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Ein Himmel ohne Sterne von Sphere

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KAPITEL 2

Dumpfe Befriedigung erfüllte den Oberkommandierenden der Asgardflotte. Die Replikatoren hatten vollständig das Schiff verlassen. Das zumindest hatten nicht nur die akribischen Durchsuchungen ergeben, sondern wurde auch von den inzwischen wiederhergestellten internen Sensoren bestätigt.
Sie waren gerade noch einmal davongekommen, hatten nicht gesiegt, weil sie überlegen gekämpft hatten, sondern allein, weil ihnen der Zufall zur Hilfe gekommen war.
Begeisterung, gar Euphorie darüber, konnte Thor jedoch nicht in sich fühlen. Früher, als er noch jung gewesen war und über ein für sein Volk stark ausgeprägtes Gefühlsleben verfügt hatte, wäre das vielleicht noch anders gewesen. Doch diese Emotionen hatten nicht nur dafür gesorgt, dass ihm seine Artgenossen mit einer gewissen Skepsis gegenübergetreten waren, sondern hatten ihm auch sonst mindestens so viele Schwierigkeiten eingebracht, wie sie ihm von Vorteil gewesen waren.
Heute, an die fünfzehntausend Jahre später, war er ruhiger geworden und – wie er trotz aller Bescheidenheit zu behaupten wagte – auch weiser.
Die Replikatoren waren ein vergleichsweise junges Phänomen. Dennoch hatten sie innerhalb von nur eineinhalb Jahrtausenden die Asgard an den Rand der Vernichtung geführt. Milliarden waren der Gier nach Rohstoffen zum Opfer gefallen.
Doch die Toten waren nicht das Problem! Das Ende einer Zivilisation kam gewöhnlich schon lange bevor das Volk ausgestorben war.
Trotzdem hasste Thor die Replikatoren sowenig wie er die Goa’uld hasste. Alles andere wäre kindisch gewesen und einem Asgard, einem erfahrenen Asgard wie ihm, unwürdig. Er zog es vor, dem Feind mit kühlen Kopf entgegenzutreten. Und daher behielt er auch jetzt die Ruhe.
Die Reparaturen an der Mjölnir liefen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis all die anstehenden technischen Probleme gelöst waren.
Mit einem Mal stand das vertraute SG-1-Team neben seinem Sessel. Vier muskelbepackte Gestalten von einschüchternder Größe und primitivem Körperbau. Die Gesichter mit den winzigen, sich ständig bewegenden Augen wurden von einer klobigen Nase dominiert, welche Thor trotz all seiner Bemühungen immer noch mit instinktgesteuerten Tieren assoziierte.
Abgesehen von diesen Äußerlichkeiten waren die Menschen auch tatsächlich äußerst unvernünftige Wesen. Obwohl die Asgard nicht bereit waren, dieses Volk der Willkür der Goa’uld zu überlassen, hatten viele daher keine allzu hohen Ansichten bezüglich ihrer Schützlinge.
Thor dagegen glaubte, dass sein Volk im Laufe der Evolution und/oder durch die lange Klon-Praxis des eigenen Körpers etwas verloren hatte. Was es war, wusste er zwar nicht, aber er ahnte, dass die Menschen noch darüber verfügten. Daher widmete er selbst einem einfachen Wikingerkrieger, der mit ihm Kontakt aufnahm, seine volle Aufmerksamkeit – ganz zu schweigen von O’Neill und seinem Team. Zu ihnen hatte er mehr Vertrauen gefasst, als zu manchem Asgard.
„Hey, Thor! Was dagegen, wenn wir einen Ausflug nach draußen machen und versuchen rauszufinden, wer uns da vom Himmel geholt hat?“ Ungeduld und der Übereifer der Jugend sprachen aus O’Neills Worten. Dennoch war auch Thor sich darüber im Klaren, dass dieser Planet mit seinen Bewohnern eine Variable darstellte, welche noch zu beliebig großen Schwierigkeiten führen konnte.
„Ihr Menschen habt eine Redensart“, erwiderte Thor schließlich wohlüberlegt. „Wenn – dann richtig.“ Mit einem Gedankenbefehl an den Schiffscomputer rief er auf dem Frontschirm eine Karte der Umgebung auf. Die Handbewegung, die er dabei machte, hatte keinerlei Bedeutung. „Die nächste Siedlung ist für euch zu Fuß nicht zu erreichen. Ihr solltet warten, bis die Transporter wieder funktionieren.“
„Nun, dann nehmen wir eben unser Frachtschiff“, beharrte O’Neill trotzig.
„Ich bedaure“, klärte ihn Thor über die Fakten auf. „Aber wir hatten bisher keine Gelegenheit, die Atmosphärentriebwerke eures Schiffes wieder in Stand zu setzen.“
Er wählte die Formulierung euer Schiff statt das Goa’uld Schiff nicht nur, um kein Missfallen auf sich zu ziehen. Im Gegensatz zum Höhlenasgard, der ein Feuerzeug zwar besitzen, nicht aber auch einsetzten konnte, waren seine Gegenüber erstaunlich gut in der Lage, mit ihnen weit überlegener Technik umzugehen.
„Na schön.“ O’Neill klatschte in die Hände, so dass es in Thors Ohren unangenehm laut knallte. „Dann eben nicht.“ Das Vorhandensein der menschlichen Mimik war nicht zu übersehen. Thor wusste, dass die Schwierigkeit allerdings darin lag, sie auch korrekt zu deuten. Obwohl Colonel O’Neills Gesicht auf den ersten Blick erfreut wirkte, kannte sich Thor nach Jahrtausenden der Übung gut genug aus, um zu bemerken, dass O’Neill nicht sonderlich begeistert über diese Antwort war.


