Sir?“
Einen Moment stutzte Jack über den kurzen Aussetzer im Asgardfunk. Dann erinnerte er sich an das Dämpfungsfeld, welches auch die Verbindung zu Thor störte.
Er schielte nach unten. „Etwa zehnmal so hoch wie die Häuser.“ Das war bereits so hoch, dass ihm nicht einmal mehr schwindelig wurde...
Carters Schnaufen verstummte. Er glaubte bereits, dass die Verbindung vollends abgebrochen wäre, doch dann erkannte er, dass sie lediglich stehen geblieben war. Betroffenheit klang aus ihrer Stimme. „Dann... ich nichts für Sie tun, ...ir.“
„Carter?“
Doch die Verbindung war weg.
Auch der Steigflug des schwarzen Dings schien beendet. Jack fürchtete, dass es jetzt seine Reisehöhe erreicht hatte. Von nun an würde es vorwärts statt nur nach oben fliegen.
Er dachte an das Tempo, welches das Flugzeug erreicht hatte, das sie in die Stadt gebracht hatte und plötzlich wurde die Tatsache, dass sein linker Fuß immer noch keinen festen Halt gefunden hatte, wieder zu einem ernsten Problem.


* * *


Ohne merkliche Kraftanstrengung riss die Mjölnir das Erdreich auf, in welches sie sich gebohrt hatte und startete.
Die Replikatoren würden seine Besatzung definitiv töten. Die Tzenk dagegen hatten moralische Skrupel, blufften vielleicht sogar. Das kleinere Risiko war für Thor die logische Wahl. Daher startete er und versuchte den Replikatorenschiffen zu entkommen.
Selbstverständlich griffen die Zugstrahlen der Tzenk sofort zu. Die Maschinen der Mjölnir waren mächtig. Ob sie mächtig genug waren, um das Schiff zu befreien, blieb zweifelhaft. Scheinbar unaufhaltsam folgte die Mjölnir dem Sog, welcher sie auf den ursprünglich von den Tzenk für sie vorgesehenen Landeplatz zuzog.
„Können wir Colonel O’Neill und Major Carter an Bord beamen?“, fragte er einen der Techniker an den seitlichen Stationen.
„Nein. Wir können sie derzeit nicht orten.“
Das verkomplizierte die Lage. Aufgrund der sich nähernden Replikatorenschiffe würden sie nicht in der Lage sein, nach ihnen zu suchen. Thor widerstrebte das ungemein, aber sie würden die beiden wohl vorerst zurücklassen müssen.
Die Mjölnir war nun nahe genug bei den Zugstrahlprojektoren, um von dort größere Materiemengen wegbeamen zu können.
Da Thor von einem Erfolg ausging, beschäftigten sich seine Gedanken nicht mit dem Vorgang, welcher nun ablief: Weiße Transportstrahlen tasteten über die Gebäude des Landefeldes und entmaterialisierten dort die relevanten Projektoren.
Der Sog verschwand und Hyrrockin begann den Steigflug in den Orbit.
„Eines der Replikatorschiffe hat soeben ein Projektil verschossen“, meldete die eben genannte.
Thor hatte keinerlei Zweifel, um was es sich handelte. Er hatte damit gerechnet. Derartige Projektile waren nichts Ungewöhnliches. Sie bestanden vollständig aus Replikatorbausteinen und waren auch nach dem Abschuss noch lenkbar. Da jeder normale Replikator bereits einen Schutzschirm einfach so durchdringen konnte, galt das erst recht für diese Waffe. Zwar bot die dicke, moderne Hülle möglicherweise einen gewissen Schutz. Jedoch würden sich die Bausteine schnell zu mobilen Replikatoreinheiten gruppieren, die danach trachteten das Schiff zu erobern.
„Gegenmaßnahmen“, befahl Thor.

Teal’c hastete kreuz und quer durch die Korridore des Schiffes, rüttelte an Wandverkleidungen, riss an Bodenabdeckungen. Vereinzelt hatte er damit Erfolg und konnte einen Blick in die verborgene Technik werfen. Eine Bombe, irgendetwas, was dort nicht hin zu gehören schien, fand er nicht.
Er folgte dem Verlauf der zurückliegenden Schiffstour. Die Tzenk hatten sich im Schiff nicht ausgekannt und sie hatten wenig Gelegenheit gehabt, die Bombe zu legen. Das Versteck konnte nicht gut sein. Teal’c hätte sich sicher sein können, sie zu finden, wäre da nicht das gnadenlose Verrinnen der Zeit gewesen.
Zeitgleich war er erfüllt von Sorge um seine Freunde, die sich noch immer auf dem Planeten aufhielten. Vor der Bombe mochten sie sicher sein, doch nicht vor den Bombenlegern. Keines der von Teal’c ersonnenen Szenarien, mit was seine Freunde konfrontiert werden könnten, gefiel diesem.
„Teal’c – folge diesem Korridor und wende dich dann nach rechts“, schallte die Stimme eines ihm unbekannten Asgard durch den Gang. Teal’c reagierte sofort und spurtete los. „Wir haben die Bombe aufgespürt. Allerdings ist sie sehr schwer. Du stellst die beste Möglichkeit dar, sie schnellst möglich aus dem Schiff zu entfernen.“
„Warum beamt ihr sie nicht?“, rief Teal’c aus.
„Unsere Transporter vermögen keine entartete Materie zu transportieren.“
Teal’c beschloss, dieses Technobabble einfach zu akzeptieren, selbst wenn es vielleicht sogar Sinn machte.
Der Asgard lotste ihn noch um zwei weitere Korridorbiegungen, dann war Teal’c am Ziel. Zwei Asgard standen vor einer Öffnung in der Wand.
Teal’c sah das Ding sofort. Es war eine dunkelrote Kugel von etwa zwanzig Zentimetern Durchmesser. Er griff danach und hob sie ohne Mühe aus ihrem Versteck.
„Die nächste Luftschleuse befindet sich zwei Decks über dir“, erklang wieder die Stimme seines anonymen Führers, der vermutlich irgendwo vor einem Display mit Karte und Lebensformanzeige saß. „Du musst den Lift benutzten, welcher...“
„Nein“, schnitt Teal’c dem Asgard das Wort entschieden ab. Er hatte einen besseren Plan. „Die Zeit reicht dafür nicht. Zeige mir statt dessen den schnellsten Weg zur Außenhülle.“

