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Metamorphose von Lenari

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Kapitel Bemerkung: Anmerkung: Jack ist mein Liebling, also verzeiht, wenn ich ihn bevorzuge und immer wieder in einen Gewissenskonflikt führe. Es macht solch einen Spaß! (Natürlich nicht, ihn leiden zu sehen, versteht sich. Rein vom Schreiben her natürlich)
Anmerkung 2: Ich möchte auch allen denen danken, die meine Geschichten gelesen haben und mir Feedback schickten. DANKE! DANKE! DANKE! DANKE! He, das heißt aber nicht, dass ihr jetzt aufhören sollt! Besonderen Dank an Alexandra und alles Gute zum Geburtstag. Wie versprochen ist hier deine ganz persönliche Geschichte.
Metamorphose


Das Stargate aktivierte sich und hindurch trat ein einzelner Mann. Er sah furchtbar aus. Zerzaustes Haar, zerrissene Klamotten, blutige Wunden am ganzen Körper, schwarze Ringe unter den Augen und einen leeren Blick, als würde er nicht wirklich registrieren, wo er sich befand. Seine Beine zitterten, trugen ihn schon fast nicht mehr, schienen unter seinem Gewicht nachgeben zu wollen und doch stürzte er nicht blindlings zu Boden. Die Soldaten staunten nicht schlecht als sie ihn als Colonel Jack O’Neill identifiziert. Erschöpft sank dieser dann doch in die Knie und wäre sicher auf nach vorne gekippt, wenn Major Samantha Carter ihn nicht aufgefangen hätte. Sie war in den Stargateraum gestürmt, als der Code als der von SG-1 entziffert worden war. Er war am Ende seiner Kräfte, hatte all seine Reserven aufgebraucht und wollte nur noch eines: schlafen. Allein ihr Anblick hielt ihn noch wach. Ihre strahlenden blauen Augen, die ihn schon so oft verzaubert hatten, hatten sich mit Tränen gefüllt und blickten auf ihn hinunter. Ein seichtes Lächeln lag auf ihren Lippen und ihr kurzes blondes Haar fiel ihr ins Gesicht. Sam hielt den aus vielen Wunden blutenden Mann in ihren Armen und sah ihn mit Tränen in den Augen an. Sie schien glücklich, dass er wieder bei ihr war, aber auch traurig, da er noch nie so hilflos und verletzlich gewirkt hatte.

Mit zitternder Stimme hauchte Jack ihr zu: „Es tut mir leid. Bitte verzeih mir.“ Er brach endgültig zusammen und die Dunkelheit umarmte ihn. Seine Schmerzen ließen ihn nicht einen Moment länger bei Bewusstsein bleiben, denn jeder noch so kleine Muskel in seinem Körper tat ihm weh. Er vergaß allmählich, was geschehen war, was ihm angetan wurde. Es waren nur noch Schemen, Fetzen seiner grauenvollen Vergangenheit, von Dingen, die gerade noch Gegenwart waren, die er ein für allemal vergessen wollte. Sam wiegte ihn sanft im Arm und drückte seinen Körper fest an den Ihrigen. Er war kalt wie Eis, schweißnass und schien selbst jetzt noch zu zittern. Sams Blick verklärte sich zusehends. Tränen rannen ihre Wangen hinunter, landeten fast lautlos auf seiner Uniform und wurden von dieser aufgesaugt. Sie wollte nicht weinen, musste sie doch stark sein, für ihn, für sich selbst, für alle. Sie war schließlich Soldat. Es änderte jedoch nichts daran, dass sie nicht mehr aufhören konnte, Tränen zu vergießen.

„Ist schon gut, ich verzeihe dir!“, flüsterte sie ihm ins Ohr und zog ihn noch etwas näher an sich. Das Stargate brach die Verbindung ab, doch sie merkte es kaum. Zu sehr war sie damit beschäftigt, ihn warm zu halten so gut sie es konnte. Die Soldaten um sie herum sahen sie nur mitfühlend an. Niemand wagte es, sie von ihm fortzureißen. So saß sie da bis endlich ein Ärzteteam kam, angeführt von Doktor Janet Fraiser, und ihn auf die Krankenstation brachte. Sie folgte den Sanitätern so weit sie durfte, doch die Krankenstation war für sie tabu. Sie nutzte die Zeit, um sich die Tränen vom Gesicht zu wischen und sich mit zitternden Knien auf den Boden sinken zu lassen. Doktor Daniel Jackson ließ sich neben ihr nieder und legte ihr freundschaftlich die Hand auf die Schulter. Er kannte nur allzu gut nachvollziehen, wie es ihr erging, schließlich füllte er sich ähnlich. Jack war sein bester Freund, er hatte immer so unbesiegbar, unsterblich gewirkte, das Daniel im ersten Moment gar nicht realisierte, dass es sich bei diesem menschlichen Wrack um ihn handelte. Doch jetzt begriff er es langsam und Traurigkeit überkam ihn. Für Sam jedoch hielt er seine Tränen zurück.

„Er wird schon wieder.“, meinte er zuversichtlich und machte sich so auch selbst Mut. Er kannte Jack, so leicht war der nicht unterzukriegen. Er hatte schon weit Schlimmeres überstanden, sie alle. Ja, sie hatten sogar die Hölle überlebt. Sam nickte nur und fuhr sich durchs Haar. Sie war unfähig, irgendetwas herauszubringen. Zuviel ging ihr im Kopf umher. Da waren Fragen, die sie sich unmöglich beantworten konnte. Wo hatte Jack die letzten drei Monate seines Verschwindens gesteckt? Was war in der Zeit passiert? Wofür hatte er um Verzeihung gebeten? Sie verstand es einfach nicht. So klug sie auch war, soviel Wissen sie auch besaß, sie konnte sich nicht erklären, wie das passieren konnte. Als sie durch das Stargate traten, war er noch neben ihr gewesen und als sie dann zu Hause angekommen waren, stand er nicht mehr neben ihr. So etwas war eigentlich unmöglich und doch war es so gewesen. Ein weiteres Rätsel stellte es für sie da, dass der SG-1-Code übertragen wurde, er jedoch den Decoder nicht dabei hatte. Hatte ihn etwa noch diejenigen, die ihm das angetan hatten oder derjenige, der ihn befreite? Denn allein wäre er in diesem Zustand sicher nicht entkommen. Wer waren diese Helfer? Sam wollte ihnen danken, dass sie Jack ihr zurückgebracht hatten, ihre große Liebe, ihr Leben. Sam lehnte ihren Kopf an Daniels Schulter. Sie spürte, wie sein Herz raste. Er machte sich also ebenfalls Sorgen, was sie auch schon befürchtet hatte. Sie konnten ihrem Freund im Moment nicht helfen, aber dafür spendeten sich sie gegenseitig Trost. So verharrten die Beiden fast eine ganze Stunde ohne auch nur ein Wort zu sagen. Dann kam Janet Fraiser endlich zu ihnen und erlaubte, dass sie zu Jack O’Neill gehen durften. Sam setzte sich auf einen Stuhl und Daniel blieb auf der anderen Seite stehen. Jack schlief tief und fest. Friedlich lag er in den weißen Laken, den Kopf leicht zur Seite geneigt, ruhig und gleichmäßig atmend. Ein Verband zierte seinen linken Oberarm, aber unter den Verletzungen schien nicht wirklich etwas Ernstes zu sein. Seine Werte waren auch weitestgehend normal. Sam atmete erleichtert auf.

„Wie geht es ihm, Janet?“, fragte Daniel Jackson nach einer Weile.

„Er ist nicht allzu schwer verletzt, aber bis er wieder Kraft gesammelt hat, wird es eine Weile dauern. Sein Körper ist vollkommen hydriert und seit Wochen schien er nichts Richtiges mehr zwischen die Zähne bekommen zu haben. Es ist ein Wunder, dass er nicht schon längst tot ist. Ein Mensch kann normalerweise nur ein paar Wochen so überleben, doch er hat es ganze drei Monate ausgehalten. Das grenzt an ein Wunder.“, antwortete sie ehrlich. Dieser Mann war erstaunlich, das hatte die Ärztin immer schon gewusst, aber diese Leistung überstieg bei Weitem alles, was sie ihm zugetraut hatte. Er musste wirklich einen ausgezeichneten Schutzengel haben.

„Es ist Jack, was erwarten sie da denn sonst.“, meinte Sam und strich ihm übers Haar. Erst jetzt bemerkte sie, wie blass er doch war und wie abgemagert. Er hatte wirklich großes Glück gehabt. In diesem Moment schwor sie sich, ihn nie wieder aus den Augen zu lassen, egal was auch passieren würde. Sie würde ihn nie wieder gehen lassen. Noch einmal würde sie nämlich nicht diese quälende, eine sich auffressende Ungewissheit ertragen, die ganze drei Monate an ihr genagt hatte. Sie hatte viel Zeit zum entdecken gehabt, fast schon wieder zuviel und eines war ihr klar geworden, sie musste ihm entweder alles gestehen und über ihn hergefallen oder ihn meiden. Was es sein würde, wusste sie noch nicht, doch beides schien mit ihren Überzeugungen unvereinbar. Daniel und Janet beschlossen, die Beiden alleine zu lassen, da sie um Sams Gefühle für ihren Vorgesetzten wussten. Sie streichelte ihm sanft über die Wange und sah ihn lange einfach nur an.

 

*~*~*~*~*

 

Langsam öffnete Jack O’Neill, nach fast einem ganzen Tag des Schlafens, die Augen und musste blinzeln, um sich an die plötzliche Helligkeit und das stechende Gefühl zu gewöhnen. Seine Augen waren gerötet und tränten leicht, was an sich ein gutes Zeichen war. Jeder Knochen tat ihm weh, so dass er sich kaum bewegen konnte. Er stöhnte leise auf, als er seine Beine in eine etwas bessere Position bugsierte. Der Wunsch keimte in ihm auf, sich nie mehr in seinem ganzen Leben zu bewegen. Dennoch drehte er seinen Kopf zur Seite, denn er wollte wissen, was da auf seinem Arm lag. Er erblickte eine friedlich schlafende Samantha Carter und musste lächeln. Sie war die ganze Nacht wach geblieben bis sie letztendlich doch von der Müdigkeit übermannt worden war. Ihre Sorge um ihn war einfach zu groß gewesen, um ins Bett zu gehen. Sanft entzog er sich ihr, ohne sie dabei aufzuwecken und streichelte ihr mit der Hand vorsichtig über ihr blondes Haar. Dieses war wie Seide unter seinen strapazierten Fingern. Bei jeder Bewegung schmerzte sein Arm, seine Hand, jeder noch so kleine Knochen und Muskel, aber er konnte nicht aufhören, sie zu berühren. Es war wie eine Sucht, die er unmöglich bekämpfen konnte. Wohl oder übel musste er sich eingestehen, dass er sie liebte. Alles an ihr. Nicht nur ihre Schönheit und ihre Intelligenz, einfach alles. Ihre kleinen Macken, die Art, wie sie sich durchs haar fuhr, wie sie genüsslich ihren Kaffee trank, ihre Waffe hielt, ihren Po beim gehen schwungvoll wackeln ließ, ihm ihr himmlisches Lächeln zuwarf oder ihm einfach nur in die Augen sah. Davon wachte sie letztendlich doch auf und sah ihn freudig an.

„Du bist wach!“, hauchte sie und schenkte ihm ihr berühmtes Carter-Lächeln, welches er so sehr liebte. Es verzauberte ihn jedes Mal aus Neue, doch nie zuvor hatte er sich so danach gesehnt, wie in diesem Augenblick. Allein um sie Lächeln zu sehen, hatte es sich gelohnt, das alles durchzustehen, was auch immer es war. Daran konnte er sich nämlich beim besten Willen nicht erinnern. Er wollte etwas erwidern, doch verließ kein Laut seine Kehle. Sie war einfach zu trocken. Allein beim Atmen kratzte es rann in seinem Hals. Sie hielt ihm ein Glas Wasser an den Mund und er trank es begierig aus. Das tat seinem Rachen gut, sein ganzer Körper schien gleich weniger ausgepowert und kraftlos. Auch das Schlucken ging gleich viel leichter. Zu sprechen vermochte er dennoch nicht, obwohl er ihr doch soviel zu sagen hatte. Es kam ihm vor, als hätten sie keine Zeit mehr, auch wenn er wusste, dass das so nicht stimmte. Sam würde schließlich nicht von seiner Seite weichen, bis es ihm wieder besser ging. Sie sprachen nicht, sahen sich einfach nur an und irgendwann schlief er wieder ein. Er sah äußerlich friedlich aus, doch innerlich brodelte es. Bilder schossen durch seine Träume. Schreckliche und beängstigende Bilder. Er konnte sie nicht zu einem Ganzen zusammenfügen, es fehlte einfach zuviel. Doch eines war allgegenwärtig: Schmerz. Es waren höllische Qualen, schlimmer als Goa'uld sie hätten heraufbeschwören können. Jack sah sich immer wieder in einem hellerleuchteten Raum ohne Fenster und er hatte Angst. Wovor wussten er nicht und er wollte es auch nicht. Er wollte sich nicht erinnern, wollte es einfach vergessen und nach vorne sehen. Jede Faser in seinem Körper wehrte sich gegen diese Erinnerungen, bis das grelle Licht erlosch und es um ihn schwarz wurde.

 

*~*~*~*~*

 

Es dauerte über eine Woche, bis Jack endlich wieder aufstehen und weitere zwei Tage, bis er die Krankenstation verlassen durfte. Er musste zwar noch aufpassen, wie viel er aß, denn sein Magen musste sich erst wieder daran gewöhnen, aber sonst ging es ihm blendend. Die kleineren Wunden waren verheilt und Schmerzen hatte er auch so gut wie keine mehr. Zwar fiel ihm das Gehen schwer, aber daran würde er sich auch schon wieder gewöhnen. Er musste sich halt nur schonen und wieder Reserven sammeln. Er hoffte, dafür die nötige Zeit zu finden. Mehr Sorgen machte ihm die Tatsache, dass er sich nicht an die vergangenen Monate erinnern konnte. Sie waren einfach wie weggeblasen. Zwar wusste er noch, wie sie auf die Erde zurückkehren wollten, doch danach war alles schwarz, als hätte sie einfach jemand gelöscht oder als hätten sie nie existiert. Etwas in Jack sagte ihm, dass es wohl besser so sei, dass er die Antwort lieber nicht kennen sollte, dass er die Angelegenheit ruhen lassen müsste, aber der andere Teil wollte es unbedingt erfahren, als würde davon seine weitere Zukunft abhängen. Bis jetzt überwog die Angst, deswegen hatte er auch Janets Vorschlag, ihn zu hypnotisieren, von Grund auf abgelehnt. Es musste einen Grund dafür geben, dass er sich nicht erinnern konnte und er wollte im Grunde auch nicht herausfinden, welcher es war. Eigentlich war er sogar ganz froh, dass sein Gedächtnis in diesem Punkt versagt hatte, denn es ganz danach aus, dass er gefoltert wurde. Zu viele schreckliche Erinnerungen quälten ihn bereits, da war es doch ganz gut, dass nicht noch eine dazukam. Zweifelnd tat er es trotzdem. Irgendetwas stimmte einfach nicht. Doch zum Nachdenken blieb keine Zeit. Jack war gerade auf dem Weg in die Cafeteria als der Alarm losheulte und das Stargate sich in Betrieb setzte. Sofort machte er auf dem Absatz kehrt und ging in Richtung Kommandoraum. Jemand wählte die Erde an und nachdem man die Bestätigung eines gültigen Codes eines Verbündeten erhielt, öffnete sich die Iris. Aus dem Ereignishorizont trat ein alter Mann in Jaffarüstung. Jack kannte dieses Gesicht gut und wusste, dass das er nicht da war, um ihnen einen freundschaftlichen Besuch abzustatten. Irgendetwas war vorgefallen oder in Planung und Jack hatte das ungute Gefühl, dass es mit seinem Verschwinden zu tun hatte. Wenn nicht, dann garantiert mit den abtrünnigen Jaffa. Seine Freunde waren bereits auf direktem Weg in den Stargateraum gegangen und nun entschloss er sich, ihnen und General Hammond zu folgen. Bra’tak gab seinen getreuen Freunden die Hand und folgte ihnen in den Konferenzraum. Er hatte ein dringendes Anliegen, welches nicht warten durfte. Es betraf die Zukunft seines Volkes und den Aufstand gegen die Goa’uld. Das Übliche eben.

Nachdem er ihnen alles erläutert hatte, wandte er sich an Teal’c: „Ich bitte dich, mit mir zu kommen und die Jaffa anzuführen. Sie werden deinen Worten eher Glauben schenken als den Meinigen. Du kannst ihnen die nötige Kraft geben.“ Es wurde ruhig im Raum. Alle Augen waren auf Teal’c gerichtet, alle bis auf Colonel O’Neills. Er sah nur starr auf seine Hände und wartete darauf, dass sein Freund sagte, dass er gehen würde. Er kannte den Jaffa zu gut, um sich vormachen zu können, dass dieser ablehnte. Deswegen war er schließlich nur hier. Sein Ziel war von Anfang an die Rettung seines Volkes gewesen. SG-1 war da nur Mittel zum Zweck, so hart das auch klang. Es war so und würde sich auch nicht ändern. Schon, sie waren Freunde, aber hier ging es um seine Heimat, sein Volk. Das war einfach wichtiger. Sie brauchten ihn, er durfte sie jetzt nicht im Stich lassen. Alles, wofür er kämpfte, wäre mit einem Schlag zunichte gemacht. Es gab nur diesen Weg.

„Ich werde mit dir gehen, aber ich hoffe, dass meine Freunde mich bei diesem Kampf unterstützen werden.“, antwortete Teal’c nach kurzem Zögern. Er hatte nach den richtigen Worten gesucht und mit diesen speziell Jack angesprochen, welcher ihn immer noch nicht ansah. Dieser sah auch gar keinen Sinn darin. Es würde eh nichts ändern, sondern das Unvermeidliche nur aufschieben. Abschied war vorprogrammiert, wieso es dann noch unnötig retardieren.

„Aber sicher. Ich werde ihnen ein SG-Team zur Seite stellen.“, versicherte ihm General Hammond. Jack sah immer noch nicht auf, schien gar nicht wirklich hinzuhören, als wäre er weit weg, als würde ihn das alles nichts angehen, doch er hörte jedes Wort. Es war wie ein Stich ins Herz. Er wusste, wenn diese Mission gelang, wenn sie wirklich eine funktionierende Rebellion in Gang brachten, dann würde er einen seiner besten Freunde verlieren. Mehr noch einen Bruder, denn das waren sie bereits. All die Jahre, die sie Seite an Seite gekämpft hatten, vertrauten sie sich blind, überstanden die Hölle und meisterten jede Herausforderung. Das würde jetzt vorbei sein. Er hatte jedoch nicht vor, ihn auch noch dabei zu unterstützten, falls Doktor Fraiser das überhaupt zulassen würde.

„Ich möchte ihn ebenfalls begleiten, Sir.“, meldete sich Major Carter zu Wort, denn sie wusste, dass sie aufgrund von Jacks Zustand nicht mit inbegriffen waren.

„Ich schließe mich Sam an.“, fügte Doktor Jackson sofort hinzu. Jack jedoch blieb stumm. Weiterhin starrte er wie gebannt auf seine Hände, welche sich bis jetzt keinen Millimeter bewegt hatten und versuchte, seine aufkommende Wut unter Kontrolle zu bekommen. Ja, er war wütend. Auf jeden in diesem Raum. Wie konnten sie ihn nur bereitwillig gehen lassen und ihn sogar noch dabei unterstützen. Sie packten ja schon in Gedanken seine Sieben Sachen zusammen. War es denn wirklich so einfach für sie, ihn ziehen zu lassen? Besonders aber war Jack O'Neill auf sich selbst sauer, denn er wollte seinen Freund nicht verlieren. Er wusste, dass es irgendwann so kommen würde, nur das es schon so bald sein musste, das verstand er nicht. Es waren viereinhalb Jahre vergangen und er hatte Teal’c Anwesenheit immer als selbstverständlich hingenommen. Nun wurde ihm schlagartig klar, dass er jeder Zeit hätte gehen können, auf die eine oder andere Art. Diese Möglichkeit hatte er vorher immer geschickt aus seinen Gedanken verbannt. Jack wollte einfach nicht, dass sich etwas änderte. Er wollte sein Leben einfach wieder in den Griff bekommen, das war alles. Wieso ließ man ihn nicht einfach in Ruhe?

„O’Neill, wirst auch du mich begleiten?“, fragte jetzt Teal’c, dessen Blick immer noch auf seinem Freund ruhte. Er machte sich Sorgen um Jack, denn so hatte er ihn früher nie gesehen. Er konnte die Antwort beinahe schon erahnen.

„Nein.“, meinte Colonel O’Neill nur.

„Sir?“ Sam sah ihn verständnislos an. Sie wusste instinktiv, dass es nicht an seinem momentanen Zustand lag, dass er diese Mission verweigerte, es lag ganz allein an seiner Einstellung. Sie kannte ihn gut, doch verstand sie ihn nicht. Es war für sie einfach nicht zu begreifen. Auch sie würde Teal’c vermissen, doch er war ja nicht gleich aus der Welt. Er wählte halt einen anderen Weg. Was war daran nur so verwerflich? Am Liebsten hätte sie Jack einen Schlag auf den Hinterkopf versetzt, aber sie war Soldat und wusste sich zu beherrschen.

„Ich sagte nein, Major.“, fuhr er sie jetzt an. Er sah ihr dabei tief in die Augen. Sein Zorn war nicht zu übersehen. Sam hatte das Gefühl, nicht mehr ihren Jack vor sich zu haben, er war so anders, so fremd. Sie bekam richtig Angst vor ihm und ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken. Er sprang auf und fuhr aufgebracht fort: „Meinetwegen kannst du sofort verschwinden. Wir brauchen dich hier eh nicht.“ Jacks Blick traf den des Jaffa und ein Kampf begann zwischen ihnen. Keiner von beiden wollte nachgeben, denn Jack sah nicht ein, dass er etwas Falsches gesagt hatte und Teal’c wollte seinen Worten einfach keinen Glauben schenken und wartete auf eine Entschuldigung.

„Jack,...“, versuchte Daniel ihn zu beschwichtigen, wurde jedoch schroff unterbrochen.

„Halten sie die Klappe, Daniel. Sie haben hier gar nichts zu melden.“, zischte Jack wütend ohne den Blickkontakt zu unterbrechen.

„Colonel!“, ging General Hammond dazwischen. „Hinsetzten! Das ist ein Befehl!“

„Bei allem Respekt, aber...“ Jack brach abrupt ab. Krampfhaft klammerte er sich an den Tisch, um nicht blindlings hinzuschlagen. Ihm wurde schwarz vor Augen, das Schwindelgefühl, welches ihn schon beim Augstehen überkommen hatte, verstärkte sich um ein Vielfaches und umso mehr er es zu verdrängen versuchte, desto allgegenwärtiger wurde es. Die Stimmen seiner Freunde klangen weit entfernt und gedämpft, als würden sie durch eine Tür hindurch reden. Die Intensität seines Griffs ließ nach, bis er sich nicht mehr halten konnte, seine Beine immer mehr nachgaben und er unmächtig zu Boden sank. Carter hatte ihn gerade noch zu fassen bekommen, bevor sein Kopf hätte auf den Boden aufschlagen können und Daniel war bereits dabei, Janet zu rufen.

 

*~*~*~*~*

 

Das Erste, was Jack hörte, war die Frage des Generals, als er Doktor Fraiser fragte, wie es ihm doch ging. Um die Aufmerksamkeit nicht auf sich zu ziehen, blieb Jack ruhig liegen und hörte zu. Ihn interessierte brennend, was sie zu sagen hatte. Sicher würde sie wieder mit Fachbegriffen um sich werfen, von denen er nicht einmal die Hälfte verstand. Wäre ja nichts Neues.

„Es hätte schlimmer kommen können.“, meinte sie ruhig. „Im Grunde habe ich mit so etwas schon gerechnet. Sein Körper ist einfach noch viel zu schwach, auch wenn Colonel O’Neill sich anscheinend alle Mühe gibt, das zu überspielen. Er braucht dringend Ruhe und darf sich unter keinen Umständen aufregen. Nächstes Mal wäre ein Herzanfall nicht auszuschließen.“ So schlimm? Aber Jack fühlte sich doch gut, bereits jetzt könnte er wieder Bäume ausreißen, so fit fühlte er sich. Sicher übertrieb sie maßlos und wollte dem General so nur verdeutlichen, dass er Teal’c unmöglich begleiten konnte, was er so oder so nicht getan hätte. Jack wusste selbst, wie viel er sich zumuten konnte. Es war sein Körper, es war seine Entscheidung.

„So schlimm!“, stieß Sam geschockt hervor. „Und ich wollte auch noch, dass er...“ Ihr blieben die Worte im Halse stecken. Sie konnte es kaum glauben. Am Liebsten hätte sie sich für ihre Anmaßung selbst geohrfeigt. Vorwürfe begannen sie zu plagen, sie wollte ihn attackieren und dabei ging es ihm doch so miserabel. Wieso hatte er auch nichts gesagt? Was war nur los mit ihm?

„Sam.“ Daniel legte ihr beschwichtigend eine Hand auf die Schulter. „Diesen Anfall hatte Jack sich selbst zuzuschreiben. Er hätte sich halt nicht so aufregen brauchen, er hatte keinen Grund dazu.“

„Doch, den hatte er.“, wandte Teal’c ein. „Er wusste, ich würde erfolgreich sein und auch, dass ich dann bei meinem Volk bleiben würde. Er wollte jedoch nicht, dass ich gehe.“ Jack hasste es, dass der Jaffa ihn so gut zu kennen schien. Teal’c hatte ihn durchschaut, geahnt, dass er so ausklinken würde und er hatte zugelassen, dass Jack sich so Luft machte. Jack wollte seinen Freund nicht gehen lassen und auch Teal’c schien es schwer zu fallen, zu gehen, doch beide mussten ihrem eigenen Egoismus nachgeben, um ihr gemeinsames Ziel zu verfolgen. Teal’c hatte das bereits erkannt, doch Jack hatte bis eben gebraucht. Er musste seinen Freund schweren Herzens ziehen lassen. Auf einmal überkam ihn der Drang, aufzuspringen und Teal’c im Kampf zu unterstützen, bis ihm schlagartig klar wurde, dass das ja vollkommen unmöglich war. General Hammond und Janet Fraiser würden ihn unmöglich ziehen lassen. Er hasste sich für seine momentane Schwäche. Sein Freund brauchte ihn mehr denn je und gerade jetzt konnte er ihm nicht helfen. Wäre es nur eine Woche später gewesen, alles hätte anders aussehen können, doch so? Es war frustrierend, so unfair. Jack überkam das Bedürfnis einfach nur laut aufzuschreien, doch er war es ja gewohnt, sein verlangen zu unterdrücken. Außerdem fand er, dass er seinen Gefühlen für heute schon genug Luft gemacht hatte. Dennoch war es an der Zeit, sich zu offenbaren.

„Verzeihst du mir, mein Freund?“, brachte Jack O’Neill mit schwacher Stimme hervor. Er hatte gar nicht damit gerechnet, so kraftlos zu klingen. Sein Körper schien ihm wirklich einen Streich zu spielten. Teal’c trat auf ihn zu und er öffnete langsam die Augen. Das Licht blendete ihn, doch er gewöhnte sich schnell an die Helligkeit. Vorsichtig setzte er sich auf, um dem Jaffa besser in die Augen sehen zu können.

„Natürlich, O’Neill.“, vergewisserte dieser. Ein Lächeln umspielte Jacks Lippen. Er war froh darüber. Schlimmer als der Abschied von Teal’c wäre wohl seine Missgunst gewesen.

