Stargate Fanfic Login
HilfeImpressumLexikon
Erweiterte Suche

Der Jungbrunnen von Hyndara71

[Reviews - 0]   Drucker Kapitel oder Geschichte Inhaltsverzeichnis

- Schriftgröße +
Jack und Storm waren Hehnenburgh in die Klinik gefolgt und dort in einen unbelebten Seitenflügel. Den ganzen Weg über hatte der Genetiker eine Tirade über die Ungerechtigkeiten des Lebens, und seines Geschäftspartners im besonderen, von sich gegeben, und Jack war tatsächlich kurz davor, den armen Kerl von seinem Leid mittels einer Kugel in den Schädel zu befreien. Und endlich kamen sie an: Im Labor des Doktor Theodor Hehnenburgh, ein Raum, der vollgestopft war mit eigenartigen Versuchsreihen, irgendwelchen merkwürdigen Tabellen, Fachzeitschriften und -literatur und diversem anderen Krimskrams, den außer Hehnenburgh wohl niemand zuordnen konnte.
Schien aber auf jeden Fall eine Berufskrankheit aller Genetiker zu sein, beschloß Jack, während er sich in dem düsteren Raum, das einzige Fenster zeigte auf einen dicken, mißgestalteten Baum hinaus, der dem Zimmer jedes bißchen Licht zu rauben suchte, umsah. Auch in Vashtus heiligen Hallen in Vineta hatte er ein ähnliches Chaos gesehen. Carter hatte dagegen immer äußerst sauber gearbeitet ...
Hehnenburgh hielt ihm einen Ordner hin. „Bitte sehr!" Der Mann sah alles andere als glücklich aus. In den letzten Minuten schien er sich geradezu in die Verbitterung hineingeredet zu haben.
Jack spielte den Tapferen und nahm den Ordner, um ihn lustlos durchzublättern und hier und da ein Wort aufzuschnappen. Schließlich klappte er den Deckel wieder zu und wollte das ganze seinem Eigentümer wieder zurückgeben. „Sehr schön", kommentierte er dabei lustlos.
Womit hatte er gerechnet? Wahrscheinlich, kam ihm in den Sinn, Frankensteins Monster im Schrank oder irgendeinen gruseligen Mutanten, der hier saubermachte. Irgendetwas außergewöhnliches eben.
„Sehr schön?" Hehnenburgh starrte ihn verblüfft an, während Dave Sheppard den Ordner jetzt an sich brachte und seinerseits eifrig zu blättern begann.
Jack zuckte mit den Schultern. „Hören Sie, wir sind nicht hier, um über eine mögliche Werksspionage zu sprechen. Hier geht es um eine vermißte Geheimnisträgerin und mehr als einem Dutzend Morde, zu denen Sie sicherlich die Polizei gern in aller Gründlichkeit befragen würde."
Hehnenburgh, der sich gerade noch hatte aufplustern wollen wie ein Hahn auf dem Misthaufen, fiel in sich zusammen. Plötzlich wurde es ziemlich still im Raum, einmal abgesehen von Sheppards Blättern durch die Forschungsunterlagen.
„Woran forschten Sie, Dr. Hehnenburgh", fragte Storm schließlich.
„Ich erforsche die Einwirkung des Fehlens der Pelomere auf das menschliche Erbgut", antwortete Hehnenburgh sichtlich stolz.
Jack und der MP wechselten einen Blick. „Tatsächlich?" fragte ersterer schließlich. „Und was sagen Ihnen diese Polymere?"
„Pelomere!" Hehnenburgh funkelte ihn an. „Pelomere sind für den Alterungsprozeß verantwortlich. Mit jeder Zellabstoßung verlieren wir auch immer mehr Pelomere und damit verfälscht sich mit der Zeit unser Erbgut. Was in einigen Extremfällen von später Schwangerschaft durchaus auch für das Kind gefährlich werden kann, da es auf diese Weise defektes Erbgut von seiner Mutter, möglicherweise auch von seinem Vater, erhält. Doktor Uruhk dürfte verstehen, was genau ich meine. Ihr Ansatz für die Gentherapie befaßt sich ebenfalls mit den Pelomeren. Sie nutzt sie sozusagen als Träger und Antivirus, um Leukämie und andere Erbkrankheiten zu verhindern."
