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Afterparty von Kes

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Vorwort



Spoiler: Gipfeltreffen, Verraten und verkauft, Jolinars Erinnerungen, Der Sturz des Sonnengottes (und noch ein paar andere unwichtige)

Staffel: 4
Afterparty


Die Bar war voll. O'Neill war schon öfter dort gewesen, hatte ein Bier getrunken und Dart gespielt. Meistens verlor er, was ihn ab und an auf die Idee brachte, zu demonstrieren, wie gut er mit seiner Dienstwaffe zielen konnte... besser als mit diesen lächerliches Pfeilen. Natürlich würde er es nie wirklich tun. Genaugenommen hatte er sie normalerweise überhaupt nicht dabei. Wozu auch? Auf der Erde war er sicher. Verglichen mit den Planeten, auf denen er sich sonst rumtrieb.

Das Stargate-Programm hatte sein Leben völlig verändert. Das wusste er, und er mochte die Art, wie es seine Sicht der Dinge beeinflusste. Auch wenn es ihm manchmal Angst machte. Schlägereien, etwas, in das er noch vor wenigen Jahren viel zu oft verwickelt gewesen war, interessierten ihn jetzt nicht mehr. Er hatte gegen Apophis Armee gekämpft, was waren ein paar armselige Betrunkene dagegen. Es war beinahe unmöglich, ihn zu provozieren.

Natürlich war es schon früher meistens ein unfairer Kampf gewesen. Er war Colonel der US Air Force, hatte jahrelange Special Forces-Erfahrung - der durchschnittliche amerikanische Barbesucher war sicherlich kein Gegner für ihn.

Obwohl er in der Vergangenheit durchaus hatte einstecken müssen. Zum Beispiel wenn er so betrunken gewesen war, dass er die Fäuste seines Gegners überhaupt nicht mehr kommen sah. Oder wenn er sich mit zwei Meter großen Bodybuildern angelegt hatte... zeitweise fast schon ein Hobby von ihm.

Doch er hatte diese Phase seines Lebens überstanden.
Die Trennung von Sara hatte ihm damals den Rest gegeben und man hatte sein Benehmen durchaus als "selbstzerstörerisch" bezeichnen können. Natürlich, sie hatte ihm gesagt, dass sie ihn nicht dafür verantwortlich machte. Aber er gab sich selbst die Schuld. Und jedes Mal, wenn er in ihre Augen sah, fühlte er sich, als hätte er die Waffe gehalten und selbst abgedrückt. Noch heute. Charlies Tod lag schon lange zurück. Doch es verging kein Tag, an dem er nicht daran dachte.
Aber es war leichter geworden. Er hatte aufgehört zu trinken, aufgehört zu rauchen und aufgehört, sich in Prügeleien verwickeln zu lassen, die er nicht gewinnen konnte.

Doch an diesem Abend würde er nicht darüber nachdenken.
Diesmal war er auch nicht alleine dort.

Am Billardtisch stand Carter, und sie zockte Major Griff nach allen Regeln der Kunst ab.

SG1 und SG2 hatten vor einer Stunde die Bar gestürmt. Normalerweise taten sie das nicht; so kurz nach einer Mission in eine Bar voller Zivilisten gehen und sich betrinken (was eindeutig das Ziel des Abends war). Das Risiko, dass ihnen in diesem Zustand etwas rausrutschen könnte, was nicht für die Ohren der Öffentlichkeit bestimmt war, war einfach zu groß.

Natürlich würden die meisten ihnen sowieso nicht glauben, wenn sie erzählten, dass sie durch einen Ereignishorizont auf andere Planeten spazierten.
Damit nicht genug, auf den meisten lebten auch noch Menschen, die vor langer Zeit von bösen, bösen Außerirdischen dorthin entführt worden waren! Wer sollte so eine Geschichte glauben? Besonders wenn der Erzähler angetrunken war.
Sie wollten sich schließlich nicht lächerlich machen...