„Das freut mich.“ Er wandte sich an die anderen und meinte: „Und ich hoffe, auch ihr könnt einem Idioten wie mir vergeben.“ Beide nickten zustimmend.

„Wir sollten beginnen die Vorkehrungen unserer Abreise zu treffen.“, mischte Bra’tak sich ein. Sie konnten nicht ewig Zeit vertrödeln.

„Geht schon, ich komm klar!“, sagte Jack und fuchtelte demonstrativ mit den Händen. So schwer es ihm auch fiel, er musste seine Freunde gehen lassen. 

 

*~*~*~*~*

 

Samantha Carter hatte gewartet bis alle anderen den Raum verlassen hatten und schloss nun die Tür. Sie wollte mit ihm unter vier Augen reden, sie hatte einige Fragen, die ihr auf der Seele brannten. Colonel O’Neill hatte mit so etwas schon gerechnet. Er kannte sie einfach zu gut. Sie hingen alle zu oft zusammen, um den anderen nicht hundertprozentig zu kennen. Er wusste, er hatte sich unmöglich bekommen und auch, dass sie ihm dafür jetzt wahrscheinlich den Kopf waschen würde. Er hatte es verdient. Sie ließ sich neben ihm auf dem Bett nieder und starrte an die Wand. Eine Weile sagte keiner von beiden etwas. Sam wusste nicht, wo sie anfangen sollte und Jack wollte ihr die Zeit lassen, die sie brauchte, um ihr Anliegen vorzubringen. Er wusste, wie sehr er ihr vorhin wehgetan haben musste, denn normalerweise war es nicht seine Art, sie so anzublaffen. Na ja, wenn er ehrlich war, schon, aber nur, wenn sie auch das Motiv seines Ärgers darstellte und diesmal war das nicht der Fall gewesen. Ihm war im Grunde schleierhaft, wie er überhaupt so ausklinken konnte.

„Was ist nur mit dir geschehen?“, stellte sie schließlich die erste Frage in den Raum.

„Ich weiß es nicht?“, gab er ehrlich zurück. „Ich kann mich nicht erinnern. Ich will es im Grunde auch gar nicht.“

Sam schüttelte den Kopf und entgegnete: „Das meine ich nicht. Du bist seit deiner Rückkehr so komisch. Ich meine, ich erkenne dich kaum noch wieder. So voller Hass habe ich dich das letzte Mal gesehen,... Ach was, ich habe dich noch nie so gesehen.“

„Ich weiß auch nicht, was in mir vorgeht. Normalerweise klinke ich nicht so aus. Was auch immer passiert sein mag, es hat mich mehr verändert, als ich mir eingestehen will und ich kann mich nicht einmal daran erinnern.“ Jack fuhr sich nervös durchs Haar. Es behagte ihm nicht, so nah bei ihr zu sitzen und sie dennoch nicht berühren zu dürfen. Niemand würde es sehen, die Tür war geschlossen, dennoch trennte sie eine unsichtbare Barriere, die sie nicht überwinden konnten. Selbst das unbändige Verlangen, welches in ihm aufstieg und ihm die Gedanken vernebelte, vermochte die Mauer um ihn herum nicht zum Einsturz zu bringen. Sam müsste von sich aus schon den ersten Schritt machen, doch ihm war klar, dass er genau darauf vergebens warten würde.

„Wofür sie sich entschuldigt haben, wissen sie dann wohl auch nicht mehr.“, folgerte Sam kurz darauf. Sie sah ihn erwartungsvoll an, doch er schüttelte nur den Kopf. Jack konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, was nach dem Gang durchs Sternentor passiert war. Er wusste ja nicht einmal mehr, dass er sich überhaupt entschuldigt hatte. „Habe ich mir fast gedacht.“ Wieder schwiegen sie.

Aber nur kurze Zeit, dann wollte Jack wissen: „Daniel hasst mich jetzt sicher, oder?“

„Das vielleicht nicht, aber mit einer einfachen Entschuldigung ist es nun einmal nicht getan.“ antwortete sie ehrlich. „Sie haben ihn hart getroffen, da er sowieso schon denkt, sie würden seine Arbeit hier nicht schätzen, auch wenn sie den Anstand gewahrt hatten, es ihm nicht so direkt an den Kopf zu werfen. Er ist kein Soldat, Colonel, er steckt das nicht so einfach weg.“ Einen Moment wusste Jack nicht, was er sagen sollte. Geschockt starrte er nur an die Wand. Es war nicht so, dass er Daniels Arbeit für diese Einrichtung nicht würdigen würde, ganz im Gegenteil, er beneidete ihn darum. Und dieser Neid war es auch, der meistens aus ihm sprach. Dass sein Freund sich seine Sprüche so zu Herzen nehmen würde, hätte er nun wahrlich nicht gedacht. Daniel kannte ihn schließlich und schon seit der ersten Mission nach Abydos hatte Jack seine abwertende Haltung gezeigt. Er hatte echt angenommen, sein Freund würde darüber stehen, kannte dieser doch auch Jacks sanfter Seite. Vielleicht sogar besser als die anderen und mehr als O’Neill lieb war.

„Ich bin wirklich ein Vollidiot. Ich schaffe es immer wieder, jeden den ich mag vor den Kopf zu stoßen. Man sollte mich erschießen.“, machte er den Versuch eines schlechten Scherzes, aber an Sams Gesichtsausdruck erkannte er, dass sie diese Bemerkung durchaus ernst zu nehmen schien und zwar in der Hinsicht, dass er wieder in die Kategorie Selbstmordkandidat abfallen könnte. Vielleicht lag sie damit auch gar nicht so falsch. Mit dem Gedanken hatte er schon des Öfteren gespielt, besonders an Charlies Geburts- oder Todestagen, aber eines hatte ihn immer davon abgehalten, die Freundschaft zu seinem Team. Ganz besonders aber die verkorkste Beziehung zu Sam. Ein kläglicher Versuch es abzutun folgte: „Na ja, wie auch immer.“

„Sie sollten gehen und es ihm erklären. Wer weiß, was alles passiert, während wir weg sind.“, schlug Major Carter vor. Jack nickte stumm, machte aber keine Anstalten, sich zu bewegen. Er wollte diese Zweisamkeit nur noch einen Moment genießen, denn niemand konnte ihm sagen, wann sie wiederkommen würde. Wenn er sie schon nicht berühren durfte, wollte er sie sich wenigstens ganz genau einprägen. Deswegen ruhte sein Blick schon eine gewisse Zeit auf ihr. Ihr schien das irgendwie unangenehm zu sein, aber auf die gute Art und Weise. Ebenso genoss sie es auch. Ihre Blicke trafen sich und versanken ineinander.

„Ich wünschte, ich könnte mit euch gehen.“, hauchte er ihr zu.

„Ich auch!“ Sie kamen sich näher. Sam legte ihre Hand auf die Seinige, um ihm Mut zu machen, ihm das Versprechen zu geben, dass sie zurückkehren würden und um selbst irgendwo Halt zu finden. Zaghaft berührten ihre Lippen einander, streiften nur die des anderen, bevor seine Mauer gänzlich bröckelte und er sie mit seiner freien Hand enger an sich zog. Seine Finger verschwanden in ihrem blonden Haar, darauf bedacht, es nicht zu zerzausen. All die aufgestauten Gefühle kamen wieder an die Oberfläche und entluden sich in dieser Geste. Als sie sich außer Atem wieder lösten, lächelten sich beide an.

Jack fing sich als Erstes und meinte: „Ich sollte dann wohl mal mit Daniel reden.“ Sam nickte nur, unfähig auch nur einen Ton herauszubringen. Er stand auf und war schon im Begriff zu gehen, als er sich dann doch noch einmal umdrehte und ihr einen heftigen Kuss zum Abschied gab. Das warf sie dann gänzlich aus der Bahn. Sie brauchte noch etwa eine Viertelstunde bis sie sich wieder gesammelt hatte und die Krankenstation verließ.

 

*~*~*~*~*

 

„Kann ich mit ihnen sprechen, Daniel?“, fragte Jack nach einem Räuspern und lehnte sich an den Türrahmen zum Labor seines Freundes. Hier war es so chaotisch wie immer. Lose Zettel, aufgeschlagene Bücher und die verschiedensten Artefakte. Doktor Jackson saß gerade an seinem Computer und schrieb irgendetwas, doch jetzt drehte er sich O’Neill zu. Er war also wirklich sauer auf ihn, wenn er nicht einmal antwortete. Daniel hatte sonst normalerweise noch ein knappes ja herausgepresst, doch diesmal schien ihm selbst das überflüssig. Jack wusste, er war zu weit gegangen und sein Freund machte es ihm nicht gerade leicht, sein schlechtes Gewissen wieder loszuwerden. Eigentlich war Daniel nie sehr lange nachtragend und verzieh ihm, wenn Jack eine knappe Entschuldigung herauspresste, doch nicht heute. Jack rang sich dazu durch, näher an Daniel heranzutreten, setzte sich schließlich auf die freie Ecke seines Schreibtisches und sah sich einen Moment suchend um. Er hatte keinen blassen Schimmer, wie er sich bei Daniel entschuldigen sollte. Letztendlich meinte er nur: „Es tut mir leid!“

„Das sagten sie schon.“, entgegnete dieser kühl ohne auch nur aufzusehen.

„Ich meine es ernst. Ich weiß, ich bin über die Strenge geschlagen. Ich... ich hätte das nicht sagen dürfen. Sie wissen, wie unersetzlich sie sind.“, startete Jack einen neuen Versuch, doch sein Gegenüber reagierte nun gar nicht mehr. Zorn über Daniels Verhalten machte sich in ihm breit. Er wollte nicht sauer werden, aber irgendetwas in ihm schien vollkommen außer Kontrolle geraten zu sein. Er hatte seine Gefühle nicht mehr unter Kontrolle. Wütend sprang er auf und fuhr seinen Freund an: „Verdammt noch mal, Daniel! Was zum Teufel erwarten sie eigentlich von mir? Ich habe mich doch entschuldigt!“

„Gar nichts!“, blaffte Doktor Jackson zurück. „Ich erwarte gar nichts von ihnen! Es war schließlich nicht das erste Mal, dass sie mich so vor den Kopf gestoßen haben.“ Daniel war ebenfalls aufgesprungen und sah ihm nun tief in die Augen. Er meinte es vollkommen ernst, dass konnte O’Neill sehen. Seine Augen funkelten wütend. Das letzte Mal hatte er Daniel so zornig gesehen, als Shau’ri von Apophis verschleppt worden war. 

„Fein!“, rief er, machte eine abwehrende Handbewegung und verließ aufgebracht den Raum.

„Fein!“, warf Daniel ihm hinterher. Jack hatte die Nase gestrichen voll. Er war zu stolz, um vor ihm um Verzeihung zu bitten. Zwar meldete sich sofort wieder sein schlechtes Gewissen und er hätte sich für seinen Wutausbruch ohrfeigen können, doch ignorierte er es einfach. Das war nämlich das Letzte, was er gebrauchen konnte. Er war sicher, dass sich alles zwischen ihnen schon von alleine klären würde, wenn sie erst einmal etwas Abstand voneinander hatten, was ja auch durchaus der Fall sein würde. Auf Daniel würde schon Acht gegeben werden, da war Jack sich sicher, schließlich war er unter erfahrenen Jaffa und Carter würde schon ein Auge auf ihn werfen. Zwar breitete sich bei Jack ein mulmiges Gefühl in der Magengegend aus, als würde etwas in ihm ahnen, dass es schief laufen würde, doch da das meist auch falscher Alarm war, tat er diese Vorahnung als schlechtes Gewissen ab.

 

*~*~*~*~*

 

Jack vermied es, sich von seinen Freunden zu verabschieden, da er sich Erstens nicht noch einmal mit Daniel Jackson streiten wollte und Zweitens, wahrscheinlich über Samantha Carter hergefallen wäre, was nicht gerade sehr intelligent schien. In letzter Zeit spielten seine Hormone sowieso total verrückt. Im ersten Moment war er wütend, dann wieder ausgelassen und im nächsten Moment wieder vollkommen außer sich vor Liebe. Nicht, dass es früher nicht genauso gewesen wäre, aber da hatte er es wenigstens etwas steuern können und zur Not auch einfach unterdrückt, wenn es die Arbeit erforderte. Doch das gelang ihm nun einfach nicht mehr. Dennoch hatte er es sich nicht nehmen lassen, ihnen wenigstens vom Besprechungsraum aus zuzusehen, wie sie aus seinem Leben verschwanden und ihn hier einsam und allein zurückließen. Teal’c würde wahrscheinlich auch nicht allzu schnell wiederkommen und die anderen wurden erst in einer Woche zurückerwartet. Hammond hatte ihnen also genug Spielraum gewährt und Carter würde ihn gut nutzen, da war Jack sich sicher. Vielleicht war es ja an der Zeit, dass sie ihr eigenes Kommando bekam. Sie war schließlich schon lange genug unter seiner Fuchtel und hatte sicher auch etwas lernen können, vorausgesetzt, er hatte jemals jemanden etwas beibringen können. Er hoffte nur, die Woche verging schnell und er hatte sich bis dahin soweit erholt, dass er nicht gleich wieder aus den Latschen kippte, sollte er sich etwas aufregen. Ihn wurmte, dass er sich nicht einmal daran erinnern konnte, was diese Schwächeanfälle und Gefühlsschwankungen auslöste. Auf eine Art wollte er es unbedingt erfahren, um eine Erklärung zu finden, aber andererseits sträubte sich alles in ihm dagegen. Er ahnte, dass es nicht positiv sein konnte. Das war vollkommen unmöglich. Nicht, wenn man bedachte, wie er sich gefühlt hatte. Aber der Drang, es zu wissen, überwog seine Angst vor dem, was er herausfinden könnte und so beschloss er, Doktor Janet Fraiser aufzusuchen, damit diese ihn wie auch schon einmal in Trance versetzte. Sie würde seinem Sinneswandel zwar skeptisch gegenüberstehen, aber da sie es sowieso schon vorgeschlagen hatte, seiner Bitte entsprechen, vorausgesetzt sie hielt das im Moment für zumutbar. Bei dieser Frau konnte man schließlich nie wissen. Die änderte ihre Meinung doch wie ihre Unterwäsche oder draußen das Wetter. Sie war ja auch überzeugt gewesen, dass Jack wieder gesund war. Und so kam es dann schließlich auch. Jack hatte ehrlich gesagt nichts anderes erwartet.

„Colonel, das halte ich vorübergehend für keine gute Idee.“, wandte diese ein. „Sie sind viel zu geschwächt und es könnte sie aufregen, wenn sie die Wahrheit erfahren. Wir sollten noch ein paar Tage warten, vielleicht sogar bis die anderen zurück sind. Das wäre sicherer für sie.“

„Ich will aber nicht warten.“, protestierte O’Neill energisch. „Ich will es wissen, bevor sie wieder hier sind, dann habe ich es hinter mir. Und wenn es wirklich so schrecklich gewesen sein sollte, dann ist es doch allemal besser, wenn sie mich nicht so durcheinander erleben.“

„Gedulden sie sich wenigstens noch drei Tage und sammeln sie Reserven. Sie wissen genau, dass ich sie als Ärztin nicht solch einer Tortur aussetzten kann, solange ich nicht von ihrer körperlichen und seelischen Sicherheit überzeugt bin.“, versuchte Janet ihn zu überzeugen, indem sie ihm einen Kompromiss anbot. Zögernd nickte Jack zustimmend. Er hatte im Grunde auch gar keine andere Wahl. Dennoch störte ihn etwas an Janet. Sie verschwieg ihm etwas und Dinge für sich behalten konnte sie nicht sehr gut, so dass man es ihr sofort ansah. Etwas stimmte nicht mit ihm und sie wusste anscheinend nicht was. Sicher wollte sie das erst mit General Hammond besprechen, um Jack keine Angst zu machen, doch er wollte es auch erfahren.

Deshalb fragte er: „Was stimmt mit mir nicht?“

„Wie kommen sie denn darauf, dass etwas nicht stimmen sollte?“, entgegnete Doktor Fraiser verwirrt.

„Ach kommen sie schon Doc, sie sind eine miserable Lügnerin. Was ist los. Es geht hier schließlich um mich, also spucken sie es schon aus.“

„Wir sollten das doch lieber im Beisein von General Hammond besprechen.“, versuchte sie Zeit zu schinden, denn sie wusste nicht, wie sie es ihm sagen sollte.

„Dann gehen wir!“

 

*~*~*~*~*

 

„Nachdem sie zusammengebrochen sind, habe ich noch einmal eine gründliche Untersuchung vorgenommen. Ich habe ihr Blut und ihr Gewebe untersuchen lassen, eben alles, was uns Auskunft über ihre Gesundheit geben könnte und habe auch ihre Gehirnströme nochmals gemessen. Dabei musste ich feststellen, dass nicht nur ihre Gehirnaktivitäten verstärkt sind, sondern sich auch ein hoher Anteil an Hormonen in ihrem Blut befindet. Vor allem Adrenalin, was ihren Wutausbruch erklären würde.“ Janet hielt kurz inne, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen und diese auf die beiden Männer wirken zu lassen. Dann fuhr sie fort. „Doch das ist noch nicht alles. Laut einer erneuten DNS-Probe scheinen sie sich zu verändern. Einige ihrer Gene mutieren und andere sind nicht einmal menschlich.“

„Wollen sie mir echt sagen, Außerirdische hätten an meinen Gene herumgepfuscht?“, hakte Jack ungläubig und vor allem gereizt nach.

„Wer immer das mit ihnen angestellt hat, er verstand sein Handwerk.“, wandte Doktor Fraiser ein. „Die Metamorphose wird höchstwahrscheinlich ohne Komplikationen voranschreiten.“

„Können sie es rückgängig machen?“, stellte nun General Hammonds eine Frage in den Raum.

Janet schüttelte entschieden den Kopf und antwortete: „Nein, Sir! Wir besitzen nicht die nötige Kenntnis, aber sicher könnten uns die Nox oder Asgard weiterhelfen. Sie sind auf diesem Gebiet bewanderter als wir.“

„Können sie mir sagen, wie ich dann aussehen werde und ob ich dann noch ich selbst bin?“, hakte Colonel O’Neill nach. Ihm grauste bei dem Gedanken, sich zu verändern, nicht mehr er selbst zu sein, dennoch klang seine Stimme ziemlich kühl, was ihn selbst überraschte. Das war er ja jetzt schon nicht mehr, aber was würde erst werden, wenn er sich auch äußerlich zu verändern begann? Was würde aus Sam und ihm werden? Würde sie ihn dann immer noch wollen? Aber das Schlimmste, er würde ewig in diesem Komplex festsitzen. Nie wieder würde er in einem Stadion sitzen können, um einem Baseball- oder Eishockeyspiel beizuwohnen, keine ausgedehnten Abende in stinkenden Bars mehr und auch keine Angelausflüge mehr. Er würde seinen geliebten See nie wieder sehen. Jämmerlich würde er in diesen Katakomben zugrunde gehen und alle mit sich ins Unglück stoßen. Es nackte an ihm, dass er es nicht aufhalten konnte, dass er nicht stark genug war, es zu bekämpfen, es ungeschehen zu machen. Sein schlechtes Gewissen überfiel ihn wieder, denn er schallte sich innerlich selbst, dass er nicht noch einmal versucht hatte mit Daniel zu reden, auch wenn das wenig gebracht hätte. Er hätte es einfach in Angriff nehmen müssen, doch hatte er sich lieber hinter seinem Stolz und seinem viel zu großen Ego versteckt. Dieser Fehler würde ihm nie wieder passieren, aber er war ja auch nicht mehr lange er selbst.

„Das kann ich jetzt noch nicht sagen, aber höchstwahrscheinlich wird sich nicht viel ändern. Es sind noch keine Gene betroffen, die für das äußerliche Erscheinungsbild von Bedeutung wäre. Das könnte sich durchaus noch ändern, aber die Chancen liegen gut, dass sie so bleiben, wie sie sind.“, versuchte sie so positiv und optimistisch zu klingen, wie nur möglich. Im Grunde konnte sie nichts mit Bestimmtheit sagen und für ihn war das auch nur ein kleiner Trost.

„Nur mit etwas außerirdischer DNA in meinen Zellen.“, fügte Jack sarkastisch hinzu. „Na schönen Dank auch.“ Colonel O’Neill sprang auf und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum. General Hammond sagte nichts, denn er wusste, dass sein bester Soldat jetzt alleine sein wollte. Jack blieb auch nichts erspart. Erst starb sein über alles geliebter Sohn, dann wurde er in einen intergalaktischen Krieg hineingezogen und zu guter Letzt verliebte er sich in eine Frau, die er nicht haben konnte, sosehr sein Herz sich auch nach ihr sehnte.

 

*~*~*~*~*

 

Major Samantha Carter, Doktor Daniel Jackson und der Jaffa Teal’c saßen zusammen mit Bra’tak in einem Zelt und besprachen sich über den bevorstehenden Angriff. Sie hatten vor Bastet eines Auszuwischen und neue Verbündete zu finden. Ihre Rebellion war herangewachsen an die eintausend Jaffa, doch lang nichts im Vergleich zu denen, die ihr unterstellt waren. Wenn sie es schaffen sollten, Bastet zu stürzen und die Jaffa unter ihrem Kommando zu befreien, würden sie nicht nur weitere Verbündete erhalten, sondern auch Mutterschiffe, Gleiter, Waffen und vor allem Verpflegung, denn daran mangelte es am Meisten. Sie hatten sich auf einen öden und trockenen Planeten zurückgezogen und Jaffa waren keine Bauern. Sie wussten nicht, wie sie ein Feld bestellen oder den Boden fruchtbar machen sollten. Deswegen hatte General Hammond ihnen eine Wagenladung Proviant mitgegeben, welche sie eine Woche über Wasser halten sollte. Doch ewig würden sie die Jaffa nicht so aushalten können. Sie mussten sich also etwas einfallen lassen und dazu gehörte auch ein fruchtbarerer Planet mit mehr Vegetation und Wasser. Einige Späher hatten sich bereits dazu auf den Weg gemacht und wurden in einem Tag zurückerwartet. Auch die Tok’ra hatte man kontaktiert und diese versicherten, jemanden so schnell wie möglich vorbeizuschicken. Das war vor zwei Tagen gewesen.

„Wir sollten die Gruppe so klein wie möglich halten. Wir dürfen unter keinen Umständen auffallen.“, meinte Sam nachdenklich, wurde dann aber abgelenkt, als der Eingang zum Zelt zurückgeklappt wurde und Jakob Carter den Raum betrat. Sofort war sie aufgesprungen und ihm um den Hals gefallen. „Dad, schön dich zu sehen.“

„Ich mich auch, Sam. Ich wünschte nur, es wäre unter glücklicheren Umständen.“, gab er zurück und ließ von ihr ab, um sich umzusehen. Ihm fiel sofort auf, dass jemand fehlte. „Ist Jack immer noch nicht aufgetaucht?“

„Doch, aber das erkläre ich dir lieber später. Wir haben jetzt Wichtigeres zu erledigen.“, wich Sam aus. „Wir müssen jeden Winkel ihres Palastes kennen, um am effektivsten handeln zu können.“ Sie wollte jetzt nicht über ihn nachdenken, das hätte sie nur traurig gemacht. Sein Anblick, als er in ihre Arme gesunken war, versuchte sie zu verdrängen und auch den Kuss, der immer noch auf ihren Lippen brannte und nur von ihm gelöscht zu werden schien. Er lenkte sie auch so schon genug ab, da musste sie nicht auch noch anfangen über ihn zu reden. Daniels Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war dieser darüber hinaus immer noch sauer auf ihn und einen aufgebrachten Daniel konnten sie jetzt nicht gebrauchen. Jakob setzte sich zu ihnen und berichtete alles, was er als Spion in Bastets Palast erfahren hatte, dann half er dabei, ihren Plan zu perfektionieren. 

 

*~*~*~*~*

 

Drei Tage waren seitdem vergangen und Jack hatte sich wie versprochen erholt, obwohl das wohl nicht ganz richtig war. Im Grunde hatte er sich nur versteckt. Er war zu seinem geliebten See gefahren, um nachzudenken und sich zu verabschieden. Niemand konnte ihn dort erreichen, denn er besaß keinen Festanschluss und sein Handy hatte er zu Hause gelassen. Er brauchte Abstand, Ruhe und Freiheit. Noch früh genug würde ihn die Realität wieder einholen, aber hier konnte er ihr noch entfliehen. Er merkte noch nichts von den Veränderungen in seinem Inneren, glaubte aber, dass sie etwas mit seinen ständigen Stimmungsschwankungen zu tun hatten, so wie auch Doktor Janet Fraiser es vermutet hatte. Meist war er melancholisch, malte sich aus, wie es sein würde, wenn seine Freunde wieder zurückkamen und Doktor Fraiser ihnen alles berichtete. Daniel würde sich Vorwürfe machen, so tun, als wäre nichts anders und hoffen, dass Jack mitspielte, was dieser jedoch mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht lange mitmachen würde. Er hatte sich schließlich nicht unter Kontrolle und wollte sich ehrlich gesagt auch nicht verstellen. Es nutze eh nichts, denn jeder würde es wissen. Teal’c würde es hinnehmen und er würde auch zuhören, wenn Jack versuchen würde, mit ihm darüber zu reden, was dieser selbstverständlich nicht vorhatte. Jack war nicht der Typ dazu, er fand einfach nicht die richtigen Worte, deswegen ließ er es gleich ganz. Auch das würde Teal’c akzeptieren. Aber Ablenken könnte er ihn. Und Sam? Was würde sie machen? Sich zurückziehen? Noch ein Stückchen näher an ihn heranrücken oder einfach nur dasitzen und alles auf sich einrieseln lassen. Wahrscheinlich würde sie sich wieder hinter den Regeln verstecken und nicht über die Sache auf der Krankenstation sprechen. So war es doch schon immer gewesen. Sie hatten es beide getan. Er aus Rücksicht auf ihre Gefühle und sie seiner Ansicht nach aus Angst, er würde sie ablehnen, sie nicht an sich heranlassen und sich vollends vor ihr verschließen, womit sie wahrscheinlich sogar Recht hatte. Vor Sarah hatte er es schließlich auch getan. Mit Sicherheit hätte sie jedoch ein schlechtes Gewissen und das würde man ihr auch ansehen, auch wenn sie nichts gegen das alles unternehmen können. Niemand konnte das! Na ja, niemand, der zurzeit auf der Erde herumlief und kein Außerirdischer war. Darüber müsste Jack eigentlich sauer sein, doch es war ihm egal. Es ging hier nur um sein Leben, nicht um etwas Bedeutungsvolles. Nicht, dass er erfreut war, aber er hatte gelernt Schicksalsschläge in seinem Leben hinzunehmen... Janet zerbrach sich sicher schon den Kopf darüber, wie sie das alles wieder rückgängig machen könnte und sicher hatte sie auch schon die Nox und Asgard informiert, mit großer Unterstützung von General Hammond verstand sich. Asgard... Jack hatte viel über diese Verbündeten nachgedacht. Irgendwie lösten sie Zorn bei ihm aus. Nein, es war nicht einfach bloß Wut, es war Hass. Ja, er hasste sie, doch wusste er nicht warum. Er nannte Thor eine Art Freund und würde ihm auch blind vertrauen, aber allgemein hegte er einen Gräuel gegen sie. Er wusste kaum was über sie, nichts über ihre Kultur, ihren Glauben, ihre Absichten, ihr Streben oder ihre dunklen Geheimnisse. Im Grunde kannte er den Feind besser als den Freund. Das durfte nicht so bleiben, das musste sich ändern. Er musste wissen, was sie wollten, warum seine Abneigung gegen sie auf einmal so allgegenwärtig war. Ihn beschlich jedoch der Verdacht, dass sie etwas damit zu tun hatten, dass sie etwas wussten. Woher er das wusste, konnte er nicht erklären, es war einfach so. Er verdrängte den Gedanken und konzentrierte sich wieder auf die Straße, was ihm zu so früher Stunde und mit all diesen Gedankenschüben schwer fiel. Die Sonne war gerade erst aufgegangen und der Himmel hatte sich blutrot gefärbt, als er sich auf den Weg zum Stargatecenter gemacht hatte. Er hatte nicht einschlafen können, war zu aufgewühlt gewesen und außerdem brannte in ihm der Wunsch, es endlich zu erfahren. Neugierig war er sonst eigentlich nicht, ganz im Gegenteil, lieber hielt er sich aus allem raus, doch dies eine Mal übermannte sie selbst ihn irgendwie. Ihm war einfach wohler in seiner Haut, wenn er die Wahrheit kannte, wieso man und vor allem wer ihm das angetan hatte. Rache nehmen war wahrscheinlich eines der Dinge, die er wollte. Im Grunde hatte er die ganze Zeit kaum ein Auge zugemacht. Nachdem er es erfahren hatte, war er sofort nach Hause gefahren, hatte ein paar Sachen gepackt und sich auf den Weg zu seinem See gemacht. Die ganze Nacht hindurch war er durch die engen Landstraßen gekurvt und dennoch fand er nur drei Stunden Schlaf. So war es auch die anderen Tage. Vier bis fünf Stunden hatte er geschlafen, danach war er immer wieder aufgewacht. Alpträume plagten ihn und ließen ihn keine Ruhe finden. Immer wieder befand er sich in diesem Raum, die Schmerzen waren allgegenwärtig, Gesichter, die er nicht einordnen konnte, hallende Schritte, eine verzehrter Frauenstimme, kalte Hände überall auf seiner Haut, die unterschiedlichsten Geräte, die ein stetig leises Summen von sich gaben und zwei atemberaubende Augen, welche leuchteten wie grüne Opale. All das verfolgte ihn nicht nur in der Nacht, auch wenn er einfach nur dagesessen und nachgedacht hatte. Fetzten seiner Vergangenheit, verschüttete Erinnerungen und verwirrende Tagträume. Diese Augenblicke schienen sich mit der Realität zu vermischen und erzeugten unwirkliche Bilder, für welche er keine Erklärung, keinen Zusammenhang fand. Es machte Jack halb wahnsinnig, dennoch zwang er sich, ruhig zu bleiben, da er nicht in einen Unfall verwickelt werden wollte, ehe nicht hundertprozentig geklärt worden war, was mit ihm genau geschah. Endlich kam er bei der Basis an und stellte seinen Jeep auf dem Parkplatz vor dem großen Haupttor ab. Vor seinen Augen verschwamm leicht das Bild, welches sich ihm bot, aber er tat es als Nebenwirkung des Schlafmangels ab. Er rieb sich kurz die Augen und stieg aus. Am Tor wurde ihm urplötzlich schwindlig und abermals schwarz vor Augen. Er taumelte noch etwas vorwärts und stützte sich dann an dem Rand des Tores ab, welchen er gerade noch erreicht hatte. Es wurde diesmal nicht wieder besser, es verschlimmerte sich nur noch. Das Schwindelgefühl nahm nach einigen Momenten wieder langsam ab, doch der Schleier vor seinen Augen ließ weiterhin nur spärlich Licht zu ihm hindurchdringen. Es war für Jack, als würde jemand das Licht immer weiter dämmen, wie eine plötzliche Sonnenfinsternis, aber es geschah nur in ihm. Seine Augen veränderten sich, die Verwandlung begann. Soviel zum Thema, er würde höchstwahrscheinlich er selbst bleiben. Er wurde blind und das gefiel ihm gar nicht. Er hoffte nur, es würde nicht für immer sein, er wollte den Anblick von Sam nicht missen wollen.

