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Schöne Bescherung von Nyada

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„…plötzlich…Sturm… 40 Meilen… Neuschnee … befürchten … Situation … schlimmer werden… und …“

Rodney McKay zuckte zusammen, als die Stimme des Radiomoderators einem penetranten, durchgängigen Rauschen wich, untermalt von anderen undefinierbaren Tonfolgen, Lauten und Störfrequenzen, die es dem Kanadier noch schwerer machten, sich auf die verschneite Straße vor ihm zu konzentrieren.

„… Behörden empfehlen… im Haus bleiben… verschlossen halten… bis Entwarnung… möglicherweise Stunden…“, war aus dem Radio des Wagens zu vernehmen.

Im Haus bleiben, wiederholte Rodney gedanklich und seine Augen schmälerten sich. Eine wirklich gute Idee war das, nur leider war er weit davon entfernt, Zuflucht in einem warmen Haus nehmen zu können, denn die Autos vor ihm krochen in Schrittgeschwindigkeit vor sich hin und Rodney rechnete nicht damit, innerhalb der nächsten halben Stunde ans Ziel zu kommen.

„Fahr nicht so dicht auf, McKay“, drang es da auf einmal vom Beifahrersitz, dann. „Pass auf!“ John Sheppard sog scharf die Luft ein, als die Karosserie des Wagens ins Rutschen kam.

„Ich pass schon auf, keine Sorge“, erwiderte Rodney zischelnd und warf seinem Beifahrer einen kurzen, eiskalten Blick zu. Als ob es so einfach war gegen den von der Seite kommenden Wind zu lenken und gleichzeitig den Verkehr im Auge zu behalten. Rodney war froh, dass er sich wenigstens an den Rücklichtern seines Vordermanns orientieren konnte, denn außer den ab und zu rot aufleuchtenden Lichtern konnte er nicht viel im dichten Schneetreiben erkennen. Hinzukommend war die Straße spiegelglatt und die Räder des Wagens waren in den letzten Minuten beim Gasgeben nicht nur einmal durchgedreht.

„Vielleicht wäre es besser, wenn wir rechts ranfahren und warten, bis sich die Sichtverhältnisse etwas bessern?“, war es in diesem Augenblick von der Rückbank des Wagens zu vernehmen. Teyla, die dort saß und beide Hände auf ihrem runden Bauch abgelegt hatte, blickte unsicher aus dem Fenster, auch wenn zu bezweifeln war, dass in dem Schneetreiben etwas erkennen war.

„Ich bin eher dafür, dass wir das jetzt hinter uns bringen und dass ich, wenn wir hoffentlich heute irgendwann zurückkommen, Carson dafür in den Arsch trete, dass er mich in diese Situation gebracht hat“, brummelte Rodney und trat auf die Bremse, als die Lichter vor ihm erneut aufleuchteten.

„Sachte, McKay, sachte“, sagte John, dessen Augen immer weiter wurden, je näher sie den Rücklichtern ihres Vordermanns kamen und der erst wieder ausatmete, als ihr Vordermann Gas gab. „Verdammt, fährst Du immer so?“

Rodney verdrehte die Augen, sagte jedoch nichts. Es war doch immer wieder dasselbe mit diesem Mann, der keinen Unterschied zwischen Auto und Puddle Jumper machte und Rodney für den miserabelsten Fahrer Schrägstrich Piloten zu halten schien. Dabei war Rodney durchaus zufrieden mit seinen Fahrkünsten und was seine Flugkünste betraf, konnte er sich auch nicht beschweren.

„Fährst Du oder ich?“, mahnte er John. „Also bitte, hör auf Dich zu beschweren. Und um Himmels Willen, würdest Du bitte die Finger von dem Radio lassen? Das ist ja nicht zum Aushalten!“

John, der seine Hand ausgestreckt hatte, um an dem Frequenzregler des Autoradios zu drehen, zog diese langsam zurück.