O'Neill war an diesem Abend nicht angetrunken. Er war betrunken. Was ihn trotzdem nicht dazu veranlasste hochkarätige Staatsgeheimnisse zu verraten. Na ja, jedenfalls noch nicht.

Die Flucht von Apophis Schiff war ein einziger langer Adrenalinrausch gewesen. Diesmal hatte es sie fast erwischt.

"Ich hätte ihn erschießen sollen, als ich die Chance dazu hatte", hatte O'Neill gesagt, als die Wachen ihn und sein Team in Ketten gelegt hatten. "Damals, auf P3X... P2... auf diesem verdammten Wüstenplaneten!"
Carter hatte gelächelt. Sie hatte dem sicheren Tod ins Auge gesehen und ihn angelächelt. Diese Frau war unglaublich.

Nun, er selbst hatte auch keinen besonderen Respekt vor Apophis. Er hatte im Gegensatz zu ihr aber auch nichts zu verlieren. Sie war jung, wunderschön, hochintelligent - sie würde vielleicht eines Tages das Stargate-Kommando übernehmen.

Er ließ sich seine letzten Gedanken noch einmal durch den Kopf gehen. Wunderschön? Nein, Moment, das war nicht das, was er hatte denken wollten.

Natürlich war sie wunderschön. Ihre großen, saphirblauen Augen... Halt. Er war betrunken und er würde sich nicht in diese Sache hineinsteigern.

Er fuhr mit seinem ursprünglichen Gedankengang fort.
Sie war ein ausgezeichneter Soldat. Jemand, den er an seiner Seite haben wollte, wenn er gegen Apophis kämpfte.
DAS sollte anstelle von "wunderschön" stehen.

"Wir haben ihnen in den Arsch getreten", sagte Daniel.

Der Ägyptologe saß mit einer Flasche Bier neben O'Neill auf einem Barhocker und Jack war sich nicht sicher, ob er mit ihm sprach oder mit sich selbst.

Er wartete auf einen Kommentar von Teal'c, etwas wie "Ich habe die meisten von Apophis Wachen mit einer Stabwaffe getötet, ich habe niemanden getreten, Danieljackson." Etwas in der Art. Doch es kam nichts.
Und als ob das nicht beunruhigend genug gewesen wäre, lächelte der Jaffa auch noch.

O'Neill schüttelte den Kopf. "Ihr Kerle seid mir suspekt", sagte er langsam und darauf bedacht, dass er die Worte nicht verdrehte.

"Ja, aber hätten wir nicht Kavallerie gespielt, hätten die euch eure Ärsche weggeschossen!", mischte Major Griff sich vom Billardtisch aus ein. Er kam zu ihnen an die Bar und bestellte sich ein neues Bier.

O'Neill konnte sehen, wie der Major einen Blick auf Carter warf, von dem er wohl annahm, er bliebe unbemerkt. Er sah dem Kommandanten von SG2 an, was er in diesem Moment dachte: "Mann, und es wäre verdammt schade um diesen Arsch." Natürlich hätte er nie gewagt, es auszusprechen. Besonders nicht in Gegenwart eines Colonels. Im Dienst oder nicht.

"Major", sagte O'Neill scharf und er stellte erschreckt fest, dass er sich ein wenig zu... besitzergreifend anhörte. Er erntete einen entsprechenden Blick von Major Griff.

"Oh, tut mir leid Sir, ich weiß, sie haben die älteren Rechte...", sagte er grinsend.

Carter war voll und ganz vertieft in ihr Spiel. Und O'Neill war mehr als dankbar dafür.

Sein Gesicht blieb ernst. Er hatte nicht vor, sich auf so ein Gespräch einzulassen. Was er über Carter dachte, ging niemanden etwas an. Er hatte in der Vergangenheit eine ganze Menge Arbeit damit gehabt, seine Gefühle zu verstecken. Da würde er nicht an einem Abend alles zunichte machen, nur weil er ein paar Jack Daniels zu viel hatte.