„Geht es ihnen nicht gut, Sir?“, fragte einer der Wachposten besorgt und riss Jack O’Neill so aus seinen Gedanken, dessen aufsteigender Angst.

„Ich glaube nicht!“, stöhnte Jack, denn auf einmal bekam er darüber hinaus auch noch tierische Kopfschmerzen, die durch jede noch so kleine Bewegung schlimmer zu werden schienen. Er hatte das Gefühl, sein Schädel würde zerspringen, deswegen presste er ihn mit seinen Händen zusammen. „Holen sie Doktor Fraiser!“ Jack ließ sich an der Wand nach unten sinken, während der Soldat nach dem Telefon griff.

 

*~*~*~*~*

 

Als Janet Fraiser am Eingang der Basis eintraf, erblickte sie Jack O’Neill zusammengesunken an die Wand lehnend und sich den Kopf haltend. Er hatte seine Beine an seinen Körper gepresst und wippte leicht hin und her. Hätte sie es nicht besser gewusst, könnte sie glatt glauben, dass er verrückt geworden sein. Es tat ihr weh, ihn so zu sehen. Er war ihr Freund und das, was da mit ihm passierte, war nicht fair, schließlich hatte er doch nichts getan. Wieso musste so etwas auch immer ihm passieren. Irgendjemand schien ihn bestrafen zu wollen, für was auch immer. Als ob die Sache mit Samantha Carter nicht schon schlimm genug war. Auch Janet wusste um die Gefühle der beiden, sie war schließlich Sams beste Freundin. Janet hatte viel darüber nachgedacht, ob es nicht ein Schlupfloch für beide gab, aber die Einzigen Möglichkeiten wären eine baldige Beförderung oder ein Tok’ra. Das eine war gerade erst geschehen und beim Zweiten würde Jack streiken, denn er verabscheute sie zutiefst. Sam würde es auch nicht noch einmal mitmachen wollen, schließlich hatte sie mit Jolinars Erinnerungen schon genug zu kämpfen gehabt. Es gab keinen Weg für sie und jetzt schien es so, als würden sie durch Jacks Metamorphose noch weiter voneinander fortgerissen werden. Die Mauer verstärkte sich. Janet hätte das nur allzu gerne verhindert, doch wusste sie nicht, wie sie das anstellen sollte. Aber ihn die Sache erleichtern, wenigstens das konnte sie versuchen. Sie kniete sich neben ihn, sah ihn einen Moment nur an und legte ihm dann beruhigend eine Hand auf die Schulter. Er sah nicht auf, er schien sie nicht einmal zu bemerken.

„Was haben sie, Colonel?“, fragte sie mit leicht zitternder Stimme. Noch nie hatte sie sich so davor gefürchtet, zu erfahren, was einer ihrer Patienten hatte, denn sie war vollkommen machtlos. Dieses Gefühl verabscheute sie von Grund auf.

„Mein Kopf...meine Augen...ich...ich kann nicht sehen...es schmerzt so.“, presste er unter Schmerzen hervor und verzog sein Gesicht noch etwas mehr. Er konnte nicht mehr klar denken, brachte keinen zusammenhängenden Satz mehr heraus, denn dazu dröhnte sein Kopf zu sehr, als würden kilometerlange Züge durch seinen Schädel brausen.

„Ich werde ihnen etwas gegen die Schmerzen geben und dann ihre Augen untersuchen. Dazu müssen sie aber ihren Arm frei machen.“, versuchte sie so ruhig wie möglich zurückzugeben. Jack ließ einen Arm sinken, umschloss mit dem anderen seine Beine und presste seinen hämmernden Kopf gegen die Knie. Sie krempelte seinen Ärmel hoch, zog eine Spritze mit einem starken Schmerzmittel auf und initiierte dieses ihm in die Vene. Nach einiger Zeit begann es zu wirken und Jack entspannte sich langsam. Er hob den Kopf ein Stück, konnte aber immer noch nichts sehen. Tränen traten ihm in die Augen, als er Janet endlich ansah, welche fast einen Schock bekam, bei dem Anblick, der sich ihr bot.

Erschrocken fuhr sie auf: „Oh mein Gott!“ Jacks Augen waren vollkommen schwarz. Nicht nur Iris und Pupille, nein, auch das Weiß in seinen Augen hatte sich schwarz gefärbt. Ein silberner Schimmer lag in ihnen und Janet Fraiser hatte das dumpfe Gefühl, diese Augen schon mal irgendwo gesehen zu haben.

„Janet, was stimmt nicht mit mir?“, fragte Jack mit zitternder Stimme. Krampfhaft versuchte er, seine Tränen zu unterdrücken. Vor ihr durfte er nicht weinen, nicht jetzt, nicht so. Er musste für sie stark sein, für sich selbst. Dennoch spürte er, wie die Melancholie langsam Besitz von ihm ergriff, gekoppelt mit Angst und Ungewissheit, denn er konnte ja nicht sehen, was sie sah. Was er auch nicht wollte, wenn er zu sich selbst ehrlich war.

„Das kann ich noch nicht sagen. Sie sollten mich auf die Krankenstation begleiten.“, wich sie aus und ergriff seine Hand, um ihm aufzuhelfen und zu führen. Wie sollte sie ihm nur beibringen, dass er keine normalen Augen mehr besaß und vielleicht seine Umwelt nie wieder so wahrnehmen würde, wie zuvor, wenn er überhaupt jemals wieder etwas sehen würde. Jack war wacklig auf den Beinen, weshalb sie einen Arm um ihn legte und ihn stützte. Das machte sicher das Schmerzmittel. Wenigstens konnte sie ihm soweit helfen. Sie war nur froh, dass es nicht schon früher passiert war, als er allein in seiner Hütte die Zeit totschlug oder auf dem Rückweg zur Basis war. Natürlich wäre gar nichts in der Art noch positiver gewesen, aber das hatte sie nun einmal nicht verhindern können. Bis jetzt hatten sich auch weder die Nox noch die Tok’ra oder Asgard gemeldet. Angst stieg in ihr auf, dass es bald nicht mehr rückgängig zu machen sei und er ewig so bleiben würde. Das würde ihm den Rest geben, das wusste sie. Soweit durfte sie es unter keinen Umständen kommen lassen. Auf der Krankenstation angekommen, leuchtete sie ihm mit einer kleinen Taschenlampe in die Augen. „Können sie was erkennen?“

„Ich sehe einen hellen Schatten hin- und herhuschen. Das ist ihre Taschenlampe, oder?“, gab er stoisch zurück. Er saß jetzt einfach nur da, als hätte er einen Schock bekommen und ließ alles über sich ergehen. Es tat Janet in der Seele weh, ihn so zu sehen und nichts für ihn tun zu können. Jack O’Neill fühlte nichts mehr. Er hatte erfolgreich seine Empfindungen aus seinem Herzen ausgesperrt und es mit Gleichgültigkeit und Sarkasmus gefüllt. So war die Sache leichter für ihn zu ertragen und er würde nicht entweder ausrasten oder vor Angst debil werden. Jack dachte einfach an nichts, das hatte ihm bis jetzt immer wieder geholfen, wenn sein Leben mal wieder nicht zu ertragen gewesen war, wenn die Erinnerungen an Charlie wieder hervorgerufen wurden, sie einen Freund verloren, sein Team fast bei einem Einsatz draufging oder er selbst schwer verletzt wurde.

„Ich würde sie gerne eingehender untersuchen, falls es ihnen nichts ausmacht, Colonel.“, bat sie zögernd. Das bei seiner Verfassung zu fragen, war das Schwerste, was sie je tun musste. Beide wussten, dass sie ihm nicht helfen konnte, doch sie wollte es wenigstens versuchen. Das war sie ihm schuldig, außerdem saß sie dann nicht untätig herum, sondern war beschäftigt. Jack nickte nur. Er hätte alles über sich ergehen lassen, nur um wieder normal zu werden, damit dieser Alptraum endlich aufhörte. Doktor Fraiser untersuchte ihn gründlich. Alles, was Aufschluss über seinen momentanen Gesundheitszustand geben könnte, wurde angewendet. CT, EKG, Kernspintomographie und Blutanalyse. Sie verbrachte damit fast den ganzen Vormittag, doch wurde sie nicht wirklich aus dem schlau, was sie dort an Ergebnissen sah. Letztendlich blieb ihr keine andere Wahl, als General Hammond um Erlaubnis zu bitten, einen Biogenetiker in die Untersuchungen mit einbeziehen, da sie selbst nicht annähernd so gut darauf bewandert war. Zwar würde das bedeuten, dass noch eine Person mehr vom Stargateprogramm erfuhr, aber Colonel O’Neill sollte dieses Risiko schon wert sein, schließlich rettete er schon an die duzend Mal ihrer aller Leben. Außerdem stiegen seine Chancen auf Heilung, wenn jemand mit mehr Kenntnis sich der Sache annahm.

 

*~*~*~*~*

 

Sie brachen noch am selben Tag auf. Ihre Gruppe bestand aus dreizehn Personen, Sam, Daniel, Teal’c, Bra’tak, Jakob und neun Jaffa. Zuerst lief alles glatt. Sie kamen unbemerkt mit Hilfe des Ringtransporters in das Innere des Palastes, konnten den größten Teil ihrer Sprengsätze, die sie für den Notfall platziert hatten, anbringen und waren sogar bis kurz vor ihr Privatquartier gekommen, bevor sie von den Jaffa unter Beschuss und letztendlich gefangen genommen wurden. Es war alles so schnell gegangen, dass sie es zu spät bemerkten und sechs ihrer Begleiter verloren. Daniel war angeschossen worden, eine Salve hatte ihn an der rechten Seite getroffen und ein weiterer Schuss hatte Sam nur ganz knapp verfehlt. Nun saßen sie in einem der vielen Verließe dieses Palastes und warteten darauf, geholt und gefoltert zu werden. Man hatte ihnen alles abgenommen, sogar den Auslöser für den Sprengstoff. An Plan B war also auch nicht mehr zu denken. Sam kümmerte sich um Daniels Wunde, so gut sie es ohne Verbände eben konnte und nahm provisorisch den größten Teil ihres T-Shirts. Wahrscheinlich würde sie sich eine Erkältung holen, doch das war im Grunde ihre geringste Sorge, bedachte man, was Goa'uld Menschen antun konnten. Sie fragte sich, wie es Jack jetzt wohl ging. Er war sicher zum See gefahren, um zu angeln und es sich gut gehen zu lassen, schließlich würde Janet ihn im hohen Bogen rauswerfen, sollte er seinen Urlaub auch nur einen Tag in der Basis verbringen. Sie stellte sich vor, wie er in einem Liegestuhl lag und abwechselnd in den Himmel und ins Wasser sah und dann plötzlich ein riesiger Fisch anbiss. Er würde ihn unter großer Kraftanstrengung herausziehen, wobei sich seine Muskeln unter dem engen T-Shirt spannten und sich riesig über seinen Fang freuen. 

„Aahhh!“, schrie Daniel laut auf, als Sam vollkommen in Gedanken versunken zu fest an dem Verband zog. Er war blass und schwach, dennoch versuchte er stark zu sein, für sie. Sonst war Jack immer derjenige gewesen, der ihnen Mut gemacht hatte, der den Harten spielte und irgendwie schien es Daniel angebracht, diesen Part jetzt zu übernehmen. Nicht, dass dieser Jack verziehen hatte, aber Sam würde diese Art von Halt brauchen und er ehrlich gesagt auch.

„Entschuldige!“ Sie machte einen letzten Knoten in den Stoff und setzt sich dann neben ihren Freund. „Ich habe mich nur gerade gefragt, wie es Jack wohl ergeht.“

„Der macht sich sicher eine schöne Zeit.“, gab Daniel gereizt zurück. „Du solltest dir lieber Gedanken darüber machen, wie wir hier wieder herauskommen.“

„Und du solltest mal darüber nachdenken, was passiert, wenn wir hier draufgehen!“, blaffte sie zurück und erhob sie wütend. Sie wollte ihn nicht anschreien, aber er hatte es auch nicht anders verdient. Sie hatte Daniel noch nie so stur erlebt, wenn man von der Suche nach Shau’ri absah. Sie verstand ja, dass Jack ihn verletzt hatte und auch, dass er sauer auf ihn war, aber nicht, dass er sich selbst jetzt noch so unmöglich benahm. Männer waren ihr schon immer ein Rätsel gewesen, besonders ihre Drei. Der eine redete nie über das, was ihn bedrückte, vergrub vollends seine Gefühle, der Zweite kam ständig vom Regen in die Traufe und dachte meist nur mit dem Herzen und der Dritte schwieg sich lieber aus oder ging seiner persönlichen Rache nach, als mit Jemanden darüber zu debattieren. Wenn sie dann glaubte, sich auf diese Kenntnisse stützen zu können, warfen sie alles wieder durcheinander. Sie gesellte sich zu ihrem Vater, denn bei ihm wusste sie, dass sie alles von ihm erwarten konnte, wie unkonventionell oder unlogisch es auch war. Sam ließ sich neben ihm nieder und lehnte sich an seine Schulter.

„Ich habe keine Ahnung, wie wir hier rauskommen sollen, Dad.“, gestand sie ihm.

„Schon gut, Kleines! Ich bin sicher wir finden einen Weg. Sicher werden die Rebellen oder Tok’ra bald von unserer Gefangennahme erfahren und uns mit Jacks Hilfe hier herausholen.“, versuchte Jakob Carter seiner Tochter Mut zu machen. Sie hingegen schüttelte nur bezweifelnd den Kopf.

„Jack wird nicht kommen. General Hammond würde ihn nie im Leben gehen lassen. Das wäre ein viel zu großes Risiko, außerdem ist Jack noch viel zu schwach. Er würde es nicht einmal in den Palast hinein schaffen.“, wehrte sie ab.

„Ich kenne Jack jetzt schon ziemlich gut und es gibt nichts, was er nicht schaffen würde. Er würde alles für euch auf sich nehmen, besonders für dich.“, entgegnete Jakob leicht lächelnd. „Er liebt dich viel zu sehr, um dich aufzugeben.“ Sam wurde leicht rot. Sogar ihr Vater hatte Colonel O’Neills Gefühle für sie bemerkt. Waren sie etwa so offensichtlich? Irgendwie war es ihr doch peinlich, ausgerechnet mit ihrem Vater darüber zu sprechen, aber er würde sie wahrscheinlich sogar besser verstehen, als jeder andere. 

„Hast du Mum auch so sehr geliebt?“, versuchte sie dennoch auszuweichen.

„Ich wäre für sie gestorben, aber noch wichtiger, ich habe für sie weitergelebt.“, antwortete er und erinnerte sich an die schöne Zeit mit seiner Frau. „Ich habe alles getan, was in meiner Macht stand, um sie in euch, besonders aber in dir, am Leben zu erhalten. Du weißt ja gar nicht, wie ähnlich du ihr bist und das nicht nur äußerlich.“ Leicht strich er seiner Tochter über die Wange. „Deswegen wusste ich vom ersten Augenblick an, dass er sich in dich verlieben würde, so wie ich mich damals Hals über Kopf in deine Mutter verliebte.“ Sam lächelte. In den Augen ihres Vaters sah sie noch immer seine Liebe zu ihrer Mutter und sie wusste, was auch immer passieren würde, dass sich nichts daran änderte. Früher hatte sie Angst gehabt, er könnte wieder heiraten und ihre Mum vergessen, doch bis heute hatte er keiner Frau mehr nachgesehen. Irgendwie fand sie, dass es langsam Zeit wurde.

„Hast du nie daran gedacht, dich wieder zu verlieben?“, hakte sie vorsichtig nach.

„Wenn es passiert, dann passiert es. Das solltest du doch am Besten wissen. Bis jetzt hat es sich noch nicht ergeben.“ Sie wollte noch etwas erwidern, doch als die Tür aufglitt, hielt sie inne. Drei Jaffa traten mit schussbereiten Stabwaffen in die Zelle und einer von ihnen packte sie unsanft am Arm, um sie auf die Füße und aus dem Raum zu zerren. Sie ließ es, wenn auch nur widerwillig mit sich geschehen.

 

*~*~*~*~*

 

Ein herzzerreißender Schrei drang durch die Gänge von Bastets Palast. Diese weidete sich daran, wie Major Carter sich unter den Schmerzen wand. Es bereitete ihr Vergnügen diese Frau leiden zu sehen, auf sie herabzublicken und verachtend anzusehen. Sie genoss Sams Schreie, als wären sie Musik und lehnte sich zufrieden zurück. Ein Lächeln hatte sich auf Bastets Lippen ausgebreitet. Sie hatte einen Entschluss gefasst, den neuen Wirt für sich gefunden, aber nur, falls diese Frau es überlebte, was Bastet noch mit ihr vorhatte. Vorher wollte sie jedoch noch ihren Spaß mit ihr haben. Sie würde erst noch versuchen die Informationen so aus ihr und ihren Freunden herauszuholen. Das andere hatte noch Zeit. Ihr eigenes Vergnügen war ihr im Moment wichtiger.

Gleichgültig stieß sie hervor: „Widerstand nützt dir nichts. Irgendwann wirst selbst du gesprächig werden.“

„Eher sterbe ich!“, presste Sam hervor, bevor sie eine neue Welle Schmerz übermannte und ihr fast die Sinne raubte. Erschöpft sank sie noch ein Stückchen tiefer zu Boden. Sie stützte sich mit den Händen auf dem Boden auf und ihre Arme begannen unter der Last zu zittern. Lange nicht mehr hatte sie sich so kraftlos gefühlt, wie in diesem Moment. Der Wunsch zu schlafen wurde immer stärker und ihr Widerstand gegen die Unmacht schwand von Augenblick zu Augenblick, doch sie konnte nicht aufgeben. Solange Bastet mit ihr beschäftigt war, würde sie die anderen in Ruhe lassen. Sam musste Zeit schinden bis Hilfe eintraf, in welcher Form auch immer. Sie wollte stark sein, für ihre Freunde, ihren Vater und für Jack. Ja, besonders für ihn. In seine Augen wollte sie sehen, seine warmen braunen Augen, seine Lippen wollte sie spüren, seine Hände auf ihrem Körper fühlen und seine raue aber auch sanfte Stimme mit ihren Ohren vernehmen. Es war der falsche Zeitpunkt für solche Gedanken, sah sie doch ihrem größten Feind ins Auge. Vielleicht würde sie diesen Raum nie wieder verlassen oder es gab keine Fluchtmöglichkeit mehr für sie und ihre Freunde, sie müsste für immer hier bleiben. Sie könnten schlimmstenfalls zu Wirten gemacht werden, doch gerade daran wollte sie nicht denken, denn das machte ihr Angst. Der Gedanke an ihn hingegen gab ihr Kraft. Sie richtete sich wieder auf und sah Bastet verachtend entgegen. Alle Schmerzen der Welt würde sie auf sich nehmen, nur um Jack wieder zu sehen, so wie er es getan hatte, um zu ihr zurückzukehren.

„Diesen Wunsch werde ich dir nicht erfüllen.“, entgegnete Bastet und lachte hysterisch auf. „Bringt sie weg und holt mir den Shol’va!“ Sam wurde auf die Beine gezehrt und von zwei Jaffa zurück zu den Verließen geschleift. Sie wollte sich wehren, sich losreißen, doch war sie zu schwach und selbst mit vollen Kräften hätte sie ihnen nicht entkommen können. Diese Jaffa waren einfach zu stark für sie. Man warf sie hart auf den kalten Boden und nahmen Teal’c mit. Dieser wehrte sich zwar, kam aber auch nicht gegen sie an. Außerdem waren ihnen noch zwei weitere Jaffa mit Stabwaffen gefolgt. Jeder Fluchtversuch hätte für ihn tödlich enden können. Kaum war die Tür wieder geschlossen, umfing Sam die Dunkelheit und sie verlor das Bewusstsein.

 

*~*~*~*~*

 

Jack wachte auf. Er war wohl eingeschlafen. Einen Moment hielt er seine Augen noch geschlossen. Angst immer noch nichts zu sehen, machte sich in ihm breit, doch er würde sich nicht ewig vor der Wahrheit verkriechen können, das wusste er. Dennoch zögerte er es etwas heraus. Er überlegte noch mal, wo er eingeschlafen sein könnte. Sicher, als sie diese Kernspintomographie-Sache gemacht haben. Er musste so ruhig liegen bleiben, dass er vor Müdigkeit eingeschlafen war. Er vernahm ein leises Summen, was ihn darauf schließen ließ, dass er sich immer noch auf der Krankenstation befand. Er atmete tief durch und öffnete dann die Augen. Einen Moment glaubte er, immer noch nichts sehen zu können, doch dann zeichneten sich die ersten Umrisse ab. Es war dunkel, aber es lag nicht an seinen Augen. Jack richtete sich auf und sah sich um. Sein Blickfeld hatte sich geändert. Nicht nur, dass er jetzt in einem größeren Umfeld alles wahrnahm, was um ihn herum passierte, es war auch alles irgendwie schärfer und klarer. Er rutschte von der Pritsche, auf welcher er gelegen hatte und zog den Vorhang, welcher ihn vor dem Licht abgeschirmt hatte, zur Seite. Die Helligkeit brannte in seinen Augen und mit einem lauten Fluch zog er ihn sofort wieder zu. Seine Augen schienen gegen helles Licht empfindlich geworden zu sein.

„Alles in Ordnung, Colonel?“, fragte Doktor Fraiser besorgt.

„Ja, alles bestens!“, gab er zurück und rieb sich seine schmerzenden Augen. „Gute Nachricht, ich kann wieder sehen. Schlechte, ich kann nur spärliches Licht ab. Wäre nett, wenn sie mir eine Sonnenbrille extra dunkel besorgen könnten.“

„Ich komme rein und sehe sie mir kurz an.“, warnte Janet vor und lüftete dann den Vorhang. Jack hatte sein Gesicht von ihr abgewandt und die Augen geschlossen. Er wollte sein Augenlicht ja nicht gleich wieder verlieren. Kaum hatte sie den Vorhang wieder geschlossen, drehte er sich ihr wieder zu.

„Ich hoffe, sie haben ihre Taschenlampe draußen gelassen.“, scherzte er und grinste sie an. Erst jetzt erkannte er, dass es sich um zwei Gestalten handelte. Eine zweite, äußerst attraktive Ärztin stand neben Janet und lächelte ihn schüchtern an. Klasse Frau, schoss es ihm durch den Kopf. Echt scharf, aber nur ein spärlicher Ersatz für Samantha. 

„Darf ich ihnen Doktor Maxim Harrison vorstellen. Sie ist Fachmann auf dem Gebiet der Biogenetik und versucht mir bei einer Lösung zu helfen.“, stellte Janet die Frau im weißen Kittel vor. Diese hatte ihr langes, rotes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden und trug anders als Janet Zivilkleidung. Außerdem war sie auch größer als seine Freundin. Jack überkam das Verlangen, über diese Frau herzufallen, seine Lippen auf die Ihrigen zu pressen und es hemmungslos mit ihr zu treiben, doch er riss sich mit letzter Kraft zusammen, denn das wäre Erstens ziemlich unverschämt, sich einfach so über sie herzumachen und Zweitens würde er Samantha Carter damit unendlich verletzten, was er nun wirklich nicht wollte. 

„Sie können mich ruhig Max nennen, Colonel.“, fügte sie hinzu.

„Nur wenn sie mich Jack nennen.“, grinste er. Gegen flirten war schließlich nichts auszusetzen, auf jeden Fall fand er das, er war schließlich auch nur ein Mann. „Sie haben nicht zufällig eine Sonnenbrille, oder?“

„Nein, tut mir leid, aber wir haben bereits eine Schwester losgeschickt. Gedulden sie sich also noch etwas.“, meinte sie nur und trat auf ihn zu. Würde sie ihn besser kennen, wüsste sie, dass Geduld unter normalen Umständen ein Fremdwort für ihn war. Der liebliche Duft ihres Parfüms drang ihm in die Nase und raubte ihm beinahe die Sinne. Sie roch fast so überwältigend wie Sam, das fand er jedenfalls. Da er sich wieder gesetzt hatte, waren ihre Brüste nun genau in Augenhöhe und damit er sie nicht unsittlich begrapschte, setzte er sich lieber sofort auf seine Hände. So hatte er sich wenigstens halbwegs unter Kontrolle. Ihm fiel es zwar so unendlich schwer, ruhig sitzen zu bleiben, doch er gab sich wenigstens große Mühe. Auch seine Augen unter Kontrolle zu behalten, fiel ihm besonders schwer. Sie beugte sich nämlich ein Stückchen vor und Jack erhaschte einen Blick in ihren Ausschnitt. Unkontrolliert begann er mit dem Fuß zu wippen und versuchte sich auf ihr wunderschönes Gesicht zu konzentrieren, doch sein Blick schweifte immer wieder ab. Das war wirklich eine größere Folter als ein Goa’uld sie ihm antun konnte. Er war bloß froh, dass sich sein kleiner Freund noch nicht bemerkbar machte, aber der schien sich nur bei Carter zu melden und das natürlich in den ungünstigsten Momenten.

