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Der Jungbrunnen von Hyndara71

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Vashtu eilte, in ihrer Tasche nach dem Schlüssel kramend, mit gesenktem Kopf aus dem Tagungsgebäude heraus, kaum daß der heutige Tag offiziell beendet worden war von den Ausrichtern der Veranstaltung. Sie hoffte auf noch ein bißchen Zeit, um sich mit Peter Babbis' Problem beschäftigen zu können, ehe er tatsächlich eintraf. Außerdem bestand die Chance, falls John und Jordan inzwischen auf dem Weg zurück waren, daß sie noch in Ruhe zusammen zu Abend essen konnten, ehe ein Teil ihres normalen Lebens sich in ihren eigentlichen Urlaub verirrte.
„Haben wir alle Sie so verschreckt, daß Sie dermaßen schnell Reißaus nehmen müssen?" fragte plötzlich eine Stimme hinter ihr.
Vashtu holte erschreckt Luft und blieb stehen wie angenagelt. Langsam drehte sie sich dann herum und fand sich einem Mann gegenüber, der ungefähr in Johns Alter sein dürfte, jedoch nur wenig größer als sie war. Aus dunklen, amüsiert blitzenden Augen musterte er sie, hielt ihr dann seine Hand hin. „Shriner, Mel Shriner", stellte er sich dann vor.
Vashtu war sich sicher, ihn heute mehrfach gesehen zu haben. Er mußte wohl zu irgendeinem der großen Labore gehören, denn seinen Namen kannte sie nicht.
Sie ergriff die dargebotene Hand lächelnd. „Angenehm, Vashtu Uruhk."
„Als wenn ich das nicht wüßte", scherzte Shriner gutgelaunt. „Der neue Stern am Genetikerhimmel. Freut mich wirklich, daß Sie Zeit gefunden haben, zu dieser Konferenz zu kommen."
Vashtu nickte. „Ja, ich bin leider meist etwas ausgebucht", entschuldigte sie sich. „Man kennt das ja. Ich leite eine halbzivile Forschungseinrichtung für die Air Force zusammen mit einer Zivilistin. Da gibt es immer recht viel zu tun."
Shriner hob beeindruckt die Brauen. „Dann stimmt das also wirklich", staunte er. „Ich dachte, die Gerüchte darüber seien etwas übertrieben."
Vashtu lachte. „Nein, sicher nicht. Wir sichten größtenteils Forschungen, die sozusagen von den Vormietern stammen und befinden uns mitten in einem Krisengebiet. Da ist es nicht wirklich leicht, noch viel Zeit für anderes zu erübrigen."
„Und dennoch ziehen Sie Ihr Kind dort auf. So gefährlich kann es doch wohl nicht sein, oder?" Shriner lächelte und schüttelte den Kopf. „Entschuldigen Sie, ich falle immer wieder gern einmal mit der Tür ins Haus."
„Das ist nicht schlimm, wirklich nicht." Vashtu mußte zugeben, ihr war dieser Mann recht angenehm bisher. Nicht daß er eine Gefahr wäre für John, das sicher nicht. Aber auf seine Art war er charmant und brachte sie gefährlich nahe an die Grenzen dessen, was sie erzählen durfte.
„Ich ziehe mein Kind dort auf, das ist richtig. Wir erhalten sehr viel Unterstützung von Seiten der Einwohner, sonst würde das wahrscheinlich nicht so gut funktionieren wie jetzt."
Shriner nickte wieder. „Und deshalb sind Sie jetzt hier, stimmts?" Wieder setzte er sein charmantes Lächeln auf. „Ich muß sagen, nach allem, was ich in den letzten beiden Tagen von Ihnen und über Sie gehört habe, freue ich mich schon sehr auf unsere zukünftige Zusammenarbeit."
Vashtu stutzte augenblicklich. „Zusammenarbeit?" echote sie.
Shriner wurde ernst. „Jetzt sagen Sie mir bitte nicht, daß Sie noch gar nicht zugesagt haben. Sheppard meinte doch ..."
„Dave Sheppard?" fiel die Antikerin ihrem Gesprächspartner ins Wort.
