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Schöne Bescherung von Nyada

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t's time to open up
All the doors that you keep locked
Nobody gives without a take
Let's take it all
You've been twisted into pieces
By the hands of your emotions
How much longer are you gonna pay
For yesterday
Sins of the father
Black Sabbath – Sins Of The Father


Patrick Sheppard war zweiundsiebzig Jahre alt und war an dem Punkt angelangt, an dem er sich zu fragen begann, was werden würde, wenn er irgendwann in absehbarer Zeit aus dem Leben schied. Er wusste, dass ihm nicht mehr allzu viel Zeit blieb. Sein Herz bereitete ihm schon seit geraumer Zeit Schwierigkeiten und Patrick musste kein examinierter Mediziner sein, um die Anzeichen zu deuten. Er war alt und es war nur noch eine Frage der Zeit, ehe die gute, alte Pumpe, die zweiundsiebzig Jahre lang hervorragende Arbeit geleistet hatte, ihren Dienst quittieren würde.
Über das Ende und den eigenen Tod zu sinnieren, war Patrick stets irgendwie absurd vorgekommen. Bis vor Kurzem hatte er sich nie groß Gedanken über sein Ableben gemacht, dann, vor etwas mehr als einem Jahr, war ein alter Freund von ihm gestorben- mit gerade einmal fünfundsechzig Jahren. Dieser Tag war der Wendepunkt gewesen und Patrick hatte damit begonnen, sein Leben Revue passieren zu lassen.

Zurückblickend konnte er feststellen, dass er ein wirklich aufregendes, erfülltes Leben gehabt hatte. Er hatte immer viel Freude an seinem Leben gehabt und viel erreicht. Ob er stolz auf das war, was er erreicht hatte, war allerdings eine andere Frage…

Es gab tatsächlich vieles, was Patrick Sheppard bereute. Zwar konnte er die wirklich schwerwiegenden Fehler in seinem Leben an einer Hand ablesen, doch nicht selten hatten einfache, fast belanglose Vergehen in seiner Vergangenheit zu einer Katastrophe geführt. Fast sein ganzes Leben hatte aus Verkettungen unglücklicher Umstände bestanden, und beachtete man dies, fiel es schwer, einen Anfang der ganzen Misere zu finden.

Für Patrick war klar, dass er- wenn seine Zeit gekommen war- dem guten, alten Reverend Drury viel zu beichten hatte, womöglich viel mehr, als der Geistesmensch ihm vergeben könnte, doch Patrick wollte, dass nach seinem Ableben nichts ungeklärt bliebe, womit sich seine beiden Söhne im schlechtesten Falle noch herumschlagen müssten. Das wollte er ihnen nicht auch noch antun. Er hatte in der Vergangenheit im Umgang mit ihnen so viel falsch gemacht, nach seinem Tod sollten seine beiden Jungs nicht noch für die Fehler ihres Vaters bestraft werden.

Patrick, der bis zu diesem Zeitpunkt an seinem wuchtigen Mahagonischreibtisch gesessen hatte, kam an diesem Punkt einfach nicht darum herum, in die Vergangenheit abzudriften. Seine Gedanken wanderten zu den beiden Söhnen, die ihm geschenkt worden waren, und sein Blick fiel auf die gerahmte Fotografie, die schon seit vielen, vielen Jahren seinen Schreibtischen zierte und seine beiden Söhne in ihren adretten Schuluniformen zeigte; sein Ältester, Dave, war zu diesem Zeitpunkt siebzehn gewesen, John war gerade fünfzehn geworden. Es erfüllte Patrick mit Stolz, zu sehen, wie sehr seine beiden Söhne ihm auf dieser Schwarzweißfotografie ähnelten. Dave glich seinem Vater noch immer; dieselben harten Gesichtszüge, dieselben, stets etwas streng wirkenden, eisblauen Augen. Sein Bruder, John, hingegen…

Patrick musste seufzen und schmunzeln zugleich. John kam in jeder Hinsicht nach seiner Mutter, auch wenn seine markanten Gesichtszüge denen von Patrick sehr ähnelten. Wann immer Patrick seinen jüngsten Sohn ansah, schaute er auch gleichzeitig in das Gesicht seiner verstorbenen Frau. Es waren Emmelines grüne Augen, die die vom Vater mitgegebene Härte aus Johns Gesicht nahmen, und ihr immer leicht schiefes Lächeln, das ihren Sohn selbst im Alter von zweiundvierzig Jahren noch jungenhaft wirken ließ. Nicht zu vergessen das widerspenstige, nicht zu bändigende Haupthaar, welches Johns Gesamtbild seit jeher ausmachte und über das sich selbst Emmeline das ein oder andere Mal aufgeregt hatte.

