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Schöne Bescherung von Nyada

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Frosty the snowman was a jolly happy soul,
With a corncob pipe and a button nose
And two eyes made out of coal.
O, Frosty the snowman
Was alive as he could be,
And the children say he could laugh
And play just the same as you and me.
Gene Autry – Frosty, The Snowman



Eine halbe Stunde, nachdem sich herausgestellt hatte, dass es sich bei dem hupenden Gefährt nicht um Dave und Amandas eintreffenden Nachwuchs sondern den Kurierdienst handelte, klingelte das Telefon und ein etwas gehetzt klingender Emmett Wellington erklärte seinem Vater, dass mit ihm und seinem Bruder wohl nicht innerhalb der nächsten halben Stunden zu rechnen war, da der Festtagsverkehr gelinde ausgedrückt ‚höllisch’ war; Daves verkniffenem Gesichtsausdruck nach zu ordnen, glaubte er seinem ältesten Sohn kein Wort, ließ sich dies aber nicht anmerken und wünschte den beiden noch eine gute Weiterfahrt.

Den Blick, den John zugeworfen bekam, als er sich vorsichtig nach dem Verbleiben seiner beiden Neffen erkundigte, war tödlich und so wunderte es den Soldaten nicht, dass er sich keine viertel Stunde später zusammen mit seinem Bruder, dem guten, alten Mr. Hopps und T.J. vor dem Haus wiederfand und in die grotesk verzogene Miene des absoluten Grauens blickte, welches die letzten Monate nur darauf gewartet hatte, wieder ans Tageslicht zu dürfen.

„Nein“, kam es entschlossen über Johns Lippen, als ihm bewusst wurde, was sein Bruder da von ihm verlangte. „Nein, Dave.“ Er hatte doch nur Interesse bekundet, und womit wurde ihm das gedankt? John wusste, dass Daves Strafen für Fehlverhalten jeglicher Art immer hart ausfielen, aber hiermit übertrieb er nun wirklich!

„Du hast keine andere Wahl“, war die strenge Erwiderung seines Bruders und die keinen Raum für große Diskussionen ließ; Daves Entscheidung, seinen kleinen Bruder für seine „absolut unpassende“ Bemerkung zu bestrafen, stand fest und er sah nicht ein, weiter darüber zu diskutieren.

„Von wegen“, brummelte John seinem Bruder zu, der das vor ihm aufgebaute Monstrum nun ebenso kritisch betrachtete wie Arthur Hopps, welcher nebenbei noch an seiner Feldflasche nippte.

„Feststeht, dass das Ding aufs Dach muss“, bemerkte der alte Stallmeister scharf, eine Tatsache, die John natürlich bewusst war- Daves Strafe hin oder her.

Nichtsdestotrotz schüttelte er mit dem Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich werde ganz sicher nicht aufs Dach klettern, Dave“, beharrte er auf seiner Meinung. „Dieses… Ding ist absolut scheußlich!“ Dave setzte an, ihm etwas zu erwidern, wurde jedoch gleich wieder von John unterbrochen. „Und es ist mir egal, ob das 'ne Tradition ist. Eine dämliche Tradition, wenn ich das anmerken dürfte.“

„John…“

„Dave…“

„Jungs, Jungs.“ Art Hopps hob beschwichtigend die Hände. „Bitte, kein Zank am heiligen Abend. Das Ding muss aufs Dach“, wiederholte er. „Egal wie.“

John seufzte und runzelte nachdenklich die Stirn. „Es ist scheußlich“, beschied er.

„Es ist Tradition“, konterte sein Bruder und John verdrehte die Augen.

„Zum Teufel mit der Tradition, Dave“, zeterte er. „Dieses… Ding ist scheußlich, total überholt und erwähnte ich, dass es lächerlich ist? Nein, das kommt mir dieses Jahr nicht aufs Dach! Nein

„Aber, Daddy“, mischte sich nun auch T.J. ein, der, nachdem es ihm bei diesem grauenhaften Anblick die Sprache verschlagen hatte, ebendiese wiedergefunden hatte, „es ist doch nur ein Schneemann.“

„Ja, John, es ist doch nur ein Schneemann.“ In Daves Stimme lag Belustigung und sein Lächeln war falsch und hinterlistig, woraufhin in John der Wunsch aufkeimte, seinem achso klugen, besserwisserischen und fiesen Bruder vor versammelter Mannschaft eine runterzuhauen; er hatte es früher, als sie noch Kinder waren, jeden Tag getan und irgendwie hatte es ihm in den letzten Jahren gefehlt. Was würde es also schon groß ausmachen, alte Gewohnheiten wieder aufleben zu lassen?

