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Lost but never given up von Pheobe

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Vorwort

Das ist meine Version, wie es nach LC2 weitergehen können, also erwartet keine Spoiler. Mein erster Mehrteiler, seid gnädig. Mein besonderer Dank geht an meine Beta Sajaon! Feedback würde mich sehr freuen – ich muss schließlich wissen, ob sich ein Weiterschreiben lohnt.

Spoiler: SG allgemein, besonders die Pairings + 7. Staffel komplett

Lost but never given up


Teil 1


~~~*~~~
Wir spinnen unser eigenes Schicksal,
gut oder schlecht,
und können es nie wieder
rückgängig machen.
Selbst die kleinste Tugend
oder Missetat
hinterlässt winzige Narben.
(William James)


~~~*~~~



Das Licht flackert über uns. Jack beugt sich über die Kristalle, die die Schnelligkeit des Raumschiffes, in dem wir uns befinden, kontrollieren und tauscht einige aus.
„Geben Sie mir Ihre Zat.“, befiehlt er geistesabwesend.
Ich sehe ihn verwundert an, hole jedoch die Waffe und händige sie ihm aus. Er wirft einen kurzen Blick darauf und feuert schließlich einmal auf die Kristalle. Sofort geht ein Ruck durch das Schiff und an den lauter gewordenen Geräuschen und den verstärkten Vibrationen erkennen wir, dass das Tel’tak schneller geworden ist.
Mit den Worten „Hier bitte“, gibt er mir die Zat zurück.
„Sir…“ Ich zögere, zwinge mich dann aber, es ihm doch zu sagen. „Sie sollten wissen, dass General Hammond mich autorisiert hat, das Kommando über das Team zu übernehmen, falls –“
„Tun Sie’s gleich.“, unterbricht er mich.
Das kann nicht sein Ernst sein!
„Das ist doch nicht nötig!“, wehre ich erschrocken ab.
„Ich vertraue Ihnen. Ich mache es Ihnen leicht. Ich trete zurück. Sie sind der Boss.“, erklärt er und wirft mir einen langen Blick zu.
„Okay…“, erwidere ich nach einem kurzen Zögern gedehnt.
Ich weiß, dass meine Stimme unsicher klingt, dennoch muss ich es ihm sagen. Ich habe schon einmal eine Chance dazu verpasst…Gott, ich habe so viele Chancen dazu ausgeschlagen!
„Sir, in Ihrem Haus, bevor Daniel und Teal’c auftauchten…wollte ich Ihnen sagen, dass –“
„Ich weiß.“, unterbricht Jack mich ruhig.
Wir sehen uns lange an. Das flackernde Licht lässt das alles unwirklich erscheinen. Ich frage mich, ob es das wirklich ist. Unwirklich. Vielleicht waren die letzten sieben Jahre nur ein langer, verrückter Traum. Doch sein Blick belehrt mich eines Besseren. Stolz sehe ich darin. Und Verschlossenheit. Ein schlichtes Akzeptieren der Tatsachen, das mich mehr schmerzt, als sein Zorn und seine Abweisung es je könnten.


Unruhig wälzte Samantha Carter sich in ihrem Bett umher. Alpträume quälten sie. Doch es waren nicht nur Träume. Das Schlimme, ja, das Grauenvollste an diesen nächtlichen Besuchern war, dass sie der Realität entsprachen. All das, was nach dem Einschlafen aus ihrem Unterbewusstsein hervorkroch und sie peinigte, war wirklich geschehen. Und sie hatte es nicht zu verhindern vermocht. Sie hatte nicht verhindern können, dass sie ihn verlor…

„Sir!“ Ich beuge mich über den in einer Art Thron sitzenden Jack. Seine Haut fühlt sich kalt an. Sein blasses Gesicht ist schweißüberströmt. Er scheint nahe daran das Bewusstsein zu verlieren.
„Nicht, dass Sie uns jetzt verlassen! Wir haben gewonnen.“
Er reagiert nicht.
„Colonel!“, rufe ich verzweifelt, packe sein Kinn und drehe seinen Kopf zu mir. Langsam kriecht die Angst meinen Nacken hoch.
Mühsam öffnet er die Augen. Blinzelt erschöpft. Kraftlos bewegt er seine Lippen, als wolle er uns etwas mitteilen, doch kein Laut ist zu vernehmen.
„Bitte!“, flüstere ich. Bitte, du darfst uns jetzt nicht verlassen! Die namenlose Angst ihn zu verlieren und die langsam empor kriechende Erkenntnis dessen, was unvermeidbar ist, drohen mich zu überwältigen. Rauben mir den Atem, die Kraft.
„Jack…!“ Meine Stimme überschlägt sich und nur mühsam kann ich meine Tränen zurückhalten. Seine dunklen Augen sehen mich müde und traurig an. Verloren. Niemand kann ermessen, was er durchgemacht hat, um den Planeten zu retten. Niemand.
Seine Lippen formen ein Wort.
„Domata…“, haucht er erschöpft.
Gehetzt wandert mein Blick zu Daniel.
„Das Ding.“, übersetzt er.
Welches Ding? Was hat das zu bedeuten? Was will er uns damit sagen?
Nur widerwillig weiche ich zurück, als Teal’c seinen Freund packt und zu dieser seltsamen Kammer trägt. Vorsichtig stellt er ihn hinein und tritt zurück. Sofort gehen die Lichter an und ein Summen ertönt. Ich schlucke.
„Was jetzt?“
„Aveo…amacuse“, flüstert Jack und starrt blicklos ins Leere.
„Lebt wohl.“, antwortet Daniel auf die unausgesprochene Frage.
Plötzlich erfüllt die Schlafkammer ihre Funktion. In Sekundenschnelle wird Jack eingefroren. Die Augen offen, starrt er traurig ins Nichts.
Verloren.
Ich schlucke schwer. Das…war’s? Das soll es gewesen sein? Wir haben die Welt gerettet und wofür? Soll das der Preis sein?
Meine Gefühle überschlagen sich, die Tränen in meinen Augen bemerke ich nicht einmal.
„Wir können ihn nicht einfach zurücklassen!“, rufe ich außer mir. Das darf nicht wahr sein, es kann einfach nicht wahr sein! „Es muss doch einen Weg geben, diesen Prozess umzukehren! Die Antwort muss irgendwo hier sein!“
Daniel schüttelt bekümmert und resigniert den Kopf. „Das glaube ich nicht, Sam.“, erklärt er leise.
Das kann nicht wahr sein. Ich weigere mich, das zu akzeptieren! Soll das das Ende sein? Wozu haben wir Allianzen geknüpft, die Erde gerettet und den mächtigsten aller Goa’uld besiegt, wenn das der Preis dafür ist!? Wozu?
Verloren.
Ich habe ihn verloren. Er wusste was ich ihm sagen wollte und er ist dennoch gegangen. Ich bin wütend, traurig, entsetzt, verzweifelt und…ja, verletzt. Warum hat er das getan? Warum hat er uns einfach allein gelassen?
Vorsichtig lege ich meine Hand auf das Eis. Es ist kalt. Ein Schauer geht durch meinen Körper. Es hat den Anschein, als würde Jack mich aus seinen dunklen, traurigen Augen ansehen, doch sein leerer Blick starrt durch mich hindurch, als würde er nie wieder lebendig werden können…