Plötzlich ging ihr auf, was hier gerade gespielt wurde. Und ihr fiel auch ein, daß sie den Namen Shriner doch kannte. Johns Bruder schien seine Hand im Spiel zu haben, aber erst einmal einen Dritten vorzuschicken, um zu testen, ob sie überhaupt interessiert war an seinem Angebot.
Shriner nickte. „Ja, er hält ja die Mehrheit der Aktien an Genelab dank meines Partners und dessen Verkaufs des strittigen Prozentes."
Vashtu holte tief Atem, ihre Hand harkte sich in ihre Tasche. „Bedaure, Dr. Shriner, aber da sind Sie falsch informiert worden. Ich verlasse die Air Force nicht."
„Dann hat Sheppard sich noch nicht an Sie direkt gewandt, richtig?"
„Das ist korrekt. Ich habe ihn heute auch gar nicht gesehen bei der Konferenz."
„Er hat sich wohl eine leichte Magenverstimmung eingefangen", erklärte Shriner. „Jedenfalls war das seine Ausrede, als er sich heute morgen bei mir meldete. Ich schätze, er hat eher das 'Ich-hasse-alle-Wissenschaftler-die-ich-nicht-verstehe"-Fieber."
Wider Willen mußte Vashtu nun doch schmunzeln. „Tut mir leid, daß man da wohl falsche Hoffnungen für Sie geweckt hat, Dr. Shriner", sagte sie dann.
„Ist schon in Ordnung. Allerdings muß ich mich doch fragen, warum Sie bereit sind, sogar Ihr Kind aufzugeben, um auf diesem Stützpunkt zu bleiben. Müssen ja wirklich interessante Forschungen sein, die Sie da durchführen."
„Sagen wir, wir sind dort ein eingespieltes Team. Und zumindest ein Mitglied unseres Teams kann nicht in die USA einreisen aus verschiedenen Gründen. Ich arbeite gerade an solchen Dingen wie der Impfung nicht allein, zumindest nicht völlig."
Shriner lächelte wieder. „Wer tut das schon?" fragte er zwinkernd, während er sich nach vorn lehnte, um ihr diese rhetorische Frage ins Ohr zu flüstern.
Vashtu nickte, wollte sich wieder ihrer Tasche und der Suche nach dem Wagenschlüssel machen.
„Wußten Sie eigentlich, daß die Indianer, die früher einmal Florida besiedelten, den Konquistadoren von einer geheimnisvollen Quelle berichteten, die angeblich das Alter fortwaschen konnte?" wechselte Shriner plötzlich das Thema.
Vashtu stutzte, sah wieder auf. „Wie bitte?"
Der Genetiker nickte. „Der Jungbrunnen", antwortete er. „Der ewige Traum der Menschheit neben der Unsterblichkeit. Bis zu seinem Lebensende jung, fit und vital bleiben. Keine Degeneration, keine erhöhte Risiken für gewisse Krankheiten mehr."
„Hört sich nach einem Märchen an", kommentierte Vashtu. „Aber ... heißt diese Klinik, die Sie draußen in den Everglades betreiben, nicht irgendwie ..."
„Aqua Vitae, das Wasser des Lebens", fiel Shriner ihr ins Wort. „Ich muß zugeben, mein Partner ist etwas eigen und sieht sich als so eine Art moderner Alchimist."
„Sind wir das nicht auch?" fragte Vashtu. „Wir forschen nach Dingen, für die wir vor ein paar hundert Jahren noch lebendig verbrannt worden wären."
„Hehnenburgh ist da etwas eigenartig, vertrauen Sie mir. Vielleicht lernen Sie ihn ja noch kennen im weiteren Verlauf unserer Konferenz."
„Möglich ..." Vashtu wollte erneut nach dem Schlüssel suchen.
„Die von Ihnen entwickelte Impfung ist ein Schritt auf dem Weg, den Jungbrunnen zu finden, denken Sie nicht, Colonel Uruhk?" fragte Shriner.
Vashtu blickte auf. „Wieso sollte eine Impfung, die an einem Fötus durchgeführt wird, dem Mythos vom Jungbrunnen gleichen?" fragte sie verwirrt.