Leicht gestresst fragte sie: „Könnten sie ihre Augen bitte stillhalten.“

„Versuche ich ja, wirklich. Glauben sie mir, aber sie lenken mich ab.“, stammelte Jack verlegen und zwang sich abermals aufzusehen. Einen Moment schien sie nicht zu verstehen, dann stellte sie sich wieder gerade hin und trat ein Stückchen zurück.

„Unverschämtheit!“, fauchte sie ihn an. „Ich bin ihre Ärztin kein Sexobjekt.“

„Tut mir leid, so sollte das nun wirklich nicht aussehen.“, versuchte Jack sich zu verteidigen. „Ich kann nichts dafür. Meine Hormone spielen vollkommen verrückt. Im Grunde will ich nichts von ihnen, nicht, dass sie nicht hübsch wären, aber ich will eine andere. Dennoch ändert es nichts daran, dass ich das Verlangen habe über sie herzufallen. Ich fühle mich wie ein sexbesessener Teenager und das ist eine Zeit, die ich früher schon gehasst habe. Sie glauben mir kein Wort, oder?“

„Doch!“, gab sie beschwichtigend zurück. „Mit solch einer Reaktion habe ich bereits gerechnet. Bei dem Testosteron- und Adrenalingehalt in ihrem Blut ist das auch kein Wunder. Ihre animalischen Triebe werden geweckt. Sie sollten dennoch versuchen, sich in meiner Gegenwart etwas zusammenzunehmen, ich könnte ihnen wehtun.“

„Das glaube ich ihnen aufs Wort!“ Man hörte Schritte hinter dem Vorhang und eine Hand streckte sich durch den Schlitz, um ja so wenig Licht wie möglich hineinzulassen. Sie hielt eine Sonnenbrille zwischen den Fingern. Jack nahm sie ihr ab und setzte sie auf. Zur selben Zeit sprang der Alarm an und Jack ahnte, dass es nichts Gutes bedeuten konnte. Er sprang auf und schob abermals den Vorhang zu Seite. Die Sonnenbrille tat ihren Dienst und so konnte er sich ohne Schwierigkeiten auf den Weg zum Kontrollraum machen, wo der Techniker gerade verkündete, dass es sich um den SG-1-Code handeln würde. Die Iris öffnete sich mit einem schabenden Geräusch und durch den Ereignishorizont trat eine junge Frau in einer Jaffarüstung. Eindutzend Soldaten standen im Halbkreis um das Tor und richteten ihre MP’s auf sie.

Sofort hob sie die Hände und rief: „Nicht schießen, ich bin unbewaffnet!“ Sie sah nach oben und blickte direkt in Colonel O’Neills Gesicht als würde sie ihn kennen. Bilder schossen wild durch seinen Kopf. Auch er kannte sie, er war ihr begegnet, kurz bevor er nach Hause zurückkehrte. Sie hatte den Decoder von ihm in der Hand. Er hatte ihn ihr gegeben. Sie stellte keine Gefahr da. Er wusste zwar noch nicht alles, was mit ihr in Zusammenhang stand, die Bilder ergaben keinen Sinn, aber dennoch war er sicher, sie würde ihnen nicht schaden. Es waren Augenblicke darunter, die keinen Zweifel ließen. Er und sie, sich in einem Akt der puren Leidenschaft vereinend. Gefühle wie Ekstase, Verlangen, Lust. Das konnte nur auf eines hinauslaufen, es konnte nur eines bedeuten. Nach kurzem überlegen fiel ihm auch ihr Name wieder ein.

Noch ganz durcheinander hauchte er: „Keylar!“ General Hammond, welcher neben ihm stand, sah ihn nur verständnislos an.

„Kennen sie diese Jaffa?“, fragte er verwundert.

„Ich denke schon, Sir!“ Jack setzte sich in Bewegung, ging hinunter in den Stargateraum und trat auf sie zu. Ein freudiges Lächeln lag auf ihren Lippen.

„Jack!“, hauchte sie voller Erwartung, er würde sie wieder erkennen. Weitere Bilder schossen durch seinen Kopf, Bilder ihrer gemeinsamen Nacht. Leidenschaft und Ekstase spürte er abermals in sich, aber keine Liebe. Zuneigung ja, aber keine Liebe. Dennoch hatte er mit ihr eine Nacht verbracht. Nicht, dass es nicht das erste Mal gewesen wäre, dass er so etwas Unüberlegtes gemacht hatte, aber seit er sich über seine Gefühle im Klaren war, hatte er solche Ausrutscher unterbunden. Wie hatte das dann passieren können. War etwa seine Metamorphose daran schuld? Sicher, denn schon wieder überkam ihn das Verlangen nach Intimität.  

„Keylar!“, hauchte er, legte ihr eine Hand an den Nacken und zog sie zu sich rann, um mit ihr in einem leidenschaftlichen Kuss zu versinken. Einige Augenblicke später lösten sie sich wieder atemlos voneinander.

„Es freut mich auch, dich wieder zu sehen.“, meinte sie lächelnd und wurde dann ernst: „Ich wünschte nur, es wäre unter glücklicheren Umständen.“

„Was ist passiert?“, fragte Jack, nachdem er sich einigermaßen gesammelt hatte.

„Deine Freunde und eine Handvoll Jaffarebellen wurden gefangen genommen. Ich glaube, sie hat vor das Gleiche mit ihnen zu machen wie mit dir.“, gab die Jaffa tonlos zurück. „Wir müssen sie unbedingt davon abhalten.“

„Hast du ein...“ Jack brach ab, er konnte es nicht aussprechen.

„Ich habe das Heilmittel hier.“, wandte sie sofort ein. „Ich kann es dir aber erst geben, wenn deine Freunde befreit worden sind. Deine Fähigkeiten werden vielleicht noch gebraucht.“

„Vielleicht sollten wir das in Ruhe besprechen. Komm, ich bringe dich zu General Hammond.“, meinte er und führte sie zum Besprechungsraum.

 

*~*~*~*~*

 

„Sam! Sam!“, drang die Stimme Jakob Carters an ihr Ohr. Langsam öffnete sie die Augen und fand sich in den Armen ihres Vaters wieder. Ihr ganzer Körper schmerzte, sie wagte nicht, sich zu bewegen. Im ersten Augenblick wusste sie nicht, was geschehen war, doch dann strömten die Erinnerungen wieder auf sie ein. Der Schmerz, die Qualen und zu allem Überfluss auch noch Bastets verachtendes Grinsen. Beinahe hätte sie das alles wieder in ihren Schlaf zurückgeworfen, doch sie zwang sich, wach zu bleiben. Er hakte besorgt nach: „Alles in Ordnung, Kleines?“

„Es geht mir gut!“, wehrte sie ab. „Ist Teal’c...“

„Ich bin hier, Major Carter.“, unterbrach er sie. „Sie haben aber Daniel Jackson mitgenommen.“ Sie erhob sich etwas, um sich umsehen zu können und entdeckte den Jaffa in einer anderen Ecke sitzend. Teal’c sah scheußlich aus und Sam wollte gar nicht wissen, was für ein Bild sie bot. Schönheitskönigin konnte sie also nicht mehr werden. Kein Wunder, dass sie noch nicht verheiratet war. Wer wollte schon eine Frau, die sich jeden Tag in Lebensgefahr begab und immer wie ein Dreckspatz nach Hause kam? OK, Jack, aber der zählte nicht, schließlich war er ebenfalls ein Soldat und lebte den gleichen Stil. Um ehrlich zu sein, wollte sie selbst nicht mit einem von ihrer Sorte leiert sein, das würde sie auffressen, aber dennoch hatte sie sich in ihn verliebt. Sie konnte gegen ihre Gefühle halt nichts unternehmen. Es war doch alles zum Verzweifeln. Sie schweifte schon wieder ab. Sie musste sich jetzt darauf konzentrieren, wie sie hier herauskommen sollten. Es musste doch einen Weg geben. Aber selbst wenn sie einen fanden, waren sie dennoch unbewaffnet und Daniel konnten sie unmöglich zurücklassen. Jack würde ihnen das trotz allem nie verzeihen. Sie mussten also auf Hilfe warten, falls welche kam.

„Mich werden sie sicher als Nächstes holen.“, meinte Jakob Carter trocken. Sam drehte sich zu ihm um und sah ihm fest in die Augen. Das war kein Witz, keine Vermutung und ein Verdacht gewesen, es war eine Feststellung. Als er ihren sorgenvollen Blick bemerkte, fügte er mit einem leichten Lächeln hinzu: „Aber keine Angst, ich werde schon nicht sterben.“ Die Tür glitt ein weiteres Mal auf und Daniel wurde in die Zelle zurückgeschleift und auf dem Boden niedergelassen, dann nahm man wie vermutet Sams Vater mit zum Verhör. Doktor Jackson sah noch schlimmer aus als Sam sich fühlte. Sie kroch auf allen Vieren zu ihm und zog ihn zu sich rann. Der Verband um seinen Bauch war vollkommen in Blut getränkt. Sie mussten seine Verletzung ebenfalls zur Folter hinzugezogen haben. Bewusstlos lag er in ihren Armen. Sein Puls war schwach und sein Atem flach, aber er lebte. Er musste bereits während dem Verhör unmächtig geworden sein. Er war Wissenschaftler kein Soldat. Sie hätte wissen müssen, dass es ein Fehler war, ihn mitzunehmen. Er war für solche Einsätze nicht ausgebildet worden. Schon, er war oft in ähnlicheren Situationen gewesen, doch noch nie mit solch einer starken Verletzung. Sie löste seinen Verband und betrachtete sich die Wunde genauer. Blut suppte aus einigen Stellen und das verbrannte Fleisch würde sich entzünden, wenn man sie nicht bald ärztlich behandeln würde. Leider würde das einen Goa'uld nur wenig interessieren. Bra'tak reichte ihr seinen Umhang, welchen sie dann unter Mühe auseinander riss, um einen weiteren Verband daraus zu machen. Es würde nicht lange helfen, soviel war ihr klar. Entweder starb er an Blutverlust, der Folter, einer Entzündung oder allem auf einmal. Sie hoffte nur, dass wenn es wirklich so kommen sollte, es wenigstens schnell ging. Sam hatte sich lang nicht mehr so hilflos gefühlt. Sie konnte weder Daniel noch ihrem Vater helfen. Sie wusste nicht, was sie machen sollte, weinen oder vor Wut schreien. Sie blieb letztendlich einfach ruhig sitzen und hielt Daniel schützend im Arm. Noch einmal würde ihn keiner mitnehmen.

 

*~*~*~*~*

 

„Ich habe vor einer Stunde davon erfahren.“, teilte Keylar den Anwesenden mit. „Ich habe mit eigenen Augen mit ansehen müssen, wie sie Doktor Jackson gefoltert hat. Er ist schwer verletzt gewesen und wenn wir uns nicht beeilen, wird er sterben.“ Ihre Worte lagen schwer in der Luft. Jack schnürte es die Kehle zu, er senkte den Blick. Es war seine Schuld. Er hatte ihn einfach so gehen lassen. Er hätte sich verabschieden müssen, er hätte mitkommen sollen. Alles schien sein Verschulden zu sein. Seine Freunde saßen in Bastets Palast fest und das nur aus einem Grund, weil er geflohen war. Langsam kamen die Erinnerungen zurück. Er wollte gerade durch das Tor treten, als ihn etwas erfasste und in den Weltraum beamte. Es war ein Transportsystem der Asgard. Verwundert hatte er sich umgeblickt, doch er befand sich statt auf einem Asgard-, auf einem Goa’uldmutterschiff wieder. Jaffa hatten Stabwaffen auf ihn gerichtet und etwas weiter hinten saß eine Frau dessen Gesicht er nur allzu gut kannte. Eine Goa’uld der schlimmsten Sorte. Hinterhältiger und manipulierender als alle, die ihm zuvor begegnet waren. Eine falsche Schlange, die ein doppeltes Spiel trieb, wenn es ihrem Vorteil diente und alle in ihrer Umgebung ausnutzte. Sie hatte durch die Mithilfe von SG-1 einen herben Rückschlag erlitten und viele ihrer besten Krieger verloren, Rebellen, die auf Hellfire gegen Apophis kämpften, um endlich wieder frei sein zu können. Dass sie sich Rache schwor, konnte sich da ja jeder denken. Damals hatte er beinahe Sam verloren, war schon kurz davor gewesen, ihren vermeidlichen Tod zu akzeptieren, bis er sie dann bei den Rebellen wieder fand. Bastet hatte ihn zuerst nur gefoltert. Was hieß gefoltert, er war fast eindutzend Mal gestorben, bevor Keylar sich seiner annahm und ihn auf Bastets Wunsch so verändert hatte. Zuerst war er wütend auf sie gewesen, hatte sie gehasst für das, was sie im Begriff war, ihm anzutun, doch als er dann von ihren Beweggründen erfuhr und auch, dass sie ihm helfen würde zu fliehen, sobald sich eine Möglichkeit bot, spielte er ihr Spiel mit. Keylar ahnte ja nicht, dass sich auch der Asgard an Jack zu schaffen machen würde, um ihn nach seinem Bild umzuformen. Als sie es dann doch herausfand, war es bereits zuspät, Jack war schon geflohen. Wie sich ein Asgard mit einem Goa'uld verbünden konnte, verstand er bis jetzt noch nicht. Sie waren eingeschworene Feinde, auf jeden Fall hatte er das immer geglaubt und die Asgard waren doch eigentlich nicht gewalttätig. Wie konnten sie dann dulden, was die Goa’uld taten, wie konnten sie selbst noch grausamer sein?

„Sind sie in ihrem Palast?“, hakte Jack nach einer geraumen Zeit nach.

„Ja! Ich habe alles bereits vorbereitet. Zwei abtrünnige Jaffa warten bereits am Tor eines nahe gelegenen Planeten auf uns. Wir werden uns als Jaffa ausgeben. Wir haben aber nur noch zwei weitere Rüstungen, du kannst also nur noch einen Soldaten mitnehmen.“, antwortete Keylar knapp.

„Ich würde gerne mitkommen, Sir.“, stieß Janet Fraiser hervor, welche ebenfalls am Tisch saß. „Ich will mich selbst von Doktor Jacksons Gesundheitszustand überzeugen. Vielleicht werde ich ja noch gebraucht.“ Sie richtete sich mit ihrer Bitte jedoch mehr an Jack als an General Hammond, denn letztendlich lag alles an dessen Einverständnis. Einen Moment überlegten beide und kamen zu unterschiedlichen Entscheidungen. Zur gleichen Zeit äußerte Colonel O’Neill ein Ja, während General Hammond sich dagegen aussprach.

„Sie werden hier gebraucht, Doktor!“, untermauerte ihr Vorgesetzter seinen Entschluss.

„General, bei allem Respekt, aber ich brauche Janet. Sie kennt sich mit meinem Gesundheitszustand bestens aus.“, versuchte Jack nicht nur seine Entscheidung zu begründen, sondern ihn auch umzustimmen. Es war zwar nicht ganz die Wahrheit, aber er konnte doch wohl kaum sagen, dass sie die Einzige war, über die er nie herfallen würde. Sie war viel zu sehr eine Art kleine Schwester für ihn, als das er hätte sexuelle Zuneigung zu ihr empfinden können. Nicht nur, dass er sich damit selbst bloßstellen würde, es bestand auch die Chance, ihr damit immens wehzutun.

„Doktor Fraiser wird hier gebraucht. Ein Sanitäter...“

„Ein Sanitäter...“, fiel Jack ihm ins Wort. „...ist kein Arzt und außerdem hat Janet schon Erfahrung mit den Stargatereisen, Sir. Sie wäre weitaus besser geeignet. Harrison kann ja solange den Laden schmeißen. Ich verspreche auch gut auf sie aufzupassen.“ Colonel O’Neill sah seine Vorgesetzten eindringlich an und sein Blick zeigte, dass er nicht von seinem Entschluss abweichen würde, sondern bestrebt war, zu bekommen, was er wollte. Janet musste einfach dabei sein. Sie musste auf ihn Acht geben, sonst würde er nur Dummheiten begehen. Keylar reizte ihn allein durch ihre bloße Anwesenheit schon aufs Äußerste, ohne Janet würde er ihren bezaubernden grünen Augen, die er von seinen Träumen her kannte und ihrer erstklassigen Figur erliegen. Er war zu schwach, um sich allein gegen sie wehren zu können. Er brauchte Doktor Fraiser einfach. Darüber hinaus würde sie ihn ständig an Samantha Carter erinnern, die er ja unbedingt retten und zurück nach Hause holen wollte, gesund verstand sich.

General Hammond gab sich geschlagen: „Meinetwegen, aber sein sie vorsichtig.“

„Jawohl Sir!“, antworteten beide im Chor und ihr Vorgesetzter entließ sie einige Augenblicke später. Nachdem das Nötigste zusammengepackt war, durchschritten sie das Stargate, um ihren Freunden zu helfen. Doktor Harrison war unterdessen von Keylar eingewiesen worden, wie das Mittel zu verabreichen war, nur für den Fall, das ihr etwas zustieß. Sie wollte Jack unter allen Umständen in Sicherheit wissen. Ihr Leben war ihr gleichgültig, sie hatte es in gewisser Weise eh schon verloren, aber er sollte leben. Sie hatte immer noch Hoffnung, dass aus ihnen doch noch etwas werden könnte, dass er diese Sam Carter aufgab und sich hingegen in sie verliebte. Ihr selbst war bewusst, wie mikroskopisch klein diese Eventualität doch war, doch sie war nicht gewählt, die Option so schnell zu verwerfen. Nicht, solange diese andere Frau nicht in seinen Armen lag, wohlbehalten und in Sicherheit. Keylar könnte sie durchaus sterben lassen, sie hatte allemal die Macht dazu, doch brachte sie nicht übers Herz, Jack das anzutun. Es würde ihn zerbrechen, er würde mit dieser Sam sterben und dann hätte sie ihn unwiederbringlich verloren. Er wäre für immer aus ihrem Leben verschwunden und dieses Risiko konnte sie nicht eingehen.

 

*~*~*~*~*

 

Jakob Carter hätte gerne gewusst, wie spät es jetzt war, wie viele Stunden sie hier schon festsaßen, doch man hatte ihr sogar die Uhr vom Handgelenk gerissen. Sicher waren schon an die fünfzehn Stunden verstrichen. Nachdem man ihn über eine Stunde lang gefoltert hatte und er der Unmacht schon sehr nahe schien, hatte man ihn zu den anderen zurückgebracht und abermals seine Tochter geholt. Er saß nun neben Daniel, welcher immer noch schlief und sorgte so gut wie möglich dafür, dass es ihm gut ging. Er hatte Fieber bekommen und zitterte am ganzen Körper, die Folgen des hohen Blutverlustes. Auch der zweite Verband war so gut wie unbrauchbar und auch seine Hose war schon mehr rot als grün. Wenn er weiterhin soviel Blut verlor, sah es schlecht für ihn aus. Ein Sargopharg könnte ihm sicherlich noch helfen, aber man musste ihn benutzen, bevor er tot war, sonst würde der Heilungsprozess zu lange dauern und man würde ihn wahrscheinlich wieder gefangen nehmen. Was hätte Jakob nicht alles für ein Heilungsgerät gegeben? Sein Freund lag im Sterben und er hatte keine Möglichkeit, ihm zu helfen oder wenigstens seine Schmerzen zu lindern. Jakob wünschte, er hätte die Salve abbekommen, er wäre an Daniels Stelle verwundet worden. Selmak hätte ihn schon irgendwie am Leben erhalten, außerdem war er alt, hatte das Leben schon fast hinter sich, doch Daniel stand noch am Anfang. Für ihn war noch alles offen. Jakob hatte seine wahre Liebe gefunden und wieder verloren, auch wenn ein Teil von ihr in Sam weiterlebte. Manchmal sehnte er sich nach seiner Frau, nach ihrer zarten Haut, ihrem bezaubernden Lächeln, ihrer lieblichen Stimme, wenn Sam etwas vorgesungen hatte, ihrer aufbrausenden Art, wenn etwas ganz und gar nicht nach ihrem Wunsch lief, einfach ihrem ganzen Wesen. So auch in diesem Moment. Er wünschte, sie wäre jetzt hier und würde ihm sagen, dass alles wieder gut werden würde, dass es nur eine Frage von Minuten war und auch, dass sein Freund es unbeschadet überstehen würde. Seine Tochter würde wohlbehalten zu ihm zurückkehren und Jack würde jeden Augenblick durch diese Tür schreiten, um sie nach Hause zu holen. Jakob hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass Colonel O’Neill wie ein Ritter in schimmernder Rüstung hier aufkreuzen würde, um sie zu befreien.  Er klammerte sich mit all seiner mentalen Kraft daran fest.

„Wie geht es Doktor Jackson?“, fragte Teal’c monoton und kniete sich neben seinen Freund.

„Nicht sehr gut. Er hat Fieber gekommen. Es muss schon ein Wunder geschehen, damit er nicht stirbt.“, antwortete Jakob mit gesenktem Blick. Selmak übernahm die Kontrolle, um es ihrem Wirt leichter zu machen, seiner Trauer nachzugehen. Sie fuhr fort: „Wir können nur noch hoffen, dass die Tok’ra von unserer Gefangennahme erfahren haben und auf dem Weg sind, uns zu retten.“

„Ich bin sicher, O’Neill wird kommen, um uns zu retten.“ Teal’c klang zuversichtlich, aber Jakob kannte den Jaffa gut genug, um zu wissen, dass auch er sich nur noch an diesen Strohhalm klammerte. Wie groß war schon die Wahrscheinlichkeit, dass Jack es vor den Tok’ra erfuhr und sich aufmachen würde, um sie zu retten. Daniel fing an sich hin und her zu wälzen. Das Fieber war gestiegen und er schien schlecht zu träumen. Allem Anschein nach von seiner Frau Shau’ri, denn er nannte immer wieder ihren Namen. Zu gerne hätte Jakob sein Fieber mit einem kalten Tuch gesenkt, doch hier gab es nichts, was annähernd kühl genug wäre, um das zu erreichen. Darüber hinaus hätte das wahrscheinlich auch nicht mehr viel gebracht. Daniel hatte vielleicht noch ein paar Stunden, doch die Nacht, so sagte man doch immer, würde er nicht überleben. Mit letztem Glauben schickte er ein Stoßgebet gen Himmel, als letzte Hoffnung, es könnte vielleicht erhört werden. So war es dann Gott sei Dank auch.  Schüsse, die vom Gang herüberdrangen, ließen ihn aufhorchen. War das die Rettung, die er sich so sehnlichst erhofft hatte? Sie kam genau zur Rechten Zeit.

 

*~*~*~*~*

 

Nachdem Jack O’Neill durch das Sternentor getreten war, hatte er Ohrenschmerzen bekommen. Sie waren nicht wirklich schmerzhaft, aber dennoch störte es ihn. Janet hatte ihm nach gutem Zureden ein leichtes Schmerzmittel gegeben und Keylar hatte ihn soweit beruhigt, dass er danach noch besser hören könnte als vorher. Sie verbesserten sich und der Schmerz zeigte das an. So war es auch bei seinen Augen gewesen. Leider musste Jack immer noch eine Sonnenbrille tragen, da ihm die Helligkeit in den Augen stach, falls man diese noch so nennen konnte, aber auch das sollte sich mit der Zeit legen. Er wünschte dennoch, es wäre alles so schnell wie möglich vorbei. Er wollte wieder er selbst sein, wieder durch seine Augen sehen können und sich unter Kontrolle haben. Sam hatte ihn gefragt, wofür er sich bei ihr entschuldigt hatte und jetzt kannte er die Antwort. Er hatte mehr oder weniger unfreiwillig eine Nacht mit Keylar verbracht, auch wenn er dabei die ganze Zeit nur hatte an sie denken können. Er wusste nicht, wie er ihr mit diesem Wissen unter die Augen treten sollte. Aber das war jetzt alles nebensächlich. Wichtig schien jetzt erst einmal ihre Befreiung und das Daniel vollkommen gesund wurde. Daniel... Sicher war er trotz allem immer noch sauer auf Jack und dieser konnte ihm das auch nicht verübeln. Er hatte sich wie ein Idiot aufgeführt, hatte sich tatsächlich in seinem Stolz verletzt gefühlt und weswegen? Weil er mal wieder seine große Klappe nicht unter Kontrolle hatte. Schon, Daniel war ebenfalls hart gewesen, aber auch berechtigt. Jack hatte am eigenen Leib erfahren müssen, wie sehr es wehtun konnte, von einem Freund, vielleicht sogar dem Besten, verletzt zu werden. Er musste das wieder in Ordnung bringen, koste es, was es wolle. Aber das schien auch nicht der einzige Grund zu sein, warum Daniel ihn so abweisend behandelt hatte. Da musste es noch etwas anderes geben, etwas, dass Jack nicht bedacht hatte. Er kam nur nicht drauf. Sie befanden sich jetzt auf dem Al’kesh, welcher sie zu Bastets Palast bringen und dort mit Hilfe der Transportringe absetzten sollte. Keylar hatte ihm berichtet, welche Fähigkeiten er durch die Wandlung noch erlangen konnte und sofort hatte er darauf bestanden, es auszuprobieren. Mit einem hohen Maß an Kontrolle schaffte er es letztendlich eine Goa’uldlampe erst zum Leuchten und dann zum explodieren zu bringen. Wenigstens das lästige Licht wäre er jetzt los und für Verwirrung würde er auch sorgen. Den Trick hatte er raus, als er sich voller Hass auf Bastet und diesen stinkenden Asgard konzentriert hatte. Er würde diesen Verräter gefangen nehmen und seiner gerechten Strafe unterziehen, soviel stand fest. Er sollte leiden, wie auch er gelitten hatte unter seiner Folter.

Fast eine Sunde später meinte Keylar: „Es ist soweit. Macht euch bereit!“ Sie, Janet, ein Jaffa und Colonel O’Neill schlossen die Helme, welche die Form einer Katze hatten, und begaben sich in die Mitte des Ringtransporters. Unten im Palast angekommen, konzentrierte sich Jack kurz und brachte das gesamte Licht im Umkreis von einer halben Meile zum Erlöschen. Nur den Thronsaal verschonte er, schließlich wollte er doch nicht, dass sie etwas bemerkte. Dafür verriegelte er irgendwie die Türen. Sie machten sich auf den Weg. Die Korridore waren nur spärlich bewaffnet und so kam die kleine Gruppe schnell voran. In einem der Seitengänge entdeckte er eine Sprengladung, wie er bereits vermutet hatte und befestigte an ihr den Zeitzünder. Eine halbe Stunde gab er sich und seinen Freunden. Daniels Heilung würde eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen und er wollte ja auch noch einen Abstecher in den Thronsaal machen, zu seiner lieben „Freundin“ Bastet und ihrem schleimigen Handlanger, der sich Asgard schimpfte. Den Namen hatte Jack sich nicht gemerkt. Er war unwichtig, die Asgard würden ihn Jack schon nennen, auch wenn er nicht fragen sollte. Sie stießen nicht einmal auf viel Widerstand. Die meisten Wachen ließen sie passieren, nur vor den Verließen wurden sie zurückgehalten und sie waren gezwungen, sich den Weg freizuschießen. Es ging relativ einfach, die gegnerische Gruppe war klein und nur notdürftig bewaffnet. Außerdem hatte Jack den Überraschungseffekt auf seiner Seite.