„Das ist genial!" Sheppard blickte endlich wieder auf und strahlte den Genetiker an. Und Jack war sich mehr als sicher, daß er einen Moment lang zwei Dollarzeichen in den Augen des Geschäftsmannes gesehen hatte.
„Sehen Sie", Hehnenburgh hob die gefalteten Hände, als wolle er sich in ein Gebet versenken. „Stellen Sie sich vor, Sie hätten keine Pelomeren. Dann würden Sie auch nicht altern. Ihr Leben würde sich verlängern und Sie wesentlich gesünder sein. Aber, und das ist der entscheidende Punkt, Sie dürften erst im Erwachsenenalter alle Pelomeren verlieren, so daß Ihr Körper eben nicht die entsprechenden Befehle zum Zellverfall erhält. Andernfalls, ein zweiter Ansatz für dieses Problem, wäre es, wenn der Körper nie Pelomere verlieren und Sie damit für immer ein Säugling bleiben würden."
Jack hob den Kopf, ließ ihn dann langsam sinken, um seinem Hirn genug Zeit zu geben, das eben gehörte zu verarbeiten.
„Wir hätten den Jungbrunnen gefunden!" Da waren definitiv Dollarzeichen in den haselnußfarbenen Augen, die sehr an seinen Bruder erinnerten.
Hehnenburgh nickte, seufzte dann aber. „Der Nachteil dabei ist nur, daß, sind die Pelomere verbraucht, der Körper üblicherweise steinalt ist und bald stirbt. Damit hat sich die Legende vom Jungbrunnen dann wieder in Luft aufgelöst."
„Also doch keine so gute Idee?" harkte Jack nach.
Hehnenburgh hob einen Finger. „DAS dachte ich auch, bis Mel mir diese Probe zur Analyse brachte. Das ganze ist schon einige Jahre her. Aber durch diese Zellprobe bin ich überhaupt erst auf mein Forschungsgebiet aufmerksam geworden." Er drehte sich um und wühlte kurz in seinem Chaos, ehe er sich wieder aufrichtete und triumphierend einen Hefter hochhielt.
„Darf ich davon ausgehen, daß das das Ergebnis der Analyse dieser eigenartigen Probe ist?" Jack wies auf die Papiere.
Hehnenburgh stutzte, dann aber nickte er. „Hautzellen, eigenartige Hautzellen. Und eigentlich ..." Er reichte den Ordner doch an Jack weiter und tippte auf eine bestimmte Stelle im Text. „Und eigentlich hätten sie tot sein müssen ... waren sie aber nicht! Ich untersuchte die Zellprobe. Normale Hautzellen ... auf den ersten Blick. Aber dahinter steckt mehr, wie ich herausgefunden habe, nachdem Mel mir mein Forschungsgebiet eigentlich schon entzogen hatte: Das Genom ist nicht menschlich!"
Jacks Alarmsirenen sprangen wieder an.
„Die Zellen irisierten, sie leuchteten also, bestrahlte man sie mit Licht. Und sie taten ihre Aufgabe noch immer genauso, wie ihr Zellcode es ihnen vor der Abstoßung befohlen hatte. Diese Probe war nicht nur von einem lebenden Fossil gespendet worden, nein, sie lebte."
Leuchtende Hautzellen, das war es! Vashtu Uruhk besaß leuchtende Hautzellen. Sie selbst hatte das ihm gegenüber einmal erwähnt, ging ihm auf. Und sie hatte Angst, daß auch Jordan diese Haut geerbt hatte.
„Begreifen Sie die Bedeutung?"