Das Auslösen der Gegenmaßnahmen erfolgte automatisch bei der Ortung eines Projektils. Thors Befehl war entsprechend völlig unnötig gewesen. Die Tatsache, dass er ihn dennoch aussprach, deutete auf seine innere Erregung hin.
Zwanzig kleine Luken öffneten sich auf der Hülle der Mjölnir, aus denen Geschütze hervor fuhren und mit hoher Schussrate sofort das Feuer auf das Projektil eröffneten.
Auf dem Hologramm konnte Thor beobachten, wie das feindliche Geschoss getroffen wurde. Er schätzte, dass etwa achtzig Prozent ihrer Schüsse trafen. Allerdings wurde die Energie absorbiert, statt Schaden anzurichten. Nur, wenn das Feuer lange genug andauerte, würden die Replikatorbausteine an die Grenze ihres Aufnahmevermögens kommen. Die Chance, dass dies eintrat, lag erfahrungsgemäß bei 63 Prozent.
Auf dem benachbarten Display ratterte eine Zeitanzeige nach unten. Sie war bis auf Hundertstelsekunden genau, was völlig sinnlos war, da sie den Startzeitpunkt des Ultimatums nicht einmal auf die Sekunde kannten. Nichtsdestotrotz waren es bis zur Explosion der Bombe noch zwei Minuten und ungefähr dreiundzwanzig Sekunden.
Schesch meldete sich wieder. „Solltet ihr euren Steigflug fortsetzen und die Atmosphäre verlassen, werde ich mich gezwungen sehen, die Bombe zu zünden. Haltet ihr dagegen an, werde ich die Replikatoren aufhalten lassen.“
Ein kurzer Gedanke von Thor und das Holo erlosch. Bisher hatte Schesch seine Drohungen nicht wahr gemacht. Es gab dringendere Probleme als ihn und die bestanden nicht einmal in dem Projektil. Thor sorgte sich vielmehr um die Schiffe, welche das Projektil verschossen hatten. Auch sie näherten sich der Mjölnir und er suchte noch immer nach einem Weg, sich ihrem Zugriff zu entziehen.
Thor konnte sehen, dass das Projektil unter ihrem stetigen Beschuss inzwischen begonnen hatte, von innen heraus blau zu leuchten, was darauf hindeutete, dass seine Zerstörung kurz bevor stand. Wenn es in diesem Zustand auf die Hülle traf, würde es in einer verheerenden Explosion vergehen, statt seiner normalen Funktion zu folgen.
Hinter ihnen blieb die Heimat der Tzenk zurück, nicht aber die drei Schiffe, welche sie verfolgten. Die Replikatoren schossen nicht auf sie. Zur Herstellung eines weiteren Projektils hatte es ihnen wohl nicht gereicht und da es sich lediglich um Frachter handelte, waren die Schiffe ansonsten unbewaffnet.
Das Projektil detonierte in lediglich neun Metern Entfernung zum Schutzschild.
„Eröffnet das Feuer auf das Schiff, welches uns beschossen hat“, befahl Thor, keineswegs beruhigt.
Ein bläulich glosendes Hyperenergiefeld löste sich aus dem Heckgeschütz und raste einem der Replikatorenschiffe entgegen.
Ein zweiter Schuss war nicht nötig. Das Schiff verging in einer grell strahlenden Wolke aus sich schnell ausdehnendem Plasma.
Thor hatte also richtig gelegen: Die Herstellung des Projektils hatte die Replikatoren dieses Schiffes derart in Anspruch genommen, dass sie nicht in der Lage gewesen waren, die Schirme zu verbessern.
Natürlich nahmen sie sofort die beiden anderen Schiffe unter Beschuss – und natürlich richteten sie damit keinerlei Schaden an, so dass Thor das Feuer wieder einstellen ließ. Mit der geballten Kraft der drei Buggeschütze hätten sie vielleicht eine Chance gehabt. Aber sie konnten sich jetzt nicht herumdrehen, um sich effektiv gegen die Gefahr zu wehren, welche sich ihnen näherte. Dazu waren sie zu sehr mit dem Beschleunigen in Vorwärtsrichtung beschäftigt.
Gleichzeitig näherte sich die Zeitanzeige auf dem Hologramm bedenklich schnell der Null.