* * *


Auf jedem Schiff, welches Sam kannte, sei es ein amerikanischer Flugzeugträger zur See oder ein Goa’uld-Mutterschiff im All, war der Klang der Sirenen doch überall laut, deutlich und als Warnsignal zu erkennen. Jeder sollte es hören und ein Gefühl der Gefahr vermittelt bekommen.
Nicht so bei den Asgard. Zwei dezente, angenehm klingende Signaltöne waren alles. Wäre Sam damit nicht bereits vertraut gewesen, sie wäre nie auf die Idee gekommen, dass es sich dabei um einen Alarm handelte.
Einige Stunden waren seit der Landung der Mjölnir auf dem fremden Planeten inzwischen verstrichen. SG-1 war in der Zwischenzeit durch das Asgardschiff gewandert und Sam hatte mehr von der außerirdischen Technologie zu sehen bekommen als je zuvor. Natürlich hatte bei ihr sofort das Kribbeln in den Fingern eingesetzt. Sie hätte nur zu gern geholfen, doch die Asgard ließen sie nicht an die Aggregate heran. Sam fühlte sich ein wenig gekränkt, war sich aber natürlich im klaren, dass es so am effizientesten war und sie nur gestört hätte.
Als dann die „Sirene“ ertönte, schien es dagegen wieder etwas zu geben, wo sie und das Team sich nützlich machen konnten und daher dauerte es nicht lange, bis SG-1 zur Brücke zurückgekehrt war.
Dort herrschte ein etwas geschäftigeres Treiben als sonst – was aber lediglich auf die umfangreichen Reparaturarbeiten zurückzuführen war, welche koordiniert werden mussten. Sam bemerkte nicht, dass sich durch den Alarm darüber hinaus Aktivität entwickelt hätte.
„Thor, was sollte der Alarm?“, fragte der Colonel seinen Lieblings-Asgard.
„Ein Marschflugkörper ist im Anflug.“
Überrascht sah Sam auf das Holo und machte einen unscharfen, stabförmigen Gegenstand mit Stummelflügeln aus, welcher an Größe gewann.
Ein feindlicher Flugkörper? dachte sie. Aber das ergab doch keinen Sinn! Wozu griff man jemanden an, der einen nie zuvor behellig hatte und den man auch nie kennen gelernt hätte, wenn man nicht selber die Initiative ergriffen hätte?
„Ich hoffe, ihr habt inzwischen eure Schutzschilde wieder auf Vordermann...“, schlug O’Neill vor.
„Nein“, erwiderte Thor schlicht.
„Wie? Nein?!“
„Nein“, wiederholte sich Thor geduldig.
„Es handelt sich um einen Naquada-Sprengkopf“, erklärte Hermiod als rede er über das Wetter. „Umgerechnet hat er eine Sprengkraft von etwa 1000 Tonnen eures TNT.“ Das sind ja nur etwa 10 Prozent der Hiroshima-Bombe... drängte sich Sam der Vergleich auf. „Vermutlich wollen sie keine größeren Kaliber einsetzen, um nicht die weitere Umgebung zu gefährden.“
„Dann startet und rettet eure Hintern!“, legte O’Neill nahe.
„Wir haben noch immer Probleme mit dem Zugriff auf die Steuerung der Antriebssysteme“, erklärte Thor.
„Können wir den Flugkörper abschießen?“, schlug nun Sam vor.
„Dazu ist er bereits zu nahe.“
„Oder mit den Zugstrahlen vom Kurs abbringen?“
„Nein.“
Wie? Nein?! dachte nun auch Sam. Eine kleine Atombombe raste auf sie zu und alles, was Thor zu sagen hatte war, dass er nichts dagegen tun konnte?
War das die berühmt-berüchtigte Asgardmentalität? Die Vorstellung, dass das Leben Schach war und nicht Poker, dass man, wenn man erst einmal Schach-matt gesetzt war, nichts mehr dagegen tun konnte und es auch nichts half, sich darüber aufzuregen? Glaubte Thor all seine Möglichkeiten erschöpft zu haben und würde tatsächlich seelenruhig abwarten, bis es zur Explosion kam, die sie alle vernichten würde?
Oder klammerte er sich an die verzweifelte Hoffnung, dass sein Hightech-Schiff den Einschlag überstehen würde? Dass zumindest ein Teil intakt bleiben würde?
Das unscharfe Bild des Marschflugkörpers, welches bisher nur aus den Daten aktiver Sensoren errechnet worden war, gewann an Klarheit, als er in die Reichweite der leistungsfähigen Teleoptiken des Schiffes kam. Er war einer normalen Cruise Missile nicht unähnlich, wie sie sich auf der Erde immer noch großer Beliebtheit erfreute.
Aber nein, setzte Sam ihren Gedanken fort. Es wäre unmöglich eine solche Explosion ohne Schutzschirm zu überstehen. Es gab ultimative Grenzen der mechanischen und thermischen Belastbarkeit eines Raumschiffes, völlig egal wie ausgeklügelt die verbauten Materialien der Asgard waren. Sie hatten keine Chance. Von ihnen würde nichts übrig bleiben, wenn es wirklich zu einer Explosion kam.
Sam sah hinüber zu ihren Freunden und Teamkollegen. Sie starrten auf die Außenansicht. Zweifel und Sorge war in ihre Gesichter geschrieben. Jedoch keine Angst. Sam erging es ähnlich – wenn man dem Tod so oft wie SG-1 von der Schippe gesprungen war, verlor man wohl die Fähigkeit sich ins Unvermeidliche zu fügen, selbst, wenn es groß und zunehmend deutlicher vor einem aufragte.
„Zehn Sekunden bis zum Einschlag“, verkündete Hyrrockin.
Auf dem Flugkörper waren bereits die außerirdischen Schriftzüge zu erkennen. Dicht über dem Boden raste er heran.
Dann erstrahlte er in gleißendem Licht und verschwand.
Mit einem Mal war Sam völlig klar, was los war. „Warum hast du uns das nicht gesagt?“, entfuhr es ihr.
Thor sah zu ihr herüber. „Du hast mich nicht gefragt“, erklärte er. „Ihr habt lediglich eine Reihe von Vorschlägen angeführt, die sich alle als nicht hilfreich erwiesen haben.“
Sam schluckte. Nur weil die Asgard hin und wieder eine dumme Idee brauchten, hieß das nicht, dass sie von ihrem Handwerk nichts verstanden hätten. Die Transporterstrahlen der Asgard stellten mächtige Waffen gegen Ziele dar, welche nicht von einem Schild geschützt wurden. Schon früher hatten ihre Verbündeten damit ganze feindliche Basen Stück um Stück von der Oberfläche eines Planeten gebeamt ohne die zerlegte Materie anschließend wieder zusammenzusetzen. Es war danach nichts außer Wolken aus losen Atomen übrig geblieben. Sam hatte das gewusst und an alles gedacht, nur an das nicht.
„Aber wieso habt ihr damit so lange gewartet?“, fragte Daniel ungläubig.
„Weil es psychologisch wirksamer ist, wenn die Hoffnungen des Gegners erst unmittelbar vor dem Ziel zerstört werden.“ Thor bemerkte das Erstaunen, welches sich in Teal’cs gehobener Augenbraue manifestierte, und fuhr fort: „Wir hätten niemals die Gestalt menschlicher Götter angenommen, wenn wir keine Ahnung von Psychologie gehabt hätten.“
„Ja. Du hättest aber uns vorwarnen können!“, beharrte Colonel O’Neill und sprach Sam damit aus der Seele.
Einen Moment schwieg Thor, der Gedanke schien ihm neu zu sein. Dann sagte er etwas, was für einen Asgard alles andere als selbstverständlich war: „Möglicherweise hast du recht.“
Sie kamen nicht dazu, weiter darüber zu diskutieren. „Wir empfangen eine an uns gerichtete Funkbotschaft“, meldete Hermiod. „Aufgrund der bisher abgehörten Kommunikation sind wir in der Lage, sie zu übersetzen.“
Schön, dass man sie darüber informiert hatte, dass schon zuvor Signale von den hiesigen Bewohnern aufgefangen worden waren...
Eines der Holodisplays veränderte sich und begann ein neues Bild zu zeigen, von dem Sam allerdings nicht sofort sagen konnte, was es darstellte.
Das menschliche Hirn war unglaublich gut darin, bekannte Dinge zu erkennen. Mit Neuem tat es sich jedoch schwer und so dauerte es lange Sekunden, bis sich für Sam sinnvolle Formen und Konturen aus dem Bild hervorzuschälen begannen.
Das Bild zeigte wohl ein Lebewesen.
Es war fremdartiger, als alles, was sie je gesehen hatte und ähnelte nichts, was sie gekannt hätte. Der einzige Vergleich, der sich vielleicht unter Vorbehalten ziehen ließ, war der, dass es an einen riesigen Knoten erinnerte.
Das Wesen war eine Art Schlauch, der in sich selbst verknotet war, sich verzweigte, in Verdickungen mündete und wieder zusammenlief. All das war in ständiger Bewegung, rutschte umher oder blähte sich in unregelmäßigen Abständen an wechselnden Stellen auf. Es wäre Sam unmöglich zu sagen gewesen, ob sich der „Schlauch“ hätte entknoten lassen oder nicht. Die Farbe variierte von schwarz zu hellbraun, wies aber kein einheitliches Muster auf.
Auffällig war eine Art Tentakel, welcher nach oben in die Luft gesteckt war und wie die Schnur eines nicht vorhandenen Luftballons hin und her schwang.
Nach einer Weile begann Sam nach Sinnesorganen zu suchen und tatsächlich gab es eine Reihe von Öffnungen und Hervorstülpungen in anderer Farbe, welche dafür in Frage kamen. Was davon jedoch welchen Zweck erfüllte, war Sam völlig schleierhaft.
„Wir verfügen noch über weit mehr und weit mächtigere Waffen“, erklang die tiefe Stimme des Wesens über die Funkverbindung. „Stellt eure Angriffe ein oder wir werden euch vernichten.“
„Ich bin Thor, Oberkommandierender der Asgardflotte“, stellte dieser sich als erstes einmal kühl vor, um seinem Gegenüber zu zeigen, dass er dessen Äußerung nicht als sonderlich dringend ansah. „Wir haben euch nicht angegriffen.“
Die Erwiderung des Fremden kam schnell und hart. „Eure Kampmaschinen zerlegen eine unserer Städte und du wagst es zu behaupten, ihr würdet uns nicht angreifen?“
Auf einmal machte der Angriff mit dem Marschflugkörper Sinn. Woher sollte man hierzulande wissen, dass sie die Replikatoren nicht mit Absicht ausgeschleust hatten? Tatsächlich wären diese Mutierten von Neumann-Maschinen eine nicht zu verachtenden Waffe gewesen, wenn irgendjemand über sie hätte befehligen können. Für die Außerirdischen musste es wie ein Angriff auf sie gewirkt haben.
Offenbar hatten ihnen die Replikatoren inzwischen sogar so stark zugesetzt, dass sie sich gezwungen sahen dem Ungeheuer den Kopf abzuschlagen – also das Schiff zu zerstören, welches die Roboter geschickt hatte und möglicherweise lenkte.
„Wir nennen diese Maschinen Replikatoren“, erklärte Thor. „Sie unterstehen nicht unserer Kontrolle. Bevor ihr uns zu Landung gezwungen habt, waren sie im Gegenteil damit beschäftigt unser Schiff zu zerlegen, wie du dich ausdrücken würdest.“
„Ich werde mich nicht von dir hinhalten lassen“, beharrte der Alien auf dem Holo. „Wenn ihr euch nicht zurückzieht, werdet ihr vernichtet.“
„Selbst, wenn euch das gelingen sollte“, erwiderte Thor und legte dabei einen Hauch Herablassung in seine Worte. „...wird die Explosion unseres Schiffes etwa die zehnmilliardenfache Sprengkraft von dem Flugkörper haben, mit dem ihr uns angegriffen habt. Da du sicherlich weißt, was dies für eure Welt bedeuten würde, sehe ich deine Drohung lediglich als Versuch an, nichtvorhandene Stärke zu demonstrieren – und nicht als Zeichen ausgesprochener Dummheit.“
Sams Respekt vor Thor wuchs. Dass er derart kaltblütig einen Bluff improvisieren konnte, hätte sie ihm nicht zugetraut. Und ein Bluff war es definitiv: Wenn ein Asgardschiff der Beliskner-Klasse relativ unspektakulär in der Atmosphäre verglühte, dann war auch die O’Neill-Klasse immer noch weit von der beschriebenen Sprengkraft entfernt, selbst wenn sie über das zehnfache an Energievorräten verfügte.
Der Alien allerdings schien beeindruckt genug zu sein, um erst einmal nichts zu erwidern.
„Vielleicht wäre ein persönliches Treffen dem gegenseitigen Vertrauen förderlich“, nutzte Thor die Gelegenheit. „Ich schlage vor, dass wir uns in einer Stunde am Schutzschild meines Schiffes treffen.“
Nachdem der Alien einen Moment damit verbracht hatte, seinen Knoten umzuordnen, kam schließlich die Antwort: „Einverstanden.“ Dann wurde das Holo schwarz.
„Hermiod“, wandte sich Thor an seinen Chefingenieur. „Es wäre erstrebenswert, wenn bis in einer Stunde der Schutzschirm wieder einsatzbereit wäre...“