Erneut seufzte der ältere Mann und fuhr vorsichtig mit dem Finger an dem goldenen Rahmen der Fotografie entlang. Eine Momentaufnahme aus vergangenen Zeiten, für die Ewigkeit festgehalten, unwiderruflich und unerschütterlich auf Papier gebannt. Viele Jahre waren seit der Aufnahme des Fotos vergangen und während er seine beiden Söhne hatte heranwachsen sehen, hatte Patrick versucht, sich vorzustellen, was später einmal aus ihnen werden würde. Im Großen und Ganzen hatte sich alles, was er sich für sie gewünscht hatte, erfüllt. Beide waren erwachsene, reife Männer geworden, die sicher im Leben standen und glücklich waren. Sowohl Dave als auch John hatten die Frau fürs Leben gefunden und eine Familie gegründet. Patrick hätte nicht stolzer sein können. Er hatte seine Söhne zu anständigen, steuerzahlenden Bürgern herangezogen und im Gegenzug hatten sie ihm liebenswürdige Schwiegertöchter und bezaubernde Enkelkinder geschenkt.

Trotzdem gab es so viel, was Patrick gerne anders gemacht hätte. Er bereute sehr viel, besonders was seinen Jüngsten, John, anging.

John war von Kindesbeinen an anders als sein Bruder gewesen. Patrick hatte erst im Laufe der Jahre den Grund dafür herausgefunden, dass es zwischen ihm und John immer wieder zu heftigen Streitigkeiten gekommen war; sein Jüngster war seiner Wenigkeit einfach viel ähnlicher als sein Bruder, mit dem Patrick stets gut klargekommen war. John hatte viel von seiner Mutter, war aber auch nicht minder streitsüchtig und dickköpfig als sein Vater. Patrick konnte selbst heute nur mit dem Kopf schütteln, wenn er daran dachte, wegen welch belangloser Dinge er und sein jüngster Sohn sich in die Wolle bekommen hatte. Manches Mal hatten sie sich tagelang angeschrieen, dann wieder tagelang geschwiegen.

Das gestörte Verhältnis zwischen ihm und seinem jüngsten Sohn führte Patrick auf seine eigene Unfähigkeit, Kompromisse zu schließen, zurück. Er hatte es nicht gern, wenn Leute anderer Meinung waren, eine seiner wahrscheinlich größten und schwerwiegendsten Eigenarten, die auch zum Bruch zwischen ihm und John geführt hatte. Der ganz große Krach war unvermeidlich gewesen, doch irgendwie war es sowohl Patrick als auch John gelungen ihn immer weiter hinauszuschieben.

Bis zu jenem Tag vor fünf Jahren.

Es war mit Sicherheit keine von Patricks liebsten Erinnerungen. Wenn er daran dachte, wurde ihm übel und sein Herz spannte in seiner Brust. Es war mitunter der schlimmste Streit, den er und John je gehabt hatten. Im Nachhinein konnte Patrick seinen Sohn sogar verstehen. Was er von sich gegeben hatte, war weder nett noch rücksichtsvoll oder der Situation angepasst gewesen, doch Patrick war zu geschockt gewesen, als sein verloren geglaubter Sohn John nach fünf Jahren plötzlich aus dem Nichts auftauchte, um seinem Vater seine Familie vorzustellen, von der Patrick bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal gewusst hatte.