„Ist ja schon gut, McKay, ich wollte ja nur-“

„Jaja, ich weiß ganz genau, was Du wolltest, aber lass Dir gesagt sein, dass es nicht funktionieren wird“, unterbrach Rodney ihn. „Und außerdem nervt es mich zu Tode“, fügte er hinzu.

Johns Augenbrauen hoben sich und Rodney sah aus dem Augenwinkel genau, wie der Soldat seiner Frau durch den Rückspiegel einen amüsierten Blick zuwarf. Teyla lachte leise, auch wenn es nicht ganz so ausgelassen und entspannt klang, wie sonst. Erst in diesem Moment wurde Rodney klar, dass er sich, seit sie zu ihm ins Auto gestiegen waren, noch nicht nach dem Befinden der Athosianerin erkundigt hatte.

„Was… was hat eigentlich der Arzt gesagt?“, fragte er etwas unsicher. Vielleicht gelang es ihm, die angespannte Atmosphäre im Wagen dadurch etwas zu lockern, denn er wusste, wie euphorisch Teyla werden konnte, wenn jemand sie nach auf ihr Baby ansprach. Und auch dieses Mal behielt er recht; kaum dass er die Frage gestellt hatte, stahl sich ein Lächeln auf Teylas Lippen, das eigentlich für sich sprach.

„Es ist alles in Ordnung“, antwortete sie ihm. „Die Ärztin meint, dass es unserem Baby gut geht und wir uns keine Sorgen machen müssen. Alles läuft so, wie es laufen sollte.“ Ihr Blick traf den ihres Mannes im Spiegel. „Richtig, John?“

Der Soldat seufzte.

„Gut, ich gebe zu, dass ich vielleicht etwas übertrieben habe“, gestand er, „aber ich wollte nun mal auf Nummer sicher gehen, Teyla“, ergänzte er und wandte sich zu ihr um, schenkte ihr ein verliebtes Lächeln. „Ich würde es mir niemals verzeihen, wenn Dir oder dem Baby etwas zustößt.“

„O, ich bitte Dich“, mischte sich Rodney ein. „Das klingt ja selbst für Dich etwas sehr geschwollen, findest Du nicht auch?“

„Konzentrier’ Dich lieber auf die Straße“, entgegnete John ihm und begann, bevor Rodney etwas sagen konnte, wieder an dem Frequenzregler herumzudrehen- allerdings ohne Erfolg, so wie Rodney vorausgesagt hatte. Nachdenklich runzelte der Soldat daraufhin die Stirn und er beugte sich leicht vor, um durch die Frontscheibe hinauf in den Himmel blicken zu können.

„Das ist ein ziemlich schlimmer Sturm“, bemerkte Teyla und John nickte.

„Es ist lange her, dass wir hier zum letzten Mal einen Blizzard hatten“, berichtete er und fügte, als er den fragenden Blick seiner Frau bemerkte, erklärend hinzu: „Ein Blizzard ist eigentlich nur ein Ausdruck für einen starken Schneesturm, der hauptsächlich hier in Nordamerika auftritt.“

Teyla runzelte die Stirn. „Und diese… Blizzards“, wiederholte sie. „Sind die sehr gefährlich?“, wollte sie wissen.

„Kommt drauf an“, meinte John. „Meistens dauern sie nur wenige Stunden, aber wenn wir Pech haben, sind wir morgen früh eingeschneit. Als ich sieben war gab es schon einmal so einen schlimmen Sturm. Dave und ich konnten eine Woche lang nicht zur Schule gehen, weil es so lange gedauert hat, den Schnee auf den Straßen zu beseitigen.“

„Das muss so um 1977 gewesen sein, richtig?“, erinnerte sich Rodney, woraufhin John nickte.

„Der Schnee stand so hoch, dass, als wir die Tür aufmachten, gerade einmal ein klitzekleiner Spalt Luft nach oben war“, fuhr er fort zu berichten. „Für ein paar Stunden war’s ganz witzig, danach nur noch beängstigend.“

„Dann sollten wir vielleicht schnell zurückfahren, damit sich die anderen keine zu großen Sorgen machen“, überlegte Teyla laut und faltete die Hände auf ihrem Bauch.

