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Schöne Bescherung von Nyada

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You could be happy and I won't know
But you weren't happy the day I watched you go
And all the things that I wished I had not said
Is it too late to remind you how we were
Most of what I remember makes me sure
I should have stopped you from walking out the door
Snow Patrol – You Could Be Happy



Fünf Jahre waren seit jenem Morgen vergangen, an dem sie allein in dem viel zu großen Bett aufgewacht war. Er hatte nicht neben ihr gelegen, sie angelächelt und ihr wie jeden Morgen einen zärtlichen Kuss gegeben. Er war fort gewesen.
Nichtsdestotrotz war sie an jenem Morgen aufgestanden und war ihren täglichen Arbeiten nachgekommen. Es war nicht das erste Mal, dass er über Nacht fort war, sagte sie sich, meistens kam er im Laufe des Vormittags mit einer einigermaßen plausiblen Erklärung zu ihr zurück.

Dieses Mal, jedoch, sollte es anders sein. Sie hatte so ein Gefühl, tief in ihrem Inneren spürte sie, dass er nicht zurückkommen würde, dennoch versuchte sie es zu ignorieren und sich zu sagen, dass jeden Moment die Tür aufgehen und er hereinspazieren würde. Zu diesem Zeitpunkt hatte ihr Verstand allerdings schon das begriffen, was sie sich nicht einzugestehen traute. Er war gegangen, für immer.

In den darauffolgenden Tagen, Wochen, Monaten geschah es oft, dass sie sich die Schuld für sein plötzliches Verschwinden gab. Unzählige Male lag sie nachts wach im Bett und überlegte fieberhaft, was sie hätte anders machen könne, doch im Laufe der Zeit wurde ihr klar, dass es nicht ihre Schuld war. Sie hatte nichts falsch gemacht. Je häufiger sie sich das sagte, desto schneller wurde ihr bewusst, dass sie es nicht hätte verhindern können. Er wäre so oder so gegangen, es war nur eine Frage der Zeit gewesen.
In ihren drei gemeinsamen Monaten hatte sie ihn als einen Mann mit Höhen und Tiefen kennengelernt, der manchmal unberechenbar sein konnte. In der Anfangszeit ihrer Beziehung hatte sie diese wilde, unzähm- und unvorhersehbare Seite an ihm geliebt, da sie meistens mit ungezügelter Leidenschaft und Verlangen einhergegangen war. Dass diese Seite ihnen irgendwann einmal zum Verhängnis werden würde, hatte sie damals natürlich nicht in Betracht gezogen…

Ein halbes Jahr nachdem er aus ihrem Leben verschwunden war, kam ihr zum ersten Mal der Gedanke, dass er sie einer anderen Frau wegen verlassen hatte. Er liebte schöne Frauen und die Frauen liebten ihn. Er war das, was sich jede Frau wünschte, und brachte alles mit, was die weibliche Sparte des menschlichen Geschlechts verrückt werden ließ. Die gemeinsame Zeit mit ihm hatte gezeigt, dass er genau wusste, was seine Begleiterinnen wollten. Warum sollte ein Mann wie er lange allein bleiben? Er hätte sicher schnell eine andere gefunden, wenn er es darauf hätte ankommen lassen. Und er hatte es bestimmt darauf ankommen lassen, so wie sie ihn kannte.

Im Laufe der Monate war sie sich in ihrer Vermutung, er habe sie wegen einer anderen Frau wegen verlassen, immer sicherer geworden… und hatte getobt. Sie hatte buchstäblich getobt und ihm die Pest an den Hals gewünscht. Sie hatte seine Sachen, die er zurückgelassen hatte, erst aus dem Fenster geworfen, dann wieder eingesammelt und verbrannt. Sie hatte Fotos zerrissen, auf denen sie beide zusammen zu sehen waren. Sie hatte jede Kleinigkeit, die sie an ihn erinnerte, aus ihrem Leben verbannt… nur um am Ende eine fürchterliche, innere Leere zu verspüren.
Zu diesem Zeitpunkt waren fast zwei Jahre vergangen; sie hatte noch nie einem Mann so lange nachgetrauert wie ihm und glaubte, nie über ihn hinweg zu kommen und womöglich allein sterben zu müssen.
Am Tag darauf traf sie auf Emmett Wellington.