Shriner nickte. „Weil Ihre Impfung einen Aspekt des Jungbrunnens aufgreift: Gesundheit! Wenn Ihre Impfung erst einmal weltweit erhältlich ist, rotten Sie damit gleich eine ganze Palette von bisher nur schwer behandelbaren, erblichen Krankheiten aus, Colonel Uruhk. In der Legende vom Jungbrunnen heißt es, der Stamm, der in der Gegend um die Quelle gelebt hat, habe keine erblichen Krankheiten gekannt."
„Vielleicht waren diese Indianer Genetiker", scherzte Vashtu. „Und ob diese Impfung wirklich so viele erbliche Krankheiten bekämpfen kann wie wir es gern hätten ..." Sie schüttelte den Kopf. „Es wird noch geprüft, gegen was genau die Ketten vorbeugen können."
Shriner neigte den Kopf leicht zur Seite und musterte sie von Kopf bis Fuß. „Sie müssen Tom einfach kennenlernen, Colonel", merkte er schließlich an. „Und Sie sollten sich einmal selbst hören. Attraktiv und klug, eine wirklich verlockende Mischung. Da fragt man sich allen Ernstes, warum Ihr Lebensgefährte Sie noch nicht vor den Altar geschleppt hat."
„Weil ich das nicht möchte." Vashtu lächelte höflich. „Er möchte, und das auch schon recht lange. Für mich dagegen spielt es keine Rolle, ob wir verheiratet sind oder nicht."
„Aber soweit ich weiß, sehen Sie sich nicht oft, oder?"
Vashtu zögerte mit der Antwort, schüttelte dann den Kopf. „Leider nicht. Unsere Stützpunkte liegen zu weit voneinander entfernt."
„Mummy!" rief in diesem Moment eine Stimme hinter ihrem Rücken.
Vashtu fühlte, wie in ihr die Wärme der Mutterliebe wieder hochstieg, während sie sich jetzt umdrehte und bückte, um ihr Kind in die Arme zu schließen.
Jordan hatte eine eigenartige schwarze Kappe mit zwei runden, ebenso schwarzen Monden, auf der wilden Mähne. Vashtu brauchte eine Sekunde, ehe sie begriff, daß John, der jetzt ebenfalls den Weg von der Straße hinunterkam, Jordan wohl Mickey-Mouse-Ohren gekauft hatte.
„Mummy, ich hab dich so vermißt!"
Vashtu fand sich unvermittelt in eine Umarmung gezogen, die sie beinahe erwürgt hätte. Jordan achtete nämlich darauf, daß die Mickey-Mouse-Ohren ja nicht mit der Nase seiner Mutter kollidierten.
„Hallo, Vash", begrüßte John sie, während sie sich von den kurzen Armen zu befreien suchte. Schließlich gab sie es auf und nahm Jordan kurzerhand auf den Arm, um sich von ihm sanft küssen zu lassen.
Jordan hatte nun Shriner entdeckt und strahlte den Genetiker gleich mit seiner Zahnlücke an. „Mummy und Daddy mögen sich sehr", erklärte das Kleine voller Inbrunst.
„Das sieht man." Shriner hatte wieder sein charmantes Lächeln aufgesetzt.
Vashtu drehte sich zu ihm um. „Ich bin unhöflich. Das ist mein Kind, Jordan", stellte sie das Kleine auf ihrem Arm vor, bemerkte dabei nicht, daß Shriner sie sehr genau musterte. „Und das ist mein Lebensgefährte: Colonel John Sheppard."
Shriner stutzte, während er John die Hand hinhielt. „Sheppard?"
„Der Bruder von Dave", antwortete der Colonel ruhig. „Sozusagen das schwarze Schaf der Familie. Freut mich, Dr. ..."
„Shriner, Mel Shriner. Einer der Firmengründer von Genelab."
Johns Kopf ruckte augenblicklich zu Vashtu herum. Fragend sah er sie an, bis sie den Kopf schüttelte, dann wandte er sich wieder Shriner zu. „Tut mir leid, aber gerade heute haben wir es ein bißchen eilig. Wir erwarten nämlich einen Gast heute abend", erklärte er und blickte demonstrativ auf seine Uhr. „Und wir sind schon ein bißchen spät dran."
