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Dolce Vita - Süßes Leben von Pheobe

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Vorwort


1* Diesmal etwas weniger tiefsinnig, dafür etwas mehr Action.
2* Pete?? Wer ist Pete??? Nie von ihm gehört… ;) .
3* Dr. Weir habe ich hier ausgelassen, eigentlich nicht absichtlich, aber General Hammond als Kommandant ist bei mir einfach immer noch drin. Kann man nix gegen machen :) . 4* Ein besonderer Dank an meine Beta Sajaon! 5* Feedback würde mich sehr freuen!
Dolce Vita - Süßes Leben


Prolog:

Ein sanfter Windhauch streifte sein Gesicht und er mümmelte sich noch tiefer in die warme Decke ein. Verdammt kühl auf diesem Planeten, murrte er in Gedanken, während er mit dem Stock in seiner Hand in der erkalteten Glut des Lagerfeuers herumstocherte.
Es war bereits vier Uhr morgens und er hatte die letzte Wache übernommen. In wenigen Stunden musste er Carter, Daniel und Teal’c wecken, damit sie heute endlich das Sternentor erreichen konnten.
SG-1 war vor ein paar Tagen auf diesen Planeten gekommen, eine normale Aufklärungsmission. Der Zufall hatte sie zwei Menschen, die hier lebten und in ihr Dorf einluden, treffen lassen. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass die gastfreundlichen Einwohner nicht sehr weit fortgeschritten waren, was sie somit zu einem eher schlechten Bündnispartner für die Erde verurteilte. Dennoch waren sie einpaar Tage geblieben, weil Daniel ihre, zugegeben, primitive Kultur und Lebensweise hatte studieren wollen.
Schließlich waren sie unter langen Abschiedsbekundungen aufgebrochen und hatten den langen Marsch zum Stargate wiederaufgenommen. Inzwischen waren sie bereits zwei Tage gewandert, heute würden sie ihr Ziel erreichen und endlich wieder heimkehren.
Jack liebte die Torreisen und die damit verbundenen Abenteuer zwar, doch hin und wieder sehnte auch er sich nach den Annehmlichkeiten der Zivilisation, wie zum Beispiel nach einer heißen Dusche oder einer guten Tasse Kaffee.
Er schmunzelte über seine eigenen Gedanken, während er den langsam wieder auflodernden Flammen zusah, die am trockenen Holz, das er nachgelegt hatte, leckten.
Müde fuhr er sich über das Gesicht und sah gen Himmel, welcher sich langsam aufzuhellen begann. Noch begrüßten die Vögel dieser fremden Welt den neuen Tag nicht mit ihrem lieblichen Gezwitscher, doch das würde nicht mehr lange dauern.
Jack starrte wieder in die kleinen Flammen vor ihm, als er plötzlich ein Geräusch hörte. Leise, fast nicht wahrnehmbar, doch er war sich sicher, etwas fremdartiges gehört zu haben, etwas, das nicht hierher gehörte. Sein Körper spannte sich an und das Blut floss schneller durch seine Adern, pumpte Adrenalin in seinen Kreislauf.
Langsam, fast im Zeitlupentempo, drehte er sich um – und erstarrte. Hinter ihm stand jemand, holte mit einer Stabwaffe aus und schlug ihn in einem Sekundenbruchteil, in dem er keine Reaktionsmöglichkeit hatte, nieder.
Hart prallte er auf dem vom Tau feuchten Waldboden auf und spürte, wie ihm das Blut an der Schläfe entlang rann.
Alles drehte sich um ihn und als er den schmerzenden Kopf etwas anhob, sah er noch weitere Gestalten, die sich flink bewegten und sich seinen tief schlafenden Kameraden näherten.
Das Letzte, was er sah, bevor ihn die Bewusstlosigkeit in eine gnadenvolle Vergessenheit stürzte, war die Stabwaffe mit der er niedergeschlagen worden war, und sein Blut, das daran klebte – dann wurde es schwarz vor seinen Augen.

Als Jack wieder zu sich kam, sah er als erstes die besorgten Gesichter seiner Freunde Daniel und Teal’c. Er hatte höllische Kopfschmerzen, aber ansonsten schien nichts weiter geschehen zu sein. Dass dem nicht so war, erfuhr er Sekunden später, als Daniel ihm sagte, dass Major Carter verschwunden war. Keine Spuren deuteten auf einen Kampf hin. Genau genommen gab es überhaupt keine Spuren. Nichts dem SG-1 hätte nachgehen können um ihre Teamkollegin zu finden. Die Fremden schienen sich mit Sam einfach in Luft aufgelöst zu haben. Aus welchem Grund, das vermochte sich keiner von ihnen vorzustellen.

Seit diesem Tag suchte SG-1 ihre Teamkameradin ebenso verbissen, wie vergeblich. Egal auf welchem Goa’uld-Planeten sie waren, egal welchen ihrer Alliierten sie um Hilfe baten, egal was sie taten – Major Samantha Carter blieb verschwunden.


~~~*~~~

Etwa drei Wochen später

„Unplanmäßige Stargateaktivierung von außerhalb!“, hallte eine männliche Stimme gemeinsam mit dem ohrenbetäubenden Alarm durch die Gänge des SGC.
General Hammond sah von seinen Unterlagen auf. Soviel er wusste, wurde kein Team in den nächsten 24 Stunden zurückerwartet. Müde erhob er sich und warf einen schnellen Blick auf die Uhr, während er in den Kontrollraum lief. Es war 3:24 Uhr. Kein Wunder, dass er erschöpft war, schließlich war es mitten in der Nacht und er selbst bereits seit Stunden auf den Beinen. Allerdings, das musste er zugeben, verlor man hier unten schnell das Zeitgefühl.
Im Kontrollraum angekommen erklärte ein junger Lieutenant, dass es sich um SG-1 handelte.
Hammond runzelte die Stirn. Was hatte das zu bedeuten? Das Team um Colonel Jack O’Neill war mit einem Spezialauftrag zu einem Planeten geschickt worden, der vielleicht einst unter der Herrschaft der Goa’uld gestanden hatte. Sie sollten herausfinden, von wem Major Samantha Carter vor wenigen Wochen entführt worden war. Bisher hatte keine dieser Missionen einen weiteren Hinweis auf Carters Verbleib erbracht, keinerlei Lebenszeichen und die Unruhe O´Neills und seiner Kollegen wuchs mit jedem Tag.

„Iris öffnen!“, befahl der General und ging in den Torraum.
Nach kurzer Zeit traten Daniel Jackson und Teal’c aus dem Stargate, dicht gefolgt von
Colonel O’Neill, der sich noch einmal umdrehte, als das Wurmloch sich mit einem schmatzenden Geräusch hinter ihm schloss.
„Haben Sie Major Carter gefunden?“, verlangte Hammond zu wissen, konnte die Antwort jedoch bereits an den Gesichtern der Männer ablesen.
„Nein, Sir.“ Jack ging frustriert an ihm vorbei. „Nichts und wieder nichts.“
Teal’c folgte ihm mit einer entschuldigenden Neigung seines Kopfes.
„Die lleonische Kultur ist ein ziemlich archaisches Volk.“, begann Daniel Jackson. „Sie kennen weder die Goa’uld, noch andere Außerirdische, es ist also sehr unwahrscheinlich, dass Sam sich dort befindet, da nach Aussage der Lleoner noch nie jemand vor uns durch das Tor gekommen ist. Die Hinweise, die auf eine frühere Goa’uld-Herrschaft deuteten, waren also falsch.“
Hammond nickte mit unbewegtem Gesicht und entließ den Archäologen. Als dieser gegangen war, starrte er gedankenverloren auf das Tor.

~~~*~~~

Sanftes, warmes Sonnenlicht drang durch die vergitterten, verglasten Fenster des hohen Raumes und erzeugte mystische Muster auf dem cremefarbenen Marmorboden. Mehr einer Halle gleich, stützten lange Säulen die gebogene Decke. Fein gemeißelte Blätter und Weintrauben, Symbole für den Überfluss, zierten die weißen Säulen. Die Fenster erinnerten ein bisschen an den gotischen Stil, liefen nach oben spitz zu. Zwar waren sie vergittert, jedoch auf eine Art, die nichts mit einem Gefängnis zu tun hatte, sondern mehr einer Kirche oder einem Tempel glich.
Sanfte Harfenklänge und der berauschende Duft von Flieder und Pfingstrosen erfüllte den Raum und im zarten Erwachen eines neuen Tages sah man eine Gestalt, die eine besondere Aura zu umgeben schien, auf einem wunderschön verzierten Thron sitzen.
Ihre langen, blonden Haare ergossen sich, einer Sturzflut gleich, über ihre nackten Schultern und umschmeichelten mit jedem sanften Wellen ein liebliches Gesicht. Sie trug ein langes, seidenes, weißes Gewand, das locker fiel, jedoch jede reizvolle Kurve ihres attraktiven Körpers betonte. Ihre blasse Haut, die sie fast zerbrechlich erscheinen ließ, bildete einen bezaubernden Kontrast zu ihren klaren, grünen Augen, die an einen herrlichen Frühlingswald erinnerten. Die gerade Nase, das eigensinnige Kinn und der sinnlich geschwungene Mund, verliehen ihrem Gesicht etwas noch anziehenderes.
Verteilt im Raum lagen bunte Kissen, in allen Nuancen von Gelb bis Rot, verstreut, auf denen sich junge und ebenfalls schöne Frauen räkelten und feierten. Sie alle trugen ähnliche Gewänder wie ihre Herrin, locker fließend, den Körper umschmeichelnd, doch im Gegensatz zu deren weißem, reinen Kleid, schillerten ihre in allen nur vorstellbaren warmen und fröhlichen Farben.
Es herrschte eine angenehme, offene Atmosphäre in der kleinen Halle und alle feierten und huldigten ihrer Königin, die ihnen diesen Reichtum und ein langes Leben in Überfluss schenkte. Es wurde Musik gespielt, Harfen hauptsächlich, köstlicher Wein getrunken und Essen herumgereicht. Alle waren selig und die Königin, deren Schönheit durch nichts zu übertreffen war, lächelte zufrieden.
Vor ihr kniete eine der jungen Frauen, das Haupt in tiefer Demut gebeugt. Sie war noch relativ neu, dennoch hatte sie ihr die Führung über die Kriegerinnen übertragen, denn die kurzhaarige Frau hatte sich als außergewöhnlich stark, geschickt und einfallsreich erwiesen. Ihr blondes Haar erstrahlte im Licht des neuen Tages. Ihre anfangs blässliche Haut hatte durch die langen Aufenthalte im Freien einen leichten Braunton angenommen. Sie trug das Gewand einer Kriegerin, aus dunklem Tierleder, das sie erlegt hatten. Der Rock reichte ihr etwa bis zu den Knien und war mit vielen Schlitzen versehen, die ihr das Kämpfen erleichtern sollten.
Ihre Augen waren so blau und unergründlich wie ein weiter Ozean und strahlten sie jetzt in tief empfundener Ergebenheit an.
Die Königin hob segnend ihre Hand und senkte sie auf den Kopf ihrer Dienerin. Ein leise geflüsterter Befehl, und die blonde Frau sprang auf.
„Wie Ihr befiehlt, Gebieterin.“, erklärte sie fest und verließ entschlossenen Schrittes die Halle.
Die Herrscherin sah ihr noch eine lange Weile nach. Ja, mit dieser Frau hatte sie eine starke Kriegerin gewonnen, deren Wille fast unbezwingbar schien.
Aber eben nur fast.
Sie lächelte und als sie einen goldgesprenkelten Weinkelch an die Lippen hob, glühten ihre Augen auf.

~~~*~~~

Hoch und runter. Auffädeln. Hoch und runter. Wieder auffädeln.
Ein resignierter Seufzer entrang sich seiner Kehle, da auch sein Jojo-Spiel ihn nicht von seinen trübseligen Gedanken ablenken konnte.
Wieder eine gescheiterte Mission. Wieder ein Planet auf dem sie Carter nicht hatten finden können.
Es war immer das Gleiche. Und es wiederholte sich jetzt schon seit etwas über drei Wochen. Tag für trübsinnigen Tag. Mission für fehlgeschlagene Mission. Es war immer dasselbe.
Wütend legte er das Jojo weg und fuhr sich durch die kurzen Haare.
Es war seine Schuld, dass man sie gefangengenommen hatte. Er hatte nicht aufgepasst, nichts gehört und – was das Schlimmste war – er hatte zu spät auf seine Feinde reagiert.
Das einzige, was sie wussten oder vielmehr vermuteten, war, dass es Jaffa gewesen sein mussten oder zumindest Diener der Goa’uld, die Carter mitgenommen hatten, denn O’Neill hatte die Stabwaffe, mit der man ihn niedergestreckt hatte, sehen können. Das einzige Indiz um seinen Major zu finden.
Sie hatten unzählige Planeten, auf denen Carter sein könnte, abgesucht, hatten Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt um sie zu finden – vergebens. Es war wie die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Carter konnte praktisch überall sein. Auf jedem x-beliebigen Planeten, auf dem es Goa’uld gab oder eventuell einmal gegeben hatte.
Auch ihre Verbündeten hatten sich nicht als sonderlich hilfreich erwiesen, denn auch sie hatten keine Spur der Vermissten finden können.
Jack setzte sich auf, hielt den Kopf mit beiden Händen, als ob er schmerzen würde und versank wieder in seinen dunklen Gedanken.
Er hätte es verhindern müssen. Er wusste, er hätte es verhindern können. Doch er hatte nichts getan. Die Angreifer waren wie eine Naturgewalt über sie hereingebrochen und hatten ihm etwas genommen. Etwas, oder besser gesagt, jemand, der ihm wichtiger war, als er es sich selbst gegenüber eingestehen wollte.
Plötzlich klopfte es an seiner Tür. Als er auch auf das zweite Pochen nicht reagierte, wurde die Tür einfach geöffnet.
„O’Neill.“ Teal’c betrat den Raum und blieb unschlüssig vor ihm stehen. Er konnte erahnen, was in seinem Freund vorging. Sie alle hatten Major Carter sehr gemocht, aber O’Neill…
„Was gibt es, Teal’c?“, fragte Jack und sah ihn erschöpft an.
Die letzten drei Wochen hatten ihn altern lassen. Seine Augen waren blutunterlaufen, seine Bewegungen schwerfällig und seine Laune – seine Laune war miserabel.
„General Hammond möchte uns sehen.“ Teal’c neigte den Kopf und verließ den Raum.
Jack saß noch eine zeitlang in sich versunken da, dann folgte auch er dem Jaffa in das Besprechungszimmer.
„Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass wir Nachricht von den Asgard und den Nox haben.“, empfing der General sein bestes Team. „Auch sie konnten Major Carter nicht finden.“
Jack spielte unruhig mit seinem Stift, sah Hammond nicht an und starrte nur auf die Tischplatte.
„Es tut mir leid, aber ich werde alle geplanten Rettungsmissionen streichen müssen.“
„Was!?“, fuhr Daniel auf. „Das können Sie nicht tun, General! Sam ist immer noch irgendwo da draußen!“
„Glauben Sie mir, mein Junge, es fällt mir mehr als schwer. Aber Major Carter ist bereits seit drei Wochen verschollen und ich habe meine Befehle. Sie wird für im Einsatz vermisst erklärt. Morgen früh um 0900 bricht SG-1 wieder zu einer normalen Aufklärungsmission auf. Wegtreten.“ Mit diesen Worten verließ Hammond den Raum und ließ ein sprachloses Team zurück.
Daniel schnappte wütend und frustriert nach Luft, Teal’c blickte ebenfalls etwas perplex und O’Neill – O’Neill schien zu überhaupt keiner Reaktion fähig zu sein.
Doch bevor Daniel ihn anfahren konnte, warum er sich dem Befehl des Generals nicht widersetzt hatte, ging auf einmal der Alarm los.
„Eintreffendes Wurmloch!“, rief Siler Hammond zu und dieser stürmte mit einem knappen Nicken in den Torraum, dicht gefolgt von SG-1.
Die Iris wurde geöffnet und zwei Tok’ra schritten die Rampe hinunter.
„Wir wissen wo Major Carter sich aufhält.“, sagte einer von ihnen.