Sie hatte ihrer Freundin nur widerstrebend zugestimmt, sie ein Wochenende lang an den Ort zu begleiten, den sie auf ewig mit ihrer verlorenen, großen Liebe in Verbindung setzen würde. Drei wunderschöne Monate war East Hampton ihr gemeinsames Zuhause gewesen, doch nachdem er sie verlassen hatte, konnte sie sich keinen schlimmeren Ort auf Erden vorstellen, als das idyllische Küstenstädtchen an der Ostküste. Niemals wieder wollte sie an diesen Ort zurückkehren, nie wieder das maritime Flair genießen, nie wieder durch die prächtigen Einkaufsstraßen oder über den am Wochenende stattfindenden Markt schlendern. Nie wieder, hatte sie sich fest vorgenommen, aber irgendwie schaffte es das Schicksal schließlich doch, sie nach East Hampton zu führen und auf den Mann treffen zu lassen, der sie alles vergessen lassen und von nun an ihr Leben bestimmen würde.

Eigentlich glaubte sie nicht an so etwas wie Schicksal, doch an diesem Wochenende erlaubte sie sich, eine Ausnahme zu machen. Es konnte kein Zufall sein, dass sie genau an dem Wochenende in East Hampton verweilte, an dem auch Emmett Wellington mit ein paar Freunden in der Stadt das gelungene Examen feierte- es musste Schicksal sein! Eine andere Lösung erschien ihr zu dem Zeitpunkt, als sie zum ersten Mal in Emmetts eisblaue Augen blickte, nicht akzeptabel.

Emmett Wellington war charmant, witzig und sah gut aus. Sie konnte über seine manchmal doch etwas eigenen Witze lachen, aber auch ernste Diskussionen mit ihm führen. Sie konnte ihn lieben, sie konnte ihn hassen, sie konnte sich mit ihm freuen. In einem Augenblick freute sie sich, mit ihm zusammen sein zu können, im nächsten hätte sie ihn zum Mond schießen können. Sie litten, liebten sich, schrieen und lachten. Sie waren wie eine Einheit, die nicht auseinander gerissen werden konnte. Sie waren… perfekt.
Ja, sie erlaubte sich nach nunmehr fast drei Jahren Beziehung zu behaupten, dass Emmett und sie perfekt zusammenpassten und das vom allerersten Moment an. Dass sie sich mit ihm wieder einmal auf ihre Vergangenheit einzulassen drohte, hatte sie damals natürlich noch nicht gewusst. Und wenn sie ehrlich sein sollte, wusste sie nicht, ob sie anders gehandelt hätte, hätte sie gewusst, dass Emmett Wellington niemand Geringeres als der Neffe jenes Mannes war, der ihr zwei Jahre zuvor das Herz gebrochen hatte.


Unsicher und mit schwitzigen Händen lief Lexie Green hinter dem Küchentresen auf und ab und versuchte ihre Gedanken zu ordnen, was sich jedoch als ein schier unmögliches Unterfangen erwies. Sie war zu sehr durch den Wind, als dass sie es schaffte, Ordnung in das Chaos in ihrem Kopf zu bringen. Zu viele Gedanken auf einmal schossen ihr durch den Kopf und sie alle drehten sich nur um eines.

John.

Lexie machte kehrt und ihr nervöses Auf und Ab begann erneut. Nie im Leben hatte sie damit gerechnet, John Sheppard noch einmal wieder zu sehen. Er war aus ihrem Leben verschwunden und sie hatte sich damit abgefunden- zumindest dachte sie das. Lexie wusste auch nicht, was dieses Flattern in ihrem Brustkorb zu bedeuten hatte, als sie John im Schnee hatte liegen sehen. Ihre Kehle war staubtrocken gewesen, als sie ihn erkannte, und es war ihr eiskalt über den Rücken gelaufen, als sich ihre Blicke daraufhin verketteten. Viel zu schnell war dieser Moment jedoch zu Ende gewesen; man hatte John ins Haus geschafft und seitdem hatte sie ihn nicht mehr gesehen.