„Das Ding muss aufs Dach“, war es wieder von Mr. Hopps zu vernehmen, ehe John dem Gedanken weiter nachgehen konnte. Der Stallmeister nahm einen großzügigen Schluck aus seiner Feldflasche und so langsam schien sich nicht nur John zu fragen, was diese beinhaltete…

Der Soldat seufzte. „Gut“, gab er sich geschlagen; gegen die geballte Macht seines Bruders, seines Sohnes und des traditionsgebundenen Stallmeisters war er machtlos, und was sein Vater erst sagen würde, wollte sich John gar nicht erst ausmalen. Das… Ding musste aufs Dach- irgendwie, heute noch. John kniff grimmig die Lippen aufeinander. Wie immer hatte sein Vater die unangenehmen Aufgaben den anderen überlassen, das war typisch für ihn. Womöglich würde er sich später auch noch furchtbar darüber aufregen, dass sie nicht eher angefangen hatten, aber Patrick Sheppard war ja auch nicht derjenige, der aufs Dach klettern musste, um dieses Ding aufzustellen.

Das Ding war nicht anderes als das personifizierte Grauen in Form eines breit grinsenden Schneemanns, der den Namen Mr. Frosty trug; ein furchtbares Relikt der Vorstadt, für das John- im Gegensatz zum Vorstadtkomitee- noch nie Sympathie empfunden hatte. Es war nicht schwer, Mr. Frosty zu hassen, zumindest nicht für John; er war eine fast zwei Meter hohe Kunststofffigur mit rundem Bauch, Plastikzylinder, Plastikkohleknöpfen, Plastikkarottennase und Plastikaugen. Einzig und allein der etwas struppig aussehende Besen war echt. Mr. Frosty war- wie T.J. es so treffend festgestellt hatte- nichts anderes als ein normaler Schneemann, zwar etwas in die Jahre gekommen, aber durchaus noch als Schneemann zu erkennen.
John hasste Mr. Frosty seit jeher und hatte nicht verstanden, was das Komitee um Bürgermeister Jenkins an diesem Ding fand; er war hässlich, fürchterlich altbacken und was um alles in der Welt hatte ein Schneemann auf dem Dach zu suchen?

John fasste den breit grinsenden Mr. Frosty ins Auge. Der starre Blick der Figur, dieses hässliche Grinsen, diese aufgesetzte Fröhlichkeit- alles an Mr. Frosty kam einer Kriegserklärung gleich. Der Soldat wusste, dass er diese Schlacht verlieren würde, was ihn rasend machte.

„John“, riss ihn Daves Stimme aus den hasserfüllten Gedanken, „es wird langsam kalt. Also bitte…“ Sein Bruder machte eine fließende Handbewegung in Richtung des wartenden Schneemanns. Das falsche Grinsen seines Bruders versetzte John gedanklich in die Vergangenheit zurück, in der nicht ein Tag vergangen war, ohne dass die beiden Brüder sich gestritten hatten. Jeden Tag aufs Neue hatten sie sich gegenseitig aufgezogen, wobei Dave, der Lieblingssohn ihres Vaters, stets mit einem blauen Auge davongekommen war und genau dieses Grinsen auf den Lippen hatte, wenn John wieder einmal auf sein Zimmer geschickt worden war. Dieses Grinsen machte John seit jeher rasend, so auch heute.

„Das wirst Du büßen“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und warf seinem Bruder im Vorbeigehen einen eisigen Blick zu. Wäre T.J. nicht anwesend gewesen und hätte ihn nicht mit diesen großen, braunen, von Unschuld erfüllten Kinderaugen angesehen, hätte John mit Sicherheit noch das ein oder andere nicht ganz so nette Wort hinzugefügt. So beließ er es aber bei einem unverständlichen Brummeln, als er sich daran machte, die Leiter zu erklimmen.