~~~*~~~

„Jack, das ist nicht richtig.“, redete Daniel auf den Colonel ein, während dieser sich sein schwarzes T-Shirt anzog.
„Ach, findest du?“, fuhr Jack ihn an. „Du willst also lieber hier bleiben und Däumchen drehen, während Carter auf P6-irgendwas gefangen gehalten und vermutlich gefoltert wird?“
„O’Neill hat Recht.“, mischte Teal’c sich ein und zog sich die Weste mit ihrer Ausrüstung über.
„Leute, das ist einfach nicht richtig.“, versuchte der junge Archäologe es erneut. „General Hammond hat uns verboten, eine Rettungsmission nach P6Y459 zu starten.“
O’Neill knurrte nur.
„Warten wir doch bis Morgen und gehen dann zusammen mit einem anderen SG-Team durch das Tor. Wer weiß, gegen wie viele Feinde wir uns dort verteidigen und wie viele wir erledigen müssen, um Sam zu befreien. Zusammen mit einem anderen Team haben wir eine viel größere Erfolgschance.“
„Daniel Jackson hat Recht.“, lies Teal’c sich erneut vernehmen.
Jack hielt in seinen Bewegungen inne.
„Hey, auf wessen Seite stehst du eigentlich?“, rief er entrüstet, doch der Jaffa zog nur die Augenbraue hoch.
„Carter hat vielleicht keine Zeit bis morgen.“, stellte O’Neill, nun etwas ruhiger, fest und setzte sich seine schwarze Kappe auf. „Wir müssen sie da rausholen. Seid Ihr dabei oder muss ich alleine durch das Tor gehen?“ Mit diesen Worten verließ er den Umkleideraum.
Daniel und Teal’c zögerten nur einen Moment, dann folgten sie dem Colonel.

~~~*~~~

Seltsamerweise war es helllichter Tag, als SG-1 durch das Stargate trat. Offenbar liefen die Uhren auf diesem Planeten anders als auf der Erde.
Da sie unerlaubt zu dieser Rettungsmission aufgebrochen waren, hatten sie keine Zeit gehabt, vorher eine Sonde zu ihrer Absicherung vorauszuschicken, also mussten sie sich völlig auf den altbewährten Gefahrensinn und ihre Instinkte verlassen.
Langsam, die Waffen im Anschlag und auf jede Gefahr vorbereitet, liefen sie los, einem unscheinbaren, jedoch oft benutzten Pfad folgend, der sie noch weiter und tiefer in einen dichten Wald führte.
Etwa eine Stunde lang durchquerten sie das scheinbar nicht enden wollende Gehölz. Das Licht- und Schattenspiel auf dem Waldboden und das sanfte, angenehme Zwitschern einiger Vögel, hüllten alles in eine fast magische Atmosphäre. Hier war Frieden, das konnte man deutlich spüren und die moosbewachsenen, freien Flächen im Unterholz, luden förmlich zu einer Rast ein. Sie konnten ein rostbraunes Eichhörnchen auf einem Baum beobachten, das an seinem erbeuteten Futter knabberte und sich durch ihre Anwesenheit nicht stören ließ. Ganz im Gegenteil. Es blickte neugierig auf die kleine Gruppe Fremder herab, blinzelte ein paar Mal fröhlich und wandte sich dann wieder ab, um das kleine Köpfchen den warmen Strahlen der Nachmittagssonne entgegenzustrecken.
Alles erschien beinahe märchenhaft. Die Natur, die Tiere, die beinahe zutraulich wirkten und dieser wunderbare Duft aller möglichen Blüten, die den Waldboden mit ihrer Schönheit und der Prächtigkeit ihrer bunten Farben säumten. Es war fast schon berauschend, die Atmosphäre und Herrlichkeit, die dieser Planet ausstrahlte. Fast schon zu schön, um wahr zu sein.
Die drei Männer gingen schweigend und jeder seinen eigenen Gedanken nachhängend hintereinander den sich schlängelnden Pfad entlang, als O’Neill, der die Truppe anführte, plötzlich stehen blieb.
Langsam schweifte sein suchender Blick über die Bäume, Büsche und den Boden, ohne jedoch den Grund seiner plötzlichen Unruhe zu finden. Ein Geräusch hatte ihn innehalten lassen, ein Laut, der nicht in diesen ruhigen, friedvollen Wald zu gehören schien. Doch was das für ein merkwürdiges Geräusch gewesen war oder woher es kam, das vermochte er nicht zu sagen.
Mit einem mulmigen Gefühl in seiner Magengrube ging er schließlich doch weiter. Vermutlich nur der Wind oder irgendwelche Tiere, dachte er, doch sein Instinkt und seine gesamte Körperhaltung sprachen eine andere Sprache. Irgendetwas stimmte hier nicht.
Nicht nur, dass alles in diesem Wäldchen zu perfekt schien, nein, O’Neill fühlte sich auch auf sonderbare Art beobachtet und auch Teal’c erfasste eine Unruhe, die er sich nicht erklären konnte.
Trotz aller Vorsicht und der Intuition, dass hier etwas nicht stimmen konnte, merkte keiner von ihnen, dass sie schnurstracks in eine Falle liefen.
Ohne dass sie irgendein Geräusch verursacht hätten, standen plötzlich etwa ein halbes Dutzend Kriegerinnen vor ihnen und umkreisten sie blitzschnell, die Stabwaffen hoch erhoben und zum Kampf bereit.
Verblüfft blieben die Männer stehen. Wie hatten diese Amazonen sich in dem Wäldchen verbergen können? Hatten sie sie etwa auf ihrer gesamten Wanderung von dem Tor bis hierher beobachtet und nur auf den passenden Moment gewartet, um sie zu umzingeln?
„Shol’va!“, knurrte eine junge brünette Frau, deren Locken sich bis auf die Schultern ringelten, als sie Teal’c mit einem bösen Blick bedachte.
Doch statt auf ihn loszugehen hielt sie sich mühsam zurück, als eine ältere der Frauen sie beschwörend ansah.
„Äh…Wir sind friedliche Forscher.“, versuchte Daniel sich in seinen diplomatischen Fähigkeiten, um die Situation, die nicht unbedingt zu ihren Gunsten stand, zu entschärfen. „Mein Name ist Daniel Jackson. Das sind –“
Er wurde abrupt unterbrochen, als dieselbe brünette Frau, die wohl die Jüngste und Unbesonnenste unter ihnen sein musste, ihm ihre Stabwaffe unter die Nase hielt.
„Kree! K’sha, kree!“, wurde sie erneut zurecht gewiesen.
Jack, Teal’c und Daniel drehten sich in die Richtung, aus der die Stimme kam, um – und erblassten.
Die Frau die auf sie zuschritt, trug dasselbe kurze, lederne Kriegsgewand wie die anderen auch. Ihre Haut war etwas gebräunt, ihre Arme mit hübschen, hölzernen Armreifen verziert.
Eigentlich war sie genau wie die anderen Kämpferinnen, es gab nur einen winzigen Unterschied. Sie war der Grund, warum SG-1 auf diesen Planeten gereist war.
Vor ihnen stand Major Samantha Carter, offensichtlich die Anführerin der Frauen, und sie zielte mit einer Stabwaffe auf sie...

