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Schöne Bescherung von Nyada

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Die Notaufnahme des Krankenhauses glich einem Bienenstock und der kleine Wartebereich, in dem die Patienten aneinandergereiht saßen und mit mürrischen Gesichtern den umfangreichen Anamnesebogen ausfüllten oder gelangweilt durch die abgegriffenen Klatschzeitungen blätterten, war hoffnungslos überfüllt. Die Leute kamen und sie gingen, ohne dass die anderen groß Notiz von ihnen nahmen. Der datumsfixierte Ansturm während der Feiertage schien hier niemanden mehr zu überraschen und für die Ärzte und Krankenschwestern war die Versorgung der Patienten zur Routine geworden. Sie eilten von Bett zu Bett, ohne sich weiter mit ihren Patienten zu vertraut zu machen. Die Leute wurden versorgt, schnell und effektiv, Entlassungspapiere wurden unterschrieben. Für Außenstehende war es schwer dieses rasch ablaufende Prozedere zu durchschauen. Die Notaufnahme und ihre Angestellten waren wie eine gut geölte Maschine. Verzögerungen gab es keine. Fehler konnten und durften nicht widerfahren. Der Ablauf durfte nicht gestört werden.

Während der Feiertage schien Hochbetrieb in der Notaufnahme zu herrschen und es war schon irgendwie merkwürdig, dass sich die meisten Unfälle ausgerechnet während der Zeit ereigneten, die angeblich die besinnlichste des ganzen Jahres sein sollte und man eigentlich erwartete, dass sich auch die Gemüter der Menschen etwas abkühlten.

Zum wiederholten Male erwischte sich John Sheppard dabei, dass er kurz von den Papieren, die er schon seit geschlagenen zehn Minuten auszufüllen versuchte, aufblickte. Mit aufeinander gepressten Lippen sah er sich in dem, für den Ansturm von Patienten viel zu kleinem Warteraum um. Es fiel ihm schwer, den Überblick über dieses Chaos zu behalten und die Menschansammlung machte ihn nervös. Seit er ein kleiner Junge gewesen war, hasste er Krankenhäuser und er bedauerlicherweise viel zu oft in der Notaufnahme gelandet, was er nicht zuletzt oft den Schikanen seines Bruders zu verdanken hatte. Ja, Dave und er waren in ihrer Jugend Raufbolde gewesen und sie hatten das Pech in Form von verstauchten Knöcheln, gebrochenen Armen und Beinen, blauen Flecken, ausgekugelten Schultern und blutigen Wunden geradezu magisch angezogen. Meistens, jedoch, war es John gewesen, der die Konsequenzen ihres jugendlichen Wahnsinns hatte ausbaden müssen, während sein Bruder mit einem blauen Auge davongekommen war.
Zu diesem Zeitpunkt hatte John begonnen, Krankenhäuser und alles, was damit zu tun hatte, zu hassen und er tat es bis heute. Er konnte zwar nicht mit dem Finger auf das zeigen, was in ihm dieses unbehagliche Gefühl auslöste, kaum dass er die Schwelle übertreten hatte, aber das brauchte er auch nicht zu können, denn es änderte nichts an der Tatsache, dass er Krankenhäuser verabscheute.

Seufzend ließ seinen Blick zurück auf das halbausgefüllte Formular in seinen Händen gleiten. Seine Handschrift war undeutlich und leicht abgeschrägt, ein deutliches Zeichen und für sein, ihn innerlich aufwühlendes Unbehagen. Wohl wissend, dass man sie ohne dieses Formular nicht aufrufen würde, fuhr er fort, es weiter auszufüllen, auch wenn er es am liebsten in der nächsten Mülltonne gesehen hätte. Diese unwichtigen, völlig überbewerteten Formalitäten machten ihn wahnsinnig und er fragte sich ernsthaft, ob wirklich alle Informationen, von denen man erwartete, dass er sie eintrug, wirklich relevant waren. Was interessierte es zum Beispiel die Krankenschwester am Empfang, über welchen Weg man von diesem Krankenhaus erfahren hatte? Es war nicht so, dass man als Patient die große Auswahl hatte- dieses Krankenhaus war das Einzige im Umkreis von achtzig Meilen und der Anlaufspunkt der ganzen Region.