Teal’c raste den Korridor entlang, in den Händen eine Bombe, welche O’Neill zweifelsohne als tickend beschrieben hätte. Er wollte gar nicht wissen, wie schnell sie detonieren würde, denn er konnte keinesfalls noch schneller rennen und ob sie in seiner Hand oder in zehn Metern Entfernung von ihm zündete, spielte keine Rolle.
„Ihr werdet mit euren Transportern eine Öffnung in der Hülle des Schiffes schaffen“, erklärte er dem Asgard seinen Plan.
Die Bombe musste lediglich den Schutzschirm der Mjölnir verlassen. Teal’c war zuversichtlich, dass er sie so weit werfen konnte.
„Du verlangst, dass wir unser eigenes Schiff beschädigen“, wandte der Asgard ein. Teal’c hatte nichts anderes von diesem Wesen erwartet.
„Korrekt“, schnaufte er grimmig.
Die Tatsache, dass der Korridor in einer Sackgasse endete, legte nahe, dass er sein Ziel erreicht hatte.
Ehe Teal’c die Wand jedoch erreichte, wirbelte er herum. Völlig lautlos hatte sich ein Schott hinter ihm geschlossen. Wüsste er es nicht besser, hätte er sich wie in der Falle gefühlt.
„Lege die Bombe vor die Außenhülle.“
Teal’c ignorierte das Schott hinter sich und tat wie geheißen.
Die rote Kugel blieb jedoch nicht an Ort und Stelle, sondern rollte von der Wand fort, auf ihn zu.
„Wir befinden uns im freien Raum. Der Sprengkörper wird der entweichenden Atmosphäre folgen.“
Hastig rollte Teal’c die Bombe über den wohl nicht ganz ebenen Boden an die Wand zurück, befreite sich aus der SG-Weste, die er über dem Raumanzug trug und warf sie auf die Kugel, damit sie vorerst an Ort und Stelle blieb.
„Ich bin soweit.“
Vor ihm begann die Wand im gleißenden Licht des Asgard-Transporters zu erstrahlen.
Er jedoch wurde nicht gebeamt.
Soweit hätte der Asgard doch noch mitdenken können! Teal’c wollte eigentlich nicht mit der Bombe nach draußen befördert werden.
In Gedanken einen ziemlich harten Jaffa-Fluch ausstoßend, hieb Teal’c auf den Schalter für den Helm.


* * *


„Colonel?“, fragte Sam, obwohl sie schon vor dem Ausbleiben der Antwort wusste, dass die Verbindung bereits abgebrochen war.
Sam bezweifelte, dass O’Neill es schaffen würde, sich an einem fliegenden Flugzeug festzuhalten. Daher kostete es sie einiges an Überwindung, ihren Lauf wieder aufzunehmen. Selbst, wenn sie weiter stehen geblieben wäre, hätte sie nichts ändern können.
Sie selbst war bisher nicht weiter bedroht worden. Dem Frieden trauen tat sie deswegen jedoch nicht. Daher hielt sie es für besser, zu ihrem ursprünglichen Plan zurückzukehren und von Dach zu Dach zu springen.
Sam zögerte nicht lange und wandte sich dem nächst besten Hochhaus zu. Es war ihr egal, ob das Durchsichtige vor ihr Wand oder Tür war. Sam rannte hindurch als wäre es Papier. Das Sicherheitsglas zerfiel in winzige Bröckchen.
Danach wieder vor einem der Lifts zum Stehen zu kommen, war weit mühsamer, aber etwas, das sie gerade so noch schaffte.

Mit gespenstischer Langsamkeit entglitt der Vorsprung, den Jack umklammerte, seinem Griff. Da entwickelten seine behandschuhten Hände größere Kräfte, wie kein Mensch sie hätte aufbringen können und dennoch reichte es nicht aus, der vorbeiströmenden Luft zu trotzen, die an seinem Körper riss. Es war zum Verzweifeln!
Vorsichtig bewegte er die Finger, um nachzufassen, doch hätte es beinahe damit bezahlt, völlig abzurutschen. Der Schutzschirm, der ihn umgab, schmiegte sich einfach nicht so gut an das Material an wie es die bloßen Handschuhe getan hätten. Außerdem war der Schirm ziemlich glatt, was nicht gerade hilfreich war. Abschalten konnte er das Ding in dieser Atmosphäre jedoch nicht.
Verzweifelt spähte Jack in die Tiefe unter sich.
Und auf einmal war da wieder ein Hoffnungsschimmer.
Da war kein harter Grund mehr unter ihm. Das Fluggerät hatte das Meer erreicht, an dessen Küste die Stadt lag.
Warten, bis es sein Ziel erreichte, konnte Jack unmöglich. Also lieber hier und jetzt springen, als auf hoher See wie ein welkes Blatt abgeworfen zu werden, das sich im Scheibenwischer eines Autos verfangen hatte.
Jack erinnerte sich an Carters Worte. „Hey, Anzug. Dehn den Schutzschirm so weit es geht aus.“
„Bestätigt“, erklärte der vermeintliche Asgard hinter dem Lautsprecher. Tatsächlich dehnte sich der Schirm überall dort aus, wo Jack nicht unmittelbar am Flugzeug auflag.
„Schwäche den Schirm ab.“ Er warf geistig eine Münze. „Um die Hälfte.“
„Die gewünschte Prozedur wird nicht empfohlen.“
„Sch... Schande“, schimpfte er und fragte sich, ob es die Formulierung Schande drauf überhaupt gab. „Tu es einfach! Okay?!“
Als ob der Asgard ihn ärgern wollte, nahm er sich diesmal einen Augenblick Zeit, bis er das „Bestätigt“ herausrückte.
Jack zögerte. „Und komm mir bloß nicht auf die Idee, wegen irgendeinem Notfallprogramm an den Einstellungen was zu ändern, wenn ich jetzt gleich loslasse!“
Erneut sah er nach unten.
Wie das Springen aus einem Flugzeug, dachte er.
Und handelte entsprechend.
Schlagartig löste er den Griff.
Die Luft packte ihn wie die Hand eines Riesen und wirbelte ihn davon.

