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Die Reise (2) - Entdeckungsreise von Manuela

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Vorwort

Diese Geschichte kann für sich allein stehen, aber um das gesamte Bild zu verstehen, solltest du vielleicht „Die Reise“ lesen. Obwohl es als Slash kategorisiert ist, lass dich davon bitte nicht abschrecken, es ist sehr mild ohne sexuelle Situationen.
Achtung: Bei dieser FF handelt es sich um eine Übersetzung aus dem englischen! Original-Titel ist „Journey Of Discovery“ von „BeeBee“.
Die Reise (2) - Entdeckungsreise


„Es ist eine wahnsinnige Idee“, beschwerte sich Jack, als Daniel erklärte, was er und Sam geplant hatten.
„Jack, hör einfach zu“, flehte Daniel.

Er und Sam hatten Stunden am Telefon verbracht und diesen Trip geplant. Und er wollte so sehr, dass Jack mit der Idee einverstanden ist. Daniel wusste, dass Jack sich bloß Sorgen machte, Sam wäre nicht in der Lage, mit ihm fertig zu werden. Aber er wollte wirklich mit Sam nach New York fliegen und er wollte, dass auch Jack mit der Reise glücklich ist. Falls sein Partner nicht seine 100%ige Zustimmung gäbe, wusste Daniel, dass er nicht wegfahren konnte.

„New York, um Gottes Willen!“ tobte Jack weiter, tigerte vor Daniels Rollstuhl auf und ab.

Daniel wartete gelassen, bis der Sturm vorübergehen würde. In einem Rollstuhl zu sitzen und für die einfachsten Dinge total von anderen abhängig zu sein, hatte Daniel gelehrt – auf die harte Tour – das Leben auf eine ruhigere Art anzugehen. Als sein rasantes Leben geendet hatte, musste er lernen, Genugtuung in der Bewegungslosigkeit zu finden. Sonst hätte er sich mit Selbstmitleid und Langeweile in den Wahnsinn getrieben. Er saß geduldig in seinem Stuhl, wartete, bis Jack sich abregen würde, bevor er seinen Fall neu formulierte.

Endlich sank Jack auf die Couch nieder und starrte seinen Partner der letzten paar Jahre an. Er liebte Daniel aus ganzem Herzen und aus seiner ganzen Seele. Er hatte ihn absolut geliebt, bevor Multiple Sklerose ihn zu einem verkrüppelten Klotz in einem Rollstuhl reduziert hatte. Doch nun – falls das möglich war – liebte er ihn noch mehr. Er liebte jeden Zentimeter von Daniel, er liebte seinen noch immer scharfen Verstand und Witz. Er liebte seine gleichmütige und tiefsinnige Akzeptanz seines Schicksals. Doch am meisten liebte er Daniel für seine abenteuerlustige Neigung, nicht gedämpft durch die Zerstörungen, die seine Krankheit verursacht hatte.

Jack blickte zu seinem Geliebten und sah das Funkeln in seinen blauen Augen, das ihn gegen die archäologische Gesellschaft angehen und ihn sich weigern ließ, seine Theorien über die Pyramiden aufzugeben. Dieses Funkeln, welches das Stargate geöffnet hatte. Dieses selbe Funkeln war noch immer vorhanden und flehte Jack nun an, ihm zu erlauben, nach New York zu fliegen.
Jack seufzte. „Okay, okay“, sagte er, hob seine Hände in einer Geste des Ergebens. „Also erzähl mir alles.“

Daniel wusste, er hatte gewonnen. Er packte den Steuerknüppel seines Stuhls und rollte näher an Jack heran, begierig, seine Neuigkeiten loszuwerden. „Sam muss nächsten Monat an ein paar Besprechungen in New York teilnehmen und dachte, es wäre die ideale Gelegenheit für uns, einige Zeit zusammen zu verbringen. Sie hat ein paar Tage Urlaub genommen und ein passendes Hotel gefunden. Und sie ...“ Er pausierte und korrigierte sich: „... wir dachten, wir könnten die Museen und Galerien unsicher machen.“
Jack nickte. „Wirst du den Flug schaffen?“ wollte er wissen.

Daniel war zuvor einmal allein gereist, als er Sam in Washington besucht hatte. Es war nicht eine seiner besseren Erfahrungen als Rollstuhlfahrer, er hatte es jedoch überlebt.