Rodney wollte gerade den Mund auftun, um ihr etwas zu erwidern, als die Lichter des Wagens vor ihnen erneut aufleuchteten und so schnell näher kamen, dass Rodney stark auf die Bremse treten musste. Der Wagen geriet ins Rutschen, kam zur großen Erleichterung aller Insassen aber wenige Meter weiter schliddernd zum Stehen.

„Was ist den los?“, fragte Teyla.

John betrachtete die leuchtenden Rücklichter ihres Vordermanns. „Scheint so, als würde es nicht weitergehen“, meinte er. Dann: „Sieht so aus, als müssten wir umdrehen.“

„Na super, das hat uns gerade noch gefehlt“, seufzte Rodney, der den Officer, der sich ihrem Wagen näherte nun auch bemerkte. Erst als der Polizeibeamte gegen die Scheibe der Fahrerseite klopfte, ließ Rodney diese herunter. Eiskalter Wind schlug ihm entgegen und dicke Schneeflocken tänzelten durch den Spalt hinein.

„Ich muss Sie leider bitten, den Wagen zu wenden und in die Stadt zurückzufahren, Sir“, bedauerte der Polizeibeamte. „Die Straße ist für PKW nicht mehr befahrbar.“

„Kein Problem, Officer“, meinte John vom Beifahrersitz aus, „wir werden schon einen anderen Weg finden.“

„Sie wollen nach Downtown?“, erkundigte sich der Polizeibeamte und trotz seines vermummten Gesichts sah man, dass er die Stirn runzelte, als John nickte. „Ich befürchte, dass das heute nichts mehr wird, tut mir leid. Die Straße ist vollkommen zugeschneit. Nicht mal die Räumfahrzeuge kommen da durch.“ Sein Blick fiel auf die auf der Rückbank sitzende Teyla und die Falten auf seiner Stirn wurden noch tiefer.

„Es tut mir wirklich leid, aber Sie werden sich wohl für heute Nacht eine andere Unterkunft suchen müssen.“ Er seufzte. „Das ist wirklich 'ne Schande, dass das ausgerechnet an Weihnachten passieren muss.“

„Tja“, erwiderte John schulterzuckend, „man kann es sich ja nicht aussuchen, nicht wahr? Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Tag.“

„Den wünsche ich Ihnen ebenfalls, Sir.“ Der Polizeibeamte tippte sich an die Mütze. „Und kommen Sie gut dahin, wo auch immer Sie jetzt hinfahren.“ Er verabschiedete sich höflich und machte sich dann auf, zum nächsten Wagen.

„Und was machen wir jetzt?“, wollte Rodney wissen, nachdem er das Fenster wieder hochgekurbelt hatte und beobachtete, wie sein Vordermann versuchte auf der spiegelglatten Straße zu wenden.

„Ich sag’ Dir, was wir jetzt machen.“ John blickte erneut aus dem Fenster und kniff die Augen zusammen, fast so, als versuchte er, die Umgebung zu analysieren und ihren Standort zu bestimmen. Dann deutete er mit dem Daumen über seine Schulter. „Erst einmal drehst Du und dann fährst Du so, wie ich sage.“

Rodney war schon drauf und dran den Rückwärtsgang einzulegen, als er innehielt und seinen Freund scharf ansah.

„Bitte sag jetzt nicht, dass Du eine Abkürzung kennst.“

„Und wenn dem so wäre?“, entgegnete John. Als er Rodneys skeptischen Blick bemerkte, hob er die Augenbrauen. „Was denn? Vertraust Du mir nicht? Nach allem, was wir durchgemacht haben, vertraust Du mir nicht?“

„Das ist es ja“, antwortete Rodney. „Das letzte Mal, als Du sagtest, Du würdest eine Abkürzung kennen, wurden wir von den Genii gefangen genommen, und das bringt mich zu dem Schluss, dass Deine Abkürzungen nicht immer die Besten sind.“

„Das war vor fast zehn Jahren, Rodney“, lachte John. „Aber bitte, wenn Du Weihnachten in irgendeinem überfüllten, schmuddeligen Motel verbringen willst- kein Problem. Fahr zurück.“

Seufzend und äußerst widerwillig legte Rodney den Rückwärtsgang des Wagens ein. „Weißt Du eigentlich, dass Du manchmal extrem nerven kannst?“, fragte er John.