Sie landete, wo sie landen wollte. Rollte ab, kam zum Stillstand und wieder auf die Beine. Die verbleibende Entfernung zur nächsten Häuserkante reichte locker als Anlauf für den nächsten Sprung.
Es war reine Übungssache. Inzwischen sprang Sam mit einer Selbstverständlichkeit und Sicherheit von Dach zu Dach, als hätte sie ihr Leben lang mit nichts Anderem zugebracht. Sie kam gut voran und war bisher nicht weiter behelligt worden.
Bisher.
Mitten im Flug hörte sie Schüsse und sah nach unten. Eine kleine Gruppe von Tzenk stand auf der Straße und schoss nach oben. Ein bewegtes Ziel trafen sie auf diese Entfernung jedoch nicht. Der eingeblendete Balken für die Schirmauslastung blieb an Ort und Stelle.
Sicher landete sie auf dem nächsten Dach, rannte dort aber nicht geradeaus, sondern schlug einen Haken und sprang in Richtung des Gebäudes links von ihr.
Ihre Hoffnung, die Tzenk würden ein hinreichend schlechtes Timing an den Tag legen, dass sie ihnen nie auf einem Dach begegnen würde, erfüllte sich nicht. Sie wurde bereits erwartet. Die beiden Tzenk zielten genau dort hin, wo sie landen würde und Sam verfluchte die Tatsache, dass es nichts gab, was ihre Flugbahn nennenswert hätte verändern können.
Sie traf den Boden und die beiden Projektile sie.
Die Wucht der Explosionen schleuderte sie rückwärts, dorthin, wo der feste Boden irgendwann auch wieder aufhörte.
Sie bekam die Kante des Dachs zu fassen und hielt sich daran fest.
Die Beine baumelten nach unten, ihre Augen schmerzten und sie stand schon wieder kurz davor, von einem Hochhaus zu fallen.
Ein Blick auf die Energieanzeige legte ihr jedoch nahe, dass ein Sturz diesmal keine Option darstellte. Die Vorräte waren durch die beiden Treffer praktisch erschöpft.
Über der Kante tauchten zwei bedrohliche und ziemlich große Silhouetten auf. In der jetzigen Situation schien ihr der Vergleich dieser Wesen mit wandelnden Schlangengruben für angebracht.
„Geben Sie auf.“ Jetzt, wo die beiden Tzenk sich überlegen und in Sicherheit fühlten, schienen sie wieder zu einer weniger aggressiven Sprache zurückgefunden zu haben.
Doch so hilflos, wie Sam in diesem Moment wirken musste, wie sie so am Abgrund hing, war sie keineswegs.
Sie schnellte sich nach oben. Der Beton bröckelte unter ihr weg, doch da hatte sie bereits genug Schwung. In hohem Bogen flog sie über ihre Häscher hinweg, überschlug sich mehr ungewollt, als in einem eleganten Salto, landete dafür aber sicher auf beiden Beinen.
Die beiden weiteren Tzenk, vor denen sie zum Stehen kam, waren zuvor noch nicht da gewesen.
Sam riss den Arm mit der Waffe hoch.
Doch der kurze Moment, in dem sie eine Chance zu schießen gehabt hätte, verstrich, ohne dass sie etwas unternahm. Dann hatten sich auch schon die beiden Wesen hinter ihr umgewandt. Sie war umzingelt.
„Die Waffe nach oben richten“, befahl einer der Tzenk.
Sam tat wie geheißen und hob die Arme.
Aber nur, weil sie nicht bereit gewesen war zu töten, hieß das noch lange nicht, dass sie auch bereit war, sich gefangen nehmen zu lassen.
Langsam schloss sich der Kreis um sie. Schließlich waren die Tzenk nahe genug.
„Computer“, flüsterte sie. „Die Kraftverstärker für 15 Sekunden auf ein Drittel reduzieren.“
Dann griff sie an. Ein Satz nach vorne. Sie rammte die Ellenbogen in die beiden übergroßen Knoten vor ihr. Ein hässliches Geräusch erklang und sie spürte, dass irgendetwas unter ihrem Schlag nachgab. Die beiden Getroffenen sackten zusammen. Sie wirbelte herum, schlug mit der Faust gegen den einen und mit dem Fuß gegen den anderen Gegner. Die beiden schlitterten auf die Hauskante zu, blieben aber davor liegen.
Getrieben vom eigenen Schwung vollendete Sam den Kreis und rannte wieder los. Was sie mit vollen Kraftverstärkern angerichtet hätte, wollte sie gar nicht wissen.
Der Abgrund kam näher. Im gleichen Moment, in dem sie realisierte, dass sie zu langsam war, um den Absprung zu schaffen, sprangen die Verstärker wieder auf volle Leistung und katapultierten sie aus der Gefahrenzone.