Mit einem entsetzten Schrei fuhr Sam hoch. Sie war schweißgebadet und ihr Hemd klebte an ihrem Körper. Sie atmete schwer und keuchend. Mit einer verzweifelten Geste fuhr sie sich durch ihr verschwitztes Haar und ließ sich langsam wieder in die Kissen sinken.
Das Ganze war nun schon fast einen Monat her und dennoch verfolgten sie seit diesem furchtbaren Geschehnis die gleichen Alpträume. Jede Nacht träumte sie von ihm und nicht selten wachte sie völlig verschwitzt und am Boden zerstört auf. An ein Wiedereinschlafen war nicht mehr zu denken.
Unruhig massierte sie sich die pochenden Schläfen. Sie hatte es nicht verhindern können. Sie hatte zugelassen, dass er ging und…
Neben ihr bewegte sich etwas. Sam spürte einen warmen Körper neben ihrem. Pete.
Ruckartig setzte sie sich auf. Sie fühlte sich schuldig, doch konnte sie seine Gegenwart in diesen Augenblicken einfach nicht ertragen, wenn jeder Gedanke allein Jack galt. Sie empfand sich selbst als abstoßend in diesen Momenten. Sie lag mit ihrem Freund im Bett, während sie nur an einen anderen Mann denken konnte.
Leise stand sie auf und schlich aus dem Zimmer.
Nach diesen Träumen nagte an Sam immer das Gefühl, versagt und ihn verloren zu haben. Jack O’Neill hatte die Erde und das gesamte Universum gerettet, doch er hatte einen hohen Preis dafür zahlen müssen. Sie alle hatten das. Und dennoch. Warum hatte sie es zugelassen? Zugelassen, dass er sich selbst opferte. Sie hätte es verhindern müssen. Sie hätte eine Möglichkeit gefunden. Sie hätte…

~~~*~~~

„Alles in Ordnung?“, fragte Daniel leise und reichte Sam einen Becher mit Kaffee. Er wusste natürlich, dass dem nicht so war, dennoch musste er fragen. Seit fast einem Monat musste er nun schon mitansehen, wie Sam sich quälte. Er wusste, dass sie sich die Schuld an dem Ereignis gab. Doch sie hatten es nicht verhindern können. Niemand hätte das gekonnt.
Mit einem müden Lächeln nahm Carter den Kaffee entgegen. Ihr war klar, dass Daniel nicht wirklich eine Antwort auf seine Frage erwartete. Wie es ihr wirklich ging, konnte man ihr ansehen. Selbst das Wissen, dass die Tok’ra alles in ihrer Macht stehende taten, um den Prozess mit dem O’Neill eingefroren worden war, umzukehren, konnte ihre Stimmung nicht aufhellen. Sie quälte sich mit Selbstvorwürfen und ihre schlaflosen Nächte machten die Lage nicht unbedingt besser.
„Es ist jetzt vier Wochen her.“, murmelte Sam und starrte in die dunkle, heiße Flüssigkeit vor ihr.
„Ich weiß.“, erwiderte der junge Archäologe bedrückt. Auch er zählte jeden einzelnen Tag.
Die Antikerwaffe, die Jack aktiviert hatte, hatte Anubis’ komplette Streitmacht und auch den Goa’uld selbst vernichtet. Die Prometheus wurde derzeit repariert, ebenso wie die vielen F302s, die bei dem Angriff vor einem Monat zum Einsatz gekommen waren. Master Bra’tac war mit dem Späherschiff, das sie zurück zur Erde gebracht hatte, heimgeflogen, um die freudige Nachricht überall zu verkünden. Der mächtigste aller Goa’uld war tot.
Doch der Preis dafür war verdammt hoch gewesen. Zu hoch.
Am Nebentisch unterhielten sich zwei Krankenschwestern über die heutigen Nachrichten und wieder einmal war Daniel unglaublich erleichtert, dass die Zivilbevölkerung ihre Erklärung mit dem Meteoritenschauer akzeptiert hatte. Es war schwer gewesen diesen mächtigen Angriff und die Beinahe-Apokalypse zu vertuschen und noch Wochen danach waren immer wieder mysteriöse Theorien über einen Alienangriff aufgetaucht. Doch auch das hatte sich gelegt und mittlerweile sah das Volk den Meteoritenschauer als Wahrheit an, besonders, da sich nicht nur die Regierung Amerikas mit dieser Erklärung rechtfertigte, sondern ebenso die Regierungen Kanadas, Chinas, Großbritanniens, Russlands und Frankreichs.
Daniel seufzte. Eigentlich hätten sie glücklich sein müssen. Die Erde war gerettet, Anubis vernichtet und ihre alten Allianzen, wie zum Beispiel die mit den Tok’ra, wurden wieder aufgefrischt.
Doch die Opfer, die sie dafür hatten bringen müssen, waren zu hoch gewesen. Jack O’Neill hatte bisher nicht aus seiner seltsamen Schlafkammer geholt und wiederbelebt werden können. Allerdings hatten sie, mit Hilfe der Tok’ra, die Kammer aus dem unterirdischen Außenposten der Antiker in der Antarktis befreien können. Nun war sie auf einem streng geheimen Stützpunkt ihrer Verbündeten. Da eine von ihnen sie damals in Hators Gefangenschaft aus dem Tiefschlaf des Eises hatte erwecken können, hofften die Tau’ri nun, dass den Tok’ra dies auch bei Colonel O’Neill gelingen würde. Doch die Erfolgsaussichten waren minimal.
Ein erneuter Seufzer entglitt dem Archäologen. Das Leben ging wieder seinen gewohnten Gang. Das Stargate war wie geplant zwecks einer neuzubildenden Regierungseinheit für einige Zeit geschlossen worden. Nur noch wenig Personal tummelte sich in den Gängen des Cheyenne Mountain Komplexes, dennoch waren Dr. Weir, Sam, Teal’c und er auf dem Stützpunkt geblieben, falls es Neuigkeiten von ihren Verbündeten geben sollte. Doch bisher hatten sie nichts Neues erfahren und mit jedem weiteren Tag, der verging, schwand ihre Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Colonel Jack O’Neill.
Vielleicht war es sowieso zu spät. Vielleicht klammerten sie sich an diese letzte Hoffnung, weil niemand loslassen wollte. Er selbst hätte es eigentlich besser wissen müssen. Noch immer schmerzte ihn die Erinnerung an seine verstorbene Frau. Doch er hatte gelernt es zu akzeptieren und sie loszulassen. Andererseits hatte Daniel bis zum bitteren Ende an ein Wunder geglaubt und sich an jedes noch so kleine Fünkchen Hoffnung geklammert. Was blieb einem Menschen denn letztendlich, wenn nicht Hoffnung?
„SG-1 bitte sofort in den Besprechungsraum!“, krächzte es plötzlich aus den hässlichen, grauen Lautsprechern. „SG-1 bitte sofort in den Besprechungsraum!“
Mit einem Seufzen trank Sam den letzten Schluck ihres inzwischen schon erkalteten Kaffees, dann verließ sie gemeinsam mit Daniel die Kantine.

