Stargate Fanfic Login
HilfeImpressumLexikon
Erweiterte Suche

TGE Combined - Fire of War von Atlan, Colonel Maybourne

[Reviews - 1]   Drucker Kapitel oder Geschichte Inhaltsverzeichnis

- Schriftgröße +
1.38 Familie
von Atlan




„Admiral? Admiral Dakamar?“, schallte die Stimme eines übereifrigen Caculas durch das Intercom und weckte Seelenadmiral Faaron Dakamar aus seinem Dämmerschlaf. Brummig aktivierte er das Intercom. „Ein Taubstummer könnte Dich hören!“, bellte er zurück und stellte sich amüsiert das Gesicht des Fähnrichs vor, der wohl instinktiv von der Gegensprechanlage zurückwich. „Was gibt es?“ Der junge Mann antwortete Augenblicke darauf: „Schiffsmeister Rehmas Empfehlung, Admiral, wir haben den Hyperraum verlassen und befinden uns nun im Anflug auf Heredion.“ Auf einmal war Dakamar hellwach und sprang auf die Füße. „Danke, Fähnrich, meine Empfehlung an Schiffsmeister, die 'Heredions Stolz' schwenkt in einen Parkorbit ein. Wir werden eine Weile bleiben. Die Crew erhält Landgang nach Regulierung Gamma-43, ich bin in wenigen Minuten auf dem Kommandodeck.“ „Aye, Aye, Sir“, antwortete der Cacula und kappte die Verbindung.
Dakamar verfiel in einen Zustand der Freude. Er war endlich wieder auf Heredion, endlich wieder zu Hause. Zehn Jahre war er nicht daheim gewesen, zehn lange Jahre. Während er sich rasierte und eine frische Uniform bei seinem Steward verlangte, versank er weiter in seinen Gedanken. Die Ori hatten ihn in ihre Dienste gepresst und sein Dienst hatte ihn in über fünfzehn Jahren Dienst nur ein einziges Mal in die Heimat zurückkehren lassen, zur Beerdigung seiner Großmutter und dann auch nur für vierundzwanzig Stunden. Nun hatte er eine Woche in der Heimat, konnte in sein Geburtshaus zurückkehren, die salzige Meeresluft von Teraza, seiner Heimatstadt am Nordmeer, schmecken und, was noch wichtiger war, seine Familie wiedersehen. Mit seiner älteren Schwester hatte er zwar noch vor kurzem brieflich verkehrt und sie hatte ihm versichert, dass es der Familie gut ging und sein jüngerer Bruder eine sich gut verkaufende Biographie ihres Vaters veröffentlicht hatte, aber das war kein Ersatz für die körperliche Nähe seiner Familie.
Beinahe sentimental warf er einen Blick auf die nachtschwarze Uniformjacke, die ebenso schwarze Hose und das weiße Barett. Als Offizier war es ihm erlaubt eine Uniform nach seinen Wünschen zu tragen, weshalb er selbstverständlich die eines Navyoffiziers der Heredion Space Navy (HSN) gewählt hatte. Im Gegensatz zu der einfallslosen, tristen und deprimierenden Uniform der Ori stand sie nämlich für etwas: Ideale, Tradition und Ehre. Vier Generationen Dakamar's hatten sie vor ihm getragen und weitere acht davor die der maritimen Navy. Seine Finger fuhren über die durch Bandschnallen und Blech repräsentierten Orden, die er erhalten hatte. Orden um Orden hatte man ihm aus Propagandagründen erreicht, doch Faaron waren sie egal, denn sie standen für nichts. Viel wichtiger waren ihm das weiße Barett, die Flottenmedaille E der HSN und das Blaue Band. Die Flottenmedaille hatte er noch auf der Akademie der HSN erhalten, als Bester seiner Taktikklasse, das Blaue Band wies ihn als Mitglied einer Traditionsseemannsfamilie aus, von der es in der langen Geschichte der Marine seines Planeten nur eine handvoll gegeben hatte. Das Barett hingegen stand für eine Tradition, die Faaron überraschenderweise in jeder Marine der Milchstraße wiedergefunden hatte: das Kommando über ein Kriegsschiff. Zwar war sein erstes Kommando ein altersschwacher Kreuzer der Oriarmee gewesen und kein stolzes Schiff der HSN, aber dennoch war es etwas, woran es sich zu erinnern galt.
Er faltete diese Uniform säuberlich zusammen und legte sie in seinen Schrank. Zu Hause würde er diese Uniform nicht tragen. Es war Zeit nach fünfzehn Jahren wieder einmal zivil zu tragen.
In diesem Bereich hatte er nicht viel, nur ein paar Sachen, die auf der Ranch seiner Familie sicherlich nützlich sein würden. Hose, Stiefel, Hemd und eine Kopfbedeckung, die ein Erdling sicherlich als einen Fedora beschrieben hätte.
Er atmete tief durch und griff sich dann seinen Seesack, in dem alle Sachen steckten, die er in seinem Urlaub gebrauchen würde. „Ab nach Hause...“, murmelte er, als er seine Kajüte verließ.

Auf dem Weg zum Hangar schlängelte sich der Admiral an dutzenden Untergebenen vorbei, die mehr oder weniger erregt an ihm vorbei huschten und sich dabei nicht unbedingt an das militärische Protokoll hielten. Doch Dakamar konnte sie gut verstehen. Nach über einem Jahr eingeschlossen in einer Blechdose, konnten sie es kaum erwarten endlich Landgang zu bekommen. Sollten sie nur, er war es schließlich auch gewesen. Wer wusste denn, ob sie das nächste Raumgefecht überleben würden? Wenn es ihnen etwas Freude brachte und die Moral stärkte, war Faaron Dakamar der letzte, der dem im Weg stand.
Endlich am Hangar angekommen, erwartete ihn dort schon Teeral Rehma, Schiffsmeister der Heredions Stolz. Er grinste ihn zufrieden an. „Weiß Du, ich glaube, dass ist das erste Mal in zehn Jahren, dass Du freiwillig Landurlaub nimmst.“ Dakamar lächelte seinerseits zuckte mit den Schultern. „Es ist Heredion, Teeral, mehr Gründe brauch ich nicht.“ Rehma lächelte verstehend und ließ sein Lächeln dann wieder seinem professionellen Marmorgesicht weichen. „Nun ja, viel Spaß. Wenn Du was brauchst, weißt Du ja, wo Du mich findest.“ Dakamar stutzte. „Gehst Du nicht runter? Ich bin sicher, dass Commander Exellus die Dienstgeschäfte am Laufen halten kann. Und Du hast es selber gesagt: es ist die Heimat. Verdammt, wir waren seit fünfzehn Jahren nicht hier!“
„Mag ja alles sein, Faaron, aber mich bindet hier nichts mehr“, meinte Rehma mit Bedauern in der Stimme. Faaron verstand dies. Rehmas Familie hatte – ebenso wie seine eigene – aus einer Raumfahrerfamilie bestanden. Doch der Unterschied zwischen den Rehmas und den Dakamars war, dass die Rehmas im Krieg gegen die Ori vollkommen ausgelöscht worden waren. Seine Brüder und Schwestern – allesamt Jagdflieger – waren während des Krieges in diversen Raumschlachten umgekommen, sein Vater und seine Mutter während der letzten Säuberungen der Besatzungszeit. Teeral hatte nur überlebt, weil Faaron ihn – auf Grund des Rufes seiner Familie – direkt aus dem Todestrakt geholt hatte, als man ihm aufgetragen hatte, eine Mannschaft aus fähigen Heredionen für die Originarmee aufzustellen.
Nach einer längeren Phase des Schweigens räusperte sich Rehma und steckte die Hände in die Hosentaschen. „Ich werde in ein paar Tagen runtergehen und irgendwas auf dem Friedhof ablegen. Aber momentan bin ich noch nicht soweit.“ Dakamar nickte verstehend und verabschiedete sich wortlos, bevor er an Bord seines persönlichen Transporters ging, um endlich zur Planetenoberfläche hinunterzugehen.