* * *


Es dauerte einen Moment, bis Teal’c sich neu orientierte. Er war aus dem Korridor direkt auf die Brücke gebeamt worden. Innerlich leistete er dem eben noch verfluchten Asgard-Techniker Abbitte.
Teal’c blickte auf die Aneinanderreihung von Holo-Displays. Der Countdown zeigte Null-Komma-irgendwas Sekunden an, erreichte die Null und begann negative Zahlen zu zählen. Schnell glitt Teal’cs Blick über die anderen Displays und fand das Bild einer Kugel, welche scheinbar immer schneller werdend hinter dem Schiff zurückblieb.
Die Bombe hatte das Schiff verlassen, war aber nicht explodiert.
Für einen kurzen Moment erstrahlte der Schirm der Mjölnir in tiefblauem Licht.
„Dieser Neutronenschauer hätte ausgereicht, uns alle zu töten“, erklärte Hermiod sachlich.
Die von der „Explosion“ völlig unbeschadete Hülle der Bombe wurde kleiner und verschwand schließlich.
„Commander, ich habe eine ungewöhnliche Feststellung gemacht“, meldete sich die Navigatorin. „Die Replikatorenschiffe beschleunigen etwas langsamer als wir.“
Thor hatte bis eben nachdenklich in seinem Sessel gesessen. Die Explosion der Bombe schien er kaum mitbekommen zu haben, vermutlich ganz nach dem Motto, was ich nicht beeinflussen kann, muss mich auch nicht aufregen. Doch jetzt ruckte sein Kopf nach oben.
„Dann haben wir eine Chance“, stellte er fest. „Hyrrockin, setze Kurs auf die Sonne.“

Daniel hatte das untrügliche Gefühl, dass die vergangenen Ereignisse an ihm vorbeigezogen waren, ohne dass er sie irgendwie hätte beeinflussen können.
Wie ein Irrer war er durch die Mjölnir gehetzt und hatte versucht zu ergründen, wo er die Bombe deponiert hätte. Er hielt den Kopf gerade in eine Wartungsluke gesteckt, als eine Stimme erklang, die nicht aus einem Lautsprecher kam, sondern von überall und nirgends zu kommen schien.
„Du kannst deine Bemühungen einstellen, Dr. Jackson“, erklärte Hyrrockins projizierte Stimme. „Teal’c hat die Sprengvorrichtung aus dem Schiff entfernt.“
Nicht ohne Erleichterung ließ Daniel von seinem Tun ab und richtete sich wieder auf.
Hyrrockin war eine Asgard, deren Höflichkeit bei früheren Gelegenheiten kaum ihr ungewöhnlich ausgeprägtes Interesse an der modernen Menschheitsgeschichte hatte kaschieren können. Sie hatten darüber längere Gespräche geführt. Jetzt weihte sie ihn während seines Rückwegs zur Brücke in das ein, was er verpasst hatte. Obwohl zur Zeit sicherlich mit dem Steuern des Schiffes beschäftigt, nahm sie sich nebenher die Zeit dafür. Je mehr Daniel allerdings hörte, desto schneller wurden seine Schritte.
Die letzten Meter legte er rennend zurück, dann betrat er endlich die Brücke. Teal’c war tatsächlich dort anwesend. Mit einem Nicken und freundlichen Lächeln bedankte sich Daniel bei der Navigatorin. Dann wandte er sich eilig Thor zu.
„Daniel Jackson“, kam dieser ihm zuvor. „Wie ich bereits Teal’c sagte, sind wir euch äußerst dankbar für euren Beitrag zur Rettung der Besatzung!“
„Jajajaja“, sprudelte es aus ihm hervor. „Aber ihr habt Jack und Sam auf dem Planeten zurückgelassen! Wir müssen zurück und sie holen!“
„Das ist richtig“, gab Thor zu.
Daniel fürchtete bereits, dass Thor glaubte, damit wäre alles gesagt, als dieser bedauernd fortfuhr: „Leider werden wir zur Zeit von zwei Schiffen der Replikatoren belagert. Eine Rückkehr zum Planeten ist daher zur Zeit nicht möglich.“
Erst jetzt blickte Daniel auf die Holodisplays und sah, dass er nichts sah. Nichts, außer einer grellen, blauweißen Fläche.
„Wir befinden uns zur Zeit in der Fotosphäre des Zentralgestirns dieses Sonnensystems“, erklärte ihm Thor.
Auf einmal erschien Daniel die Brücke viel heißer als zuvor. „Und du glaubst, dass die Replikatoren uns hierher nicht folgen?“, fragte er skeptisch.
„Das spielt keine Rolle“, erwiderte der Asgard. „Die Fotosphäre ist die Oberfläche der Sonne. Die Dichte ist hier um vieles größer als in den höher gelegenen Schichten. Hier entsteht außerdem die Strahlung, welche der Stern nach außen abstrahlt. Die Replikatoren können uns nicht finden. Ihre Sensoren werden von unserer Umgebung geblendet.“
„Und das weißt du sicher?“, hakte Daniel nach.
„Wir sind Asgard“, erklärte Thor selbstbewusst. Dann fuhr er fort: „Auch wir würden im Übrigen geblendet werden, wenn wir nicht außerhalb der Sonne Sensor- und Funkdrohnen abgesetzt hätten.“
Auch gut, dachte Daniel. Das Ganze sollte jetzt nicht sein Problem sein. „Was ist mit dem Frachtschiff?“, kam ihm eine Idee. „Es hat eine Tarnvorrichtung. Wir könnten uns damit an den Replikatoren vorbei schleichen.“
„Auch unsere Schiffe verfügen über einen umfangreichen Ortungsschutz. Dennoch konnten uns sowohl die Tzenk, als auch die Replikatoren aufspüren.“
„Ja“, gab Daniel zu. „Aber nur, weil wir eure Schiffe von der Erde aus nicht orten können, sind sie noch lange nicht unsichtbar
Einen Moment schwieg Thor. „Das ist eine dumme Idee, Daniel Jackson.“
Daniel setzte bereits zu einer leidenschaftlichen Erwiderung an, doch dann verstand er, was Thor damit sagen wollte. „Das heißt, du bist einverstanden?“
„Ja.“
Ein Lächeln stahl sich auf Daniels Gesicht.
„Um diesen Plan durchführen zu können, benötigen wir einen Asgard-Transporter an Bord des Frachtschiffes“, warf Teal’c sofort ein.
Thor wandte sich an Hermiod. „Wie lange benötigen deine Techniker für den Einbau?“
„Etwa zwanzig Minuten.“
„Du hast zehn.“
Hermiods Lippen bewegten sich, doch kein Laut drang aus ihnen hervor.