~~~*~~~

Wenige Stunden zuvor

Unruhig wanderte er von einer Seite des Raumschiffes zur anderen. Der Pilot warf ihm einen missmutigen Blick zu, wandte sich dann jedoch ohne ein Wort zu sagen wieder dem Manövrieren ihres Gefährtes zu.
Er war sich darüber im Klaren, dass er eine Menge Umstände verursachte, doch das konnte ihn nicht davon abhalten, wie ein eingesperrter Tiger in seinem Käfig auf und ab zu laufen. Seit drei Tagen weilte er nun schon wieder unter den Lebenden, doch viel mitbekommen hatte er davon nicht. Wie die Tok’ra ihm erklärt hatten, allen voran Anise, hatte der Auftauprozess aus der Schlafkammer der Antiker ihn anscheinend beinahe umgebracht. Es war schwierig gewesen, den richtigen Mechanismus zu finden, hatten sie ihm erläutert. Besonders da ihre Alliierten nicht über das mächtige Wissen der Antiker, der Baumeister der Stargates, verfügten. Also hatten sie sich selbst etwas einfallen lassen müssen – und hätten ihn um ein Haar getötet. Dafür, dass er dieses unermessliche Glück, wieder am Leben, frei von jeglichem Antikerwissen, und in einem Tok’ra-Späherschiff auf der Heimreise zu sein, hatte, war er unendlich dankbar.
Dennoch konnte er seine Ungeduld nicht bezähmen. Mit einem leisen Murren und einem resignierten Seufzer ließ er sich an einer Wand hinabgleiten, umschlang die angezogenen Beine und legte den müden, schmerzenden Kopf darauf.
Noch über eine Woche, dachte er frustriert. Noch acht Tage und ein paar Stunden, bevor er wieder seine geliebte Heimat, das SGC und seine Freunde wiedersehen konnte.
Unbewusst massierte O’Neill sich die schmerzenden Schläfen und unterdrückte nur mit Mühe ein lautes Gähnen.
Wie es ihnen wohl ergangen war? Ob sie schon von seiner Rückkehr wussten? Oder hatten die Tok’ra mal wieder ein großes Geheimnis um ihre Arbeit gemacht? Andererseits, er war auf einem weit entlegenen Planeten gewesen, auf dem es kein Stargate gab. Bis die Informationen erst an den Tok’ra-Stützpunkt und von dort aus an die Ohren von Dr. Weir und den Leuten im Stargatecenter drangen, konnte es durchaus einige Tage dauern.
Wie war das Leben auf der Erde ohne ihn weitergegangen? Hatten sie ihn bereits für tot erklärt? Nein, das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Auch wenn er nur wenige Erinnerungen an seine letzten Augenblicke unter dem Eis der Antarktis hatte, konnte er nicht glauben, dass sein Team ihn für tot hielt.
Schnell und vor allem effizient versuchte er, ein plötzlich auftauchendes Bild einer Frau, die sich im Eis über ihn beugte und verzweifelt seinen Namen rief, zu unterdrücken. Samantha Carter. War das Realität gewesen? Dieser furchtsame Blick, die Leidenschaft und Angst in ihrer Stimme, als sie ihn bei seinem Vornamen nannte, wie in seltenen, intimen Momenten zuvor? Waren ihre Augen, die in diesen wenigen Sekunden Bände hätten sprechen können und ihn ansahen, als gäbe es für sie nichts schlimmeres und schmerzvolleres auf der Welt, als ihn zu verlieren, Wirklichkeit gewesen? Oder war all das nur ein Traum gewesen? Ein Produkt seiner Fantasie, geschaffen in den letzten Momenten seines armseligen Lebens, gespeist durch ein Begehren, das nie zu stillen, ein Ziel, das nie zu erreichen war? Sollte er sich all das nur eingebildet haben?
Mühsam verscheuchte er diese quälenden Gedanken und Fragen. Traum oder Realität, letzten Endes war es gleich. Sie hatte sich entschieden. Für einen Anderen.
Gott, er hatte nicht einmal um sie gekämpft, sondern alles stillschweigend hingenommen. Hatte ihr nicht gezeigt, wie sehr ihn dieser Verlust schmerzte, selbst dann nicht, als sie mit ihm über ihre komplizierte Freundschaft und über die Gefühle die sie füreinander hegten, sprechen wollte. Er war zu stolz dazu gewesen. Dabei wollte er sie doch. Er wollte sie so sehr und sie ahnte nicht einmal etwas davon. Aber was hätte er denn tun sollen? Ihr Glück zerstören?
Kaum war er wieder am Leben, hatte ihn sein eigenes Gefühlschaos wieder eingeholt. Er seufzte. Er musste sich ablenken.
Was hatten Daniel und Teal’c wohl in den letzten Wochen in denen er, im wahrsten Sinne des Wortes, auf Eis gelegt war, getan?
Daniel hatte bestimmt über irgendwelchen Übersetzungen gebrütet, vielleicht auf der Suche nach der Verlorenen Stadt, da der Stützpunkt in der Antarktis nur ein Außenposten der Antiker gewesen war. Vielleicht hatten sie das Stargate wirklich wie geplant für drei Monate geschlossen, jetzt nachdem der größte Feind der Menschheit besiegt war.
Unwillkürlich musste O’Neill grinsen. Er konnte sich Daniel nur schwer ohne verstaubte Bücher und in Freizeitkleidung irgendwo im Urlaub vorstellen. Die alten Bücher und Artefakte, das gehörte einfach zu ihm, wie Schnee zum Winter.
Allerdings konnte er sich etwas anderes sehr gut vorstellen und sein Grinsen wurde breiter. Daniel und Sarah. Ob die beiden wohl jetzt zusammen waren? Nachdem die Tok’ra sie von dem Goa’uld Osiris befreit hatten, hatte der junge Archäologe nichts mehr von ihr erwähnt. Doch dass er eine Schwäche für sie hatte, konnte selbst ein Blinder sehen – genau wie bei Teal’c und Ishta, der Anführerin der Hak’tyl. Seitdem der Jaffa die Hak’tyl kannte, sah er viel gelassener aus. Und er konnte seit Drey’aucs Tod zum ersten Mal wieder richtig lächeln. Anscheinend tat die Frau ihm gut und ihre Beziehung festigte das Bündnis mit den Hak’tyl. Aus der anfangs misstrauischen Allianz hatte sich eine ehrliche Freundschaft zwischen ihren Völkern entwickelt. Auch war O’Neill nicht abgeneigt ihnen zu helfen wo es ging…
Schon fast durch harmonische, erbauliche Fantasien und Gedanken versponnen, in Morpheus’ Armen entglitten, richtete Jack sich ruckartig auf, als plötzlich ein ungewöhnliches Rucken, gefolgt von einem lauten Knirschen und einem leichten Schaukeln, durch das Schiff ging. Hellwach sprang er sofort auf die Beine und machte sich auf den Weg zu seinem Piloten. Ein plötzlicher Knall, einem Donnergrollen gleich, erschütterte heftig das Tel’tak und die Wucht riss ihn zu Boden.
„Was zur Hölle…!?“, fluchte O’Neill laut und rappelte sich mit Mühe auf, da er von dem Auftauvorgang noch etwas geschwächt war. Zum Glück hatte er wenigstens das Antikerwissen nicht mehr in seinem Kopf, welches wahrscheinlich durch den komplizierten Prozess ausgelöscht worden war.
Langsam kämpfte er sich an den Wänden entlang nach vorne.
Inzwischen schaukelte das Raumschiff gefährlich heftig und das in immer kleineren Abständen auftauchende laute Knirschen trug wenig zu Jacks Beruhigung bei.
„Nu’uf!“, rief er den steuernden Tok’ra. „Was geht hier vor?“
„Ein Meteoritenschauer.“, erklärte der Pilot knapp. „Es hat uns voll erwischt. Ich konnte gerade noch ein Notsignal aussenden, bevor wir…“
O’Neills Augen verengten sich. „Bevor wir was!?“, fragte er betont ruhig.