Rasch, wenn auch widerwillig füllte John die restlichen Spalten aus, setzte seine Unterschrift unter das Formular und reichte es dann der bebrillten, jungen Frau hinter dem Empfangstresen. Nicht einmal ein einfaches ‚Dankeschön’ war von dieser zu vernehmen, als sie es lieblos in den, sich neben ihr auftürmenden Haufen einsortierte und ihn resigniert und ohne ihn anzusehen bat, sich wieder zu setzen. Man würde ihn gleich aufrufen und es würde nicht lange dauern, fügte sie tonlos hinzu, was John hinsichtlich der Tatsache, dass der Wartebereich aus allen Nähten platzte, stark bezweifelte. Kam es ihm nur so vor oder war es in den paar Minuten noch voller geworden?

Mit nachdenklich gerunzelter Stirn, klemmte sich John seine Krücken unter die Achseln und humpelte zurück zu seinem Platz, der zu seiner großen Überraschung immer noch unbesetzt zu sein schien. Teyla hatte sich nicht einen Zentimeter gerührt. Mit ausdrucksloser Miene blätterte sie wie die meisten Wartenden durch eine der herumliegenden Zeitungen, doch John wusste, dass sie sich nicht wirklich für die Modetrends des kommenden Frühlings interessierte und dass ihre Gedanken nicht bei den neusten Diätmethoden waren, die auf dem Cover angepriesen wurden.

„Hey“, sagte er und sie blickte auf, als er sich umständlich auf den freien Stuhl neben sie sinken ließ und sich nach einem Platz für seine Krücken umsah, der jedoch nicht vorhanden zu sein, da er sie kurzum in den Händen behielt.

„Es ist alles geklärt, ich habe dieses jämmerliche Formular ausgefüllt“, erklärte er und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. Teyla erwiderte es, doch es erreichte nicht ihre braunen Augen, eine Tatsache, die die Falte zwischen Johns Augen noch tiefer werden ließ. Besorgt musterte er seine Frau von der Seite. Sie hatte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Artikel in ihrer Zeitung zugewandt und ihre Augen flogen über die gedruckten Zeilen, aber John war bewusst, dass sie sie nicht las.

„Hey“, hörte er sich wieder sagen, als er nach ihrer Hand griff und sie drückte. „Alles wird gut, hörst Du?“

Teyla sah auf und zum ersten Mal, seit sie von dem Haus seines Vaters losgefahren waren, bemerkte John die flackernde Angst in ihren Augen. Sie hatte versucht, ihm klarzumachen, dass es ihr gut ging, aber anscheinend machte nicht nur ihn die Krankenhausatmosphäre nervös. Teyla ließ ihre Zeitung sinken, kniff die Lippen aufeinander und ihr Blick begann umherzuschweifen.

„Ich verstehe jetzt, warum Du diesen Ort nicht magst“, sagte sie kurz darauf, ohne ihn dabei anzusehen. „Dieser Ort ist…“

„…unheimlich, merkwürdig, Dir zuwider?“ Johns Mundwinkel hoben sich zu einem unvollendeten Lächeln, dann zuckte er mit dem Schultern. „Ja, so in etwa kannst Du es beschreiben. Das trifft es eigentlich ganz gut.“

Teyla erwiderte ihm nichts, er spürte nur, wie sie sich fester an seine Hand klammerte, als ob sie nach Halt suchte. Also signalisierte er ihr mit einem kurzen Händedruck, dass er da war und sie nicht allein lassen würde. Die Athosianerin schenkte ihm ein kurzes Lächeln, welches auch dieses Mal nicht ihre Augen zu erreichen schien. Es geschah nicht oft, dass sie ihm etwas vorzutäuschen versuchte und John wusste, dass sie sich Sorgen machte.

„Ich bin mir sicher, dass alles in Ordnung ist.“ Er versuchte zuversichtlich zu klingen, auch wenn er sie am liebsten auf Händen persönlich in den nächsten Untersuchungsraum getragen hätte.

„Ich weiߓ, sagte Teyla leise und ließ ihre freie Hand auf ihren Bauch sinken. „Das sagst Du immer.“ Nachdenkliches Stirnrunzeln, eine kurze fließende Bewegung über die Wölbung ihres Unterleibs, dann: „Es hat sich seitdem nicht mehr bewegt, John.“

„Vielleicht schläft es“, mutmaßte der Soldat, woraufhin sich, in Erwiderung, die Brauen seiner Frau anhoben und er erleichtert einen Anflug von Erheiterung in ihrem Blick und ein kleines Lächeln bemerkte.