„Ich habe es einmal geschafft, ich glaube, ich kann es wieder“, sagte Daniel.
Er und Jack wussten beide, wie sehr Daniel den Verlust der Unabhängigkeit hasste, der von Flughäfen und Flugreisen verursacht wurde.
Jack nickte noch einmal. „Hat Sam alle Einrichtungen überprüft?“ fragte er.

Daniel von zu Hause wegzuholen, war eine gewaltige logistische Herausforderung. Alles musste im Vorhinein kontrolliert werden um sicherzustellen, dass Daniel relativ leicht von einem Ort zum anderen gelangen konnte, dass er jede Einrichtung im Hotelzimmer erreichen konnte und dass – falls nötig – medizinische Versorgung leicht zu bekommen war.

Nun war Daniel an der Reihe zu nicken. „Sie sagt, alles ist okay“, meinte er, riskierte ein kleines Lächeln in das grimmige Gesicht vor ihm.
Jack sah Daniels Lächeln, wollte es erwidern, zwang sich aber, ein ernstes Gesicht zu machen. „Wann willst du also los?“ fragte er.
„Sam hat vorsorglich einen Flug um 14.00 Uhr am 29ten gebucht“, berichtete Daniel. „Das sollte uns genug Zeit geben, an diesem Ende alles vorzubereiten, nicht wahr?“
„Ja. Brauchst du einen Transport zum Flughafen?“ fragte Jack, wusste genau, dass Daniel natürlich seine Hilfe brauchte, um zum Flughafen zu kommen und einzuchecken.
Jack würde alles erledigen, bevor er seinen Lebenspartner widerstrebend dem fähigen aber unpersönlichen Flughafenpersonal übergab und ihn allein ins blaue Nichts abfliegen ließ.
„Bitte“, nickte Daniel.
Er wusste, dass Jack wusste, er würde es nicht ohne ihn schaffen, dorthin zu gelangen.

„Okay, ich glaube, es ist entschieden“, gab Jack zu, grinste bei Daniels erleichtertem Gesichtsausdruck. Er stand auf, kniete vor Daniels Stuhl nieder und nahm seinen besten Freund und Geliebten in seine Arme. „Du weißt, ich will nicht, dass wir getrennt sind, deshalb habe ich argumentiert.“
Daniel beugte seinen Kopf in Jacks Umarmung und kuschelte sich an den Hals seines Liebhabers. „Ich weiß, Jack“, flüsterte er. „Aber du weißt, ich muss diese Chancen nützen, so lange ich kann, oder?“
„Ich weiߓ, antwortete Jack, ließ Daniel los und starrte in seine tiefblauen Augen. „Du wirst noch mein Tod sein mit all dieser Abenteuerlust“, hänselte er, grinsend wegen Daniels Lachen, während der zum Telefon rollte, um Sam die guten Nachrichten zu übermitteln.


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Seit Sam wieder in ihr Leben zurückgekehrt war, hatten Jack und Daniel ihre Gesellschaft genossen, wann immer es möglich war. Obwohl sie ihre Arbeit in Washington festhielt, kam sie regelmäßig zu Besuch, blieb einige Tage bei ihren Freunden und war glücklich, bei diesen Gelegenheiten Jack bei Daniels täglicher Pflege entlasten zu können. Beide Männer erfreuten sich an ihrer neuen Beziehung mit ihrer ehemaligen Kollegin. Und obwohl sie Sam nicht so oft sahen, wie sie es gerne wollten, machten sie das beste aus jeder Gelegenheit.

Über die letzten paar Monate hatten Sam und Daniel eine besondere Bindung aufgebaut. Sam hatte sich ernsthaft bemüht, Daniels Behinderung zu verstehen und zu lernen, wie seine tägliche Pflege zu bewältigen war, damit Jack sich zurücklehnen, fischen gehen, entspannen und seine Batterien aufladen konnte. Es war nicht immer leicht, doch nach ihrem ersten Besuch bei Daniel und Jack war Sam entschlossen, die Männer und ihre Bedürfnisse unter allen Umständen in ihr Leben einzubauen. Daniel hatte sie bereits in Washington besucht und sie waren ganz gut zurechtgekommen. Als Sam Daniel wieder zum Flugzeug brachte, hatten sie einander versprochen, sie würden versuchen, in nächster Zukunft wieder etwas zu arrangieren.