„Schön“, rief er seinem Bruder und Mr. Hopps zu, als er oben angekommen war, und stemmte die Hände in die Hüften. „Lasst es uns hinter uns bringen, bevor ich es mir noch anders überlege“, meinte er und fühlte sich dabei so lächerlich wie schon lange nicht mehr. Er, ein erwachsener Mann von zweiundvierzig Jahren, kletterte aufs Dach um einen albernen Kunststoffschneemann aufzustellen. Lächerlich, schimpfte John innerlich. Einfach nur lächerlich!

„Gut, ich werf’ dann jetzt das Seil hoch“, kam Mr. Hopps Erwiderung nach ein paar Sekunden. Tatsächlich erschien kurz darauf das Ende des Seils; widerstrebend packte John es und zog an. Das Gewicht des am anderen Ende hängenden Mr. Frosty zog den Soldaten kurz nach vorne.

„Verdammt“, fluchte John und stemmte die Füße in die Dachziegeln, die ihm trotz des Schnees überraschenderweise guten Halt boten.

„Alles in Ordnung da oben?“, hörte er Dave rufen.

„Alles bestens. Toll hier oben. Echt 'ne super Aussicht, sollte ich öfters machen“, knurrte John, zog das Seil etwas strammer und begann dann vorsichtig einen Fuß vor den anderen zu setzten und dieses scheußliche Stück „Weihnachtsdekoration“ aufs Dach zu ziehen.

Ob es nun an ihm lag oder an dem Gewicht von Mr. Frosty, dem Schnee oder ob er einfach nicht aufgepasst hatte und unvorsichtig gewesen war, wusste John hinterher nicht mehr. Das Einzige, an was er sich erinnerte, war, dass er es irgendwie geschafft hatte, Mr. Frosty über die Dachkante zu ziehen, begleitet von T.J’s Anfeuerungsrufen. Triumphierend hatte er den vor ihm aufgebauten Schneemann angegrinst. Was danach geschehen war, konnte John nur vermuten...
Wahrscheinlich hatte sich dieses boshafte Stück Plastik aus seiner Verankerung gelöst. Es ging zu schnell, als dass John hätte reagieren können. Er grinste noch immer, als sich Mr. Frosty plötzlich in seine Richtung zu neigen begann. Aus Reflex machte John einen Schritt zurück... und das Unglück nahm seinen Lauf.

Ein Schrei entkam Johns Kehle, als seine Sohle auf dem auf einmal doch sehr rutschigen Dach keinen Halt fand. Er wedelte kurz mit den Armen und es wenigstens so aussehen zu lassen, als hätte er alles versucht, um das Gleichgewicht zu halten, aber schon im nächsten Moment landete er bäuchlings auf den Dachziegeln. Verzweifelt suchte er während seiner eiskalten Abfahrt Halt an den schneebedeckten Dachziegeln, doch es ging viel zu schnell, als hätte er ihn finden können. Ehe er sich versah, war er der Dachkante gefährlich nahe gekommen, und er schaffte es gerade noch rechtzeitig, die Augen zu schließen, bevor er nach einem letzten verzweifelten Versuch, sich an der Dachrinne festzuhalten, in die Tiefe stürzte.

ooOOoo


„Home, sweet Home“, trällerte Emmett Wellington fröhlich, als er seinen Chevy Impala, keine zwanzig Minuten nachdem er seinen Vater angerufen hatte, die Hauseinfahrt entlang manövrierte; der Wagen hatte wahrlich schon bessere Zeiten gesehen und hinsichtlich der völlig verschneiten Auffahrt und der langsam einrostenden Karosserie kostete es Emmett große Mühe und Geschick sein geliebtes Auto in der Spur zu halten und nicht in der nächsten Schneewehe steckenzubleiben. Anscheinend sagte eine warme Stube und ein warmhaltender Whiskey dem guten, alten Arthur Hopps mehr zu, als eine zu räumende Auffahrt.
Emmett konnte nur mit dem Kopf schütteln, wenngleich er den Stallmeister, der gleichzeitig auch das ‚Mädchen für alles’ war, natürlich verstehen konnte. „Art“ Hopps war noch nie für jede überflüssige Arbeit zu begeistern gewesen, weswegen sich Emmett fragte, warum sein Großvater so große Stücke auf ihn hielt. Womöglich lag es an Hopps’ unwiderstehlich widerlichen Art. Vielleicht wagte es Patrick Sheppard aber auch einfach nicht, den alten Mann nach so vielen Jahren der Zusammenarbeit einfach rauszuschmeißen. So weit sich Emmett zurückerinnern konnte, gehörte „Art“ Hopps zum Inventar des Hauses, genauso wie die gutmütige Mrs. Broderick…