„In welcher sind sie?“, fragte Jack knapp, nachdem sie sich mit Nachdruck etwas Luft verschafft hatten. Er fühlte sich nicht gut. Unter diesem Helm war es stickig und ihm war flammend heiß. Er wusste, es lag nicht an der Jaffarüstung, sondern an seinem momentanen Zustand. Sein Stoffwechsel spielte vollkommen verrückt. Vorhin hatte er noch etwas gefroren und jetzt schien er innerlich zu verbrennen. Sicher hatte er Fieber bekommen, da sich sein Körper gegen die Veränderungen wehrte, die sein Organismus durchzumachen hatte. Sie mussten sich beeilen, sonst würde es nicht mehr zu annullieren sein. Jack lüftete den Halm und holte erst einmal tief Luft. Er spürte förmlich, wie der Sauerstoff in seine Lungen drang, durch seinen ganzen Körper strömte und ihn von innen heraus auflud. Die fehlende Beengtheit durch den Helm half ihm, sich wieder zu fassen, zu konzentrieren und die Fieberglut für einen Moment zu vergessen.

„In der Dritten. Wir haben noch zwanzig Minuten.“, meinte Keylar schnell und war auch schon dabei, die Tür zu öffnen. Jack sah in erleichterte Gesichter, als er den Raum betrat. Teal’c war sofort aufgesprungen und hatte ihm erleichtert zugenickt.

„Wie geht es ihm?“, wandte sich Janet an Jakob Carter und untersuchte währenddessen Daniels Wunde. Sie hatte sich leicht entzündet und der Verband war so in Blut getränkt, dass er nicht mehr zu gebrauchen war. Mit geschickten Fingern hatte sie ihn schnell entfernt und eine sterile Kompresse draufgelegt.

„Nicht gut! Er hat hohes Fieber. Wir sollten ihn schleunigst hier wegbringen.“, entgegnete dieser gehetzt. Er war froh, dass alles bald ein Ende haben würde, doch machte er sich immer noch Sorgen um seine Tochter. Sie war bereits viel länger weg als das letzte Mal. Er hoffte nur, dass ihr nichts geschehen war.

„Wo ist Carter?“, hakte Jack jetzt besorgt nach, nachdem er sich zu allen Seiten nach ihr umgesehen hatte und sie nirgends entdeckte. Angst stieg in ihm auf, Furcht, er könnte zuspät gekommen sein, dass alles umsonst gewesen war und er nichts mehr für sie tun konnte. Vielleicht musste er sich sogar zwischen Daniels und ihrem Leben entscheiden, denn für beide war im Sargopharg kein Platz und nacheinander ging auch nicht, dafür reichte die Zeit nicht mehr. Er könnte natürlich den Sprengsatz entfernen, doch würde es hier bald nur so von Jaffa wimmeln, sie hätten keine Chance mehr zu entkommen. Seine Rache konnte er vergessen, oberste Priorität hatte es jetzt, Samantha zu finden.

„Bastet foltert sie bereits fast zweieinhalb Stunden.“, meinte Teal’c monoton.

„Bra’tak, sie bringen mit Jakob Daniel zum Sargopharg. Janet begleitet sie. Fünfzehn Minuten müssten reichen, danach verschwindet von hier. Die anderen werden sich gleich zu den Ringen begeben. Keylar, Teal’c, ihr kommt mit mir!“, wies Colonel O’Neill alle abgespannt an und das in einem Tonfall, der keine Widerrede duldete. Noch bevor irgendeiner sein Einverständnis oder ein Protest loswerden konnte, war er auch schon verschwunden und auf dem Weg zum Labor. Er wusste, dass Folter nicht das Einzige sein würde, was Bastet Sam antun würde, wenn er sie nicht da rausholte. Sam war eine Frau, eine potentielle Wirtin und darüber hinaus noch außerordentlich stark. Bastet würde sie sicher gern verbessern, um sie dann als Wirtin zu nehmen. Eine starke und außerordentlich hübsche Frau, was konnte diese Schlange mehr wollen? Der Weg schien unendlich und die Zeit wurde langsam knapp. Immer wieder warf er einen Blick auf seine Uhr und die Zeit schien gegen ihn zu arbeiten. Fast sieben Minuten brauchten sie allein für den Hinweg.

 

*~*~*~*~*

 

Ein erneuter Schrei entwich Samantha Carters trockener Kehle. Sie war zu schwach, um sich weiterhin gegen das zu wehren, was sie ihr antaten. Sie wurde nämlich nicht, wie erst von ihr vermutet, in Bastets Thronsaal gebracht, sondern in eine Art Labor. Nun lag sie auf einem Untersuchungstisch, männliche Jaffa standen um sie herum, packten sie grob, damit sie nicht fliehen konnte und einer von ihnen schob ihr zerfetztes T-Shirt nach oben, so dass ihr BH zum Vorschein kam. Erst hatte sie noch Widerstand geleistet, versuchte sich zu wehren, ihre Peiniger wegzustoßen, doch immer, wenn sie es in Angriff nahm, wurden ihr höllische Qualen zugefügt. Aber das war nicht mehr das einzige Leid, welches sie durchzumachen hatte. Was man ihr jetzt bereitete war noch tausendmal schlimmer. Man hatte ihr etwas initiiert, eine blaue gelartige Flüssigkeit. Diese brannte in ihren Adern, breitete sich unaufhörlich in ihrem Organismus aus und jeder Zentimeter, den sie weiter voran drang, spürte sie schmerzhaft in ihrem Körper. Scham stieg in ihr auf, denn die Jaffa sahen begierig auf ihre Brüste, betatschten sie unsittlich, als sie die Elektroden an ihrem Brustkorb und ihrer Stirn befestigten. Sam fühlte sich so hilflos, so elend und schwach. Am Liebsten hätte sie abermals laut los geschrieen, doch dazu fehlte ihr die nötige Kraft. Als man ihr dann noch etwas in die Haut rammte, presste sie ein unterdrücktes Stöhnen hervor. Eine weitere Substanz bahnte sich ihren Weg durch ihren makellosen Körper und sorgte für ein unangenehmes, sogar widerliches Kribbeln unter der Haut. Sam wurde schwindlig, als beide Flüssigkeiten sich in ihr vereinten. Alles schien sich um sie herum zu drehen. Dieses Gefühl bereitete ihr Übelkeit und sie konnte nur mit Mühe dagegen ankämpfen. Sie wurde schweißnass, begann am ganzen Körper zu zittern und zuckte unkontrolliert zusammen, als würde man eintausend Volt durch sie jagen. Schmerz, unerträglicher Schmerz. Leid, wie sie vorher nie welsches verspürt hatte. Unerträglich, von innen heraus zerreißend. Nichts Vergleichbares hatte sie zuvor erlitten. Drohte sie doch förmlich innerlich zu verbrennen. Sam konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, ihr Körper schien zu zerbersten. Die letzten Tropfen beider Flüssigkeiten gelangten in ihr Blut, ein bitterer Geschmack legte sich auf ihre Zunge, verstärkte den Brechreiz nur noch und es gelang ihr letztendlich nicht mehr, sich zu bewegen. Angst, Trauer, Wut und Scham mischten sich in ihr. Es war als würde man sie mit Abermillionen kleiner Nadel durchbohren und sie verlor für einige Augenblicke das Bewusstsein. Vielleicht auch etwas länger, denn sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Unsanft wurde sie erst wieder in die Realität zurückgeholt, als jemand ihr ruckartig die Schläuche entfernte, was sie kurz aufstöhnen ließ und man ihr sanft auf die Wange schlug, während man immer wieder ihren Namen rief. Sie erkannte die Stimme sofort, doch sie wollte ihren Ohren nicht trauen. Das konnte unmöglich war sein. Fast in Zeitlupe öffnete sie die Augen, um sich selbst davon zu überzeugen, dass er es war, der sie da berührte und sie es sich nicht nur einbildete. Es fiel ihr schwer, ihre Augen schmerzten bei der kleinsten Bewegung, dennoch zwang sie sich dazu, sie zu öffnen. Sie musste es einfach wissen. Sein Gesicht tauchte tatsächlich vor ihr auf. Seine Augen waren anders, fiel dunkler als sonst, aber er war es wirklich. Sams Herz machte einen Freudensprung, doch alles andere in ihrem Körper rebellierte dagegen, ihn weiterhin anzusehen. Es kostete sie Kraft allein die Augen offen zu halten, dennoch brachte sie fast ihre ganzen Reserven für ein Lächeln auf, welches nur schemenhaft über ihre Lippen glitt.

„Es wird alles wieder gut, Sam. Aber du musst jetzt aufstehen!“, hauchte er ihr mit bebender Stimme ins Ohr und zog ihren Oberkörper mit sich in die Senkrechte. Sofort überrollte sie der Brechreiz und diesmal war sie nicht mehr gewählt, ihm standzuhalten. Sam wandte sich zur Seite und entleerte ihren Mageninhalt auf dem Fußboden. Schlagartig setzte auch schon das ätzende Gefühl der Magensäure ein und schnürte ihr die Kehle zu. Sie hatte keine Kraft mehr und sank erschöpft in Jacks Arme zurück. Major Carter wollte nur noch schlafen. Jetzt war sie in Sicherheit, jetzt konnte sie sich ausruhen. Niemand würde sie mehr davon abhalten. Alles würde wieder gut werden, Jack würde schon dafür Sorge tragen.

 

*~*~*~*~*

 

Colonel Jack O’Neill presste sie an sich. Sam Carter war schweißgebadet, sie zitterte und ihre Haut war eiskalt. Sie schien schon fast wie tot. Furcht stieg in ihm auf, Angst, er könnte sie verlieren, aber auch Wut, Zorn und Hass. Hass auf sich selbst, auf die Goa?uld und diesen Asgard. Wäre er nicht geflohen, wäre es vielleicht nicht soweit gekommen. Er wusste aus eigener Erfahrung, dass ihre Qualen erst anfangen würde. Mittlerweile konnte er sich nämlich wieder an alles erinnern, auch wenn ihm lieber wäre, es einfach wieder zu vergessen. So weit würde er es jedoch mit ihr nicht kommen lassen, eher würde er sterben. Ja, genau das würde er oder sogar Schlimmeres. In diesem Moment hatte er bereits den Entschluss gefasst, ihr das Serum zu verabreichen, falls es nicht für beide reichen sollte. Die Zweifel, der Kummer, die Ungewissheit, das konnte er ihr einfach nicht antun. Ihre wunderschönen blauen Augen, die ihn immer wieder verzauberten, sollten sich nicht zu einem tiefdunklen Schwarz verändern, das keinen Einblick mehr in ihre Seele ließ. Seine Stimme sollte für sie immer noch genauso klingen, wie früher und sie sollte glücklich werden, wenn auch ohne ihn. Denn Jack würde nicht für sie sterben, sondern die Metamorphose beenden und das würde für immer einen Keil zwischen sie treiben. Sich hinter den Regeln verstecken, konnte er verkraften, die Hoffnung bewahrte er dennoch in sich, aber eine wirkliche Qual für ihn würde es sein, sie nicht einmal mehr ansehen zu können. Vielleicht war das sogar besser so für beide. Sie würde endlich glücklich werden. Auch wenn ihm nicht danach war, erwiderte er doch ihr Lächeln und zog sie noch ein Stückchen enger an sich.

„Es wird alles wieder gut, Sam.“, hauchte er abermals und versuchte ihr und vor allem auch sich selbst damit Mut zu machen. Vorsichtig schob er ihr T-Shirt zurück, streifte kaum merklich ihren wohlgeformten Busen und stellte wenig verwundert fest, das es nur noch bis zum Bauchnabel reichte. Seine freie Hand schob er unter ihre Kniekehlen und hob sie dann ruckartig hoch.

„Wir haben noch zehn Minuten“, teilte Keylar drängelnd mit und suchte einige Sachen zusammen, die sie wohl noch zu brauchen schien. Auf dem Weg hinaus schnappte sie sich noch einen Behälter und meinte: „Wir sollten uns beeilen!“

„Ich helfe dir tragen.“, sagte Teal’c und half Jack Sam, welche nur noch halb bei Bewusstsein war, auf die Beine zu stellen und legte dann ihren Arm um seine Schulter, um besseren Halt zu bekommen. Jack O’Neill tat es ihm gleich und so trugen sie Sam mehr oder weniger die Korridore zu den Transportringen entlang. Auf halbem Weg stießen Daniel, Jakob, Bra’tak und Janet zu ihnen. Doktor Jackson war immer noch benommen, aber bei Bewusstsein, was man von Samantha Carter nicht mehr sagen konnte. Er konnte also selbst laufen, wenn auch mit etwas Unterstützung von Jakob. Sie kamen trotz allem gut voran und niemand stellte sich ihnen in den Weg, dafür hatten die anderen sicher gesorgt. Nach knapp acht Minuten erreichten sie die Ringe und wurden so auf den Al’kesh geholt. Sam und Daniel wurden auf den kühlen Boden abgesetzt und Jack zog sie wieder an sich heran, als würde sie verschwinden, sobald er sie losließ. Er betrachtete ihr wundervolles Gesicht eine Weile, bevor er erschöpft die Augen schloss und seinen Kopf nach hinten sinken ließ. Seine Augen hatten sich mittlerweile an die Helligkeit gewöhnt und auch das Schmerzen in seinen Ohren hatte nachgelassen, dafür pochte es wieder in seinem Kopf und sein Magen zog sich quälend zusammen. Er hatte seine Entscheidung bereits getroffen, doch es fiel ihm schwer, das auch den anderen mitzuteilen. Wie sollte er ihnen nur beibringen, dass alle Mühe ihn zu retten umsonst gewesen war, da er dieses Zeug nicht nehmen würde. Na ja, vielleicht nicht völlig unnötig, denn im Grunde rettete man sein Leben und jeder würde seine Reaktion verstehen, jeder bis auf Keylar. Sie würde sich sträuben, sich verweigern und es dann doch machen. Er kannte sie gut genug, um das zu wissen. Das war alles, was er noch für Sam tun konnte, dennoch hatte er Schuldgefühle, machte sich Vorwürfe und verfluchte sich selbst. Er sagte sich, was auch immer mit ihm passieren möge, er hätte es verdient.

 

*~*~*~*~*

 

„Es war nicht deine Schuld.“, drang Daniels Stimme beruhigend an sein Ohr und eine Hand legte sich auf seine Schulter. Er klang schwach, ausgelaugt und vollkommen fertig, aber es hinderte ihn nicht daran, seinem Freund gut zuzusprechen. Daniel wusste, wie es seinem Freund jetzt gehen musste, denn dieser war gerade im Begriff alles zu verlieren, was ihm noch wichtig war. Er hatte es auch durchmachen müssen, als er Shau’ri verlor. Es war zwar nicht wirklich miteinander vergleichbar, aber das Gefühl, das was in einem vorging, das war alles das Selbe. Shau’ri... Es war jetzt knapp über zwei Jahre her, dass sie starb und noch immer trauerte Daniel um sie. So schnell würde es sich auch nicht ändern und das sollte sich auch gar nicht. Sie war seine große Liebe gewesen, sein Ein und Alles, nach ihrem Tod schien nichts mehr richtig. Jack hatte ihm damals geholfen, hatte mit ihm geredet, sich mit ihm besinnungslos gesoffen und ihm versprochen, dafür zu sorgen, dass sie nicht vergessen wurde. Jedenfalls nicht von ihm. Er hatte sein Versprechen nicht gehalten. Daniel war ja klar, dass es unter blöden Umständen geschehen war und er es Jack nicht verdenken konnte, nach allem, was dieser durchstehen musste, aber dennoch war er gekränkt und verletzt gewesen. Das Jack ihn dann auch noch anblaffen musste, hatte Daniel den Rest gegeben. Jetzt wusste dieser, wie egoistisch und blöd sein Verhalten gewesen war, aber das war halt nur allzu menschlich. Jack war ja auch nicht nachtragend, auf jeden Fall nicht bei so etwas. Sicher hatte er den Streit bald vergessen und war einfach nur froh, dass sein Freund wieder mit ihm sprach. Schleppend wandte Jack sich Daniel zu und öffnete anschließend wieder die Augen, um ihn anzusehen. Entsetzten machte sich auf Daniels Gesicht breit. Bis jetzt hatte er noch gar nicht bemerkt, dass etwas mit seinem Freund nicht stimmte, aber nun wurde ihm Einiges klar. Die Tatsache, dass Jack genau wusste, wo er Sam zu suchen hatte und auch, dass er mit einer Jaffa unterwegs war, die er mehr als nur gut zu kennen schien. Jack war schon einmal dort gewesen und was sie ihm angetan zu haben schienen, hatte sie jetzt auch bei Sam angewendet. Kein Wunder also, dass Jack sich die Schuld an dem Unglück gab. Dieser war trotz allem ziemlich dankbar, dass Daniel wieder mit ihm sprach, erleichtert, dass ihm wenigstens diese Bürde vom Herzen genommen wurde, aber auch traurig, da noch mehr auf sie zukommen würde. Am Liebsten hätte Daniel ihm einen Teil seiner Last abgenommen, ihm die Sache erleichtert, eine Lösung für ihr Dilemma gehabt, doch er war genauso ratlos wie jeder andere im Raum. Jack schien jedoch schon eine Entscheidung getroffen zu haben, auf jeden Fall erkannte Doktor Jackson das in dessen verfremdeten Augen.

Colonel O’Neill nickte nur und wandte sich dann an Keylar: „Hast du genug von dem Zeug für zwei?“

„Ich fürchte nicht. Es reicht nur für einen von euch. Ich kann ohne die nötige Technik auch nichts mehr herstellen.“, entgegnete sie betroffen, doch eher, weil sie wusste, dass Jack es dieser Frau geben würde, als dass Sam das Gleiche durchzustehen hatte. 

„Dann muss ich noch mal zurück!“ Jack wollte schon aufspringen, doch Daniel hielt ihn zurück und schüttelte resignierend mit dem Kopf, da zur selben Zeit ein leichter Ruck durch den Al’kesh ging, der vermutlich vom Eintritt in Hyperraum kündete.

„Es ist zuspät.“, meinte er beschwichtigend.

„Nein!“ Jack schlug verzweifelt die Hände über dem Kopf zusammen, wobei ihm eine einsame  Träne über die Wange lief. Daniel wandte den Blick ab. Er konnte den Anblick seines Freundes nicht länger ertragen. Das war nicht fair. Sie hatten das von allen am Wenigsten verdient. Wieso hatte man auch gerade ihnen das angetan? Was bezweckte Bastet nur damit? Wollte sie etwa Wirte erschaffen, die besser waren und stärker? Daniel wurde das Gefühl jedoch nicht los, dass Jacks Augen denen eines Asgard glichen. Das gleiche undurchdringliche Schwarz. Hatten sie etwa auch etwas damit zu tun? Verfolgten sie etwa ähnliche Ziel und kooperierten deswegen mit den Goa’uld? Für Daniel war das fast ausgeschlossen, aber den Verdacht wagte er dennoch nicht auszuräumen.

Doch seine Vermutung verhärtete sich, als Keylar einwarf: „Die Asgard könnten ihr noch helfen.“ Daniel blickte sie verständnislos an. Alles in seinem Kopf schien sich zu drehen. Seine Gedanken wirbelten durcheinander, doch er kam bei der ganzen Sache auf keinen Nenner. Sie wussten mehr als er, nur was?

„Wie lange habe ich noch?“, fragte Jack stattdessen. Daniel sah ihn wieder an. O’Neill spielte tatsächlich mit dem Gedanken, Sam das Gegenmittel zu verabreichen und eigentlich hatte Daniel auch nichts andere erwartet. Sie war Jacks große Liebe, sein Leben. Er hätte alles über sich ergehen lassen, nur damit es ihr gut ging. So war er halt. Seine Freunde gingen bei ihm immer vor. Er wusste schließlich, wie weh es tun konnte, einen Menschen zu verlieren, der ihm viel bedeutete und deswegen setzte er alles daran, das es nie wieder geschah. Besonders auf das Wohl seines Teams war er bedacht, Samantha Leben an erster Stelle.

„Kommt darauf an. Wenn wir dich in künstliches Koma legen, vielleicht noch zwanzig Stunden, wenn nicht, höchstens zehn. Danach ist die Metamorphose zu weit fortgeschritten und deine Organe wären irreparabel formiert.“, erklärte sie sachlich, doch ihre Augen sprachen Bände. Sie ruhten sanft auf seinem Körper, sahen ihn traurig an. Sie verlor ihn gerade und das auf eine Art, welches einen das Herz zerreißen ließ. Jacks hingegen baten um Verzeihung und versuchten stumm zu erklären, worum es ihm ging, dass er Sam nicht einfach ihrem Schicksal überlassen konnte. Daniel sah das alles mit an und ihm wurde klar, dass etwas zwischen seinem Freund und dieser Jaffa gewesen sein musste. Letztendlich erkannte sie, in welcher Bradulli er sich befand und hasste sich selbst dafür, ihm nicht helfen zu können. Sie wusste, er gab ihr nicht die Schuld, aber sie selbst tat es. Sie hätte ihn früher wegschaffen müssen, doch hatte ihre eigene Angst sie davon abgehalten. Nicht nur die Furcht erwischt zu werden, sondern auch die, ihn zu verlieren. Keylar hatte sich ganz offensichtlich in Jack verliebt und er schien ihr auch nicht abgeneigt zu sein. Vielleicht lag es auch nur an seiner Metamorphose, doch als sie diese Nacht gemeinsam verbrachten, schien durchaus mehr zu bestehen, als nur tierische Triebe. Er war so leidenschaftlich gewesen, so zärtlich und sanft, aber auch wild und voller unbändiger Lust. Sie konnte seine Selbstzweifel nicht länger ertragen und zog sich nach vorne zurück.

 

*~*~*~*~*

 

Ein wohlig warmes Gefühl breitete sich in Major Carters Organismus aus. Langsam wurde ihr bewusst, wo sie sich befand und ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Colonel O’Neill stand neben ihrem Bett als sie die Augen aufschlug. Sie schenkte ihm ihr wundervolles Carter-Lächeln und wollte etwas sagen, doch er legte ihr sanft zwei Finger auf die Lippen und schüttelte beschwichtigend mit dem Kopf.

„Shh! Nicht sprechen. Es wird alles wieder gut.“ Seine Stimme zitterte, er sah bleich aus und seine Haut hatte bereits eine leicht bläuliche Farbe angenommen. Er ergriff ihre Hand und drückte sie fest, als hätte er Angst, sie für immer zu verlieren, würde er sie loslassen. Samantha musterte ihn genau, konnte ihre Augen nicht von ihm wenden, nicht einmal zwinkern. Seine Augen waren pechschwarz mit silbernem Schimmer. Glasig sahen diese auf sie hinab, musterten sie genau, prägten sich noch die winzigste Kleinigkeit ein, als gäbe es für ihn kein Morgen. Das letzte Mal hatte er sie so angesehen, als sie hinter dieser Energiebarriere festgesessen hatte, doch diesmal schien es wirklich endgültig. Der Anblick schockte sie nicht, als würde sie diese Veränderung gar nicht bemerken, als wäre es nebensächlich. Eher hatte sie ein ungutes Gefühl und das auch zu Recht. Sie ahnte, dass sein anders Erscheinungsbild etwas mit dem zutun hatte, was ihr widerfahren war und das dieses ihn für immer verändern könnte. Sie wusste nicht genau, worum es ging, aber er hatte ihr wieder einmal das Leben gerettet und das auf mehr als nur eine Art und Weise. Fast nur ein Hauchen war jetzt seine Stimme, als er weiter sprach: „Ich lasse nicht zu, dass dir jemals wieder etwas geschieht.“ Er strich ihr liebevoll über die Wange. „Weißt du eigentlich wie schön du bist?“

„Jack...“, war alles, was Sam mit rauer Stimme herausbrachte. Sie fühlte seinen Schmerz, sah ihn in seinen Augen und spürte ihn bei jeder Berührung. Er klang in seiner Stimme mit und zeigte sich in seiner Haltung.

„Was auch immer geschehen möge, du sollst wissen...“ Er brach ab. Tränen rangen über seine Wangen, seine Unterlippe bebte, er war der Verzweiflung nahe. Jack wollte es aussprechen, es ihr endlich sagen, sein Gewissen erleichtern, doch er brachte es nicht übers Herz. Er würde ihr damit nur noch mehr wehtun, sie noch mehr verletzten. Das konnte er ihr nicht zumuten. Er musste sie doch ziehen lassen. Für sie gab es keine Zukunft, es hatte nie eine gegeben. In jeder Realität parallel zu der Ihrigen, wo sie ein Paar waren, war mindestens einer von beiden tot. Sie waren nicht füreinander bestimmt, dennoch änderte die diese Tatsache nichts daran, dass er sie mehr liebte als sein eigenes Leben und es nur allzu gerne zugeben würde. Sie musste doch wissen, dass er genauso fühlte wie sie, auch wenn nie etwas aus ihnen werden durfte. Das Schicksal wollte sie anscheinend nicht glücklich sehen, nicht zusammen jedenfalls. Außerdem war er schon viel zu schwach dazu. Es war ein Wunder, dass er sich noch auf den Beinen halten konnte.

„Ich weiß!“, flüsterte Sam den Tränen nahe. Noch nie hatte sie ihn so aufgelöst erlebt, so hilflos und schwach. Sie wollte ihm helfen, ihm den Schmerz erleichtern und ihm einfach nur Mut machen, doch sie konnte es nicht. Sie wusste nicht wie. Das Einzige, was sie noch tun konnte, war ihre Hand auszustrecken, seicht seine Wange zu berühren, um ihm schließlich zu gestehen: „Ich liebe dich auch.“ Ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen, bevor er die Augen verdrehte und in sich zusammensackte. Bewusstlos kam er auf dem Boden auf und blieb regungslos liegen. Mit erstickender Stimme flüsterte Samantha Carter seinen Namen, bevor sie alle ihre verbleibende Kraft zusammennahm und laut „Janet!“ rief.

 

*~*~*~*~*

 

„Wir haben ihn in ein künstliches Koma verlegt, auch wenn er strickt dagegen gewesen ist. Die Schmerzen würden ihn umbringen, sollten wir nicht eine Möglichkeit finden, es rückgängig zu machen.“, teilte Doktor Janet Fraiser bedrückt mit. „Wir dürfen die Hoffnung jetzt nur nicht aufgeben.“

„Ihr hättet nicht zulassen dürfen, dass man mir das Mittel gibt.“, meinte Sam anklagend. Sie fühlte sich schuldig, elend und so unendlich hilflos. Am Liebsten hätte sie laut los geschrieen, um sich geschlagen und die ganze Welt verflucht, doch es hätte an der ganzen Sache auch nichts geändert. Jack ging es immer schlechter und die Chance ihn jetzt noch zu retten, war praktisch gleich Null. Nur wenn die Asgard in den nächsten dreißig Minuten noch auftauchten und auch sofort einen Weg zu seiner Rettung kannten, würde eine geringe Heilungsmöglichkeit bestehen. Aber wie hoch war schon diese Wahrscheinlichkeit. Aus den zehn Stunden, die Keylar als Frist gesetzt hatte, waren nach ihrer Ankunft auf der Erde sechs geworden und davon waren bereits vier verstrichen. Wieso musste er auch so stur gewesen sein und sich gegen das Koma ausgesprochen haben. Es hätte ihnen noch wertvolle Zeit geschenkt.