Heredion war eine blaue Welt, sprichwörtlich. Wenn man schon die Erde als den Blauen Planeten bezeichnete, so wurde sie von Heredion auf diesem Gebiet in den Schatten gestellt. Die 1.02 Gravo-Welt im östlichen Sektor der Origalaxie war zu 87,3% mit Wasser bedeckt, nur getrennt durch zwei massive Kontinente, den Nordkontinent und den Südkontinent, und mehrere Dutzend kleinere und größere Inseln und Inselgruppen. Wusste man diese Details, so war es nicht verwunderlich, dass die Heredionen ihre ganze Geschichte über Seefahrer gewesen waren und die meisten ihrer Kriege auf dem Meer ausgefochten hatten. Aus dem Fenster seines Transporters konnte Faaron das Ödland des Nordkontinents sehen, das fast die Hälfte dieser nördlichen Landmasse einnahm. Es war ein Überbleibsel aus der alten Zeit, das Gebiet in dem der letzte der großen Weltkriege ausgetragen worden war. Das alles war schon fast drei Jahrhunderte her und das durch nuklearen Fallout vernichtete Gebiet hatte sich immer noch nicht erholt, als wolle es auf ewig als mahnendes Beispiel dar stehen. „Admiral, der Landeanflug auf Teraza steht kurz bevor“, meldete sich der Pilot aus dem Cockpit. „Danke, das will ich mir um nichts auf der Welt entgehen lassen“, antwortete Dakamar, erhob sich von seinem Platz und begab sich ins Cockpit, von wo aus er eine viel bessere Sicht auf die Stadt von oben haben konnte. Und es lohnte sich jedes mal, wenn man Teraza erblickte.
Diese mittelgroße Stadt, hervorgegangen aus einem Fischereidorf, war auch bekannt als 'Heredions weißes Juwel'. Dies lag an der wunderbaren und unersetzbaren Altstadt, die einen Erdling sicherlich an ein Fischerdorf am Mittelmeer erinnert hätte. Die kleinen einstöckigen Häuschen, allesamt weiß getüncht, bildeten einen asymmetrischen Stadtkern, der direkt am Strand lag. Heutzutage hauptsächlich für Touristen geöffnet, bildete diese Altstadt einen starken Widerspruch zum neuen Teraza, einer hochmodernen Stadt, die Neu-Berlin auf der Erde in nichts nachstand. Wohin man auch blickte gläserne Wolkenkratzer und extravagante Wohnhäuser. Es gab zwar einige Stadtteile, die weniger glamourös waren, etwa vergleichbar mit der New Yorker Bronx zu ihren schlechtesten Zeiten, doch diese wurden sprichwörtlich vom Glanz der restlichen Stadt überschattet.
Für Dakamar war es eine Erleichterung seine Heimatstadt so unberührt vorzufinden. In den letzten fünfzehn Jahren hatte es immer wieder Aufstände auf Heredion gegen die Besatzungsmächte gegeben und der Planet befand sich momentan unter dem Kriegsrecht. Doch wie viele Heredionen in den letzten Jahren auch hatten sterben müssen, Teraza stand noch und das ließ hoffen auf die Zukunft.
Der Transporter flog nun die städtische Garnison an, eine schwer bewachte und bewaffnete Festung der Originarmee, eine von vielen auf dem Planeten. Dort dienten im Gegensatz zur (ehemaligen) Hauptstadt des Planeten, Mirastit, nur Menschen, keine Priore, aber das reichte anscheinend aus, um die Einheimischen immer wieder zu belästigen. Dakamar widerte es an und trotz all seiner Leistungen und Verdienste hatte er niemanden überreden können diese Terrormethoden einzustellen. Fünfzehn Jahre im Dienst der Ori hatten nur dafür gesorgt, dass, solange er den Ori 'diente', seine Familie, seine Heimatstadt und der Planet einen weiteren Tag existieren durften, aber auch nicht mehr und nicht weniger. Doch das Leben von fast fünf Milliarden Heredionen wurde so von Tag zu Tag gerettet. Ein faires Abkommen, doch Faaron war sich sicher, dass es nicht ewig halten würde. Irgendwann, egal wie dieser Krieg enden sollte, würde es genug erfahrene Raumkommandanten geben. Seine Schüler und die von Piet Hata. Dann würde sich Faarons Nutzen aufgebraucht haben und ebenso die Nützlichkeit Heredions. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es soweit war und bis dahin musste Faaron vorbereitet sein und Hilfe für sein Volk besorgen. Die Frage war nur: wie?

Der Admiral wurde aus seinen Gedanken hochgeschreckt, als der Transporter hart auf dem Landefeld der Garnison aufsetzte. Er griff seinen Hut und platzierte ihn wieder auf dem Kopf, dann griff er seinen Seesack und marschierte aus der sich gerade öffnenden Luke. Er warf einen Blick auf den staubigen Hof der Garnison, wo gerade acht heruntergekommene Orikrieger Aufstellung zum Salut nahmen. Sie hatten noch nicht einmal die modernen Typ-33A2 Plasmagewehre, sondern immer noch ihre Vorgänger, die Oriversion der Stabwaffe, ganz zu schweigen von den antiquierten Uniform. Doch es war verständlich, die Frontsoldaten hatten Vorrang, also beschloss er dieses Detail zu vergessen und lieber die Formation abzuschreiten, wo auf die Schnelle noch ein einigermaßen gepflegter Junioroffizier Aufstellung nahm. Er salutierte zackig, als der Admiral bei ihm angelangt war. „Admiral Dakamar, ich heiße Sie auf Heredion willkommen, Garnison Teraza meldet volle Betriebsbereitschaft. Ehre sei den Ori!“ „Ja... ja, schon gut“, murmelte Faaron nachdenklich und klopfte dem jungen Mann nur auf die Schulter. „Zieh Dir erstmal den Stock aus dem Hintern, dann sitzt es sich auch besser.“ Der Offizier wusste nicht recht, was er entgegnen sollte, also antwortete er schlicht: „Jawohl, Admiral!“ „Sehr schön, dann... weitermachen.“ Faaron Dakamar warf noch einen kurzen Blick auf die Garnisonstruppe, dann wandte er sich dem Haupttor zu. „Soll ich einen Schwebewagen für Sie kommen lassen, Admiral?“, fragte der Junioroffizier noch flink, doch Faaron schüttelte nur den Kopf. „Lass mal, Junge, ich war lange nicht mehr hier, da erscheint mir ein Spaziergang doch passender.“ Er nickte dem Offizier knapp zu und verschwand dann aus der Garnison, die sogleich wieder in ihren Dämmerschlaf zurückfiel.