Shriner nickte. „Colonels, ich verstehe schon. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. Colonel Uruhk, ich freue mich schon auf morgen. Und Jordan ... laß dich von der Zahnfee reichlich beschenken." Er hob die Hand noch einmal wie zum Gruß, ehe er in Richtung Parkplatz verschwand.
„Was ist denn das für einer?" John klang alles andere als begeistert.
Vashtu, die sich endlich hatte von Jordan befreien können, blickte auf. „Ich fand ihn eigentlich recht nett."

Mike stapfte durch den Sand und beobachtete den Sonnenuntergang und die Farbpalette, die dieser auf Himmel und Wasser malte.
Früher, erinnerte er sich, ganz zu Anfang ihrer Beziehung, war er gern mit Julie hergekommen. Das war noch bevor er das erste Mal die Hand gegen sie erhob, in den ersten Tagen, in denen noch Pläne für eine glückliche Zukunft geschmiedet wurden.
Er hatte Glück gehabt, befand Mike, als er sich an seine eigene Kindheit erinnerte. Julie war bei ihm geblieben, anders als seine eigene Mutter, die die Schläge irgendwann nicht mehr ertragen konnte. Ihren Sohn aber, den hatte sie zurückgelassen, und so war der kleine Mike schnell selbst das Opfer seines brutalen Vaters geworden. Er kannte es schlicht nicht anders, ihm war die Gewalt im wahrsten Sinne des Wortes eingeprügelt worden.
Mike wandte sich vom Strand ab, als er ein helles Kinderlachen hinter sich über die Dünen hallen hörte.
Ein kurzes Stück weiter hinter einer künstlichen Sandaufschüttung lagen die Ferienhäuser der begüterteren Urlaubsgäste Miamis. Noch nicht die Superreichen mit ihren Villen, aber doch schon gehobener Mittelstand. Leute, die es sich leisten konnten, ein Haus nur für ein paar Wochen im Jahr zu bewohnen, während es ansonsten leer stand. Und einige dieser Ferienhäuser wurden durch Makler oder auch privat zwischenvermietet.
Mike erinnerte sich daran, daß er selbst, damals, kurz nachdem er mit Julie zusammengekommen war, sich ein solches Haus gewünscht hatte. Ein Haus am Strand, nur eine Düne entfernt vom Wasser, weit, weit entfernt von der lauten Innenstadt oder den ghettoähnlichen Siedlungen in den Vorstädten Miamis, in denen er jetzt lebte. Damals war sein Leben noch in Ordnung gewesen - bis auf das Prügeln seiner jeweils rasch wechselnden Beziehungen ...
Mike wußte selbst nicht, was genau ihn trieb, vielleicht wirklich das immer noch erklingende Lachen des Kindes, vielleicht auch die undeutlichen Stimmen, die er sonst noch hörte, jedenfalls stieg er, so gut es ging bei dem rutschigen Untergrund, die künstliche Düne hinauf und sah schließlich hinunter auf eine Terrasse, auf der einige Gartenmöbel, ein gemauerter Grill und eine altmodische Hollywoodschaukel standen. Ein kleines, schwarzhaariges Kind, dessen Geschlecht er nicht erkennen konnte, sauste um den Tisch herum, an dem ein Mann über jeder Menge Papieren saß. Eine ebenso schwarzhaarige Frau mit Sturmwindfrisur jagte das Kind, das sich offensichtlich köstlich amüsierte.
Toll, vom Frauenprügler zum Familienspanner, kam es Mike in den Sinn. Dennoch aber sah er weiter zu, wie die Frau mit dem Kind spielte, es jagte und jagte.
„Geht das vielleicht auch leiser?" beschwerte sich schließlich der Mann und blickte auf.
Mike stutzte. Der Typ war ziemlich jung für diese Frau. Soweit er das schätzen konnte, mußte sie irgendwo jenseits der fünfunddreißig sein, er war vielleicht Anfang dreißig. Schwer zu glauben, daß die beiden eine Beziehung und sogar ein Kind hatten.
Im nächsten Moment aber geschah etwas, was Mike an seinem Verstand zweifeln ließ:
Ein zweiter Mann tauchte auf, auf den das Kind sofort zustürzte und der es liebevoll auffing. Das allein hätte Mike nicht aus der Fassung gebracht. Es war das Gesicht des Mannes, das ihn an seinem Verstand zweifeln ließ. Denn dieser Mann trug ... sein, Mikes!, Gesicht.