„Sie haben tatsächlich den Jungbrunnen gefunden!" Dave Sheppard klang, als würde ihm gerade das Wasser im Munde zusammenlaufen.
„Ich denke schon", antwortete Jack zögernd. „Aber ... was soll heißen, nicht menschlich?"
Hehnenburgh zuckte mit den Schultern. „Es gab nicht ein bißchen nachweisbare Pelomere. Dieses Wesen dürfte es gar nicht geben, denn es besitzt auch noch außergewöhnliche Fähigkeiten. Was auch immer es ist, es kommt nicht von der Erde!"
„Tom, das ist lächerlich!" Dave lachte los.
Doch Jack blieb toternst, ebenso wie Storm, der seinem Vorgesetzten einen fragenden Blick zuwarf.
Allmählich ging dem General auf, daß seine Kritiker beim IOA vielleicht doch zumindest ansatzweise recht haben konnten. Seinen Günstlingen, vor allem den Aliens unter ihnen, ein bißchen Zucker zu geben und sie für ihre Arbeit zu loben, war möglicherweise zuviel. Teal'cs Versuche, auf der Erde Fuß zu fassen, waren bisher gescheitert, und auch Daniels Vala konnte man nur mit Eskorte loslassen. Vashtu hatte sich da bisher als recht pflegeleicht erwiesen. Sie hatte schon damals, nach ihrem Auszug aus Atlantis, gezeigt, daß sie willens war, sich ihrer Umwelt anzupassen. Nach einigen Eingewöhnungsschwierigkeiten hatte es an für sich recht gut geklappt, darum hatte er auch keine Bedenken gehabt, ihr die Einladung zuzuschieben, als sie auf seinem Schreibtisch landete.
Allerdings hatte er dabei vergessen, daß es da noch eine Partei gab, die offen an der Antikerin interessiert war, und das seit Jahren: der Trust! Und nach allem, was dieser Hehnenburgh ihm bis jetzt zu schlucken gegeben hatte, hatten sie es wirklich wieder mit der Goa'uld-Vereinigung zu tun, die sich in den letzten Jahren meist doch sehr zurückgehalten hatte.
Wie waren diese Schlangenköpfe an Zellmaterial gelangt?
Jack mußte zugeben, sie waren damals - und wahrscheinlich auch heute - nachlässig gewesen. Vashtus Apartment hätte klinisch gereinigt werden müssen, nachdem John Sheppard ihren Hausstand auflöste als sie als tot galt. Und auch schon während ihrer Zeit auf der Erde hätte man hinter ihr hersaugen müssen, um jede einzelne Hautschuppe, die sie verlor, sofort fachgerecht zu entsorgen. Aber man hatte es nicht getan - warum denn auch? Wer hätte denn gedacht, daß ihr eigener Forschungszweig die Antikerin verraten würde?
Jetzt galt es, den Schaden zu begrenzen und das beste zu hoffen. Und das bedeutete auch, Hehnenburgh seine Forschung zu entziehen oder ihn vom freien Markt zu nehmen.
Noch jemand, den er irgendwo unterbringen mußte ...
Jack seufzte und riß sich aus seinen düsteren Gedanken. Erst einmal sollte er vielleicht feststellen, wie schlimm es war, dann konnte er immer noch entscheiden.
„Inwiefern außerirdisch?" fragte er endlich mit betonhartem Gesicht.
Sheppard, der gerade noch amüsiert gelacht hatte, verstummte auf der Stelle und sah ihn ungläubig an.
Hehnenburgh kniff die Lippen aufeinander, ehe er antwortete: „Ich fand im Zellkern Cromosomenbefehle, die nicht menschlich sind. Zudem weist der gesamte Genstrang eine Eigentümlichkeit auf: es handelt sich um eine Art Tripelhelix, wie sie auf der Erde nicht vorkommt."
„Das ist doch ein Witz, oder?" Sheppard klang plötzlich unsicher, nachdem weder Jack noch Storm sich eine Reaktion anmerken ließen.