* * *


Der Schild war in der Tat rechtzeitig wieder einsatzbereit. Fasziniert hatte Daniel beobachtet, wie die Asgard den Schirm zuerst ganz dicht am Schiff aufgebaut hatten, um in den Zwischenraum möglichst wenig der planetaren Atmosphäre einzuschließen. Dann hatten sie ihn auf seine normale Größe und Form ausgedehnt und mit Luft aus der Mjölnir befüllt. Auf diese Weise wäre es nun auch ohne Raumanzug möglich gewesen, außerhalb des Schiffes zu atmen.
Gewöhnlich war der Schutzschirm durchsichtig. Nun wurde er dadurch sichtbar, dass sich außen und innen verschiedene Gase befanden. Zwar waren beide durchsichtig, aber die Grenze zwischen ihnen konnte man, wie die Scheibe eines Aquariums, trotzdem klar erkennen.
Jetzt stand Daniel mit SG-1 und Thor auf dem Boden der fremden Welt. Thor hatte sie gebeten, ihn zu begleiten – nur ganz knapp bevor sie ihn danach hatten fragen können.
Hinter dem Schutzschirm erstreckte sich eine weite Ebene mit kniehohen, tiefblauen Gewächsen, die offenbar in großem Stil angebaut wurden. Hier, im Inneren des Schirms, hatten sie nicht überleben können. Sie waren aufgeplatzt und lagen schlaff am Boden. Der grellgrüne Schleim, welcher Daniels Stiefel bedeckte, machte deutlich, was für eine gute Idee es gewesen war, trotz der atembaren Luft die robusten Asgardanzüge anzubehalten.
Die toten Pflanzen verströmten einen Geruch, der beißend war und an Verbranntes erinnerte. Daniel beobachtete, wie Jack fluchend den Schalter an seinem Arm drückte und sich surrend der Helm um seinen Kopf schloss. Auch Teal’c tat es ihm gleich und sperrte auf diese Weise den Gestank aus.
Sam dagegen machte keine Anstalten, dem Beispiel zu folgen. Vermutlich war sie in irgendwelchen Labors abgehärtet worden. Thor konnte mit seiner platten Nase vermutlich sowieso gar nichts riechen.
Daniel für seinen Teil wollte dieser fremden Welt so nahe wie nur möglich sein. Er wollte sie erleben. Dies ging aber nicht, wenn er den Helm schloss und daher nahm er von dieser Option Abstand.
Hinter ihnen türmte sich die 1,5 Kilometer lange Mjölnir wie ein gefallener Riese auf. Das Schiff mochte dafür gedacht sein, dicht über einer Planetenoberfläche zu schweben. Eine echte Landung war aber wohl nie geplant gewesen. Tief hatten sich die Heckfinnen in das weiche Erdreich eingegraben. Allerdings nicht tief genug, als dass die Mjölnir in eine horizontale Lage geraten wäre und so sah es aus, als wäre das silberne Schiff mit der Nase voran in den Boden gerammt.
Ihre Verhandlungspartner ließen nicht lange auf sich warten. Noch vor Ablauf der Stunde kam ein tropfenförmiges Gefährt mit der stumpfen Seite voran herangerast. Im Licht der Sonne blitzte es auf. Erst kurz vor dem Ziel bremste es ab, beschrieb eine elegante Kurve und blieb etwa anderthalb Meter über dem Boden schweben.
An seiner Seite öffnete sich eine Luke und ein über zwei Meter großes, kugelförmiges Ding fiel aus der Öffnung, überschlug sich zweimal und näherte sich dann dem Schirm.
Als die vier anderen Wesen auf die gleiche Weise ihr Transportmittel verließen, wurde Daniel klar, dass der erste Alien keineswegs gestolpert war. Sie taten das mit Absicht.
Wie sich die riesigen Knäule vorwärts bewegten, hätte Daniel indes nicht sagen können. Zwar rutschten ihre Unterseiten über den Boden, schienen sich daran festzukrallen und vorwärts zu ziehen. Aber das alleine war es nicht. Zum Teil schienen sie zu gleiten wie eine Schnecke, zum Teil gingen sie aber auch auf einigen Schlauchteilen. Es war ein sinnverwirrender Mischmasch aus Bewegung, den Daniel in seiner Gesamtheit nicht wirklich durchschaute.
Schließlich erreichten die fünf Wesen die Grenze des Schutzschirms.
„Ich bin Sasss. Unser Volk nennt sich Tzenk“, erklärte das Wesen, welches ihnen am nächsten war, mit volltönender Stimme. „Wir haben uns bereits unterhalten.“
„Ich bin Thor“, stellte sich dieser noch einmal vor. Beiden war klar, dass sie sich ansonsten kaum wieder erkannt hätten.
„Bevor wir beginnen, solltest du wissen, dass ich mich informiert habe“, erklärte das Wesen, das sich Sasss nannte. „Ihr seid mit euren Triebwerken kaum in der Lage, unseren Zugstrahlen zu widerstehen. Wir könnten euch jederzeit wieder von hier entfernen und in sicherem Abstand zu unserer Welt zerstören.“
Daniel seufzte innerlich. Er hatte gehofft, dass inzwischen genug mit den Säbeln gerasselt worden war.
„Dann solltest du allerdings bedenken, dass wir durchaus in den Lage sind, einen Großteil der genannten Energiemenge auch kontrolliert freizusetzen. Wir könnten eure Welt in Schutt und Asche legen.“
„Jaja“, schritt Daniel ein, dem das jetzt zu viel wurde. Es war allmählich Zeit, dass sie voran kamen. Daher machte er dem Tzenk einen Vorschlag. „Wie wäre es damit: Wir gewähren einer Delegation von euch Zugang zu unserem Schiff. Auf diese Weise könnt ihr euch vergewissern, dass auch wir Angriffen durch die Replikatoren ausgesetzt waren.“ Daniel warf einen Blick hinunter zu Thor, der ihn überrascht ansah und fuhr dann fort. „Im Gegenzug verzichtet ihr auf weitere Angriffe.“
Nach kurzem Zögern drang aus den Tiefen des außerirdischen Körpers die Antwort. „Wir können uns weitere Verzögerungen nicht leisten. Jede Minute, die wir vergeuden, gewinnen die Kampfroboter an Boden.“
„Auch damit könnten wir euch vielleicht helfen“, erwiderte Daniel. Sie mochten zwar keine Schuld an den Taten der Replikatoren tragen, dennoch fühlte er sich für ihre Anwesenheit ein Stück weit verantwortlich. Daniel sah hinüber zu Jack. Dieser wusste längst, worauf er hinauswollte und schaute durchaus skeptisch drein – machte aber keinerlei Anstalten ihm ins Wort zu fallen. „Wir kennen uns mit dem Vorgehen dieser Maschinen aus und könnten euch mit eurer Taktik helfen“, erweiterte Daniel also den Handel. „Im Gegenzug werdet ihr nicht nur auf Angriffe verzichten, sondern uns auch aktiv dabei helfen, eure Welt wieder zu verlassen.“
„Nein“, kam sofort die Antwort von Sasss. „Das ist nicht verhandelbar.“
Jetzt war es an Daniel einen Moment zu schweigen. „Aber warum?“, fragte er dann. „Wieso habt ihr uns überhaupt hier her geholt?“
Das Wesen blieb die Antwort schuldig.
„Wenn wir euch verstehen könnten, wären wir vielleicht in der Lage, uns doch irgendwie einig zu werden“, versuchte er es weiter.
Lange Zeit schwieg Sasss, zog einen Teil seiner Schläuche aus seinem Körper und ließ sie an anderer Stelle wieder hineingleiten.
„Wir haben zu lange auf euch gewartet, um euch jetzt so einfach gehen zu lassen“, erklärte er dann zögernd.
„Wie bitte?“, meldete sich Jack. „Auf uns
„Nicht auf euch im Speziellen. Auf irgendjemanden.“ Inzwischen schien der Tzenk sich entschlossen zu haben, sie aufzuklären, denn seine Worte kamen flüssig und nicht länger zögerlich. „Über unseren ganzen Planeten verteilt gibt es in allen Kulturkreisen eine Legende, welche sich so oft und so exakt wiederholt, dass es sich nicht um ein Produkt unserer Fantasie handeln kann. Demnach war früher der Nachthimmel übersät von Sternen. Abertausende von Lichtern, die auf uns herabstrahlten“, erzählte er.
„Doch eines Tages verschwanden die Lichter und es blieb nichts als Schwärze zurück. Die Interpretationen waren so zahlreich wie die Kulturen, aber allen gemeinsam war, dass wir glaubten, etwas Wichtiges verloren zu haben.
Heute wissen wir, dass die Lichter Sonnen ähnlich der unseren sind. Wir haben versucht die benachbarten Sterneninseln mit Raumschiffen zu erreichen, stießen aber sehr schnell an die Grenzen unser Fähigkeiten. Zwar erreichen wir heute ein vielfaches der Geschwindigkeit des Lichtes, aber es genügt nicht, um die gewaltige Entfernung in einer angemessenen Zeit zu überwinden. Eine Reise über Generationen hinweg funktioniert ebenfalls nicht, weil die Triebwerke zu schnell verschleißen und schließlich den Betrieb einstellen.
Seit uns das klar wurde, versuchen wir nicht mehr, selber diese Strecke zu überwinden, sondern jemanden zu uns zu holen, welcher über diese Fähigkeit verfügt. Jemand, der in der Lage ist, uns dies zu lehren. Das ist der Grund, aus dem wir das Fischernetz entwickelt haben, welches euch zu uns geleitet hat.“
Daniel nickte. Mit einem Mal sah er die vergangenen Ereignisse in einem anderen Licht. Die Wesen hatten keine feindlichen Absichten gehabt. Sie waren im Gegenteil auf ihre Hilfe angewiesen.
„Wir werden euch keinerlei Technologie überlassen“, verkündete Thor abweisend. „Das ist ebenfalls nicht verhandelbar.“
„Aber wieso?“, platze es aus Sasss heraus. Nachdem er derart ausführlich die Probleme seines Volkes gebeichtet hatte, schien er nicht mit Widerstand gerechnet zu haben.
„Wir beschleunigen nicht die Entwicklung primitiver Völker.“
Daniel erkannte Schwierigkeiten, wenn er sie sah. Ehe die beiden Kontrahenten sich also weiter in die Punkte verbissen, auf welche sie sich so schnell nicht einigen konnten und dabei alle bisherigen Erfolge zunichte machten, ergriff Daniel wieder das Wort. „Statt uns daran zu stören, was uns trennt, sollten wir vielleicht zusammenfassen, über was wir uns einig werden könnten“, erklärte er daher schnell. „Wir würden euch gestatten, unser Schiff zu besichtigen und euch beim Kampf gegen die Replikatoren unterstützen. Ihr dagegen verzichtet darauf, uns mit Raketen zu beschießen oder sonst wie zu bedrohen.“
Es dauerte einen Moment, dann erklärten sich alle drei Seiten – auch Jack – für einverstanden.
Sie einigten sich darauf, den Austausch der Delegationen in einer weiteren Stunde abzuwickeln. Dann verschwanden die außerirdischen Wesen wieder in und mit ihrem Fluggerät.
„Irre ich mich oder hat der Kerl tatsächlich unsere Sprache gesprochen?“, fragte Jack. „Ich meine, das war kein Funkgespräch, wo irgendein abgedrehter Übersetzungscomputer sich einmischen könnte.“
„Du irrst dich“, antwortete Thor. „Die Mjölnir ist in der Lage schwache Kraftfelder zu erzeugen, welche einerseits den Original-Ton abblocken und andererseits die Übersetzung wiedergeben – ähnlich einem eurer Lautsprecher.“
„Und du bist sicher, dass ihr solche Geräte nicht auch auf anderen Planeten verbuddelt habt...?“
Statt darauf zu antworten, wandte sich Thor Daniel zu. „Dein Vorgehen hat sich als äußerst effektiv erwiesen“, erklärte er zu Daniels Erleichterung. Ja, er war tatsächlich froh, die Sache derart gut abgewickelt zu haben. „Unter diesen Umständen wäre es durchaus sinnvoll, wenn du die weiteren Verhandlungen übernehmen würdest.“
„Sehr gerne“, erwiderte Daniel automatisch.
„Gut.“ Auf seinen dürren Beinen marschierte Thor in Richtung Mjölnir zurück. Schließlich erfasste ihn ein Zugstrahl und zog ihn in eine der Schleusen hoch über ihnen – man musste schließlich den Tzenk nicht sofort zeigen, dass man in der Lage war zu beamen.
„Mann, der ist jetzt aber sauer“, meinte Jack neben ihm.
„Wer?“, Daniel verstand nicht.
„Na, Thor.“
Überrascht sah Daniel den Colonel an. „Das glaube ich nicht. Die Asgard haben kein Ego, das man kränken könnte. Für sie zählt nur der Erfolg.“ Genau das schien auch Thors letzte Aussage zu bestätigen.
Jack machte eine Geste, die ziemlich eindeutig ausdrückte Red du nur. „Wie auch immer. Ich kenne Thor. Und der war wirklich sauer.“
Mit diesen Worten drehte er sich um und ging, gefolgt von Teal’c, zurück zum Schiff.
Betroffenheit breite sich in Daniel aus. Ihm war schon klar, dass es nicht sonderlich höflich gewesen war, sich derart in den Vordergrund zu drängen. Aber er hatte nur helfen wollen. Thors Autorität anzuzweifeln lag ihm fern.
„Was meinen Sie?“, fragte er Sam, die neben ihm stehen geblieben war. „War er wirklich böse auf mich?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich wäre es vermutlich. Aber inzwischen ist mir klar geworden, dass ich Thor schlechter kenne, als ich dachte. Keine Ahnung also, was er denkt.“
„Vielleicht sollte ich besser mit ihm reden“, kam ihm der Gedanke.
„Schaden kann es nicht“, meinte Sam. „Kommen Sie jetzt“, fügte sie hinzu und zog ihn mit sich.