„Halt die Klappe und fahr’, Meredith“, schalt der Soldat ihn schmunzelnd und ehe der Kanadier sich versah, hatte auch er ein breites Grinsen auf den Lippen. Zugeben, es war nicht das Weihnachten, welches er sich erträumt hatte, aber er hätte es wahrlich schlimmer treffen können, als das Fest mit seinen Freunden zu verbringen.
Lächelnd wendete Rodney den Wagen, was sich auf der spiegelglatten Straße als ziemlich umständlich erwies, aber schließlich fuhren sie zurück in Richtung Stadt. Rodney hoffte nur, dass John dieses Mal wusste, wie er ihn zu führen hatte. Wenigstens, so sagte der Wissenschaftler sich, liefen sie dieses Mal nicht Gefahr, gefangen genommen zu werden, und bei näherer Betrachtung glaubte er, dass sich der Himmel über ihnen auch schon wieder aufhellte.

Hätte Rodney zu diesem Zeitpunkt gewusst, was noch alles auf ihn zukommen würde, hätte er sich für diesen Gedanken wahrscheinlich selbst geohrfeigt. So, jedoch, ließ er sich von John Sheppard leiten, nicht ahnend, dass ihre Fahrt schon bald ihr jähes Ende finden würde.


ooOOoo



Patrick Sheppard war ein Mann, der hielt, was er versprach- zumindest meistens. Gut, er musste zugeben, dass er es hin und wieder nicht getan hatte und er war bei aller Liebe nicht stolz darauf. Dieses Mal, jedoch, wusste Patrick, dass es um weit mehr ging, als nur für ein paar Stunden auf seinen Enkelsohn aufzupassen, und so ging er daran, alles zu tun, um das Versprechen, welches er seinem Sohn gegeben hatte, zu halten. Überraschenderweise war es leichter, den kleinen T.J. zu beschäftigen, als Patrick es sich vorgestellt hatte, und er genoss die Gesellschaft des Jungen, der ihn so sehr an seinen eigenen Sohn in seinen jungen Jahren erinnerte.

Für einen kurzen Moment hielt Patrick in seiner Arbeit inne und blickte zu seinem Enkelsohn, nur um festzustellen, dass dieser auf der Couch eingeschlafen war. Ein herzerwärmendes Bild bot sich Patrick, auch wenn er es etwas bedauerte, den Jungen nun nicht mehr in Aktion beobachten zu können. Aber ihn so friedlich zu sehen, auf der Couch schlummernd, die dünnen Arme um eines der Kissen geschlungen, die Lippen leicht geöffnet, erwärmte das Herz des alten Mannes.
Vorsichtig, um keinen Lärm zu machen, schob Patrick seinen Stuhl zurück, erhob sich und schlich auf leisen Sohlen zu seinem Enkelsohn herüber. Die letzten zwei Stunden schienen ihn ermattet zu haben, denn er war glatt auf den Fotoalben, die Patrick ihm zum Anschauen gegeben hatte, eingeschlafen. Patrick bemerkte das erst jetzt und musste unwillkürlich bei dem Anblick schmunzeln.

Ach, Junge, dachte er, als er sich herunterbeugte und T.J’s Oberkörper leicht anhob, damit er das Fotoalbum darunter hervorziehen konnte, vorsichtig, damit er den Jungen bloß nicht weckte.
T.J. ließ sich wie erwartet jedoch nicht in seinem Schlaf stören. Wie sein Vater, schoss es Patrick daraufhin unwillkürlich durch den Kopf und er erinnerte sich daran, dass man damals Bomben neben Johns Bett hätte explodieren lassen können, ohne das der Junge aufgewacht wäre. Schon als Baby war er äußerst genügsam gewesen, ein Umstand, den Patrick und seine Frau Emmeline von ihrem Ältesten, Dave, nicht gewohnt gewesen waren. In seinen ersten drei Lebensjahren war John ein ruhiges Kind gewesen, hatte spät angefangen zu Sprechen und sich damit begnügt auf Dinge, die er haben wollte, zu deuten. Erst als er älter wurde, legte er dieses Verhalten ab und Patrick hatte damals nicht gewusst, ob er froh darüber sein sollte oder nicht.