Hehnenburgh atmete tief ein. Offensichtlich hatte er erwartet, spätestens jetzt verlacht zu werden. Das aufmerksame Schweigen dagegen irritierte ihn sichtlich.
„Das gesamte Genom ist dermaßen komplex, daß es beinahe unmöglich ist, es zu entschlüsseln", erklärte er zögernd. „Aber ich bin mir sehr sicher, daß dieses Wesen mit einer wesentlich höheren Gehirnfunktion als wir gesegnet ist. Zudem gibt es eindeutig nichtmenschliche Teile in den Cromosomen. Das ganze ist dermaßen komplex, daß es unmöglich ist, auch nur einen Zellklumpen nachzuzüchten." Er schüttelte den Kopf. „Mel hat es versucht, das war der Zeitpunkt, an dem er mich aus der Forschung ausschloß. Guter Gott! Was dabei herauskam war der schlimmste Alptraum, den man sich nur vorstellen kann!"
Das konnte Jack sich vorstellen, immerhin kannte er alle Verfilmungen von „The Fly".
„Wie?" fragte er so neutral wie möglich.
„Mel ist überzeugt von der Zukunft der Stammzellenforschung. Bisher hatte Genelab damit auch seine größten Erfolge. Aber die Zukunft ist das sicher nicht. Wie gesagt, fragen Sie Dr. Uruhk, ich bin sicher, sie wird Ihnen da ebenfalls einiges sagen können."
Hatte sie das nicht sogar? Ihm jedenfalls war es so, daß sie es getan hatte, nachdem er ihr Labor in Vineta besucht hatte. Auch wenn Vashtu im allgemeinen weniger Fachbegriffe benutzte als er es gewohnt war, hatte er doch irgendwann in ihrem Vortrag über Kettenreaktionen, verzögerte Entwicklungen und unterdrückte Erbanlagen abgeschaltet, so wie er es früher auch immer bei Carter getan hatte. Zuviel war einfach zuviel, an irgendeinem Punkt verstand er zwar die Begeisterung noch, konnte aber nicht mehr folgen.
Storm kreuzte die Arme vor der Brust. „Eine Frage, Doc", wandte er sich an Hehnenburgh, „wann genau hat Shriner Ihnen das erste Mal diese eigenartigen Zellproben überlassen?"
Der Genetiker runzelte die Stirn.
„Was soll das denn jetzt?" fuhr Dave Sheppard dazwischen. „Wollen Sie Tom allen Ernstes irgendeiner Straftat beschuldigen?"
„Eben um ihn auszuschließen müssen wir das fragen", antwortete Jack routiniert.
Himmel, er fühlte sich nicht wohl als MIB für das SGC! Ihm wäre es lieber, diesem Hehnenburgh reinen Wein einschenken zu können, zumal der ja doch wohl eine ganze Menge wußte.
„Das war ... Das ist jetzt ungefähr sechs Jahre her." Hehnenburgh zuckte mit den Schultern. „Hilft Ihnen das irgendwie weiter?"
„Hat Dr. Shriner sich vorher oder nachher irgendwie verändert?" bohrte Storm weiter.
Hehnenburgh wollte offensichtlich schon den Kopf schütteln, dann aber nickte er zögernd. „Doch, da war was", gestand er. „Wissen Sie, Mel litt immer unter chronischem Geldmangel. Kurz bevor er mit der ersten Probe auftauchte aber ... Naja, seitdem hat er keine Probleme mehr. Er meinte, er habe einen Geldgeber gefunden, der aber anonym bleiben wollte."
„Und er selbst veränderte sich nicht?" harkte Jack nach.
Hehnenburgh druckste nun doch ein bißchen herum. „Naja ... früher war er ziemlich berechenbar, zugegeben. In den letzten Jahren dagegen ... manchmal ist er recht reizbar. Und dann dieser Blödsinn mit dem abgetrennten Flügel und Zimmer 113. Wir hatten diese Klinik gekauft, um in Ruhe forschen zu können. Aber plötzlich hieß es, ich müsse das im Seitenflügel tun und Zimmer 113 als Labor benutzen. Außer uns hatte niemand Zutritt."