Ihm wurde die Knie weich, während er beobachtete, wie der Mann sich wieder aufrichtete, das Kind jetzt auf dem Arm, und sich über die Schwarzhaarige beugte. Zärtlich küßten die beiden sich.
„Ich bringe Jordan ins Bett, Vash. Ich bin selbst müde", sagte der Mann mit seinem Gesicht.
Die Schwarzhaarige nickte. Sie mußte sich auf die Zehenspitzen stellen, um ihm noch einen Kuß zu entlocken. „Schlaf gut, John", sagte sie dann mit einem eigenartigen Akzent, den Mike noch nie gehört hatte.
Er sah die Liebe in seinem (!) Gesicht leuchten, während die Frau sich jetzt auch von dem Kind verabschiedete.
Mike ertrug das ganze nicht mehr. Er mußte irgendwo eine Flasche zuviel erwischt haben von diesem Teufelszeug, was sie in dem Schnapsladen verkauften. Das konnte einfach nicht sein!
Er hetzte die Düne wieder hinunter und raste den Strand entlang, zurück in Richtung auf sein Apartment. Doch für den Rest des Abends verfolgte ihn diese glückliche, familiäre Szene wie ein Alptraum, aus dem er nicht entkommen konnte.

Es war spät geworden, als Vashtu endlich die Treppe hochstieg, die zu den beiden Zimmern im Obergeschoß führten. Peter Babbis hatte sie auf dem Sofa im Wohnzimmer zurückgelassen mit verschiedenen Lösungsansätzen für das Problem mit der Antiker-Werft, die die General Hammond vor einiger Zeit gefunden hatte.
Vashtu achtete darauf, daß sie leise war, denn sie wollte weder Jordan noch John wecken. Allmählich spürte sie selbst die Müdigkeit eines langen Tages. Darum hatte sie auch Schluß gemacht mit den Übersetzungen, bei denen offenbar keiner außer ihr helfen konnte - zumindest wenn sie Peter folgen durfte.
Vorsichtig schob sie die Tür zum Elternschlafzimmer soweit auf wie nötig, um hindurchschlüpfen zu können, tappte dann barfuß zum mondbeschienenen Bett hinüber und blieb, mit einem weichen, liebevollen Lächeln auf den Lippen, am Fußende stehen, um zu beobachten, was da zwischen den Laken lag.
Jordan mußte sich eingeschlichen haben, nachdem John eingeschlafen war. Jedenfalls lag das Kind jetzt eng an seinen Vater gekuschelt und vollkommen im Laken verheddert neben ihm. Und John hatte im Schlaf einen Arm um Jordan gelegt und hielt es auf diese Weise.
Gerade in dem Moment, in dem Vashtu sich abwenden und im Kinderzimmer ihr Glück versuchen wollte, rollte John sich herum auf die andere Seite. Die Antikerin blieb stocksteif stehen und wagte kaum zu atmen.
„Vash?" flüsterte seine schläfrige Stimme. Mühsam versuchte er sich aus den Kissen aufzurappeln.
„Du hast einen Untermieter", wisperte sie zurück, trat an seine Seite und hockte sich bei ihm nieder.
John blinzelte, runzelte dann die Stirn und drehte sich, so gut es ging. „Oh ..."
„Schlaf weiter", flüsterte sie ihm zu und wollte sich wieder aufrichten.
„Ist Peter weg?" fragte er leise.
„Schläft unten auf dem Sofa."
John blinzelte, schon deutlich wacher. Seine Finger umschlossen ihren Arm, wollten sie nicht gehen lassen. „Und wohin willst du jetzt?" In seiner Stimme war dieses gewisse Vibrato, nach dem sie sich oft genug in einsamen Stunden sehnte und ihr heiße und kalte Schauer über den Rücken jagte.
Langsam zog er sie näher zu sich, sah sie mit halbgeschlossenen Augen aufmerksam an, bis sie nahe genug war, um sie zu küssen.