Heute war er es, auch wenn sich sein Herz voll Wehmut zusammenzog, wenn er seinen Enkel betrachtete, der John so ähnlich war, dass Patrick glaubte, seinen Sohn in jungen Jahren vor sich zu haben. Erst bei genauerem Hinsehen konnte er Merkmale von T.J’s Mutter erkennen, aber wie man es auch drehte oder wendete: Der Junge war ein waschechter Sheppard.

Ein Schmunzeln zog sich über Patricks Lippen und er streckte die Hand aus, um über den dunklen Haarschopf seines Enkelsohnes zu streichen. Wieder reagierte T.J. nur kurz auf die Berührung, kräuselte die Lippen und murmelte ein paar unverständliche Worte im Schlaf, dann herrschte wieder Ruhe und Patrick beschloss, den kleinen Burschen schlafen zu lassen, damit er heute Abend, zur Bescherung, ausgeruht war. Er griff nach der baumwollenen Decke, die über die Rückenlehne der Couch ausgebreitet war, und legte sie über T.J’s zierlichen Körper, deckte ihn bis zum Kinn zu, beugte sich dann erneut vor und küsste das Kind auf die Stirn.

Das Fotoalbum noch immer in den Händen haltend, nahm Patrick wieder hinter seinem Schreibtisch Platz, hielt einen Moment inne, legte das ledereingebundene Buch dann vor sich hin und warf einen Blick hinein. Sein Atem stockte kurz, als ihm klar wurde, dass es sich bei dem Bild, welches T.J. vor dem Einschlafen betrachtet hatte, um das Letzte handelte, auf dem seine Frau zu sehen war. Es handelte sich um eine Familienaufnahme. 14. Juni 1978 war auf der Rückseite vermerkt. Patrick erinnerte sich genau an den Tag, an dem dieses Foto aufgenommen war. Es war Johns achter Geburtstag gewesen und sie waren alle zusammen in den Zoo gegangen, weil das Geburtstagskind sich es so gewünscht hatte.
Das Foto, das Patrick in den Händen hielt, war aber erst später am Tag entstanden und zeigte die Familie im Park. Ein jüngerer Patrick hatte einen Arm um die Taille seiner Frau geschlungen, während er mit anderem Dave umarmte. John war der Mittelpunkt des ganzen Bildes und grinste bis über beide Ohren. Auch in den Gesichtern der anderen Familienmitglieder zeichnete sich Freude ab. Es war das letzte Mal gewesen, dass sie etwas gemeinsam unternommen hatten.
Nur ein halbes Jahr später passierte der Unfall, der das Leben von Patrick und seinen beiden Söhnen für immer verändern sollte.

Rasch versuchte Patrick die Erinnerung an den Tod seiner geliebten Emmeline beiseite zu schieben, doch es gelang ihm nicht ganz. Er entsann sich an die traurigen Gesichter von John und Dave, als sich nach unzähligen Stunden des Wartens herausstellte, dass ihre Mutter es trotz der Bemühungen der Ärzte nicht geschafft hatte und ihren Verletzungen erlegen war. Dave hatte versucht, eine Stütze für seinen kleinen Bruder zu sein, doch schlussendlich stellte es sich heraus, dass John viel besser mit dem Verlust der Mutter umzugehen wusste, als sein älterer Bruder.
Was Patrick selbst betraf, so war er nicht stolz auf sein Verhalten nach Emmelines Tod. Er hatte getrauert, was ihm auch durchaus zugestanden hatte, doch er hatte allein getrauert, nicht mit seinen beiden kleinen Kindern. Nein, statt möglichst viel Zeit mit ihnen zu verbringen, gab er sie in die Obhut der Hausdame und sperrte sich in seinem Zimmer ein. Tage vergingen, ohne dass er ein Lebenszeichen nach draußen entsandte. Als er das Zimmer schließlich verließ, musste er feststellen, dass das Leben außerhalb der schützenden Zimmerwände bereits weiterging. Während er immer wieder in stille Melancholie verfiel und sich bemühte, dies seine Jungs nicht merken zu lassen, lebten John und Dave so weiter, wie sie es vor dem Tod der Mutter auch getan hatten.
Dass auch sie getrauert hatten und mit ihrer lockeren Art nur versuchten, den Schmerz über den Verlust zu übertünchen, sollte Patrick jedoch erst Jahre später erfahren.