„Er liebt dich, was erwartest du da anderes.“, gab Keylar hart zurück. Kälte stach aus ihren Augen, Zorn und auch Neid. Sam begriff sofort. Diese Jaffa hatte sich in Jack verliebt. Es war nur allzu verständlich, dass sie dann so reagierte. Sanfter fügte diese hinzu: „Du bist sein Leben, er wollte dir die Qualen ersparen, die er selbst durchmachen musste. Du solltest geehrt sein.“ Tränen standen Keylar in den Augen, doch sie ließ nicht zu, dass sie ihre Wangen hinunterkullerten. Sie war Jaffa, sie wusste, wie man Schwäche verbarg. Die Zeit arbeitete wieder einmal gegen sie und mit solch primitiver Technologie würde sie nichts ausrichten können. Es war alles auch nur ihr Verschulden, sie hatte den großen Fehler begangen und Jack musste dafür büßen. Hätte sie es ihm nur gleich gegeben, wenn sie nicht gezögert hätte würde er jetzt nicht auf der Krankenstation liegen, sondern Sam Carter, welche sein Geschenk anscheinend nicht zu würdigen wusste. Doch Keylar hatte auch bereits begriffen, dass das noch viel schlimmer für ihn gewesen wäre. Trotz allem wünschte sie es sich sehnlichst.

„Das bin ich auch.“, entgegnete Sam bestimmt. „Aber auch wütend.“ Sie verstand Keylar ja, aber Jacks Gefühle für sie gehörten nicht hier her. Es war ein Tabuthema sogar zwischen ihm und ihr. Sam fuhr sich durch ihr kurzes Haar, versuchte sich zu sammeln, einen Weg zu finden, damit klarzukommen und scheiterte kläglich. Es war unmöglich für sie, die Tatsache zu akzeptieren, dass er nie wieder er selbst sein würde. Sie konnte es beim besten Willen nicht begreifen. Ein Leben ohne ihren Jack würde sie unmöglich verkraften, es würde sie vernichten. Sie brauchte seine sarkastischen Bemerkungen, seinen verkorkten Humor, den nur Sams Dad und sie lustig zu finden schienen und die Gewissheit, dass er in ihrer Nähe war, immer für sie da und auf sie Acht gebend. Kurz gesagt, sie brauchte alles, was ihn ausmachte, sie brauchte ihn.

„Ihr tut ja gerade so, als würde er sterben.“, fuhr Daniel wütend auf. Seine Stimme erklang nur schwach und zittrig, denn seine Verletzung setzte ihm immer noch zu. Dennoch erkannte man deutlich die Wut darin. Nicht nur auf die Anwesenden, auch auf Jack und sich selbst. Er hatte sich stur gestellt und seinem Freund etwas an den Kopf geworfen, was eigentlich nicht stimmte. Daniel hätte eigentlich wissen müssen, dass dann so etwas passierte. So etwas passierte immer zu den ungünstigsten Zeiten, immer, wenn man glaubte, es könnte nicht mehr schlimmer werden. Das war eine Art ungeschriebenes Naturgesetz und wenn man versuchte, sich dagegen aufzulehnen, traf es einen gleich doppelt so hart. Es war erbarmungslos und unfair. Es traf darüber hinaus immer diejenigen, die einfach nur ihr Leben meistern wollten.

„Er wird es in gewisser Weise auch.“, meinte Doktor Maxim Harrison in einem typischen Ärzteton. „Durch die körperlichen Veränderungen, die sein Körper gerade durchmacht, wird er nie wieder er selbst sein. Sein Denken wird sich verändern, sein Handeln, alles, was ihn mal ausgemacht hat. Er wird nicht mehr ihr Jack sein.“ Keinem gefiel, was sie sagte, aber alle wussten, dass es die Wahrheit war. Es war zum Verzweifeln, für jeden im Raum unerträglich und unvorstellbar. Im selben Moment ertönte der wahrscheinlich erlösende Alarm.

 

*~*~*~*~*

 

Sie rannten vom Besprechungsraum direkt hinunter zum Kontrollraum, wo Major Davies ihnen mitteilte, dass es sich um den Code der Asgard handelte. Teal’c blickte genau wie die anderen hinunter aufs Tor, welches sich in spannender Erwartung unter ihren Blicken drehte und letztendlich in einem Strudel aus Materie aufbrauste, um alles zu verschlingen, was sich ihm in den Weg stellte. So oft Teal’c diesem Schauspiel auch schon beigewohnt hatte, es ergriff ihn doch immer wieder und machte ihm unwiederbringlich klar, wie klein er doch in diesem unendlich großen Universum war, von welchem er nicht einmal die Hälfte kannte. Nachdem sich der Ereignishorizont gebildet hatte und seicht wie eine Wasseroberfläche dahin glitt, traten zwei kleinere Gestalten hindurch, die so gut wie gar nichts mit Menschen gemein hatten. Teal’c erkannte sie sofort, wie auch jeder andere im Raum: Thor und Frayer, zwei Asgard mit denen sie es schon öfter zu tun hatten. General Hammond nickte ihnen kurz zu und ging dann die Treppe zum Stargateraum hinunter, gefolgt von Teal’c und den anderen.

„Willkommen!“, begrüßte dieser dann die Verbündeten. Major Carter atmete erleichtert auf und auch Daniel stieß einen leisen Seufzer hervor. Teal’c hingegen blieb ruhig, auch wenn ihm sein Herz vor Freude aus dem Brustkorb zu springen schien. Es gab noch Hoffnung und wenn es auch nur eine geringe Wahrscheinlichkeit war, dass Jack es schaffen würde, so wusste Teal’c doch, dass sein Freund nicht aufgeben würde, dass er kämpfen würde, bis es ihm wieder besser ging. Allein schon wegen Major Carter, welche gerade ein Stoßgebet gen Himmel schickte.

„Wir entschuldigen uns, dass wir uns jetzt erst melden, aber der Kampf gegen die Replikatoren verstärkt sich zusehends.“, gab Thor zurück.

„Schon in Ordnung.“, wehrte General Hammond gehetzt ab.

„Sie kommen zur rechten Zeit. Colonel O’Neill braucht eure Hilfe. Ein wahrscheinlich abtrünniger Asgard hatte Experimente mit ihm gemacht und die Gensequenz geändert.“, fasste Doktor Fraiser knapp zusammen. Teal’c hörte die Skepsis in ihren Worten, denn auch sie glaubte nicht Recht daran, dass die anderen Asgard an dem Vorhaben ganz unbeteiligt waren. Ein Seitenblick verriet ihm, dass Doktor Maxim Harrison vor Staunen den Mund nicht mehr zu bekam. Anscheinend hatte man ihr einige wichtige Details über dieses Programm verschwiegen und um ehrlich zu sein, fand Teal’c das auch besser so. Wer wusste schon, auf was für Ideen diese Frau sonst noch gekommen wäre. Er selbst war schließlich auch eine medizinische Herausforderung.

„Wir hörten davon und versichern euch, dass wir solch ein Verhalten nicht gutheißen.“, sagte Frayer.

„Könnt ihr ihm nun helfen oder nicht?“, platzten Major Carter und Daniel Jackson gleichzeitig hervor. Verlegen grinsend senkten sie den Kopf ein wenig, als Hammond sie scharf ansah. Teal’c hätte wahrscheinlich auch so etwas in der Art gesagt,  wäre er der Typ dazu gewesen, doch er sprach nur, wenn es nötig war und beobachtete lieber. Er wollte sichergehen, dass man auch die Wahrheit sagte und bis jetzt sah es auch so aus. Dennoch hatte er ein ungutes Gefühl und das hatte ihn noch nie getäuscht. Etwas stimmte nicht, doch er würde nicht untätig herumstehen und warten, er würde seinen Freund nicht mit den Asgard alleine lasse, denn diese würden ihn hundertprozentig mitnehmen, soviel war Teal’c klar. Er würde mit ihm gehen und auf ihn Acht geben, allein um sicher zu gehen, dass diese Keylar ihn nicht verwirrte, denn diese würde es sich nicht nehmen lassen, ihn ebenfalls zu begleiten. Außerdem war dies das Einzige, was er noch ausrichten konnte. Ansonsten hätte ihn diese Ungewissheit wahrscheinlich vollkommen wahnsinnig gemacht.

„Wir hoffen es, doch wir können nichts versprechen. Dann müssen wir aber auch sofort aufbrechen.“, meinte Thor und zwinkerte mit seinen großen Augen.

„Doktor Fraiser, machen sie Colonel O’Neill zum Transport bereit. Doktor Harrison, wenn sie ihn begleiten würden, wäre ich ihnen sehr verbunden.“, wandte sich General Hammond an die beiden anwesenden Ärzte. Diese nickten nur kurz und verließen dann den Raum.

Teal’c warf sofort ein: „Ich werden O’Neill ebenfalls begleiten. Er wird einen Freund an seiner Seite brauchen.“ Seinem Ton in der Stimme nach zu urteilen, duldete er keinen Widerspruch. Selbst gegen General Hammonds Befehl wäre er mit O’Neill gegangen.

„Dann wollen wir aber auch mit.“, mischte Sam sich sofort ein.

„Negativ, Major!“, wehrte Hammond ab. „Sie würden dort nur stören. Außerdem werden sie hier gebraucht. Sollte sich etwas an Colonel O’Neills Zustand ändern, werden sie sofort informiert. Teal’c, sie können ihn begleiten. Sie werden während ihres Aufenthaltes dafür sorgen, dass weder Jack noch Doktor Harrison etwas zustößt.“ Er nickte nur und verließ dann ebenfalls den Stargateraum, um seine Stabwaffe und einige Zats zu holen.

„Ich würde euch auch gerne begleiten. Ich kenne mich von allen hier wohl am Besten mit Jacks Zustand aus und auch mit der Asgardtechnologie.“, wandte Keylar sich an die Asgard.

„Natürlich, sie wären uns eine große Hilfe!“, stimmte Frayer zu. Sam fand das gar keine gute Idee. Sie wusste um die Gefühle dieser Frau und auch, dass Jack ihr blind vertrauen würde. Sie könnte ihm erzählen, dass Sam tot sei oder Ähnliches. Carter wollte gar nicht darüber nachdenken. Er könnte sich ganz in sie verlieben und vielleicht nie mehr zurückkehren, vorausgesetzt er schaffte es, wieder ganz normal zu werden. Ein kleiner Trost für sie war es, dass Teal’c bei ihm sein würde, um ihn von Dummheiten abzuhalten und auf ihn Acht zu geben. Dieser bemerkte ihren besorgten Blick als er mit O’Neill und den anderen den Raum betrat und nickte ihr aufmunternd zu. Zwischen ihnen brauchte es keine Worte, sie verstanden einander auch so. Sie sahen sich gegenseitig in die Herzen, was keine Geheimnisse zuließ.

„Einen Moment noch!“, hielt Daniel Jackson sie zurück. Er drückte Jack etwas in die Hand und flüsterte: „Danke für alles! Ich hoffe, es bringt jetzt dir Glück!“ Dann ließ er zu, dass sie seinen Freund durch das Tor brachten. Keylar, Teal’c und die Asgard folgten.

 

*~*~*~*~*

 

Samantha Carter saß in ihrem Labor und trommelte mit dem Kuli auf ihren Unterlagen herum. Sie konnte sich einfach nicht konzentrieren, sosehr sie es auch versuchte. Seit einer Woche hatten sie weder von Jack noch von Teal’c irgendetwas gehört. Ihr war ja bewusst gewesen, dass es dauern könnte und auch, dass sie sich gedulden mussten, aber eine ganze Woche ohne eine Nachricht war einfach zuviel. Sam wurde nervös, aufgekratzt, regelrecht unbeherrscht. Sie machte sich Sorgen, was auch verständlich war und selbst ihre Arbeit konnte sie nicht mehr ablenken. Und dann auch noch immer diese Gefühle. Janet hatte ihr erklärt, dass es die Nachwirkungen der Substanzen sein, die ihr initiiert worden waren, aber das half auch nichts. In der Nähe von Männern bekam sie dennoch ungewollt das Verlangen, einfach über sie herzufallen, ihnen die Kleider vom Leib zu reißen und es mit ihnen hemmungslos zu treiben, auch wenn sie das im Grunde nur mit einem Mann tun wollte. Mit ihrem Vorgesetzten, mit Colonel Jack O’Neill, welcher gerade mit seinem Leben rang. Wieder war da diese Ungewissheit und Hilflosigkeit. Wenn es ein physikalisches Problem gewesen wäre, bei Gott, sie hätte einen Weg gefunden, doch Genetik lag ihr nun wirklich nicht. Sie bemerkte erst, als er ihr einen Becher Kaffee vor die Nase hielt, dass Daniel Jackson den Raum betreten hatte. Dankend lächelte sie ihn an und nahm ihm die Tasse ab. Sie stellte diese vorsichtig auf den Tisch und umschloss sie mit beiden Händen. Sie musste etwas berühren, damit er nicht merkte, dass ihre Hände vor Angst zitterten. Daniel setzte sich zu ihr und musterte sie aufmerksam.

„Alles in Ordnung?“, fragte er schließlich. Er kannte sie gut genug, um nicht zu merken, dass irgendetwas nicht stimmte. Er konnte sich zwar denken, dass es um Jack ging, aber was genau war ihm schleierhaft. Sie machte sich Sorgen, das sah er, aber da war noch etwas anderes in ihren Augen, etwas, das er nicht deuten konnte.

„Ja, klar. Wieso auch nicht?“, wehrte sie ab und nahm einen Schluck von dem heißen Gebräu.

„Es geht um Jack, richtig? Was war los zwischen euch?“, hakte er nach einer Weile nach. Sam schwieg, wusste sie doch nicht, wie sie es ihm sagen sollte. Ob sie es ihm sagen sollte. Jack hatte sie geküsst und sie hatte diesen Kuss erwidert, so etwas konnte sie Daniel nicht einfach anvertrauen. Nicht, dass sie ihm nicht traute, aber woher sollte sie wissen, ob Jack es wirklich ernst gemeint hatte. Laut Janet hatte er schließlich auch solche Nebenwirkungen verspürt und sich sogar an Doktor Harrison rangeschmissen, wenn auch nur auf harmlose Art und Weise. Wer konnte ihr schon garantieren, dass er es ernst gemeint hatte. Jack selbst konnte das nur und der war nicht zugegen. Außerdem war es besser, wenn Jack es Daniel erzählte, falls es was zu erzählen gab.

Schließlich sagte Sam: „Das weiß ich ehrlich gesagt auch nicht so genau. Da musst du schon auf Jack warten.“ Daniel nickte wissend. Er verstand nun, was vorgefallen war. Das Einzige, was er für seine Freundin jetzt noch tun konnte, war sie ablenken.

„Hast du nicht Lust auf einen kleinen Spaziergang an der frischen Luft. Hier unten wird man noch verrückt.“, fragte er lächelnd. Das hätte Jack genauso gut fragen können. Daniel wurde ihm wirklich immer ähnlicher, obwohl man nicht sagen konnte, ob das so gut war. In gewisser Hinsicht schon, wenn es ums Aufheitern ging, aber sonst sollte Daniel doch der Alte bleiben. Auch Sam schenkte ihm ein Lächeln und erhob sich als Zeichen, sein Angebot anzunehmen. Sie gingen schweigend den Flur entlang, fuhren stumm mit dem Fahrstuhl nach oben und meldeten sich schließlich beim Wachpersonal ab. Keiner wusste, was er sagen sollte, aber Worte waren auch überflüssig. Sie verstanden einander blind und diese Vertrautheit tat ihnen gut. Zwar stieg in Sam wieder das Verlangen auf, einfach über Daniel herzufallen, doch sie unterdrückte es wie sonst auch. Darin hatte sie schließlich schon Übung, verleugnete sie ihre Gefühle doch schon über fünf Jahre. Doch damit würde endlich Schluss sein, vorausgesetzt Jack wollte es ebenso wie sie. Sie müssten es jedoch geheim halten, vor allen. Daniel und Teal’c würden es bald erfahren und vor Janet würde sie es sicher auch nicht geheim halten können, die erfuhr schließlich alles, aber weder ihr Vater noch General Hammond durften es wissen, dabei hätte sie es ihrem Vater nur allzu gerne gesagt. Er sollte an ihrem Glück teilhaben, falls es soweit kam. Es hing alles nur davon ab, ob Jack die ganze Sache unbeschadet überstand. Sie wusste gar nicht, warum sie überhaupt zweifelte, hatte er ihr doch irgendwie gestanden, dass er sie liebte. Die Erkenntnis ließ Panik in ihr aufsteigen, könnte es doch das Letzte sein, was er je zu ihr sagen würde. Es wäre zu Ende, bevor es richtig begann.

„Daniel?“, stieß sie plötzlich hervor und sah ihn fast flehend an.

„Was ist?“, fragte er leicht geschockte, aber dennoch sanft.

„Glaubst du, er kommt zu uns zurück?“ Ihre Stimme zitterte, Tränen stiegen ihr in die Augen, sie blieb abrupt stehen.

„Da bin ich mir ganz sicher.“, antwortete er ehrlich. „Wir reden hier schließlich von Jack. Schon allein um dich noch einmal ansehen zu können und dir noch eines deiner wunderschönen Lächeln abzuringen, würde er es überleben. Ich weiß um eure Gefühle füreinander, die sind schließlich nicht zu übersehen.“

„Hat er je erwähnt...“, hakte sie nach, wurde aber sofort von Daniel unterbrochen.

Dieser sagte ernst: „Er hat von nichts anderem gesprochen.“ Sam wusste, dass er log, denn Jack war nicht der Typ, der offen über seine Gefühle sprach, aber das er es indirekt getan hatte, dass bezweifelte sie nicht. Außerdem war sie geschmeichelt über die Worte, die Daniel benutzt hatte und wurde leicht rot. Dieser bemerkte das sofort und grinste schelmisch.

„Wir sollten zurückgehen, vielleicht ist ja inzwischen eine Nachricht gekommen.“, meinte Samantha Carter nach einer Weile.

„Du hast recht, lass uns wieder hineingehen.“ Auf dem Rückweg kam ihnen bereits ein Lieutenant entgegen und teilte ihnen mit, dass Jakob Carter in der Basis eingetroffen sein und sie gerne sprechen würde. Bra’tak sei in seiner Begleitung. Sofort beschleunigten Sam und Daniel ihren Schritt und liefen letztendlich auf das große Tor zu.

 

*~*~*~*~*

 

Der stetige Schlag seines Herzens drang gedämpft an Jacks Ohr. Es hörte sich eigentlich normal an, doch der Schein konnte trügen, soviel wusste er. Es hielt seine Augen weiterhin geschlossen, auch wenn er wissen wollte, wo er sich befand. Seinen Körper spürte er nicht. Es war, als würde dieser nicht mehr existieren. Ein beunruhigendes Gefühl aber auch befreiend und entspannend. Er schien zu schweben, dahinzugleiten auf einem großen Strom und seine Gedanken und Gefühle schienen ihm so klar und deutlich. Seine Liebe zu Sam loderte wie ein Feuer, dass niemand aufzuhalten vermochte und wärmte sein Herz, gab ihm Kraft letztendlich doch noch die Augen zu öffnen und sich umzusehen. Einen Moment stach das Licht in seinen Augen, doch nach mehrmaligem Blinzeln wurde es besser. Er lag anscheinend auf dem Rücken und starrte an die Decke. Sein Körper war also doch da und langsam begann er auch ihn zu spüren. Aber wo war er und in was lag er eigentlich. Es fühlte sich an wie dickflüssiges Wasser, eine Art zähflüssiger Schleim, der ihm anscheinend bei der Genesung helfen sollte. Er hoffte jedoch nur, dass er dieses Zeug nachher auch abbekam. Außer seinem Herzschlag und seiner regelmäßigen Atmung vernahm er nichts. Er war von den Geräuschen der Außenwelt vollkommen abgeschnitten, was ihm im Grunde zusagte. Zu gerne hätte er jedoch jetzt Sams Stimme vernommen oder wenigstens ihr makelloses Gesicht mit ihrem atemberaubenden Lächeln gesehen. Jemand beugte sich über ihn. Er erkannte die Frau sofort.

„Keylar!“, formten seine Lippen, doch es schien ihm, als dränge kein Wort heraus. Sie legte ihm beschwichtigend zwei Finger auf die Lippen und lächelte ihn an. Sie wusste anscheinend, dass er sie nicht hören würde. Sie griff nach seiner Hand, doch er spürte die Ihrige nicht. Sein ganzer Körper war wie taub, gefühllos und vollkommen unfähig überhaupt irgendetwas wahrzunehmen. Doch er wusste, dass sie seine Hand hielt und fürs Erste musste das reichen. Es tat gut, sie zu sehen, es gab ihm das Gefühl, nicht allein zu sein, denn er befand sich definitiv nicht auf der Erde. Wahrscheinlich bei den Asgard, was ihn eigentlich hätte stören müssen, doch diese Flüssigkeit, in welcher er lag, ließ ihn nicht einmal seine Wut spüren. Er war einfach nur ruhig und ausgeglichen. Ein seichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen. Keylar sagte etwas, doch Jack verstand es beim besten Willen nicht. Sie schien auch gar nicht mit ihm zu reden. Augenblicke später blickte er in das Gesicht seines Freundes Teal’c. Jack hätte wissen müssen, dass dieser ihn keine fünf Minuten aus den Augen lassen würde. Teal’c war eine treue Seele, einfach gestrickt wie Jack selbst und wären die Goa’uld nicht gewesen, sicher einfach nur Ehemann und Vater. Er wurde nur Jaffa, weil er Rache üben wollte und insgeheim hatte er da mit Jack etwas gemeinsam, nur das der Feind etwas anders aussah. Jack war nämlich damals aus den gleichen Gründen zum Militär gegangen. Sein Vater war ebenfalls Soldat gewesen, ein verdammt guter sogar und dieser wurde bei einem Einsatz tödlich verwundet. Er hatte seinen Vater dafür gehasst und als er dann achtzehn wurde, ließ er sich ebenfalls verpflichten, um zu beweisen, dass er es besser konnte. Erst mit der Zeit war ihm dann klar geworden, wie albern das doch war, aber aufgegeben hat er trotzdem nicht. Jack musste sich unwillkürlich fragen, wie es wohl gekommen wäre, wäre sein Vater nicht im Kampf gefallen. Wahrscheinlich würde man ihn jetzt nicht Colonel nennen, Sarah hätte er nie kennen gelernt, Charlie nie bekommen und wieder verloren und diese Situation würde ihm vorkommen, wie aus einem schlechten Science-Fiction-Film. Das kam sie ihm auch jetzt, aber er wusste, dass es durchaus real und im Bereich des Möglichen war. Teal’c rang sich ein Lächeln ab und beugte sich noch ein Stückchen vor, so dass Jack die Tapferkeitsmedaille seines Vaters sehen konnte, die ihm nach dessen Tod überreicht worden war. Daniel musste sie Teal’c mitgegeben haben. Sie sollte Jack Glück bringen und sie schien auch zu funktionieren. Er hatte sie Daniel nach Shau’ris Tod gegeben und diesem versprochen, seinen Sohn zu finden. Das sollte ihm Glück bringen und irgendwie hatte sie doch auch geholfen. Sie hatten schließlich seinen Sohn gefunden, wenn auch auf eine andere Art und Weise als sie es sich vorgestellt hatten. War es das etwa, was er vergessen hatte? Hatte es was mit Shau’ri zutun? Richtig, vor zwei Jahren war sie verstorben. Das war ihm entfallen, obwohl er Daniel versprochen hatte, daran zu denken. Diesem hatten die gemeinsamen Erinnerungen an seine Frau soviel bedeutet, er brauchte die Bestätigung, dass sie nicht vergessen wurde und Jack hatte ihm das nicht bieten können. Nicht dieses Mal. Aber er würde es nachholen, das schwor er sich und diesmal würde er es nicht wieder vergessen. Er musste erst wieder gesund werden, aber dann würde er den versprochenen Abend mit Daniel nachholen. Beruhigt schloss Jack die Augen wieder und versuchte noch etwas zu schlafen, wobei ihn sein eigener Herzschlag ins Land der Träume wog.

 

*~*~*~*~*

 

„Dad!“, begrüßte Major Carter ihren Vater freudig, nachdem sie gemeinsam mit Doktor Jackson den Besprechungsraum betreten hatte und umarmte ihn stürmisch. Sie war lange nicht mehr so froh gewesen, ihn zu sehen. Er würde sie ablenken, alles tun um sie aufzuheitern und dazu gehörte auch der schräge Humor, den er genau wie Jack ebenfalls an den Tag zu legen pflegte. Außerdem war es langst mal wieder Zeit für ein Vater-Tochter-Gespräch. Sie hatte zwar in Bastets Palast erst eines gehabt, aber das sollte doch dringend noch weitergeführt werden. Sie wollte wissen, was er von einer Liaison zwischen ihr und Colonel O’Neill hielt. Sie wusste, sie würde ihm nie den Kuss und das Geständnis anvertrauen können, aber mal auf den Zahn fühlen, würde schon nicht schaden.

„Hallo Kleines!“ Auch Jakob drückte sie fest an sich. Ihm fiel ein Stein vom Herzen, als er sah, wie gut es ihr ging.  Zwar bemerkte er ihren sorgenvollen Blick, der sicher Jack gedacht war, aber sonst schien sie wohlauf. Er war neugierig, ob es schon Neuigkeiten von seinem Retter gab, aber da dieser nicht zugegen war, ahnte er schon, dass noch nicht alles überstanden war. Leider hatte er gleich nachdem Jack zu den Asgard geschickt worden war, die Erde mit Bra’tak verlassen müssen, denn sie mussten sichergehen, dass Bastet auch wirklich vernichtet worden war. Zu ihrem Bedauern war das nicht der Fall, jemand musste sie gewarnt haben und ihre Rache war gnadenlos gewesen. Sie hatte so gut wie alle Rebellen getötet und diejenigen, die durch das Stargate hatten fliehen können, waren nun über die ganze Galaxie verstreut. Es würde Monate dauern, sie wieder zu vereinen und eine Streitmacht aus ihnen aufzubauen. Es war so gut wie unmöglich. Teal’c würde dieser Verlust hart treffen, da er sich sicher die Schuld daran geben würde, auch wenn er sie nicht trug.

Sie setzten sich und General Hammond wandte sich mit der Frage an Jakob: „Was führt euch her?“

„Wir wollten euch davon unterrichten, dass Bastet noch lebt und sie war gar nicht erfreut darüber, dass wir ihr Vorhaben vereitelt haben. Zur Strafe hat sie hat einen Großteil der Rebellen vernichtet und macht jagt auf die, die noch am Leben sind. Sie hatte sich Sam anscheinend als neue Wirtin für sich auserkoren, was ihren Wutausbruch erklären würde.“, berichtete Selmak mit der typisch verzehrten Stimme eines Goa’uld oder in seinem Fall halt Tok’ra.

„Das ist ja furchtbar.“, stieß Daniel entgeistert hervor. „Dann ist SG-5 wohl auch tot.“

„Keine Sorge“, wandte Bra’tak ein. „Eurem Team geht es gut. Sie hat es noch rechtzeitig zu den Tok’ra geschafft, wo sie vorerst auch bleiben wollen, um uns bei der Suche nach den Jaffa zu helfen, sollten sie nichts dagegen haben, Hammond von Texas.“

„Natürlich nicht! Sollten sie irgendetwas benötigen, lassen sie es uns wissen. Wir stehen euch mit Rat und Tat zur Seite.“, gab dieser zurück.

„Habt ihr schon was von Jack gehört?“, fragte Jakob gespannt.

„Noch nicht!“, gab Daniel kopfschüttelnd zurück. Er klang traurig, als hätte er wegen irgendetwas Gewissensbisse. „Teal’c hielt es bis jetzt nicht für nötig, sich zu melden, was natürlich nicht zwangsläufig als ein schlechtes Zeichen zu werten ist. Höchstwahrscheinlich will er nur sichergehen, dass es Jack auch wirklich gut ging und er uns nicht unbeabsichtigt Hoffnungen macht.“

„Wie lange bleibst du?“, fragte Sam, um vom eigentlichen Thema abzulenken. Sie wollte nicht über Jack und seinen vermutlichen Gesundheitszustand sprechen. Jedenfalls jetzt noch nicht. Das konnten sie immer noch, nachdem sie Nachricht von Teal’c erhalten hatten.