Ihr Körper reagierte, als seine Finger begannen, sacht über ihren Arm zu fahren, hoch zu ihrer Schulter und von da zu ihrer Brust. Im Kuß holte sie so tief Atem wie es ging, ließ ihre Zunge mit der seinen spielen, während nun ihre Hand eine Wanderung über die Matratze begann. Erst als ihr wirklich fast die Luft ausging löste sie sich aus dem Kuß.
„Wir sollten das nicht tun", wisperte sie, fühlte aber gleichzeitig, wie ihr Körper begann zu glühen unter seinen Berührungen. „Jordan ist hier."
John, der damit begonnen hatte, ihren Hals mit kleinen Küssen zu erforschen, richtete sich plötzlich auf, warf einen Blick über die Schulter und ... erstarrte.
Vashtu kontrollierte kurz den Sitz ihrer Kleidung, richtete sich dann wieder auf.
„Jordan!" Ein kleiner Vorwurf mischte sich in Johns Stimme.
Ob diese zärtliche Eröffnung vielleicht eine Fortsetzung erfahren würde? Im Moment, mußte Vashtu ernüchtert zugeben, wohl eher nicht. Nicht solange ihr gemeinsames Kind mit großen Augen neben ihnen beiden lag und sie beobachtete.
Jetzt erschien ein entschuldigendes (und sehr zufrieden wirkendes) Lächeln auf dem weichen Gesicht. „Ich mag das, wenn ihr euch lieb habt", erklärte das Kleine.
Vashtu stieg die Schamesröte ins Gesicht. Sollte Jordan das etwa schon ...
Blitzschnell ging sie im Kopf jede Liebesnacht der vergangenen Jahre durch, ob auf Atlantis oder in Vineta. Sie meinte, jedesmal dafür gesorgt zu haben, daß ihr Kind nichts bemerkte, wenn sie miteinander schliefen. Andererseits ...
„Ab in dein Bett. Sonst können Mummy und Daddy sich eben nicht liebhaben." Johns Stimme klang tatsächlich streng, ein deutliches Zeichen dafür, daß er mißgestimmt war durch diese Situation. Ansonsten fiel es ihm ja mehr als schwer, die Stimme gegen sein Kind zu erheben.
Jordans Augen schwammen plötzlich in Tränen.
„Ach, herrje!" Vashtu krabbelte wenig elegant über John hinweg und schloß ihr Kind in die Arme. „Ist schon gut, Jordan. Daddy hat das nicht so gemeint", flüsterte sie, ehe der Tränenvulkan noch wirklich ausbrechen konnte.
Auch John schien plötzlich Reue zu empfinden. Er umarmte sie beide, vergrub sein Gesicht in der wirren Mähne ihres gemeinsamen Kindes, drückte sie an sich. „Es tut mir leid", wisperte er so leise, daß man ihn kaum hören konnte.
Jordans Weinattacke zeitigte volle Wirksamkeit.
Vashtu war durchaus klar, daß das Kind seine Tränenflut immer taktisch geschickt einsetzte und ihnen beiden damit vielleicht ein schlechtes Gewissen einimpfte, wenn sie es gar nicht zu haben brauchten. Immerhin war Jordan hier eingedrungen, nicht sie. Und sie beide als sexuell aktives Paar brauchten nun einmal auch einen gewissen Freiraum, um eben diese Sexualität ausüben zu können.
„Ich hab euch beide lieb", gestand Jordan endlich, wenn da auch noch ein deutliches Hochziehen der Nase folgte.
Vashtu seufzte, lehnte sich gegen John, dessen Arm sich sofort noch enger um ihre Schultern schloß.
„Gut, dann bringt Daddy dich jetzt wieder in dein Zimmer zurück und du wirst da brav schlafen", sagte er. Und dieses Mal kam kein Gegenangriff in welcher Form auch immer mehr. Jordan nickte nur stumm und gab seiner Mutter einen dicken Schmatzer auf die Wange.
„Und du", wandte John sich an Vashtu, nachdem er aus dem Bett gestiegen war, „du machst dich jetzt bettfein. Wenn ich wiederkomme, möchte ich dich unter dem Laken sehen ... und nur unter dem Laken."
Vashtu verstand. Vielleicht war diese Nacht der Zärtlichkeit doch nicht ganz vorbei ...
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