Nu’uf konnte sich nur mit Mühe auf das Gespräch konzentrieren. Seine Augen wanderten äußerst beunruhigt über den Bildschirm. Sie waren an mehreren Stellen der Außenhülle des Schiffes durch riesige Gesteinsbrocken schwer getroffen worden. Er fluchte leise, als ein weiterer Meteorit sie streifte. Ohne auf Jack, der sich kaum auf den Beinen halten konnte, zu achten, versuchte der Tok’ra den größten Brocken auszuweichen – mit wenig Erfolg wie er feststellen musste. Der Meteoritenschauer war verdammt dicht und das Späherschiff wurde immer und immer wieder hart getroffen.
„Abstürzen.“, antwortete Nu’uf auf O’Neills Frage.

~~~*~~~

Eine hübsche, junge Frau mit blonden Haaren und einem freundlichen, wenn auch strengen Gesicht, betrat rasch den Kontrollraum. Ihr mittlerweile geübter Blick registrierte sofort die geschlossene Iris, das aufgebaute Wurmloch und den Code, der gerade übermittelt wurde.
„Wir empfangen den Tok’ra-Identifikationscode, Ma’am.“, sagte der Seargent, der den Computer bediente.
Die Frau fuhr sich müde durch das etwas verstrubbelte Haar. Hoffentlich waren es gute Nachrichten, betete sie innerlich.
„Öffnen Sie die Iris, bitte.“, befahl Dr. Weir freundlich.
Daniel und Sam kamen hereingestürzt. Beide völlig außer Atem und dicht gefolgt von Teal'c.
„Wer…?“, schnaufte der Archäologe erschöpft.
Der Weg von der Kantine, in der er und Sam bei einem Kaffee gesessen waren, bis zum Kontrollraum, war doch länger, als er es in Erinnerung hatte. Allerdings kam es auch nicht jeden Tag vor, dass die Mitglieder von SG1 bei jeder Stargateaktivierung von außen wie von der Tarantel gestochen in den Kontrollraum hetzten. Na ja, fast alle Mitglieder von SG1, dachte Daniel bitter.
„Es sind die Tok’ra.“, erklärte Dr. Weir, während sie gemeinsam in den Torraum gingen, um die Besucher in Empfang zu nehmen.
In Sam regte sich etwas. Die Tok’ra? Konnte das vielleicht bedeuten, dass es ihnen gelungen war, den Colonel aufzutauen? Oder deutete ihr plötzliches Erscheinen nicht viel eher auf eine Katastrophe hin? Vielleicht war ihnen der Auftauvorgang doch nicht gelungen? Vielleicht war er sogar komplett schief gegangen und O’Neill war… Nein! Daran durfte sie nicht einmal denken. Es musste eine Chance geben. Er hatte es verdient zu leben. Er musste leben! Sie brauchten ihn hier im SGC. Sie brauchte ihn. Sam schluckte hart. Sie wappnete sich für das Schlimmste und betrat mit bewegungslosem Gesicht den Torraum. Jetzt endlich, würden sie erfahren, was mit Jack O’Neill geschehen war.
Wenige Sekunden nachdem die Iris geöffnet wurde, betraten zwei Tok’ra die Rampe. Ihre Gesichter waren emotions- und ausdruckslos wie immer.
„Willkommen auf der Erde.“, begrüßte die neue Leiterin des SGCs sie in einem neutralen und dennoch freundlichen Ton, während ihre Gäste würdevoll die Rampe hinabschritten.
„Es tut mir leid, dass wir uns unter diesen Umständen wiedersehen.“, erklärte Malek ruhig.
Daniel und Sam rissen beunruhigt die Augen auf. Welche Umstände? Was hatte das zu bedeuten?
Allein Teal’c ließ keine Reaktion erkennen. Doch seine Freunde wussten, dass er ebenso betroffen und besorgt um Jack war, wie alle anderen auch.

Im Besprechungsraum erläuterte der Tok’ra, was mit Colonel O’Neill geschehen war. Offenbar war es ihnen trotz aller Zweifel gelungen, ihn aufzutauen und aus der Antikerkammer herauszuholen. Da sie sich schon früher mit Einfrierungs- und Auftauprozesse beschäftigt hatten, unter anderem im Dienste Hathors vor einigen Jahren, hatte dieser Vorgang nicht sehr lange gedauert. Der Colonel war noch sehr schwach gewesen, hatte jedoch seine komplette Erinnerung behalten. Nur das Wissen der Antiker, welches er in sich getragen hatte, war durch den Auftauprozess ausgelöscht worden. Vielleicht war dies von den Erbauern der Maschine so gewollt oder nur ein Fehler oder Nebeneffekt beim Auftauen gewesen, die Tok’ra wollten sich da nicht festlegen. Was das anbelangte, so stellten sie noch Nachforschungen an – allen voran Anise, die SG-1 recht freundlich grüßen ließ und es zutiefst bedauerte, nicht mitgekommen zu sein.
Ein zynisches Lächeln umspielte Daniels Mund, als Malek das erwähnte. Er wusste, dass die Tok’ra sich vor etwa vier Jahren an Jack herangemacht hatte. Und er erinnerte sich noch genau daran, wie unangenehm es dem Colonel gewesen war. Daniel wunderte sich kein bisschen, dass Anise oder Freya lieber bei O’Neill geblieben war, statt dem SGC einen Besuch abzustatten.
Die Tau’ri wussten, dass sich die Tok’ra mittlerweile einen zweiten, geheimen Stützpunkt auf einem Planeten ohne Stargate aufgebaut hatten. Einerseits bot ihnen das Schutz vor den Goa’uld, da dieser Planet ohne ein Sternentor nicht so leicht als Tok’ra-Stützpunkt auszumachen war. Andererseits konnten sie eben aus diesem Grund auch in der Falle sitzen, falls doch einmal ein Goa’uld sie dort angreifen würde, da sie außer einigen wenigen Raumschiffen, keine Fluchtmöglichkeit hatten. Doch die Tok’ra hüteten dieses Geheimnis wie einen Schatz. Nicht einmal das SGC wusste, wo in der Galaxie sich dieser geheimnisvolle Stützpunkt befand – wenn überhaupt in einer ihnen bekannten Galaxie.
Colonel O’Neill war mit einem Frachtschiff zu diesem Planteten befördert worden, denn dort betrieben die Tok’ra ihre meisten und geheimsten Forschungen. Es hatte knapp drei Wochen gedauert, bis sie herausgefunden hatten, wie man Jack wieder auftauen konnte. Der Vorgang an sich hatte nur wenige Stunden gedauert. Da O’Neill so geschwächt war und die Nachricht ihres Gelingens nur durch ein Raumschiff zu den restlichen Tok’ra drang, meldeten sie sich auch erst so spät, entschuldigte sich Malek ernst. Allerdings, so beteuerte er, waren er und sein Gehilfe sofort aufgebrochen, als sie die Mitteilung bekommen hatten.
„Welche Mitteilung meinst du?“, fragte Daniel alarmiert.
Was war geschehen? Hatte O’Neill den Auftauvorgang doch nicht überlebt? War er im Kampf um sein Leben erlegen? Daniel ermahnte sich im Stillen, nicht den Teufel an die Wand zu malen und atmete ein paar Mal tief durch.
Malek sah jeden der Reihe nach mitleidig an. Sam versteifte sich merklich unter seinem seriösen und bekümmerten Blick.
„Vor wenigen Stunden erhielten wir eine Nachricht von einem Tok’ra, der… nun, der auf einer Geheimmission in einem Transportschiff unterwegs war.“, explizierte der Tok’ra. „Er erklärte, er habe ein Notsignal, das von einem anderen Schiff, welches im Begriff war, abzustürzen, aufgefangen.“
Er wandte sich jetzt Dr. Weir direkt zu. „Dr. Weir, wir haben O’Neill, sobald es ihm etwas besser ging, umgehend mit einem Tel’tak auf die Heimreise geschickt.“
Sie nickte und bedeutete ihm, weiter zu reden.
„Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass dieses Notsignal von Colonel O’Neill und einem Tok’ra namens Nu’uf, dem Piloten des Raumschiffes, stammte.“