„Vier oder fünf Tage. Ich dachte, wir könnten Mark ja mal wieder einen Besuch abstatten. Ich würde gerne meine Enkel wieder sehen.“, antwortete Jakob und lächelte seine Tochter aufmunternd an.

„Klingt nicht schlecht. Wir könnten sofort losfahren, wenn General Hammond es erlaubt.“ Samantha warf ihrem Vorgesetzten einen flehenden Blick zu und dieser entließ sie auch sofort.

 

*~*~*~*~*

 

„Bist du bereit, O’Neill?“, fragte Teal’c, welcher gerade das provisorische Zimmer von Jack betrat. Dieser war gerade damit beschäftigt, sich nach einer ausgiebigen Dusche wieder anzuziehen. Teal’c war nicht von seiner Seite gewichen und das hatte ihm die nötige Kraft gegeben, all die Untersuchungen über sich ergehen zu lassen. Außerdem war dieser Jacks einzige Verbindung zur Außenwelt gewesen.

„Ich komme gleich!“, gab er zurück und schloss den letzten Knopf seiner Jeans, die Doktor Harrison ihm besorgt hatte, nachdem sie die frohe Botschaft im Stargatekomplex verkündet hatte. Teal’c nickte stumm und verließ den Raum wieder. Jack setzte sich aufs Bett, um sich die Schuhe anzuziehen und wunderte sich über sich selbst, wie er das alles durchstehen konnte. Manchmal überraschte er sich selbst. Es hatte nach seinem Erwachen noch einige Tage gedauert, bis Jack wieder zur Erde zurück konnte, aber jetzt war es endlich soweit. Das Schlimmste hatte er überstanden, doch ihm grauste davor, was noch kommen würde. Da er strickt abgelehnt hatte, dass Daniel oder Sam ihn besuchten, hatte er am meisten Angst davor, ihnen entgegenzutreten. Ihm war durchaus bewusst gewesen, dass sie sich Sorgen um ihn machten und er ihnen mit dieser Ablehnung wehgetan hatte, aber er hielt es einfach für besser so. Jack hatte sich über Einiges klar werden müssen, besonders was die Geschichte mit Sam anging. Er wollte sie wirklich, daran bestand gar kein Zweifel, aber nach allem, was er in letzter Zeit durchgemacht hatte, wusste er nicht mehr, ob das auch wirklich so eine gute Idee gewesen war, sie einfach zu küssen. Sie waren nicht für einander geschafften, es würde alles nur noch viel komplizierter machen, sie würde ihn noch mehr ablenken, wenn es jemand herausbekam, war er seinen Job so gut wie los und sie den Ihrigen wahrscheinlich auch. Es war so schon schwer genug für ihn. Außerdem würde sie eine solche Beziehung auf Dauer wahnsinnig machen, sie würden sich letztendlich nur noch streiten, einander die Schuld geben und das würde das Klima des Teams zerstören. Schon, am Anfang wäre es der Himmel auf Erden, doch Jack kannte sich nur zu gut, um zu wissen, dass dieses Glücksgefühl nicht ewig anhalten würde. Erst würden es nur Kleinigkeiten sein, dass er romantischer sein oder länger bei ihr bleiben sollte, dass sie bei all der Arbeit keine Zeit mehr füreinander hätten, obwohl sie doch ständig zusammen waren, dass er sie ablenkte, die Gefahr suchen würde, erwischt zu werden, wenn er sich ihr in der Basis näherte und dass er ihr nicht mehr genügend Respekt entgegenbrachte. Irgendwann würde dann aus der kleinen Affäre für einen von beiden mehr werden, er würde eine richtige Beziehung wollen und sich nicht länger verstecken müssen. Das würde für einen von beiden die Kündigung bedeuten und daran würde letztendlich ihre Beziehung zerbrechen. Kinder würden sie nie haben können, aus Angst, sie könnten sie wieder verlieren oder alleine zurücklassen. Ihr Job war zu gefährlich und außerdem wusste Jack gar nicht, ob er jemals wieder ein Kind haben wollte. Noch immer trauerte er Charlie nach, was nicht gerade förderlich für seine Offenheit Sam gegenüber war. Dann war da noch Sarah. Trotz der Scheidung waren sie und Jack immer noch viel zusammen und diese gemeinsamen Stunden wollte er einfach nicht missen, was Sam sicher eifersüchtig machen würde. Sarah war schließlich Charlies Mutter und seine beste Freundin. Dass es mit ihnen in der Ehe nicht geklappt hatte, bedeutete jedoch nicht, dass sie sich nicht mehr verstanden. Sie hatten sich einfach auseinander gelebt und das Jack ein Soldat war hatte wohl am Meisten damit zu tun gehabt. Er wusste, wie schnell es gehen konnte und diese eine Erfahrung reichte ihm, er wollte das Risiko nicht noch einmal eingehen. Er hatte sich damit abgefunden, allein zu sterben, wieso alles für ein paar tolle Wochen oder Monate aufs Spiel setzten? Wieso die Beziehung zu seiner besten Freundin gefährden? Aber würde er das nicht auch so? Es war falsch gewesen, ihr seine Gefühle zu gestehen, aus ihrem Mund die drei Worte zu hören, nach denen er sich so gesehnt hatte und ihr damit falsche Hoffnungen zu machen. Nie würde sie mit ihm glücklich werden, doch ihr das klarzumachen, würde das Schwerste werden, was er je getan hatte, besonders da sich jede Faser seines Körpers dagegen zur Wehr setzten schien. Dagegen war diese ganze Genwandlungsgeschichte das reinste Kinderspiel gewesen, doch er würde es hinter sich bringen, er musste es einfach. Irgendwann würde Sam schon begreifen, dass es so das Beste für beide war. Colonel O’Neill zog sich schnell sein T-Shirt über, schnappte sich seine Lederjacke und verließ kurz darauf den Raum. Für eine ganze Weile wollte er diesen Planeten nicht wieder sehen, allein der Gedanke an die Asgard ließ ihm einen Schauer über den Rücken laufen. Draußen wartete bereits Teal’c geduldig auf ihn,  welcher seine Rolle als Beschützer wohl in der nächsten Zeit nicht ablegen würde. Jack bedachte ihn mit einem Lächeln und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. Mit erwartungsvollem Grinsen auf den Lippen meinte er schließlich: „Lass uns endlich nach Hause gehen, Großer!“

„Natürlich, O’Neill!“, gab dieser ruhig zurück und folgte seinem Freund zum Stargate, wo sie bereits von Thor und den anderen erwartet wurden. Selbst der Anblick dieser kleinen Männchen konnte Jack nicht die Laune verderben, denn er versuchte sich darauf zu konzentrieren, an die schönen Dinge zu denken, die ihn zu Hause erwarteten. An sein warmes, kuscheliges Bett, die Sonnenuntergänge, die er vom Gipfel des Cayenne-Mountain ab und zu beobachtete, die nervenaufreibenden Abenteuer und natürlich die Unterhaltung mit Daniel, bei welchem er sich jedoch vorher noch entschuldigen musste. So schwer würde ihm das aber wahrscheinlich nicht fallen, schließlich hatte er schon Übung darin, musste er sich doch mindestens jeden zweiten Monat dazu durchringen. Wieder einmal nahm er sich vor, diese kleinen Ausrutscher zu unterlassen, wusste jedoch schon jetzt, dass es nicht allzu lange dauern würde, bis er seinen Vorsatz wieder brach. So war er halt und das würde sich auch garantiert in nächster Zeit nicht ändern.

„Da sind sie ja endlich, Colonel!“, stieß Doktor Maxim Harrison leicht nervös hervor. „Dann können wir ja endlich gehen.“ Sie schien immer noch leicht unter Schock zu stehen und Jack wurde unweigerlich an Sams Reaktion bei ihrer ersten Mission erinnert. So aufgekratzt hatte er sonst nur kleine Kinder vor Weihnachten erlebt. Er wettete mit sich selbst, dass sie die Nacht davor nicht ein Auge zu bekommen hatte. Nicht, dass er viel geschlafen hätte, aber das war eine andere Sache. Bei ihm ging es schließlich darum, seine Freunde, darunter auch Daniel Jackson, endlich wieder zu sehen. Besonders aufgeregt war er in Bezug auf Skaara, welcher sich sicher mächtig verändert hatte. 

„Hätten sie ne Woche in dem Rotz gelegen, wären sie jetzt auch nicht schneller.“, verteidigte sich Jack witzelnd. Irgendwie fehlte jedoch irgendetwas. Carters belustigtes Lächeln, obwohl er bis heute nicht wusste, ob sie über seine Witze oder seine Blödheit grinste. Höchstwahrscheinlich aber auch nur aus Mitleid. Keylar trat auf ihn zu und legte ihre linke Hand an seine Wange, während ein leichtes Lächeln ihre Lippen umspielte. Sofort erschien das Bild von Sam vor seinen Augen, wie sie ihn vor seinem Zusammenbruch angesehen und ihm ihre Liebe gestanden hatte. Er konnte anscheinend an nichts anderes mehr denken, als an seinen Major, doch das war es, was sich gerade ändern sollte, was sich ändern würde. Er konzentrierte sich auf Keylar, welche ihm sehr wichtig war und hoffte, sie würde nicht bemerken, dass er so lieber mit einer anderen Frau zusammen gewesen wäre, als mit ihr. Nicht, dass er sie nicht begehrte, weiß Gott das tat er, sonst hätte er wohl kaum die Nacht mit ihr verbracht, aber er wusste, es war keine Liebe, es war lediglich die Überwältigung seiner vollkommen außer Kontrolle geratenen Gefühle gewesen. Natürlich hätte Jack ihr das so nie gesagt. Tief sah sie ihm in die Augen und es kostete ihn Kraft, ihrem Blick standzuhalten und nicht den Kopf abzuwenden. Es war, als würde sie auf den Grund seiner Seele sehen und ihn doch nie erreichen.

„Es heißt für uns wohl jetzt Abschied nehmen.“, sagte sie ruhig.

„Sieht ganz danach aus. Natürlich könntest du mich genauso gut noch mit zur Erde begleiten. General Hammond hätte sicherlich nichts dagegen, wenn ich dir ein kleines Stückchen unserer Welt zeige.“, entgegnete er mit eben dieser Gelassenheit, die auch sie aussandte. Ihm wurde klar, dass sie es durchaus wusste, dass sie verstand, was damals in ihm vorgegangen war, was jetzt in ihm vorging und es gab nichts, was diese Gewissheit stürzen würde.

„Das würde das Unvermeidliche doch nur herauszögern und das weißt du ganz genau, Jack.“, wandte sie leicht den Kopf schüttelnd ein, um ihren Standpunkt noch zu untermauern. Es tat ihr im Herzen weh, ihn gehen zu lassen und das auch noch zu der Frau, die sein Herz erobert hatte. Sie würde Carter nie das Wasser reichen können und deswegen wollte sie es weder ihn noch ihr unnötig schwer machen. Wahrscheinlich würde sie ihn nie wieder sehen, alleine in der Galaxie umherziehen und versuchten, den Jaffa auf ihre Art und Weise zu helfen. Sie könnte sich natürlich der Rebellion anschießen, doch sie war lieber für sich allein. Außerdem konnte es gut möglich sein, dass sie ihm dann viel zu oft über den Weg lief, war sein bester Freund doch so etwas wie der Anführer der Revolte. Sie wollte jedoch gebührend Abschied nehmen. Ihre Hand wanderte an seinen Nacken und zog seinen Kopf zu ihr herunter. Ihre Lippen presste sie sanft auf die Seinigen und er erwiderte diese Geste genauso zart, als würde Keylar zerbersten, sollte er diese Intimität verstärken. Berühren tat er sie jedoch nicht. Das hätte die Grenze überschritten und das wollte, konnte er unter keinen Umständen. Auch für sie würde es nie eine Zukunft geben und es lag nicht nur daran, dass er es von sich aus nicht konnte, dass er Zweifel hatte. Es waren einfach zwei vollkommen verschiede Welten, die dort aufeinander trafen.

„Also, bis irgendwann!“, hauchte er ihr entgegen, nachdem sie sich aus ihrem Kuss gelöst hatten und trat einen Schritt zurück.

„Lebe wohl, Jack!“, entgegnete Keylar hingegen so laut, dass es jeder hören konnte und trat dann durch das geöffnete Stargate, welches kurz darauf die Verbindung unterbrach. Jack wusste, er würde sie nie wieder sehen, doch er war nicht wirklich traurig darüber, schließlich würde er sie so schnell nicht vergessen, er hatte ihr sein Leben zu verdanken und das in mehr als nur einer Hinsicht. Kurz darauf gingen auch Teal’c und er durch den Ereignishorizont des Sternentores und es ging für beide nach Hause.

 

*~*~*~*~*

 

Doktor Daniel Jackson saß so ziemlich an der Spitze des Cayenne-Mountain und starte in den sternklaren Himmel. Mehr denn ja wünschte er sich, Abydos als kleinen Punkt am Firmament zu sehen, doch der Planet lag zu weit weg, um ihn mit bloßem Auge sehen zu können. Aber seine Gedanken reichten bis dorthin. Die erste Mission, er konnte sich noch genau daran erinnern. Nachdem er den Code geknackt hatte, welcher im Grunde so simpel war, dass selbst Jack ihn hätte lösen können, waren sie aufgebrochen und durch einen beinahe schon wieder lächerlichen Zufall auf diese Zivilisation gestoßen. Man hatte sie doch glatt für Götter gehalten und das nur, weil Kathrin ihm das Amulett des Ra als Glücksbringer mitgegeben hatte. Dort hatte er dann Shau’ri zum ersten Mal gesehen und es war, als bestände ein Band zwischen ihnen, als hätten sie nacheinander gesucht und sich endlich gefunden. Ihre schüchternen Blicke, ihr keusches Lächeln und ihre wundervollen  rehbraunen Augen. Dann war da die Nacht, in welcher sie ihm zum Geschenk gemacht wurde. Geschmeichelt, aber dennoch etwas unsicher hatte er ihr klargemacht, dass es nicht das war, weswegen er sie aufgesucht hatte. Daniel war einfach nicht dieser Typ Mann, der es schamlos ausgenutzt hätte, dass sie ihn für das hielten, was er nun einmal nicht war. Jack hätte wahrscheinlich vollkommen anders reagiert, aber nur, wenn es unter anderen Umständen gewesen wäre. Wenn er sich keine Sorgen um sein Team hätte machen brauchen und nicht mit dem Gedanken gespielt hätte, sich samt Planet in die Luft zu jagen. Dieser hatte sich seitdem erheblich geändert und auch Daniel war nicht mehr der Selbe wie früher. Sie hatten voneinander gelernt, Eigenschaften des anderen übernommen und gelernt, sich gegenseitig auszugleichen. Sie waren wie zwei Seiten einer Medaille, nur zusammen konnten sie etwas Ganzes bilde. Daniel fragte sich, wie er das vergessen konnte. Allein ihre Freundschaft und ihr Vertrauen hatten sie doch mehr als einmal aus Situationen befreit, die aussichtslos zu sein schienen. Die letzten Tage hatten mal wieder bewiesen, wie schief es gehen konnte, wenn man ohne diese Verbindungen an eine Sache heranging. Genau wie auf Abydos. Hätte Jack ihm damals nicht vertraut, vielleicht wären sie dann schon über sieben Jahre tot. Eine lange Zeit, musste Daniel feststellen und sie war so schnell vergangen. Es kam ihm noch vor, als wäre es gestern gewesen, dass er sein Gesicht in Shau’ris dichtem Haar vergraben und ihren lieblichen Duft tief in sich eingesaugt hatte. Diese kleinen Gesten waren es, die er am meisten vermisste. Ein flüchtiger Kuss, fast unwillkürliche Berührungen, wenn sie nebeneinander hergingen, ihre sanfte Stimme in seinem Ohr, ihr Gesicht ganz nah vor seinem, ihr interessierter Blick, wenn sie wieder etwas entdeckte, dass für ihn so normal war und für sie ein Wunder darstellte oder wie sie schlafend in den Laken ruhte und er ihr dabei zusehen konnte. Nach all der Zeit liebte er sie noch immer und diese Tatsache ließ ihn lächeln. Daniel hörte leise Schritte hinter sich. Sie waren kaum zu vernehmen, doch waren sie da. Schritte eines Soldaten, darauf trainiert kein Geräusch zu machen, sich anzuschleichen wie eine Wildkatze und auch so zuzuschlagen. Ein missglückter Versuch, musste er feststellen oder Absicht. Daniel drehte sich um und erkannte eine große dunkle Gestalt, die mit den Händen in den Hosen auf ihn zukam. Die Statur, die Haltung, der Gang, an allem erkannte er ihn, noch bevor er im Schein der vielen Lampen sein Gesicht erkennen konnte. Jack O’Neill!

„So ein Saftladen!“, regte dieser sich auf, nachdem er ins Licht getreten war und Daniel überrascht aufgesprungen war, um dann wie angewurzelt stehen zu bleiben. „Ich komme hier an und niemanden scheint das auch nur im Geringsten zu interessieren. Das Einzige, was ich zu hören kriege, ist ein mürrisches: ‚Schön das sie wieder da sind, Colonel‘, so nach dem Motto: ‚Dann können sie morgen ja wieder arbeiten.‘ Ich dachte, ihr würdet mich wenigstens ein wenig vermissen, schließlich habe ich euch den Arsch gerettet!“ Er blieb vollkommen ernst, obwohl ihm mehr danach war, laut loszuprusten. Natürlich war niemand dort gewesen, schließlich hatte man das Stargatecenter ja nicht von seiner Ankunft unterrichtet und als das Stargate dann angewählt wurde, war es zuspät. Außerdem war es ziemlich spät und nachts herrschte einfach kein Verkehr in der Basis. Eigentlich hatte er sogar erwartet, seinen Freund zu Hause anzutreffen und da wäre er auch Überflüssigerweise hingefahren, wenn er nicht dessen Fahrzeug auf dem Parkplatz gesichtet hatte.

„Jack!“, hauchte Daniel vollkommen perplex, bevor er seinem Freund brüderlich in die Arme schloss. O’Neill presste ihn mit der gleichen Intensität an sich, wie auch er von Daniel umarmt wurde.

„Schon besser!“, bemerkte Jack und klopfte Daniel aufmunternd auf den Rücken, bevor er ihn wieder losließ. Normalerweise hasste Jack Umarmungen zwischen Männern, besonders wenn er einer davon war, aber diesmal tat es ihm sogar gut. Er brauchte einfach die Bestätigung, dass alles wieder sein würde wie früher, dass sich nichts änderte, auch wenn er wusste, dass das im Grunde so ganz und gar nicht stimmte. Die beiden Männer setzten sich auf den Boden und sahen hinauf in die Sterne, so wie Daniel es zuvor getan hatte. Sie sprachen eine ganze Weile nicht ein Wort miteinander. Es gab nichts zu sagen oder sogar so viel, dass keiner wusste, wo er die Sache anreißen sollte. Schließlich brachte Jack heraus: „Es tut mir leid.“

„Was?“, fragte Daniel, denn es gab so Vieles für das Jack sich hätte entschuldigen können, wofür er nicht einmal etwas konnte. So war sein Freund halt.

„Das ich meine Versprechen nicht halten konnte, dass ich dich angeschrieen habe und du meinetwegen verletzt wurdest.“, gestand er. Jack hatte seinen Blick nicht vom Firmament abgewandt, sah weiterhin gedankenverloren in die Sterne und es schien, als wolle er den Sinn des Universums ergründen, das Geheimnis, welches in ihm lag, welches sie zu begreifen strebten. Das war eher untypisch für Jack, aber wahrscheinlich fragte dieser sich auch nur, wie Daniel wohl darauf reagieren würde, obwohl sein Herz die Antwort schon kannte.

„Unter anderen Umständen wäre das alles nicht geschehen. Es ist nun wirklich nicht deine Schuld.“, wehrte Daniel ab, fügte aber sofort hinzu: „Wenn du dich bei jemanden entschuldigen solltest, dann bei Sam.“ Jack war so leicht zu durchschauen. Er drückte sich ganz offensichtlich davor, mit Sam zu sprechen, denn dann würde er wahrscheinlich den größten Fehler seines Lebens begehen. Er schien sich der Sache so sicher, doch die Zweifel blieben. Es hatte sich bereits alles geändert, es war nicht mehr rückgängig zu machen, doch Jack verdrängte diese Tatsache erfolgreich und stellte sich dumm.

„Wieso gerade bei ihr?“, fragte er fast wieder zu beiläufig, als das er uninteressiert klingen konnte.

„Weil sie dich liebt, deswegen. Du hast ihr Angst gemacht und sie hasst es, um dich bangen zu müssen.“, antwortete Daniel unverhohlen. Dieser war schließlich weder blind noch blöd. Das sich seine beiden besten Freunde mit den Blicken auszogen war nun wirklich nicht zu übersehen und ihre Flirterei schon gar nicht. Er musste sich das schließlich jeden Tag anhören und langsam nervte ihn dieses hin und her ganz schön. Sie sollten es endlich hinter sich bringen. Schlimmer konnte es schließlich nicht mehr werden. Ein Seitenblick zu seinem Freund verriet Daniel, dass dieser nicht nur ziemlich überrascht über dessen Ehrlichkeit war, sondern auch perplex, weil es so offensichtlich zu sein schien. Er dachte, er hätte es gut verbergen können, all die aufgewühlten Gefühle wären latent durch seine Maske gewesen. Andererseits schien es kein Wunder, dass Daniel das erkannt hatte, waren sie doch schließlich die besten Freunde und nichts desto trotz kannten sie den Gegenüber besser als sich selbst. Jack grinste schief, über sich selbst, denn er war doch tatsächlich so naiv gewesen, zu glauben, er könnte ihm etwas vormachen.

„Vielleicht hast du Recht. Ich werde noch mit ihr reden.“ Doch nicht heute, fügte er in Gedanken hinzu, denn diesen Abend wollte er ganz seinem Freund widmen. Vielleicht waren das auch nur Ausflüchte, denn Jack würde ihr unweigerlich wehtun, aber er wusste, dass es so richtig war. Es wäre lediglich aufgeschoben, doch musste er es noch hinter sich bringen. Sie würde ihn hassen oder Schlimmeres, ihn ignorieren. Ihr Vertrauen in ihn würde noch ein wenig mehr zerbersten und eine weitere Narbe würde ihr liebendes Herz zieren. Es war vielleicht doch keine so gute Idee, es ihr einfach zu sagen, wenn sich dann doch nichts ändern würde. Es musste etwas Endgültiges sein, er musste aus ihrem Leben verschwinden, nur so hatte wenigstens einer von ihnen eine reelle Chance, glücklich zu werden. Aber würde er es auch überleben, sie nie wieder lachen zu sehen, nie wieder ihren Duft einzuatmen, nur flüchtig einen Teil ihres Körpers zu streifen, um ihre zarte Haut zu fühlen oder das Feuer in ihren Augen zu betrachten, während sie über Dinge sprach, die er nicht einmal verstand? Sicher nicht! Allein die letzten Monate waren die Hölle für ihn gewesen und die Folter der Goa’uld war da nicht einmal das Schlimmste gewesen. Mehr hatte ihm die Stille zugesetzt, die Einsamkeit und all das, was ihm durch den Kopf ging. Er hatte einfach zuviel Zeit zum Nachdenken gehabt, viel zuviel Zeit. Immer wieder kam ihm Charlie in den Sinn, Kowalsky, Sarah und so viele andere Menschen, die er verlor. Es hatte ihn gequält und mehr geschmerzt als die Anfangsphasen der Metamorphose, die stundenlangen Verhöre oder unerbittlichen Tests des Asgard. Allein der Gedanke an sie, hatte ihn das alles überstehen lassen, die Hoffnung, zu ihr zurückzukehren und auch nur noch einmal ihr wundervolles Lächeln zu erspähen. Er verdrängte den Gedanken an sie, versuchte sie nur für diesen Abend aus seinem Hirn zu vertreiben und auch wenn es ihm nicht gelingen würde, bei Gott, er würde es versuchen. Jack musste sich jetzt ganz auf Daniel konzentrieren, schließlich gab es noch mehr Menschen, die er liebte und die ihm mindestens ebensoviel bedeuteten. Nach einer geraumen Zeit meinte Jack dann beiläufig: „Ziemlich viele Sterne heute Nacht zu sehen. Welcher davon ist Abydos?“ Ein Wink mit dem Zaunpfahl, fand Daniel, aber so war Jack nun einmal.

„Abydos kann man nicht sehen. Ist zu weit weg.“, entgegnete Daniel leicht geknickt.

„Von wegen weit weg!“, stieß Jack hervor. „Ein Schritt und wir sind da. Was sagst du, statten wir ihnen einen kleinen Besuch ab? Dieses komische Gebräu ballert sowieso viel mehr als unser berühmter Jack Daniels. Papa Hammond hat es erlaubt.“ Endlich sah Jack ihn an und noch immer lag ein breites Lächeln auf seinen Lippen. Daniel musste unwillkürlich auch grinsen, denn Jack brachte es doch immer wieder fertig bei jeder Bemerkung einen schlechten Scherz miteinzubauen.

„Klingt gut.“, antwortete Daniel nickend.

 

*~*~*~*~*

 

„Sie werden schon anrufen, wenn sich etwas ändert.“, versuchte Jakob Carter seine Tochter zu beruhigen und sie wenigstens fünf Minuten vom Telefon loszureißen. Sie saß auf der Couch im Wohnzimmer ihres Bruders Mark, die Arme auf der rechten Lehne liegend und den Kopf darauf gebettet. So starrte sie wie hypnotisiert auf ihr Handy, welches auf dem kleinen Tisch lag und keinen Ton von sich gab. Damit hatte sie bereits den ganzen Tag verbracht, doch bis jetzt war es stumm geblieben. Vier ganze Tage waren seit ihrer Flucht aus dem Stargatecenter vergangen und sosehr die Kinder ihres Bruders sie auch abgelenkt hatten, schweiften ihre Gedanken doch immer wieder zu Colonel O’Neill, ihrer großen Liebe. Sie fragte sich, wie es ihm wohl jetzt erging, ob er überhaupt noch am Leben war und wenn, ob die Asgard diese Wandlung rückgängig machen konnten. Sie hoffte es sosehr. Nicht ertragen würde sie es, wenn er nicht wieder der Alte werden würde, der Mann, in welchen sie sich verliebt hatte, der ihr immer wieder Rätsel aufgab und sie manchmal sogar zur Weißglut treiben konnte. Samantha wollte in seine braunen Augen sehen, dass Feuer in ihnen entfachen, so wie sie es immer tat, ein verschmitztes Grinsen sollte sich in seinem Gesicht breit machen und die süßen Grübchen noch ein wenig mehr zur Geltung bringen und dann würde er durch einen sarkastischen Spruch auch bei ihr ein Lächeln entflammen. Sie wollte ihn umarmen, nur noch ein einziges Mal und ihn selbstverständlich nie wieder loslassen. Es war ihr egal geworden, was die anderen dachten, zu lange schon hatte sie darauf geachtet. Es wurde Zeit, dass sie ihre Bedürfnisse in den Vordergrund stellte und ganz oben auf ihrer Liste stand sein Name und daneben in fetten schwarzen Großbuchstaben das Wort SEX! Ja, sie wollte ihn nicht nur allein bei sich wissen, sie wollte ihn ganz und es lag nicht an dem Zeug, dass ihr verabreicht worden war, ihr Verlangen hatte sich mittlerweile sozusagen normalisiert, wenn man feuchte Träume von Jack bei ihr als normal bezeichnen konnte. Doch so einfach würde es nicht werden. Tief in ihrem Inneren spürte sie seine Zweifel, seine Angst und den Gedanken, es bei dem zu belassen, was zwischen ihnen passiert war. Noch einmal würde sie ihn jedoch nicht ungeschoren davonkommen, das schwor sie sich. keine Ausflüchte mehr, kein Hinhalten, kein Verstecken. Ab heute würde nur noch die Wahrheit zählen. Sam setzte sich zuversichtlich auf und grinste ihren Vater an.