Niemand wusste, ob sich Daniels Zustand weiter verschlechtern würde und – falls – wann das geschehen würde. Der Fortgang der Krankheit war von den ersten Symptomen bis zu seinem derzeitigen Zustand ziemlich rasch gewesen. Doch im letzten Jahr schienen sich die Dinge eingeebnet zu haben.

Während seines Besuches bei Sam in Washington hatte eine ihrer Freundinnen Daniel gefragt, wie es sich anfühlte, so behindert zu sein. Sam hatte Angst gehabt, dass Daniel von dieser anscheinend gefühllosen Frage verletzt wäre, doch Daniel hatte ihr später erklärt, dass er die Ehrlichkeit ihrer Freundin zu schätzen wusste.
„Es ist leichter, wenn die Leute geradeheraus mit mir umgehen“, meinte Daniel. „Besser, als auf Zehenspitzen herumzuschleichen und vorzugeben, ich sitze nicht im Rollstuhl.“
Er hatte die Frage genauso ehrlich beantwortet.
„Na schön, abgesehen von meinem ständigen Ausblick auf das Leben aus der Höhe Ihrer Taille und dem Gebundensein an Versprechungen und Gefälligkeiten ...“ Er pausierte, als Sams Freundin wegen seiner Terminologie verwirrt aussah. „Ich meine ...“ Er verstummte erneut, wollte seine Gedanken sortieren, bevor er erklärte: „Ich muss jede Tätigkeit abwägen, ob ich sie ausführen kann oder nicht. Und ich muss ständig meine Trägheit besiegen, auch nur eine Kleinigkeit zu tun.“
Sams Freundin nickte verstehend, bevor sie fragte: „Denken Sie, Ihr Leben ist eingeschränkt von Ihrem taillenhohen Ausblick?“ Sie war ganz klar daran interessiert, Daniels Lebensanschauung zu hören.
„Na ja, ich bin von meiner Behinderung wortwörtlich verkleinert worden“, lachte er, „reduziert auf eine Größe von 1,40 Meter und auf die Nabel der Leute starrend.“

Ungeachtet seines Gelächters hatte Daniel in Wirklichkeit lange gebraucht, um mit seiner Behinderung fertig zu werden. Zuerst hatte er sich klaustrophobisch auf die Seltsamkeit eines behinderten Lebens konzentriert und konnte es nicht akzeptieren, dass sein Leben nicht von anderen zu unterscheiden war, angetrieben vom selben Appetit, voll der selben Ängste und vollgestopft mit den selben Freuden. Er und Sam hatten sehr ausführlich darüber gesprochen, als sie allein waren und Daniel hatte seine einzigartige Lebensanschauung erklärt.
„Während die demyelinativen Schädigungen sich in meinem zentralen Nervensystem ausbreiteten, haben die Auswirkungen jede Region meiner Existenz durchdrungen“, erläuterte er. „Multiple Sklerose ist genauso ein Teil meines Ich wie der Tod meiner Eltern und der Verlust Sha’uris. Die Krankheit kann nicht entfernt werden, ohne das Lebewesen zu verstümmeln, das sie in sich trägt.“

Sam war eine Weile stumm dagesessen, hatte die Ungeheuerlichkeit dieser Bemerkung in sich aufgenommen. Auf eine Art bewies es, dass Daniel die Krankheit akzeptiert hatte, doch andererseits machte sich Sam Sorgen, dass nach dieser Akzeptanz Daniel den Kampf aufgeben würde. Sie hatte sich geirrt. Daniel wusste, wenn er sich vorwärts bewegen wollte, musste er seine Einschränkungen akzeptieren. Er fragte sich oft, ob es besser gewesen wäre, von Geburt an behindert zu sein und kein anderes Leben zu kennen. Andererseits hatte seine langsame Degeneration ihm erlaubt, mit jedem Verlust zu wachsen und auf diese Art leichter ein Mindestmaß an Gelassenheit während des Prozesses zu behalten.

Daniel hatte erklärt, wie dankbar er war, dass er dreißig Jahre in der Ahnungslosigkeit der Normalität leben durfte, bevor er Schritt für Schritt taumelnd zu der Ebene abgestiegen war, in der er nun lebte.