Dabei gab es nichts, was sich Lexie sehnlicher wünschte, als ihn zu sehen und mit ihm zu reden.

„Sie ziehen eine Miene wie nach sieben Tage Regenwetter“, war auf einmal hinter ihr eine Stimme zu vernehmen. Lexie zuckte zusammen. In ihren Gedanken versunken, hatte sie total vergessen, dass sie nicht allein in der geräumigen Wohnküche des Anwesens war. Als sie sich umdrehte, blickte sie in die freundlichen braunen Augen der Hausdame, die man ihr als Percy Broderick vorgestellt hatte.

Mrs. Broderick lächelte freundlich.

„Nun setzen Sie sich doch erst einmal hin, meine Liebe“, wies sie Lexie an. „Ich bin mir sicher, dass Sie einen Kaffee vertragen könnten, richtig?“

Lexie nickte resigniert. Ein heißer Kaffee hörte sich wirklich sehr gut an, also tat sie wie ihr geheißen und ließ sich auf einen der Barhocker nieder, die sich am Tresen aneinanderreihten.

„So“, meinte Mrs. Broderick, als sie Lexie eine Tasse Kaffee einschenkte, „Sie und unser John kennen sich also?“

Der Kaffee war brühend heiß, doch das war nicht der Grund, warum sich Lexie verschluckte und die braunschwarze Flüssigkeit zurück in die Tasse laufen ließ.

„Wie… wie bitte?“

„Sie und John.“ Die Hausdame stellte die Kaffeekanne beiseite. „Ich hatte vorhin das Gefühl, dass Sie beide sich irgendwoher kennen“, sagte sie. Lexie starrte die rüstige Dame mit halb geöffnetem Mund an. Ihr Herz schlug so schnell in ihrer Brust, dass sie befürchtete, Mrs. Broderick könnte es hören.

„Wir… wir kennen uns von… früher“, platzte es aus Lexie heraus, noch ehe sie wusste, wie ihr geschah. „Von früher“, setzte sie atemlos hinzu.

„Von früher“, echote Mrs. Broderick und für einen Augenblick glaubte Lexie, sie durchschaue ihre Lüge. Wie erleichtert war sie doch, als die Hausdame ihr Sekunden später ein Lächeln schenkte und sich abwandte.

„Von früher, wie schön.“

Lexie entkam ein tonloses Seufzen, als sich Mrs. Broderick wieder der Zubereitung des Weihnachtsessens zuwandte. Schon seit Stunden kochte, brutzelte und garte das Menü für den heutigen Abend in den Töpfen und Pfannen. Ein Duft, der allen das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ, erfüllte die Küche und alle angrenzenden Flure und Räume und alle halblang öffnete sich die Tür und jemand steckte den Kopf in die Küche, um sich zu erkundigen, ob er helfen konnte. Meistens waren diese Angebot jedoch nicht ernst gemeint und nur Tarnung, um eine Nase des appetitlichen Duftes zu nehmen, weshalb die Hausdame die ‚Eindringlinge’ auch meist sofort wieder fortschickte.

„Wissen Sie“, meinte Mrs. Broderick in diesem Moment, „Sie könnten mir einen Gefallen tun, Lexie. Ich darf Sie doch Lexie nennen?“

Die Angesprochene nickte.

„Natürlich dürfen Sie das“, erwiderte sie und stellte ihre Kaffeetasse beiseite. „Was kann ich tun?“, fragte sie und kam in Erwartung, der Hausdame bei der Zubereitung des Essens unter die Arme greifen zu können, um den Tresen herum. Zu ihrer Überraschung deutete Mrs. Broderick jedoch nicht auf einen der vielen, auf dem Herd stehenden Töpfe, sondern auf ein Tablett, das auf der Anrichte bereitstand.

„Wären Sie so gut und bringen Sie das bitte John? Ich würde es ja selbst machen, aber es ist noch so viel zu erledigen.“ Zur Bestätigung ihrer Worte ließ die Hausdame ihren Blick über das, zugegeben, sehr chaotisch aussehende Arbeitsfeld schweifen.