Dakamar begab sich auf die Hauptstraße Terazas, die so voll und beschäftigt war, wie in seinen Erinnerungen. Faaron Dakamar atmete tief durch und schmeckte bereits die salzige Luft, die er so sehr vermisst hatte, ganz zu schweigen von frischer Luft im Allgemeinen. Wenn man wusste, dass die gesamten Erdstreitkräfte hinter ihm her waren und nur darauf warteten ihm eine Kugel zu verpassen, zog man es doch vor an Bord eines Schiffes zu verbleiben. Seine blasse Haut untermalte diese Geschichte.
Zwanzig Minuten spazierte er so durch die Straßen, als er beschloss in eine der Nebenstraßen abzubiegen, um abzukürzen. Er konnte so sicherlich eine Stunde wettmachen. Vielleicht doch keine so gute Idee, denn nur wenige hundert Meter in dieser bedrückenden und heruntergekommenen Nebenstraße hörte er Schreie, Befehle und extrem laute Wortgefechte. Er beschleunigte seinen Schritt und eilte den Schritten entgegen. Dies wurde dann zu einem sprichwörtlichen Spurt, als die ersten Schüsse fielen, eindeutig aus einer Stabwaffe. „Verdammte Garnisonstruppen“, stieß Faaron wütend aus und bog in die Gasse, aus der die Schüsse gekommen waren – und stockte, als ihn seine Vergangenheit bereits eingeholt zu haben schien.
Vor ihm standen drei Orikrieger - zwei weitere lagen ohnmächtig auf dem Boden – mit dem Rücken zu ihm und bedrohten eine Frau in seinem Alter, eine ihm sehr bekannte Frau. „Mina?“, murmelte er vor sich hin, wurde jedoch von einem der Orikrieger übertönt. „Ich sag es nicht noch einmal, Schätzchen, entweder Du kommst mit uns mit, oder der nächste Schuss ist nicht zur Warnung und ich erzähl meinem Chef, dass Du dich blasphemisch gegen die Ori geäußert hat. Die junge Frau, die in Kampfstellung vor ihnen stand und unbewaffnet war, grinste sie nur wütend an. „Na los, bringen wirs hinter uns, Abschaum!“ Es war Zeit für Dakamar einzugreifen. „Da habe ich wohl auch noch ein Wort mitzureden, Soldat!“, sagte er lauthals. Der Orikrieger mit der aktivierten Stabwaffe drehte sich um. „Für wen zum Teufel hältst Du dich, dass Du es wagst, mir Befehle zu erteilen?!“ „Seelenadmiral Faaron Dakamar, Dumpfbacke!“, entgegnete Faaron wütend und sah aus den Augenwinkeln, wie Mina überraschend aufsah. Auch der Krieger besah sich ihn näher und stand dann plötzlich stramm. „Verzeihung, Admiral, ich habe Sie nicht erkannt. Es muss... es muss die Dunkelheit sein, Admiral!“ „Dunkelheit? Ah ja...“, sagte Faaron sinnend und blickte in den Himmel, um die strahlende Sonne zu betrachten. Dann blickte er wieder die Soldaten an und gab ihnen einen eiskalten Blick. „Verschwindet und nehmt diesen Unrat mit!“ Die Krieger gehorchten im aufs Wort und verschwanden innerhalb weniger Augenblicke lautlos.

„So, so, der verlorene Sohn kehrt nach Hause zurück.“
Faaron blickte sich um und sah Mina entspannt auf ihn zukommen. Bei der Göttin, sie war genauso schön, wie er sie in Erinnerung hatte. Mina war hochgewachsen, mindestens 1,80 Meter groß (für heredionische Frauen nichts ungewöhnliches), hatte fesselnde schwarze Augen und ebenso schwarze Haare. Stark und doch sinnlich. „Hallo, Mina“, entgegnete er lächelnd, bekam jedoch nur eine Faust als Antwort, die direkt in seinem Gesicht landete. Er taumelte leicht zurück, fing sich jedoch und hielt sich die blutende Lippe. „Sieh es als Willkommensgeschenk, Arschgesicht“, meinte Mina wütend. „Wofür... genau?“, wollte Faaron kleinmütig wissen. „Glaubst Du etwa, Du hättest eine saftige Abreibung nicht verdient, Faaron?“, fragte Mina und ließ ihre Knöchel knacken. „Nein, aber ich glaube, die Leute auf diesem Planeten haben inzwischen genug Gründe gesammelt, um auf mich sauer zu sein, wenn das Willkommenskomitee einen so empfängt“, antwortete Faaron und wischte sich das Blut ab. Mina überlegte mit gespielter Anstrengung. „Mal sehen... vielleicht, dass Du dich fünfzehn Jahre lang nicht gemeldet hast? Nein, wohl eher nicht... Vielleicht, dass Du mich wortlos hast warten lassen, nur um mich rausfinden zu lassen, dass Du in der Galaxis herumgaloppierst? Wohl auch nicht.“ Sie schnippte mit den Fingern und hämmerte mehrmals mit dem Zeigefinger auf seine Brust ein. „Ach ja, Du bist ein mieser Verräter an Deinem eigenen Volk, Faaron Dakamar, Sohn von Großadmiral Elim Dakamar!“
„Dann muss ich wohl entweder an meiner PR arbeiten oder ein paar Journalisten die Hammelbeine langziehen“, scherzte Faaron zynisch und fing sich noch einen Schlag ein, diesmal auf die Nase. „Kannst Du mal aufhören, während einer Unterhaltung deine Gesprächspartner zu schlagen? Meine Güte, das erinnert mich an früher.“ „Gut, Verräter“, meinte Mina und stemmte die Hände in die Hüften. „Dann rede, konntest Du ja schon immer gut.“ Faaron lächelte amüsiert und massierte seinen knackenden Kiefer. „Hast Recht, ich bin ein Verräter. Ich arbeite für die Ori und gewinne für sie Schlachten.“ „Einsicht ist der erste Weg zur Besserung“, kommentierte Mina. Faaron schüttelte lächelnd den Kopf. „Nein, ich sage Dir nur das, was Du hören möchtest, denn meine wahren Motive würdest Du sowieso nicht glauben.“ „Immer noch der gleiche arrogante Mistkerl, wie eh und je“, entgegnete Mina und lächelte zum ersten Mal. „Immer noch die gleiche verrückte Raufboldin“, sagte Faaron lächelnd und blickte kurz zu Boden. „Kann ich Dir irgendwie beweisen, dass ich noch der gleiche bin und eben kein Verräter?“ Mina zuckte mit den Schultern. „Wer weiß. Ich werds wissen, wenn wir uns das nächste Mal sehen. Und wer weiß, vielleicht können wir ja an alte Zeiten... anknüpfen.“ Mina zwinkerte ihm verführerisch zu. „Nicht wahr, F.D.?“ Sie deutete einen laschen militärischen Gruß an und drehte sich um. „Danke noch mal für die Hilfe mit deinen Schergen, hätte das Blut nur schwer rausgekriegt.“ „Ich helf immer gerne“, rief Faaron grinsend hinterher. „So etwas machen die Guten halt!“ „Wie gesagt, musst mich noch überzeugen, F.D.!“ „Das sollte ich ja wohl hinkriegen“, murmelte Faaron und setzte seinen Weg fort.