Er starrte auf sein Glas.

"Kommen sie, Jack", mischte Daniel sich ein. "Es ist so was von offensichtlich!"

Vielleicht hatte er seine Gefühle doch nicht so gut versteckt, wie er angenommen hatte.
Diese Situation wurde von Minute zu Minute unangenehmer.

"Hey, Major! Wie lange wollen sie mich noch warten lassen?", rief Carter. Sie stand ungeduldig mit ihrem Queue hinter dem Billardtisch.

"Sie kann es nicht erwarten, mich fertig zu machen...", murmelte Griff.

Der Rest von SG2 hatte sich ebenfalls um den Tisch versammelt. Daniel und Teal'c gesellten sich dazu. Bevor O'Neill sich beschweren konnte, waren sie weg.

"Ihr Kerle seid von der Air Force, ja?", hörte er nur Sekunden später eine Frauenstimme direkt neben seinem Ohr. Er drehte sich überrascht um. Auf Daniels Hocker saß eine blonde Frau in einem engen schwarzen Kleid.
Sie war scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht. Oder vielleicht reagierte er auch nur etwas langsam.

Er hätte auch nüchtern Probleme gehabt, ihr ins Gesicht zu sehen. Ihre langen Haare streiften das dunkle Eichenholz der Theke. Und ihre Beine waren... nun ja ihre Beine...

"Yep", antwortete er, bevor er weiter darüber nachdachte.
Er wurde nicht oft von Frauen angesprochen, die aussahen, als seien sie gerade aus einem Playboyheft gesprungen.

"Ich bin Helen", stellte sie sich vor.

"Helen... Helena von Troja...", murmelte O'Neill. Etwas von Daniels Geschwafel war wohl doch hängen geblieben. "Ich bin Jack."

An ihrem Blick erkannte er, dass sie diesen Vergleich als eine Aufforderung ansah.
Sie rückte ihren Hocker noch etwas näher an ihn heran.

"Und ist euer Job-"

Helen wurde abrupt unterbrochen.

"Colonel, warum sitzen sie hier so alleine?"
Sam war gekommen, um sich einen neuen Drink zu bestellen. Jedenfalls offiziell. Inoffiziell hatte sie der Blondine, die sich an ihren Colonel ranschmiss gerade einen Tiefschlag versetzt.

Was sollte er darauf antworten? "Major, ich unterhalte mich gerade mit dieser Lady, wenn es ihnen nichts ausmacht?" Nein, das wäre ihm in zehntausend Jahren nicht über die Lippen gekommen. Nicht wenn Apophis ihn foltern ließe und nicht wenn Sokar ihn in die Hölle schickte. Da war er ja ohnehin schon gewesen.

Er sah seinen Major an und fragte sich, wie es so weit gekommen war. Wann hatte er aufgehört andere Frauen zu sehen? Diese vollbusige Blondine neben ihm war ihm egal, sobald er Carter sah.

Vielleicht sollte er mal zum Arzt gehen...
Nein, Dr. Frasier war in diesem Fall keine große Hilfe. Sie sah ihn ohnehin schon immer so seltsam an.
Natürlich. Sie hatte oft genug erlebt, wie er neben Carter gewacht hatte, wenn sie wieder einmal auf der Krankenstation gelandet war.

Und sie war bei dieser Zatarc-Geschichte dabei gewesen.
Damals hatte er Carter sagen hören, dass sie mehr für ihn empfand als Freundschaft.
Er hatte es sie sagen hören.
Und trotzdem glaubte er nicht, dass sie jemals so für ihn fühlen würde, wie er für sie.

Er hatte überhaupt nicht gemerkt, wie Helen verschwunden war. Sie hatte wohl ihre Zeit nicht verschwenden wollen. Sein Desinteresse an ihr als Carter aufgetaucht war, war ihr wohl nicht entgangen.