Sam konnte seine Gründe bis zu einem gewissen Grad verstehen, war sich aber noch immer sicher, dass sie das nicht so ertragen würde, wie Daniel es anscheinend tat. Sie hatte versucht, das Daniel zu erklären, doch er hatte nur seinen Kopf geschüttelt.
„Selbstmitleid ist nicht meine Art, Sam“, hatte er gewitzelt. „Ich denke nicht, dass ich in Verweigerung bin, wie es bei den Erholungsmomenten der Fall wäre. Vielleicht, weil ich niemals Erholungsphasen haben werde. Ich empfinde die normale Kollektion negativer Emotionen als Reaktion auf spezielle Auslöser“, erläuterte er seiner Freundin. „Ich fühle mich frustriert wegen meiner Ungeschicklichkeit, beschämt wegen meiner versagenden Blase, sehne mich nach den langen Spaziergängen mit Jack, fühle mich schuldig wegen der Bürde, zu der ich geworden bin und habe Angst, was die Zukunft bringen könnte. Aber ich fühle nicht spezielles Selbstmitleid für mich.“
Er pausierte, während Sam Zeit brauchte, seine Ergüsse zu verdauen.

„Selbstmitleid“, setzte er fort, „wird mir viel stärker von außen aufgezwungen als in meinem Inneren erzeugt. Ich hasse es, wenn Menschen auf mich zukommen und sagen Oh, du bist so tapfer
Daniel imitierte den mitleidig-heuchlerischen Ton genau. Sam lachte.
„Gott weiß, die meisten Krüppel wollen keine Ermutigung von außen, um sich den Hindernissen in ihrem Leben zu stellen“, grinste Daniel zurück. „Es ist das Gefühl, sich einer Herausforderung zu stellen, das die beste Abhilfe bei Selbstmitleid liefert, die ich kenne“, erklärte er. „Meine fortschreitende Behinderung verbirgt eigentlich eine ständig komplizierter werdende Ansammlung von Übungen für Problemlösungen, die mich auf dem Sprung halten.“ Er pausierte und lachte. „Obwohl ich seit ein paar Jahren nicht mehr auf meinen Füßen stehe.“

Schließlich hatte Sam verstanden. Sie hatte Daniel eng an sich gedrückt. Worte würden niemals ihre Bewunderung ausdrücken und ihren Wunsch, das Leben für ihn glücklicher und leichter zu machen, wann und wo immer es möglich wäre.

Nun, wo sie in der Ankunftshalle wartete, schwor sie, diese Reise so unterhaltsam und denkwürdig wie möglich zu machen.


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Jack übergab Daniel nur sehr widerwillig in die Obhut des Flughafenpersonals. Diesen Morgen hatte er viel Aufhebens gemacht, Daniel angezogen und für seine Reise vorbereitet. Er hatte Daniels Koffer gepackt, während Daniel ihn von seinem Stuhl aus dirigierte. Er hatte Sam so oft angerufen, dass sie gedroht hatte, das Telefon abzustellen, um ihr eine Instruktion und eine Erinnerung nach der anderen zu geben. Trotz Daniels Versicherung, dass Sam sehr wohl in der Lage war, damit fertig zu werden.

Endlich waren die Vorbereitungen erledigt und alles gepackt, Jack hatte Daniel in den Van verladen, den Stuhl gesichert und hatte sich mit seiner kostbaren Fracht auf den Weg zum Flughafen gemacht.

Obwohl Daniel Jack angefleht hatte, ihn allein zu lassen, nachdem er ihm beim Einchecken geholfen und das Flughafenpersonal wegen seiner Bedürfnisse alarmiert hatte, bestand Jack darauf, mit Daniel zu warten, bis sein Flug aufgerufen wurde und eine kompetent aussehende junge Frau herankam.
„Hi, ich bin Sandi.“ Sie lächelte die beiden Männer an. „Sie reisen allein, ...“ Sie überprüfte ihre Unterlagen, bevor sie ihr lächelndes Gesicht erneut hob, „... Dr. Jackson?“
Ihr Lächeln war ansteckend und Daniel grinste zurück. „Ja, das ist richtig, Sandi“, nickte er. „Colonel O’Neill hat mich nur hergebracht.“
Sandi nickte, sie war es gewöhnt, mit diesen Situationen umzugehen. „Soll ich von hier übernehmen, Sir?“ fragte sie den grauhaarigen Mann in der Air Force-Uniform, der sich ängstlich bei ihrer rollstuhlgebundenen Fracht herumtrieb.
„Er muss in einen manuellen Rollstuhl umgesetzt werden“, erinnerte sie Jack.
„Jack, ich bin sicher, sie weiß das alles“, ermahnte Daniel seinen Partner. Er war sich bewusst, wie schwer es Jack fiel, seine Pflege einer Fremden zu überlassen.
„Das tue ich wirklich“, bestätigte Sandi. „Ich schlage vor, ich begleite Dr. Jackson in den medizinischen Bereich, damit ich ihn in privater Umgebung umsetzen kann“, erklärte sie, fügte hinzu: „Ich bin dafür ausgebildet, Colonel.“
„Ja ... na ja ... also okay“, stimmte Jack zögernd zu, bevor er sich vor Daniels Stuhl niederkniete.