Emmett schmunzelte, als er an die großmütterliche Frau dachte, die es schaffte, selbst seinen manchmal sehr mürrischen Großvater mit ihren selbstgebackenen Plätzchen zu besänftigen. Emmetts Vater und sein Onkel waren der netten, alten Dame schon seit jeher verfallen. Nach dem Tod von Emmetts Großmutter, die er leider nicht mehr hatte kennenlernen dürfen, war Mrs. Broderick so etwas wie die gute Seele des Hauses geworden und hatte sich rührend um die beiden Söhne des Hausherrn gekümmert; sein Vater sprach selbst heute noch in den höchsten Tönen von ihr.

Seine Hände etwas fester um das Lenkrad legend, steuerte Emmett das kleine Rondell vor dem Hauseingang an; der Wagen seines Vaters und der seines Onkels parkten bereits dort und so lenkte Emmett seinen Impala in die noch verbleibende Nische, parkte dort und stellte dann den Motor ab. Stille trat ein, nur der Lärm, der aus den Kopfhörern seines Bruders drang und so etwas wie Musik sein sollte, war zu hören.

„Grae, wir sind da“, rief Emmett über seine Schulter hinweg, doch wie erwartet reagierte der auf der Rückbank sitzende Graham nicht im Geringsten. Die Musik- wenn man es denn überhaupt so nennen konnte- war zu laut, als dass der Fünfzehnjährige ihn hätte hören können, also drehte sich Emmett um und boxte gegen Grahams Knie.

„Hey“, brüskierte sich sein kleiner Bruder und seine eisblauen Augen blitzten wütend durch lange, blonde Ponyfransen hindurch. „Alter, was sollte das?“ Graham rieb sich fluchend das Knie.

„Wir sind da“, wiederholte Emmett, „und um Himmels Willen, Grae, mach die Musik leiser. Das ist ja nicht zum aushalten.“ Eigentlich hasste er es, seinen Bruder zurechtzuweisen. Er selbst war mit fünfzehn keinen Deut besser gewesen und hatte seiner Mutter die ein oder andere schlaflose Nacht deswegen bereitet.

„Kein Grund gleich so zu schreien, Mann“, brummelte Graham und drehte, wenn auch etwas widerwillig, die Musik leiser. Mit trüben Augen blickte er aus dem Fenster und fixierte das sich aus der Schneelandschaft erhebende Haus. „Hab ich schon gesagt, wie sehr ich mich freue, hier zu sein?“

Emmett schmunzelte; der Sarkasmus seines kleinen Bruders war wieder einmal nicht zu überhören. Die ganze Fahrt über hatte Graham durchblicken lassen, dass er alles andere als begeistert war, seine Ferien mit der Familie zu verbringen, noch dazu im kalten Norden, für Emmetts sonnenverwöhnten Halbbruder der blanke Horror. Graham wäre wahrscheinlich mit seiner trotzigen Einstellung durchgekommen, hätte ihr Vater nicht ein Machtwort gesprochen und seinen Sohn zurechtgestutzt. Es war allgemein bekannt, dass Graham Sheppard seine freien Tage lieber an den kalifornischen Stränden als im Kreise der Familie verbrachte, aber dieses Jahr hatte ihr Vater kein Erbarmen gezeigt, und so hatte Emmett den schmollenden Graham am Morgen ins Auto verfrachtet und das eiserne Schweigen des Fünfzehnjährigen hingenommen. Obwohl er Grahams Abneigung, Zeit mit der Familie zu verbringen, nicht verstand. Dieses Jahr würde das erste seit langer Zeit sein, dass wieder alle unter einem Dach sein würden; selbst ihr Onkel John hatte versprochen dieses Jahr mit seiner Familie zu kommen.