~~~*~~~
Schweigend gingen die Kriegerinnen den Pfad entlang, ihre drei Gefangenen, die sie sofort entwaffnet hatten, in der Mitte, ihre Anführerin an der Spitze des Zugs.
O’Neills Unruhe wuchs mit jedem weiteren Schritt, den sie gingen. Was war hier los? Carter als kriegerische Amazone und zudem noch die Anführerin der Frauen?
Unwillig schüttelte er den Kopf. Hier passte doch vorne und hinten nichts zusammen. Was war mit seinem Major passiert?
SG-1 war in der Annahme, dass Carter gefoltert würde, auf diesen Planeten gekommen, um sie aus der Goa’uld-Gefangenschaft zu befreien, doch stattdessen benahm sie sich, als würde sie ihre Freunde nicht kennen. Sie führte die Gruppe mit einer Sicherheit und Selbstverständlichkeit an, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan.
Jacks Unruhe verwandelte sich in Wut. Was zum Teufel ging hier vor!?
Er blieb stehen, diejenigen, die aus Unachtsamkeit gegen ihn prallten, ignorierend und starrte auf Carter. Als sie das Stocken des Trupps bemerkte, ging sie entschlossen auf ihn zu, um den Grund für das plötzliche Halten herauszufinden und, wie O’Neill an ihrem finsteren Blick erkennen konnte, um ihn zu beseitigen.
„Was ist los?“, rief sie ungeduldig.
Eine der jüngeren Frauen antwortete vorsichtig, wobei sie auf den Colonel deutete. „Dieser hier will nicht weiterlaufen.“
Wortlos baute sich Sam, die zwar kleiner als er war, vor ihm auf. Ihr harter Blick hätte andere brechen können, doch nicht O’Neill. Dafür hatte er bereits zuviel in seinem Leben erleben müssen, als dass er sich von Sams untypischem Verhalten und ihrem eiskalten Blick hätte einschüchtern lassen.
„Was ist los mit Ihnen, Carter?“, flüsterte er, sodass nur sie seine Worte hören konnte.
Nichts. Sie zeigte keinerlei Regung, keine Erinnerung, kein Zucken in ihrem Gesicht und auch kein Aufblitzen in ihren schönen Augen.
Und plötzlich, ohne jegliche Vorwarnung, holte sie aus und verpasste O’Neill eine heftige Ohrfeige. Dieser strauchelte, trat einen Schritt zurück und blickte seinen Major fassungslos an. Seine linke Wange brannte wie Feuer. Das konnte doch unmöglich Carter sein! Sam hätte so etwas nie getan. Niemals. Was hatte dieser Goa’uld mit seinem Major angestellt? Er würde ihm persönlich die Haut bei lebendigem Leib abziehen, wenn er das nicht rückgängig machte.
Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, drehte Carter sich um und schritt hoheitsvoll wieder an die Spitze des Zugs.
Von den anderen Kriegerinnen wieder zum Laufen bewegt, starrte O’Neill noch immer vollkommen fassungslos die Rückseite seines Majors an.
„Jack?“ Daniel war neben ihn getreten und sah ihn besorgt an. „Alles in Ordnung?“
Doch Jack schüttelte nur den Kopf. Nichts war in Ordnung. Sie waren hergekommen, um Carter aus Goa’uld-Gefangenschaft zu befreien und nun waren sie selbst Gefangene. Und Carter … ja, Carter wollte anscheinend überhaupt nicht befreit werden.

~~~*~~~

Sie wurden in eine Art Tempel gebracht, obwohl es sich auch um einen Palast handeln konnte. Das gewaltige Gebäude glich in keinster Weise einer Goa’uld-Pyramide. Es erstrahlte in der hellen Nachmittagssonne in voller, glänzender Pracht.
Daniel, der von dieser unbekannten Architektur trotz ihrer Gefangenschaft ganz hingerissen war, erfasste das Gebäude und dessen Struktur mit einem Blick. Man konnte drei Stockwerke erkennen, jedes davon mit vielen runden Balkonen, die mit Sicherheit einen herrlichen Ausblick auf die prächtige Landschaft um sie herum gestatteten.
Irgendwoher stieg Rauch in die Luft, der einzige Beweis dafür, dass hier jemand lebte.
SG-1 wurde in eine überwältigende Halle von riesigen Ausmaßen geführt, deren Ende mehr zu erahnen, denn zu sehen war. Sie wurde von hohen Säulen getragen, jede einzelne davon auf feinste Weise mit filigranen Zeichnungen verziert.
Als sie etwa sie Hälfte der riesigen Halle durchschritten hatten, trat plötzlich eine Frau wie aus dem Nichts auf sie zu.
Ihre Schönheit war atemberaubend. Ihr seidig glänzendes, langes Haar wallte ihren Rücken hinab und ein herrliches weißes Kleid umhüllte ihren Körper. Ihr Gesicht war fein gemeißelt, die Züge nahezu zu perfekt. Eine goldene Kordel hielt das Kleid um ihre Hüfte umfangen und baumelte herab. Ihre Handgelenke waren mit Armbändern, ebenfalls aus Gold, geschmückt.
Doch als Jack ihre rechte Hand erblickte, gefror jedes Tröpfchen Blut in seinen Adern zu Eis.
Langsam hob sie sie, und legte sie segnend auf den Kopf ihrer Dienerinnen, die vor ihr knieten. Auf Sams Kopf. Und sie trug eine Goa’uld-Handspange.
Jack schluckte. Auch Daniel und Teal’c war nicht entgangen, dass sie eine Goa´uld vor sich hatten, das merkte er an Daniels erschrockenem Aufkeuchen und daran, wie sein Jaffafreund überrascht die linke Augenbraue hob.
Schließlich standen die Kriegerinnen wieder auf, ließen ihre Gefangenen dabei aber nicht aus den Augen zu lassen.
„Ihr seid ungebeten in mein Reich eingedrungen!“, fuhr die Goa’uld SG-1 plötzlich an und ihre liebliche Stimme klang grauenvoll verzerrt.
Bevor jemand etwas erwidern konnte, fuhr sie fort. „Als Strafe ereilt euch der Tod – es sei denn, euer Anführer wagt einen Kampf mit einer meiner Kriegerinnen.“, erklärte sie lächelnd. „Verliert er, seid ihr alle des Todes. Doch falls er gewinnt, schenke ich euch das Leben.“
In O’Neill krampfte sich alles zusammen. Das wurde ja immer besser.
„Nun denn.“, ergriff sie wieder das Wort. „Wer von euch ist der Anführer?“
Entschlossen trat Jack einen Schritt nach vorne. „Ich bin der Anführer. Colonel Jack O’Neill.” Grimmig schob er das Kinn vor.
Also gut. Er würde sich auf diesen Kampf einlassen, ihn gewinnen, Carter mitnehmen und dann mit seinem Team hier wieder rausspazieren.
Die Goa’uld musterte ihn von Kopf bis Fuß, wohlwollend, wie es den Anschein hatte. Sie sah in die Reihen ihrer Kriegerinnen und unter den entsetzten Augen von Daniel, Teal’c und O’Neill trat Sam vor. Sie kniete sich vor die Goa’uld.
„Meine Tochter, Samantha, die Anführerin meiner Kriegerinnen wird den Kampf gegen dich aufnehmen, Colonel O’Neill.“, sagte sie und grinste gelassen, als sie die bestürzten Blicke der drei Männer sah.
Carter erhob sich langsam. „Wie Ihr befiehlt, meine Gebieterin Ischtar.“, sagte sie und drehte sich zu ihren ehemaligen Teammitgliedern um.
Ischtar!? Daniels Gedanken liefen auf Hochtouren. Das konnte nicht wahr sein! Was hatten sie sich hier nur eingehandelt?
Sam ging auf Jack zu und warf ihm einen schweren Dolch zu, den er aus Reflex auffing.
„Kämpfe!“, rief sie angriffslustig und bezog Position, ihren eigenen Dolch fest umklammernd.
O’Neill starrte zuerst die Waffe, dann seinen Major entgeistert und auch etwas verärgert an.
„Ich kämpfe nicht gegen Sie, Car… gegen eine Frau.“, stellte er ruhig klar und warf das Messer von sich. Irgendetwas hatte ihn plötzlich veranlasst sie nicht laut bei ihrem Namen zu nennen.
Ein Raunen entstand unter den Frauen und auch Ischtar blickte ihn zornig an.
Sams Augen verengten sich und ein wütendes Funkeln blitzte in ihnen auf.
„Hast du Angst du könntest gegen eine Frau verlieren?“, verhöhnte sie ihn und machte einen Schritt auf ihn zu. Ihr Kampfgewand schmiegte sich mit jedem Schritt an ihren Körper. Sie blieb dicht vor ihm stehen und hielt ihm die scharfe Spitze ihres reich verzierten Dolches unter das Kinn. Er zuckte mit keiner Wimper, sah sie nur ruhig an.
Doch das schürte nur noch Sams Zorn. Ihr Blick schweifte zu ihrer Königin, die langsam ungeduldig wurde. Sie wollte einen Kampf sehen. Sie dufte nicht versagen.
Sam zog sich zurück, doch der Colonel ließ sie nicht aus den Augen. Mit einem freudlosen Grinsen rief sie ihm entgegen. „Wenn du nicht kämpfen willst…“ Ihr Gesicht wurde ernst.
„Dann verteidige dich!“
Mit diesen Worten machte sie eine blitzschnelle Drehung und verpasste O’Neill einen harten Tritt gegen die Brust. Dieser taumelte und riss verblüfft die Augen auf, als er den Schmerz spürte.
Bisher hatte er gehofft, Sam wäre auf ihrer Seite und würde irgendeinen geheimen Plan verfolgen. Er hatte gebetet, dass sie sich nur so seltsam verhielt, um Daniel, Teal’c und ihn auf merkwürdige Art zu beschützen, allerdings sprach der finstere Blick mit dem sie ihn maß genau das Gegenteil. Was war nur mit ihr geschehen? Was hatten diese Leute ihr angetan?
Doch bevor er weiter darüber nachdenken konnte, setzte sein ehemaliger Major schon zum nächsten Schlag an. Sie überquerte rasch die Distanz zwischen ihnen, der hoch erhobene Dolch stürzte in Sekundenschnelle auf ihn hernieder und nur ein knapper Sprung nach hinten ließ ihn sein Ziel verfehlen.
„Was, verdammt noch mal, soll das!?“ schrie Jack entsetzt.
Suchend wanderte sein Blick von einem zum anderen. Nein, hier konnte er keine Hilfe erwarten. Daniel und Teal’c wurden von einigen Kriegerinnen mit deren Stabwaffen in Schach gehalten und sahen ihn verstört an. Selbst wenn SG-1 sich auf einen Fluchtversuch einließe, so waren sie doch in der Minderzahl und hatten zudem noch Carter gegen sich. Nein, unmöglich. Er musste diesen Kampf bestehen.
„Kämpfe!“, ertönte Sams Stimme hinter ihm und wieder rettete ihn nur ein knapper Sprung vor der scharfen Klinge ihrer Waffe.
Doch er hatte sich zu früh gefreut.
Er war gerade dabei sich wieder aufzurappeln, da spürte er schon einen heftigen Schmerz an seiner rechten Schulter.
Sam lag halb auf ihm, die Dolchklinge in ihrer Hand glänzte rötlich. Ein feiner Tropfen rann an der Klinge hinab und durchnässte den Ärmel seines schwarzen T-Shirts mit seinem eigenen Blut.
Er schluckte, sah ihr fest in die Augen und langsam begriff er, dass er sich wehren musste, wenn er eine Niederlage und somit den Tod seiner Freunde verhindern wollte. Denn, dass Carter bis zum bitteren Ende gegen ihn kämpfen würde, dessen wurde er sich spätestens jetzt bitter bewusst. Die Entschlossenheit in ihren Augen sprach Bände.
„Tut mir leid…“, murmelte Jack, packte die erstaunte Sam an den Handgelenken und warf sie mit einer geübten Bewegung über sich hinweg auf den Boden.
Schnell stand er auf, das warme Blut das über seinen Arm lief nicht beachtend, und sah sich nach seinem eigenen Dolch um. Etwa drei Meter rechts fand sein Blick das Gesuchte. Ohne auf seinen Major zu achten, die sich gerade aufrappelte, machte er ein paar schnelle Schritte in die entsprechende Richtung.
Doch Carter war schneller. Eine rasche Bewegung brachte sie zwischen ihn und seine Waffe. Keuchend vor Anstrengung standen sie sich gegenüber. Und bevor O’Neill reagieren konnte, schickte sie ihn mit einem gekonnten Tritt gegen die Beine zu Boden.
Jack fluchte leise. Er wollte nicht gegen seinen Major kämpfen. Er wollte ihr nicht wehtun. Doch ihm blieb keine Wahl. Was hatte Ischtar noch gesagt? Wenn er verlor, würden er, Daniel und Teal’c, die dem Kampf hilflos zuschauen mussten, geopfert werden. Doch wenn er gewann, würde die Goa’uld dann nicht Sam zur Strafe töten? Verdammt. Aber würde sie wirklich die Anführerin ihrer Armee umbringen lassen, nur weil sie ein Gefecht verloren hatte?
Er schluckte hart. Dies hier war ein Kampf auf Leben und Tod, das spürte er mit jeder Sekunde, die verstrich, immer deutlicher. Sam würde ihn nicht einfach gewinnen lassen, aber er konnte sie auch nicht verletzen oder gar töten, nur um das Leben der anderen und sein eigenes zu retten.
Er musste einen Weg aus dieser verdammten Zwickmühle finden.
Sam beobachtete den auf dem Boden liegenden Colonel misstrauisch und abwartend. Er ließ sich Zeit. Er dachte doch wohl nicht etwa ans Aufgeben?
Doch kaum, dass sie diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, warf O’Neill sich auf einmal mit aller Kraft auf sie und riss sie beide zu Boden. Solch eine plötzliche Attacke seinerseits hatte sie nicht erwartet. Hart schlug sie auf dem Boden auf und keuchte vor Schmerz.
Mit einem finsteren Blick hielt O’Neill ihre Handgelenke neben ihrem Kopf fest, während er auf ihr kniete. Schwer atmend sahen sie sich in die Augen.
Ein letztes Aufbegehren ließ Sam ihre Knie gegen seinen Rücken schlagen und mit einem Ruck versuchte sie sich aus seiner Umklammerung zu befreien, doch das hatte nur zur Folge, dass Jack nun ganz auf ihr lag. Alles Winden brachte nichts. Sein Griff war eisenhart, das gesamte Gewicht seines Körpers lag auf ihr und sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt. Sie konnte seinen heißen Atem in ihrem Gesicht spüren, seinen rasenden Herzschlag an ihrer Brust, sein warmes Blut, dass auf ihren nackten Arm tropfte und …
„Das genügt!“, rief Ischtar auf einmal und schritt hoheitsvoll auf die Kämpfenden zu.
Nur langsam löste Jack sich von Sam und stand auf. Er streckte ihr eine Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen, doch sie übersah diese Geste geflissentlich.
Mit stolz erhobenem Haupt ging sie an ihren Freunden vorbei, trat vor Ischtar und kniete demütig vor ihr nieder.
Jack konnte ein Schaudern nicht unterdrücken als deren Augen aufglühten und sie ihre Hand in einer segnenden Geste auf Carters Kopf legte.
„Du hast gut gekämpft, meine Tochter.“, sprach sie würdevoll, doch ohne jedes Gefühl, und entließ ihre Kriegerin. Den Blicken von SG-1 ausweichend, verließ Sam den Raum.
„Du hast obsiegt, Colonel O’Neill.“, wandte die Goa’uld sich nun an Jack. „Meinen Glückwunsch. Ich schenke euch das Leben.“ Mit diesen Worten verließ sie ebenfalls den Raum, gefolgt von einigen Dienerinnen. Nur ein paar Kriegerinnen blieben mit gezückten Waffen zurück und führten die Männer in einen kleineren Raum vor dessen Tür einige von ihnen Stellung bezogen, ebenso wie unter den Fenstern, um ihnen jede nur erdenkliche Fluchtmöglichkeit zu nehmen.