Es dauerte eine weitere halbe Stunde, bis er die Stadt hinter sich gelassen hatte. Faaron bewegte sich nun auf einem unbefestigten Trampelpfad in Richtung der Farmen in der Umgebung. Farm war eigentlich ein falsches Wort, Gut passte da schon besser, denn schließlich wurde hier in der Gegend keine Landwirtschaft betrieben. Das fand im Landesinneren statt, wo das Land besonders fruchtbar war. Doch die Gegend um Teraza war immer wegen zwei Produkten berühmt berüchtigt gewesen: Rotwein und Reitpferde. Seine Familie betrieb nun seit vier Generationen eine Pferdezucht auf dem Gestell, das einst Faarons Ur-Ur-Ur-Großvater mütterlicherseits gehört hatte und eine Schenkung an Faarons Ur-Ur-Großvater zu dessen Hochzeit mit Faarons Ur-Ur-Großmutter gewesen war. Bei den Dakamars war immer alles straff organisiert gewesen. Ein Kind folgt dem Vater, bzw. der Mutter in die Fußstapfen als Raumoffizier, die restlichen Kinder übernehmen den Hof. Es hatte sich in den letzten Generationen jedenfalls gut bewährt, musste Faaron zugeben. Er beschleunigte seinen Schritt. Er wollte endlich heim.
Nur noch ein oder zwei Kilometer vom Gut entfernt, hörte Faaron plötzlich Kinderstimmen von abseits des Weges. Der Admiral riskierte einen Blick auf das Geschehen. Acht Jungen und Mädchen standen da und schienen zu spielen, oder sich zumindest die Spielregeln festzulegen. Faaron erkannte das Spiel augenblicklich: es war 'Marines und Piraten', ein beliebtes Kinderspiel, das er schon zu seiner Jugendzeit gespielt hatte. Doch heutzutage hieß es 'Marines gegen Ori', aus offensichtlichen Gründen.
„Ich spiel keinen Ori!“, meckerte plötzlich ein Mädchen. Faaron warf einen Blick auf die Kinder. „Wir können aber nicht alle Marines sein!“, entgegnete ein Junge. „Einen haben wir auf jeden Fall“, meinte plötzlich ein größerer Junge um die dreizehn Jahre, der älteste unter der Gruppe. Er deutete auf einen mittelgroßen Jungen mit blonden Haaren, der Faaron irgendwie an jemanden erinnerte, aber jetzt ums verrecken nicht drauf kommen konnte. „Hey, warum soll ich immer ein Ori sein? Das nervt langsam!“ „Weil deine Familie doch den Ori die Füße küsst, Elim, und ganz besonders dein toller Onkel, der Verrät...“ Weiter kam der große Junge nicht, denn der Blonde hatte bereits zum Sprung angesetzt und ihm seine rechte Faust ins Gesicht gedonnert. Doch damit nicht genug, sprang er ihm an die Gurgel und begann wirklich auf ihn einzuschlagen, bis ihn zwei Jungen an den Armen packten und wegzerrten. Faaron ging dazwischen, bevor der stämmige Junge den Blonden zusammenschlagen konnte. „Das reicht ja wohl, Kinder.“ „Hey, das ist nicht ihre Angelegenheit! Der kleine Dakamar muss zahlen!“ Faaron blickte den Blonden überrascht hat. „So, so, ein Dakamar.“ Er drehte sich zu dem stämmigen Jungen. „Dann ist es ein Grund mehr ihn in Ruhe zu lassen.“ „Ein Grund mehr ihn zu verprügeln, Fremder“, antworteten der Stämmige und seine Helfer. „Ich werde nicht mit einem kleinen Kind argumentieren“, sagte Faaron kalt und griff den Blonden am Nacken. „Los, ich bring dich nach Hause.“ Der Junge nickte und folgte Faaron, jedoch nicht ohne dem stämmigen Kind noch einmal zu drohen.

„Wie heißt Du, Kleiner?“, fragte Faaron interessiert, als er neben dem Jungen Richtung Heimat schritt. „Elim, Elim Dakamar III.“ „Der Dritte?“, fragte Faaron interessiert. „Dann bist Du also Elims Sohn?“ Elim nickte. „Erstaunlich“, sagte Faaron geschockt. „Deine Mutter hat dich in ihren Briefen zwar erwähnt, aber ich wusste nicht, dass Du schon so groß geworden bist.“ „Sie kennen meine Mutter? Wer sind sie?“, fragte Elim. Faaron lächelte leicht und schulterte seinen Seesack. „Ich bin Faaron Dakamar, dein Onkel.“ Dem Jungen gingen die Augen über. „Onkel Faaron? Mama und Großmutter haben mir schon oft von dir erzählt.“ „Mein Bruder nicht?“, fragte Faaron. Elim blickte verwirrt seinen Onkel an. „Doch, aber was wieso nennt er dich einen 'arroganten Dreckssack'?“ „Das... ist ne lange Geschichte“, meinte Faaron mit einem aufgesetzten Lächeln und rückte seinen Hut zurecht. „Wie schön zu hören, dass mein Bruder noch immer gut von mir denkt.“ Auf Elims verwirrten Gesichtsausdruck antwortete er nur: „Mein Bruder und ich sind immer gerne aneinander gestoßen. Wir kommen zu sehr nach deinem Großvater, um uns wirklich gut zu verstehen.“ Elim nickte verstehend. „Wirst Du länger bleiben?“ Faaron zuckte mit den Schultern. „Mein Schiff bleibt einige Wochen hier, also bleibe ich auch, solange ich willkommen bin.“