Sie hatten sich in der Intimsphäre ihres Heims schon verabschiedet, trotzdem Jack fühlte den plötzlichen Drang, Daniel in seine Arme zu nehmen. , dachte Jack, während er Daniels aufgeregtes Gesicht betrachtete. Selbst die Aussicht, in das Flugzeug ein- und wieder ausgeladen zu werden, konnte seinen Enthusiasmus für diese Reise nicht dämpfen.
„Okay, Daniel, hab eine schöne Reise und ruf mich an, sobald du ankommst“, befahl er, tätschelte seinen Geliebten unbeholfen auf die Schulter.
„Ich verspreche es“, gab Daniel zurück, hob seine gute Hand und umklammerte Jacks für einen Moment, bevor er ihn losließ.

Jack drehte sich abrupt um und marschierte davon, ließ Daniel zurück, der seinem verschwindenden Rücken nachstarrte. Daniel wusste, wie schwer diese Trennungen für Jack waren und ein Teil von ihm hatte Mitleid mit seinem Partner, während ein anderer Teil sich auf ein Wiedersehen mit Sam freute.

„Sind Sie bereit, Dr. Jackson?“ fragte Sandi, holte ihn in die Realität zurück.
„Ja, natürlich, zeigen Sie den Weg“, erwiderte Daniel, packte den Steuerknüppel seines elektrischen Stuhles und folgte Sandi durch die Halle.

Das war der Teil, den Daniel hasste. Der vollkommene Verlust der Unabhängigkeit, weil er in einen manuellen Stuhl umgesetzt werden musste und damit der Gnade des Flughafenpersonals ausgeliefert war, bis er am anderen Ende in Sams Fürsorge übergeben würde.

Er atmete tief ein, rollte in den medizinischen Raum, während Sandi die Türe für ihn aufhielt. Im Inneren bewies sich Sandi als eine kompetente Pflegerin. Man hatte ihr offensichtlich die Kunst beigebracht, einen nutzlosen Körper von einem Ort zum anderen zu transportieren. Und bevor er sich wegen des Transfers Sorgen machen konnte, war es erledigt und Daniel saß in dem manuellen Rollstuhl.
„Wow, Sie sind gut“, lobte er Sandi, während sie seinen elektrischen Rollstuhl beschriftete und zum Transport fertig machte.
Dann wandte sie sich um, wollte es ihm in dem manuellen Stuhl ein bisschen bequemer machen. „Ich sagte Ihrem Freund, ich bin ausgebildet, nicht wahr?“ Sie lächelte zu Daniel hinauf, während sie sanft seine Füße auf die Fußstützen stellte. Dann erhob sie sich und betrachtete Daniels zusammengesunkene Gestalt. „Ich denke, Sie müssten noch ein wenig aufgesetzt werden, falls das okay für Sie ist?“ fragte sie.
Daniel nickte seine Zustimmung, Sandi bewegte sich hinter den Stuhl, legte ihre Arme unter Daniels Schultern und hob ihn in eine bequemere Position.
„Wie ist das?“ wollte sie wissen.
„Das ist gut, Sandi“, sagte Daniel. „Aber Sie müssen mich vielleicht festbinden. Ich habe die Angewohnheit, in diesen Stühlen herumzurutschen“, gestand er.

Der Standard-Stuhl hatte nicht die komfortablen Polsterungen für seinen Körper, die sein elektrischer Rollstuhl besaß. Und er wusste aus Erfahrung, dass sein schwacher Körper ohne Gurte in dem Stuhl seitlich zusammensinken würde. Er hätte nicht die Kraft, sich aufzurichten.