„So etwas wie Schlaf scheinen Deine Kinder nicht zu kennen, John“, triezte sie ihn, wenn auch mit einem besorgt klingenden Unterton in ihrer Stimme, der ihrem Mann natürlich nicht entging.

„Bitte, mach’ Dir keine Sorgen, Tey“, sagte er. „Du wirst sehen, es ist bestimmt alles in Ordnung mit dem Baby. Wir lassen Dich durchchecken und dann sind wir, ehe wir uns versehen, auch wieder zuhause.“

„Okay.“ Teyla holte tief Luft und nickte. Ihre straffen Schulter entspannten sich ein wenig, als sie sich gegen den Stuhl zurücklehnte und das Thema wechselte. „Sollten wir nicht Rodney Bescheid geben, dass es etwas länger dauern könnte?“, fragte sie John, während ihr Blick erneut durch den vollen Wartebereich schweifte.

John dachte kurz an den Kanadier, der ihnen mehr oder weniger bereitwillig angeboten hatte, sie zum Krankenhaus zu fahren, nachdem Dave einen wichtigen Anruf aus der Firma erhalten und sich verdünnisiert hatte. „Ich denke, er wird schon zurechtkommen“, antwortete er seiner Frau. „Er meinte, er hätte noch etwas zu erledigen, und so wie ich Rodney kenne, bedeutet das, dass er das nächstbeste Internetcafe aufsucht, nur um sich hinterher über die ‚achso miese Verbindung’ zu beschweren.“

Teyla, die sichtlich erleichtert über den Themawechsel war, lachte. „Wieso hat er denn nicht euren Computer benutzt?“, wunderte sie sich. „Wäre das nicht viel leichter für ihn gewesen?“

„Wahrscheinlich zieht er die Anonymität in der Masse vor“, spekulierte John schulterzuckend. Ehe er etwas hinzufügen konnte, bemerkte er eine junge Frau, die im Türrahmen aufgetaucht war und sich suchend umsah. Sie hielt eine Akte in den Händen, die John selbst von Weitem als die seine erkannte und so war er schon auf den Füßen, bevor die Ärztin Teylas Namen ausrief, und hielt Teyla die Hand hin, während er mit der anderen seine beiden Krücken balancierte.

Die schwangere Athosianerin war blass geworden, als sie sich von ihrem Mann hochhelfen ließ.

„Alles wird gut, Darling“, flüsterte John ihr zu, als sie sich der lächelnden Ärztin näherten, küsste sie auf die Wange und drückte ihre Hand, die er in seiner hielt. Er überspielte seine eigene Nervosität wie so oft mit einem schiefen Lächeln, doch dieses Mal schien Teyla es ihm nicht abzukaufen und John musste selbst zugeben, dass er schon einmal besser darin gewesen war, ihr etwas vorzumachen.

ooOOoo


Dave Sheppard fühlte sich wie ein Verräter, kaum dass er beschlossen hatte, das Gespräch anzunehmen. Amandas strafender Blick hatte auf ihm gelegen, als er sich entschuldigt und mit dem Telefonhörer am Ohr den Raum verlassen hatte. Wie oft hatte er ihr versprochen, am Weihnachtstag nicht arbeiten zu wollen, und genauso oft hatte er dieses Versprechen gebrochen. Er schämte sich dafür, doch es war bei Weitem nicht so einfach, Teilhaber der Firma seines Vaters zu sein, wie seine Frau es sich vorstellte. Daves Aufgabenbereich hatte sich allein im letzten Jahr geradezu verdreifacht, als sein Vater beschloss, in Zukunft der Gesundheit wegen etwas kürzer zu treten. Allein in den letzten beiden Monaten hatte er fünf neue Mitarbeiter einstellen müssen, um die ihn erwartenden Arbeiten zu schaffen. Die Firma seines Vaters fusionierte gerade mit einem Unternehmen aus Europa, ein großes Vorhaben, und Dave hatte insgeheim schon befürchtet, dass man ihn auch an Weihnachten nicht mit verwaltungstechnischen Aufgaben verschonen würde. Der Anruf war demnach nicht überraschend gekommen, aber ungünstig, sehr ungünstig.