Heute, dreißig Jahre später, schmerzte es noch immer, wenn er an seine Frau und an all das, was sie verpasst hatte, dachte. Die Hochzeiten ihrer Söhne hatten ohne sie stattgefunden und die Geburt ihrer Enkelkinder hatte sie nicht miterleben dürfen. Es gab so vieles, von dem sich Patrick wünschte, Emmeline wäre dabei gewesen, und er war sich sicher, dass einiges anders gelaufen wäre, hätte sie damals bei dem Unfall nicht ihr Leben lassen müssen.

Auf der Couch regte sich T.J. und holte den alten Hausherrn in die Realität zurück. Patrick seufzte und klappte das Fotoalbum zu. Wie oft hatte er durch die Seiten geblättert und sich beim Betrachten der Bilder gefragt, wie er es nur so weit hatte kommen lassen können, dass diese scheinbar so glückliche Familie- seine Familie- auseinander gerissen wurde. Er war sich sicher, dass es anders gelaufen wäre, hätte seine Frau noch gelebt. Wahrscheinlich hätte Emmeline in das ein oder andere Mal auf den Topf setzen müssen und er hätte sich ihr widerstandslos gefügt.
Patrick musste lächeln. Auch wenn es nach außen hin nicht so ausgesehen hatte, so war Emmeline Sheppard doch aus demselben Holz geschnitzt gewesen wie er und sie hatte sich von niemanden unterkriegen lassen. In diesem Punkt ähnelten ihre beiden Söhne ihr sehr, besonders John.

Patricks Blick fiel auf den Jungen seines jüngsten Sohnes. Auch in T.J. erkannte er seine verstorbene Frau wieder. Es war nicht schwer, Emmelines Präsenz in seinem Leben zu spüren. Sie schien ihm überall hin zu folgen, wie ein Schatten, und sie beschied darüber, wie er handeln sollte. Und im Moment sah er sie kopfschüttelnd vor sich, wie sie sich darüber aufregend, dass er es noch immer nicht geschafft hatte, Frieden mit seinem jüngsten Sohn zu schließen. Er wusste, dass das erbärmlich war, darauf brauchte ihn niemand aufmerksam zu machen, schon gar nicht seine verstorbene Frau. Die Tatsache, dass er mit John reden musste, sobald er zurückkehrte, schwebte wie ein Damoklesschwert über ihm.

Von außen schlugen die blattlosen Äste gegen die Fensterscheiben seines Büros und als Patrick den Kopf anhob und aus dem Fenster blickte, musste er feststellen, dass es draußen schon fast dunkel war; dabei war es noch nicht einmal vier Uhr. Er hörte den Wind pfeifen und als er sich etwas vorbeugte, sah er im Licht der Garagenlampe dicke Schneeflocken zu Boden fallen. Wann nur, hatte es wieder begonnen, zu schneien?

„Grandpa?“, hörte er plötzlich jemanden sagen und als er sich in seinem Stuhl umwandte, sah er wie T.J. sich aufrichtete und verschlafen seine kleine Augen rieb.

„Hey, Schlafmütze.“ Patrick erhob sich und schlenderte zu seinem Enkelsohn herüber. „Hast Du gut geschlafen?“

T.J. nickte.