Mit nur einer, unklug platzierten Bemerkung hatte Patrick Sheppard an diesem Abend alles kaputtgemacht und er war noch nicht einmal wütend gewesen, als John daraufhin samt Familie das Haus verließ und schwor, nie wieder zurückzukommen. Bis vor drei Wochen hatte Patrick wirklich geglaubt, seinen Jüngsten nie wieder zu sehen, daher überraschte es ihn selbstverständlich, als John sich aus heiterem Himmel meldete und ankündigte, dass er Weihnachten mit ihm und Daves Familie verbringen wollte. Patrick hatte die kurze Mail, die John Dave geschrieben hatte, immer und immer wieder gelesen. Erst nach dem zehnten Mal war es ihm möglich gewesen, sie aus den Händen zu legen. Gleich darauf hatte er sie ein weiteres Mal gelesen und seine alten Hände hatten zu zittern begonnen, als er den Inhalt der Mail begriff.

John würde nach Hause kommen.

In den drei Wochen, die seither vergangen waren, hatte Patrick fast pausenlos darüber nachgedacht, was er seinem Sohn sagen wollte, wenn er ihm gegenüberstand. Ihm war klar, dass er sich für das, was er damals gesagt hatte, entschuldigen musste, denn er glaubte kaum, dass inzwischen Gras über die Sache gewachsen war. John hatte sich schon immer schwer damit getan, ihm seine Ausbrüche zu verzeihen, und Patrick war bewusst, dass seine Entschuldigung Gewicht haben musste, damit sein Sohn sie annahm. Also hatte er sich Tag und Nacht den Kopf zerbrochen; tagsüber hatte er gedankenversunken in seinem Büro gesessen und nachts hatte er wach im Bett gelegen und keinen Schlaf gefunden. Es würde nicht leicht werden…
… und schließlich tat Patrick das, was er auf jeden Fall hatte vermeiden wollen. Bei Johns Ankunft tat er so, als wäre nie etwas geschehen. Er hatte die Geister der Vergangenheit, die mit seinem Sohn gekommen waren, verdrängt, so wie er es schon immer getan hatte und wahrscheinlich auch bis zu seinem Ende tun würde.
Patrick war noch nie besonders gut darin gewesen, seine Gefühle und Emotionen anderen kundzutun, daher behielt er sie für sich und versteckte sich hinter einer Maske. Er leugnete, log, betrog, nur um nicht sagen zu müssen, wie es um ihn gestellt war. In dieser Hinsicht war John ihm ähnlich. Patrick war das Mundwinkelzucken seines Sohnes nicht entgangen, als er ihn, seine Frau und seinen Enkelsohn überschwänglich begrüßt hatte. Johns Blick war vernichtend gewesen, doch Patrick hatte ihn ignoriert.

Seine Heuchelei beschämte Patrick und aus diesem Grund hatte er sich in seinem Büro verbarrikadiert und vegetierte seit Johns Ankunft am Vorabend still und meist in Gedanken versunken dahin. Er wagte es nicht, seinem jüngsten Sohn nach dem Debakel vom Vortag unter die Augen zu treten. John schien es ebenso zu gehen, denn bis jetzt hatte er ihn in Ruhe gelassen und war nicht aufgetaucht. Nur Dave und dessen gutmütige Frau Amanda hatten ab und zu nach ihm gesehen. Wahrscheinlich, so dachte sich Patrick, wollten sie nur sicher gehen, dass er noch immer lebte und nicht in seinem ledernen Schreibtischstuhl verschieden war.

Patrick schüttelte mit dem Kopf und seufzte resigniert, als er sich zurücklehnte. Es war zum Verzweifeln. Er, ein erwachsener Mann von zweiundsiebzig Jahren, scheute sich davor, seinem Sohn unter die Augen zu treten! Er hatte vieles im Leben erreicht, hatte sich allem und jedem mit mutig vorgewölbter Brust gestellt, war jetzt jedoch nicht in der Lage den unbequemen Tatsachen ins Auge zu sehen und es wie ein Mann zu nehmen.

Er schämte sich zutiefst für seine eigene Schwäche.