* * *


„Arrrgh!“
Jack erwachte mit einem Aufschrei und hätte sich zusammengekrümmt, wenn er dazu in der Lage gewesen wäre. Er tastete nach seiner Brust, doch die Bewegung erlahmte, bevor sie richtig in Gang kam. Also ließ er es und horchte in sich hinein.
Jeder Atemzug schmerzte. Doch eine gebrochene Rippe fühlte sich anders an.
Auch das Schädelweh war mit etwas Glück keine Gehirnerschütterung.
„Schadensbericht“, erklang die gefühllose Stimme des Anzuges. „Interne Reparaturmechanismen: ausgefallen. Kraftverstärker: ausgefallen. Externe Sensoren: beschädigt. Projektoren für künstliche Schwerkraft: beschädigt. Der Schutzschirm ist weiterhin einsatzbereit und wurde nach dem Aufprall der Körperform angepasst.“
Jack ließ die Worte einen Moment auf sich wirken. Es war dunkel um ihn und er wusste immer noch nicht, warum er sich nicht bewegen konnte. Erneut versuchte er es.
„Was zur Hölle ist das?“, fragte er.
„Polyschwefelsäure“, erklang erneut die Stimme des nervigen Asgards. „Bestehend aus Molekülketten mit Längen zwischen...“
„Was?!“
„Polyschwefelsäure. Bestehend aus...“, wiederholte die Maschine. Ganz offensichtlich handelte es bei dem Automaten nicht um Carter, die sich halbwegs verständlich ausdrückte, wenn man sie einmal kräftig schüttelte. Der Computer ratterte weiter seine chemische Analyse herunter und Jack verstand kein Wort. Als er schließlich in die Asgardsprache abglitt, brachte Jack ihn harsch zum Schweigen. Das hatte so keinen Sinn. Er musste versuchen in seiner eigenen Sprache zu denken.
Erneut bewegte er den Arm. Er stieß auf Widerstand und Jack verstärkte den Druck. Es war, als ob er durch Öl glitt. Er war umgeben von irgendeiner zähen Masse!
„Na toll“, schimpfte er. „Und jetzt?“
Er hatte nicht mit einer Antwort gerechnet. Dennoch kam sie. „Die Oberfläche ist etwa zwei Meter entfernt. Die Grenzschicht zur Phase aus Monoschwefelsäure etwa dreißig Zentimeter unterhalb der derzeitigen Position.“
Zwei Meter. Es hätte ebenso gut ein Kilometer sein können.
Aber andererseits: Was wollte er an der Oberfläche? Es war nicht so, dass er nach Luft hätte schnappen müssen und auf einem Meer aus Öl konnte er ebenso wenig schwimmen wie darin.
Was war das zweite, was die Maschine von sich gegeben hatte?
„Hey, Klugscheißer,“ rief Jack. „Das Zeugs unter mir – ist das sowas wie Wasser?“
Die Stimme des künstlichen Asgards klang ein bisschen so wie ein Butler, der vergeblich versuchte zu verbergen, was für ein Depp sein Herr war. „Nein.“
Schon klar. Sie beiden redeten nun mal verschiedene Sprachen. „Kann ich da drin schwimmen?“, stellte Jack die Frage anders.
„Wahrscheinlich.“
Das war doch was! Also abwärts.
Jack begann mit den Armen zu rudern, schaffte es schließlich einen Zug zu vollenden und wiederholte es ein weiteres Mal.
„Hab ich mich bewegt?“, vergewisserte er sich. Das Zeug war wirklich zäh.
„Ja.“
„Und in welche Richtung?“, Musste er dem Ding eigentlich alles aus seiner nicht-vorhandenen Nase ziehen?
„Nach hinten“, kam die leidenschaftslose Antwort.
„Oh!“
Daran würde er noch arbeiten müssen.

