Stargate Fanfic Login
HilfeImpressumLexikon
Erweiterte Suche

Fernsehen, geliefertes Essen und Selbstmitleid von Kes

[Reviews - 0]   Drucker Inhaltsverzeichnis

- Schriftgröße +
Fernsehen, geliefertes Essen und Selbstmitleid


Selbstmitleid. Ein Abend allein zu Hause mit dem Fernseher, geliefertem Essen und Selbstmitleid.
Was sollte sie auch mit ihrer Freizeit anfangen?
Normalerweise war die Lösung einfach. Sie arbeitete. Wann immer sie nicht wusste, was sie mit sich anfangen sollte, arbeitete sie.
Wie zum Teufel stellte der Colonel sich ihr Leben vor?
„Gehen sie nach Hause, das ist ein Befehl.“
Fantastisch.
Sie war zu Hause.
Verbannt aus ihrem eigenen Labor.
Was zum Teufel sollte sie jetzt tun?
Im Fernsehen liefen schlechte Filme, uninteressante Dokumentationen und Serien, von denen sie noch nie gehört hatte.
Nicht ihre Vorstellung von einem gemütlichen Abend.
Eigentlich hatte sie überhaupt keine Vorstellung von einem gemütlichen Abend. Und wenn sie eine hatte, versuchte sie, nicht darüber nachzudenken.
Selbstmitleid wäre die Folge.
Okay. Zu spät.
Sie bemitleidetete sich bereits selbst.
Was erwartete der Colonel von ihr? Dass sie nach Hause ging, den Schalter in ihrem Genick umlegte und für den Rest des Abends „normal“ spielte?
Kein Problem.
Sie würde einfach vergessen, dass sie morgen früh durch den Ereignishorizont des Sternentors auf einen andern Planeten reisen würde, wo vielleicht die Goa’uld auf sie warteten.
Oder die Replikatoren.
Sie würde vergessen, dass sie Doktor der Astrophysik war.
Vergessen, dass sie einem Tok’ra als Wirt gedient hatte.
Alles vergessen, was ihr Leben bestimmte, seit sie dem Stargate-Programm zugewiesen worden war.
Oder besser: Ihr ganzes Leben vergessen.
Wann war es je normal gewesen?
Bevor ihre Mutter gestorben war?
Vielleicht bevor sie zur Highschool gegangen war?
Sie war immer allein gewesen.
Was blieb ihr anderes übrig? Sie konnte mit niemandem reden. Niemand würde sie verstehen.
Sie konnte es nicht erklären.
Wer wollte schon mit einem Kind spielen, das redete wie ein Erwachsener?
Wer wollte mit einem Mädchen ausgehen, dessen Gedankengängen man nicht folgen konnte?
Wer wollte mit einer Frau zusammen sein, die nicht aufhören konnte zu denken?
Wer wollte mit jemandem zusammen leben, der nie zu Hause war? Der nie über seine Arbeit sprach?
Ja, irgendwo da oben musste eine Verschwörung gegen sie am Laufen sein.
Warum konnte sie nicht wie andere sein?
Warum war sie nicht gewöhnlich?
Sie wüsste es nicht besser und es wäre in Ordnung.
Wenn der Fernseher nie erfunden worden wäre, würde ihn jemand vermissen?
Nein.
Wenn sie nie erfahren hätte, dass es ein Sternentor gab, hätte sie es öffnen wollen?
Wenn sie nie den Goa’uld begegnet wäre, hätte sie sie bekämpfen wollen?
Wenn sie nie klüger als andere gewesen wäre, hätte es sie belastet, nicht besser zu sein als der Rest?
Verschwendete Zeit, darüber nachzudenken.
Aber sie verschwendete ihre Zeit ständig, dachte ständig nach.
Entwickelte Theorien, Pläne - nur um sie wieder zu verwerfen. Nur was perfekt war, war gut genug.
Und sie war nicht perfekt.
Würde es vermutlich nie sein.
Sie war niemals gut genug.
Sie war zur Air Force gegangen, um besser zu sein.
Besser ausgebildet, stärker.
Stärker als andere Frauen.
Besser als andere Männer.
Gut genug für ihren Vater.
Sie war etwas besonderes. Doch sie würde nie gut genug sein. Nie perfekt.
Wie sollte jemand sie lieben, wenn sie nicht perfekt war?
Wie sollte sie sich selbst lieben, wenn sie nicht perfekt war?
Egal wie gut du in etwas bist, es gibt immer jemanden, der besser ist.
Ihr Blick fiel auf den Anrufbeantworter.
Keine Nachrichten.
Sie kannte niemanden außer ihren Kollegen.
Daniel war ein Freund. Sie konnte mit ihm reden. Er wusste wie es war, ein Außenseiter zu sein.
Aber es gab eine Trennlinie zwischen Arbeit und Privatleben.
Niemand überschritt diese Trennlinie.
Außer gelegentlich der Colonel.
Sie mochte ihn. Sehr. Er berührte ihr Herz. Brachte sie zum Lachen.
Während Daniel sie verstand verkörperte der Colonel alles, was sie in ihrer Jugend gehasst hatte. Alles, vor dem sie Angst gehabt hatte.
Der Captain des Hockey Teams.
Der Klassenclown.
Der gutaussehende Junge, der sie nicht beachtete.
Aber er war so viel mehr.
Sie wusste nicht, ob er sie nur akzeptierte, oder ob er sie wirklich mochte. Ob er wirklich ein Freund war.
Wahrscheinlich war er einer. Ein Freund.
Sie kannte ihn. Nach all den Missionen, die sie zusammen durchgestanden hatte, wussten sie viel über einander. Und vieles wussten sie nicht.
Aber sie wusste mehr von ihm, als vom Captain des Hockey Teams.
Vielleicht hätte sie den Klassenclown gemocht, wenn sie ihn kennen gelernt hätte.
Vielleicht hätte der gutaussehende Junge sie gemocht, wenn er sie beachtet hätte.
Sie war müde. Sie grübelte zu viel.
Genau aus diesem Grund arbeitete sie lieber.
Jetzt machte sie sich Gedanken über Dinge, die sich nicht ändern ließen.
Dass sie wusste, was sie falsch gemacht hatte, änderte nichts.
Dass sie wusste, was sie sich wünschte, machte es nicht wahr.
Doch sie konnte sich nicht gehen lassen. Konnte den Gedanken nicht ertragen, nicht ihr Bestes zu geben. Nicht die Beste zu sein.
Und es nicht zu schaffen.
Wie Sisyphus würde sie niemals ihr Ziel erreichen. Und es machte sie müde. Ließ ihr Leben sinnlos erscheinen.
Ihr Lebensinhalt war es gut zu sein. Intelligent zu sein.
Sie hatte nichts anderes.
Selbst Daniel konnte das nicht verstehen.
Er hatte Sha’re.
Er hatte sie verloren, aber die Erinnerung blieb ihm. Die Liebe zu ihr blieb.
Sie hatte niemanden, den sie liebte, niemanden, der sie liebte.
Keine Gedanken, die sie warm hielten, wenn sie allein zu Hause war, mit dem Fernseher, geliefertem Essen und Selbstmitleid.
Sie griff zum Hörer und wählte die Nummer des Colonels.
„Sir? Haben sie Lust auf chinesisches Essen und einen schlechten Film?“