Patrick war wieder dabei in seinen Gedanken zu versinken und in Melancholie zu verfallen, als er auf einmal die Scharniere der Bürotür quietschen hörte; es war ein durchdringendes Geräusch, welches ihn zusammenfahren ließ. Ehe sich der ältere Mann versah, schob sich ein kleiner Jungenkörper rückwärts in den Raum herein. Für einen kurzen Moment, fühlte sich Patrick in die Vergangenheit zurückversetzt und sah seinen jüngsten Sohn vor sich, doch als der Junge sich umdrehte, blickte Patrick in die braunen Augen seines Enkelsohnes.

T.J. blieb wie angewurzelt stehen, als er seinen Großvater bemerkte. Seine Augen wurden weit, anscheinend hatte er nicht damit gerechnet, hier jemanden anzutreffen, da das Büro in einem etwas abgelegenen Bereich des Hauses zu finden war. Der ganze Körper des Kindes schien beim Anblick des alten, im Sessel sitzenden Mannes einzufrieren und Patrick fragte sich, was John seinem Sohn über ihn wohl alles erzählt hatte.

„Hallo“, grüßte Patrick den Jungen, der ihn immer noch mit großen Augen anstarrte als wäre er ein Gespenst. Kein Wunder, sagte sich der Hausherr traurig, der Junge war noch ein Baby gewesen, als er ihn das erste und auch letzte Mal gesehen hatte, und die Begrüßung am gestrigen Tag war zu kurz gewesen, als dass der Bursche hätte begreifen können, dass es sich bei dem alten, grauhaarigen Mann um seinen Großvater handelte.

„Hallo, Grandpa“, überraschte ihn der Junge dann jedoch und ein scheues Lächeln stahl sich auf die kindlichen Lippen, ein Lächeln, welches Patrick an John erinnerte. Ihm war schon bei der Ankunft der Familie aufgefallen, dass T.J. sehr viel von seinem Vater hatte, aber wenn die Merkmale seiner Mutter ebenfalls deutlich hervorstachen; T.J. war eine perfekte Mischung aus den beiden, hatte die Gesichtszüge und die widerspenstigen Haare von seinem Vater, auch wenn sie etwas heller als die von John waren, und die Augen seiner Mutter. Er war ein süßes Kind, das sicher jeden verzaubern konnte, wenn es wollte.
Patrick sah in ihm ein jüngeres Abbild seines eigenen Sohnes. John hatte als kleiner Junge dasselbe Blitzen in den Augen und den Schalk im Nacken gehabt, war stets neugierig gewesen, so wie T.J. es auch war. Er hatte immer alles ganz genau wissen wollen, eine Eigenschaft, die sein Sohn von ihm geerbt hatte. Und er war alles andere als schüchtern gewesen…

Auch T.J. schien ein gesundes Selbstbewusstsein sein Eigen nennen zu dürfen, denn er kletterte, nachdem er sich akklimatisiert und kurz im Büro umgeschaut hatte, vollkommen gelöst auf den Sessel, der vor Patricks Schreibtisch aufgebaut war, und sah seinen Großvater mit großen, braunen Augen unverwandt an.

„Wieso versteckst Du Dich hier, Grandpa?“, fragte er frei heraus, wie es nur ein Kind konnte. Dabei wirkte er so unschuldig, dass Patrick gar nicht anders konnte, als ihm zu antworten.
Doch bevor er dazu kam, erhob T.J. wieder seine liebliche Kinderstimme.

„Daddy hat zu Mommy gesagt, dass Du Dich vor ihm versteckst, weil Du Dich mit ihm gestritten hast. Stimmt das, Grandpa?“

Das hatte Patrick nicht erwartet. Sicher, T.J. war ein cleverer Bursche und es überraschte ihn nicht, dass er bestens Bescheid wusste, dass etwas zwischen seinem ‚Grandpa’ und seinem Vater nicht stimmte. Aber dass er es auf den Streit zurückzuführen wusste, der stattgefunden hatte als er noch ein Baby gewesen war, irritierte Patrick.

„Das hat er gesagt?“, hakte er daher vorsichtig bei seinem Enkelsohn nach, der daraufhin eifrig nickte.

„Er ist traurig deswegen“, antwortete T.J. „Er will nicht, dass ihr beide wieder streitet. Deshalb kommt er auch nicht, um nach Dir zu sehen.“ Die Miene des Jungen wurde ernst. „Er sagt, Du hast ihn angeschrieen. Das ist nicht schön, Grandpa.“

Patrick seufzte.