Lexie schluckte, nickte dann aber und nahm das Tablett.

„Kein Problem“, sagte sie mit etwas zittriger Stimme. „Wo… wo finde ich ihn denn?“

„Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, ist er gerade in die Bibliothek… gehumpelt“, antwortete Mrs. Broderick mit einem Schmunzeln und Lexie kräuselte die Stirn. „Den Gang runter, dann links abbiegen. Es ist die erste Tür auf der rechten Seite“, fügte die Hausdame erklärend hinzu.

„Ähem… danke.“ Lexie lächelte verlegen und machte sich mit den Tablett in ihren Händen von dannen. Sie trat hinaus auf den Flur und blieb, als sich die Küchentür hinter ihr geschlossen hatte, unschlüssig stehen. Es verging eine ganze Minute, ehe sie tief Luft holte und sich auf den Weg in Richtung Bibliothek machte. Dies war ihre Chance, zu erfahren, was vor fünf Jahren passiert war, sagte sie sich, als sie, wie Mrs. Broderick gesagt hatte, am Ende des Ganges links abbog und dann vor der angelehnten Tür zur Bibliothek stehenblieb. Erneut atmete sie tief ein und wieder aus, ehe sie die Hand hob und anklopfte. Als sie keine Antwort erhielt, beschloss sie einfach einzutreten.

Die Bibliothek war größer als Lexie sie sich vorgestellt hatte. Sie blieb stehen, kaum dass sie den Raum betreten hatte, und sah sich staunend um. Dies war die wohl bestsortierteste und umfangreichste Hausbibliothek, die sie je gesehen hatte. Ihre Kinnlade klappte herunter, als sie an den langen Regalreihen entlangblickte. Bücher aus mehreren Jahrhunderten reihten sich hier aneinander und versetzten Lexie in Staunen.

„Unglaublich, diese Platzverschwendung“, erklang auf einmal eine ihr so wohlbekannte Stimme und riss Lexie aus ihrer staunenden Betrachtung.

„Kultur braucht nun mal ihren Platz“, erwiderte sie und näherte sich zögerlichen Schrittes dem Fenster, vor wo aus John sie beobachtete. Er saß in einem teuer aussehenden Sessel aus Leder, das gegipste linke Bein hatte er auf einem Hocker abgelegt.

„Ist das für mich?“, fragte er und deutete auf das Tablett in Lexies Händen. Diese nickte und suchte nach einem Tisch oder einer ähnlichen Ablage, stellte das Tablett schließlich auf einen kleinen Kaffeetisch.

„Mrs. Broderick hat mich gebeten, es Dir zu bringen“, sagte sie. John nickte, fasste das Tablett kurz ins Auge, schenkte ihm danach aber keine weitere Betrachtung. Stattdessen ruhte sein Blick auf Lexie, die noch immer unschlüssig im Raum stand und nicht wusste, wohin mit ihren schweißnassen Händen.

„Setz Dich“, bat er sie.

Lexie biss sich auf die Unterlippe. Das hier war das, was sie gewollt hatte; allein mit John, die Möglichkeit mit ihm zu reden. Trotzdem fühlte es sich auf einmal furchtbar falsch an und Lexie zog ernsthaft in Erwägung, wieder zu gehen.

„Lexie.“ Johns Stimme war sanft. „Setz Dich. Bitte.“

Seufzend widerstand Lexie dem Drang, wegzulaufen, und setzte sich auf die nahe liegende Fensterbank. Als sie aufblickte und sich bewusst wurde, dass er sie ansah, musste sie schlucken. Er sah noch immer so aus wie damals. Gut, ein paar Jahre älter vielleicht. Erste Fältchen sammelten sich um seine grünen Augen und feine Linien zeichneten sich um seine Mundwinkel ab. Seine Schläfen waren grauer, als sie sie in Erinnerung hatte, seine dunklen Haare kürzer, aber er schien sie immer noch nicht bändigen zu können. Auf gewisse Weise machte ihn das Alter attraktiv. Körperliche Reife war schon immer etwas gewesen, das Lexie an Männern fasziniert hatte, weshalb es ihr nicht gelang, die Augen von John zu lassen.