~~~*~~~

„Was sollte das denn!?“, rief O’Neill nach einigen Sekunden der Sprachlosigkeit und machte eine umfassende Handbewegung.
Er hatte den Kampf gewonnen und weder Carter noch sein Team waren geopfert worden. Doch was hatte dieses Gefecht überhaupt gesollt? Warum hatte die Goa’uld ihn gegen Sam kämpfen sehen wollen? Wusste sie, dass ihre treue Dienerin eigentlich zu ihren Feinden gehörte? Sollte das ein Test sein, um die Loyalität von Sam zu prüfen? Und selbst wenn, was hatte sie mit Carter gemacht, dass diese einfach die Seiten gewechselt hatte?
Wenn er genau darüber nachdachte, so hatte Sam keinerlei Reaktion, die auf eine Erinnerung an SG-1 oder ihr früheres Leben hindeutete, gezeigt. Vermutlich erinnerte sie sich an nichts mehr und Ischtar hatte solange auf sie eingeredet, bis sie den Worten der Goa’uld glaubte. Ja, das könnte eine Erklärung für das ungewöhnliche Verhalten seines Majors sein.
Doch war das auch die Wahrheit? Und wenn dem so war, wie sollte er Carter ihre Erinnerung zurückgeben? Sie hielt ihn für ihren Feind, ja, sie hatte ihn sogar mit ihrem Dolch aufgespießt.
Doch auch Daniel hatte keine Antwort auf seine Fragen parat. Er zuckte ratlos die Schultern und begann den Raum genauer zu inspizieren.
„Ischtar ist zwar eine wenig bekannte und nicht sehr mächtige, aber dennoch eine trickreiche Goa’uld.“, erklärte Teal’c auf einmal.
„Wer ist diese Ischtar überhaupt?“, fuhr O’Neill auf.
Daniel hatte seinen kurzen Rundgang inzwischen beendet und kehrte zu seinen Freunden, die in der Mitte des Raumes standen, zurück. Die Suche nach einer Fluchtmöglichkeit war fruchtlos gewesen. Die beiden einzigen Fenster waren vergittert und überall standen Wachen, wie bestimmt auch im Rest des Palastes.
„Ischtar?“, mischte er sich in das Gespräch ein. „Sie ist die babylonisch-assyrische Göttin der Liebe, Fruchtbarkeit und seltsamerweise zugleich auch des Krieges. Sie wurde vor allem im alten Babylon verehrt. Es wird vermutet, dass sie ursprünglich semitischer Herkunft ist, wie Ba’al oder Astarte, die man mit Ischtar gleichsetzen kann.“
Auf Jacks verwirrten Blick hin, erklärte er. „Man könnte sie mit Hathor vergleichen, nur dass Ischtar auch für den kriegerischen Aspekt steht.“
Hathor? Eine Art neue Hathor?, dachte O’Neill entsetzt. Das wurde ja immer besser.
„Und wie war das mit make love, not war?“, versuchte er die angespannte Situation mit einem Witz zu entkrampfen.
Daniel zuckte hilflos die Schultern. „Scheint nicht für sie zu gelten.“
„Ischtar ist aber auch eine Göttin der Frauen, weswegen sie sich hauptsächlich mit weiblichen Kriegerinnen umgibt.“, erzählte Teal’c.
„Hattest du schon mal mit ihr zu tun?“ Jack verzog das Gesicht. Sie hatten eine Menge Ärger mit Hathor gehabt, wenn diese Goa’uld nun genauso war, sah es nicht besonders rosig für sie aus.
„Nein.“ Sein Freund schüttelte den Kopf. „Aber ich kenne sie aus Jaffa-Legenden. Sie wird als eine der schönsten Frauen beschrieben und wer in ihre Dienste treten darf, wird auf ewig mit einem Leben in Genuss und Freude belohnt.“
O’Neill lief unruhig auf und ab. „Und was hat sie jetzt mit uns vor? Und mit Carter? Wird sie sie umbringen, nur weil ich den Kampf gewonnen habe?“
„Ischtar muss Sam einer Gehirnwäsche unterzogen haben und da Sam ja eine Soldatin ist, hat sie sie einfach als Kriegerin behalten.“
Jack grunzte nur. Das passte doch nicht zusammen. Warum sollte diese Goa’uld sich die Mühe machen, Carter von einem fremden Planeten zu entführen, hierher zu bringen und dann einer Gehirnwäsche zu unterziehen um sie schließlich zur Anführerin ihrer kleinen Kriegertruppe zu küren? Was nutzte ihr das, außer, dass sie eine weitere treu ergebene Kämpferin gewonnen hatte? Unwillig schüttelte er den Kopf. Hier stimmte einiges nicht, doch er hatte keine Zeit sich großartig über Ischtars Motive Gedanken zu machen. Das Wichtigste war, dass sie hier raus kamen und Carter sicher nach Hause brachten. Und wenn es sein muss, dann eben mit Gewalt, dachte er verdrossen.
Missmutig warf er einen Blick auf seine noch immer blutende Wunde und seufzte. Sam hatte ihn nicht schlecht erwischt.
Widerwillig zuckte er die Schultern – und verzog vor Schmerz sofort das Gesicht.
„Aber ich frage mich, was für ein besonderes Interesse diese Goa’uld an Sam hat“, sprach Daniel seine Gedanken aus.
Teal’c blickte den Archäologen irritiert an. „Ischtar umgibt sich fast nur mit Frauen, die ihr dienen und für sie kämpfen sollen. Major Carter ist eine Frau.“, erklärte er. „Des weiteren besitzt sie großes Wissen und Können.“
„Du glaubst doch nicht, dass sie Ischtar vom Stargatecenter erzählt hat? Oder von unseren Verbündeten?“ Entsetzen breitete sich auf Daniels Gesicht aus. Wenn dem so war und Sam sie verraten hatte, war die Gefahr, die ihnen drohte um einiges größer als er ursprünglich angenommen hatte.



~~~*~~~

Wenige Stunden später betrat eine der Wächterinnen den Raum. Sie trug dasselbe Gewand wie Carter vorhin, was sie offensichtlich als eine der Kriegerinnen auszeichnete.
„Kommt.“, sagte sie mit überraschend melodiöser Stimme und drehte sich auf dem Absatz um.
Die drei sahen sich ratlos an, folgten der jungen Frau dann aber. Es blieb ihnen schließlich nichts anderes übrig, insbesondere, da sie Carter finden mussten. Wer konnte schon wissen, was Ischtar mit ihr angestellt hatte, nachdem sie vom Colonel im Kampf besiegt worden war?
Die Kriegerin führte sie durch endlos scheinende, reich geschmückte Gänge und schon nach kurzer Zeit hatten sie jede Orientierung verloren. Der Palast war überwältigend und um einiges größer, als er von außen den Anschein erweckt hatte. Von hier zu fliehen würde nicht einfach werden.
Sie hielten vor einer gewaltigen, stabilen Holztür, die von innen geöffnet wurde.
„Hier geht’s in die Folterkammer…“, murmelte O’Neill mit zusammengebissenen Zähnen, blieb dann jedoch wie vom Donner gerührt stehen, nachdem er den Raum betreten hatte.
Auch Daniel und Teal’c konnten kaum glauben was sie sahen. Daniel kniff sich zur Vorsicht selbst in den Arm um auszuschließen, dass er träumte.
Folter hatten sie erwartet, Gewalt und Schmerzen, doch nun standen sie in einem reich verzierten und geschmückten Zimmer mit einer langen Tafel voll köstlicher Speisen. Sanft umfing eine leise Musik ihre Sinne, berauschte sie fast so stark wie es sonst nur Wein vermochte.
An den Wänden hingen dicke Teppiche, handgeknüpft und mit faszinierenden Mustern, die alte Geschichten erzählten. Daniel war sofort Feuer und Flamme und begann mit einer genaueren Inspizierung.
Überall lagen weiche Kissen in den verschiedensten Farben auf dem Boden verstreut, die zum sitzen und Muße tun einluden. Auf kleinen, dekorativen Tischchen standen üppige Obstschalen neben bis zum Rand gefüllten Trinkgefäßen. Ein feudaler, samtig roter Teppich lag zu ihren Füßen. In der Mitte thronte ein opulenter Tisch, der fast den ganzen Raum einnahm. Auf ihm standen die verschiedensten Speisen und Getränke, die jedem, der es sah, das Wasser im Mund zusammen laufen lassen mussten.
Einige junge Frauen hatten sich hier versammelt. Sie saßen auf den Kissen, kämmten sich die seidigen Haare, unterhielten sich oder lauschten einfach den Klängen, die eine dunkelhäutige Schönheit einer herrlich anzusehenden Harfe entlockte.
Doch keine Spur von Carter oder Ischtar. Der Gedanke, dass sein Major von dieser Goa’uld, wegen ihrer Niederlage im Kampf nun grausam gefoltert und misshandelt wurde, verdarb O’Neill jeden Appetit und verdunkelte seine ohnehin schon sorgenumwölkte Stirn.
Daniel und Teal’c dagegen konnten sich weniger zurückhalten, denn schließlich waren sie schon einen ganzen Tag hier, ohne etwas gegessen oder getrunken zu haben. Da die jungen Damen ebenfalls von Speis und Trank nahmen und keine unmittelbare Gefahr drohte, griffen sie beherzt zu.
Die ausgelassene Stimmung hielt weiter an. Jack hatte sich etwas abseits niedergelassen und nahm nur karge Stücke von dem reichhaltigen Essen. Aufs Trinken verzichtete er ganz. Auch wenn die Damen selber davon tranken war er sich nicht wirklich sicher, ob nicht doch irgend etwas untergemischt war und irgendwelche Drogen verabreicht zu bekommen war das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte. Er musste einen klaren Kopf bewahren, wenn er sein Team hier raus bringen wollte.
Er spürte, dass jemand sich neben ihn setzte, wahrscheinlich eine der Frauen, doch er beachtete sie nicht und starrte weiterhin auf den Boden. Er dachte fieberhaft über einen Fluchtplan nach, doch dazu mussten sie erst einmal Carter finden. Und sie dann auch noch hier raus zu schaffen würde ebenfalls nicht einfach werden. Plötzlich hielt ihm jemand einen Weinkelch unter die Nase. Jack schob ihn brüsk beiseite ohne die Person, die ihm den Kelch gereicht hatte, anzusehen. Doch diese blieb hartnäckig.
„Trink.“, flüsterte eine sanfte Stimme und er spürte einen warmen Körper an seinem Arm. Ein Blitz durchzuckte seinen Körper, er hob ruckartig den Kopf und fand sich in den tiefblauen Augen seines Majors versunken wieder.
„Carter!?“, stieß er verblüfft aus, als er die Sprache wiedergefunden hatte.
Wie war sie hier rein gekommen? Und seit wann war sie eigentlich schon hier, ohne dass er sie bemerkt hatte?
Ungläubig schüttelte er den Kopf. Auf diesem Planeten lief wirklich nichts so, wie es der Regel entsprach. Sam hatte zuerst verbissen gegen ihn gekämpft und nun schmiegte sie sich vertrauensvoll an seine Seite und hielt ihm einen Weinbecher an die Lippen. Was war nur mit ihr los?
Jack ließ ihren Blick nicht los, während er einen kräftigen Schluck nahm. Als er den Becher absetzte hielt sie ihm etwas zu Essen hin.
Seit dem Zweikampf war er sich sicher gewesen, dass Carter nicht auf ihrer Seite stand, doch nun verhielt sie sich vollkommen anders als noch vor einigen Stunden. Was hatte Ischtar mit ihr angestellt? Oder ließ gar die Wirkung der Gehirnwäsche nach und sein Major versuchte ihm in dieser trauten Zweisamkeit irgendetwas mitzuteilen ohne aufzufallen?
Sein prüfender Blick schüchterte Sam jedoch nicht im Geringsten ein. Sie schmiegte sich enger an ihn und lehnte den Kopf an seine gesunde Schulter. Ihre freie Hand umschlang seine Hüfte.
So verharrten sie eine Weile. Jack unternahm nichts um Sams Avancen abzuwehren. Er ließ sich von ihr Speis und Trank reichen und gemeinsam lauschten sie den sanften Harfenklängen, die sie langsam einzulullen begannen. Von Daniel und Teal’c hörten sie nur hin und wieder ein dröhnendes Lachen, ansonsten ließen auch sie sich von einigen schönen Frauen verwöhnen.
Äußerlich ruhig und entspannt, arbeitete es in O’Neills Innerem fieberhaft. Er hatte keine Erklärung für all das. Warum wurden sie erst zu einem Kampf auf Leben und Tod herausgefordert und bedroht, um danach von den schönsten Dienerinnen verhätschelt und mit Gaumenfreuden verwöhnt zu werden? Welche Ziele verfolgte diese seltsame Goa’uld? Und was hatte Carter mit all dem zu tun? Welche Rolle spielte sie in Ischtars Plänen?
Unwirsch nahm er einen weiteren vollgefüllten Becher Wein von Sam entgegen und leerte diesen in einem Zug. Da sein Major selbst, wie ja die anderen Frauen auch, von dem Wein trank und sich an den Speisen bediente, verwarf er die Befürchtungen einer möglichen Vergiftung oder Drogeneinnahme. Ischtar würde nicht all ihre Dienerinnen zusammen mit den Fremden vergiften. Oder?