„Nein, dass ist überhaupt nicht schön, mein Junge.“

„Und wieso hast Du Daddy dann angeschrieen?“, fragte T.J. stirnrunzelnd.

„Weil…“

Patrick hielt inne. Wie sollte er einem Fünfjährigen erklären, warum er seinen Vater angeschrieen hatte? Es war viel zu kompliziert, als dass er es einfach so hätte dahersagen können. T.J. würde es sicher nicht verstehen, ganz gleich wie clever er war. Für Kinder war die Welt noch in Ordnung und sie verstanden nicht, wenn Erwachsene sich stritten- T.J. würde da sicher keine Ausnahme bilden.

„Streiten ist nicht schön“, beschied T.J. abermals, als sein Großvater ihm nicht antwortete. „Mommy sagt immer, dass ich mich nicht streiten soll.“

Patrick fand nun endlich seine Stimme wieder. „Da hat Deine Mom recht. Ein junger Gentleman wie Du sollte sich nicht streiten.“

T.J. grinste, als Patrick ihn als einen ‚jungen Gentleman’ bezeichnete, kräuselte dann aber gleich darauf die Stirn und sah seinen Großvater prüfend an.

„Stimmt es, dass Du Mommy nicht magst?“, wollte er plötzlich wissen.

„Wie kommst Du denn auf die Idee?“, fragte Patrick überrascht.

„Hat Daddy gesagt“, antwortete T.J. als wäre es das Normalste in der Welt. „Er sagt, Du magst sie nicht.“

Patrick hob die Augenbrauen und war kurz davor, etwas zu erwidern, als ihm wieder einfiel, dass ihm sein fünfjähriger Enkelsohn gegenübersaß, also behielt er das Wort, das ihm durch den Kopf geisterte, lieber für sich.

„Das hat er gesagt?“, wiederholte er stattdessen, hörte seinem nickenden Enkelsohn aber nur auf halbem Ohr zu, als dieser ihm antwortete. Gut, er hatte seine Bedenken geäußert, als John vor fünf Jahren urplötzlich mit Ehefrau und Baby auftauchte, aber das bedeutete noch lange nicht, dass er seine Schwiegertochter nicht mochte- im Gegenteil! Auch wenn John es möglicherweise so interpretierte, Patrick hielt große Stücke auf seine Schwiegertochter, da es ihr gelungen war, John aus seinem Tief herauszuholen. Teyla war absolut liebenswert und Patrick glaubte nicht, dass es irgendjemanden gab, der sie nicht mochte.

T.J’s bohrender Blick holte Patrick aus den Gedanken. Der Junge sah ihn an und erwartete anscheinend auf irgendetwas eine Antwort. Patrick musste zugeben, dass er die Frage nicht mitbekommen hatte, also sagte er einfach: „Dein Daddy hat sich geirrt. Ich mag Deine Mommy sehr.“

Das schien dem Jungen als Antwort zu genügen. Ein breites Lächeln zog sich über sein ganzes Gesicht.

„Meine Mommy ist die Beste“, trällerte er fröhlich. Dann jedoch wieder dieses nachdenkliche Stirnrunzeln, das eigentlich viel zu ernst für einen Jungen seines Alters war.

„Magst Du meinen Daddy?“

Wieder war diese kindliche Unschuld aus der Stimme des Jungen herauszuhören, was aber nicht bedeutete, dass sich T.J. mit einer einfachen Aussage zufrieden geben würde.

Patrick seufzte. Was sollte er dem Jungen antworten? Es war schon lange her, dass er einem Kind auf so eine Frage hatte antworten müssen. Generell war es lange her, seit er sich das letzte Mal mit einem Kind in T.J’s Alter unterhalten hatte. Daves Söhne Emmett und Graham waren dem Kindsalter schon längst entwachsen. T.J., hingegen, war erst fünf und für ihn bestand die Welt noch immer aus Fragen. Fragen über Fragen, und der Junge wollte sie alle beantwortet haben. Ganz egal wie sehr seine Fragen andere in Verlegenheit brachten, T.J. wollte Antworten!