„Sind Mommy und Daddy schon wieder da?“, fragte er schlaftrunken und gähnte dann herzhaft.

Patrick verneinte.

„Aber sie werden bestimmt bald kommen“, versicherte er T.J., der daraufhin die Arme um den Leib seines Großvaters schlang und sich an ihn kuschelte. Patrick wurde warm ums Herz und er drückte seinen Enkel fest an sich.

„Sag mal“, meinte er leise, „wie würdest Du es finden, wenn wir zwei jetzt einen heißen Kakao trinken gehen, während wir auf Deine Eltern warten?“

T.J. schien mit einem Mal hellwach zu sein.

„Mit Marshmallows?“, fragte er und Patrick nickte.

„Selbstverständlich mit Marshmallows“, antwortete er. „Ein Kakao ohne Marshmallows ist doch kein richtiger Kakao.“

„Mommy will nicht, dass ich Marshmallows in meinen Kakao tue“, erklärte T.J., fast schon etwas bedauernd. Dann fügte er aber grinsend hinzu: „Aber Daddy tut mir immer Marshmallows rein, wenn Mommy nicht da ist. Aber, psst.“ Er hielt seinen kleinen Finger an seine Lippen. „Das darfst Du ihr nicht verraten, Grandpa.“

„Ich werde mich hüten“, versprach Patrick. „Und?“ Fragend sah er seinen Enkel an. „Bist Du bereit?“ Er reichte ihm seine Hand und T.J. ergriff sie mit strahlenden, braunen Augen.

„Ja“, erwiderte der Fünfjährige, „bin bereit, Sir“, kicherte er und deutete einen saloppen Salut an. Patrick wunderte sich, ob er sich diese Geste von seinem Vater abgeschaut hatte, aber im Grunde war das ja jetzt auch egal. Heißen Kakao mit Marshmallows bekam man schließlich nicht alle Tage!


ooOOoo



Rodney McKay verschränkte die Arme vor dem Brustkorb und bemühte sich, ruhig zu bleiben, aber einen bissigen Kommentar konnte er sich dennoch nicht verkneifen.

„Wieso wundert es mich jetzt nicht, dass das passiert?“ Es war mehr eine laute Überlegung als eine Frage, weswegen er auch nicht erwartete, dass man ihm antwortete. Er rollte kurz mit den Augen, ehe er John einen Blick ganz nach dem Motto 'Ich wusste, dass das keine gute Idee war zuwarf'.

John, der nun ebenfalls ausgestiegen war und um den Wagen herumkam, presste die Lippen aufeinander, ein eindeutiges Zeichen dafür, dass auch er sich die ganze Sache anders vorgestellt hatte.

„Nun ja“, begann er und legte den Kopf schief. „Vielleicht wenn wir…“ Er brach ab, als er Rodneys entgeisterten Blick bemerkte. „Was denn? Was ist?“

„Was ist?“, echote der Kanadier. „Hhm, lass mich überlegen. Ich frage mich nur, warum ich nur so naiv war zu glauben, dass das hier gut geht.“

„Hey“, brüskierte sich John, „geb’ ja nicht mir die Schuld.“ Er hob beschwichtigend die Hände.

Rodney hob die Augenbrauen.

„Wessen Schuld ist es dann?“, verlangte er zu wissen. „Wer hat denn die Abkürzung vorgeschlagen? Du oder ich?“

„Rodney…“

„Ich vergaß, dass John Sheppards Leben nur aus Abkürzungen besteht“, höhnte der Wissenschaftler und stapfte wütend einige Schritte die Straße entlang, ehe er sich wieder zu seinem Freund, der im Lichtkegel der Autoscheinwerfer stand, umdrehte. „Ich wusste gleich, dass das eine schlechte Idee war.“

„Rodney…“

„Nichts, ‚Rodney’.“ Der Kanadier erhob den Finger gegen den Soldaten. „Weißt Du“, begann er, „ich habe mir dieses Weihnachten irgendwie anders vorgestellt.“

„Nicht nur Du, Rodney“, bemerkte John, verstummte jedoch sofort wieder, als Rodney ihm einen eiskalten Blick zuwarf.