Schließlich erreichten sie BalleLe Hall, Faarons Geburtshaus und Sitz der Dakamar-Familie seit vier Generationen. Alles war noch so, wie Faaron es in Erinnerung hatte. Das prächtige Haupthaus, das Gästehaus, das in den alten Tagen oft den Herrschern von Heredion Unterkunft gewährt hatte, und natürlich die Stallungen der Pferde und das Gatter, auf dem momentan drei Pferde mit ihren Reitern unterwegs waren. Elim III. rannte nun vor um alle über Faarons Ankunft zu informieren. Das ging außerordentlich schnell, als bereits kurz nachdem er ins Haus gegangen war, mehrere Familienmitglieder herauskamen.
Faaron lächelte, als er schließlich nur noch wenige Schritte entfernt war. Er nahm seinen Hut ab und streckte beide Arme aus. „Überraschung!“ „Wenn das nicht mein kleiner Bruder ist“, antwortete eine stämmige Frau, wenige Jahre älter als Faaron, aber ebenso hochgewachsen, in Arbeitskleidung, putzte sich die Hände am Overall ab und umarmte ihren kleinen Bruder. „Du rufst nie an, Du schreibst nie“, meinte sie und tätschelt seine Wange. „Aber endlich kehrt der verlorene Sohn nach Hause zurück.“ „Na ja, verloren war ich nun auch wieder nicht“, entgegnete Faaron und blickte die restlichen Familienmitgieder an, die sich inzwischen eingefunden hatten. Geschwister, Brüder wie Schwestern, einige Onkel und Tanten, Kinder und natürlich eine Person, die jetzt auf ihn zu kam und ihm mit strahlendem Gesicht um den Hals fiel. „Hallo, Mutter“, sagte Faaron und drückte seine Mutter Earin an sich. „Es ist gut, dass Du wieder daheim bist, Faaron“, sagte Uma Dakamar, gut einen Kopf kleiner als ihr Sohn und noch sehr rüstig, und drückte ihren Jungen an sich. Dann trennten sie sich und Dakamar ließ sich von seiner Mutter von oben nach unten ansehen. „Dünn bist Du geworden, Faaron. Und blass.“ „Das kommt davon, wenn man nur in einer fliegenden Blechdose unterwegs ist und nie rausgeht“, meinte Faarons Schwester und knuffte ihn in die Schulter. Er lächelte jedoch nur augenrollend. Faarons Mutter Earin pfiff laut, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, nachdem alle Faaron zu Hause begrüßten. „Na los, kommt rein, das Essen steht schon auf dem Tisch.“ Sie marschierte ins Haus, als Faarons ältester Bruder nach draußen trat und sich mit verschränkten Armen Faaron in den Weg stellte.
„Elim“, grüßte Faaron seinen Bruder ebenso kalt, wie dieser die Begrüßung seines Bruders gestaltete. „Faaron“, grüßte Elim im gleichen Tonfall zurück. „Kommst Du auch mal wieder nach Hause?“ „Sieht so aus“, entgegnete Faaron und stellte sich seinem Bruder nun mit ebenfalls verschränkten Armen gegenüber, während seine Familie gespannt auf eine Reaktion etwas weiter hinten wartete. Elim Dakamar Jr. nickte leicht und blickte weiterhin grimmig drein. „Ich habe in diesen Propagandablättern von deinen 'Heldentaten' gelesen, Bruder, gut gemacht, gut gemacht...“ „Danke, aus deinem Mund bedeutet mir das viel“, sagte Faaron fröhlich sarkastisch. Elim Jr. grinste schließlich und öffnete seine Arme. „Komm schon her, Du arroganter Dreckssack, bevor ich es mir anders überlege!“ „Wenn Du meinst, Schweinebacke!“, meinte Faaron lachend, klopfte seinem Bruder auf den Bierbauchansatz und umarmte ihn.

Zwanzig Minuten später saß der Dakamar-Clan dann bei einem gemeinsamen späten Mittagessen im großen Speisesaal der Dakamars. Die Wände wurden von den Portraits der großen Dakamars gesäumt. Darunter waren unter anderem Lt. Commander Haunric Dakamar, Faarons Ur-Großvater und erster Dakamar im Offiziersrang, den er durch eine Feldbeförderung für Tapferkeit erhalten hatte, und natürlich Faarons Vater Großadmiral Elim Dakamar Sr., der große vergangene Schlachtenlenker und Feind der Ori, hingerichtet am Tag von Heredions Eroberung. Sein Gemälde hing direkt über dem Kamin, darunter sein Paradesäbel und der Kopf der Tafel, der seit seinem Tod leer stand. Am anderen Kopfende hatte Earin Dakamar als Matriarchin der Familie Platz, Elim Jr. und Faaron saßen – als die ältesten Söhne – je links und rechts der Mutter und so sich direkt gegenüber. Gerade waren sie mit der Suppe zu gange, als der kleine Elim die Eiseskälte, die zwischen seinem Vater und seinem Onkel bestand, während sie sich grimmig beim Suppeschlürfen anstarrten, mit einer Frage durchbrach. „Sag mal, Onkel, wie ist es eigentlich da draußen, im Weltall?“ Earin Dakamar lächelte ihren Enkel an und nickte zustimmend. „Genau, Faaron, erzähl uns doch mal von deinen Reisen. In deinen Briefen hast Du immer nur herzlich wenig darüber gesprochen.“ Faaron blickte auf und sah in die Runde. Dann zuckte er mit den Schultern. „Wie Weltraum halt ist. Kalt und weit.“ „Und gefährlich“, fügte sein Bruder zwischen zwei Löffeln Suppe hinzu. Faaron nickte nachdenklich. „Ja, und gefährlich... es ist aber nicht so aufregend und romantisch, wie die ganzen Schriftsteller es immer darstellen.“ „Bürokraten, die mit dem Schiff von Galaxie zu Galaxie schippern“, fügte Elim Dakamar Jr. hinzu. Faaron blickte seinen Bruder stumm an und legte die Stirn in Falten. „Wenn Du meinst, dass Du meine Geschichte besser erzählen kannst als ich, bitte.“ „Nein, nein, Du machst das schon gut“, meinte Elim ohne aufzusehen und wandte sich wieder seiner Suppe zu. Faaron grinste knapp und blickte wieder zu seinem Neffen. „Die meiste Zeit beschäftige ich mich eigentlich nur mit drei Sachen: meinem Lieblingsfeind Admiral Johannes Heimeshoff in den Hintern zu treten, mit meinem Flaggkommandanten Rezze zu spielen, und meinen Flottenprior zu verarschen.“ Für das letzte Wort fing er sich einen Klaps von seiner Mutter ein. „Autsch, Mama, für was war das denn?“, fragte Faaron, wie ein kleiner Lausbube. „In diesem Haushalt erlaube ich keine Flüche, auch von einem Admiral nicht.“ Faarons Bruder musste sich sichtlich beherrschen nicht zu lachen, sagte jedoch nichts. Dafür meldete sich seine Frau zu Wort: „Du veralberst deinen Prior?“ „Oh ja, das macht erstaunlich viel Spaß. Besonders wenn die sich ständig austauschen lassen“, meinte Faaron grinsend und trank einen Schluck Wasser. „Halten es wohl nicht lange mit dir aus, oder?“, fragte ein Vetter. „Niemand hält es lange mit meinem Bruder aus, er redet zu gerne“, meinte Elim Jr.. „Ruhe von der Seitenlinie“, befahl Faaron. Sein Bruder salutierte gespielt. „Jawoll, mein Admiral, gerne, mein Admiral“, meinte er grinsend. „Ihr redet Beide zu viel“, meinte ihre Mutter salomonisch und schüttelte genervt dem Kopf.
Es folgten einige Sekunden des Schweigens, bis Elim sagte: „Ich werde auch mal Raumfahrer!“ „Gut, aber nicht in der selben drittklassigen Navy, wie ich“, antwortete Faaron mit erhobenem Löffel. „Genau“, pflichtete Elims Vater zu. „Du könntest ja noch das Niveau heben und die Göttinnen wissen, dass dein Onkel jetzt schon Probleme hat, der beste Offizier in dieser verdammten Armee von Halbaffen zu sein.“ „Genau“, fügte Faaron zustimmend hinzu. „Weißt Du was? Du gehst zu den Erdstreitkräften. Ich ruf meine Feinde morgen an und frag, wann Du anfangen kannst. Dann kannst Du das machen, was ich nicht kann: den Ori in den Arsch treten.“ Diesmal ignorrierte er den Klaps seiner Mutter. „Warum kannst Du die Ori denn nicht bekämpfen?“ „Weil...“, wollte Faaron beginnen, doch Earin Dakamar unterbrach ihn und meinte zu ihrem Enkel: „Weil Dein Onkel von den Ori erpresst wird: entweder er hilft ihrer inkompetenten Armee, oder unser Planet wird aus dem Universum getilgt.“ „Was mal wieder zeigt, dass die Ori nicht allmächtig sind“, fügte Elim Jr. zustimmend hinzu. „Denn wären sie allmächtig und allwissend, dann bräuchten sie keinen egozentrischen Heredionen, um ihren Krieg zu führen und auch keine rückratlose Marionettenregierung.“ Faaron schnippte mit den Finger. „Ach ja, die Zeitgenossen hatte ich ja schon ganz vergessen, wie gehts unserer lieben Regierung?“ „Wohl auf, jedenfalls solange sie immer schön bewacht werden“, meinte Faarons Schwester, die gerade die Suppe abräumte, während ihr Mann den Hauptgang auffuhr. „Und jetzt reicht es mit dem Hass gegen die Ori schüren, auch wenn ich es sonst begrüße“, sagte Earin Dakamar und deutete auf den Hauptgang. „Lasst uns erst mal essen.“ Elim Dakamar Junior erhob plötzlich sein Weinglas und stand auf,die anderen Familienmitglieder taten es ihm nach. „Faaron“, sagte er feierlich. „Willkommen zu Hause.“ „Willkommen zu Hause!“, wiederholten alle und Faaron lächelte, während es ihm warm ums Herz wurde.