„Du siehst gut aus“, merkte sie an, dann, jedoch, fiel ihr Blick auf sein linkes Bein; ein Stück seines Gipses blitzte unter dem Hosenbein hervor. Lexie musste grinsen, als sie die bunten, kindlichen Zeichnungen bemerkte, die den Gips zierten.

„Willst Du auch unterschreiben?“, fragte John und fesselte ihren Blick, als sie zu ihm aufsah. „Ich befürchte nur, dass Du Schwierigkeiten haben wirst, noch eine freie Stelle zu finden.“

Lexie lächelte.

„Später vielleicht“, sagte sie, faltete die Hände in ihrem Schoß und starrte auf ihre Fingerknöchel. Erst als Johns intensiver Blick sie zu durchbohren drohte, hob sie den Kopf und sah ihm in die Augen.

„Ich…ich hätte nicht gedacht, Dich je einmal wiederzusehen“, begann John. „Wie…ist es Dir so ergangen?“

„Du meinst, nachdem Du einfach so von Heute auf Morgen verschwunden bist?“ Lexie hatte nicht vorgehabt, ihre Stimme so bissig klingen zu lassen und als sie sah, wie John die Lippen zusammenkniff, tat es ihr leid.

Sie seufzte.

„Tut…tut mir leid“, stammelte sie. „Ich… ich wollte nicht…“

„Schon okay“, fiel ihr John mit einem Kopfschütteln ins Wort. „Ich… versteh das. An Deiner Stelle wäre ich auch sauer. Was damals passiert ist…“ Er brach ab und ließ seinen Blick aus dem Fenster schweifen. Seine Augen wurden schmal, als ob er versuchte, in der Entfernung etwas zu erkennen. Sekunden später entspannten sie sich jedoch wieder und er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Lexie zu.

„Es tut mir leid, Lexie“, fuhr er zögerlich fort. „Ich wünschte, es wäre anders gekommen, aber…“

Dieses Mal war es Lexie, die ihm das Wort abschnitt.

„Ich wusste, dass es eines Tages so kommen würde“, gestand sie, „und ich Dich nicht ewig halten könnte.“ Ihre eigenen Worte überraschten sie, sie ließ sich das jedoch nicht anmerken.

„Trotzdem.“ John schüttelte erneut mit dem Kopf. „Ich hätte nicht so einfach gehen sollen. Es war dumm…“ Er seufzte. „Ich bin nicht gut in Gefühlsdingen, Lexie. Es… Ich… Ich konnte den Gedanken einfach nicht ertragen, dass Du… Und ich…“

Lexie nickte.

„Ich weiߓ, sagte sie, „worauf Du hinauswillst, John.“ Ihr Gegenüber reagierte sichtlich erleichtert.

„Es tut mir leid“, meinte er stattdessen wieder.

Lexie senkte den Blick.

„Mir tut es auch leid.“ Sie wusste nicht, wie sie fortfahren sollte, also beschloss sie, einfach das zu sagen, was sie in diesem Moment empfand. „Ich… ich habe Dich geliebt, John, wirklich geliebt, und ich bin fast verrückt geworden, als Du nach unserem Streit nicht mehr wiedergekommen ist.“

Sie sah John schlucken, ließ ihm aber keine Zeit, um etwas zu erwidern. Sie wollte das jetzt los werden. Es hatte fünf Jahre auf ihrer Seele und ihrem Herzen gelastet.

„Ich dachte, es sei meine Schuld“, sprach sie weiter. „Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie oft ich darüber nachgedacht habe, wie ich es hätte verhindern können. Ich… ich erinnere mich noch genau an Deinen Gesichtsausdruck, als Du gegangen bist.“

Jetzt schüttelte John mit dem Kopf.