„Weißt Du, T.J.“, begann Patrick seinem Enkelsohn zu erklären, „es ist nicht so, dass ich Deinen Daddy nicht mag. Ich mag ihn sogar sehr. Es ist nur so, dass Dein Daddy und ich seit vielen, vielen Jahren eine andere Meinung zu einer Sache haben.“ Er hielt kurz inne und musterte seinen Enkel; T.J’s Miene war angestrengt, aber er schien ihm folgen zu können.

„Ihr habt euch gestritten, als ich noch ein Baby war“, bemerkte der Junge. „Und ich bin fünf!“ Er hielt fünf Finger hoch. Kopfschüttelnd rügte er seinen Großvater: „Das sind aber viele, viele Jahre, Grandpa.“

Patrick schmunzelte. „Ja, das ist eine ganz schön lange Zeit, mein Junge.“

„Dann müsst ihr euch wieder vertragen“, beschied T.J.

Wenn das doch nur so einfach wäre, dachte Patrick und seufzte. Plötzlich spürte er, wie sich eine kleine Hand auf sein Knie legte, und als er den Kopf anhob, blickte er in die braunen Augen seines Enkelsohnes, der um seinen Schreibtisch herumgekommen war und ihn ernst ansah.

„Daddy freut sich bestimmt, wenn Du Dich wieder mit ihm verträgst“, meinte T.J. mit kindlicher Stimme, die so gar nicht zu seinem für sein Alter viel zu reifen Gesichtsausdruck passen wollte.

Als wäre das das Stichwort gewesen, waren auf einmal Schritte außerhalb des Büros zu vernehmen, die sich näherten. Patrick konnte sich denken, wer sich da auf dem Weg in sein Büro befand, zuckte aber dennoch unwillkürlich zusammen, als die klare, tiefe Stimme seines Sohnes durch die Wände drang.

„T.J.?“, rief John. „Hey, Kumpel, wo bist Du denn?“

„Ich bin hier, Daddy“, erwiderte der Fünfjährige. Die Schritte seines Vaters hielten kurz inne. Patrick sah seinen Sohn vor dem geistigen Auge, wie er mitten im Flur stehenblieb und überlegte, ob es klug war weiterzugehen. Schon im nächsten Moment, jedoch, öffnete sich die Tür zum Büro und John betrat zögerlich den Raum.

„Da bist Du ja“, sagte er, als er seinen Sohn entdeckte. „Wir haben Dich schon überall gesucht, junger Mann.“ Patrick entging Johns Stirnrunzeln nicht. Sein Sohn bemühte sich scheinbar krampfhaft um ein Lächeln, als er seinen Vater und T.J. einträchtig beieinander sitzen sah.

„Aber, Daddy, ich war doch hier“, erklärte T.J. Seinem Vater ein schneidezahnloses Lächeln schenkend, fügte er hinzu: „Grandpa und ich haben uns unterhalten, nicht wahr, Grandpa?“, fragte er Patrick.

Johns Blick sprang zwischen seinem kleinen Sohn und seinem Vater hin und her und die Falte zwischen seinen Augen vertiefte sich.

„Ja, das haben wir“, bemühte sich Patrick die verfahrene Situation zu retten. „Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen, John.“

„Wir haben uns keine Sorgen gemacht“, erwiderte sein Sohn mit angespannter Miene. „Ich wollte mich nur vergewissern, dass es T.J. gut geht.“

Patrick nickte.

„Na, wie Du siehst“ , meinte er, „geht es ihm hervorragend.“ Patrick streckte die Hand aus und strich seinem Enkelsohn über den dunklen Haarschopf. John verfolgte jede seiner Bewegungen und schien sie genaustens zu analysieren. Sein ganzer Körper wies Zeichen der Anspannung auf, seine Miene war verbissen, die Lippen aufeinander gepresst. Es vergingen mehrere Momente, ehe er wieder den Mund auftat und was über seine Lippen kam, überraschte Patrick zuerst.