* * *


Zögernd verharrte Jack vor der Schleuse. Inzwischen herrschte draußen wieder die normale Atmosphäre des Planeten. Heiß, ohne Sauerstoff und wahrlich erdrückend.
Das Wetter hatte sich verschlechtert und es hatte zu regnen begonnen. Schwefelsäure, wie man ihm erklärt hatte. Die gelblichen Tropfen waren riesig. Sie sanken derart langsam zu Boden, dass Jack eine ganze Weile an seiner Wahrnehmung gezweifelt hatte, bis er es schließlich widerstrebend als Tatsache akzeptierte.
„Können wir überhaupt einfach so da raus?“, fragte er Carter.
„Mit unseren NASA-Raumanzügen bestimmt nicht. Der hohe Druck wäre weniger das Problem, ein Taucher kann mit sowas fertig werden und wir würden das auch irgendwie hinbekommen. Aber die Gase dort draußen sind zu heiß und zu dicht. Und dann ist da noch die Säure! Mit den Schutzschirmen der Asgard allerdings stellt dies alles kein Hindernis mehr für uns dar.“
Ein einfaches Ja hätte auch gereicht... Jedenfalls war Jacks Unbehagen, was den Planeten anging verschwunden, als sich die Schleuse hinter SG-1 und dem Asgard namens Hermiod schloss. Das Unbehagen den Bewohnern gegenüber war jedoch ungebrochen. Nachvollziehbare Motive hin oder her. Tatsache war, dass diese Wesen das Leben seines Teams und das der Asgard schon drei- bzw. zweimal gefährdet hatten. Entsprechend groß war Jacks Misstrauen.
Um diesen Leuten den Kampf gegen die Replikatoren zu lehren, war Carter die Idealbesetzung, denn sie hatte mit sowas bereits Erfahrung. Gerade aber, weil Jack misstrauisch war, wollte er sich selbst ein Bild von den hiesigen Verhältnissen machen und daher würde er selbst sie begleiten.
Daniel dagegen würde an Bord der Mioll... des Asgardschiffs bleiben und weiter verhandeln. Ihm zur Seite würde Teal’c stehen und sowohl aufpassen, dass Daniel nichts geschah, als auch, dass dieser keine Dummheiten anstellte.
„Wir haben versucht, im globalen Computernetzwerk dieses Planeten einen Hinweis auf die Position der Projektoren dieses so genannten Fischernetzes zu finden“, informierte sie Hermiod. „Leider ohne Erfolg. Allerdings macht das Netzwerk einen durchaus unvollständigen Eindruck.“
„Inwiefern?“, sprang Carter sofort darauf an.
„Wir vermuten, dass es mindestens ein weiteres Netzwerk gibt, welches jedoch vollständig auf drahtlose Verbindungen verzichtet und über keine oder sehr gut getarnte Verbindungen zum offenen System verfügt. Es könnte durchaus von Vorteil sein, Zugriff auf dieses Geheim-System zu erlangen.“
Es könnte von Vorteil sein... „Hey, Herbert!“, merkte Jack auf.
Die Augen des Asgards wurden zu engen Schlitzen. „Hermiod“, quetschte er äußerst ungnädig zwischen seinen kleinen Zähnen hervor.
„Wie auch immer. Du willst damit sagen, dass wir die Kerle ausspionieren sollen“, fasste Jack Hermiods Vorschlag in klarere Worte und ignorierte dabei in provokanter Weise, dass Hermiod eigentlich von Menschen gesiezt werden wollte.
Hermiod ließ sich nicht darauf ein. „Wenn unsere diplomatischen Verhandlungen fehlschlagen sollten, müssen wir auch ohne die Zustimmung der Bewohner in der Lage sein, dieses Sonnensystem zu verlassen.“
Die pragmatischen Worte des Asgard waren Balsam für Jacks Ohren. Manchmal hatte er das Gefühl, er wäre der einzige, der seinen Sinn für Realität behielt. Doch ganz offensichtlich war dem doch nicht so. Vielleicht war mit dem Kerlchen doch was anzufangen.
Jack bekam eine Gänsehaut, als der asgardsche Zugstrahl nach ihm griff und ihn durch das inzwischen offene Außenschott der Schleuse dem 120 Meter entfernten Grund entgegen buchsierte. Zwar hatte er dies heute schon mal erlebt, aber an diese Freischwebenummer würde er sich bestimmt so schnell nicht gewöhnen. Entsprechend froh war er, als er endlich auf dem mit stinkenden Pflanzen bedeckten Boden aufsetzte, vor deren Geruch ihn aktiver Schutzschirm und Helm jedoch zuverlässig abschirmten. Auch gegen die herabregnende Flüssigkeit bot der Schild übrigens einen komfortablen Schutz.
Die großen Tropfen platschten gegen das Kraftfeld, welches daraufhin ein leises Brummen von sich gab. Schlieren ziehend rann die Flüssigkeit daran herab.
Ihre Freunde waren bereits vor Ort. Ganze zehn dieser Tzenk-Wesen standen in Raumanzügen vor ihrem Flugzeug. Die Anzüge schwebten ein Stück über dem Boden und sahen aus wie simple, riesenhafte Plastiktüten. Sie waren vollkommen undurchsichtig und hatten verschiedene Farben, welche wohl dazu dienten, die Träger auseinander zu halten. Wie diese Wesen durch das Material hindurch ihre Umgebung wahrnehmen konnten, war Jack schleierhaft.
Daneben standen unbekleidet wie eh und je drei weitere Tzenk. Der Regen schien sie nicht zu stören. Auch die Tatsache nicht, dass es laut Thor um fast 20 Grad abgekühlt hatte – sofern man bei Temperaturen über dem Siedepunkt von Kälte reden wollte. Lediglich von den durch den Sauerstoff getöteten Pflanzen schienen die Aliens Abstand halten zu wollen.
Jeder von ihnen sah ein wenig anders aus und das lag nicht nur an ihrer unterschiedlichen Größe, Maserung und Farbe. Die Verdickungen in den Schläuchen, welche Jack für Beutel mit ganz bestimmten Organen gehalten hatte, waren bei einem der Wesen überhaupt nicht vorhanden, während sein Artgenosse über sehr wenige, dafür aber umso größere Klumpen verfügte, welche die Schläuche stark durchhängen ließen.
Zwar waren ihre Körper ständig in Bewegung, aber zu atmen schienen sie tatsächlich nicht. Erst jetzt, nachdem er sie eine Weile beobachtet hatte, begann er Thor in dieser Hinsicht zu glauben. Bisher war Jack immer der Meinung gewesen, dass jedes Lebewesen irgendetwas atmen musste, selbst wenn es für Menschen noch so giftig wäre. Doch diesen Leuten schien es tatsächlich zu reichen, irgendwelches Zeugs in sich rein zu futtern.
„Ich bin Sasss“, erinnerte sie eines der Wesen netterweise. Es war dasjenige mit den „gemäßigten“ Verdickungen. Von irgendwo her aus dem Spaghetti-Haufen, der sein Körper war, kam ein Tentakel und deutete auf einen gelblich-gräulichen Sack, dessen Insasse nicht zu erkennen war. „Das ist Schesch. Er ist Diplomat und wird euer Schiff inspizieren.“
„O’Neill“, stellte Jack sich kurz angebunden vor. Und mit in Richtung seiner Kollegin geneigtem Kopf: „Das ist Major Carter. Wir sollen euch mit der Insektenplage helfen.“
„Ja. Das sollt ihr.“ Jack war sich nicht sicher, aber sein Mangel an Begeisterung schien etwas zu sein, was er mit diesem Sasss gemeinsam hatte. „Dann kommt mit.“ Sasss wandte sich um, schaffte es irgendwie aus dem Stand bis zur Luke des tropfenförmigen Fluggerätes hochzuspringen und verschwand darin.
Skeptisch betrachtete Jack den Eingang, der auf Höhe seiner Brust schwebte. Jack griff in die Führungsschiene der Luke, wollte sich daran nach oben ziehen und stellte fest, dass er bereits ins Innere kullerte.
„Die Kraftverstärker, Sir“, erinnerte Carter ihn leider etwas zu spät an eine der Asgard-Spielereien des Anzuges. Ehe Jack ihr seine Hand anbieten konnte, kletterte sie ihm nach, wobei er feststellte, dass sie sich trotz des theoretischen Wissens auch nicht geschickter als er anstellte. Der Umgang mit dem System erforderte wohl ein wenig Übung. Sie grinste ihn schief an und er erwiderte das Grinsen.
Hinter ihnen schloss sich die Luke und sperrte den Regen aus. Jack hob den Kopf, um nach Sasss zu sehen, welcher sie bestimmt spöttisch musterte. Zu seiner Überraschung hing das Wesen an der Decke – wie auch immer es das anstellte. Lediglich ein einsamer Tentakel baumelte herab.
Jack erinnerte sich an das erste Bild, was sie per Funk empfangen hatten. Dort hatte es so ausgesehen, als wäre dieser Tentakel in die Luft gesteckt gewesen. Jetzt wurde ihm klar, dass dieses Bild auf dem Kopf gestanden hatte. Ein völlig fremdes Funksignal in ein verwertbares Bild umzuwandeln, erforderte bestimmt einiges an Cleverness. Doch selbst, wenn man das hinbekam, sagte einem noch niemand, wo bei dem fertigen Bild oben und unten waren. Die wohl doch nicht ganz so cleveren Asgard-Computer hatten vermutlich einfach nur geraten. Und bis eben war niemandem aufgefallen, wie falsch sie damit gelegen hatten...
Jack trat einen Schritt beiseite, um nicht den regennassen, sicherlich ziemlich schweren Alien unmittelbar über seinem Kopf hängen zu haben und ging schließlich zu einem der Fenster. Vom Start hatte er kaum etwas mitbekommen. Etwa einen Kilometer unter ihnen jagte bereits die blaugraue Landschaft hinweg.
Da keiner der anwesenden Aliens zu verlangen schien, dass sie ihnen jetzt schon Informationen gaben und auch selbst schwiegen, widmete Jack sich gemeinsam mit Carter wieder dem Fenster.