„Lexie…“

„Nein, nein.“ Sie erhob den Zeigefinger gegen ihn. „Bitte, lass mich ausreden, John.“ Sie wartete und fuhr fort, als er nickte. „Ich habe all die Jahre wirklich gedacht, es sei meine Schuld, dass Du gegangen bist. Nur irgendwann…“ Sie seufzte. „Ich will damit sagen, dass ich Dich verstehe. Du und ich… wir beide… wir wären nicht glücklich geworden und diese Tatsache hat mich verrückt gemacht, weil ich mir das wirklich gewünscht habe. Ich wollte mit Dir zusammen sein und es hat mir das Herz gebrochen, als ich verstand, dass Du es nicht wolltest.“

John schwieg.

„Bitte sag mir nur eines“, bat Lexie ihn und rutschte näher an ihn heran. Sie fixierte ihn mit ihrem Blick, als sie ihn fragte: „Hat es sich gelohnt?“

„Was soll ich Dir darauf antworten, Lex?“, seufzte John. „Was willst Du von mir hören? Dass ich froh bin, dass ich damals einfach abgehauen bin?“

Lexie schüttelte mit dem Kopf.

„Ich möchte, dass Du ehrlich zu mir bist“, erwiderte sie. „Du bist damals gegangen, ohne mir zu sagen warum. Und wenn ich ehrlich sein soll, will ich den Grund auch nicht wissen. Ich will nur, dass Du mir sagst, ob es sich für Dich gelohnt hat.“

John kniff die Lippen aufeinander.

„Sei mir nicht böse“, meinte er schließlich, „wenn ich Dir darauf keine Antwort geben kann.“

„Kannst Du es nicht oder willst Du es nicht?“, hakte Lexie nach.

„Was macht das schon für einen Unterschied?“, fragte John sie. „Es würde alles noch viel komplizierter machen als es eh schon ist. Ich habe damals einen großen Fehler gemacht und es tut mir wirklich sehr leid. Aber…“

„…das Leben geht weiter“, beendete Lexie seinen Satz und John nickte.

„Es tut mir leid“, sagte er wieder.

„Du musst Dich nicht immer bei mir entschuldigen, John“, schmunzelte Lexie. „Ich habe es schon beim ersten Mal verstanden.“

Nun schlich sich auch ein Lächeln auf Johns Gesicht.

„Ich will nur sichergehen, dass Du nicht aus Rachegedanken auf irgendwelche dummen Ideen kommst“, grinste er. „Ich bin mir nämlich nicht so sicher, ob Emmett die Wahrheit gefallen würde.“

„Du meinst die, dass ich mit seinem Onkel geschlafen habe?“, triezte Lexie ihn. John verzog das Gesicht.

„Für den familiären Frieden wäre es sicher nicht fördernd. Und ich hatte eigentlich gehofft, dieses Weihnachten ohne größere Streitigkeiten hinter mich zu bringen.“

„Also, was mich betrifft, ich werde schweigen wie ein Grab.“ Lexie verschloss mit einer drehenden Handbewegung symbolisch ihren Mund. Dann grinste sie keck. „Schließlich will ich ja nicht, dass sich Emmett…“

John, der schon zu ahnen schien, was sie sagen wollte, hob rasch die Hände.

„Okay. Ich denke, ich kann’s mir vorstellen.“

Lexie lachte.

„Dann… dann ist alles in Ordnung zwischen uns beiden?“, fragte sie, als sie sich wieder beruhigt hatte. John zuckte mit den Schultern.

„Ich bin ein großer Junge, ich denke, ich komme damit klar“, griente er und griff nach ihrer Hand. Lexie lächelte und deckte seine Hand mit ihrer eigenen zu. Erneut fanden sich ihre Blicke und sie verloren einander ein letztes Mal in den Augen des jeweils anderen. Jetzt, wo alles zwischen ihnen geklärt war, fühlte sich Lexie viel besser. Auch wenn sie wahrscheinlich nie den wahren Grund für sein Verschwinden herausfinden würde, verspürte sie eine innere Zufriedenheit und konnte nun entspannt den Weihnachtsfeiertagen entgegensehen.


Ein leises Klopfen riss John und sie aus ihrer Starre. Ein letztes Mal drückten sie einander die Hände, ehe John die Schultern durchdrückte.