Wieder ein Abend allein zu Hause.
Allein in einer Wohnung, die so still war wie ein leeres Grab.
Netter Vergleich.
Er blätterte weiter. Ein gutes Buch, doch er konnte sich nicht darauf konzentrieren.
Er hatte eine Menge guter Bücher gelesen.
Von Seite eins bis fünfhundert ohne abzubrechen.
Eine Menge Bücher.
Eine Menge Zeit allein.
Doch heute war ihm nicht nach Lesen zumute. Er hatte arbeiten wollen. Übersetzungen warteten auf ihn, Goa’uld-Schriften wollten entschlüsselt werden.
Aber man hatte ihn nach Hause geschickt.
Nach Hause in seine leere Wohnung.
Er vermisste Abydos.
Nicht nur Sha’re, sondern sein ganzes Leben dort.
Kein Fernseher, kein Radio, nur Menschen.
Nach einem Monat auf dem Wüstenplaneten hatte er vergessen, wie es war, alleine zu leben.
In einer Wohnung mit doppelt verglasten Fenstern und Klimaanlage.
Doppelverglasung und Klimaanlagen hatten ihre Vorteile, keine Frage.
Aber auf Abydos hatte er sich niemals so allein gefühlt wie in seiner eigenen Wohnung auf seinem eigenen Planeten.
Seit seiner Rückkehr war es schlimmer als je zuvor.
Vor Abydos hatte er nicht gewusst, wie es war, mit jemandem einzuschlafen, den er liebte.
Er hatte nicht gewusst, wie es war zu vertrauen, alles zu teilen.
Er hatte nicht gewusste, wie es war, jemanden zu verlieren. Hilflos zu sein.
Er hatte eine Menge Familien gehabt. Er war von einer in die nächste weitergereicht worden.
Umtausch.
So hatte er es genannt.
Er hatte ihnen nicht gefallen, also hatten sie ihn zurückgegeben.
Wer hielt es auch schon mit einem Teenager aus, der nur Mythen, Fabelwesen und Legenden im Kopf hatte.
Märchen.
Unsinn.
Ein Teenager, der sich partout nicht mit Teenager-Dingen beschäftigen wollte.
Ein Teenager, der sein Tagebuch in Altägyptisch führte.
Er hatte nicht anders als andere sein wollen.
Er hatte die Erinnerung an seine Eltern erhalten wollten. Er wurde, was sie gewesen waren.
Und er hatte den Preis dafür gezahlt.
Seit dem Tod seiner Eltern hatte er kein zu Hause mehr gehabt.
Nein, eigentlich stimmte das nicht wirklich. Er hatte auch vorher kein zu Hause gehabt.
Seine Eltern waren von einer Ausgrabungsstätte zur nächsten gereist, Daniel immer im Gepäck.
Aber er hatte seine Eltern gehabt. Und seine Eltern waren ein zu Hause gewesen.
Er war von einer Menge Familien aufgenommen worden, aber keine war wie seine Familie auf Abydos.
Die Rastlosigkeit hatte aufgehört.
Bei ihnen hatte er sich wieder zu Hause gefühlt.
Und dieses zu Hause hatte sogar den Bonus, dass es immer an einem Ort blieb.
Aber auch das hatte er verloren.
Jetzt gehörte er nirgendwo hin.
Nicht mehr nach Abydos, nicht mehr auf die Erde.
Er kämpfte gegen die Goa’uld. Aber er hatte kein Leben mehr.
Er wusste, dass es sich zu kämpfen lohnte. Dass die Menschen, die von ihrer Bedrohung nichts wussten, beschützt werden mussten.
Er überlebte um weiterzukämpfen.
Gegen diejenigen, die sein Leben gestohlen hatten.
Obwohl er wusste, dass er es nie zurückbekommen würde.
Auf eine gewisse Weise war er wie Jack geworden.
Er hatte nichts mehr zu verlieren.