„Verstanden“, sagte Sandi, griff nach dem Stapel Gurte auf der nahen Bank. Geschickt befestigte sie einen davon um Daniels Brust und die Stuhllehne, sicherte ihn damit in seinem Sitz.
„Danke, das ist großartig“, lächelte Daniel das ernsthafte junge Mädchen vor ihm an.
Er war verblüfft, wie gut sie mit seinem zusammengesunkenen und verkrüppelten Körper umgegangen war. Daniel hatte herausgefunden, dass abgesehen von Jack die meisten Menschen ein Problem damit hatten, ihn zu bewegen. Selbst bei Sam und Janet fühlte er sich nicht so sicher, wie bei diesem jungen Mädchen.

Sandi blickte auf ihre Uhr. „Wir gehen besser zum Flugzeug, Dr. Jackson“, meinte sie, löste die Bremsen und umfasste die Handgriffe des Stuhles. „Sind Sie bereit?“
„Wann immer Sie es sind“, stimmte Daniel zu, lehnte sich zurück, während Sandi ihn durch die Menschenmenge zum Abflugschalter schob.
Er war erleichtert, als er herausfand, dass Sandi mit ihm an Bord des Flugzeuges ging und es ihm vor dem Start in seinem Sitzplatz bequem machte. Er hoffte nur, dass jemand ähnlich kompetenter am anderen Ende sein würde, der ihn auslud.


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Sam wartete am Gate nervös auf Daniels Ankunft. Sie hatte die Anzeigentafel der Ankünfte kontrolliert und wusste, dass Daniels Flug vor gut 30 Minuten gelandet war. Sie wusste aus Erfahrung, dass Daniel das Flugzeug als letzter Passagier verlassen würde, deshalb beobachtete sie ungeduldig all die anderen Reisenden, die mit ihrem Gepäck an ihr vorübereilten, wohl wissend, dass Daniel der letzte sein würde.

Endlich entdeckte sie ihren Freund, der auf sie zurollte. Er saß wieder sicher und bequem in seinem eigenen elektrischen Stuhl, ein junger Gepäckträger folgte ihm mit seinen Koffern.

Daniel hatte kürzlich seinen alten Quickie-Rollstuhl gegen einen Twister eingetauscht. Dieser neue Stuhl – mit seiner Kompaktheit und Fähigkeit, auf engstem Raum zu drehen und zu wenden – war ideal dazu geeignet, in den beengten Räumen des SGC zu manövrieren. Außerdem besaß er das Merkmal einer 30 Zentimeter Lift-Funktion, die Daniel Zugriff zu höheren Regalen in seinem Büro ermöglichte. Durch die umlegbare Rückenlehne konnte er seine Position verändern, um die Krämpfe zu vermindern, unter denen er ab und zu litt. Und die elektrisch betriebenen hochstellbaren Beinstützen bedeuteten, Daniel konnte für ein Nachmittagsschläfchen in seinem Stuhl bleiben, wenn er sich im SGC aufhielt, anstatt jemanden suchen zu müssen, der ihn auf die Couch legte. Daniel liebte diesen neuen Stuhl, er fühlte sich sicher, wenn er erst mal darin saß.

„Daniel!“ rief Sam, winkte ihrem Freund wie verrückt.
Daniel hörte ihre Stimme, spähte in die Menge. Seine Sehkraft war heutzutage nicht so großartig und seine Brille half nicht mehr. Endlich entdeckte er Sams blondes Haar und wedelnde Arme und grinste ihr zu. Er versuchte nicht zurückzuwinken. Sein linker Arm war so schwach, er lag praktisch nutzlos in seinem Schoß. Und seine rechte Hand umklammerte den Steuerknüppel seines Stuhles. Er gab sich damit zufrieden zu lächeln, während er auf sie zurollte und in eine feste Umarmung genommen wurde.
„Gott, es ist so wundervoll, dich endlich wiederzusehen“, flüsterte Sam, küsste Daniel, wunderte sich, wie gut er – abgesehen von seinem geschwächten Körper – aussah.
„Du siehst prächtig aus“, sagte Daniel, betrachtete sie genau, bevor er sich zu dem Träger umwandte. „Danke, Alan, meine Freundin kann meine Koffer von hier an übernehmen“, erklärte er dem jungen Mann, der im Hintergrund geblieben war.
Sofort drückte Sam ein paar Dollarnoten in Alans Hand und nahm ihm das Gepäck ab. „Ein Taxi wartet auf uns“, berichtete sie Daniel, während sie ihren Weg hinaus bahnten. „Und eine Menge Pläne warten auch auf uns.“
Daniel lachte. „Ich kann es nicht erwarten, sie zu hören.“
Es war großartig, mit Sam in New York zu sein. All die Sorgen der Reise lagen nun hinter ihm und er konnte sich auf eine tolle Zeit mit seiner alten Freundin freuen.