~~~*~~~

Jack wusste nicht so recht, was geschehen war, als er sich plötzlich allein mit Sam in einem großen, gemütlichen Raum, der einem Wohnzimmer glich, wiederfand.
Sie drückte ihn sanft auf ein weiches, cremefarbenes Chaiselongue und ging zu einem kleinen Schrank.
Merkwürdig, dass ihm erst jetzt das lange dunkelblaue Kleid, das sie trug, auffiel. Ihr Rücken sowie ihr straffer Bauch waren nackt, das Oberteil glich einem Neckholdertop. Das Gewand wurde im Nacken zusammengehalten, schlang sich um ihre Brust und erschien in Form eines langen Rocks zu ihren Hüften wieder. Ihre langen Beine blitzten immer wieder durch die fast unmerklichen Schlitze bis zu den Oberschenkeln hervor.
Als Sam mit einem merkwürdig verschnürten Kästchen in der Hand zurückkehrte, konnte er seinen bewundernden Blick nicht vor ihr verbergen. Sie setzte sich lächelnd neben ihn, stellte das Kästchen neben sich und begann nun vorsichtig an seinem schwarzen T-Shirt zu zupfen.
Ihre warmen Hände glitten unter den Stoff und wollten es ihm langsam ausziehen.
„Woah, hey!“, rief Jack, als er endlich wieder zu einer Reaktion fähig war und packte ihre Handgelenke. „Was soll das werden?“, fragte er misstrauisch.
Mit einem unterdrückten Grinsen befreite sie sich aus seiner Umklammerung und zog ihm, seinen Widerstand ignorierend, das Shirt über den Kopf.
Er sah sie fragend an, doch sie wich seinem suchenden Blick aus, wandte ihre Aufmerksamkeit stattdessen der Hundemarke, die an einer langen Kette um seinen Hals baumelte, zu. Vorsichtig nahm Sam sie in die Hand und schaute eine Weile nachdenklich darauf. Jack hätte schwören können, dass auch ein wenig Traurigkeit in diesem Blick lag.
Er runzelte, ob ihres seltsamen Verhaltens, verwirrt die Stirn. Mal war sie gegen ihn, mal für ihn. Was für ein Spiel wurde hier eigentlich gespielt?
Als Sam seinen durchbohrenden Blick nicht mehr aushielt, ließ sie die Marke los und antwortete lächelnd auf seine Frage von vorhin.
„Ich will deine Verletzung versorgen. Was sonst?“
Aus den Augenwinkeln konnte sie den zweideutigen Blick sehen, mit dem er sie bedachte.
Sam drehte ihn leicht zur Seite, öffnete das Kästchen und holte eine kleine Flasche raus. Dann begann sie, seine inzwischen wieder blutende Wunde vorsichtig mit einer merkwürdig riechenden Flüssigkeit zu reinigen. Er gab keinen Laut von sich, nur ein leichtes Zucken in seinem Gesicht ließ seinen Schmerz erahnen. Nach der schnellen Prozedur, verrieb sie noch eine skurrile, hellgrüne Salbe sanft auf seine verletzte Haut.
„Und Sie glauben wirklich, das hilft?“, fragte Jack misstrauisch und seine Augen wanderten unruhig zwischen seiner Krankenschwester und seiner Schnittwunde hin und her.
Als sie fertig war, pustete Sam sanft darüber. Ein nicht unangenehmer Schauer lief ihm den Rücken hinab und sein Puls beschleunigte sich.
„Mit Sicherheit.“, erklärte sie und schmunzelte über seinen Argwohn. Dann verband sie seinen Arm mit einem ungewöhnlichen, hellgrünen Stoff.
Eine Weile saßen sie schweigend da. Er hätte sie gern so vieles gefragt, doch er wusste nicht, ob er ihr trauen konnte. So wie es aussah, hatte die Goa’uld Carter einer Gehirnwäsche unterzogen, doch er konnte nicht einschätzen, ob sie aus freien Stücken hier bei ihm war oder nicht.
Was tat er hier eigentlich? Er musste sich einen Fluchtplan überlegen, um sein Team sicher hier rauszubringen. Allerdings musste er dazu erst einmal herausfinden wo sich Daniel und Teal´c aufhielten. Irgendwie musste der Wein seine Wirkung getan haben. Er fühlte sich seltsam leicht und ruhig. Zu ruhig.
Plötzlich bemerkte er, dass Sam ihn schon seit geraumer Zeit ansah. Er wandte sich zu ihr um – und erstarrte. Ihm wurde heiß und kalt zugleich und sein Puls beschleunigte sich um ein Vielfaches.
In einer sanften Geste strich sie mit den Fingerspitzen über sein Gesicht, die Wangen, den Mund.
Er ließ sie gewähren, dachte nicht mehr daran, dass Sam nicht sie selbst war, vergaß, wo sie waren und warum er eigentlich hergekommen war. Etwas in ihren Augen ließ ihn nicht mehr los. Er konnte es nicht definieren, aber irgendetwas war … anders als sonst.
Ihre Hand vergrub sich in seinem kurzen Haar. Ohne seinen Blick loszulassen, zog sie ihn langsam, ganz behutsam, zu sich herunter.
Er schluckte. Sein Mund war plötzlich staubtrocken, sein Magen krampfte sich zusammen und ein Kloß hatte sich in seinem Hals gebildet.
Jack wusste, er musste sie aufhalten und zur Vernunft bringen. Immerhin war sie sein untergebener Offizier. Doch er konnte nicht.
Nur dieses eine Mal. Er würde alles Leid der Welt auf sich nehmen, wenn nur in diesem Moment keiner von ihnen den Rückzug antrat. Wenn nur ein einziges Mal geschah, was zwischen ihnen seit langem unvermeidlich war. Und wenn er damit sein Todesurteil unterschrieb – es kümmerte ihn nicht.
Ihre Gesichter waren sich jetzt ganz nah, nur wenige Zentimeter trennten sie noch voneinander. Die Spannung, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte, war fast greifbar und ein Knistern lag in der Luft. Keiner sprach ein Wort, sie sahen sich nur unentwegt in die Augen. In Sams Blick spiegelte sich eine Frage und ebenso eine ehrliche Verletzlichkeit wider, die er niemals bei ihr zu sehen erwartet hatte.
Er konnte ihren warmen Atem auf seinen Lippen spüren, ihre Hand, die in seinem Nacken ruhte. Sein Puls lief auf Hochtouren, sein Herzschlag hatte sich seit ihrer Berührung um mindestens das Doppelte erhöht und alles Denken war aus seinem Gehirn wie ausgelöscht.
Ischtar musste etwas in seinen Wein gemischt haben, nur das allein konnte erklären, warum er sich selbst und seinen Major nicht zur Vernunft brachte. Doch seine Augen sprachen eine andere Sprache und auch seine Hände, die sachte ihre Oberarme hoch zu ihren Schultern glitten. Und als ihr Mund wie ein sanfter Hauch über seine Lippen strich, konnte er sich nur noch seinen Gefühlen überlassen.
Sie berühren zu können, sie zu schmecken, raubte Jack den Atem. Er war unfähig sich zu bewegen, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen.
Es war das, was er sich immer gewünscht, wovon er aber nie zu hoffen gewagt hatte – und doch war es nicht richtig.
Fast widerwillig zwang Jack sich dazu, Sam an den Handgelenken zu packen und sie bestimmt von sich zu schieben.
„Verdammt, Carter!“, fluchte er leise. Frustriert.
Er starrte sie an, registrierte ihre geröteten Wangen, ihre feuchten Lippen, ihren heftigen Atem und ihre Augen, die ihm eine unmissverständliche Frage stellten und ihm gleichzeitig alles zu versprechen schienen, was er sich jemals gewünscht hatte.
Ein heftiger Schmerz bohrte sich unerwartet durch seine Brust. Wieder einmal standen sie vor einer Entscheidung. Eine Entscheidung, die sie bisher immer hinausgeschoben hatten, die sie nicht zu treffen gewagt hatten. Die Konsequenzen erschienen ihnen zu groß, die Veränderungen zu gewaltig und die eigene Verwundbarkeit untragbar.
Fast im Zeitlupentempo zog Jack Sam wieder an sich. Ohne ihren Blick loszulassen, glitt sie mit einer fließenden Bewegung auf seinen Schoß.
Er hauchte probeweise einen Kuss auf ihren Mund. Ja, die Entscheidung musste jetzt getroffen werden, jetzt oder nie. Und er war es leid, ständig davonzulaufen, ständig zu leugnen, zu unterdrücken. Selbst wenn es nur für dieses eine Mal galt, er hatte sich entschieden.
Er intensivierte den Kuss und sie erwiderte ihn ohne zu zögern, gab sich ihm vertrauensvoll hin, geborgen in seinen Armen.
Er ließ ihre Handgelenke los, seine Hände wanderten fiebernd über ihre Arme, ihren Rücken, pressten sie an seinen Körper.
Sein Mund löste sich von ihrem, tauchte in die weiche Geschmeidigkeit ihres Halses ein. Ihr Duft brachte ihn um den Verstand. Ihr Geschmack, sie zu fühlen, einfach alles. Sie brachte ihn um den Verstand. Er küsste ihre Schulter, ließ seine Zunge spielen, hörte sie keuchen.
Durch den Nebel seines Verstandes drang eine leise, innere Stimme in sein Bewusstsein und ließ ihn innehalten. ‚Sie ist nicht sie selbst’, sagte sie.
Entsetzt über das, was er fast getan hätte, wollte er aufspringen und Carter zur Vernunft bringen, sie wieder zu dem machen, was sie früher einmal gewesen war. Doch er war zu keiner Bewegung fähig. Sam ruhte auf seinem Schoß, dicht an ihn gepresst. Er konnte ihren warmen, schnellen Atem an seinem Hals fühlen. Konnte ihren betörenden, unverwechselbaren Duft riechen. Hatte noch immer ihren einzigartigen Geschmack auf der Zunge.
Jack schloss die Augen. Versuchte sich wieder unter Kontrolle zu bringen, Klarheit in seine wild durcheinander wirbelnden Gedanken und Gefühle zu bringen.
Sam stand noch immer unter Ischtars Kontrolle und dennoch … als sie ihn angesehen hatte, ehrlich, verletzbar, er hätte schwören können, dass ihm die echte Sam Carter gegenübersaß. Die, die wusste wer sie war und wer er war. Die, die sich an ihre Vergangenheit erinnerte.
Sie verharrten beide noch immer in Stillschweigen. Wenn Jack die Situation ausnützte während Carter nicht hundertprozentig sie selbst war, er würde ihr nie wieder in die Augen sehen können – und sich selbst auch nicht.
Jedoch konnte er sich nur mühsam davon überzeugen, dass es so das Beste war. Als er gerade beschlossen hatte, Sam von sich zu schieben und eine ungefährlichere Sitzposition einzunehmen, bewegte sie sich auf seinem Schoß, schmiegte sich noch enger an ihn.
Ein stöhnte unwillkürlich leise auf. Wollte sie ihn umbringen? War es das? Wenn nicht im Kampf, dann durch unerfüllbares Verlangen, welches sie noch weiter schürte, nur um ihn zu brechen?
Langsam begann sie, sanft seinen Hals zu küssen, seine Wangen, hielt inne. Ihre Hände lagen um sein Gesicht, sie lehnte sich ein wenig zurück um ihm in die Augen sehen zu können – und sah dort, allen Argumenten zum Trotz, dieselben Empfindungen widergespiegelt, die auch sie durchfuhren. Er wollte sie. Er wollte weit mehr als das, was sie ihm in einer Nacht geben konnte. Sie ließ diesen Gedanken nicht zu. Er wollte sie, auch wenn sein Verstand sich weigerte, das zu akzeptieren. Er wollte sie und das war das einzige, was in diesem Augenblick noch zählte.