Johns enttäuschter Blick wollte Dave nicht aus dem Kopf gehen und für einen kurzen Augenblick hatte er tatsächlich darüber nachgedacht, den Anrufer abzuwimmeln, um seinen Bruder und dessen Frau wie versprochen ins Krankenhaus fahren zu können. Er hatte seinem Bruder an diesem Tag schon genug Unrecht getan, also wollte er John zumindest diesen Gefallen tun und schließlich ging es um weit mehr. Dave machte sich genauso Sorgen um das Wohlergehen seiner Schwägerin und ihres Babys wie alle anderen und er fühlte sich mies, hinsichtlich der Tatsache, dass er der Arbeit wieder einmal Vorrang gegeben hatte und sich die Familie dafür hintenanstellen musste.


Zusammengesunken saß Dave nun in einem Sessel, das Telefon noch immer in der Hand haltend, der Blick stur geradeaus gerichtet, die Lippen so fest aufeinandergekniffen, dass die Farbe aus ihnen wich. Nicht nur, dass er Amanda wieder einmal verraten hatte, indem er dieses Gespräch angenommen hatte, nein, nun hatte auch noch seinen Bruder unter seinem Workaholicdasein leiden müssen. Dave hätte sich ohrfeigen können; da sah er John das erste Mal seit fünf Jahren und was tat er? Er stürzte sich in seine Arbeit, anstatt Zeit mit seinem kleinen Bruder und dessen Familie zu verbringen!

„Echt super, Dave“, brummelte er in seinen Bart. „Toll, echt toll.“

„Mann, ich hab’s echt vermisst Dich so sehen“, erklang auf einmal eine Stimme hinter ihm und als Dave sich umdrehte, erblickte er seinen Sohn. Emmett stand mit vor der Brust verschränkten Armen im Türrahmen und grinste unverschämt bis über beide Ohren. Als er sich sicher war, dass die Aufmerksamkeit seines Vaters ihm gehörte, stieß der junge Mann sich vom Türrahmen weg und kam langsam auf Dave zu geschlendert.

„So selbstkritisch und gedankenversunken“, sinnierte Emmett, immer noch grinsend und für einen kurzen Moment dachte Dave daran, wie sehr ihn dieses Grinsen an seinen Bruder erinnerte. Es war schon oft vorgekommen, dass man Emmett früher für Johns Sohn gehalten, was, ehrlich gesagt, auch keine Kunst war, denn die beiden sahen sich wirklich sehr ähnlich. Beide kamen voll und ganz nach Patrick Sheppard, besaßen fast dieselbe Statur wie das Familienoberhaupt, hatten dieselben dunklen Haare, auch wenn Dave sich ernsthaft darüber wunderte, wie John seine so… verunstalten konnte. Selbst ihre Mutter, die sonst stets die Ruhe in Person gewesen war, hatte sich darüber aufgeregt, wie John sein Haar zu tragen gepflegt hatte.

Emmett nahm auf der Couch Platz, gegenüber von seinem Vater und fasste den älteren Mann ins Auge. „Ist alles okay, Dad?“, erkundigte er sich und Dave nickte, obwohl dem nicht so war.

„Natürlich“, sagte er, straffte die Schultern. „Sind John und Teyla wieder da?“, fragte er, weil er dachte, dass sein ältester Sohn aus diesem Grund zu ihm gekommen war, um ihn über die Rückkehr der beiden zu informieren. Doch Emmett schüttelte nur mit dem Kopf, lehnte sich mit den Ellenbogen auf seine Oberschenkel und faltete seine Hände.

„Nein“, meinte er, „ich… ich wollte nur…“ Er seufzte. „Ich bin aus einem anderen Grund gekommen und ich hatte gehofft, dass Du mir einen Gefallen tun könntest, Dad.“

Dave runzelte kurz die Stirn, nickte dann aber. Es war selten, dass Emmett mit einem Problem direkt zu ihm kam. Schon als kleiner Junge hatte er aufkommende Schwierigkeiten meistens selbst gelöst… was aber vielleicht auch daran gelegen hatte, dass Dave die ersten vier Jahre nicht einmal gewusst hatte, dass Emmett existierte. Er war aus einer einmaligen Sache mit Daves Collegebekanntschaft Susan Wellington hervorgegangen und Dave hatte erst vier Jahre später erfahren, dass die Nacht, die sie damals miteinander verbracht hatten, nicht ohne Folgen geblieben war. Anfangs hatte sich Dave schwer mit der Vaterrolle getan, war er damals selbst erst vierundzwanzig Jahre alt gewesen. Sein Vater hatte ihm die Hölle heiß gemacht und John, der sich zum ersten Mal nicht im Mittelpunkt des Geschehens befand, hatte sich beeumelt.