* * *


Es gehörte zu Teal’cs fester Überzeugung, dass es Wesen im Universum gab mit denen man niemals in Frieden zusammen leben konnte. Solange ein Goa’uld nicht das aufgab, was ihn zum Goa’uld machte, war eine Koexistenz vollkommen unmöglich und Teal’c würde bis zum letzten Blutstropfen kämpfen, um dieses Volk zur Strecke zu bringen.
Doch im Prinzip konnte es sehr wohl weise sein, einem ehemaligen Gegner die Hand zu reichen. Vielleicht war ihr ganzer Konflikt mit der hiesigen Bevölkerung tatsächlich ein einziges, tragisches Missverständnis. Teal’c wünschte sich das wirklich.
Doch Vertrauen musste man sich verdienen.
Und die Tatsache, dass die Delegation der Tzenk aus 10 Personen bestand, die kaum zu überblicken waren, machte auf Teal’c keinen sonderlich gewinnenden Eindruck.
Ihnen eine Eskorte mitzugeben, um die Gäste zu überwachen und gegebenenfalls in Schach zu halten – das schienen die Asgard nicht für nötig zu halten. Vielleicht waren sie auch gar nicht auf die Idee gekommen.
Ganz anders Daniel Jackson. Dieser führte ganz bewusst keine andere Waffe mit sich, als die, welche sowieso fest an den Unterarm des Asgardanzuges montiert war. Er hatte Teal’c gebeten, ebenfalls auf weitere Bewaffnung zu verzichten.
Doch wie gesagt: Vertrauen musste man sich verdienen. Selbst, wenn er sich wünschte, dass die Welt ein bisschen mehr so wäre, wie Daniel Jackson sie sah, blieb Teal’c doch Realist. Und als solcher konnte er ein derartiges Verhalten nicht verantworten.
Daniel hatte ihn mit einem Blick angesehen, welchen Teal’c schon bei verschiedenen Gelegenheiten bei irdischen Hunden beobachtet hatte. Doch damit kam er bei ihm nicht durch und das wusste Daniel Jackson, denn er hatte auf jeden weiteren Kommentar verzichtet.
Zusammen mit den Tzenk und dem Asgard Hermiod standen sie in dem Korridor, in welchem sie vor nicht allzu langer Zeit gegen Replikatoren gekämpft hatten. Die Spuren dieses Kampfes waren in Form von tausenden zerstörter oder inaktiver Bauteile noch immer deutlich zu sehen – allerdings genauso die Tatsache, dass ihr Sieg nicht von Dauer gewesen war: Die Wandverkleidung war fast vollständig verschwunden und legte Rohrleitungen sowie ungeschützt durch die Luft schneidende Energiestrahlen frei.
„Ihr müsstet Schäden dieser Art bereits kennen“, kommentierte Daniel Jackson. Er hockte am Boden und fuhr mit seinen Handschuhen über die aufgequollenen Kanten des Metalls. „Sie werden von Replikator-Säure verursacht.“
Irgendwie erwartete Teal’c, jetzt zu hören zu bekommen, dass dies alles ja hübsche Dekoration, aber immer noch kein Beweis wäre. Es kam jedoch anders.
„Sasss ist einer unserer militärischen Führer. Er scheint mir ein recht misstrauischer Kerl zu sein“, erklärte das Wesen, welches ihnen als Schesch vorgestellt worden war. Das dreckige Grau seines Anzugs hatte sich im weißen Licht des Schiffes in ein knalliges Gelb verwandet. Wenn die Tau’ri ihr radioaktives Material in Tüten gepackt hätten – diese Farbe hätte eine solche Tüte gehabt. „Aber ich glaube euch.“ Die schwebende Tüte drehte sich ein Stückchen. „Allerdings hätte ich eine Bitte. Seit ich denken kann, wünsche ich mir, Wesen aus den Sterneninseln zu begegnen. Ich würde gerne mehr von eurem Schiff sehen. Nicht als Inspektion, sondern rein aus Neugier heraus.“
Die Stimme des Diplomaten machte einen durchaus freundlichen Eindruck. Doch Teal’c hütete sich davor, daraus irgendwelche Schlüsse zu ziehen. Schließlich war er nicht darüber informiert, ob die Stimme wirklich die Gefühle des Wesens widerspiegelte oder ihr Klang nur ein reines Fantasieprodukt der Übersetzung war.
Wenn Daniel Jackson ebenfalls Zweifel hatte, so zeigte er diese nicht. „Oh, ich denke, das dürfte kein Problem sein.“ Hastig sah er hinüber zu Hermiod. Es war Daniel anzusehen, wie er bemerkte, dass er schon wieder mehr Initiative entwickelte, als ihm zugestanden hätte.
„Sicher“, murrte Hermiod und klang dabei ziemlich missbilligend. Vorsichtig balancierte er über die Trümmer der Replikatoren.
Hermiod war einer der wenigen Asgard, welcher seinem Unmut nach außen hin Luft machte. Leise murmelte er etwas in seiner Muttersprache vor sich hin, was Teal’c unwillkürlich für eine Ansammlung von Flüchen hielt. Doch sowohl den Übersetzer des Anzuges, als auch den Bordcomputer, schien es nicht zu kümmern, dass es Teal’c brennend interessierte hätte, was der Asgard da sagte und so blieben die geheimnisvoll klingenden Laute unverständlich.
„Ihr müsst wissen, dass bei uns seit hunderten von Generationen jedes Neugeborene mit dem Gefühl aufwächst, dass die Welt nicht mehr vollständig ist“, erklärte ihnen Schesch, ohne dass ihn jemand danach gefragt hätte. „Auch wenn wir sie noch nie mit eigenen Augen gesehen haben, so vermissen wir doch die Sterne. Der Anblick eines Nachthimmels, an dem man mit bloßem Auge maximal den Lichtpunkt einer einzelnen, verlorenen Galaxie sehen kann, löst in uns ein unbeschreibliches Gefühl der Leere aus.“
Teal’c verstand das sehr gut. Er war auf Olymp aufgewachsen, der Heimatwelt von Kronos. Sie stand so nahe am Zentrum der Milchstraße, dass die Nächte dort heller waren als eine Vollmondnacht der Erde. Nach der Ermordung seines Vaters und dem Trauma durch die darauf folgende Flucht nach Chulak hatte Teal’c vieles vermisst. Doch das einzige, was er sich eingestanden hatte, war der Verlust des fantastischen Sternenhimmels gewesen.
„Seit 351,89 eurer Jahre sterben unsere Alten in der Verbitterung, dass unser Hyper-Fischnetz niemanden zu uns gebracht hat.“ Mit einem gewissen Unwillen registrierte Teal’c die übermäßig genaue Umrechnung von Zeiteinheiten durch die Asgardmaschinen. „Wir hatten mit schnellen Erfolgen gerechnet, doch die blieben aus und ließen uns beinahe resignieren. Stellt euch unsere Euphorie vor, als ihr auf einmal auf unseren Bildschirmen aufgetaucht seid!“ Trotz der tiefen Stimme des Wesens hatte Teal’c unwillkürlich das Bild eines kleinen, irdischen Kindes vor Augen, dessen größter Wunsch zu seinem Geburtstag endlich wahr gemacht wurde. „Ihr müsst wissen, dass ich derjenige hätte sein sollen, mit dem ihr Kontakt aufnehmt. Ich war derjenige, der auf dem Landefeld in der ersten Reihe stand.
Doch dann beantwortete ihr unsere Rufe nicht und habt auch sonst keinerlei Anstalten gemacht, Kurs auf unseren Planeten zu nehmen. Zum Glück lagen für einen solchen Fall die Pläne längst auf dem Tisch und so hat man euch mit einem Zugstrahl gelandet.
Wir hielten eure Roboter zuerst für eine Delegation, die uns begrüßen sollte.“ Ein seltsames Geräusch klang aus den Tiefen des Anzuges. „Dann gab es die ersten Toten. Unsere Welt ist erstarrt vor Entsetzen. Mit einer solchen Attacke hatten wir nicht gerechnet. Wir hatten gehofft, Freunde zu finden und nicht etwa...“ Ein Gurgeln. Dann verstummte er vollends.
Teal’c wusste, was Daniel Jackson sagen würde, schon bevor dieser es aussprach. „Um genau zu sein, habt ihr sehr wohl Freunde gefunden“, lächelte er vorsichtig.
„Das hoffe ich...“, erwiderte Schesch, nun wieder gefasst. „Allerdings kann ich nicht verstehen, warum ihr uns eure Antriebstechnik verweigert, obwohl wir durchaus bereit wären, euch dafür großzügig zu entschädigen.“
Teal’c wurde hellhörig, als das Gespräch plötzlich wieder auf den harten, aber auch schlüpfrigen Boden der Diplomatie zurückkehrte.
„Es ist keine Sache des Preises“, erklärte Daniel Jackson. „Die Asgard würden euch die Technik kostenlos überlassen, wenn sie nicht der Meinung wären, dass es zum Schutz von euch besser wäre, es eben nicht zu tun.“
„Die Asgard?“, wiederholte Schesch. „Also rechnet ihr euch nicht dazu?“
„Nein.“
„Daher also der Größenunterschied...“, erkannte Schesch. Von seinem Standpunkt aus sahen sich Menschen und Asgard bestimmt ausgesprochen ähnlich. „Und überlassen die Asgard euch Technologie?“
Schön wäre es, dachte Teal’c. Es gab in der Milchstraße Milliarden Menschen mit keiner oder nur minderwertiger Technik. Die Asgard dagegen waren nur wenige. Würde man die Menschen mit Asgardtechnik ausrüsten – die Goa’uld wären innerhalb von Tagen vollständig ausgerottet.
Daniel beantwortete die Frage von Schesch nicht. Vielleicht war es ihm unangenehm in Hörweite von Hermiod dieses Thema zu diskutieren. „Ich werde sehen, ob ich ein Treffen zwischen dir und Thor arrangieren kann“, versprach er statt dessen. „Dann kannst du deinen Standpunkt ihm gegenüber darlegen.“
Teal’c bezweifelte nicht, dass Daniel Jackson sich darüber hinaus mit der Kraft all seiner Worte für Scheschs Anliegen einsetzen würde.
Inzwischen war Teal’c dem nicht mehr abgeneigt. Allerdings hoffte er, dass Daniel Jackson diesen Aufwand nicht würde bereuen müssen.