Und bevor Jack weitergrübeln konnte, hatte sie ihren Mund erneut auf seinen gepresst. Keiner von ihnen konnte noch einen klaren Gedanken fassen. Keiner war noch in der Lage, etwas anderes zu tun, als zu fühlen.
Und er ergab sich. Sie ergaben sich beide ihren Gefühlen, die in dieser Nacht die Oberhand übernommen hatten.
Ihre Hände glitten seinen Rücken hinauf, pressten ihren weichen Körper an seinen. Er stöhnte an ihrem Mund.
Er wusste, dass Carter nicht sie selbst war. Er wusste, dass sie sich in Goa’uld-Gefangenschaft befanden, dass Daniel und Teal’c verschwunden waren. Er wusste, dass er gegen alle Regeln verstieß, wenn sie dieses Spiel weitertrieben. Doch es war ihm egal. Er war nicht mehr Herr seiner Sinne.
Regeln. Was zählten schon Regeln? Er hatte öfter dagegen verstoßen als er zählen konnte. Es zählte nur das Hier und Jetzt.
Je länger und intensiver der Kuss wurde, je inniger und leidenschaftlicher die Berührungen, desto leiser wurden die warnenden Stimmen in seinem Kopf.
Eine Hand vergrub sich in ihrem Haar, die andere lag auf ihrem bloßen Rücken. Er bog ihren Kopf nach hinten, hörte ihren keuchenden Atem, während er sich an ihrem weichen, seidenen Hals festsaugte.
Es gab nichts mehr außer diesem einmaligen, unbezahlbaren Moment. Jack wusste, dass er es bereuen würde, dass sie beide es bereuen würden, doch das war ihm egal. Er wollte sie. Gott, er wollte sie schon so lange und nun saß sie auf seinem Schoß und erwiderte hitzig seine Küsse, seine Berührungen.
Nichts würde mehr so wie früher zwischen ihnen sein, sollten sie jemals heil aus diesem Abenteuer herauskommen. Alles würde sich ändern und doch gab es kein Zurück mehr.
Verzweiflung mischte sich unter sein Verlangen. Es hatte so kommen müssen. Es war ihnen beiden von Anfang an klar gewesen, dass es eines Tages soweit kommen würde. Schon durch den ersten Blick, den sie ausgetauscht hatten, war ihr Schicksal besiegelt gewesen.
Schwer atmend löste Sam sich von ihm. Er warf ihr einen fragenden Blick zu, doch sie ließ ihm keine Zeit zum Nachdenken. Mit einem leichten Anflug eines Lächelns und einem unmissverständlichen Blick zog sie ihn hoch. Sie nahm seine Hand und führte ihn langsam in Richtung einer Tür zu seiner Rechten, die er bisher nicht wahrgenommen hatte.
Sie sah ihn aus ihren großen blauen Augen provozierend an, während er sie langsam gegen das kalte Holz drückte. Seine Hände strichen ungeduldig über ihren Körper, während sie mit zittrigen Fingern die Tür in ihrem Rücken zu öffnen versuchte.
Sein Mund traf leidenschaftlich den ihren und sie taumelten blindlings in den angrenzenden Raum, in dem es angenehm kühl war.
Wieder löste Sam sich von Jack und zog ihn langsam zu dem riesigen Himmelbett, das fast das gesamte Zimmer ausfüllte. An dessen Rand blieb sie stehen, ließ seine Hand los und warf ihm einen letzten fragenden Blick zu. Dann löste sie den Verschluss an ihrem nachtblauen Kleid, das sofort, einem Nichts gleich, zu ihren Füßen landete.
Zitternd ging er einen Schritt auf sie zu und überbrückte so jede Distanz, die es zwischen ihnen noch geben mochte.
Sam seufzte, als er sie behutsam auf die weiche Seide der Laken drückte. Sein Gewicht lastete auf ihr, doch nicht unangenehm, wie am Ende ihres Zweikampfes. Eher sanft, und irgendwie seltsam vertraut. Als wäre es ihnen von Anfang an bestimmt gewesen, diesen Weg einzuschlagen. Jack ließ die Augen offen, als er langsam seinen Mund auf den ihren senkte...

~~~*~~~

Freche Sonnenstrahlen kitzelten am nächsten Morgen sein Gesicht und vertrieben den nächtlichen Schlaf aus seinem Körper. Er öffnete erschöpft die Augen und erkannte, dass es noch Morgengrauen war. Dann ließ er sich wieder in die samtenen Kissen zurücksinken, eine Hand an seinem Kopf, der grauenvoll pochte.
Das Zimmer, in dem er sich befand, war herrlich bunt und in allen Farben geschmückt, auch wenn hier ein dunkles Blau und Silber vorherrschten. Feine Seidentücher hingen an den Wänden und am weichen Himmelbett, das fast den kompletten Raum ausfüllte, herab. Zu seiner Rechten grenzte ein monströser dunkler Wandschrank voll mystischer Symbole, die wohl nur Daniel zu entziffern in der Lage gewesen wäre. Zu seiner Linken öffneten sich die, mit dunkelblau verhängten Seidentüchern, Flügeltüren zu einem Balkon, der einen atemberaubenden Ausblick auf die Landschaft versprach.
Unbewusst tastete Jack neben sich. Er war allein. Carter war nirgends auszumachen.
Vermutlich war das auch gut so, denn er musste sich erst einmal darüber klar werden, was letzte Nacht passiert war. Er hatte nicht viel von dem süßen Wein, den sie ihm angeboten hatte, getrunken, dennoch fühlte er sich so mies wie selten zuvor. Sein Kopf drohte unter unsäglichen Schmerzen zu explodieren und er hatte einen schalen Geschmack im Mund. Was zur Hölle hatte Carter ihm da hineingemischt? Oder war es Ischtar gewesen? Egal, letzten Endes spielte das keine Rolle mehr.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht drehte er sich um, so dass sein Blick durch den Balkon auf den sich langsam erhellenden Himmel lag.
So schlecht hatte er sich zuletzt nur bei … Moment mal! Es musste überhaupt ewig her sein, dass er einen solchen Kater gehabt hatte!
Zwar konnte er die Ereignisse der letzten zwölf Stunden nicht zu hundert Prozent rekonstruieren, doch an einige Dinge erinnerte er sich nur zu genau.
Gott, was war nur in ihn gefahren, dass er sich so von seinem Major hatte verführen lassen? Hammond würde ihm den Hals umdrehen wenn er davon erfuhr und Jacob, ja, Jacob würde ihn vermutlich vierteilen, daran bestand kein Zweifel.
Ein sanfter Windhauch streifte sein Gesicht, bauschte die Tücher auf und eröffnete ihm einen Blick auf die einsame Gestalt, die draußen auf dem Balkon stand.
Jack erstarrte. Unfähig sich zu bewegen, fokussierte er die Frau, die, wie er, dem Sonnenaufgang entgegen sah.
Nur langsam erhob er sich aus dem riesigen Bett, kleidete sich an und trat leise hinter sie. Doch wenn sie seine Anwesenheit registriert hatte, so ließ sie es ihn jedenfalls nicht merken.
Gemeinsam beobachteten sie schweigend die sich in Feuer erhebende und aus der Dunkelheit der Nacht erwachende Sonne. Der Mond stand noch am Himmel und nur sehr wenige Menschen waren bereits auf den Beinen. Jack kam sich fast wie im fernen Orient vor und nicht wie auf einem von einer feindlichen Goa’uld beherrschten Planeten.
Während Sam weiterhin konzentriert in Richtung Sonnenaufgang starrte, wanderte sein Blick unwillkürlich ihren Körper entlang, den anmutige rote Tücher, die zu einem Kleid geschlungen waren, zierten. Der Knoten in ihrem Nacken hielt das kunstvolle Flechtwerk der verschiedensten Rotnuancen aus seidenen Stoffen zusammen. Eine ebenfalls rote Blüte hatte sie sich hinter ihr Ohr gesteckt.
Sie sahen zu wie der Tag begann. Frauen strömten aus, um ihren täglichen Pflichten nachzukommen und niemand würdigte das Paar, hoch oben auf einem der vielen Balkone des Palastes stehend, auch nur eines Blickes.
Sie seufzte leise und zog die Schultern hoch, als würde sie frösteln.
„Sam …“, begann er, hielt jedoch inne, da er selbst nicht wusste, was er eigentlich sagen sollte. Sie hatten die Nacht miteinander verbracht, doch sein Major war nicht sie selbst gewesen, sondern stand unter dem Einfluss des Feindes. Eine unglaubliche Woge von Schuldgefühlen durchflutete ihn. Er schluckte hart. Wie hatte er sie nur so … benutzen können?
Doch andererseits ließ ihn seine schnelle Resignation ihr gegenüber misstrauisch werden. Er war doch sonst der disziplinierte Soldat. Selbst damals, vor einigen Jahren, als sie von dieser Seuche befallen war und versucht hatte ihn zu verführen, war er standhaft geblieben und hatte sie auf die Krankenstation gebracht. Und jetzt? Er versuchte noch immer, das meiste auf den Wein zu schieben, doch über eines war er sich mittlerweile im Klaren. Er konnte sich selbst nicht mehr trauen.
Jack wollte gerade wieder zum Sprechen ansetzen, als ein plötzlicher Tumult unweit von ihrem Zimmer zu hören war.
„Verdammt!“, flüsterte Sam und wirbelte zu ihm herum. Er sah sie mit offenem Mund an, als sie ihm mit knappen, militärisch erlernten Gesten befahl, sich nicht von der Stelle zu rühren und keinen Laut von sich zu geben, bis sie wieder da war. Sein Blick folgte ihr, als sie vorsichtig in den angrenzenden Raum ging.
Wieso konnte Carter sich auf einmal wieder an Dinge aus ihrer Militärausbildung erinnern, wenn sie doch nicht einmal mehr wusste, wer Daniel und Teal’c oder er selbst waren?
Das konnte nur eins bedeuten: Die Wirkung der Gehirnwäsche ließ nach und Carter erinnerte sich langsam wieder an ihr wahres Leben. Ja, so musste es sein! Entschlossen trat er einen Schritt zur Tür und spähte vorsichtig in das leere Schlafzimmer. Die Geräusche waren verschwunden und alles war ruhig. Zu ruhig für seinen Geschmack.
Er wünschte, er hätte seine P-90 oder wenigstens seinen Dolch zur Hand. Auch wenn er den Nahkampf beherrschte, würde er sich mit einer Waffe doch wesentlich sicherer fühlen. Jack unterdrückte nur mühsam ein Fluchen, während er in geduckter Haltung den Raum nach irgendeinem Gegenstand absuchte, der als Waffe in Frage kam.
Nach langem Suchen hatte er endlich ein kleines Messer gefunden, wohl dazu gedacht, das Obst zu schneiden, das appetitanregend in Schalen auf den kleinen Tischchen stand, die in den beiden Räumen verteilt waren. Nicht unbedingt die beste Waffe, aber es würde genügen müssen.
Plötzlich spürte er jemanden hinter sich. Blitzschnell drehte Jack sich um, kampfbereit – und erstarrte. Carter stand vor ihm.
Das erleichterte Lächeln, dass sich auf seinem Gesicht ausbreitete, erstarrte in dem Moment, als er ihr Gesicht sah. Eiskalt. Und verschlossen. Das war nicht die Sam Carter, mit der er die Nacht verbracht hatte.
Doch bevor er weiterdenken konnte, betraten zwei von Ischtars Kriegerinnen den Raum.
„Mitkommen.“, rief die eine und zielte mit ihrer Stabwaffe auf ihn.
Ein letzter Blick auf seinen Major und O’Neill wusste, dass er auch dort keine Hilfe finden würde. Langsam öffnete er die Faust und ließ das Messer auf den Boden fallen.