Nachdem es sich herumgesprochen hatte, dass Faaron Dakamar nach langen Jahren der Abwesenheit wieder auf Heredion war, boomte das Dakamar-Museum, das von der Familie betrieben wurde, wieder und besser denn je. Um sich nützlich zu machen war es Faaron, der die Touren führte. Zu seinem Erstaunen waren es nicht nur die Touristen von anderen Oriwelten, die diesen Ort aufsuchten, sondern auch einheimische Heredionen, die einen Blick auf den Heredionen in Oridiensten werfen wollten.
Er führte seine zweite Gruppe für diesen Tag durch den Teil des Hauses, der das Museum darstellte. Die Tour näherte sich langsam ihrem Höhepunkt, doch Faaron machte noch einmal Stop vor dem Glaskasten mit traditionellen Waffen. „Und das hier, meine Damen und Herren, sind die traditionellen Waffen meiner Familie, einige Ausstellungsstücke sind an die drei Jahrhunderte alt.“ Er deutete auf eine Reihe von Waffen, hauptsächlich Schwerter, Degen und Dolche, aber auch zwei wunderbar verarbeitete Gewehre und eine handvoll Faustfeuerwaffen.“ „Bei dieser hier“, meinte Faaron und entnahm dem Kasten eine mittelgroße, silberne Pistole. „handelt es sich um die Lieblingswaffe meines Vaters. Werfen sie einen Blick auf die Kerben im Griff, sie symbolisieren, die eigenhändige Tötung von nicht weniger als achtzehn Orikriegern, die einmal sein Schiff geentert haben.“ „Damit sind das sicherlich mehr, als in ihrer Pistole, oder?“, fragte ein schleimiger Heredione. „Stimmt, in meiner sind nur sechzehn Kerben“, erklärte Faaron kalt lächelnd und legte die Waffe zurück, während der Heredione verwirrt drein blickte. „Gehen wir weiter zum Arbeitszimmer meines Vaters.“ Sie folgten dem Gang und betraten schließlich ein wunderbar getäfeltes Arbeitszimmer, in dessen Mitte ein großer Schreibtisch aus heredionischer Eiche stand, im Hintergrund gab es drei Glaskästen. Zwei zeigten Fotos, persönliche Gegenstände von Faarons Vorfahren – darunter die Pfeife seines Großvaters, die Schnupftabakkdose seines Großvaters und die Urkunde der Feldbeförderung, die sein Ur-Großvater einst erhalten hatte. Der dritte Schauskasten hingegen zeigte die Uniformen des Dakamar-Clans und bildeten somit einen Torbogen in die Vergangenheit der letzten zweihundertfünfzig Jahre. Mannschaftuniformen, Unteroffiziersuniformen, Offiziersuniformen und schließlich die Flagguniformen von Faarons Vater und eine Replik seiner eigenen Uniform. Jedes Mal, wenn er diese Uniformen sah, musste Faaron lächeln, zeigte es ihm doch auf, dass er seine (in der Originarmee Phantasie-)Uniform nach der seines Vaters modelliert hatte. Ein haargenaues Abbild der Großadmiralsuniform seines Vaters, mit Ausnahme der Ehrzeichen jedoch, die auf der seines Vaters natürlich viel zahlreicher vertreten waren. Aber ansonsten handelte es sich um zwei haargleiche Uniformen, wenn die eine auch die stolze Heredion Space Navy vertrat und die andere die beschämende Originarmee. „Werfen sie ruhig einen Blick auf alles und stellen sie ruhig Fragen.“ Die Fragen ließen natürlich nicht lange auf sich warten. „Ihr Vater wird immer als ein sehr stolzer Mann beschrieben, der seinen Planeten über alles liebte, stimmt das?“, fragte ein Tourist. „Ja, das ist korrekt“, bestätigte Faaron nickend. „Wenn das so ist, wie glauben Sie, würde er sich jetzt fühlen, wenn er wüsste, dass Sie den selben Leuten dienen, die ihn exekutiert haben?“, fragte ein weiterer Heredione. „Ich diene den Ori nicht!“, bellte Faaron wütend. „Das verbergen Sie aber gut hinter dieser schmucken Oriuniform“, meinte der Heredione wütend. Faaron beruhigte sich etwas und sagte schlicht: „Sie haben doch keine Ahnung, um was es wirklich geht.“ „Um das, was es immer geht, 'Admiral': Macht, Geld und persönliche Unversehrtheit“, entgegnete der Heredione. „Erstaunlich, dass der Sohn eines Mannes, der noch bei seiner Hinrichtung lachte, nicht den Mut besitzt sich gegen die Ori aufzulehnen...“ „Danke, das wars, die Führung ist vorbei!“, sagte plötzlich Faarons Bruder, der in den Raum getreten kam und hinaus deutete. „Sie können nun unten im Souveniershop noch nach Herzenslaune shoppen. Auf Wiedersehen.“ Er griff sich den pöbelnden Heredionen am Kragen und schubste ihn aus dem Raum. „Auf nimmer Wiedersehen!“ Dann schlug er wütend die Tür zu und sah seinen Bruder an, der sich nachdenklich hinter den Schreibtisch seines Vaters gesetzt hatte und nachdenklich ins Leere starrte. „Was gibts, Faaron?“, fragte Elim und lehnte sich an die nächstbeste Wand. „Ich bin es satt, Elim, ich bin es einfach satt“, meinte Faaron dumpf. „Was denn?“, fragte Elim. Faaron seufzte unmerklich. „Ich bin es Leid, dass ich überall wohin ich auf diesem Planeten gehe als Verräter bezeichnet werde.“ Er blickte auf. „War ich so lange weg, dass mein eigenes Volk mir den Rücken zugekehrt hat?“ Elim schüttelte energisch den Kopf. „Nein, auf keinen Fall.“ „Woran liegt es dann?“, fragte Faaron. Elim verzog das Gesicht. „An zwei hauptsächlichen Sachen, vermute ich. Erstens, dass Du uns verboten hast, irgendjemanden außerhalb der Familie zu sagen, dass die Ori den Planeten als Geisel halten, und zweitens, dass Du einer der patriotischsten Familien des Planeten entstammst. Verdammte Scheiße, Vater war Großadmiral der Navy und der einzige Mann in der Geschichte unseres Planeten, der während seiner Exekution seine Peiniger verhöhnt hat und was macht sein Sohn? Tritt der Originarmee bei und erringt einen Sieg nach dem anderen. Und da wundert es dich noch, dass die Leute da reden?“ „Wohl eher nicht“, sagte Faaron und kratzte sich am Kinn. „Aber wenn selbst Leute, die dich dein ganzes Leben lang kannten...“ „Wer zum Beispiel?“, fragte Elim. „Mina J'Siris“, antwortete Faaron. Elim lachte laut auf. „Mina hält dich nicht für einen Verräter, verdammte Scheiße. Die ist sauer auf Dich, weil Du sie quasi vor dem Altar hast sitzen lassen, Du dummer Halbaffe!“ Faaron blickte überrascht auf. „Jetzt verarsch mich nicht.“ „Seh ich aus, als wollte ich Dich verarschen?“, fragte Elim und deutete auf sein ernstes Gesicht. „Ich sage die Wahrheit und weißt Du, wieso?“ „Wieso?“ „Weil sie außerhalb dieser Familie die einzige ist, die weiß, dass Du unter Druck gesetzt wurdest.“ Faaron sah ihn einerseits wütend, andererseits überrascht an. Elim grinste jedoch nur. „Sei nicht überrascht, Dein großer Bruder weiß, was gut für Dich ist. Hätte ich es ihr nicht gesagt, dann hätte sie nicht all die Jahre auf Dich gewartet.“ „Das hat sie?“, fragte Faaron überrascht. „Klar, sie liebt Dich, Du liebst sie – hoffe ich jedenfalls –, keine Ahnung, warum es da anders sein sollte.“ „Alter Romantiker“, kommentierte Faaron. „Wie sollte es anders sein?“, fragte Elim grinsend. Er klatschte in die Hände. „Also, wie willst Du sie um Vergebung für dein abruptes Verschwinden und den Kontaktabbruch beten?“ Faaron zuckte mit den Schultern. „Woher soll ich das wissen? Ich kenn mich nur im Weltall aus.“ Elim rollte mit den Augen und schlug sich die Hand vor die Stirn. „Sei froh, dass Du einen großen Bruder hat, dem die Post die Lösung ins Haus getragen hat.“ Er zückte einen Umschlag und warf ihn Faaron zu. Faaron fing ihn auf und öffnete ihn. Er sah auf. „Er ist nicht mehr versiegelt.“ „Mama wollte, dass wir nachsehen, ob es ne Briefbombe ist... es ist keine. Und... da ich schon mal dabei war, hab ich den Inhalt überflogen.“ „Gut, dann fass ihn für mich zusammen“, meinte Faaron und zeigte seinem Bruder das Siegel der Marionettenregierung Heredions auf dem Briefkopf.
„Nun, es sieht so als, als würde Deine Anwesenheit auf Heredion für die Ori ein hervorragendes Propagandaelement sein, besonders wo dieser dämliche Zedans-Tag ansteht.“ Faaron nickte. Der Zedans-Tag war einer der höchsten Feiertage im Orikalender, der nichts mit Religion zu tun hatte. Er markierte einen Tag vor einhundert Jahren, als die Originarmee den gut bewaffneten Planeten Zedan in nur 14 Stunden eingenommen hatte. Das dem ein dreiwöchiges Orbitalbombardement zuvor gekommen war, verschwiegen die Ori natürlich gekonnt.
„Und sie wollen Dich bei den Feierlichkeiten in der Hauptstadt dabei haben, als Hauptredner“, fuhr Elim fort. „War ja klar...“, meinte Faaron und überflog kurz seinerseits den Brief, während er nachdachte. Er blickte interessiert auf. „Das wird planetenweit übertragen?“ „Live“, fügte Elim bestätigend zu. „Faaron, das ist Deine Chance.“ Faarons Gesicht erhellte sich. „Und ich weiß schon, was ich mache. Tu mir einen Gefallen und sag denen, dass ich auftreten werde. Wenn auch nicht so, wie die es gerne hätten...“