„Könntest Du…Würdest Du…“ John seufzte, setzte dann erneut an. „Hättest Du was dagegen, eine Weile auf ihn aufzupassen? Wir müssen noch einmal ins Krankenhaus“, fügte er erklärend hinzu, wurde jedoch von seinem Vater unterbrochen, ehe er weiterreden konnte.

„Ist irgendetwas mit Deinem Bein nicht in Ordnung?“, erkundigte sich Patrick besorgt und ließ seinen Blick kurz über das Gipsbein seines Sohnes schweifen.

John schüttelte mit dem Kopf.

„Mit meinem Bein ist alles in Ordnung“, antwortete er. „Es geht um Teyla. Es ist nichts Ernstes, zumindest nehmen wir das an“, beeilte er sich hinzuzufügen, als Patrick die Augenbrauen anhob, „aber ich will auf Nummer sicher gehen und sie und das Baby einmal gründlich durchchecken lassen. Könntest Du so lange auf T.J. aufpassen… bitte?“

„Was ist denn mit Mommy?“ T.J’s braune Augen funkelten ängstlich.

„Mit Mommy ist alles in Ordnung, Champ“, entgegnete John seinem Sohn. „Wir wollen nur sicher gehen, dass es dem Baby auch gut geht, damit wir heute Abend alle zusammen Weihnachten feiern können.“

Der Junge nickte verstehend.

„Dad?“ John sah seinen Vater an und Patrick nickte.

„Natürlich passe ich auf ihn auf“, sagte er. „Kein Problem. Wir beide verstehen uns super, richtig, T.J.?“

T.J. schenkte seinem Großvater ein strahlendes Lächeln.

„Danke, Dad.“ John, der sich schon auf halben Wege nach draußen befand, wandte sich noch einmal um. „Falls irgendetwas sein sollte, Amanda und Mrs. Broderick…“

„Ich werde schon zurechtkommen, John“, fiel Patrick ihm ins Wort und scheuchte ihn mit den Händen fort. „Nun geh schon und sei bei Deiner Frau. Sie braucht Dich jetzt dringender als wir hier. Los jetzt!“

John stand in der geöffneten Tür. Die Sorge um seine Frau und das gemeinsame Baby stand ihm buchstäblich ins Gesicht geschrieben und sein Anblick verschaffte auch Patrick ein ungutes Gefühl. Er wusste zwar nicht genau, was vorgefallen war, und er glaubte auch nicht, dass John im Moment die Ruhe besaß, ihm zu erzählen, was mit Teyla nicht stimmte, aber Johns Gesichtsausdruck verriet, dass er sich ernsthaft Sorgen machte. Was nicht weiter verwunderlich war, schließlich war seine Schwiegertochter nur knapp zwei Wochen von ihrem Termin entfernt.

„Na los, geh schon“, hielt Patrick seinen Sohn daher zur Eile an. Ihr klärendes Gespräch musste wohl oder übel wieder einmal verschoben werden, im Moment gab es Wichtigeres zu tun.

John begegnete dem Blick seines Vaters furchtlos und für einen ganz kurzen Augenblick glaubte Patrick sogar einen Hauch von einem Lächeln um die Mundwinkel seines Sohnes zu bemerken. Im nächsten Moment war es aber schon wieder verschwunden und John drehte sich um und verließ, so schnell es ihm auf Krücken möglich war, das Büro. Patrick sah ihm nach, wandte seine Aufmerksamkeit dann aber seinem kleinen Enkelsohn zu.

Der ernsthafte Ausdruck in T.J’s Gesicht war einem ängstlichen gewichen und der Fünfjährige kletterte bereitwillig auf den Schoß seines Großvaters, als dieser es ihm anbot.

„Mit Mommy und dem Baby wird doch alles gut gehen, oder?“, fragte er mit piepsiger Stimme.

Patrick nickte.

„Aber gewiss doch“, antwortete er, schlang seine Arme um T.J’s dünnen Leib und drückte das Kind gegen seine Brust. Ein warmes Gefühl durchfuhr ihn und obwohl er nicht wusste, was dem noch hinzuzufügen war, meinte er: „Mit Deiner Mommy und dem Baby wird alles gut gehen. Es ist doch Weihnachten! Und an diesem Tag geht nie etwas schief.“

TBC
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