"Sir, warum sehen sie mich so an?", fragte Carter und riss ihn damit aus seinen Gedanken.

"Sie haben heute hervorragende Arbeit geleistet, Major", sagte er.
Was er eigentlich sagen wollte war: "Sie sehen heute Abend wunderschön aus."

"Danke, Sir", sagte sie.

Einen Moment lang überlegte er ernsthaft, welchen Satz er tatsächlich gesagt hatte.

"Sie auch."

Okay, es musste wohl doch der mit der hervorragenden Arbeit gewesen sein. Unwahrscheinlich, dass sie ihn als wunderschön bezeichnete...

"Haben sie dem Angeber gezeigt wo's lang geht?", fragte er.

Er wusste aus Erfahrung, wie gut sie Billard spielte. Musste wohl damit zusammen hängen, dass sie die Wurzel aus 1.457.879 im Kopf ausrechnen konnte. Und er nicht mal die aus 36. Okay, die aus 36 schaffte er noch.

Sie lachte.

"Keiner will mehr gegen mich spielen, also werde ich mich wohl gleich verabschieden."

"Was sie damit eigentlich meinen, ist, dass sie den Heimweg nicht mehr finden, wenn sie noch viel länger bleiben", zog der Colonel sie auf.

"Oh Sir, sie wissen, dass ich soviel trinken kann wie jeder andere hier!"

Er konnte in ihrem Gesicht sehen, dass sie begann abzuschweifen.

"Ich bin genauso gut wie ihr Kerle."

Sie tippte ihm mit dem Zeigefinger gegen die Brust.

"Das müsst ihr nur endlich mal einsehen!"

Er bemühte sich, nicht zu grinsen. Das hatten sie längst.

"Na ja, Major, muss ich sie daran erinnern, als wir auf P3XP595 waren und sie anfingen, vor den Einheimischen zu strippen..."

Sie versuchte, ihn böse anzublicken, doch alles, was sie zustande brachte, war ein schiefes Grinsen.

"Sir, ich glaube, damit werden sie mich noch in dreißig Jahren aufziehen."

"Ganz bestimmt sogar."

Sie setzte sich zu ihm und ihr Ton wurde ernster.

"Diesmal war es verdammt knapp, Sir", sagte sie.

Er nickte.

"Ich hasse es, nach solchen Missionen in Urlaub geschickt zu werden. Ich weiß hier einfach nicht, was ich mit dem ganzen restlichen Adrenalin anfangen soll."

"Ich weiß genau was sie meinen, Carter."

"Und Sir..." Sie versuchte verzweifelt, nicht zu lachen.

"Was ist Carter?" Er fühlte sich, als hätte er ein Papphütchen auf, oder als hingen ihm Strohhalme aus der Nase...

"...jetzt, wo es sie zweimal gibt..." Sie kicherte und wedelte mit ihrer Hand zwischen ihnen hin und her, "...könnte sich eigentlich einer von ihnen Beiden anbieten, mich nach Hause zu bringen..."

Der Colonel wusste nicht so recht, wie er auf diese Aufforderung reagieren sollte.

Sie sah, dass er sich nicht sicher war, lehnte sich zu ihm hinüber und flüsterte: "Psst, keiner wird merken, dass einer von ihnen Beiden fehlt", versicherte sie ihm.

Er sah keinen Grund, noch länger zu zögern. Was sollte schon passieren? Sie waren zu professionell, um irgend etwas zu tun, was sie am anderen Morgen bereuen würden.
Eigentlich glaubte er noch nicht einmal, dass Carter überhaupt jemals auf die Idee gekommen war, etwas anderes mit ihm zu tun, als auf Missionen zu gehen und ihn mit ihrem Fachchinesisch zu nerven.