Er hielt inne und ließ die Tau’ri diese Nachricht verdauen. Er hatte den Colonel persönlich gekannt. Dieser hatte ihm einst auch das Leben gerettet, doch bisher hatte Malek keine Gelegenheit gehabt, sich dafür zu revanchieren. Er war sich darüber im Klaren, wie wichtig O’Neill seinem Team war. Es war ein schmerzlicher Verlust, den auch die Tok’ra zutiefst bedauerten.
Stille und Entsetzen breiteten sich am Tisch aus. Sie alle, besonders aber SG-1, fühlten sich, als hätte man ihnen einen harten Schlag in die Magengrube versetzt. Oder, als hätte man sie in einen tiefen, grauenvollen Alptraum hineingestoßen, aus dem es kein Entrinnen zu geben schien.
Daniel war der Erste, der die Sprache wiederfand. Er räusperte sich. „Willst du damit sagen, Malek, dass Jack und… Nu’uf mit dem Tel’tak abgestürzt sind?“, fragte er leise.
Der Tok’ra nickte betrübt.
In Sam überschlugen sich die unterschiedlichsten Gefühle. Es konnte nicht wahr sein, was Malek ihnen soeben erzählt hatte. Es konnte einfach nicht wahr sein! Es durfte nicht sein!
„Aber jemand hat den Notruf bekommen oder nicht? Warum haben sie ihnen nicht geholfen!?“ Sie sprang wütend auf und ihre Stimme wurde lauter, ohne dass sie es zu bemerken schien.
„Das Schiff, das das Notsignal empfangen hat, war zu weit entfernt, als dass es noch etwas hätte ausrichten können.“, sagte der Tok’ra leise.
Sam starrte ihn wütend an. Sie war außer sich. „Aber sie hätten es versuchen müssen!“, rief sie und ihre Stimme überschlug sich. „Sie hätten es wenigstens versuchen müssen! Auch einer von euren Leuten war auf dem Raumschiff, verdammt!“
Maleks Gesicht zeigte tiefes Bedauern und auch Trauer, doch er blieb weiterhin sachlich und ruhig. „Wie bereits erwähnt, war der Tok’ra, der die Botschaft empfangen hatte, auf einer geheimen Mission, die nicht gefährdet werden durfte. Außerdem war die Distanz –“
„Das ist doch nicht dein Ernst!?“, unterbrach Carter ihn.
„Major Carter.“ Dr. Weir sah von einem zum anderen. Sie konnte zwar nicht nachfühlen, wie ihre Kollegin empfand, da sie O’Neill nicht so lange gekannt und mit ihm zusammengearbeitet hatte, doch auch sie schmerzte dieser Verlust. „Setzen Sie sich wieder.“
Sam starrte die Frau ihr gegenüber an, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Es war, als würde sie durch sie hindurchsehen.
„Sam…“ Daniel legte seine Hand auf ihren Arm und bedeutete ihr, sich hinzusetzen und zu beruhigen.

„Ich… ich glaube nicht, dass er… tot ist.“, sagte Carter später zu Daniel. „Ich kann und will es nicht glauben!“
Daniel sah sie mitleidig an. „Ich auch nicht, Sam.“
Sie saßen alle in seinem Labor. Alle, das waren er, Sam und Teal’c, und unterhielten sich noch einmal über die Geschehnisse des vergangenen Monats und besonders über das, was die Tok’ra ihnen vor wenigen Stunden mitgeteilt hatten.
O’Neill hatte aus der Schlafkammer, die einstmals von den Antikern gebaut worden war, befreit werden können. Er hatte überlebt, zwar sehr geschwächt, aber er war am Leben. Doch dann stürzte er mit einem Tok’ra-Späherschiff irgendwo im Weltraum ab. Welche Ironie…
Ihre Verbündeten waren der festen Überzeugung, dass Jack und Nu’uf tot waren. Sie wollten nicht einmal den Versuch einer Rettungsaktion starten, dachte Daniel bitter. Sie hatten die beiden einfach so aufgegeben. Ein weiteres Opfer im Kampf gegen die Goa’uld.
Doch diese verhielten sich seit Anubis’ Vernichtung seltsam ruhig. Beunruhigend ruhig, um genau zu sein. Doch daran konnten sie im Moment keinen Gedanken verschwenden. Fieberhaft überlegte der junge Archäologe, wie er die neue Leiterin des SGC, Dr. Weir, davon überzeugen könnte, eine Rettungsmission zu genehmigen.
„Vielleicht haben es O’Neill und der Tok’ra geschafft, auf einem Planeten Bruch zu landen.“, schlug Teal’c vor und riss Daniel damit aus seinen deprimierenden Gedanken.
„Aber dann hätten sie sich gemeldet.“, widersprach Sam und fuhr sich mit einer müden Geste über das Gesicht. „Oder nicht?“
„Na ja…“, sinnierte Daniel. „Vielleicht konnten sie es nicht? Oder der Planet hat kein Stargate? Oder er ist unbewohnbar?“
„Du kannst einem wirklich Mut machen.“, erwiderte seine Kollegin sarkastisch, doch er zuckte nur mit den Schultern.
„Also gut.“, begann Sam. „Wir wissen, dass sie ein Notsignal ausgesandt haben, welches nicht widerrufen wurde. Also müssen wir annehmen, dass sie tatsächlich abgestürzt sind. Die Tok’ra wissen die ungefähre Position, an der das Schiff aus unerklärlichen Gründen seinen Geist aufgegeben und abgestürzt ist. In der Nähe sind einige Planeten, doch ob sie es noch bis dorthin geschafft haben, ist fraglich und wir können es nur vermuten.“
Daniel und Teal’c nickten zustimmend und forderten sie damit auf, weiter zu sprechen.
„Wenn wir also davon ausgehen, dass sie es vielleicht doch bis auf einen bewohnbaren Planeten“ - fügte sie mit einem Seitenblick auf Daniel hinzu - „geschafft haben, dann muss es einen plausiblen Grund dafür geben, dass weder die Tok’ra, noch wir etwas von den beiden gehört haben. Wie Daniel bereits erwähnt hat, gibt es mehrere Optionen, was geschehen sein könnte. Tatsache allerdings ist: Wir wissen es nicht. Wir gehen hier von Vermutungen aus.“
„Solche Vermutungen haben sich in der Vergangenheit aber schon oft als wahr erwiesen.“, warf Teal’c ruhig ein.
„Du hast Recht. Wenn wir also all diese Vermutungen nehmen, ergibt das doch mehrere plausible Gründe, warum eine Rettungsmission gestattet werden müsste.“
„Außerdem“, fügte Daniel hinzu, „können wir Jack nicht einfach aufgeben. Ich meine, er hat den gesamten Planeten vor Anubis gerettet und sich selbst, ohne auf die Gefahr zu achten, geopfert. Er hat sich geopfert, damit wir leben können. Wir sind es ihm schuldig, nach ihm zu suchen!“, ereiferte er sich.
„Das sehe ich genau so.“, erklang plötzlich eine Stimme von der Tür her und drei verblüffte Gesichter wandten sich der Frau zu.
„Major Carter, Sie werden sich mit der Prometheus auf die Suche nach Jack O’Neill machen.“, befahl Dr. Weir und Sam sprang auf. „Das Sternentor dürfen wir nach dem Befehl des Präsidenten im Moment nicht nutzen, die Prometheus allerdings schon. Finden Sie ihn und bringen Sie ihn zurück nach Hause.“
An die anderen, die bereits Einspruch erheben wollten, gewandt, sagte sie: „Sie, Dr. Jackson und Sie, Teal’c, brauche ich hier im SGC. Wir haben Probleme.“
„Was für Probleme?“, fragte Daniel. Hatten sie denn nicht schon genug?
„Wir haben eine Nachricht erhalten. Es geht um einen neuen und gefährlichen Goa’uld, dessen wir uns annehmen müssen.“, erklärte sie ernst.
„Von wem stammt die Botschaft?“, fragte Teal’c und stand langsam auf.
Dr. Weir musterte ihn lange, bevor sie antwortete. „Von den Hak’tyl. Sie werden in einer Stunde hier eintreffen.“