* * *


Der Weg des dahinrasenden Fluggeräts folgte dem Verlauf der Küste. Sie ließen den Säure-Regen hinter sich, so dass sich der Blick nach unten klärte. Der Planet erschien Jack zunehmend suspekt – es schien hier nicht einen einzigen Baum zu geben!
Schließlich erschien die Stadt am Horizont, welche sie bereits beim Landeanflug hatten erahnen können. Die Silhouetten von beeindruckenden Wolkenkratzern verschiedener Form erstrahlten im Licht der blauen Sonne und machten einen durchaus einladenden Eindruck.
Als sie näher kamen, bemerkte Jack den Dunst, der über den Häusern zu hängen schien. Doch es handelte sich nicht um Smog, wie er zuerst befürchtete, sondern um Staub. Staub, den einstürzende Hochhäuser in die Luft gewirbelt hatten. Und davon schien es etliche zu geben. Die Replikatoren waren ganz offensichtlich fleißig gewesen.
In dem Viertel der Stadt, auf welches sie sich zu bewegten, flitzten fliegende Gleiter unterschiedlicher Größe zwischen den Häusern umher. Allerdings für eine Stadt dieses Kalibers viel zu wenige, so dass dieser Ort trotz einer gewissen Aktivität irgendwie tot wirkte.
Das andere Ende der Stadt brodelte dagegen nur so. Riesige Ströme von kleinen Flugzeugen wälzten sich sowohl aus ihr heraus, als auch wieder in sie hinein. Für Jack sah es nach einer Evakuierung der Bevölkerung aus, die dort in vollem Gange war.
Sie landeten auf einer breiten, wie leergefegt wirkenden Straße. Sasss und seine beiden Begleiter kugelten sich kommentarlos aus der Schleuse und sie folgten ihnen. Zielstrebig bewegten sich ihre Führer auf eines der Hochhäuser zu, welche um sie herum in die Höhe ragten.
Dessen Eingang führte in ein großes Foyer. Dessen Decke wurde geziert von der holographischen Projektion eines prächtigen Nachthimmels. An der ihnen gegenüberliegenden Wand des Raumes reihte sich eine Tür an die andere.
Inmitten des Foyers stand ein Brunnen, der eine silbrige Fontäne in die Höhe spritzte. Das flüssige Metall rann über mehrere Stufen herab und floss durch einige gewundene Spiralen in ein Becken hinab. Es erinnerte Jack an Quecksilber, nur irgendwie befürchtete er, dass es sich um etwas Geschmolzenes handelte.
Die drei Aliens stellten sich jeweils vor eine der Türen, welche sich einen Augenblick später bereits öffneten. „Stellt euch vor einen der Zugänge und drückt in ihrem Inneren den zweitobersten Knopf“, wurde ihnen gesagt. Dann schlossen sich die Türen hinter ihren wortkargen Gastgebern.
Jack tat wie geheißen und ging zu einer der Türen, die sich ohne merkliche Verzögerung öffnete. Dahinter lag eine Kabine. Groß genug für ihn und Carter, aber nicht ausreichend groß für zwei der wandelenden Riesenknoten. Obwohl es sich lediglich um einen Lift handelte, blieb das Drücken außerirdischer Knöpfe Carters Aufgabenbereich. Und so war sie es, welche auf die Taste für das zweitoberste Stockwerk drückte. Die Türen schnappten zu und öffneten sich bereits nach einer einzigen Sekunden wieder.
„Die immense Beschleunigung des Lifts wird wohl von Trägheitsdämpfern ausgeglichen“, kommentierte Carter die Geschwindigkeit, mit welcher der Lift sie transportiert hatte.
Der Raum, der sich ihnen nun darbot, erschien wie eine kleine Version des Foyers aus dem sie kamen. Die Decke wurde diesmal geziert von einer pompösen Spiralgalaxie, welche sich langsam drehte – was man nicht in der Realität haben konnte, schuf man sich eben in seiner Fantasie.
Sasss erwartete sie bereits und wies ihnen den Weg durch eine große Tür. Dahinter öffnete sich vor Jack ein Saal welcher im Gegensatz zum Asgard-Laden vor Aktivität nur so überquoll.
Überall hasteten Tzenk herum, selbst an der Decke hangelten sie sich entlang. Lange Reihen mit Konsolen füllten den Raum aus, Projektoren warfen Bilder an die Wand und Hologramme in die Luft. Der Raum war von Stimmen einer Sprache erfüllt, die fremdartiger als alles war, was Jack kannte, da die Stimmbänder, welche sie erzeugten, nichteinmal annähernd menschlich waren. Es waren so viele Gespräche, dass der kleine Asgardcomputer seines Anzuges wohl gar nicht erst versuchte, sie alle zu übersetzen.
Sasss führte sie zu einem großen Tisch, auf dem ein dreidimensionales Hologramm der Stadt zu sehen war. Erneut spähte Jack misstrauisch an die Decke, wo zwei Wesen sich über einen dort montierten Bildschirm beugten.
„Die grünen Gebiete zeigen die Orte an, welche von den Robotern besetzt oder verwüstet wurden“, erklärte ihr Führer und zeigte auf einen in seinem Umfang nicht vernachlässigbaren Randbereich der Stadt, den Jack bereits aus der Luft hatte bewundern können. „Die roten Symbole zeigen unsere Truppen.“
„Ihr befindet euch auf dem Rückzug.“ Jack brauchte nicht lange hinzusehen, um das zu erkennen.
„Das sollte dich nicht wundern. Die wenigsten von uns haben eine Waffe je außerhalb des Schießstandes eingesetzt. Es gibt hier nur uns selber, wen also sollten wir gewöhnlich bekämpfen?“
Das erklärte die primitive Cruise Missile, mit der sie beschossen worden waren. Trotz modernem Sprengkopf hatte Jack von einem Volk mit Hyperantriebs-Unterbrechern und Zugstrahlen ein moderneres Zubringersystem erwartet. Es schien fast so, als hätten die Tzenk irgendwann in ihrer Geschichte ihre Forschung an Waffen eingestellt.
„Aber wenn dem so ist, warum besitzt ihr dann überhaupt Waffen?“, warf Carter ein.
„Weil wir uns vor genau so einem Fall schützen wollten, dass jemand von außen uns angreift“, erklärte Sasss knapp. „Ihr hattet gesagt, dass ihr uns helfen könntet. Also: Helft uns!“
„Die Replikatoren ernähren sich von Metallen, welche sie in der Umgebung finden können und nutzen sie dazu, um Kopien von sich selbst zu erstellen“, erklärte Carter, während Jack weiter die Umgebung musterte und vertrauensvoll seine Stellvertreterin machen ließ. „In diesem Fall vermutlich die Metalle, welche eure Hochhäuser stützen.“
„Sie haben uns zu Anfang völlig ignoriert, sind einfach an uns vorbei und in die Häuser eingedrungen. Erst, als wir versuchten sie daran zu hindern, begannen sie unsere Leute anzufallen. Seitdem greifen sie an, wenn sie uns nur von Weitem sehen.“
„Werden hier in der Nähe Metalle verarbeitet oder größere Mengen gelagert?“
„Es gab Zwischenlager für das aufbereitete Erz, welches auf unserem Raumhafen aus dem äußeren Sonnensystem angeliefert wird.“
„Gab? “, warf Jack ein.
„Die Replikatoren, wie ihr sie nennt, haben es schon vor längerer Zeit eingenommen.“
Jacks Blick kreuzte sich mit dem von Carter. Sie dachten beide dasselbe: es war bereits eine nicht unerhebliche Menge an Replikatoren gewesen, die sie hier eingeschleppt hatten. Wenn die Käfer inzwischen genug Material gefunden hatten, um sich nennenswert zu vermehren, könnte es unmöglich werden, die Kontrolle über die Situation zurück zu gewinnen.
Nicht, dass Jack das etwas ausgemacht hätte. Allerdings saß er hier fest und solange dies der Fall war, ging es ihn sehr wohl etwas an.
„Gibt es noch andere Lager?“, fragte Carter, während sie sich auf den Tisch stützte und intensiv das Hologramm musterte.
„Nein.“
„Gibt es Kraftwerke in der Stadt?“, setzte sie nach.
„Es gab ein geothermisches Kraftwerk am Stadtrand, das allerdings vor Jahren stillgelegt wurde.“
„Die Replikatoren werden angezogen von Energie. Wenn ihr das Kraftwerk wieder in Betrieb nehmen könntet, würde sie das anlocken und wir könnten einen großen Teil von ihnen in die Luft sprengen.“
Nach kurzem Zögern begann Sasss kommentarlos die Konsole vor ihm mit drei verschieden geformten Schläuchen, die von irgendwo her gekommen waren und alle in verschiedenen Gliedmaßen endeten, zu bearbeiten. „Das würde 4 Tage dauern“, erklärte er dann.
Hier schaltete sich Jack wieder ein und kehrte die zwei Schritte zum Tisch zurück, um die er sich entfernt hatte. Er wusste, wie dieses Spiel funktionierte. „Okay, ihr habt 4 Stunden
Mit einem schmatzenden Geräusch verschwanden die Tentakel wieder. „Ich verstehe nicht. Wieso haben wir 4 Stunden?“
„Es ist gut, Colonel...“, hielt Carter ihn unbehaglich von einer Erwiderung ab und versicherte beinahe entschuldigend: „Er meint das genauso wie er es sagt.“ Jack schwieg enttäuscht und Carter wandte sich wieder dem Alien zu. „Wie funktioniert das Kraftwerk? Ihr lasst durch die Erdwärme eine Flüssigkeit verdampfen und treibt damit Turbinen an, die dann Strom erzeugen?“
„Genau.“
„Dann könntet ihr aber auch theoretisch umgekehrt diese Turbinen mit Strom in Drehung versetzen?“
„Das wäre viel schneller machbar.“
„Dann tut das! Für die Replikatoren ist es egal, ob die Energie erzeugt oder verbraucht wird. Sie muss nur da sein, so dass sie abgezapft werden kann.“
„Sobald keine Replikatoren mehr nachkommen“, ergänzte Jack, dem der Plan gefiel, „jagt ihr einen von euren Marschflugkörpern in das Kraftwerk.“
Carter blickte ihn einen Moment überrascht an, nickte dann und erklärte den Grund: „Die Replikatoren sind sehr intelligent. Sie könnten eine vorbereitete Bombe entschärfen. Also bringen wir die Bombe erst ins Ziel, wenn wir sie auch einsetzen wollen.“
Unruhig, wie Jack fand, wand sich ihr Gegenüber im durchaus wörtlichen Sinne. Kein Wunder, wenn man bedachte, dass er keinen Grund hatte ihnen über den Weg zu trauen. „Wir werden das in Betracht ziehen.“
„Kommen wir zu dem Raumhafen, den du erwähnt hast.“ Carter war heute offenbar gar nicht zu bremsen. „Wenn ihr noch Schiffe dort stehen habt, müsst ihr sie starten lassen. Nicht nur, weil ihr Metallanteil sicher größer als der eurer Häuser ist, sondern auch, weil sie den Replikatoren die notwendige Mobilität geben würden, um sich frei über eure Welt zu verbreiten.“
Ein zuckender Hautlappen legte sich über die Konsole. „Drei Schiffe können aufgrund von Reparaturarbeiten nicht starten. Die anderen werden in Kürze den Raumhafen verlassen.“
„Ihr solltet verhindern, dass die Replikatoren diese Schiffe einnehmen“, sprang Jack auf das Thema an. „Schick einen Teil deiner Truppen zum Raumhafen. Das letzte, was ihr gebrauchen könnt, sind Käfer mit Raumschiffen.“