Sie wohnte ein paar Blocks von der Bar und er hatte nicht vor, ihnen ein Taxi zu rufen. Es war eine warme Nacht und ihr Weg führte sie hauptsächlich durch gut beleuchtete Straßen.
Er wollte diesen Spaziergang auskosten. Solche Gelegenheiten waren selten, und er liebte es, mit ihr allein zu sein.
Wenn sie ihn ansah, fühlte er sich, als gäbe es niemand anderes in ihrem Leben. Nur ihn.

Daniels neugieriger Blick, als sie zusammen die Bar verlassen hatten, war ihm nicht entgangen. Und er hatte sich ein Grinsen nicht verbeißen können.
Sollten sie reden und ihre Gerüchte stricken - er würde eine halbe Stunde mit einer wunderschönen und klugen Frau verbringen. Auch wenn sie nur spazieren gingen.

Was tatsächlich passierte, war allerdings etwas völlig anderes.

Als sie unterwegs an einer Tankstelle vorbei kamen und sich beide einig waren, dass ein paar Donuts jetzt genau das Richtige waren, gerieten sie mitten in einen Überfall.

Ein Mann mit einer Skimaske tauchte plötzlich aus dem Nichts auf und wedelte mit einer Pistole herum.
Sam und Jack wussten schon beim Anblick dieses Kerls, dass er keine Ahnung hatte, was für einen Rückstoß eine großkalibrige Waffe hatte, aber sie wollten nicht riskieren, dass er es erst noch austestete.
Der Angestellte, der zitternd mit erhobenen Händen hinter der Theke stand, konnte die Handzeichen sehen, die sich Carter und der Colonel gaben, wenn der Mann mit der Skimaske ihn mit dem Rücken zu ihnen anbrüllte.

Es war niemand außer ihnen im Laden, was die Sache noch einfacher machte.
Auf O'Neills Zeichen stieß Carter ein paar Konservendosen aus dem Regal neben ihr. Der Knall, mit dem sie auf dem Boden aufschlugen, hatte den gewünschten Effekt. Der ohnehin schon übernervöse Kerl drehte sich blitzschnell in ihre Richtung, seine Waffe, die er locker in der rechten Hand hielt, zielte noch immer in Richtung Theke, jetzt aber nicht mehr auf den Angestellten, sondern auf die Registrierkasse einen Meter neben ihm.
Der Colonel reagierte schnell und routiniert. Der Mann war entwaffnet und zu Boden gegangen, bevor er überhaupt bemerkt hatte, dass O'Neill sich bewegte.

Der Colonel gab Carter die Waffe. Sie sicherte sie und steckte das Magazin in ihre Tasche. Sie wollte nicht riskieren, dass der Angestellte, dem sie sie anschließend zuwarf, Rambo spielte.

Sie wussten, dass sie eigentlich auf die Polizei hätten warten müssen, aber der Angestellte, der jetzt mit einem Baseballschläger bewaffnet war, würde den Kleinkriminellen in Schach halten können. Sie hatten ihn mit Klebeband verschnürt.

Natürlich würden sie Ärger bekommen, wenn rauskam, was in der Tankstelle geschehen war, aber sie fühlten sich einfach unverwundbar an diesem Abend.

Sie waren in Sokars Hölle gewesen, waren gefoltert worden, ihre Körper waren von Parasiten übernommen worden, sie waren auf fremden Planeten gestrandet, in einer Höhle in der Antarktis gefangen gewesen, einmal waren sie sogar gestorben.
Sie hatten Apophis Wachen getötet und zum dritten Mal eines seiner Schiffe in die Luft gesprengt. Das war erst ein paar Stunden her.

Was zum Teufel konnte ihnen auf der Erde schon passieren?

Sie hatten noch etwa die Hälfte des Weges zu Carters Wohnung vor sich.

"So viel zum Thema Adrenalin, Sir..."

Der Colonel ging grinsend neben ihr her.

"Ja, Carter, vielleicht sollten wir uns demnächst nach einer Mission in unsere Superheldenoutfits schmeißen und zur Abwechslung mal diese Welt retten!"