Das Hotel, welches Sam ausgewählt hatte, lag gegenüber dem Central Park und ziemlich nahe dem Naturhistorischen Museum. Es warb mit Einrichtungen für Behinderte, doch Sam hatte ihre Zimmer persönlich kontrolliert, bevor sie Daniel abholte. Sie wollte, dass alles perfekt wäre. Mit ein paar minimalen Anpassungen würde der Raum, der Daniel zugeteilt war, seinen Zweck sehr gut erfüllen, entschied sie.

Sie hatte völlig recht. Während Daniel durch das geräumige Zimmer rollte, nickte er anerkennend. Das Bett hatte genau die richtige Höhe, um ihn hineinzulegen, es gab viel Platz für ihn, um seinen Stuhl herumzumanövrieren, das Bad war groß mit all den Griffstangen an den richtigen Plätzen und da befand sich sogar ein Stuhl in der Dusche.

„Ist es okay, Daniel?“ fragte Sam, besorgt, ob sie etwas übersehen hatte.
Daniel wirbelte seinen Stuhl herum, um seiner Freundin gegenüber zu stehen. „Es ist großartig, Sam, danke.“ Er rollte lächelnd zum Fenster, um den Ausblick zu genießen.
„Also, sollen wir auspacken?“ schlug Sam vor, hob Daniels Koffer auf das Bett und warf den Deckel zurück.

Daniel dirigierte sie, während Sam seine Kleider aus dem Koffer holte und in Schrank und Kommode verteilte. Dann öffnete sie die Tasche mit seinen Medikamenten und der Liste mit Instruktionen von Janet, wie und wann sie verabreicht werden sollten. Es war keine kleine Tasche.
„Gott, Daniel, du musst ja rasseln“, hänselte sie, warf die einzelnen Behälter auf das Bett.
Daniel lachte. „Denkst du, ja?“ Er bewegte seinen Stuhl näher zum Bett, damit er Sam helfen konnte, alles auseinander zu sortieren.
Da gab es Clonazepam gegen sein Zittern, Gabepetin gegen Spasmen, Tolterodine für seine Blasenschwäche und schließlich Rivotril in Kombination mit Clonazepam als Schmerzmittel.
Sam las sorgfältig alle Instruktionen hinsichtlich der zeitlichen Abstimmung und Dosierung, dann stellte sie die Medikamente auf den Nachttisch.

Nachdem alles ausgepackt und zu ihrer beider Zufriedenheit verstaut war, fragte Sam Daniel, was er als nächstes tun wollte.
„Um ehrlich zu sein“, gestand er, „denke ich, dass ich ins Bett gehen sollte.“
„Ich stimme vollkommen zu, Daniel“, sagte Sam lächelnd. „Ich wollte nur, dass du derjenige bist, der es vorschlägt.“
„Okay, gehen wir ins Bett“, lachte er. „Und ich meine das im lockersten Sinne.“
„Das hoffe ich doch“, tadelte ihn Sam, noch immer grinsend.

Sam kehrte bald zu ihrer Routine zurück und ohne viel Aufhebens saß Daniel bald von Kissen gestützt im Bett.
Sam betrachtete ihren Freund. „Soll ich mich jetzt um das Essen kümmern?“ fragte sie. „Worauf hast du Lust?“
Sie einigten sich schließlich auf Chinesisch und Sam griff zum Telefon, gab ihre Bestellung durch, bevor die beiden Freunde einen glücklichen Abend zusammen verbrachten und die alten Zeiten wieder aufleben ließen.


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Am folgenden Morgen arrangierte es Sam, dass das Frühstück in Daniels Zimmer gebracht wurde. Auf diese Art konnte er im Bett essen, danach konnten sie ihn duschen, anziehen und für ihren ersten gemeinsamen Tag fertig machen. Sam hatte vorgeschlagen, sie könnten das Naturhistorische Museum versuchen. Es war in der Nähe und sie hatte sich auf deren Webseite vergewissert, dass es behindertengerecht ausgestattet war.