Die Aussicht, seinen Onkel wiederzusehen, erfüllte Emmett Wellington mit freudiger Erwartung. Es war fast zehn Jahre her, dass er John Sheppard zum letzten Mal gesehen hatte. Emmett hatte seinen Onkel schon immer bewundert und in seinen Augen war er der Mann, der er immer sein wollte. Johns Vorliebe fürs Fliegen hatte den damals vierzehnjährigen Emmett dermaßen fasziniert, dass er beschlossen hatte, es seinem Vorbild gleichzutun und zur Air Force zu gehen. Zehn Jahre waren vergangen und Emmett war fünfundzwanzig, hatte vor drei Wochen sein Studium beendet und war drauf und dran in die Firma seines Großvaters einzusteigen. Das bedeutete nicht, dass er seinen Onkel John nicht mehr als Vorbild sah- er hatte nun nur andere Prioritäten, den es Vorrang zu geben galt…

Zum ersten Mal, seit er den Wagen auf das Grundstück seines Großvaters gelenkt hatte, wandte er sich der neben ihm sitzenden Person zu, die bisher nur aus dem Beifahrerfenster gesehen und sichtlich beeindruckt geschwiegen hatte.

„Na, hab’ ich zu viel versprochen?“, fragte er sie grinsend.

„Das ist…“ Mehr brachte sie nicht zustande; ihr hübscher kleiner Mund verzog sich zu einem Lächeln und ihre braunen Augen strahlten. „Emmett, das ist…“ Ein erneuter Versuch sich auszudrücken, scheiterte.

„Warte erst einmal, bis Du drin bist- vielleicht verschlägt es Dir ja dann nicht allzu arg die Sprache“, neckte er sie, woraufhin sie ihm gegen die Schulter boxte.

„Leute, bitte.“ Graham verdrehte stöhnend die Augen. „Nehmt euch ein Zimmer. “

„Wie wär’s, wenn Du schon mal vorgehst?“, schlug Emmett seinem kleinen Bruder vor, der sich daraufhin tatsächlich seinen Rucksack schnappte und ausstieg.

„Beeilt euch“, rief er über seine Schulter hinweg und ließ dann die Tür zuknallen. Kopfschüttelnd sah Emmett dem durch den Schnee in Richtung Haustür davonstapfenden Graham nach.

„Es ist nicht einfach für ihn“, bemerkte seine Begleiterin. „Jungs in seinem Alter haben anderes im Sinn, als Weihnachten mit der Familie zu verbringen.“

Emmett schnitt eine Grimasse. „Hey, ich bin ein Junge, falls Dir das noch nicht aufgefallen sollte, und ich kann mich noch durchaus daran erinnern, als ich in Grahams Alter war.“

„Na dann ist ja gut“, kam die Erwiderung. „Und ja, mir ist durchaus schon aufgefallen, dass Du ein Junge bist“, fügte sie grinsend hinzu und beugte sich vor. „Erst letzte Nacht hast Du mir das wieder deutlich bewiesen“, säuselte sie gegen seine Lippen.

„Ich will nur sichergehen, dass Du es auch ja nicht vergisst“, surrte er, umfasste ihr Gesicht zärtlich mit den Händen und küsste sie. Es war ein harmloser Kuss verglichen zu dem, was letzte Nacht in seiner Wohnung vorgefallen war, trotzdem zeigte sich Emmett unwillig, als sie sich von ihm löste. Verliebt sah er sie an. „Womit habe ich nur verdient, dass Du mich liebst, Lexie Green?“

Die Brünette warf ihr Haar zurück und lächelte keck, sagte aber nichts sondern machte sich daran aus dem Wagen auszusteigen.

Die Tür war noch nicht zurück ins Schloss gefallen, als jener gellende Schrei ertönte, der in jede Faser von Emmetts Körper durchdrang und so sehr zusammenfahren ließ, dass er sich den Kopf am Autodach stieß. Im Augenwinkel nahm er die Gestalt wahr, die bäuchlings das Vordach des Hauses hinunterrutschte und noch versuchte, sich an der Dachrinne festzuhalten, Sekunden später aber mit dem Gesicht nach unten im frischen Schnee lag.

„O mein Gott“, hörte er jemanden rufen, dann sah er seinen Vater und Mr. Hopps um die Ecke sprinten. Emmetts Blick wanderte durch die Scheibe seines Wagens hinauf zum Dach des Hauses, von wo aus ihm die altbekannte, angsteinflössende Grimasse von Mr. Frosty entgegengrinste.

„Was… was zur Hölle ist das?“, fragte Lexie, die das Monstrum aus Kunststoff nun ebenfalls entdeckt hatte.