~~~*~~~

„Jack.“, begrüßte Daniel seinen Freund, als dieser, gefolgt von zwei Kriegerinnen und Carter, den Thronsaal betrat.
Widerstandslos ließ er sich neben Daniel und Teal’c vor Ischtar führen. Links und rechts bezogen die Kriegerinnen Position, um jeden Fluchtversuch sofort im Keim ersticken zu können. Zur Linken der Goa’uld stand Sam.
O’Neill ließ sich seine Gefühle nicht anmerken, in Wahrheit jedoch war er völlig fassungslos und verzweifelt. Er hatte wirklich geglaubt, Carter würde sich wieder erinnern. Die gemeinsam verbrachte Nacht, die militärischen Gesten vor nur wenigen Minuten. Innerlich schüttelte er den Kopf. Wie hatte er sich selbst nur so belügen und täuschen können?
Hier stand er nun, sah in Ischtars zu einem höhnischen Grinsen verzogenes Gesicht, sah Carters unbewegliche Miene und den leeren Ausdruck in ihren Augen.
„Die haben uns irgendwelche Drogen untergemischt.“, klärte Daniel ihn leise auf. Teal’c, der zwischen ihnen stand, zuckte mit keiner Wimper und sein Antlitz zeigte den heroischen Ausdruck tapfer ertragenen Leids. Jack bezweifelte, dass der Jaffa in der letzten Nacht sehr viel zu leiden gehabt hatte, vermutlich ebenso wenig wie der Archäologe oder er selbst.
„Das ist nicht ganz richtig.“ Sam erhob zum ersten Mal, seit sie den Raum betreten hatten, die Stimme. „Der Wein enthielt ein schwaches Sedativum, wie ihr es nennt, dass euch leichter gefügig machen sollte. Tatsache allerdings ist“ – ihr Blick traf den des Colonels – „dass ihr zu nichts gezwungen worden seid. Es war eure freie Entscheidung.“, erklärte sie und wandte sich wieder den beiden anderen Mitgliedern von SG-1 zu.
Daniel wollte gerade den Mund aufmachen, als Ischtar gebieterisch die Hand hob. Die Augen voller Genugtuung, erklärte sie: „Layja und K’sha haben gute Arbeit geleistet und den beiden da“ – sie deutete auf ihn und Teal’c – „viele nützliche Informationen entlocken können.“
O’Neill hob entsetzt und zugleich auch amüsiert beide Augenbrauen und starrte seine Teamkollegen teils wütend, teils neugierig an. Daniel wand sich unter seinem bohrenden Blick, räusperte sich und konzentrierte sich verlegen auf einen nicht vorhandenen Punkt am Boden. Teal’c hingegen verzog keine Miene, nur seine Kiefermuskeln waren auffällig angespannt.
Jack hätte fast lachen können, wäre das alles nicht so verdammt ernst gewesen. Soviel Gewitztheit und Cleverness hätte er dieser Goa’uld gar nicht zugetraut. Sie hatten Folter erwartet und einen langsamen, qualvollen Tod, wenn sie nicht rasch entkamen, aber das! Das war wirkliche etwas Neues, einzigartiges – und sehr effektiv, wie er leider zugeben musste. Was hatten seine Freunde nur alles ausgeplaudert?
Urplötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Carter hatte ihn überhaupt nicht ausgefragt. In Wahrheit waren sie auch viel zu beschäftigt gewesen, um überhaupt ein Wort miteinander zu wechseln, obwohl das Erfragen von Informationen doch ihr Auftrag gewesen war oder nicht?
„Nun, meine Tochter.“, wandte die Goa’uld sich an Sam. „Was hast du von dem Mann, der sich selbst Colonel O’Neill nennt, erfahren?“
Daniel fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er erfuhr, mit wem Jack die Nacht verbracht hatte und sogar Teal’c hob eine Augenbraue und blickte den Colonel mit einem spöttischen Funkeln in den Augen fragend an.
Doch dieser bekam das nur am Rande mit. Er fixierte Carter, wohl wissend, dass sie ihm keine einzige Information entlockt, ja, es nicht einmal versucht hatte, ganz im Gegensatz zu ihren Kampfgefährtinnen.
Mühsam riss Sam sich von diesem durchbohrenden Blick los und wandte sich ihrer Königin zu. „Ich habe in der Tat vielversprechendes herausgefunden.“, sagte sie mit fester Stimme. „Der Code zum Öffnen der Iris, die das Stargate schützt, lautet 7784352. Es gibt eine Reihe von Verbündeten der Tau’ri, am Mächtigsten sind jedoch die Furlinger, die auf P5Y972 ihren Heimatort haben.“
Sam konnte den Blick des Colonels förmlich auf sich spüren. Ein Schauder durchlief sie, als sie die Heftigkeit und die Fragen sah, die darin mitschwangen.
O’Neill ließ sich nichts anmerken, dennoch konnte er eine leise Hoffnung und das Aufkeimen sanfter Freude in sich nicht unterdrücken. Sie hatte gelogen! Carter hatte die Goa’uld angelogen! Den Iriscode hatte sie nur erfunden und was sie als Heimatplaneten der Furlinger genannt hatte, war in Wahrheit ein von Ba’al schwer bewachter Stützpunkt.
Doch die anfängliche Freude wurde sofort wieder getrübt.
„Nun denn.“, meinte Ischtar zufrieden. „Werft sie ins Verließ. Sie werden bei Sonnenuntergang als rituelles Opfer für unsere Feier dienen.“
„Was gibt’s denn zu feiern?“ Jacks Stimme triefte nur so vor Zynismus.
Ischtar ließ sich jedoch nicht beeindrucken, trank einen Schluck Wein aus ihrem goldenen Kelch und erwiderte lächelnd. „Den Sieg über die Tau’ri – dank euch, verehrte Freunde.“
Unter ihrem schallenden Gelächter wurden die entsetzten Mitglieder von SG-1 abgeführt.
Sam blickte ihnen lange nach, ohne den Colonel aus den Augen zu lassen. Sein Blick enthielt eine einzige Frage. Warum?
Erschöpft schloss sie die Augen, ließ sich von Ischtar deren Kelch reichen und trank aus demselben Gefäß wie ihre Gebieterin und Königin.

~~~*~~~

Eine kühle Brise wirbelte die feuchte Luft in den unterirdischen Verließen auf. Die Strahlen der untergehenden Sonne drangen durch das kleine vergitterte Fenster und warfen abstrakte Muster auf den kahlen Steinboden.
Wer hätte gedacht, dass sich unter dem prachtvollen Palast ein Labyrinth von einem Kerkersystem verbarg? Ischtar war wirklich nicht zu unterschätzen. Beim nächsten Mal würde der Colonel daran denken … das heißt, wenn es denn ein nächstes Mal gäbe.
„Sie werden bald kommen.“ Daniel stand vor dem Fenster und blickte auf die wenigen Grasbüschel, die es verdeckten, hinaus. Seine Stimme und seine Haltung verrieten Resignation und Verzweiflung.
„In der Tat.“ Teal’c saß auf dem kalten, harten Boden und zelebrierte sein womöglich letztes Kel’no’reem.
Jack hatte sich als einziger auf die massive Steinbank gesetzt. Die Knie angezogen, lehnte er an der kühlen und feuchten Wand. Er hielt seine Kappe in der einen Hand, fuhr sich mit der anderen frustriert durchs kurze Haar.
Was hatten sie nur getan? Durch diese unerlaubte Rettungsmission waren sie in einen Wirbel von Ereignissen hineingezogen worden, aus dem es kein Entrinnen gab. Das Schlimmste allerdings war wohl die Tatsache, dass nicht nur sie selbst sterben würden, sondern Ischtar womöglich einen Angriff auf die Erde plante – Informationen hatte sie ja inzwischen genug, auch wenn der Iriscode nicht stimmte, sie würde schon noch einen anderen Weg finden.
Was seine Gedanken wieder zu Carter führte. Warum hatte sie das getan? Warum hatte sie Ischtar angelogen was die Informationen, die sie ihm hätte entlocken sollen, betraf? Und warum um alles in der Welt befragte die Goa’uld nicht Carter selbst nach Indizien über die Erde?
Tausend Fragen und jede Antwort warf entweder doppelt so viele Fragen auf oder stellte sich schlichtweg als falsch heraus. Er seufzte resigniert.
„Eins sag ich euch, Leute.“ O’Neill setzte seine Kappe mit dem alten Sarkasmus wieder auf. „Ich werde die Goa’uld nie wieder dämlich nennen.“
„Diese Goa’uld ist aber auch wesentlich schlimmer als Hathor.“, erklärte Daniel bitter. „Sie hat uns nicht mit irgendeiner Chemikalie in ihren Bann gezogen, sondern unsere eigenen Schwächen gegen uns verwendet, und das auf eine Art und Weise, dass wir erst gemerkt haben, was überhaupt los ist, als es bereits zu spät war.“
„Korrekt.“, stimmte Teal’c ihm zu.
„Hört mal …“ O’Neill hielt abrupt inne.
„Was ist?“, fragte Daniel und drehte sich um.
Der Colonel hob abwehrend eine Hand. Nach wenigen Sekunden meinte er „Habt ihr das auch gehört?“
„Was gehört?“
„Ich weiß nicht. Da … war ein Geräusch.“
„In der Tat.“, bestätigte Teal’c und erhob sich langsam.
Daniel sah ängstlich von einem zum anderen. „Glaubt ihr, sie kommen jetzt schon, um uns zu holen?“
Schnell stellten O’Neill und Teal’c sich neben die Tür, um die Wächterinnen, die sie zu ihrem Todeskommando bringen wollten, zu überwältigen.
Man hörte ein leises Rascheln, dann wurde ein rostiger Schlüssel in die Kerkertür gesteckt, umgedreht und …
„Sam!?“ Daniel wusste nicht, ob er erfreut oder verzweifelt sein sollte.
Die Angesprochene blickte gehetzt über ihre Schulter. Sie sah aus, als wäre sie gerannt, ihr Gesicht war gerötet, das Haar verstrubbelt und ihre Unterarme waren verdreckt.
„Los, beeilt euch!“, flüsterte sie und trat hinaus.
Nur zögernd verließen zuerst Teal’c, dann Daniel und zuletzt der Colonel die Gefängniszelle.
Daniel schob irritiert seine Brille zurecht. „Bist du … du selbst?
Trotz Zeitdruck und dem Wissen, dass jeden Moment der Alarm losgehen könnte, lächelte Sam ihm aufmunternd zu und nickte.
Ein Lächeln bildete sich auf seinem und Teal’cs Gesicht und die beiden liefen in die von Carter angewiesene Richtung.
Doch bevor sie es ihnen gleichtun konnte, spürte sie Jacks Hand an ihrem Arm, der sie festhielt. Langsam drehte sie sich zu ihm um, begegnete seinem Blick.
Sie wusste, dass er an ihr und ihrer Loyalität zweifelte … und noch an so einigem mehr, doch dies war nicht der Zeitpunkt für Erklärungen. Jeden Moment konnte eine der Kriegerinnen herkommen um die inzwischen geflohenen Gefangenen zu holen.
Carter riss sich los und folgte ihren beiden Teamkollegen in dem Wissen, dass auch O’Neill nicht hier unten bleiben sondern ihnen nachkommen würde.

So schnell und unauffällig wie irgend möglich, führte Sam die Männer durch den verwinkelten Palast. Sie schlüpften durch einen Seitenausgang und konnten endlich wieder die klare, frische Luft der Natur tief in ihre Lungen einsaugen.
Doch kaum, dass die vier sich eine Pause gegönnt und kurz aufgeatmet hatten, ging plötzlich der Alarm im Palast los. Ein schrilles Kreischen, schlimmer als tausend Sirenen, erfüllte die ganze Umgebung. O’Neill fluchte leise.
Carter ließ sich aber nicht beirren und bahnte sich einen Weg, durch die Schatten der untergehenden Sonne verborgen, in den angrenzenden Wald. Dort begannen sie zu rennen.
„Wie kommt es“, fragte Daniel keuchend, der neben ihr hersprintete, „dass die unsere Flucht so früh bemerkt haben?“
„Der Alarm ist nicht wegen eurem Ausbruch losgegangen.“, antwortete Sam und warf sich auf den Boden, als eine Stabwaffensalve über ihrem Kopf hinwegflog.
Verdammt. Sie hatten die Verfolgung aufgenommen. Carter wusste, wie schnell, geschickt und wendig ‚ihre’ Kriegerinnen waren. Es würde nicht allzu lange dauern, bis sie sie eingeholt hatten. Zudem besaßen die Amazonen den Vorteil, ihre Waffen zur Hand zu haben, wohingegen SG-1 völlig unbewaffnet war. Die Zeit hatte nicht mehr gereicht, sich ebenfalls zu bewaffnen.
„Warum denn dann?“, rief O’Neill und wich einer weiteren Salve aus, die haarscharf an seinem linken Ohr vorbeischoss.
„Meinetwegen.“, erwiderte Sam knapp und atmete erleichtert auf, als das Sternentor in Sichtweite kam.
Daniel begann sofort zu wählen, während die anderen hinter Bäumen und Büschen Deckung suchten.
O’Neill machte Teal’c und dem Archäologen, der gerade den Iriscode eingetippt hatte, ein Zeichen, dass sie gehen sollten.
Nachdem die beiden im Ereignishorizont verschwunden waren, packte er seinen Major und sprintete mit ihr zum Stargate. Die Salven flogen immer sicherer und die Kriegerinnen waren bereits zu sehen. Ein halsbrecherischer Sprung durch das Tor rettete sie vor dem letzten Schuss, der genau dort einschlug, wo noch vor wenigen Millisekunden die beiden Offiziere der USAF gewesen waren.

Unsanft wurden sie aus dem Tor auf der anderen Seite wieder hinausgeworfen und landeten hart auf der Rampe.
Sam schloss die Augen, weil sich plötzlich alles um sie drehte.
„Major Carter!“ Hammond schien kein bisschen verblüfft zu sein, sie zu sehen.
Mühsam öffnete die Angesprochene die Augen und rappelte sich auf. Einige Sanitäter halfen dem Team wieder auf die Beine.
„Sir.“ Sam nickte dem General zu.
Verwirrt schaute O’Neill zwischen den beiden hin und her. Es kam ihm fast so vor, als fände eine lautlose Kommunikation zwischen ihnen statt.
„Carter“, fluchte er verärgert. „Ich glaube, Sie schulden uns eine Erklärung.“
Mit diesen Worten verließ er, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, den Torraum.