Sam war noch nicht auf dem Dach gelandet, da meldete sich ihr Anzug zu Wort.
„Warnung. Die Energievorräte sind nahezu erschöpft. Der Schutzschirm...“
Sie landete und rollte sich ab.
„...ist aufgrund des hohen Außendrucks absolut notwendig. Es wird empfohlen, alle nicht notwendigen Systeme zu deaktivieren.“
Sam reagierte sofort. Statt zur nächsten Häuserkante zu rennen, wandte sie sich den allgegenwärtigen Lifts zu.
„Schalte alles nicht-notwendige bis auf das Funkgerät ab“, befahl sie.
Der Lift brachte sie zurück ins Erdgeschoss. Durch die gläserne Wand waren keine Tzenk zu sehen. Vermutlich hatten sie sich inzwischen alle auf den Dächern zusammengerottet.
Sam rannte gegen die Scheibe, prallte mit voller Wucht dagegen und wurde zurückgeschleudert.
Diesmal spürte sie etwas. Und wie!
Sie wollte sich mit der Hand an die schmerzende Stirn fassen, doch der Helm war im Weg.
Keine Superkräfte mehr, hämmerte sie sich ein und kam wieder auf die Beine.
Doch vielleicht hatte sie Glück im Unglück gehabt. Durch die Scheibe erspähte sie zwei Tzenk, welche die Straße entlang krochen und die sie zuvor nicht hatte sehen können.
Schnell wich sie zurück und drückte sich gegen die Wand.