Die Feierlichkeiten zum Zedans-Tag waren endlich gekommen und Mina J'Siris blickte mit zusammengekniffenen Augen Elim Dakamar an, der sie dazu gebracht hatte nach Mirastit zu kommen, um den Feierlichkeiten in der Hauptstadt beiwohnen zu können. „Elim, wehe Du hast wieder Mist erzählt“, sagte sie und ballte ihre rechte Faust. „Glaub mir, Faaron hat sich was nettes einfallen lassen, um sich bei Dir zu entschuldigen.“ „Hoffentlich“, sagte Mina und drehte nachdenklich an dem Ring, den sie am Ringfinger der linken Hand trug. Elim lächelte, als er erkannte, dass es Faarons Abschlussring von der HSN-Marineakademie war, den er ihr vor Jahren in Ermangelung eines echten Verlobungsringes gegeben hatte. Er deutete nun Richtung Podium, auf dem sich die komplette Marionettenregierung Heredions versammelt hatte und den angeheuerten 'Heredionen' – jeder konnte sehen, dass es Menschen von anderen Planeten waren – zu winkten, welche auf Kommando losjubelten. „Da ist er.“ Mina traute ihren Augen nicht als sie sah, wie Faaron Dakamar, in voller Paradeuniform, mit Säbel und allem, auf das Podium trat und dem Publikum zu jubelte. Die große Videoleinwand hinter ihm zeigte jedem Moment noch hundert Meter weit sichtbar. Die Videokameras filmten, wie er den Regierungsmitgliedern lächelnd die Hand schüttelte. „Danke, Elim, aber mir reichts, das ist so was von ein schlechter Scherz von Dir gewesen.“ Elim griff Mina sachte, aber bestimmt am Arm. „Warte es ab, das gehört alles zu seiner Show.“ „Fein, aber hoffentlich wird die Show wenigstens spannend...“, meinte Mina, verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete das Schauspiel, das da vorging.