„Bis vor einigen Monaten?" bohrte Storm weiter.
Hehnenburgh nickte. „Er entfernte mich aus dem Forschungsprojekt und entzog mir die Freigabe für den Flügel. Und das gerade, nachdem ich einen ersten Durchbruch bei der Aktivierung einiger Zellen aufgrund der Proben erzielt hatte."
Das genügte.
Jack nickte Storm zu und wandte sich ab, um den Raum zu verlassen.
Er mußte Sheppard kontaktieren und hören, ob der inzwischen Vashtu wieder eingefangen hatte. Wenn die auch noch durchdrehte nach dem, was mit ihr passiert war ...
Nun ja, wie er es sah, würde er möglicherweise bald das zweifelhafte Vergnügen haben, die Antikerin zum Wraith mutiert begrüßen zu dürfen ...

Horacio zögerte, sah sich einen Moment lang um.
Dieser Sheppard hielt zielstrebig auf die Schmerzensschreie zu und vermutete dabei, daß seine Lebensgefährtin in Gefahr schwebte. Allerdings, das mußte der Tatortermittler zugeben, begriff er Teile des gemurmelten „sei bitte noch ansatzweise menschlich!"-Mantras nicht, das der Luftwaffenoffzier die ganze Zeit vor sich hinbetete.
Warum sollte diese Colonel Uruhk nicht menschlich sein? Was ging hier, einmal abgesehen von Entführung und Serienmord, nebst solchen Delikten wie Fahrzeugdiebstahl oder das Führen einer Waffe in der Öffentlichkeit, tatsächlich vor?
Sheppard mochte der Meinung sein, er habe ganze Kapitel in dessen Buch übersprungen, ein bißchen was aber hatte Horacio doch herausgefunden. Und dieses bißchen reichte, um ihm am Verstand sämtlicher daran Beteiligter zweifeln zu lassen.
War er am Ende im Drogenrausch und hatte es selbst nicht bemerkt?
Nein! Das hätte er definitiv bemerkt, davon war auszugehen.
Ein Rascheln in den Zweigen ließ Horacio Caine seine Hände heben. Mit Bedacht nahm er sich die Sonnenbrille ab und sah in die Richtung, aus der das Rascheln gekommen war.
Das war kein Tier gewesen, dessen war er sicher. Was auch immer da das Weite suchen wollte, es lief schnell und in die falsche Richtung.
Langsam setzte der Polizist sich die Sonnenbrille wieder auf, ein verächtliches Lächeln auf die Lippen gemalt.
Mutanten und Genetiker, die sich aufführten wie Frankenstein selbst. Er dagegen stand als einsamer Fels in der Brandung des Chaos - und so würde es auch bleiben!
Er zog seine Waffe aus dem Hüftholster und folgte dem verräterischen Rascheln.
Er würde in seiner Stadt für Recht und Ordnung sorgen - selbst wenn sich die Sümpfe kurzfristig zu seiner Stadt hin ausdehnten.

John wußte nicht genau, was ihn mehr alarmiert hatte, die Schüsse oder die Schreie, er wußte nur, er glaubte sich in dem Moment in einem Alptraum gefangen, als er auf den Trampelpfad stolperte und sie dort kauern sah, auf einem ihrer Verfolger. Den Mann, der verzweifelt hin und herlief mit einer Pistole in der Hand und offensichtlich nicht so wirklich wußte, was er tun sollte, nahm er kaum mehr als am Rande wahr.
Er hatte Vashtu gefunden. Aber ... er zweifelte eine Sekunde lang daran, ob sie noch die war, nach der er gesucht hatte.