Schachmatt.
Er hatte schon wieder gegen sich selbst verloren.
Das zweite Mal an diesem Abend.
Er war allein zu Hause.
Natürlich.
Er war immer allein.
Seit Charlie.
Er hatte seine Frau verlassen. Sie war aus ihrem gemeinsamen Haus ausgezogen, hatte den Schlussstrich gezogen, aber er war es gewesen, der sie verlassen hatte. Lange zuvor.
So wie er alle verlassen hatte.
Nach Charlie.
Es war nie leicht gewesen. Für ihn und Sara.
Black Ops-Soldaten kamen nicht um fünf Uhr nach Hause und schalteten den Grill ein.
Black-Ops-Soldaten gingen nicht mit ihren Nachbarn zum Bowling.
Er war oft wochenlang unterwegs gewesen, ohne sich zu melden. Sie wusste nicht wo er war, wann er wieder kommen würde, ob er überhaupt wiederkommen würde.
Er hatte ihr nie von seiner Arbeit erzählen können, was er getan hatte, wo er gewesen war, was ihm Sorgen machte, wo er mit seinen Gedanken war.
Eigentlich war es niemals eine Ehe gewesen.
Sie hatten nichts teilen können. Keine Erfahrungen, keine Erinnerungen, keine Erlebnisse.
Nur Charlie.
Sara war immer diejenige gewesen, die über ihre Gefühle sprach. Aber sie hatte es einfacher gehabt. Sie konnte ihm erzählen, wenn sie etwas aufregte, wenn sie etwas beunruhigte.
Er konnte es nicht.
Selbst wenn er gewollt hätte, es gab so vieles, worüber er nicht sprechen durfte, niemals würde.
Er hatte Dinge getan, die Sara nicht hätte ertragen können, hätte sie davon gewusst.
Es war nie eine Ehe gewesen.
Und trotzdem vermisste er sie so sehr.
Sara hatte es akzeptiert, genommen, was er ihr geben konnte.
Er war im Einsatz gewesen, während Charlie groß wurde. Er hatte ihn zu selten gesehen. Zu wenig Zeit mit ihm verbracht. Er würde ihn nie wieder sehen.
Die leere Bierflasche neben dem Schachbrett schien ihn zu verhöhnen. Schien zu sagen, dass auch sie ihn nie vergessen lassen würde. Weder sie, noch ihre Kollegen.
Seine Leber musste furchtbar aussehen. Er trank zu viel und er wusste es. Aber er wollte es nicht ändern. Janet hatte es inzwischen aufgegeben, bei jeder Untersuchung auf ihn einzureden.
Der Alkohol half nicht. Er machte es schlimmer.
Aber vielleicht war es das, was er wollte.
Vielleicht wollte er sich bestrafen.
Vielleicht hatte er deshalb ein Kommando im SGC übernommen.
Vielleicht ging er deshalb durch das Sternentor.
Er wartete darauf, auf der anderen Seite getötet zu werden.
Aber wenn das geschah, würde er ein paar Schlangenköpfe mitnehmen.
All die Dinge, die er gesehen hatte.
All die Dinge, die er getan hatte.
All die Dinge, die er hatte geschehen lassen.
Er hatte keine Angst vor dem Tod.
Er öffnete die nächste Flasche.
Aber bis es so weit war, würde er sich nützlich machen. Indem er das tat, was er am besten konnte: Die „Bösen“ jagen.
Er hatte gerade die Figuren für die nächste Partie gegen sich selbst aufgestellt, als das Telefon klingelte.