~~~*~~~

Etwa drei Stunden später, nachdem alle Mitglieder von SG-1 geduscht, gegessen und sich einer ärztlichen Untersuchung unterzogen hatten, saß das Team komplett mit General Hammond im Briefingroom.
Carter schien etwas unglücklich über die letzten Ereignisse zu sein, doch der Colonel ignorierte das geflissentlich. Seitdem sie auf der Erde angekommen waren, hatte er kein einziges Wort mehr mit ihr gesprochen.
„Nun.“, eröffnete der General die Besprechung. „Das war wirklich knapp, SG-1.“
Sam wollte gerade etwas sagen, doch ihr Vorgesetzter hob warnend die Hand und wandte sich an O’Neill. „Sie wissen, dass ich Sie wegen Befehlsverweigerung eigentlich vor ein Militärgericht bringen müsste.“
Der Colonel warf einen missmutigen Blick in die Runde, knirschte mit den Zähnen und nickte ergeben.
„Was Sie und Ihr Team, Major Carter ausgeschlossen, getan haben, war unverantwortlich und gefährlich.“
„Aber –“
„Lassen Sie mich ausreden, Dr. Jackson“, unterbrach Hammond den Archäologen ungewöhnlich gereizt. „Tatsache ist, dass Sie nicht nur sich selbst, sondern vor allem auch Major Carter in Lebensgefahr gebracht haben und zusätzlich eine wichtige Geheimmission fast hätten auffliegen lassen. Nur Major Carter ist es zu verdanken, dass sie alle heil wieder nach Hause gekommen sind.“
„Das war eine Rettungsaktion, Sir. Wir wollten Carter aus der Gefangenschaft der …“ O’Neill starrte Sam ungläubig an. „Geheimmission?“, fragte er misstrauisch.
Diese wand sich unter seinem bohrenden Blick, sagte jedoch nichts. Hammond hatte auf sie eingeredet und ihr befohlen, zu schweigen, damit er diese ganze Sache aufklären konnte.
Und das tat er auch.
„Sie haben richtig gehört, Colonel. Major Carter befand sich auf einer höchst wichtigen Geheimmission, darum wollte ich Sie und Ihr Team auch unter keinen Umständen nach P6Y459 reisen lassen.“
„Dann war das Ganze also… geplant? Sams Entführung, die wochenlange erfolglose Suche und schließlich ihr Verhalten auf dem Planeten?“, fragte Daniel ungläubig und sah seine Kollegin, die neben ihm saß, von der Seite an. „Alles nur gespielt?“
„Es musste alles echt aussehen. Nichts durfte diese Mission gefährden.“, erklärte sie leise, aber fest.
Hammond nickte.
„Aber … warum?“ Der Archäologe schwankte noch immer zwischen Ungläubigkeit, Entsetzen und Entrüstung.
Carter warf Hammond einen fragenden Blick zu und da dieser nichts dagegen zu haben schien, begann sie zu erklären: „Vor etwa sechs Wochen kamen die Hak’tyl auf uns zu und berichteten, dass viele ihrer Kriegerinnen plötzlich verschwunden oder entführt worden waren. Doch sobald eine von ihnen wieder auftauchte, schien sie nicht sie selbst zu sein, kämpfte gegen ihre Freunde und war in den Dienst einer Goa’uld getreten. Ischtar.“
Daniel nickte, langsam begann er zu begreifen.
„Vor etwa einem Monat konnten die Hak’tyl eine ihrer ehemaligen Kriegerinnen gefangen nehmen. Sie brachten sie zu uns und wir haben herausgefunden, dass das seltsame Verhalten der verschwundenen Frauen auf einer Chemikalie, ähnlich der, die Hathor und Seth benutzt haben, basiert. Sie wird von einem seltsamen Gerät in Ischtars Palast produziert und muss regelmäßig eingeatmet werden, sonst lässt die Wirkung nach. Die Betroffenen verlieren ihre Erinnerung und werden von Ischtar einer Gehirnwäsche unterzogen, so dass sie glauben, in ihrem Dienst zu stehen.“
Sam machte eine kurze Pause und warf einen Blick in die Runde. Sie hatte die Aufmerksamkeit aller, einschließlich O’Neills. Dass er sie seit der letzten Mission so vollkommen ignorierte schmerzte sie mehr, als sie erwartet hatte, besonders nach der letzten Nacht.
„Es gelang uns, innerhalb kurzer Zeit ein Gegenmittel zu finden, das die Chemikalie unwirksam macht. Damit hätten die Hak’tyl ihre Kriegerinnen aus der Sklaverei der Goa’uld befreien können, doch sie hatten eine bessere Idee.“
„Lassen Sie mich raten. Die wollten Sie da einschleusen.“, unterbrach Jack sie sarkastisch, würdigte sie aber nach wie vor keines Blickes.
„Ja, und nach einem Gespräch mit General Hammond hielten wir es alle für die beste Idee.
Wir konnten der gefangen genommenen Hak’tyl einige Informationen entlocken und wussten daher wo sich Ischtars Kriegerinnen als nächstes aufhalten würden. Wir arrangierten die SG-1-Mission so, dass wir zeitgleich mit den Kriegerinnen auf dem Planeten waren und sie mich in dem Dorf sehen und für würdig, Ischtar zu dienen, befinden konnten. Da ich das Gegenmittel schon vorher eingenommen hatte, wirkte die Chemikalie nicht bei mir. Mein Auftrag war, Ischtars Vertrauen zu gewinnen und mich in ihrem System nach oben zu arbeiten, was mir auch vor etwa zehn Tagen gelang, als sie mich zur Anführerin ihrer Armee machte. Des weiteren sollte ich herausfinden, wie die Maschine und die Chemikalie funktionierten, um sie unschädlich machen zu können. Ischtars Tod wäre ein Zusatz gewesen, aber auf der Gehirnwäsche lag der Schwerpunkt.“
Hammond nickte. Schweigen stellte sich ein.
„Wusste Ischtar, dass Sie zu SG-1 gehören, als wir ihr vorgeführt wurden und Sie gegen mich kämpfen mussten?“, fragte O’Neill nach einer Weile.
Sam schüttelte den Kopf. „Nein, sie wusste es nicht. Wir haben alles so organisiert, dass Ischtar mich einfach für eine normale Frau und Kriegerin hielt. Sie hatte bisher nur wenig mit den anderen Systemlords zu tun gehabt, da sie immer im Verborgenen agierte. Sie wusste zwar, dass die Tau´ri viele von ihnen besiegt hatten, aber von SG-1 hatte sie zum Glück noch nichts gehört. Hätte sie gewusst wer ich bin, hätte sie womöglich ihre Chemikalie nicht bei mir angewandt, sondern mir lieber alle Informationen zur Eroberung der Erde entlockt und mich danach getötet.“
O’Neill stützte nachdenklich das Kinn auf seine Hand.
„Übrigens, es tut mir leid, dass ich Sie... verletzt habe, Sir.“
Jack warf ihr einen unmissverständlichen Blick zu, der Sam an die Zweideutigkeit ihres Satzes erinnerte. Sie räusperte sich.
„Die Schulter.“, sagte sie und deutete darauf. Ihre Wangen hatten einen unmerklichen Rosaton bekommen.
„Major Carter war nahe daran gewesen, den Auftrag zu erfüllen, als Sie und Ihr Team beinahe alles zerstört hätten, Colonel.“, erklärte Hammond und seine Stimme hatte einen leicht wütenden Unterton. „Aber zum Glück ist es noch einmal gut gegangen. Das Gerät, das die Chemikalie produzierte, wurde zerstört und Sie sind alle wieder gesund zurück gekommen.“
„Das war also der Grund, warum der Alarm so plötzlich losgegangen ist!“, schaltete sich Daniel ein, dem auf einmal ein Licht aufgegangen zu sein schien. „Du hattest, kurz bevor du uns aus dem Kerker befreit hast, Ischtars Manipulationsgerät zerstört!“
Sam nickte lächelnd. Die anderen wussten gar nicht, wie knapp diese ganze Aktion in Wirklichkeit gewesen war. Aber der General hatte Recht. Sie hatten es alle zurück geschafft. Die Gefahr war vorerst gebannt. Ohne die Chemikalie würden die Frauen im Palast sich bald wieder ihres richtigen Lebens erinnern und heimkehren. Und Ischtar hatte einen großen Teil ihrer Macht eingebüßt.
„Sie waren also die ganze Zeit Sie selbst und mussten nur so tun, als ob Sie Ischtar dienen würden?“, hakte O’Neill noch einmal nach.
Sam wand sich unter seinem Blick. Irgendetwas darin gefiel ihr nicht, aber sie nickte langsam.
Ein schelmisches Grinsen bildete sich auf Jacks Gesicht. „Und Sie hielten es also unbedingt für notwendig mich zu ohrfeigen, Carter?“
Sie hätte beinahe laut gelacht über seine Frage. Dass er ausgerechnet dies ansprach und nicht das, nun ja, das andere was sonst noch zwischen ihnen vorgefallen war … typisch O’Neill, dachte sie schmunzelnd.
„Nun ja, es musste doch echt aussehen, Sir.“ Sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Außerdem durfte ich meine Mission nicht gefährden. Es war nicht geplant, dass SG-1 dort auftaucht.“
„Richtig.“, mischte Hammond sich ein. „Und genau aus diesem Grund hatte ich auch jede Rettungsmission nach P6Y459 verboten, aber“ – er wandte sich an den Colonel – „Sie hören ja selten auf einen Ihnen erteilten Befehl.“
„Aber das konnten wir nun wirklich nicht ahnen, General!“, ließ Daniel sich kleinlaut vernehmen.
„Nein, aber vielleicht hätten sie hellhörig werden sollen, als ich jede weitere Rettungsmission untersagte. Sie sollten eigentlich am Besten wissen, dass ich niemals jemanden zurücklassen würde...“ Hammond machte eine Pause und winkte dann ab. „Lassen wir das, es ist ja alles noch einmal gut gegangen. Es war auch nicht eingeplant, dass die Tok’ra herausfinden, wo Major Carter sich aufhält. Wir hatten diese Geheimmission nur mit den Hak’tyl vorbereitet.“
„Unterschätze nie einen Tok’ra.“, witzelte O’Neill und warf Sam einen langen Blick zu.

~~~*~~~

Epilog:

Wenige Stunden später stand Sam in Zivil gekleidet vor dem Fahrstuhl und wartete darauf, dass dieser sich bequemte, herunter zu fahren.
Die letzten Wochen und die Besprechung heute waren sehr anstrengend gewesen. Sie fühlte sich irgendwie ausgelaugt und erschöpft. All das begleitet von einer merkwürdigen, stillen Traurigkeit, die sie sich nicht erklären konnte. Oder wollte.
Plötzlich bemerkte sie, dass jemand neben sie getreten war und hob den Kopf.
„Carter“, lächelte ihr Vorgesetzter sie an.
Ein nicht unangenehmer Schauder durchlief sie und sie schüttelte innerlich den Kopf. Seit der letzten Nacht in Ischtars Palast schien sie O’Neill gegenüber besonders empfindsam geworden zu sein. Sie konnte das Knistern zwischen ihnen beiden beinahe hören.
„Sir.“, antwortete sie betont förmlich und sandte flehentliche Blicke auf die geschlossenen Aufzugtüren.
Er räusperte sich, schwieg aber.
Sams innere Unruhe, die mit seinem Erscheinen aufgetreten war, steigerte sich ins Unermessliche. Ihr Herz schlug viel zu schnell und ihr Puls raste förmlich. Lächerlich, dachte sie wütend. Dass die gemeinsam verbrachte Nacht so eine Nachwirkung auf sie haben könnte, hätte sie nie geglaubt.
Natürlich hatten sie nicht darüber geredet, sondern alles in alter Manier totgeschwiegen. Das war auch das Beste so, ermahnte sie sich, als sich zufällig ihre Arme berührten und ihr Nacken zu prickeln begann.
Sie waren Arbeitskollegen, Freunde. Er war ihr Vorgesetzter, verdammt noch mal! Sie seufzte leise. Ein Glück, dass Hammond ihnen allen eine Woche Urlaub genehmigt hatte und zum ersten Mal seit sie beim SGC war, hatte sie das Gefühl ihn auch wirklich zu gebrauchen. Die Zeit würde reichen, um wieder den angemessenen Abstand zwischen sich und dem Colonel zu bringen, dachte sie und versuchte vehement, seinen durchdringenden Blick zu ignorieren.
Sam konnte förmlich spüren, wie seine Augen sie von oben bis unten musterten und das mit einer Intensität, die ihr eine Gänsehaut verursachte. Schließlich hielt sie es nicht länger aus – was musste der Fahrstuhl auch so lange brauchen! – und drehte sich zu ihm um.
Sie erstarrte. Er hatte etwas in seinem Blick, ein Funkeln, dass sie das Gefühl hatte, von einer Hitzewelle überrollt zu werden. Ihr Wangen röteten sich etwas, aber sie hielt seinem Blick eisern stand.
Inzwischen waren die Emotionen zwischen ihnen so unübersehbar, dass jeder, der vorbeilaufen würde, sich sofort ein Bild machen konnte. Sam hätte es bei diesem Knistern nicht gewundert, wenn irgendwo etwas in Flammen aufgegangen wäre.
Sie wusste, wenn sie nicht in der Basis gewesen wären, dann …
Erschrocken über ihre eigenen Gedanken, versuchte sie sich wieder zur Vernunft zu bringen. Um die Situation zu entschärfen hob sie scheinbar belustigt beide Augenbrauen und sah ihn fragend an.
„Colonel?“ Dass ihre Stimme etwas heiser klang, überraschte sie selbst vermutlich mehr als ihn.
Doch O’Neill ließ sich nicht beirren. Er hatte ihren offenen Blick gesehen, die Gefühle darin, die sie jetzt zu unterdrücken und überspielen versuchte.
Er räusperte sich. „Sie wussten also wirklich die ganze Zeit über, wer wir waren?“
Sie unterdrückte ein frustriertes Stöhnen. Genau das war das Thema, dass sie mit dem Colonel am liebsten niemals angeschnitten hätte.
„Ja, Sir“, brachte sie heraus, dicht gefolgt von einem misstrauischen „Warum?“.
Jack lächelte. „Ich möchte das nur für mich klären, Carter“, erwiderte er.
Wieder entstand eine Pause zwischen ihnen.
„Sie hätten etwas sagen oder uns ein Zeichen geben können.“, meinte er mit einem kaum unterdrückten Grinsen. „Ein Zwinkern hätte schon genügt.“
Sam fühlte sich in ihrer Haut gar nicht wohl und ihre überschwappenden Gefühle machten es nicht unbedingt leichter. Dennoch zwang sie sich zu einem Lächeln.
„Ischtar hat ihre Spione überall. Sie hätte es herausgefunden und ich durfte meine Mission unter keinen Umständen gefährden.“
Nach wenigen Sekunden weiteren unbehaglichen Schweigens, setzte Jack erneut an. „Und Sie können sich wirklich an alles erinnern?“, fragte er. „Jedes Detail?“
Sam hätte beinahe erleichtert geseufzt, als die Aufzugtüren sich endlich öffneten.
„Ja, Sir.“, sagte sie, stieg eilig in den Fahrstuhl und wollte bereits die entsprechende Taste drücken, als O’Neill ebenfalls einstieg. Alarmiert wich sie zwei Schritte zurück bis sie mit dem Rücken zur Wand stand, was keine sehr gute Idee war wie sie schnell feststellte.
„Wissen Sie, Sam“, er kam langsam auf sie zu, stützte sich mit der rechten Hand neben ihrem Kopf an die Wand. „Dieser Wein mit dem schwachen Sedativum, wie Sie es nannten, den ich dort auf dem Planeten getrunken habe...“
„Was ist damit?“, fragte sie leise und betete, dass man ihr ihre Gefühle nicht ansehen konnte. Ihr Herz raste förmlich und in ihrem Nacken hatten sich die Härchen aufgestellt. Wenn er so nah wie jetzt vor ihr stand, musste sie den Kopf heben, um ihn anzusehen.
Er beugte sich etwas näher zu ihr herunter. „Ich glaube fast, das Gebräu hat mein Erinnerungsvermögen etwas durcheinander gebracht.“
Sie schluckte. „Tatsächlich?“
Er ließ ihren Blick nicht los, verschlang sie förmlich mit den Augen. Die Erinnerungen an diese eine Nacht ließen ihn nicht los, machten ihn fast wahnsinnig und er wusste, dass es ihr ebenso erging.
Langsam schlossen sich die Aufzugtüren.
„Vielleicht können Sie meiner Erinnerung ja ein bisschen auf die Sprünge helfen, Sam?“, fragte er grinsend und beugte sich zu ihr hinunter...
Schließlich schlossen sich die Aufzugtüren und der Fahrstuhl setzte sich mit einem Ruck in Bewegung.

ENDE
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