~~~*~~~

„Sam, was…?“, rief Pete bestürzt, als er das Schlafzimmer seiner Freundin betrat. Ihre Sachen lagen wild verstreut auf dem Boden und mitten auf ihrem schönen Bett thronte eine kleine schwarze Reisetasche.
„Du packst?“, fragte der junge Mann verwirrt.
Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, lief Sam weiter im Raum auf und ab, stopfte die verschiedensten Sachen in die Tasche, nur um sie einen wütenden Moment später wieder hinaus und auf den Fußboden zu werfen.
„Ja“, antwortete sie knapp und blieb mitten in dem Durcheinander stehen. Was noch?, überlegte sie. Es würde eine lange Reise werden und Dr. Weir hatte ihr geraten, vielleicht ein paar persönliche Sachen mitzunehmen, wenn sie wollte.
Sie war so mit ihrem Vorhaben beschäftigt und in Gedanken versunken, dass sie Petes Erscheinen kaum bemerkt hatte. Erst als er sie zu sich umdrehte und ihr fest in die Augen sah, wurde Sam seiner gewahr.
„Was machst du hier?“, wollte sie wissen.
Der Flug würde über eine Woche dauern. Das machte eine Woche für den Hinflug, eine Woche für die Heimreise und dazwischen noch die Zeit, die sie benötigen würden, um ihn zu finden.
„Was ich hier mache?“ Pete war ernsthaft verblüfft. „Sam, wir waren doch zum Essen verabredet. Hast du das etwa vergessen?“
Siedendheiß fiel ihr das mit ihm vereinbarte Treffen ein. Doch seit sie die Nachricht von den Tok’ra erfahren hatten, hatte es für Carter nichts außer ihre bevorstehende Mission gegeben. Seltsam, aber seit dieser grauenvollen Mitteilung war Pete für sie nicht mehr existent gewesen. Es gab nur noch einen Namen in ihrem Kopf. Nur noch einen Gedanken. Jack O’Neill - und wie sie ihn retten konnte.
„Sam?“, vorsichtig hob Pete ihr Kinn an und blickte ihr tief in die Augen. „Alles in Ordnung, Liebling? Ist irgendetwas passiert?“
Ob etwas passiert war? Fragte er das allen Ernstes? Das Schicksal war passiert. Das Leben. Sie hatte ihn ein zweites Mal verloren. Er war irgendwo im Weltall verschollen. Und wieder hatte Sam nichts dagegen unternehmen können.
Verzweiflung breitete sich in ihrem Inneren aus und drohte sie, einer gewaltigen Flutwelle gleich, zu überwältigen. Sie schluckte hart und kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an. Sie trug dafür die Verantwortung. Nur sie ein allein.
Sie hätte ihren Kopf in dieses Ding stecken sollen. Sie hätte durch Asgardtechnologie in einer Kältekammer in Tiefschlaf versetzt werden sollen. Sie hätte mit einem Tok’ra-Raumschiff abstürzen und verloren gehen sollen. Aber nicht er! Warum, warum nur traf es immer ihn? Sie hätte es verhindern müssen. Es wäre bestimmt ein Weg da gewesen. Warum hatte sie nichts unternommen?
Mit weit aufgerissenen Augen wandte sie sich von ihrem Freund ab, bevor er den Schmerz, die Verzweiflung, Wut und Trauer in ihren Augen sehen konnte.
Sie atmete ein paar mal tief durch und verdrängte alle unerwünschten Emotionen. Das Einzige, was jetzt noch zählte, war ihre bevorstehende Mission. Das Einzige, was jetzt noch wichtig war, war seine Rettung.
„Ich werde einige Wochen verreisen.“, erklärte sie schlicht.
„Verreisen? Wohin? Warum?“ Zerknirscht fuhr Pete sich durch die Haare. Das war’s dann wohl mit dem gemütlichen Candlelight-Dinner zu zweit. Warum konnte sie ihm nicht einfach sagen, was los war? Warum musste sie ständig Geheimnisse, die ihren Beruf betrafen, vor ihm haben. Er wusste doch Bescheid! Er wusste doch vom Stargateprojekt, verdammt! Warum musste sie noch immer alles vor ihm verheimlichen?
„Jemand wird vermisst. Ich werde in zwei Stunden zu einer Rettungsmission aufbrechen.“, antwortete Sam knapp und wandte sich wieder der halbleeren Tasche auf ihrem Bett zu. Einige Bücher über Astrophysik würden ihr die lange Reise bestimmt angenehmer gestalten und die Zeit schneller vergehen lassen, überlegte sie.
Pete entging nicht, dass sie den Namen des Vermissten und den Ort, zu dem sie wollte, bewusst außen vor gelassen hatte.
„Wer ist es?“, versuchte er es noch einmal.
Abrupt drehte sie sich zu ihm um. „Was?“
„Du hast mich schon richtig verstanden, Sam.“, erwiderte Pete gelassen und blickte ihr forsch in die Augen. Da war mehr an der Sache, als sie zugeben wollte. Er war ein Cop und solche Dinge konnte er meilenweit riechen. „Wer wird vermisst und wohin soll die Reise gehen?“
„Das ist geheim.“ Ihre lakonische Antwort machte ihn wütend. Verdammt, wie lange sollte dieses Versteckspiel zwischen ihnen denn noch andauern?
„Sam.“, sagte er betont ruhig und zwang sie mit seinem Blick zu einer Antwort.
Sie seufzte und sah ihn zweifelnd an. Ahnte er etwas? Nein, bestimmt nicht. Es war sein Polizisteninstinkt, der ihn misstrauisch sein ließ.
„Jack O’Neill.“ Sie war erstaunt, dass ihr sein Name so einfach über die Lippen ging. Ohne jegliche Gefühlsregung.
Jack O’Neill. Der Mann, der ihr seit fast einem Monat den Schlaf raubte und das Gott weiß nicht zum ersten Mal. Der Mann, der ihr unzählige Male das Leben gerettet hatte. Der Mann, den sie zwei Mal hatte gehen lassen ohne es zu verhindern. Sie schuldete ihm das. Wenigstens den Versuch einer Rettung, auch wenn die Tok’ra überzeugt waren, dass bereits alles zu spät war. Sie wollte, nein, sie konnte ihn nicht einfach so aufgeben. Niemals.
„Kann das nicht jemand anderes übernehmen?“, fragte Pete nachdenklich. „Also, den Auftrag meine ich. Das musst doch nicht unbedingt du machen, oder?“
Sam erstarrte. Hatte er das gerade wirklich gesagt?
„Doch. Ich muss.“, knirschte sie mit zusammengebissenen Zähnen und wandte ihren Blick von seiner Gestalt ab.
Pete schien ihr gefährlicher Unterton entgangen zu sein, denn er sprach bedenkenlos weiter.
„Ich verstehe ja, dass jemand nach ihm suchen muss. Aber warum ausgerechnet du? Er war zwar dein kommandierender Offizier, aber es kann doch niemand von dir verlangen, dass - “
„Halt den Mund!“
Verblüfft blickte er in ihre sich vor unterdrücktem Zorn wie Gewitterwolken verdunkelnden, tiefblauen Augen. „Wie bitte?“
Wütend blitzte Sam ihn an. „Sei still. Du hast keine überhaupt Ahnung wovon du da eigentlich redest, Pete.“
Jetzt war er wirklich verwirrt. Was hatte das alles zu bedeuten? Warum war sie so wütend?