Seelenadmiral Faaron Dakamar trat an das Rednerpult und beschwichtigte das Publikum, das nun langsam wieder zur Ruhe kam. Der Gouverneur von Heredion drückte Faaron eine dreiseitige Rede in die Hand und nahm dann hinter ihm Platz. Faaron sah sich um und griff dem nächstbesten Politiker die Lesebrille von der Nase, setzte sie auf und entrollte die Rede. Er räusperte sich und begann wie ein betrunkener Robin Williams die Rede zu halten: „Meine lieben Mitbürger, Ehre den Ori, bla, bla, bla... Anno dazumal, als die tapferen Krieger der Ori bei Zedan gegen die furchterregenden bla, bla, bla kämpften...“ Er sah direkt in die Kamera, zerknüllte die Rede und warf sie hinter sich, ebenso verfuhr er mit der geklauten Lesebrille, nach der der Besitzer sofort fischen ging. Er stützte sich aufs Rednerpult und blickte in die Kamera. „Stolze Heredionen, reden wir Klartext: Stärke, Stolz, Freiheit. Diese drei Tugenden sind jedem Heredionen ein Begriff. Stärke: die Stärke der Heredion Space Navy, die glorreich in ihren Untergang zog, auch als klar war, dass sie nicht mehr den Hauch einer Chance gegen die Originarmee haben würden. Stolz: der Stolz Admiral Elim Dakamars, meines Vaters, der bei seiner Exekution dem Tod ins Gesicht lachte und seine Meinung kundtat. Freiheit: die Freiheit, die jedem Heredionen inne wohnt und durch nie jemanden je erlöschen wird.“ Er legte eine Kunstpause ein und blickte einmal quer über den Hauptplatz, wo es momentan so still war, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte. „Ich habe immer versucht nach diesen, unseren drei heiligsten Tugenden zu leben, als ich dort draußen war und Krieg führte. Sie gaben mir die Kraft weiterzumachen, auch in den finstersten Stunden der Niederla... des strategischen Rückzugs. Ich weiß, dass viele von euch die Nase über mich rümpfen, über meine Entscheidung für die Ori zu kämpfen und Siege einzufahren. Ich kann das verstehen, denn ich bin unter euch aufgewachsen, ich bin einer von euch. Lasst euch sagen, ich habe die letzten fünfzehn Jahre gekämpft, getötet und erobert für drei simple und doch so wertvolle Dinge: Familie, Selbstbestimmung... Liebe. Für meine Familie, deren Sicherheit und Gesundheit mir das wichtigste auf der Welt war und immer sein wird. Niemand wird ihr je etwas tun solange ich lebe. Für die Selbstbestimmung, die wir auf ewig verlieren werden, sollte dieser Krieg je schlecht für die Ori ausgehen, sollte ich je fehlen. Und für die Liebe. Die Liebe, die alles in sich vereinigt. Die Liebe zu meiner Familie, die Liebe zu meinem Planeten, die Liebe zu meiner Heimatstadt Teraza, die Liebe zu meinem Volk, die Liebe zu meinen Traditionen,... meine Liebe zu Mina J'Siris.“ Die Angesprochene wurde hellhörig, als er ihren Namen ausgesprochen hatte und sie nun direkt ansah. „Mina, ich bin mir bewusst, dass ich das mieseste und größte Arschloch auf diesem Planeten war und auch, wenn es auf anderen Planeten und in anderen Spähren noch wesentlich größere Arschlöcher gibt, so ändert das nichts daran, dass ich Dich verletzt habe. Es tut mir so unendlich Leid, dass ich erst jetzt herkommen und mich entschuldigen konnte. Ich bitte Dich um Verzeihung. Er senkte den Kopf und räusperte sich. Ich danke ihnen, auf wiedersehen. Möge das Volk Heredions gedeihen und ewig leben.“
Daraufhin trat Faaron Dakamar vom Podium zurück und augenblicklich brandete nicht enden wollender Beifall los und getragen vom – nicht angewiesenen – Applaus der Zuschauer begab sich Faaron mit ernstem Gesichtsausdruck zu Mina, die erstaunt auf ihn wartete. „Ich bin beeindruckt, F.D., beeindruckt.“ „Das freut mich“, entgegnete Faaron. Mina legte die Stirn in Falten. „Hör auf mich mit diesen traurigen Hundeblick anzugucken. Das ist ja nicht auszuhalten.“ „Du hast mir nicht gesagt, ob Du mir verzeihst...“, sagte Faaron mit gespielter Traurigkeit. Mina rollte mit den Augen, Griff Faaron am Rever und presste ihre Lippen mit Gewalt auf die ihren und verpasste ihm einen Zungenkuss vom feinsten. Als sie sich wieder trennten, grinste er. „Wir sollten uns öfters vertragen.“ „Du verdammter...“, sagte Mina und vereinigte sich wieder mit ihm, während Elim Dakamar einige Schritte abseits stand und lächelte. „Mission erfolgreich abgeschlossen...“


Drei Tage später musste Faaron Dakamar bereits Abschied von seiner Familie nehmen. Seine Rede war bei den Ori nicht wirklich gut angekommen, auch wenn er prinzipiell nichts verbotenes gesagt hatte. Die Tatsache an sich, dass er sie mal wieder zum Narren gehalten hatte, genügte, um das VIII. Geschwader wieder an die Front zu verlegen. Das Transportschiff wartete bereits darauf Dakamar zurück zur Heredions Stolz zu bringen.
„Tut mir Leid, dass ich schon wieder weg muss, aber die Ori sind extrem eifersüchtige Dienstherren“, sagte Faaron zu seiner versammelten Familie und zu Mina, mit der er Händchen hielt. „Wir verstehen das, Faaron, zeigs ihnen“, meinte sein Bruder. „Wem, den Ori oder der Erde?“, fragte dessen Sohn. „Beide“, schlug Mina vor und flüsterte ihm etwas ins Ohr: „Wenn Du in weniger als fünfzehn Jahren zurück kommst, dann werde ich Dich belohnen und eine angenehme Überraschung für Dich bereithalten...“ „Dann muss ich mich mit dem Siegen ranhalten“, scherzte Faaron und umarmte noch einmal alle, küsste Mina und begab sich dann in das Transportschiff, dessen Luke sich hinter ihm schloss. Es startete und der Dakamar-Clan blickte ihm noch hinterher bis es in der Wolkendecke verschwunden war.
Seelenadmiral Faaron Dakamar selbst blickte durch ein Bullauge hinunter auf den Planeten Heredion und schwor sich bald wieder nach Hause zurückzukehren. Doch nun musste er sich wieder der Erde zuwenden – und besiegen. „Achtung, Erde, Faaron Dakamar ist wieder da.“





Ende der Folge
Du musst login (registrieren) um ein Review abzugeben.