Sie lachte und boxte ihn leicht gegen die Schulter.

"Ja, aber wir nehmen nicht Daniel mit! Der verdirbt uns unseren coolen Auftritt, weil er den Leuten erst noch erklären muss, dass wir friedliche Forscher sind und uns nicht in ihre Bräuche einmischen wollen!"

Der Colonel lachte.

"Carter! Und das von ihnen! Ich dachte, sie wären so ein leidenschaftlicher Forschertyp!"

"Tja, Sir, es gibt eben noch eine Menge Dinge, die sie nicht von mir wissen..."

Sie hatten das Haus erreicht, in dem Sam wohnte.

"Möchten sie noch mit rein kommen, Sir?", fragte sie, bevor er sich verabschieden konnte.

Ihm war noch immer etwas schwindelig vom Alkohol und vom Adrenalin, das er an diesem Abend einfach nicht loszuwerden schien.

"Ich habe kalte Pizza", sagte sie, als sie seine Unentschlossenheit bemerkte.

Der Colonel sah sie überrascht an.

"SIE essen kalte Pizza?"

Diesem Angebot würde er nicht widerstehen können.

Er konnte sich fast ausschließlich von Fast Food ernähren und es war ihr eigentlich ein Rätsel, wie er dabei seine Figur behielt.
Sie kannte nur sehr wenige Männer in seinem Alter, die so gut in Form waren wie er.

Sie wusste, dass er sie hin und wieder dabei erwischte, wie sie ihn anstarrte.
Er sah manchmal einfach so verdammt gut aus.
In diesen Momenten konnte sie es kaum glauben, dass dieser Mann ihr Vorgesetzter war.
Und noch viel weniger konnte sie glauben, wie viel sie verband, wie loyal sie zueinander standen, wie viele Erinnerungen und Geheimnisse sie teilten... und dass er jederzeit bereit war, sein Leben für sie zu opfern.

Sie war stolz darauf, diesen Mann zu kennen.
Und sie war stolz darauf, mit ihm umgehen zu können.
Denn bei allen guten Eigenschaften, die er besaß - er war oft nur schwer zu ertragen.
Aber bei ihr wurde er weich. Das war kein Geheimnis, jeder wusste es.
Deshalb war sie auch meistens diejenige, die ihm schlechte Nachrichten überbringen musste.

"Ich hätte nicht gedacht, dass sie etwas essen, in dessen Namen nicht das Wort 'freilaufend' vorkommt."

"Denken sie so hätte ich in dieser Männerwelt überleben können?" Sie lachte.

"Carter, sie könnten die gesamte Armee der Vereinigten Staaten dazu bringen, sich vegetarisch zu ernähren. Ich weiß, wie sie argumentieren. Sie haben mich schon zu den idiotischsten Aktionen überredet. Sie und Daniel..."

Das stimmte. Aber er hatte ihr auch schon so einiges zugemutet.

"Ja, aber damals, auf Simarka, war es nicht meine Idee, dieses stinkende, unbequeme Kleid anzuziehen und mir einen Schleier vors Gesicht zu hängen! Was, wenn ich mich recht entsinne, dazu führte, dass ich verkauft und fast getötet wurde..."

Jack konnte sich nur zu gut daran erinnern.

"Im Namen der Wissenschaft!", zog er sie auf.

"Ja, und was haben wir rausgefunden? Dass es nicht nur auf der Erde unausstehliche Machos gibt."

"Und dass sie in Blau wunderschön aussehen."

Hatte er das gerade wirklich gesagt? Verdammt. Hoffentlich nicht.

"Sir?"

Oh doch, er hatte.

Was jetzt? Er konnte in die eine Richtung gehen oder in die andere.

"Das muss der Whiskey sein, tut mir leid."

Er hatte sich entschlossen, den Fluchtweg offen zu halten.

"Ja, Sir", sagte sie leise.