„Colonel Jack O’Neill ist nicht irgendein x-beliebiger Offizier, der gerade verschollen ist!“, warf sie ihm an den Kopf. „Er ist mein kommandierender Offizier, mein Vorgesetzter! Und er hat schon mehr als ein Dutzend Mal mein Leben gerettet. Ohne ihn würdest du mich heute nicht so vor dir sehen, Pete Shanahan! Ich bin es ihm schuldig, die Rettungsmission zu leiten. Es ist das Mindeste…“ Die letzten Worte hatte sie nur noch geflüstert, denn wieder drohte die schreckliche Erinnerung sie zu überwältigen. Er war fort. Verschwunden. Und sie hatte es zugelassen. Verdammt, warum hatte sie ihn nicht aufgehalten? In ihre Verzweiflung mischten sich tiefe Schuldgefühle. Es war ihre Schuld. Sie musste ihn einfach retten. Sie musste ihn wiedersehen. Koste es, was es wolle.
Pete hob abwehrend die Hände. „Schon gut, schon gut.“, murmelte er scheinbar resigniert. Doch in Wirklichkeit sah er seine Freundin jetzt in einem anderen Licht. Sam Carter war zwar ein sehr pflichtbewusster Mensch, der alles für seinen Job tat, aber diese Sache ließ ihn dennoch stutzen. Was war mit ihr geschehen? Wo war ihre Coolness, unter der sie die meisten ihrer Gefühle verbarg, besonders die unangenehmen? Wo ihre Ehrlichkeit? Wo ihre Fröhlichkeit und Lieblichkeit? Pete erkannte eine völlig neue und bisher unbekannte Seite an ihr. Sie bebte vor unterdrücktem Zorn und etwas schien ihr schwer auf der Seele zu lasten, schien sie innerlich fast zu zerreißen.
Mit Sicherheit musste es etwas mit ihrem kommandierenden Offizier zu tun haben, denn seit fast einem Monat benahm Sam sich nun schon merkwürdig. Doch sie hatte es bisher relativ gut zu verschleiern gewusst – bis zu diesem Augenblick. Konnte es sein, dass sie und O’Neill…?
„Sam?“, fragte Pete vorsichtig und berührte sie am Arm. „Kann ich dich etwas fragen?“
Sie warf ihm einen irritierten, misstrauischen Blick zu. „Was willst du wissen?“
„Naja, ähm…“ Er räusperte sich und druckste einbisschen herum. „Warst du und…kann es sein, dass…also…was ich meine, ist…du und Colonel O’Neill, hattet ihr beide einmal etwas miteinander?“
Wie von der Tarantel gestochen fuhr Sam hoch. „Was!?“
Also doch, dachte er interessiert. Etwas musste zwischen den beiden gewesen sein, sonst würde sie nicht so heftig reagieren. Ihre Augen waren geweitet und ihr ganzer Körper versteift. Ohne es zu merken schlug ein ihm nicht unbekanntes Gefühl in seinem Inneren Funken, drohte ein vernichtendes Feuer zu entzünden. Eifersucht.
In seiner Ausbildung zum Polizisten, hatte Pete gelernt, Zeugen und Verdächtige zu verhören und dabei konnten Gesten und Blicke oft mehr sagen, als bloße Worte. Mit der Zeit hatte er seine Verhörmethoden perfektioniert. Und bei Sam konnte er eindeutig sehen, dass sie etwas verbarg. Daran gab es keinen Zweifel.
„Ich wollte wissen, ob du und… Jack ein Paar wart.“, erklärte er freundlich, jegliche aufflammenden Gefühle bezwingend.
Heiße Röte kroch in ihr hoch und Sam tat alles um dieses ungewollte und dennoch unleugbare Geständnis auf seine Frage zu unterdrücken. Sie und Jack waren nicht zusammen gewesen, niemals. Die Regeln verboten es ihnen.
„Nein.“, versuchte sie händeringend zu erklären. „Wir…Jack und ich…wir waren…wir hatten nie….wir sind nur gute Freunde.“
Petes Lächeln gefror. Er hatte das Gefühl, als hätte man ihm eine glühend heiße, steinharte Faust in den Magen gerammt.
„Du empfindest etwas für ihn.“, stellte er fest und seine Augen wurden kalt und hart wie Stahl.
Sam wurde mit einem Schlag leichenblass. Was redete er da? Er wusste nichts über sie und Jack. Überhaupt nichts! Wie konnte er sich das Recht herausnehmen ein Urteil über sie zu fällen?
Sie und der Colonel waren nur Arbeitskollegen. Gute Freunde. Sehr gute Freunde. Und weil sie sich seinetwegen schuldig fühlte, wollte sie die Mission zu seiner Rettung leiten. Ein Freundschaftsdienst. Sie hätte das auch jederzeit für Daniel oder Teal’c getan. Und der Colonel auch.
„Ich…“, begann sie.
Pete sah sie abwartend an.
„Ich… nein.“, sagte sie schlicht und ohne mit der Wimper zu zucken. Doch in ihrem Inneren spürte sie einen rasiermesserscharfen, tiefen und kalten Schmerz, als hätte ihr jemand ein Schwert in die Brust gerammt.
„Warum musst du das dann machen?“, brauste Pete auf und sah sie enttäuscht an. Er hatte sich nur ihretwegen Urlaub genommen, damit sie sich eine schöne Zeit gemeinsam machen konnten und jetzt war all das umsonst?
In Sam flammte erneut Zorn auf. Er war ihr Freund! Und er war mit einem Tok’ra-Späherschiff im Weltraum abgestürzt! Warum konnte Pete nicht verstehen, dass sie einfach versuchen musste, ihn zu retten? Sie hatte ihn zwei Mal verloren, doch dieses Mal würde sie ihn retten. Sie würde alles dafür tun, um Jack gesund nach Hause zu bringen. Alles.
Sie brauchte ihn. Sie konnte ihn nicht so einfach gehen lassen! Warum konnte Pete das nicht begreifen?
„Ich gehe.“, sagte Sam kalt. „Das ist beschlossene Sache und nichts auf der Welt wird mich davon abhalten.“
Mit einer wütenden Geste packte sie die schwarze Tasche und verließ den Raum.
„Sam!“, rief Pete ihr zornig hinterher, doch die Haustür war bereits ins Schloss gefallen und als er aus dem Fenster ihres Schlafzimmers blickte, sah er sie in ihrem silbernen Auto wegfahren.

~~~*~~~

Der Alarm, der von einem eintreffenden Wurmloch kündete, hallte durch den gesamten Stützpunkt. Der Ereignishorizont warf bläuliche Muster an die Wände des Torraumes, welche sich zu verzerren und zersplittern schienen, als eine einzelne Gestalt durch das Tor trat.
Die Stabwaffe in der rechten Hand, blieb sie kurz stehen und überblickte das Geschehen. Hoheitsvoll schritt sie dann die Rampe hinunter.
Nacheinander begrüßte sie den Archäologen Dr. Jackson und die neue Leiterin des Stargatecenters, bevor sie vor Teal’c stehen blieb.
„Ishta.“ Seine Stimme klang leise und ehrfurchtsvoll.
Ein feines Lächeln bildete sich auf ihrem ernsten Gesicht, was ihren harten Zügen eine unerwartete Weichheit verlieh. „Es sind einige Monde vergangen, seitdem wir uns das letzte Mal gegenüber standen.“, erwiderte sie.
Der Jaffa nickte und auch seine Lippen kräuselten sich in einem Lächeln.
„Leider bin ich der Überbringer schlechter Botschaft.“, wandte sich die Anführerin der Hak’tyl an Dr. Elizabeth Weir.

„Was meinst du mit ‚schlechter Botschaft’?“, wollte Daniel wissen, während er sich im Besprechungsraum an den Tisch setzte.
„Warten wir nicht auf Colonel O’Neill und Major Carter?“, fragte Ishta, erntete aber nur betrübte Blicke und das Unbehagen ihrer Gastgeber.
„Ich verstehe.“, sagte sie leise, nachdem Daniel die Geschehnisse der letzten Wochen kurz zusammengefasst hatte. „Ich hoffe, ihr findet einen Weg, eure momentanen Probleme zu lösen.“