Daß sie mutiert war wußte er, das hatte er schon beim Casino bemerkt, wenn auch nicht so deutlich wie jetzt. Die Antikerin schien sich vollständig verwandelt zu haben in eine zu kleine Wraith-Queen, die aber ansonsten mit allen notwendigen Attributen ausgestattet war - einschließlich offensichtlich des Saugmundes.
„Vashtu ..." flüsterte er an dem dicken Kloß in seiner Kehle vorbei und sank auf die Knie.
Sie hockte auf einem der Männer aus dem Verfolgerboot, und sie hatte ihm ihre Rechte auf die Stelle zwischen seinen Schlüsselbeinen gepreßt. Fauchend hob sie jetzt den Kopf und starrte John mit gelben, emotionslosen Augen an.
„Vashtu ..." wiederholte er leise und sanft, streckte langsam die Hand aus.
Knurrend wich sie zurück.
„Ich bin es, John", flüsterte er. „Vash, bitte, laß den Kerl in Ruhe, laß ihn am Leben. Du hilfst niemandem, wenn du ihn tötest." Ihm war nicht entgangen, daß das Gesicht des Mannes recht alt wirkte, sie hatte ihm also schon Jahre genommen.
Vashtu zögerte, senkte dann den Blick auf ihr Opfer hinunter und fauchte leise.
„Laß ihn", wiederholte John. „Laß Jordans Tat damals die erste und einzige ihrer Art sein. Laß nicht zu, daß die Bestie in dir die Kontrolle übernimmt. Vash, ich liebe dich!"
„Sie wollen sich Jordan holen und auch noch mit unserem Kind experimentieren!" Vashtus Stimme klang anders, hohler, wilder, als er sie kannte. Und im Moment schwang hilflose Verzweiflung mit in ihren Worten.
Langsam streckte er die Hand wieder aus und berührte mit seinen Fingern ihren Arm. Sein Herz schlug ihm bis zum Halse, und das nicht nur, weil er wußte, die Antikerin war in diesem Zustand unberechenbar. Nein, er hatte Angst, Angst um ihr gemeinsames Kind.
„Sie ... sie hat recht", murmelte eine Stimme wie in Trance, die ihn an seine eigene erinnerte. Irritiert sah er auf und wollte einen Moment lang wirklich zurückweichen, ehe er sich wieder voll im Griff hatte. Er wußte ja, daß Vashtu mit seinem Doppelgänger geflüchtet war.
„Er hat das gesagt. Die wollen Ihr Kind", fuhr Sheridan fort und winkte mit der Waffe auf den bewußtlosen Mann hinunter. „Seine Augen ... die leuchteten immer wieder."
„Er ist ein Goa'uld!" zischte Vashtu.
John packte ihr Handgelenk, auch wenn er wußte, ließ sie es nicht zu, würden seine Bemühungen, sie von dem Trustmitglied zu trennen nicht nur tödlich für ihr Opfer sein, sondern sich auch noch als absolut sinnloses Unterfangen outen.
„Dann sollten wir beide Jordan helfen und hier nicht Goa'uld töten, denkst du nicht?" fragte er leise. „Laß ihn los, Vash, bitte."
Und er konnte tatsächlich ihre Hand von dem Bewußtlosen lösen, sie langsam heben.
„Der ... der Hunger ..." wisperte Vashtu wie abgehackt.
„Ich weiß, Vash, ich weiß", gurrte er beruhigend, beugte sich langsam vor und zog sie in seine Arme. „Ich weiß es, glaube mir. Du läßt mich teilhaben an deinem Schmerz."
Und so war es auch. Die letzte Meile hatte er sich an diesem eigenartigen Feuer in seinem Inneren orientiert und geahnt, was dieser Schmerz zu bedeuten hatte. Gewußt hatte er es nicht, nein, aber nachdem er Vashtu auf dem Sumpfboot gesehen hatte, hatte er es geahnt.