„Statt Weihnachten mit meiner Frau und meiner Tochter zu verbringen, musste ich drei lange Stunden mit einem völlig unfähigen Mann in einem Auto verbringen. Dann musste ich mich mit der wohl schlechtesten Internetverbindung des ganzen Planeten auseinandersetzen; selbst in der russischen Eiswüste würde ich schneller eine Mail versenden können.“ Rodney begann nun mit dem erhobenen Zeigefinger zu wedeln. „Und wo wir gerade bei dem Thema ‚Eis’ sind… Mir ist furchtbar kalt und wir wissen noch immer nicht, was wir damit machen sollen.“ Schwungvoll drehte er sich um und fasste den Grund für ihren Fahrtstop ins Auge, einen Baum, der unter der Schneelast zusammengebrochen und auf die Straße gestürzt war und diese nun versperrte.

„Wenn ich’s wüsste, hätte ich es Dir schön längst gesagt, glaub mir“, verteidigte sich John und schlug erregt die Augen nieder, in deren Wimperkränzen sich immer mehr Schneeflocken verfingen.

„Du und Deine Abkürzungen“, schimpfte Rodney. „Ich hätt’s wissen sollen. Das war echt eine blöde Idee.“

John presste die Lippen aufeinander.

„Es tut mir leid, Rodney, aber ich konnte ja auch nicht wissen, dass so etwas passiert“, sagte er.

„Du hättest es Dir aber denken können“, schnarrte der Kanadier und verschränkte wieder die Arme vor der Brust. „Und“, sagte er mit Blick auf den umgestürzten Baum, „was machen wir jetzt?“

John fasste das Hindernis nun ebenfalls ins Visier, hob dann seinen Kopf gen Himmel. Es schneite noch immer und es war bis jetzt kein Ende in Sicht.

„Wir könnten warten, bis es aufhört zu schneien und dann zurück in die Stadt fahren“, schlug er vor. „Wie viel Benzin haben wir eigentlich noch?“

„Keine Ahnung“, erwiderte Rodney schulterzuckend. „Carson meinte, er hätte den Wagen voll getankt, aber das war, bevor wir losfuhren. Wenn wir den Motor und die Heizung laufen lassen, müsste es eigentlich noch für zwei, drei Stunden reichen.“

„Ich hoffe, dass wir nicht so lange warten müssen“, meinte John mit einem allerletzten Blick in den Himmel hinauf.

Rodney seufzte und atmete tief ein und wieder aus.

„Schlimmer kann’s jetzt echt nicht mehr kommen“, jammerte er, als er mit John zurück zum Wagen stapfte, über den sich in den fünf Minuten, die sie nun standen, eine dünne Schneedecke gelegt hatte. Gerade, als sie ihn erreichten, öffnete sich die hintere Tür auf der Beifahrerseite und Teylas wohlbekannte Stimme erklang.

„John?“

„Es ist alles in Ordnung, Tey“, entgegnete er. „Wir werden nur ein bisschen hier warten müssen. Komm, steig wieder ein. Hier draußen ist es zu kalt.“

Die Athosianerin erschien hinter der Autotür. Ihr Gesicht war aschfahl und als sie ihre Stimme erneut erhob, zitterte diese.

„John…“

„Ich hab gesagt, Du sollst wieder einsteigen“, seufzte der Soldat. „Es ist zu-“ Er brach abrupt ab, als er ihre Hand bemerkte, mit der sie sich an den Bauch fasste. „Hey, alles in Ordnung?“, fragte er und humpelte auf sie zu. „Fühlst Du Dich nicht gut?“

Teyla lächelte schwach.

„Ich befürchte, dass wir ein kleines Problem haben“, antwortete sie ihm, leicht außer Atem, und griff nach seiner Hand, sowie er sie endlich erreichte. Sie sah zu ihm auf und klang geradezu verlegen, als sie mit leiser Stimme offenbarte: „Meine Fruchtblase ist gerade geplatzt. Das… das Baby kommt, John.“

TBC
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