Es hatte Jahre gedauert, bis Dave sich in seine Rolle hineingefunden und ein Verhältnis zu Emmett aufgebaut hatte, welches noch immer nicht das Beste war.

„Ich… okay…ja, gut.“ Dave versuchte sich seine Verwunderung nicht anzumerken, aber im Gegensatz zu seinem Bruder, der das Schauspiel im Laufe der Jahre perfektioniert hatte, scheiterte er auf ganzer Linie.

Emmett schien sich bei der ganzen Sache ebenfalls nicht besonders wohlzufühlen und erst nach einem weiteren, tiefen Seufzer, rückte er mit der Sprache oder vielmehr mit einem kleinen samtenen Kästchen heraus, welches er aus seiner Jackentasche fischte und es vor sich auf den Kaffeetisch stellte. Daves Augen wurden weit, als er begriff, was sein Sohn da von ihm verlangte.

„Oh“, meinte er und blickte von dem Kästchen zu seinem Sohn. „Das… das ist ja…“

„…ein Ring, ja“, beendete Emmett den Satz seines Vaters.

„Du willst also…“

„…Lexie fragen, ob sie meine Frau werden will?“ Emmett zuckte erst mit den Schultern, dann nickte er. „Ja… ja, das will ich.“

„Bist Du Dir sicher?“, war das Erste, was aus Dave herausplatzte, nachdem er seine Stimme wiedergefunden hatte und das Kästchen mit spitzen Fingern hochhob, es öffnete und den in schwarzem Samt gebetteten Ring betrachtete. Er war schlicht, silbern und mit Diamanten besetzt, das perfekte Exemplar eines Verlobungsringes, einen ähnlichen hatte er damals Amanda an den Finger gesteckt.

Emmett nickte wieder, wenn auch etwas zögerlicher.

„Ja… ja, das bin ich, zumindest… glaube ich das.“ Sein Blick auf die Box in den Händen seines Vaters. „Und… und wie findest Du ihn?“

Dave klappte das Kästchen wieder zu und gab es seinem, auf dem Couchpolster nervös hin- und herrutschenden Sohn zurück.

„Er ist schön“, antwortete er. „Sehr schön sogar.“

„Glaubst Du, sie… sie sagt Ja?“, fragte Emmett und Dave überkam das Gefühl, dass er ganz und gar nicht hierher gehörte. Gleichzeitig erinnerte sich an das Gespräch, welches er und John geführt hatten, als sein Bruder vorgehabt hatte, Nancy einen Antrag zu machen. John war dermaßen nervös und hibbelig gewesen, dass Dave befürchtete, er würde in Ohnmacht fallen, wenn es soweit sein würde.

„Wieso sollte sie nicht Ja sagen?“, richtete er nun dieselben Worte, die er damals seinem Bruder gesagt hatte, an seinen Sohn. „Sie liebt Dich. Natürlich wird sie Ja sagen.“

„Ich weiß nicht“, erwiderte Emmett. „Seit wir hier sind, ist sie irgendwie… anders. Sie benimmt sich komisch, fast so, als wäre es ihr unangenehm hier zu sein. Ich weiß nicht warum, aber ich mache mir Sorgen, Dad.“

„Wahrscheinlich ahnt sie etwas“, mutmaßte Dave schmunzelnd. „Es ist bestimmt nichts, also mach Dir mal keine Sorgen. Es wird-“ Er wurde von einer urplötzlich in den Raum platzenden Mrs. Broderick unterbrochen, die sich schneller bewegte, als sie es je in der Vergangenheit und ihren jungen Jahren getan hatte.

„Schalt’ den Fernseher an“, keuchte sie atemlos, als sie mitten im Raum zu Stehen kam und Mr. Hopps und Amanda, die ihr gefolgt waren, beinahe in sie hineinliefen. „Schalt’ den Fernseher an!“

„Was ist denn los?“, verlangte Dave zu wissen und schien damit auch Emmett die Worte aus dem Mund zu nehmen.