* * *


Daniel fand, dass die Asgard ein recht zwiespältiges Volk waren. Auf den ersten Blick erschienen sie als nüchterne Logiker. Erst, wenn man genauer hinsah, fand man ein Gefühlsleben, obwohl Daniel dieses durchaus als gedämpft beschreiben würde. Mit ihrer Logik konnten die Asgard die edelsten, aber auch die kompromisslosesten Taten rechtfertigen. Auch ihre Position zu den Menschen war alles andere als einfach. Einerseits fühlten sie sich aufgrund ihrer Technik und dem enormen Alter ihrer Zivilisation ihnen klar überlegen. Andererseits bewunderten sie die Menschen für ihren Erfindungsreichtum und ihre Anpassungsfähigkeit. Aufgrund dieses komplexen Charakters war sich Daniel nicht völlig sicher, wie endgültig Thors ablehnende Haltung den Tzenk gegenüber war. Noch während der Schiffstour hatte er deswegen die Gelegenheit genutzt und ein Treffen zwischen Thor und Schesch arrangiert. Die übrigen Mitglieder der Delegation wurden in der Zwischenzeit weiterhin von Hermiod und Teal’c durch das Schiff geführt und bei Laune gehalten. Bei der kommenden Unterredung hätten sie nur gestört.
Schesch brachte seine Wünsche und Vorschläge äußerst eindringlich vor. Die Übersetzung strotzte nur so vor Leidenschaft. Doch es sah nicht gut aus. Er hätte sich genauso gut mit einer leblosen Puppe unterhalten können, wie sie im Filmgeschäft manchmal eingesetzt wurden, denn Thor zeigte sich stur.
„Sei versichert, dass ich dein Anliegen durchaus nachvollziehen kann“, erklärte er. „Du irrst dich allerdings, wenn du glaubst, dass wir euch durch Erfüllung dieses Wunsches einen Gefallen tun würden. Wir handeln so, um euch vor euch selbst zu schützen. Irgendwann werdet ihr dies vielleicht nachvollziehen können.“
Daniel hielt den Zeitpunkt für gekommen, selber etwas zum Thema beizutragen. „Ich denke nicht, dass eure Handlungsweise in diesem speziellen Fall Sinn macht.“
Thors ruhiger Blick wanderte zu ihm herüber. „Ich verstehe nicht.“
Daniel hatte Schesch lange genug zugehört, dass er allmählich glaubte, sich gut in dessen Denkweise hineinversetzen zu können. „Ihr handelt nach diesem Prinzip, um die Tzenk vor Schaden zu bewahren. Dieser Schaden wird jedoch eintreten, wenn sie nicht bald in der Lage sein werden, die benachbarten Galaxien zu erreichen. Sie verzehren sich danach und es gibt Grenzen, was ein Volk auszuhalten vermag.“
Er warf Schesch einen Seitenblick zu. Sofern er sich gerade vor Empörung über die von Daniel erwähnte Schwäche seines Volkes in seinem Schutzanzug lila-blassblau verfärbte, bekam er davon nichts mit. Zwar hatte er Schesch vorbereitet und ihm gesagt, er solle nicht widersprechen. Dennoch war er sich nicht sicher, wie er die Behauptung aufnahm.
„Das sind nur Vermutungen, Daniel Jackson“, erklärte Thor ihm sanft. „Wir wissen nicht, ob es sich so verhalten wird. Im Gegenteil könnte dein Volk, Schesch, daraus gestärkt hervorgehen. Auf der anderen Seite gibt es durchaus Erfahrungswerte, was mit Völkern geschieht, welche unsere Technologie erhalten haben.“
Daniel verstand die Einstellung der Asgard was das anging durchaus, denn er kannte die Erfahrungen der Tollaner, dessen Nachbarvolk sich mit Hilfe der neuen Technik selbst ausgerottet hatte. Allerdings glaubte er nicht, dass dieses Totschlag-Argument auf die Tzenk zutraf.
„Wie wäre es mit einem Kompromiss?“, schlug er vor. „Schesch, ihr benötigt doch eigentlich gar nicht das Wissen um die Hyperraumantriebe, nicht wahr? Was ihr wirklich braucht, sind die Triebwerke selbst, völlig egal von woher sie kommen.“
„Vorerst zumindest.“ Schesch schüttelte seinen Leib in einer Geste, die Daniel nicht so recht deuten konnte. „Auf Dauer wäre es trotzdem besser, wenn wir die Triebwerke selber bauen könnten.“
Daniel beschloss, dies als diplomatisches Ja zu deuten.
„Thor“, fuhr Daniel fort. „Ihr habt schon früher Menschen Technologie zur Verfügung gestellt. Sei es der Hammer oder die Personen-Tarnvorrichtungen von PX3595. Und ihr konntet das ohne Bedenken tun, weil ihr uns um Jahrtausende voraus wart. Die Menschen wären gar nicht in der Lage gewesen, diese Technik zu begreifen, geschweige denn nachzubauen!
Wo also wäre der Unterschied, wenn ihr den Tzenk eine gewisse Anzahl eurer Hyperraumantriebe zur Verfügung stellen würdet? Antriebe der neuesten Generation, aber trotzdem so gebaut, dass sie nach einem bestimmten Zeitraum von euch gewartet werden müssen und ansonsten ihren Geist aufgeben. Selbst, wenn die Tzenk die Triebwerke aufschrauben würden, könnten sie nicht verstehen, was sie vorfinden. Auf diese Weise hättet ihr ständig die Kontrolle darüber, wie eure Technik eingesetzt wird!“
„Du vergisst allerdings eines“, erwiderte Thor. „Es würde sich dabei nicht um einige wenige göttliche Artefakte handeln, die zur Sicherung des Überlebens dienen. Die Tzenk wissen sehr wohl, dass es prinzipiell keinen Unterschied zwischen ihrer und unserer Technik gibt. Das ist ein Unterschied. Wie groß wäre unter diesen Umständen die Motivation ihre eigene Technik fortzuentwickeln?“
Eine Pause entstand. Dann sagte Schesch schlicht: „Ungebremst.“
Thor schüttelte langsam in einer absolut menschlichen Geste den Kopf. „Glaub mir, ich habe es gesehen. Selbst, wenn eure Forschung nicht sofort zum Erliegen kommt, wird sie doch stets nur uns nacheifern. Ihr werdet versuchen, uns zu kopieren und nicht selber etwas zu entwickeln. Gute Ansätze, die den unsrigen vielleicht sogar überlegen gewesen wären, wenn sie Zeit zum Reifen gehabt hätten, gehen auf diese Weise unwiederbringlich verloren.“
Darüber musste Daniel erst einmal einen Moment nachdenken. Tatsächlich war einer der Gründe, welcher auf der Erde zahllose Zivilisationen von Ureinwohnern vernichtet hatte, die überwältigende Macht der vermeintlich überlegenen Kultur gewesen. „Nimm uns als Beispiel“, widersprach er schließlich, als er merkte, dass auch Schesch darauf nichts einfiel. „Wir bemühen uns zur Zeit unsere eigenen überlichtfähigen Raumschiffe zu bauen und soweit ich weiß, sind die Bemühungen sehr groß, dass möglichst viele Bauteile aus eigener Produktion stammen.“
„Das ehrt euch. Aber wie lange werdet ihr das durchhalten? Warum solltet ihr eure eigenen Antriebe benutzen, wenn ein Asgard-Triebwerk zehntausendmal leistungsfähiger und weniger fehleranfällig ist?“
Darauf wusste Daniel nichts mehr zu erwidern. „Vermutlich hast du recht“, musste er zugeben.
Thor legte den Kopf schief und warf ihm einen seltsamen Blick zu. „Das soll nicht heißen, dass wir nicht eines Tages euch mit unser Technik versorgen werden“, eröffnete er Daniel dann zu dessen völliger Überraschung. „Es könnte die Situation entstehen, dass die möglichen Risiken und Nachteile in Anbetracht eurer möglichen Vernichtung durch die Goa’uld oder andere Kräfte in Kauf zu nehmen sind.“
„Ach? Tatsächlich??“, war alles, was Daniel dazu einfiel. Diese Idee war nicht unbedingt schnell in den Asgard gereift.
...Oder auch nicht. Vielleicht diskutierten sie auch schon seit Jahrhunderten oder zumindest Jahren über dieses Thema ohne sich zu einem Entschluss durchringen zu können.
„Aber dies soll jetzt nicht das Thema der Diskussion sein“, lenkte Thor das Gespräch zurück auf sein Ursprungsthema. Vermutlich war ihm aufgefallen, dass diesen Punkt in Anwesenheit von Schesch zu erwähnen, dem er jede Technik vorenthielt, nicht gerade taktvoll gewesen war.


* * *


Die Explosion hatte das Kraftwerk zerstört und das Umland verwüstet. Ein beängstigend großer Schwarm an Replikatoren war dabei vernichtet worden, ein Vielfaches von dem, was vor einem halben Tag erst ihr Schiff verlassen hatte. Doch Jack wusste genau, dass es nicht reichte. Carter wusste es und Sasss ahnte es wohl ebenfalls.
Der Druck auf die kämpfenden Truppen in der Stadt hatte nicht nachgelassen. Im Gegenteil. Eben erst hatten sie erfahren, dass der Raumhafen gefallen war. Die Bilder aus einer kleinen, fliegenden Überwachungsdrohne zeigten die drei Schiffe der Tzenk. Sie glichen dicken Dreiecken, denen die Spitze fehlte. Wie eine graue Flüssigkeit schwappten die Replikatoren über das Flugfeld und verschwanden im Inneren der Raumschiffe.
„Wir haben ein Problem!“
Mit dem Gedanken Erzähl mir was Neues, drehte Jack sich um. Er hatte noch nie einen Tzenk gesehen, der umherschwabbelte wie Wackelpudding. Genau dies tat jedoch das Wesen, welches eben zu ihnen gekrochen war. „Sie kommen!“
Jack musste nicht lange fragen wer kam.
Sasss reagierte nicht, vermutlich musterte er die Karte vor ihm. „Unsere Truppen sind anderweitig gebunden“, meinte er dann, wohl mehr zu sich selbst. „Wir müssen evakuieren.“ Jack fragte sich, woher Sasss diese Ruhe nahm, wenn er noch nie einen echten Kampf geführt hatte.
„HaltHaltHalt!“, hielt Jack ihn gestenreich zurück, ehe Sasss seine glorreiche Erkenntnis für alle im Raum hörbar wiederholte. Jack schwante nämlich Böses. „Ihr habt doch hoffentlich eine Ausweichzentrale?“
Sasss erstarrte auf der Stelle. „Wir sind froh, überhaupt diese Zentrale zu haben.“
Genau das hatte Jack gefürchtet. Es sah so aus, als wären die Tzenk bald die Schlange, welcher man den Kopf abschlug, und nicht umgekehrt.
„Dann wäre Evakuieren eine ziemlich schlechte Idee, oder?“, warf Jack ihm vor, obwohl seine Worte dabei durchaus locker klangen. Als Sasss etwas zu lange schwieg, half er ihm auf die Sprünge. „Wenn ihr Waffen habt, dann solltet ihr sie hier und jetzt einsetzen“, drang er in ihn.
„Die Roboter besteigen die Häuser über die Fassaden und konsumieren die Stockwerke von oben nach unten“, murmelte Sasss. „Wir können sie während ihres Aufstieges abschießen!“
Er sprang nach vorn, überschlug sich und stieß dabei röhrende Laute aus, die bereits nicht mehr übersetzt wurden. Auf einmal kam Bewegung in die anderen Aliens. Mit einer Geschwindigkeit, welche er diesen Riesen nicht zugetraut hätte, strömten sie dem Ausgang entgegen.
Jack blickte hinüber zu Carter. Sie stand an dem beeindruckenden Panoramafenster, welches eine Wand des Raumes vollständig einnahm. Grimmig blickte sie nach unten, grimmig wandte sie sich um und grimmig kam sie zu ihm zurück.
„Wie viele sind es?“, hörte Jack sich sagen.
„Viele“, meinte sie nur und ließ mit diesen Worten einem alteingesessenen Soldaten einen Schauer über den Rücken laufen.
Gemeinsam folgten sie den Tzenk zu den Lifts. Diese brachten sie auf das Dach des Hochhauses. Jack konnte das bedrohlich anschwellende Surren und Klappern der Replikatoren bereits hören, bevor er auch nur einen Käfer zu Gesicht bekam.
Jack griff nach einem Schlauch eines vorbeikommenden Aliens und hielt diesen dadurch davon ab, an ihm vorbei zu stürmen. „Die Replikatoren werden nicht nur über die Fassaden angreifen, sobald sie auf Widerstand stoßen“, erklärte Jack leise aber eindringlich. „Ihr solltet ein paar von euren Leuten nach unten schicken, um die Liftschächte zu bewachen.“ Erst jetzt ließ er den unangenehm weichen Schlauch wieder los.
„Ja“, bestätigte das Wesen, doch die Art, wie es sich davon schlängelte, ließ Jack zweifeln, dass es ihn wirklich verstanden hatte.
Sie gingen zum Rand des Hauses. Da gab es kein Geländer oder irgendetwas, was einen Sturz nach unten verhindert hätte. Es war seltsam: Jack konnte an der geöffneten Luke eines Flugzeuges stehen, ohne dass ihm schwindelig wurde oder er Skrupel gehabt hätte, mit einem Fallschirm heraus zu springen. Doch bereits der Balkon eines normalen Hauses ließ Unbehagen in ihm emporsteigen.
Carter hatte solche Probleme nicht und er beneidete sie darum ungemein. Als er sich dann jedoch vorsichtig über den Rand des Hauses lehnte, vergaß er sein Unbehagen über die Höhe sofort und vollständig. Die ganze Fassade war ein einziges Meer der Bewegung. Obwohl sie lediglich das Aussehen von Insekten imitierten, marschierten die Replikatoren genauso selbstverständlich die Wand hoch, wie es ihre organischen Vorlagen taten.
Eine Explosion zerschmetterte Fensterglas und Roboter. Splitter und Bauteile fielen mit wachsender Geschwindigkeit dem Boden entgegen. Weitere Explosionen folgten schnell hintereinander, wurden immer häufiger. In der dichten Luft klangen sie tief und lang gezogen, wie aus weiter Ferne. Jack bemerkte, dass es die Gewehre der Tzenk waren, die zwar immer nur ein einzelnes Projektil verschossen, dieses dafür aber am Ziel explodierte.
Auch Jack griff nach seiner Waffe, entsicherte und schoss Dauerfeuer. Irgendwie mussten sie einfach der anströmenden Flut Herr werden.