„Ich weiß!“, meinte sie und kuschelte sich an ihren Vater, welcher sich zu ihr gesetzt hatte. „Sie werden es schließlich auch erst erfahren, wenn er schon längst wieder auf dem Weg nach Hause ist.“ Sie kannte ihn besser als ihr manchmal lieb gewesen wäre, er war immer wieder für Überraschungen gut und unangemeldet auftauchen war eine seiner Spezialitäten. Er hätte es sich nie nehmen lassen, das ganze SGC mit seiner plötzlichen Ankunft in Aufregung zu versetzten. Es waren weitere vier Tage vergangen und morgen würde sie ihren Vater wieder zum Stargatecenter zurückbringen müssen, es war also ihr letzter gemeinsamer Abend. Den wollte sie genießen, schließlich wusste sie nicht, wann sie ihren Vater wieder sehen würde.

„Ja, genau!“, gab dieser zurück. „Das wäre unser Jack wie er leibt und lebt.“ Sie sah zu ihm auf und erblickte sein warmes Lächeln. Diese Situation war ihr so vertraut. Oft hatten sie so dagesessen, als sie noch ein Kind gewesen war. Immer wenn er mal Urlaub hatte, hatten sie den ganzen Abend geredet, sie hatte ihm alles haarklein erzählt, was passiert war, Geheimnisse schienen vor ihm nicht nötig und war dann irgendwann in seinen starken Armen eingeschlafen. Damals hatte sie geglaubt, sich bei keinem andern Mann so geborgen zu fühlen, wie bei ihm, aber da kannte sie Colonel O’Neill auch noch nicht. Sie hatte die Zeit genossen, jede einzelne Sekunde und für einen kleinen Augenblick hatte sie all ihre Sorgen vergessen können. Vielleicht war es ja gut, ihm anzuvertrauen, was in ihr vorging, eventuell verstand er sie sogar und wusste eine Lösung. So klein die Chance auch, war, musste sie diese doch eingehen. Irgendwann würde er es sowieso erfahren, wieso dann nicht jetzt, wieso nicht heute? Nichts sprach dagegen und sollte er dieser Überlegung wirklich nicht angetan sein, hätte sie ihn wenigstens nicht vor vollendete Tatsachen gestellt, obwohl sie ihre Liebe zu Jack wohl kaum so einfach ändern ließe. Größtenteils lag es sowieso noch an Jack, ob er sich alles eingestand oder lieber versuchte, den Schwanz einzuziehen.

„Ich vermisse ihn.“, gestand Samantha ihrem Vater schließlich. „Ich vermisse ihn sehr.“

„So geht es wohl jedem, der sich an ihn gewöhnt hat.“, entgegnete Jakob aufheiternd. Er wusste, wie schwer es seine Tochter haben musste. Sie machte sich Sorgen, wahrscheinlich sogar mehr als jeder andere, was bei ihren Gefühlen für ihn nicht verwunderlich war. „Mach dir keine Sorgen, ich bin sicher, es geht ihm gut. Es bedarf mehr, ihn zu vernichten, als ein kleines Experiment der Goa’uld.“

„Schon möglich, aber es ist auch so, dass ich...“, begann sie, wurde aber von ihrem Vater unterbrochen.

„Weißt du, deine Mutter saß auch immer vor dem Telefon, wenn ich nach Hause kam, aber sie schien sich innerlich zu wünschen, dass es nicht klingelte, denn das würde meinen Tod bedeuten. Es ist also nicht unweigerlich ein gutes Zeichen, wenn das Telefon klingelt. Deswegen rief ich auch nie vorher an, um sie nicht zu verängstigen. Du weißt ja gar nicht, wie ähnlich du deiner Mutter bist.“ Sie sah die Liebe in seinen Augen, tiefe Verbundenheit zu ihrer Mutter, die noch immer zu bestehen schien und auch die Trauer über diesen herben Verlust, den sein Herz erleiden musste. Sam genoss es immer wieder mit ihrer Mutter verglichen zu werden, denn dann hatte sie das Gefühl ihr ganz nahe zu sein. Ihre Seele schmerzte dann nicht ganz so sehr. Auch ihrem Vater schien es besser zu gehen, es fiel ihm viel leichter über sie zu reden, wenn er ab und zu solch eine Bemerkung machte. Sicher verschwand so die Einsamkeit, die diese endgültige Tatsache ihres Todes mit sich brachte, für einige Momente aus seinen Gedanken und er konnte sich den schönen Zeiten widmen. „Sie war so zerbrechlich, man sah es in ihren Augen, aber ihre Haltung war stolz und ihr Willen stark. Sie hat sich von nichts und niemanden unterkriegen lassen, folgte immer ihrem eigenen Kopf, impulsiv und aus dem Bauch heraus. Was auch immer sie in Angriff nahm, sie tat es mit ganzem Herzen und ohne zu Zweifeln. Sie wollte euch beide mehr als alles andere. Sie hat euch so geliebt.“

„Ich bin nicht wie sie. Ich zweifle bei allem, was ich tue. Ich höre auf meinen Verstand, nicht auf mein Herz. Ich verleugne, was ich fühle und ich stelle mein eigenes Glück für andere zurück.“, wehrte Sam den Tränen nahe ab. Sie liebte es, dass ihr Vater so über ihre Mutter sprach, aber heute konnte sie einfach nicht ertragen, mit ihrer Mutter verglichen zu werden, hatte er doch unrecht. Vielleicht sah er auch etwas in ihr, dass sie nicht erkannte, eventuell wollte sie seinen Worten keinen Glauben schenken oder sie hatte einfach nur Angst davor, denn es würde so viele Opfer bedeuten.

„Ich weiß.“, bemerkte Jakob mit diesem Vaterton in der Stimme, der es so erscheinen ließ, als würde er alles wissen, als kenne er die Geheimnisse des Universums, als läge es so einfach, die Antwort so klar und deutlich vor einem, doch Sam konnte sie nicht sehen, sie war ihr verborgen. Er fuhr mit einem warmen Lächeln fort: „Du bist schließlich auch mein Kind. Das hast du von mir. Als ich deine Mutter das erste Mal sah, war ich so unsicher, dass ich nicht einmal wagte zu atmen und als ich sie dann endlich doch ansprach, gab sie mir eine knallharte Abfuhr. Sie meinte, ich sei nicht ihr Typ und das war das einzige Mal, dass sie sich irrte. Denn du hast eine ganz wichtige Eigenschaft von mir geerbt, meinen Dickschädel. Ich habe nicht locker gelassen, bis sie mit mir ausging und das hat lange gedauert, denn sie meinte, mich nicht leiden zu können. Danach war sie mir jedoch verfallen. Das Gleiche hast du mit Jack gemacht, du hast ihn um den Finger gewickelt und in deinen Bann gezogen.“ Bei dieser Bemerkung musste Sam kichern. Ja, sie war ihrem Vater wirklich sehr ähnlich, das war selbst Jack schon aufgefallen und er wurde daraus einfach nicht schlau. Ihr Vater wusste es und er schien entgegen all ihren Zweifeln nichts gegen eine Verbindung zwischen ihnen beiden zu haben. Sie war so glücklich, einen Vater wie ihn zu haben.

„Danke Dad!“ Samantha Carter gab ihm einen dicken Fuß auf die Wange und schmiegte sich dann wieder an ihn. „Jetzt fehlt nur noch ein Schlupfloch oder ich scheide aus dem Militär aus.“

„Glaubst du wirklich, er würde das wollen?“, hakte Jakob besser wissend nach.

„Sicher nicht! Es würde ihm nur Schuldgefühle machen. Ich weiß nur nicht, ob ich einen Weg finden werde.“, antwortete sie niedergeschmettert.

„Dann lass ihn einen Weg für euch finden.“ Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, klingelte Sams Handy und zwei Augenpaare richteten sich darauf. Sie wusste, es war eine Nachricht von Jack. Nicht von ihm persönlich, aber es hatte mit ihm zu tun. Jetzt ahnte sie, wie sich ihre Mutter gefühlt haben musste, wenn das Telefon klingelte und ihr Vater nicht zu Hause war. Sie hatte Angst abzunehmen, Angst, es wäre eine schlechte Neuigkeit, Angst, sie würde Jack O’Neill nie wieder sehen. Einfach nur unbeschreibliche Angst.

 

*~*~*~*~*

 

Zwei Stunden früher. Als Doktor Jackson am nächsten Morgen aufwachte, schien sein Kopf zu zerbersten. Jemand hämmerte mit einem Vorschlaghammer gegen die Innenseite seines tonnenschweren Schädels und zwang ihn somit, sich kein Stück zu bewegen. Jack hatte recht behalten, dieses Zeug war tausendmal schlimmer als Jack Daniels oder jedes andere alkoholische Getränk, welches Daniel je getrunken hatte. Von Natur aus konnte er schon nicht allzu viel ab und wie hatte Jack mal gesagt, er sei billiger besoffen zu machen als seine Frau Sarah, was wahrscheinlich auch stimme, doch diesmal hatte er wirklich nicht viel getrunken. Vielleicht drei oder vier Schalen, doch das hatte gereicht. Er war so benebelt gewesen, dass er kaum noch etwas von letzter Nacht wusste und Jack sollte es wohl nicht anders gehen, schließlich hatte dieser noch mehr von dem Gebräu zu sich genommen als er. Schon, Jack war was das anging hart im Nehmen, aber selbst er würde einen deftigen Kater davontragen. Für die nächste Zeit wären sie wohl bedient und würden die Finger von allem alkoholischen lassen. Na ja, Jack auf jeden Fall für die nächsten drei Monate. Daniel zwang sich, sich zu erheben, um zu sehen, wo sein Freund war, doch das Bett neben ihm, welches für Jack bestimmt gewesen war, war leer. Es war unbenutzt, obwohl jemand darauf gesessen zu haben schien. Jack hatte wohl die ganze Nacht kein Auge zu bekommen. Daniel hatte schon befürchtet, dass etwas mit seinem Freund nicht stimmte, sonst war dieser nämlich irgendwie gesprächiger, doch als sie so zusammen gesessen hatten und sich unterhielten, hörte Jack meist nur zu und wenn er was sagte, fasste er sich kurz. Gedanklich schien er weit weg zu sein, höchstwahrscheinlich auf der Erde, dort wo eine wunderschöne kluge Frau sehnsüchtig auf ihn wartete und die aus Sorge vermutlich verrückt würde. Dennoch schien es, als wollte O’Neill dennoch so schnell wie möglich wieder von der Erde weg. Irgendetwas in Bezug auf Sam machte ihm zu schaffen. Dieser Idiot hatte etwas vor und Daniel wusste, dass es nichts Gutes zu bedeuten hatte, für keinen von ihnen. Er kannte seinen Freund, dieser würde etwas sagen, dass die Entwicklung zwischen ihm und Sam wieder vollends zunichte machen würde und sie damit womöglich ihre ganze Freundschaft zueinander zerstörten. Die Zusammenarbeit wäre damit so gut wie ausgeschlossen und in naher Zukunft würde einer von ihnen das Weite suchen. Da war es Daniel schon lieber, dass sie es endlich hinter sich brachten und zusammenfanden. Natürlich waren ihm Jacks Selbstzweifel nicht unbekannt und er verstand sie ja auch, doch war er nicht mehr der Mann, den Daniel kennen gelernt hatte. Jack hatte  sich gewandelt, war offener geworden, ausgeglichener und vor allem zeigte er Gefühle. Zwar hatte Daniel ihn nie weinen sehen, was kein Wunder war, war er doch Soldat, doch das bedeutete noch lange nicht, dass dieser es nicht konnte. Er tat es auf seine Weise, er ging auf seine Art mit der Trauer um. Zweifel waren also nicht nötig, aber es einem Dickschädel wie Jack zu erzählen, würde wohl nichts bringen. Mit höchster Wahrscheinlichkeit hatte er aus diesem Grund auch vor, Samantha Carter schrecklich wehzutun. Das musste Daniel unter allen Umständen verhindern, aber zuvor musste er ganz dringend irgendwoher eine Aspirin bekommen oder auch zwei. Wie aufs Stichwort trat sein Vater ins Zimmer, eine weiß-grüne Packung misstrauisch begutachtend und einem Glas klarem Wasser in der Hand.

„Oh gut, du bist wach, mein Sohn!“, meinte dieser, als er aufsah. „O’Neill hat das für dich hier gelassen, aber ich verstehe nicht, wie ein Stück Papyrus deine Schmerzen lindern soll und dann auch noch ein so Großes.“

„Es ist der Inhalt, Dad.“, lachte Daniel Jackson und bereute es im selben Moment, denn sein Kopf begann unnatürlich stark zu pochen und drohte jeden Augenblick zu zerplatzen. Er nahm seinem Vater beides ab und schluckte zwei der bitteren Tabletten auf einmal, welche er dann mit dem Wasser seinen Rachen hinunterspülte. Nach einiger Zeit ging es ihm dann besser. Leise, um nicht seinen Kopf so zu schinden, fragte er: „Wo ist er?“

„Er ging durch den Ring der Götter zurück nach Tauri, nachdem er sich von Shau’ri verabschiedet hatte. Er meinte, ich solle dich schlafen lassen, du bräuchtest die Ruhe und Zeit für dich.“, entgegnete Kasuf flüsternd, um den Schmerz nicht noch anzureizen.

Daniel hakte nach: „Wann war das?“

„Vor ein paar Stunden. Er wollte, dass ich dich schlafen lasse, denn du seihst sehr müde und willst dich sicher allein von deiner Frau verabschieden.“ Daniel stand auf und obwohl er etwas wacklig auf den Beinen war, was die Übelkeit, die in ihm aufstieg, noch förderte, begannen die Aspirin langsam schon zu wirken und er schaffte es irgendwie aus dem Zelt an die frische Luft. Dort atmete er einmal tief ein und versuchte so seinen Kopf frei zu bekommen, um klar denken zu können. Jack aufhalten war wohl jetzt nicht mehr möglich, doch er könnte Sam vorwarnen, was sicher noch kein anderer getan hatte. So wie er Jack kannte, hatte dieser die Nachrichtensperre ausgehängt. Das Stargate würde Daniel wahrscheinlich den Rest geben, aber er musste zurück nach Hause, jedenfalls nachdem er sich von Shau’ri verabschiedet hatte. Soviel Zeit musste sein.

 

*~*~*~*~*

 

„Was soll das heißen, ich brauche nicht zurückzukommen?“, fragte Sam, während sie in Richtung Tür ging, denn soeben hatte sie das Leuten der Türklingel vernommen. Letztendlich war sie doch ans Handy gegangen, nachdem es fast sechs mal vibriert hatte. „Ist doch egal, ob er nicht mehr in der Basis ist, Daniel, ich weiß schließlich...“ Sie brach abgrubt ab, als sie sah, wer da vor der Tür stand. Ihr Herz schlug auf einmal bis zum Herz. Immer noch vollkommen unter Schock sprach sie dann in den Höher: „Ich rufe zurück!“ und legte auf, indem sie einfach die Klappe ihres Handys schloss. Sie ließ das Telefon sinken und starrte ihn weiterhin an, was ihn amüsiert lächeln ließ. Genau diese Reaktion hatte er von ihr erwartet und er war froh, dass er hier eingetroffen war, bevor Daniel sie warnen konnte. Dieser hätte alles vermasselt und sie wäre wahrscheinlich noch vorher auf ihn sauer gewesen. Jetzt, wo er vor ihr stand und in ihr wunderschönes Gesicht sah, kamen ihm Zweifel, ob seine Idee wirklich so gut war. Es war in Gedanken irgendwie einfacher gewesen, unkomplizierter und vorhersehbarer. Plötzlich steckte ihm ein fetter Kloß im Hals und desto mehr er versuchte, ihn herunterzuschlucken, desto größer schien er zu werden. Er wollte etwas sagen, doch seine Stimme versagte, spielte nicht mit und ließ ihn nur mit offenem Mund dastehen. Sie sah einfach atemberaubend aus, musste er feststellen. Sie trug enge Jeans und einen verwaschenen, ihr viel zu großen Pullover. Ihr kurzes blondes Haar war zerzaust und auch wenn es so aussah, als wäre sie gerade erst aufgestanden, was durchaus möglich gewesen wäre, hätte sie in seinen Augen glatt einen Schönheitswettbewerb gewinnen können. er versuchte den Gedanken zu verdrängen, seinen Blick von ihr abzuwenden und nach einem harten und unerbittlichen Kampf gelang es ihm dann endlich auch. Er senkte seinen Kopf und kurz darauf fand er seine Stimme auch gleich wieder.

„Willst du mich nicht hereinbitten?“, fragte er schließlich ohne sie anzusehen. Sam löste sich aus ihrer Erstarrung und trat zur Seite, unfähig irgendetwas zu sagen. Sie gingen schweigend in Richtung Wohnzimmer, wo Jakob Carter immer noch auf der Couch saß. Als er jedoch Jack erblickte, erhob er sich und ein freudiges Lächeln umspielte seine Lippen.

„Schön das sie wieder da sind, Jack.“, begrüßte er diesen.

„Sie hatten doch nicht etwa angenommen, mich endlich los zu sein.“, entgegnete Jack zynisch und reichte seinem Freund die Hand. Sie waren fast im selben Alter, na ja, es waren fast zehn Jahre unterschied, aber soviel schien das nicht zu sein. Ihm wurde bewusst, dass er Sams Vater hätte sein können, vorausgesetzt, er hätte sie mit sechzehn bekommen. Zwischen ihnen würde es nicht gut gehen, auf jeden Fall redete er sich das ein. Nach einer kurzen Umarmung ließ Jakob sie beide alleine, denn er wusste, dass sie viel zu bereden hatten und er betete, dass Jack es nicht vermasselte, dann das konnte er besonders gut. Sie setzten sich auf die Couch, blickten beide starr nach unten, als wäre der Fußboden das Faszinierendste der Welt und keiner von ihnen wusste, was er sagen sollte. Letztendlich ergriff Jack das Wort, denn dazu war er schließlich hier, auch wenn er nicht wagte, sie anzusehen: „Das neulich auf der Krankenstation, ich weiß nicht, was da über mich gekommen ist. Ich hätte dich damals nicht küssen dürfen.“

„Aber du hast es getan.“, gab Sam ruhig zurück. Sie wusste, sie durfte sich jetzt nicht aufregen, er musste es selbst erkennen. „Ich bereue es nicht. Weder das noch mein Geständnis, dass ich dich liebe.“ Eine Weile herrschte Stille. Sie machte es ihm nicht leicht, gab ihm keinen Grund, sauer auf sie zu sein oder wurde gar wütend auf ihn. Wieso musste sie auch nur sowie Verständnis zeigen. Alles wäre leichter, wenn sie es nicht tun würde.

„Ich schon.“, wandte er schließlich ein. Er sah sie immer noch nicht an. „Es hat alles noch komplizierter gemacht, als es sowieso schon war und ich hätte wissen müssen, dass es absolut keine gute Idee gewesen war. Ich weiß auch, dass ich nicht von dir verlangen kann, dass du es einfach so vergisst, denn das wirst du nicht und ich auch nicht.“

„Wir finden sicher einen Weg, Jack. Ich weiß, es gibt einen.“, versuchte Sam ihn zu überzeugen und sah ihn an, doch er blickte weiterhin zu Boden. „Wir dürfen jetzt nur nicht aufgeben.“

„Es gibt keinen Weg für uns.“, wehrte Jack ab und sah sie ebenfalls an. Seine Augen waren leer und kalt. Er hatte die Mauer um sich verstärkt, um sich selbst zu schützen, seine Gefühle zu verleugnen und irgendwie damit klarzukommen. Er glaubte im Grunde nicht, was er sagte, doch es steckte auch Wahrheit in seinen Worten. Für ihn gab es keinen Weg, außer den ins Unglück. Er sah nur diese Möglichkeit ganz deutlich vor sich, das andere war für ihn reine Phantasie. „Ich hebe es jahrelang auf die Regeln geschoben, doch in Wirklichkeit stehe ich selbst unserer Liebe im Weg. Selbst wenn wir es versuchen würde, es würde nicht klappen. Ich kann mich nicht von heute auf gestern ändern. Ich weiß wie ich sein kann und wie sehr ich oft Menschen wehtue. Ein Leben mit mir wäre für dich die Hölle auf Erden. Wir hätten vielleicht ein paar schöne Wochen, doch dir würde die Heimlichtuerei irgendwann zu viel werden und dann würdest du mich entweder verlassen oder es öffentlich machen. Dann würden unserer Beziehung jedoch die Konsequenzen das Genick brechen. Wir würden einander Schuldzuweisungen machen, uns nur noch streiten und damit wäre auch unsere Freundschaft zerstört. Vorausgesetzt, wir gehen nicht vorher drauf. Ich habe das alles schon einmal hinter mir. Mit Sarah war es nichts anderes gewesen. Zuerst freuten wir uns gemeinsam für unser Glück, doch dann kam der erste Streit und viele andere folgten, wegen Dingen, die so lächerlich waren, dass ich sie gar nicht mehr wusste, als wir uns wieder vertrugen. Ich will dir das nicht auch zumuten. Man kann mit mir einfach nicht leben, ich bin nicht für eine Beziehung geschaffen, geschweige denn für eine Ehe. Vielleicht ist es ja mein Schicksal ewig allein zu sein, aber deines nicht. Ich will das du glücklich bis, dass du heiratest, viele Babys bekommst und irgendwann im hohen Alter glücklich und zufrieden einschläfst. Das wirst du alles mit mir nicht haben können. „Jack O’Neill war unbeabsichtigt etwas lauter geworden, als er es beabsichtigt hatte, aber das unterstrich nur noch die Bredouille in welcher er sich befand. Nervös fuhr er sich durchs Haar. Er war vollkommen mit den Nerven runter. Den ganzen Abend hatte er nicht schlafen oder sich gar auf Daniels Geschichten konzentrieren können. Er hatte vollkommen neben sich gestanden, konnte nur noch an sie denken, an den Kuss, den Klang ihrer Stimme, als sie die magischen drei Worte ausgesprochen hatte und die Zeit in dieser komischen Flüssigkeit, wo alles so klar und deutlich vor ihm zu sein gewesen schien. Da war seine Liebe zu ihr und kein Hindernis versperrte ihm den weg, doch jetzt sah er vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr und sie ragten hoch in den Himmel, unüberwindbar stellten sie sich ihm in den Weg und verbargen sein Ziel: Sam. Seine Gedanken wirbelten durcheinander, er wusste nicht mehr, was er noch tun sollte.

Ruhig fragte Samantha: „Bist du fertig?“ Jack sah sie nur verständnislos an, sagte aber nichts, zuckte nur unwissend mit den Schultern. Sie konnte seine Zweifel in seinen Augen lesen, die Angst, seine Liebe zu ihr und vor allem seine Verwirrung. Sie wollte ihm so viel sagen, ihm die Sache einfacher machen, ihm beweisen, dass es nicht so kommen würde, dass sie es schaffen konnten, dass ihre Liebe nicht aussichtslos war, dass es immer noch einen Weg für sie gab und sie alles tun würde, um ihn zu finden. Sam wollte ihn jetzt nicht aufgeben, sie konnte es nicht. Es würde ihr das Herz brechen und auch das Seinige. Er brauchte sie jetzt mehr denn je, besonders da er an ihrer gemeinsamen Zukunft zweifelte. Aber wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Worte waren auch überflüssig, denn sie konnte ihm genauso gut alles zeigen, was sie begriffen hatte. Sie musste jetzt nur auf ihr Herz hören und ihren Verstand mal außer acht lassen, der ihr schon wieder weiß machen wollte, dass er eigentlich recht hatte. Mit einer schnellen Bewegung griff sie ihm in den Nacken und zog ihn zu sich, um ihn zu küssen. Jack wehrte sich nicht, war nicht fähig sich zu bewegen. Verlangen stieg in ihm auf, Leidenschaft, der Wunsch sie zu berühren und er war zu schwach, um sich zu wehren. Sam presste ihre Lippen auf die Seinigen, nicht gewählt, je wieder von ihm abzulassen und kraulte sanft seinen Nacken. Auch Jack begann jetzt sie zu küssen, legte ebenfalls eine Hand in ihren Nacken und begann diese in ihrem Haar zu vergraben. Es fühlte sich so gut an, so richtig, auch wenn sein Verstand immer wieder schrie, wie falsch es doch war. Er hörte schon längst nicht mehr darauf. Sollte es doch falsch sein, ihm war es egal. Es würde an seinen Gefühlen nichts ändern, wenn er sie verleugnete und tief in sich vergrub. Bis jetzt hatte es das jedenfalls nicht. Unter Umständen gäbe es sogar nur falsche Wege oder er übersah, dass etwas Richtiges in jedem von ihnen lag, nämlich ihre Zuneigung zueinander. Sie mussten es wenigstens versuchen. Er würde sich ewig fragen, was passiert wäre, wenn sie es nicht versuchen würden. Auch wenn es nur ein paar Wochen oder Monate sein würde, die sie glücklich und zufrieden waren, schien das doch genug zu sein, da sie jeden Augenblick draufgehen könnten. Sie war auch Soldat, sie lebte ein ähnliches Leben wie er, sie wusste, dass es Entbehrungen geben würde, sie würde damit klarkommen und er auch. Nur er selbst stand einer gemeinsamen Zukunft im Wege, doch er würde nicht mehr zulassen, dass seine Zweifel sie beide auseinandertrieben. er würde alles in seiner Macht stehende tun, um ihr ewiglich zu zeigen, wie sehr er sie doch begehrte, vielleicht würde ja wirklich alles anders als beim ersten Mal, eventuell war Sarah nicht für ihn bestimmt gewesen und ihre eher ging in die Brüche, damit er zu Sam fand. Er musste es wenigstens versuchen! 

„Ich will kein normales Leben Jack, ich will eines mit dir und wenn das zur Folge hat, dass wir vielleicht nur ein Kind bekommen und irgendwann bei einem Einsatz sterben, dann soll es so sein, wenn ich schon sterben muss, dann wenigstens glücklich und zufrieden mit dem Mann, den ich lieb und das bist nun einmal du. Ich weiß, dass du viel durchgemacht hast, aber Dinge ändern sich. Ich bin nicht Sarah und du bist nicht mehr der Jack, der du früher mal warst. Wir haben eine reelle Chance glücklich zu werden Jack, wir müssen es doch wenigstens versuchen.“, stieß sie ohne auch nur einmal Luft zu holen hervor, nachdem sie sich atemlos von ihm gelöst hatte.

„Bist du fertig?“, hakte jetzt er nach und ein breites Grinsen legte sich auf seine Lippen. Sie verstand sofort und schenkte ihm eines ihrer berühmt berüchtigten Carter-Lächeln. Hauchend bemerkte er: „Wie sehr ich das doch vermisst habe!“ und streichelte ihr dabei über die Wange, bevor er wieder begann sie zu küssen. Sanft drückte er sie auf die Couch, darauf bedacht ihr nicht wehzutun und legte sich dann neben sie. Mit seinen starken Armen zog er sie ganz nah an sich und saugte ihren Duft ganz tief in sich ein. Es fühlte sich immer noch so richtig an und er wusste, dass es auch so war. Sie würden einen Weg finden, sie mussten einfach. Er würde ihn finden! So schliefen sie letztendlich ein, immernoch mit einem Lächeln auf den Lippen...


ENDE
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