Sein Quartier im SGC war weder luxuriös noch besonders gemütlich.
Aber er hatte unter schlechteren Bedingungen gelebt.
Sein Haus auf Chula’k hätte er trotzdem jederzeit vorgezogen.
Er lebte lieber auf dem Stützpunkt als außerhalb. Die Tau’ri machten ihn nervös. Er versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen, aber die Ruhelosigkeit der Menschen und ihr unstillbares Bedürfnis nach Kommunikation verstörten ihn.
Sie stellten Fragen, auf die sie keine Antworten wollten.
Sie gaben Antworten, die sich nicht auf die gestellte Frage bezogen.
Die Art der Tau’ri war ein neues Konzept für ihn. Ein neues, anstrengendes Konzept-
Er hatte gelernt, nicht unnötig zu sprechen.
Zu sprechen, wenn er aufgefordert wurde.
Zu antworten, wenn er gefragt wurde.
Zu gehorchen, wenn ihm befohlen wurde.
Seine neugewonnene Freiheit machte ihn glücklich, doch sie verunsicherte ihn auch.
Er hatte seine Götter insgeheim in Frage gestellt, doch er hatte ihre Autorität anerkannt.
Es war nicht seine Aufgabe gewesen, zu entscheiden, was Recht und was Unrecht war. Er war Soldat gewesen.
In gewisser Weise wie O’Neill Soldat auf der Erde war.
Ein Werkzeug.
Jetzt war er frei.
Freier als O’Neill.
Frei, um zu entscheiden, was gut und was böse war, was getan werden musste und was nicht.
Er war alt genug um Wichtiges und Unwichtiges zu unterscheiden, hatte genug Erfahrung gesammelt, doch es fiel ihm noch immer schwer sich den Tau’ri anzupassen.
Er hatte keinen Vertrauten von seiner Art. O’Neill war sein Freund, doch sie stammten aus verschiedenen Welten.
Er vermisste seinen Meister Brat’ac, der ihn gelehrt hatte, dass die Götter, auf denen sein gesamter Glaube basierte, falsch waren.
Er vermisste seine Frau Rya’c, die zu ihm gestanden hatte, selbst als er sich gegen ihre Götte gewandt hatte.
Er bereute die Dinge, die er im Dienste der Goa’uld getan hatte, die Verbrechen, die er begangen hatte.
Er würde sich nie verzeihen können, würde nie wagen, um Vergebung zu bitten.
Doch er würde alles tun, um sein Volk zu befreien und um die Goa’uld zu bekämpfen.
Es gab viele Tage, an denen er daran dachte, was er getan hatte und nicht mehr leben wollte. Glaubte, nicht das Recht zu haben zu leben.
Aber es gab noch mehr Tage, an denen er gegen die Goa’uld kämpfte und wusste, dass er nützlich war. Dass er etwas verändern konnte.
Jedes Leben, das Dank ihm nicht von seinen falschen Göttern ausgelöscht wurde, rechtfertigte sein eigenes Leben.
Er lächelte als das Telefon klingelte.
Er hatte bereits auf O’Neills Anruf gewartet.
Er wusste nicht, ob O’Neill ihn zu sich einlud weil er ihn nicht allein lassen wollte, oder weil er selbst nicht allein sein wollte. Aber es war fast schon zu einer Tradition geworden und jedes Mal, wenn SG1 ein paar Tage Urlaub hatte, wartete er auf den Anruf seines Freundes.
An manchen Tagen kam er, an anderen nicht.
Er beendete das Gespräch schon nach wenigen Worten und legte den Hörer auf, um gleich anschließend die Nummer von Daniel Jackson zu wählen.
Ein weiterer Abend mit Fernsehen, geliefertem Essen und SG1.

E N D E
Du musst login (registrieren) um ein Review abzugeben.