„Komm rein“, rief er demjenigen zu, der mit dem Klopfen um Einlass gewährt hatte. Eine Frau mit milchkaffeefarbenem Teint und schulterlangen, braunen Haaren betrat den Raum. Sie blieb stehen, als sie Lexie neben John sitzen bemerkte.

„O, ich wusste nicht…“

John, dessen Schultern sich kaum merklich wieder angespannt hatten, als sie den Raum betreten hatte, winkte sie zu sich herüber.

„Kein Problem, Teyla“, sagte er mit einem liebevollen Unterton in seiner Stimme. „Wir waren sowieso gerade fertig, nicht wahr?“ Er sah Lexie an.

„Ja“, erwiderte diese und warf der Frau, die John Teyla genannt hatte, einen kurzen Seitenblick zu. Sie wusste, dass sie Johns Frau war, man hatte sie einander kurz vorgestellt, bevor Teyla mit Dave und dessen Frau Amanda ins Krankenhaus gefahren war.

Teyla lächelte, wenn auch etwas steif.

„Ich wollte euch beiden wirklich nicht stören“, sagte sie, „es gibt da nur etwas, was ich John sagen wollte und was nicht warten kann.“

„Mit Dir ist doch alles in Ordnung, oder?“ Johns Stimme klang alarmiert und er wäre wahrscheinlich aufgesprungen, hätte ihn sein Gipsbein nicht daran gehindert. Sein Blick fiel auf den Bauch seiner Frau. „Bitte sag jetzt nicht…“

Lexie verkniff sich ein Lächeln. An Johns übervorsichtiger Art und seinem ausgeprägten Beschützerinstinkt schien sich nichts geändert zu haben.

„Nein, nein“, winkte Teyla ab und kam, nachdem sie mitten im Raum stehengeblieben war, nun doch zu ihrem Mann herüber. „Mit mir und dem Baby ist alles in Ordnung. Es ist nur… Nun ja, es könnte sein, dass heute Abend noch ein paar Leute mehr am Tisch sitzen werden.“

John hob die Augenbrauen.

„Wie meinst Du das?“, fragte er seine Frau. „Was für Leute denn?“

Teyla wollte ihm gerade etwas erwidern, als die Tür aufgestoßen wurde und ein großer, hünenhafter Mann in die Bibliothek gestürmt kam. Lexie zuckte zusammen, als er sich mit einem rauen Lachen auf John stürzte, der genau so überrascht über das Erscheinen dieses Riesen mit langen, braunen Dreadlocks zu sein schein wie sie.

„Ronon!? Was zur Hölle-“ Weiter kam er nicht, denn genau in diesem Moment betraten zwei weitere, heftig miteinander diskutierende Männer die Bibliothek.

„Ich bitte Sie, Carson“, rief einer von ihnen aus; er trug eine orange Fleecejacke und seinem Gesichtsausdruck nach zu ordnen, war er alles andere als erfreut. „Hätten Sie nicht…“

„Wie oft denn noch, Rodney?“ Der Mann, den man Carson genannt hatte, schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Es tut mir ja leid.“

„Das will ich aber auch hoffen“, entgegnete der andere Mann- Rodney- patzig und verschränkte die Arme vor der Brust. Er grummelte sich etwas in den Bart, jedoch schien seine schlechte Laune augenblicklich zu verschwinden, als er John entdeckte, der die drei Frischeingetroffenen noch immer entgeistert anstarrte.

„Was denn?“, keifte er. „Denken Sie mal nicht, ich sei freiwillig hier, Sheppard.“

John, der sich endlich wieder gefangen zu haben schien, schüttelte mit dem Kopf, sah dann ein weiteres Mal zwischen den drei Männern hin und her.

„Was… was macht Ihr denn hier?“, verlangte er sichtlich aufgebracht zu wissen.

„Wir sind die drei heiligen Könige, was denkst Du denn?“ Der Mann in der orangefarbenen Fleecejacke verdrehte die Augen. „Und wenn ich das mal anmerken darf, es ist alles Carsons Schuld. Ich..." Er brach ab und deutete stattdessen mit dem Finger auf Johns Gipsbein. „Hey, was ist denn mit Deinem Bein passiert?“

TBC
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