„Das werden wir.“, erklärte Dr. Weir fest. Major Carter war auf dem Weg zu den Koordinaten, wo O’Neill und der Tok’ra abgestürzt waren. Sie würde ihn finden, da war sich Elizabeth Weir sicher. „Was haben Sie uns zu sagen?“
Ishta seufzte. Das hier fiel ihr nicht leicht. Aber auch wenn einige ihrer Gefolgsleute gegen das Miteinbeziehen der Tau’ri protestiert hatten, so hielt sie es dennoch für das einzig Richtige. Diese Menschen hatten zahlreiche Goa’uld getötet und mehr Erfahrung mit den Systemlords und dem Mächtegleichgewicht in den Galaxien, als sonst irgendjemand, den sie kannten. Himmel, sie hatten es sogar geschafft, Anubis zu vernichten! Nur sie konnten dem Universum jetzt noch helfen.
„Vor wenigen Tagen bekamen drei meiner Kriegerinnen, die weiterhin verdeckt unter Moloc arbeiteten, ein Gespräch zwischen Molocs Primus und einigen seiner Jaffa mit. Sie unterhielten sich über einen neuen unbekannten Goa’uld, der anscheinend die Macht an sich zu reißen versucht.“
„Etwas Ähnliches haben auch die Tok’ra durchblicken lassen.“, schaltete sich Teal’c in Ishtas Bericht ein.
Daniel blickte auf und runzelte nachdenklich die Stirn. „Ja, du hast Recht.“, sinnierte er. „Angeblich soll dieser neue Goa’uld Anubis’ Waffen und seinem Wissen nachspüren. Wenn ihm das wirklich gelingt“ - Daniel machte eine ausholende Geste mit beiden Händen - „könnte das durch Anubis Tod geschwächte Machtgleichgewicht unter den Systemlords empfindlich beeinträchtigt werden.“
Ishta nickte zustimmend.
„Ist dieser neue Feind denn wirklich so gefährlich?“, fragte Dr. Weir.
„Nun, das hängt davon ab, ob es ihm wirklich gelingt, irgendwie an das Wissen, das Anubis besaß und an seine Antikerwaffen zu gelangen. Wenn er es schafft, dann könnte es sein, dass wir uns einem neuen und vielleicht um einiges mächtigeren Feind gegenüber sehen, als es Anubis war.“, erklärte der Archäologe und seine Stimme nahm einen dramatischen Ton an.
„Er hat es bereits.“, sagte die Hak’tyl ruhig, bevor Daniel mit seinen Überlegungen fortfahren konnte.
„Was!?“
Entsetzt starrten die drei Ishta an. Konnte das möglich sein? Konnte es einem einzigen, unbekannten Goa’uld in knapp einem Monat wirklich gelingen, einige von den mächtigsten Antikerwaffen aller Zeiten aufzuspüren?
Nimmt dieser Alptraum denn nie ein Ende?, dachte Daniel bitter.
Ihr erster größter Feind war Apophis gewesen. Sie mussten ihn mehrere Male vernichten, bis er schließlich doch eines Tages seinen endgültig letzten Atemzug getan hatten – das hofften sie zumindest, denn ein neu auferstandener Apophis würde ihnen gerade noch fehlen.
Der nächste und bisher schlimmste Goa’uld war Anubis gewesen. An seiner Vernichtung hatten sie wirklich hart arbeiten müssen. Und die Opfer waren unermesslich.
Diese beiden größten Feinde der Menschheit hatten sie binnen sieben Jahre besiegt. Und jetzt sollte es einen neuen, unbesiegbaren Goa’uld geben, der die Herrschaft über die Galaxis an sich reißen wollte? Kaum vier Wochen nachdem Anubis vernichtet worden war? Irgendwie konnte Daniel das nicht glauben. Die Zeit, die ein solches Unterfangen erforderte, war länger als diese paar Wochen. Wenn er also wirklich schon eine oder mehrere der Antikerwaffen ihres Erzfeindes besaß, musste dieser neue Goa’uld schon früher mit der Suche angefangen haben, das stand außer Frage.
„Wir wissen nicht sehr viel über ihn.“, erklärte Ishta. „Er muss auf einen uns unbekannten Weg zu dem geheimnisvollen Wissen Anubis’ und mindestens einer seiner Waffen gelangt sein. Er besiegt die Systemlords und zig andere seiner Artgenossen einen nach dem anderen. Unter seinen Opfern zählen inzwischen auch Moloc, Bastet, Morrigan und Lord Yu.“
Ungläubig riss Daniel die Augen auf. Er konnte nicht fassen, dass sie all das nicht mitbekommen hatten. Allerdings, das musste er sich eingestehen, war Anubis seit einiger Zeit ihr Hauptziel gewesen. Das SGC hatte den anderen Systemlords seither nicht viel Beachtung geschenkt. Wenn dieser geheimnisvolle Goa’uld tatsächlich vier der Systemlords in dermaßen kurzer Zeit besiegt hatte, dann musste er wahrlich ungewöhnlich mächtig sein.
Daniel fluchte leise. Ein neuer unbesiegbarer Feind war aufgetaucht – und das zu einem Zeitpunkt, an dem die Erde leicht angreifbar war. SG-1 war nicht komplett, tatsächlich befanden sich nur zwei Personen des Teams auf der Erde. O’Neill war verschollen, vermutlich sogar tot und Carter war mit der Prometheus, ihrer einzigen Verteidigungsmöglichkeit gegen einen Angriff der Goa’uld, auf der Suche nach ihm.
Im SGC sah es ebenfalls nicht viel besser aus. Seit vier Wochen waren alle Missionen, zwecks der neu zu bildenden Regierungseinheit, für drei Monate eingestellt. Das Tor war zwar für eintreffende Besucher offen, allerdings waren keine Teams und nur noch wenige Soldaten im Cheyenne Mountain.
Sollte dieser unbekannte Feind jetzt einen Angriff auf die Erde wagen, würden sie ihm vollkommen schutzlos ausgeliefert sein.
Wieder musste Daniel an diese bittere Ironie denken. Kaum hatten die Tau’ri den wohl mächtigsten Goa’uld aller Zeiten vernichtet, tauchte ein neuer auf, der sie mit einer Leichtigkeit, von der sein Vorgänger nur träumen hatte können, einfach auszuradieren vermochte.
„Des Weiteren haben wir mithilfe einiger Tok’ra, auf die wir bei unseren Nachforschungen getroffen sind, herausgefunden, dass der Goa’uld ein Verwandter Anubis’ sein muss und dass es sich außerdem um einen weiblichen Wirt handelt.“, fuhr Ishta fort.
Unwillkürlich zuckte Daniel zusammen. Er konnte nicht verhindern, dass er an Osiris, der sich in Sarah, einer guten Freundin und ehemaligen Arbeitskollegin von ihm, eingenistet hatte, denken musste. Aber die Tok’ra hatten den Symbionten doch aus ihr entfernt, oder etwa nicht?
An Teal’cs Blick konnte der junge Archäologe erkennen, dass dieser den gleichen Gedanken hegte.
Wer war dieser neue, unbekannte Goa’uld, dessen Beschreibung so perfekt auf Osiris zu passen schien?
Wie Daniel wusste, war auch Osiris mit Anubis in der ägyptischen Mythologie verwandt gewesen.
Wer also war dieser neue, geheimnisvolle Feind? Was hatte er vor? Und, was das Wichtigste war, würde er ihre Verwundbarkeit ausnützen, falls er davon erfahren sollte? Wenn ja, wie sollten sie sich verteidigen?

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