So viele Jahre in der Pegasus-Galaxie, und nun erlebte er das erste Mal, wie es sich für die Wraith anfühlte, wenn sie hungerten. Und er konnte sehr gut verstehen, warum sie diese Schreckensherrschaft errichtet hatten in all den Jahrtausenden, in denen sie die beherrschende Rasse gewesen waren.
Vashtu preßte sich eng an ihn, vergrub ihr Gesicht an seiner Brust. Ihre Schultern bebten leise.
„Großer Gott!" hörte er Caine keuchen. „Was ist hier passiert?"
„Dieses Monster, das ist passiert!" antwortete eine ihm unbekannte Stimme, wahrscheinlich die des zweiten Verfolgers.
John blickte auf und fixierte den Kerl. „Sie ist menschlicher als einer von euch je sein könnte, viel menschlicher!"
Caine hatte Sheridan die Waffe abgenommen und den zweiten Angreifer mit Handschellen gefesselt. Zumindest schien der Polizist einmal gute Arbeit zu leisten ...
„Dann hätten wir jetzt wohl einiges zu verarbeiten, was, Mike?" wandte Caine sich in genau diesem Moment an Sheridan. „Unerlaubter Waffenbesitz, Entführung, Sachbeschädigung ... und nicht zuletzt die Morde ..."
„Lassen Sie ihn in Ruhe! Er hat schon genug gelitten!" fauchte Vashtu in diesem Moment und blickte auf. „Die Waffe haben wir diesem hier", sie nickte auf den Bewußtlosen hinunter, „abgenommen, das werden die Fingerabdrücke mit ziemlicher Sicherheit auch beweisen. Ich wüßte auch nicht, wen Mike entführt haben sollte. Wenn überhaupt, dann war es eher umgekehrt. Und das Boot habe ich gesteuert, er saß nur mit drin. Also lassen Sie ihn in Ruhe."
Caine nahm sich in einer bezeichnenden Geste die Sonnenbrille ab und sah auf sie hinunter. „Und Sie dürften damit Colonel oder Doktor Vashtu Uruhk sein, ja? Haben sich ein bißchen verändert, wenn ich das anmerken darf."
Vashtu starrte einen Moment auf das Drahtgestell, das Caine wie auffordernd vor den Körper hielt, dann griff sie unversehens nach der Sonnenbrille und rappelte sich auf die Beine. „Das ist das, was von mir übrig ist, nachdem man mir mehrere Tage lang Drogen und irgendwelche anderen nicht zugelassenen Arzneien verabreichte", antwortete sie, setzte sich die Brille selbst auf die Nase. „Das tut gut! Das Licht schmerzt in den Augen."
„Sie haben gerade einen Polizeibeamten bestohlen!" begehrte Caine auf.
John mußte trotz dem Ernst der Lage grinsen, als er einen Blick auf ihre Miene erhaschte. Auch wenn sie im Moment eine Wraith war, ihre Mimik hatte sie beibehalten.
„Sehen Sie es als Leihgabe. John, wir müssen los. Mike?"
Dieses Mal allerdings staunte John nicht schlecht, als Sheridan sich anstandslos einreihte und der Antikerin ohne jedes Murren folgte. Erst dann kam ihm ein Verdacht, während er nun selbst wieder auf die Beine kam.
„Wir schicken Ihnen Verstärkung", wandte er sich an Caine, ehe er den beiden folgte.
Caine sah ihm sichtlich irritiert nach, wußte im Moment wohl allerdings auch nicht so recht, was er darauf erwidern sollte. Vashtu hatte ihm offensichtlich ziemlich den Wind aus den Segeln genommen.
„Wir müssen auf der Stelle die nötigen Maßnahmen einleiten", wandte Vashtu sich an ihn, nachdem er wieder aufgeholt hatte. „Wir müssen verhindern, daß diese Typen Jordan in die Finger kriegen!"
John zog den Kommunikator aus der Hosentasche. „Wie wär's hiermit?"
Du musst login (registrieren) um ein Review abzugeben.