„Fernseher einschalten“, befahl Mrs. Broderick und tat es schließlich selbst, als sich der verwirrte Dave nicht rührte. Sie schnappte sich die Fernbedienung und zappte durch die Kanäle, bis sie den Nachrichtensender erreichte. Auf dem Bildschirm taten sich Bilder auf, die den Anwesenden den Atem nahmen und die Sprache verschlugen.

„Großer Gott“, brummte Art Hopps, während Mrs. Broderick die Hände über dem Kopf zusammenschlug und einen wimmernden Laut von sich gab. Johns Kollegen betraten nun ebenfalls den Raum und gesellten sich zu den anderen.

„Wir haben es gerade im Radio gehört“, hörte Dave Amanda erklären, doch er war nicht in der Lage seinen Blick vom dem Fernsehbildschirm zu lösen, auf dem gerade ein parkendes Auto von einer eisigen Windböe erfasst, in die Luft geschleudert wurde und auf dem Dach des benachbarten Wagens landete.

„… der plötzlich auftretende Sturm erreichte bereits in den ersten zehn Minuten Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 40 Meilen pro Stunde. Innerhalb einer kurzen Zeitspanne fielen in mehreren Landesteilen bis zu sechzig Zentimeter Neuschnee und unsere Meteorologen gehen davon aus, dass sich die Situation in den nächsten Stunden verschlimmern könnte“, lautete der Bericht der Moderatorin und die Kamera wurde auf eine mit Eis und Schnee ummantelte Straßenlaterne gerichtet.

„Du meine Güte“, entfuhr es Emmett.

„Wir raten Ihnen für die nächsten Stunden nicht das Haus zu verlassen“, fuhr die blonde Moderatorin fort, „Fenster und Türen geschlossen zu halten und einen möglichst sicheren Ort im Haus aufzusuchen, bis die Behörden Entwarnung geben.“

„Bis die Behörden Entwarnung geben?“, wiederholte Art Hopps. „Und wann soll das bitteschön sein?“

„Ssht“, zischte Mrs. Broderick, doch das schienen die einzigen Informationen zum plötzlich eingetretenen Schneesturm gewesen zu sein, denn das Programm hatte bereits zu den Sportmeldungen gewechselt und der Berichterstatter sinnierte mit seiner Co-Moderatorin über die Ergebnisse des letzten Footballspiels.

Schweigen legte sich über die kleine Gruppe, die sich vor dem Fernseher versammelt hatte. Es war schließlich Johns Kollege, den man ihnen als Carson Beckett vorgestellt hatte, der das Schweigen mit einem geseufzten ‚Aye’ brach.

„Das können Sie laut sagen“, stimmte Amanda ihm zu. „Es ist lange her, dass wir hier zum letzten Mal einen derartig schlimmen Blizzard verzeichnen konnten.“

„Mindestens fünfzehn Jahre nicht“, wusste Mr. Hopps kopfschüttelnd zu berichten, was der guten, alten Mrs. Broderick einen weinerlichen Laut entlockte.

„Mein Gott, wie schrecklich“, jammerte sie.

„He“, meinte auf einmal Carson Becketts Begleiter, ein großer Mann mit langen Dreadlocks und düsterer Miene, dessen Namen Dave schon wieder vergessen hatte. „Was ist mit Sheppard, Teyla und McKay? Die sind noch da draußen, oder?“

Erschrockene Stille folgte seiner scharfsinnigen Bemerkung.

„Aye“, wiederholte Carson Beckett .

„O mein Gott“, stöhnte Mrs. Broderick. „Aber… O mein Gott!“

Dave sank in seinem Sessel zusammen, als er zu realisieren und vor allem zu verstehen begann, was der Mann da gerade von sich gegeben hatte. Sein Blick glitt automatisch aus dem, teilweise von Eisblumen bedeckten Fenster. Dunkle Wolken taten sich am Horizont auf und die Äste der kahlen Eiche wippten im Wind auf und ab. So sehr Dave auch versuchte, sich einzureden, dass alles gut werden werde, war es nur eine Frage der Zeit, bis der Sturm das Haus erreichen würde.

„Vielleicht sind sie ja irgendwo drin, im Sicheren“, versuchte Carson Becketts Begleiter zu retten, was noch zu retten war, doch inzwischen hatten alle ihren Blick auf den dunklen Himmel und die wippenden Äste gerichtet und niemand hörte ihm mehr zu.

TBC
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