Sie nahm seine Hand in ihre. Er hatte sich so sehr danach gesehnt, so von ihr berührt zu werden.
Er zog seine Hand zurück.

"Major, das hier wird allmählich etwas schwierig für mich. Ich sollte jetzt besser gehen."

Sie wusste, was er für sie empfand. Warum tat sie das? Warum sah sie ihn so an? Hatte sie vor, auf seinen Gefühlen herumzutrampeln und ihm das Herz in tausend Stücke zu zerreißen? Denn sie war auf dem besten Weg dazu.
Er wollte sie so sehr. Und jetzt war er derjenige, der gehen musste.

Er hatte sich geirrt. Er war nicht unverwundbar und auf der Erde konnte ihm Schlimmeres passieren als da draußen. Sam.

"Sir, gehen sie nicht." Ihre Stimme war leise, fast ein Flüstern.

Er wollte sie berühren, es tat so weh, in ihrer Nähe zu sein.

Seine Lippen formten ihren Namen, doch es kam kein Ton. Er hatte das Gefühl, nie wieder sprechen zu können.

Ihre großen blauen Augen sahen ihn beinahe flehend an. Als sie näher kam, sah er, dass sie dunkler waren als sonst. Fast schwarz.

Ihre Wange berührte seine.

Er merkte, wie sich Tränen in seinen Augen sammelten und verfluchte sich dafür.

"Sam", brachte er schließlich hervor, als seine Hand durch ihr blondes Haar strich.

Sie schmiegte sich noch näher an ihn, unfähig, dem Drang ihn zu berühren länger zu widerstehen.

"Sam", wiederholte er. Er wollte ihr so vieles sagen, doch er konnte nicht sprechen.

Als sie zurückwich um ihn anzusehen, erkannte er das feuchte Glänzen in ihren Augen.

"Sir", hauchte sie heiser, "ich halte das nicht mehr länger aus."

Er kämpfte mit seinen Tränen.

"Carter", sagte er.

Sie schüttelte den Kopf.

"Jack... bitte..."

Er hörte seinen eigenen Schmerz in ihrer Stimme. Verfluchte Vorschriften - wer gab irgend einem Trottel im Pentagon das Recht, ihr so weh zu tun? Er würde es nicht zulassen. Er würde das, was zwischen ihnen war, nicht aufgeben.

Seine Lippen berührten ihre nur leicht. Er zögerte. Doch ihre zitternde Hand an seinem Hals verscheuchte seine Zweifel entgültig. Er legte seine Arme um ihre Taille und küsste sie.
Zuerst war er zurückhaltend, vorsichtig. Doch Sams Atem wurde schneller, er wusste, dass sie mehr wollte. Dass sie die Spielchen zwischen ihnen nicht mehr ertragen konnte. Und er wollte nicht mehr spielen.

Er umfasste sie fest und drückte sie mit dem Rücken gegen die Wohnungstür. Einen Moment fürchtete er, ihr wehgetan zu haben, als sie ihre Fingernägel in seine Schulter bohrte. Ihr unterdrücktes Stöhnen verriet ihm, dass es einen anderen Grund hatte.

Ihr Kuss wurde leidenschaftlicher. Niemand hatte das Recht, ihnen etwas zu verbieten, das sich so richtig anfühlte.

Sie trennten sich nur für ein paar Sekunden, in denen Sam die Tür aufschloss.
Sobald sie sie hinter sich geschlossen hatte, griff Jack nach ihr und zog sie wieder zu sich. Er fürchtete sie nie wieder loslassen können.

"Ich liebe dich, Sam, ich brauche dich so sehr", flüsterte er. "Bitte geh nicht weg, geh niemals weg."

Eine Träne rollte seine Wange hinab, doch es war ihm egal. Sam war bei ihm.
Sie küsste ihn.

"Nein", flüsterte sie, "niemals."

Vielleicht waren sie doch nicht zu professionell, um etwas zu tun, was sie am anderen Morgen bereuen würden.

Ende

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