* * *


„Ja, ähm...“, versuchte Daniel seinen roten Faden wieder vom Boden aufzulesen. Thors unverhoffte Aussage, dass die Asgard ihnen vielleicht doch irgendwann etwas von ihrer Technik überlassen würden, hatte ihn ziemlich aus dem Konzept gebracht. „Okay, vergiss, was ich gerade gesagt habe“, erklärte er schließlich. Das mit den Triebwerken konnten sie wohl getrost vergessen. Ihm war aber soeben etwas ganz anderes eingefallen. Entsprechend hatte er das zuvor nicht mit Schesch abstimmen können. Dennoch war dies wohl der beste Zeitpunkt, es vorzubringen. „Ein ganz anderer Vorschlag. Hört zu: Die Asgard bringen ein Sternentor zu diesem Planeten mitsamt Energiequelle und Software für einen Transport über intergalaktische Distanzen.“
Er unterbrach sich und erklärte Schesch in knappen Worten, was es mit einem Sternentor auf sich hatte. Dann fuhr er mit seinem Plan fort: „In einer der Nachbargalaxien platziert ihr ein weiteres Stargate auf einer Welt, welche mit dieser hier vergleichbar ist. Auf diese Weise können die Tzenk beliebig diese Welt mitsamt Sternenhimmel aufsuchen, ohne dass ihr irgendwie weiter in ihre Entwicklung eingreifen würdet.“
Daniel sah gespannt von einem zum anderen. Dies waren die spannenden Momente in einer Verhandlung, wenn die Vorschläge auf dem Tisch lagen und beide Seiten sich dazu äußern mussten.
„Ein interessanter Vorschlag“, bekannte Thor und nickte. „Aber eine derartige Entscheidung kann ich unmöglich alleine treffen. Nur der Hohe Rat der Asgard darf über so etwas befinden.“
„Nur zu!“ Auf K’Tau hatte es kein Problem dargestellt, mit dem Hohen Rat in Verbindung zu treten, warum sollte es an Bord dieses Hightech-Schiffes anders sein? Daran sollte es nicht scheitern. „Es dürfte wohl nicht schwer für dich sein, den Rat zu überzeugen“, vermutete Daniel. „Immerhin bist du der Oberkommandierende der Flotte und hast sicher Einfluss. Außerdem ist der Vorsitzende des Rates doch Penegal, welcher der Legende nach ein guter Freund von dir sein soll.“
Thors Mine verfinsterte sich in einem Maße, wie ein Asgard das eben zuwege brachte. „Meine Beziehung zu Penegal steht hier nicht zur Debatte“, erklärte er derart eisig, dass Daniel auf seinem geistigen Notizblock vermerkte, das Thema nie wieder anzusprechen. „Außerdem fällt die Entscheidung demokratisch und nach sorgfältiger Prüfung. “
„Ich wollte nicht beleidigend sein“, beeilte sich Daniel zu versichern. Er hatte Thor heute wohl schon genug vor den Kopf gestoßen.
Schesch rief seine Anwesenheit wieder in Erinnerung. „Warum dieser Aufwand?“, wollte er wissen. „Dein Schiff wäre ganz alleine im Stande, das Genannte zu leisten.“
„Ein derartiges Vorgehen würde zwar euch nicht schaden“, erklärte Thor und verhielt sich dabei schon wieder, als wäre soeben nichts geschehen. „Allerdings könnte es das bestehende Machtgefüge der betreffenden Galaxie massiv stören.“
Daniel seufzte auf. Die verschrumpelten Hirne der Asgard schienen an alles zu denken – um nicht zu sagen: schienen überall ein Haar in der Suppe zu finden.
„Ich versichere dir“, kam es nun heftig von Schesch. „Wir haben nichts dergleichen vor! Seit Ewigkeiten träumen wir davon, uns in eine Gemeinschaft mit anderen Völkern einzureihen, die zwischen den Sternen wohnen. Nichts liegt uns ferner, als diese Gemeinschaft zu stören oder ihr gar Schaden zuzufügen.“
Thor jedoch konnte er damit nicht beeindrucken. „Träume verblassen, wenn sie mit der Realität konfrontiert werden“, philosophierte er lakonisch.
„Du selber hast gesagt, dass ihr keinen Planeten wie diesen kennen würdet, der über intelligentes Leben verfügt“, kam Daniel Schesch zu Hilfe. „Wen also sollten die Tzenk stören? Unsere Welten sind für sie so tödlich wie umgekehrt.“
„Du als Historiker solltest wissen, dass Kriege eher selten um Lebensraum geführt werden.“
Daniel gab auf. Er hatte geglaubt, etwas bewirken zu können. Jetzt konnte er Thor nicht einmal vorwerfen, stur zu sein. Er hatte einfach Gründe, die Daniel nicht widerlegen konnte.
„Aber wie gesagt“, fuhr Thor fort. „Der Vorschlag stellt durchaus eine Option dar. Allerdings ist ein Zusammentreffen mit dem Hohen Rat zur Zeit nicht möglich. Ich werde es euch mitteilen, wenn sich das ändert.“
Erneut seufzte Daniel, wenn diesmal auch nur innerlich. Was blieb ihm übrig, als das zu akzeptieren?
„Wir danken dir für deine Mühe“, verkündete Schesch floskelhaft. Er war Diplomat und als solcher hatte er erkannt, dass er soeben genau soviel erreicht hatte, wie er unter diesen Umständen überhaupt hatte erreichen können. Seinen Unmut darüber zu zeigen, dass es weniger als erhofft war, hätte nichts gebracht. „Ich bin mir sicher, dass wir schon bald eine Lösung finden werden, die uns alle – auch den Hohen Rat – zufrieden stellen wird.“
Amen, dachte Daniel sarkastisch.


* * *


Jack ließ das außerirdische Gewehr zu Boden gleiten, gerade noch vorsichtig genug, dass nicht die Gefahr bestand, es könne von alleine los gehen.
Sein Blick wanderte über die Toten.
Die Tzenk verfärbten sich im Tod schwarz und schrumpelten wie Luftballons, aus denen man die Luft heraus ließ.
Viele dieser unansehnlichen Fladen lagen um Jack herum. Doch inzwischen war Ruhe eingekehrt.
Kein Klicken von Replikatoren.
Keine durch Mark und Bein gehenden Schreie der Sterbenden.
Er und Carter hatten gefeuert, was die Magazine hergaben. Es hatte nicht lange gedauert, bis Replikatoren in allen Formen und Größen nicht nur über die Fassade heranströmten, sondern auch aus den Liftschächten. Von den Tzenk, welche diese bewacht hatten, war sicherlich nichts übrig geblieben.
Sie waren umzingelt worden. Rücken an Rücken hatte er mit Carter gestanden und um sich gefeuert – bis die Magazine zu Ende waren.
Daraufhin hatte er die Asgardwaffe versucht, doch ein kurzer Treffer schadete diesen Legotechnik-Alpträumen nicht und da sie nicht einfach stehen blieben, sondern sich mit einem Sprung in Sicherheit brachten, war ein Dauerbeschuss auch nicht praktikabel gewesen.
In seiner Verzweiflung hatte er sich eines der Gewehre von einem toten Tzenk geschnappt. Doch diese Waffe war nicht für Menschenhände gedacht. Er hatte nicht einmal den Abzug gefunden.
So hatte er also mit einem Mal vollkommen wehrlos inmitten eines Schachtfeldes gestanden, ohne noch irgendwie eingreifen zu können.
Es hatte ihn einige Beherrschung gekostet, nicht einfach loszustürmen, auf den kleinen Käfern herumzutrampeln und gegen die großen zu treten. Mit dem Asgardanzug hätte er damit vermutlich sogar durchschlagenden Erfolg gehabt, doch hätte es keine zwei Sekunden gedauert, bis mehr Replikatoren seinen Schirm durchdrungen und an ihm hochgeklettert wären, als er hätte abstreifen können...
Also hatte er es gelassen und dem Wahnsinn um ihm herum zugesehen. Einzig die Tatsache, dass Carter unmittelbar hinter ihm stand, hatte ihn ein wenig beruhigt. Doch letztlich war sie genauso hilflos wie er gewesen.
Ein Tzenk kam auf Jack zu. Seine Waffe hatte er irgendwie im Inneren seines Körpers aufgehängt. Sie schwabbelte zwischen den zitternden Schläuchen umher.
„Ihr hattet Recht!“, erklärte ihnen Sasss mit einer Art von Begeisterung, die Jack kannte und als äußerst gefährlich einstufte. „Man kann sie tatsächlich besiegen!“ Mit diesen Worten torkelte Sasss zu den anderen Überlebenden.
Jack wandte sich zu der Kollegin um, die inzwischen wieder neben ihm stand. „Carter?“
„Sir?“
„Das war knapp.“
„Ja, Sir“, seufzte sie. Doch diese Worte sagten nichts aus. In ihren Augen sah Jack dagegen, dass auch sie das Gleiche dachte wie er: Warum lebten sie noch und warum überlebte ausgerechnet gerade der Tzenk, den sie kannten – während so viele andere gestorben waren? Nicht, dass Jack undankbar gewesen wäre, aber manchmal verstand er das Universum einfach nicht.


weiter: Kapitel 3

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