„Das ist der Schrecken der Vorstadt, meine liebste Lexie“, antwortete Emmett ihr, während er aus dem Wagen ausstieg, woraufhin sie ihn irritiert ansah. Er umrundete den Wagen und schlang dann den Arm um Lexies Hüfte. „Gewöhn Dich schon mal dran. Du wirst den guten, alten Mr. Frosty noch öfter zu Gesicht bekommen.“

Lexie nickte unsicher. „Sollten… sollten wir nicht nachsehen, ob alles in Ordnung ist?“, fragte sie dann. „Ich meine…“ Sie schaute unsicher in die Richtung, wo sich bereits eine Menschentraube um die vom Dach gestürzte Gestalt gebildet hatte. Emmett musste sich nicht einmal sonderlich anstrengen, um zu erkennen, wer da im hohen Bogen, bei dem Versuch dieses scheußliche Relikt der Vorstadt auf dem Dach zu befestigen, von ebendiesen gesegelt war.

„Mein Gott!“, stöhnte Mrs. Broderick, die zusammen mit Emmetts Stiefmutter und seiner Tante aus dem Haus gestürzt war, kaum dass sein Dad und Mr. Hopps die am Boden liegende Gestalt erreicht hatten. „Holt einen Krankenwagen! Schnell!“

„John!“, rief Emmetts Tante und bahnte sich mit ihrem runden Babybauch einen Weg durch die Masse, keuchte auf, als sie ihren Mann entdeckte, der sich fluchend wie ein Seeräuber auf den Rücken rollte. „JOHN!“

„Mir… mir geht’s gut“, brachte sein Onkel gepresst hervor, auch wenn seine schmerzverzerrte Miene eine andere Sprache sprach. „Alles… okay. Ich… o, verdammt“, stöhnte er, als er versuchte sich aufzurichten.

„Bleib ganz ruhig liegen, John“, mahnte Emmetts Vater seinen jüngeren Bruder, der gerade stöhnend in den Schnee zurücksank. „Nicht bewegen.“

„Hatte ich nicht vor“, kam die keuchende Erwiderung des über und über mit weißem Pulverschnee bedeckten John Sheppard, der wie ein hilfloser Käfer auf dem Rücken lag.

„Emmett“, nahm nun endlich der Vater des jungen Mannes Kenntnis von der Gegenwart seines ältesten Sohnes, „komm her und mach Dich nützlich. Verdammt, wo steckt Grae?“

„Ist wahrscheinlich im Haus“, antwortete Emmett, der dem Befehl seines Vaters unverzüglich nachkam und von Lexie abließ. Auf seinen am Boden liegenden Onkel herabgrinsend, meinte er: „Gelungene Showeinlage, Onkel John. Wäre aber echt nicht nötig gewesen.“

Sein Onkel erwiderte das Grinsen, wenn auch nur mit allergrößter Mühe, blinzelte dann hinauf zum Dach, über dessen Kante hinweg Mr. Frosty’s immerfröhliche Miene zu sehen war. „Ich hasse Dich“, brummelte er, aber niemand wusste genau, ob er nun die Schneemannfigur meinte, oder seinen Bruder, der sich genau in diesem Augenblick über ihn lehnte.

Dave lächelte gequält.

„Wir müssen ihn ins Haus schaffen“, beschied Mr. Hopps, der das Geschehen aus sicherer Entfernung beobachtet hatte.

„Und einen Krankenwagen rufen!“, fügte Mrs. Broderick geradezu hysterisch hinzu. „Mein Gott, Jonathan, was hast Du Dir nur dabei gedacht?“, tadelte sie Emmetts Onkel und hätte ihm wahrscheinlich noch einen Klaps auf den Hinterkopf gegeben, hätte sich der Angesprochene nicht plötzlich kerzengerade aufgesetzt. Seine weitaufgerissenen Augen fixierten etwas hinter Emmett und als dieser sich umwandte, sah er, dass Lexie nicht minder erschrocken dreinblickte.

„John!?“, keuchte sie und wurde dabei so blass, dass Emmett befürchtete, sie würde umkippen.

„Lex…Lexie?“ Die Stimme seines Onkels war nicht mehr als ein Krächzen, was nicht verwunderlich war, hinsichtlich des Sturzes vom Dach. „O… o mein Gott! Lexie Green!?“

TBC
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