* * *


Zum ersten Mal hatte Daniel Asgard in Eile gesehen.
Wohlgemerkt Eile, keine Hektik. Sie hatten schnell gearbeitet, aber immer noch hochkonzentriert und mit traumwandlerischer Sicherheit. Jeder Handgriff hatte gesessen, während sie den Geräteblock, welcher das Beamen ermöglichen sollte, in das Frachtschiff montiert hatten.
Doch obwohl Daniel dieses Ballett rasanter Präzision mit eigenen Augen gesehen hatte, war es ihm nicht schnell genug gegangen. Die Zeit hatte ihm unter den Nägeln gebrannt, denn er wusste, dass seine Freunde in Gefahr waren. Und sie brannte noch immer, obwohl sie inzwischen längst unterwegs waren.
Die Replikatorenschiffe hatten sie dank ihrer Tarnung tatsächlich nicht bemerkt.
Obwohl diese Goa’uld-Frachtschiffe in unbeladenem Zustand wahnsinnig schnell waren, dauerte die Reise durch ein Sonnensystem mit Unterlichtgeschwindigkeit nun mal Zeit. Zeit, die unter den Nägeln brannte!
„Sollten wir nicht versuchen, sie über Funk zu erreichen?“ Daniel rutschte nervös auf dem unbequemen Sessel umher, während Teal’c das Schiff steuerte.
„Laut Thor hat zuletzt ein Dämpfungsfeld den Funkkontakt unterbrochen.“ Obwohl Daniel dieser Einwand ganz und gar nicht gefiel, wirkte Teal’cs ruhige Stimme wie ein Fels in der Brandung. Zwar wäre ein Asgard ebenso ruhig wie Teal’c geblieben, doch hätte die Kälte seiner Aussage Daniel eher noch mehr aufgewühlt.
„Aber Probieren kostet nichts.“
Teal’c hob die Augenbraue und warf ihm einen nachdenklichen Blick zu.
„In der Tat.“
Also lehnte sich Daniel nach vorn und drückte den etwas klobigen Schalter für das Funkgerät nach unten. „Jack, Sam! Könnt ihr mich hören?“, funkte er ins All hinaus.
„Hey, Leute. Ihr habt euch aber Zeit gelassen!“, erklang eine sarkastische Stimme aus den Lautsprechern.
„Colonel!“, gesellte sich eine zweite Stimme dazu. „Wie geht es Ihnen?“
„Alles bestens. Ein bisschen hungrig vielleicht... Warum hat mir keiner gesagt, dass der Funk wieder funktioniert?“
„Vermutlich haben wir das Dämpfungsfeld inzwischen verlassen, Sir.“
Daniel schloss aus dem Gespräch der beiden, dass sie noch in Freiheit, aber getrennt worden waren. „Wo seid ihr?“
„Verdammt...“, murmelte Sam kaum hörbar.
„Carter?“, erklang O’Neills Stimme. Als darauf keine Antwort kam: „Andere Frage: Daniel, wo sind Sie?“
„Wir sind mit dem Frachtschiff auf dem Weg zu euch“, erklärte Daniel hastig. „Die Tarnung funktioniert und wir haben einen Asgard-Transporter an Bord.“
„Wenn das so ist“, keuchte auf einmal Sam. „Dann wäre jetzt ein guter Moment.“
So gut schien es ihnen da unten wohl doch nicht zu gehen, erkannte Daniel. Es klang ganz so, als hätte Sam eben damit begonnen, um ihr Leben zu rennen.
Er sah aus dem Fenster. Der Planet hatte inzwischen die Größe eines Tennisballs erreicht, den man mit ausgestrecktem Arm betrachtete. Doch soweit reichten die Asgard-Transporter nicht.
„Können wir schneller fliegen?“, fragte er daher Teal’c.
„Im Gegenteil, Daniel Jackson. Wenn wir nicht langsamer werden, rasen wir am Planeten vorbei.“
„Aber das macht doch nichts“, widersprach Daniel. „Wir müssen sie nicht suchen, es reicht, wenn wir nahe genug kommen, um sie während des Vorbeiflugs hochzubeamen.“
„Dann geht es schneller“, bekundete der Jaffa und schob die rote Steuerkugel ein Stück nach vorn.
„Sam, haben Sie gehört? Wir beeilen uns, brauchen aber noch ein bisschen.“ Doch von der Angesprochenen kam keine Reaktion. „Sam?“, fragte Daniel auf einmal in Sorge, etwas Wichtiges verpasst zu haben.
„Ja, ja!“, beruhigte sie ihn und machte gleichzeitig deutlich, dass er sie in Ruhe lassen sollte, wenn er ihr schon nicht helfen konnte.
„Daniel, tun Sie, was notwendig ist, aber mich werden Sie nicht hochbeamen“, erklang wieder Jacks Stimme.
Daniel runzelte die Stirn. „Wie bitte?“
„Das erklär ich ihnen später, jetzt holt verdammt noch mal Carter da raus.“
Der Planet war inzwischen um einiges in seiner Größe angeschwollen. Daniel sprang auf und eilte in den Frachtraum. Zwischen geplünderten Munitionskisten und nicht weit vom Ringtransporter entfernt stand etwas, das wie ein Rednerpult aussah, aber in Wirklichkeit eine Menge Asgardtechnik beherbergte.
Auf einem kleinen Display leuchteten die Namen von ihnen vier, da alle ihre Anzüge mit Sendern markiert waren. Die Namen O’Neill und Carter waren in asgardschem blutgrau gefärbt, da die beiden noch zu weit zum Beamen entfernt waren.
Daniel schob einen „Stein“ – er kam sich bei Benutzung dieses Begriffs stets wie ein Steinzeitmensch vor, doch ein besseres Wort fiel ihm nicht ein – neben den Namen Carter und wartete.
Aus dem Funk drang jetzt nur noch der heftige Atem von Sam. Es gefiel Daniel gar nicht, sozusagen daneben stehen zu müssen, ohne dabei irgendwie eingreifen zu können.
Auf einmal färbten sich auch die verbliebenen Namen blau. Hastig gab Daniel die entscheidende Symbolfolge in das Gerät ein. Für einen kurzen Moment erstrahlte der Frachtraum in grellem Licht.
Sam stolperte und wäre fast zu Boden gegangen. Kein Wunder, wenn man im vollen Lauf durch den Transporter plötzlich zum Stehen gebracht wurde. Die Flüssigkeit im Gleichgewichtsorgan tat dann Dinge, die nichts mehr mit der Wirklichkeit zu tun hatten. Sam sah Daniel gehetzt und aus großen Augen an.
„Danke“, seufzte sie. „Das war knapp.“
Daniel lächelte zufrieden.
Ohne weitere Umschweife ging sie steifen Schrittes ins Cockpit und stützte sich mit den Armen an der Lehne des unbesetzten Sessels ab. Daniel folgte ihr. Der Blick aus dem Fenster zeigte ihm, dass Teal’c bereits mit dem Schiff kehrt machte und zum Planeten zurückkehrte.
Sam nahm sich nur einen Moment Zeit, um zu Atem zu kommen. „Sir, warum sollten wir Sie nicht ebenfalls hochbeamen?“
„Herbert meinte doch, wir sollten uns nach diesem Geheim-Internet umsehen“, erinnerte Jack. „Nun, wisst ihr, ich schwimme hier in einem Meer aus Schwefelsäure... Ach, übrigens danke, Carter, dass Sie mich darauf hingewiesen haben, was für ein zäher Kleister da oben drauf schwimmt!“
„Ich wollte Sie nicht langweilen, Sir.“ Die hochgezogenen Brauen und ihr Gesichtsausdruck verdeutlichten jedoch nur allzu deutlich, dass auch ihr das neu war. Als sie bemerkte, dass Daniel es gesehen hatte, legte sie mit einem Stillen Schhh den Finger auf den Mund. Daniel quittierte es mit einem Grinsen. Es würde Jack nicht schaden, wenn er Sam öfter zuhören würde.
„Ja... wie auch immer. Jedenfalls hat der Klugscheißer in meinem Anzug eine Leitung gefunden, die am Grund des Meeres entlangläuft. Vermutlich genau so eine Datenleitung, wie wir sie brauchen.“
Als Hermiod vorgeschlagen hatte, die Tzenk auszuspionieren, hatte Daniel noch gehofft, dass dies nicht nötig sein würde. Doch nun, nachdem sie wohl wieder Feinde waren, schienen sie wohl kaum eine andere Option zu haben, als die Position für Projektoren des Fischernetzes in Erfahrung zu bringen und diese dann auszuschalten. Insofern war der Fund von Jack genau das, was sie jetzt brauchten.
„Das Problem ist, dass der Klugscheißer meint, man könnte nur in einer Verstärkerstation das Kabel anklemmen“, fuhr Jack fort. „Und da mir der gesunde Menschenverstand sagt, dass es eine gute Idee wäre, eine solche Station am Ufer anzubringen und nicht unter Wasser, schwimme ich jetzt zum Ufer.“
„Wir könnten dich direkt dorthin beamen“, warf Teal’c ein.
„Klar. Und wie finden wir die Station, wenn ich dem Kabel nicht folge?“, kam es sarkastisch zurück.
„Könnten wir das nicht mit den Sensoren erledigen?“, schlug Daniel vor.
„Nein“, erwiderte Sam sofort. „Die Sensoren eines Frachters leisten so etwas nicht.“
„Sag ich doch! Dann lasst mich mal weiter schwimmen. Ich rufe an, wenn ich gut angekommen bin...“


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