Sie benutzten den Eingang in der 77ten Straße. Erst einmal drin, waren die Zugangsmöglichkeiten in dem riesigen Gebäude ziemlich einfach, wenn man die Lifte benutzte. Sie schafften es sogar, das Imax-Kino zu besuchen und eine faszinierende Dokumentation über Shackleton und sein Durchhaltevermögen zu sehen, da es dort Abstellmöglichkeiten für einen Rollstuhl gab.

Zu dem Zeitpunkt, als sie das Rose Center und das Hayden Planetarium besucht hatten, schmerzten Sams Füße. Daniel, der in seinem Stuhl herumsauste, hatte jedoch eine großartige Zeit und sie hatte nicht das Herz vorzuschlagen, Feierabend zu machen.

Endlich gab sich auch Daniel geschlagen, sie traten auf die 81te Straße und machten sich auf den Weg zurück zum Hotel.

Während sie sich später an diesem Nachmittag in Daniels Zimmer entspannten, diskutierten sie, was sie den Rest ihres Aufenthaltes anfangen wollten.
„Wie wäre es mit Guggenheim?“ schlug Sam vor, doch Daniel rümpfte seine Nase.
„Moderne Kunst ist nicht mein Ding“, gestand er. Sie überlegten einen Moment, dann sprach Daniel, nahm Sam den Wind aus den Segeln. „Wir könnten uns das New Yorker Kunstmuseum vornehmen“, meinte er.

Sam starrte Daniel verblüfft an. Dort waren Daniels Eltern vor gut dreißig Jahren getötet worden. Sie hätte sich niemals träumen lassen, dass er dorthin zurückkehren wollte.

Daniel bemerkte, dass Sam von seinem Vorschlag erstaunt schien.
„Es wäre eine Schande, nicht hinzugehen, vielleicht bekomme ich nie wieder die Chance“, erklärte er. „Es war vor langer Zeit, Sam, und so vieles ist seitdem passiert. Wenn ich mit dem Verlust meiner Frau leben kann und damit“, er wedelte mit seiner Hand, deutete auf seinen verkrüppelten Körper, „denke ich, dass ich es ertragen kann, das Museum zu besuchen.“
„Wenn du wirklich sicher bist, Daniel. Ich kann anrufen und ihre Einrichtungen überprüfen“, sagte Sam, wartete auf seine Zustimmung.
„Mach das“, nickte er.

Sam rief in der Empfangshalle an und der Angestellte erklärte ihr, dass alle öffentlichen Galerien für Rollstühle befahrbar wären. Sie konnten das Gebäude von der 81ten Straße oder der 5ten Avenue her betreten. Er wies darauf hin, dass die Abteilung des mittelalterlichen Europa wegen der räumlichen Gegebenheiten nur bedingt erreichbar wäre. Als sie das Daniel berichtete, war er nicht besonders enttäuscht. Dem mittelalterlichen Europa galt nicht sein Hauptinteresse. Er war eher besorgt, ob er die Ägypten-Abteilung erreichen konnte.

Am folgenden Morgen unterbreitete Sam ihrem Freund einen ziemlich radikalen Vorschlag, während er gestützt im Bett saß, den Kaffee nippte, den sie für ihn hielt.
„Ich habe eine Freundin in der Stadt, die Physiotherapeutin ist“, erzählte sie, unsicher, wie Daniel auf ihre Idee reagieren würde. „Sie arbeitet in einem Therapiezentrum hier in der Nähe“, setzte sie fort. „Sie haben einen Pool und ich habe mich gefragt, ob du ihn vielleicht heute Vormittag ausprobieren willst?“
Sie wartete, während Daniel die Tragweite eines solchen Planes überdachte.

Eigentlich machte ihm der Gedanke große Angst, dass Sam und ihre Freundin ihn herumschubsen würden und dass er in einem Pool voller Wasser völlig ihrer Gnade ausgeliefert wäre. Andererseits war es eine Erfahrung, die er genoss, wann immer er die Gelegenheit dazu hatte. Er konnte tatsächlich seine Arme und Beine frei im Wasser bewegen und das war ein äußerst befreiendes Gefühl, sobald er seine erste Angst überwunden hatte.

„Warum nicht?“ stimmte er schließlich zu. „Immerhin habe ich Urlaub.“
Sam konnte sehen, dass er sich bei dem Vorschlag unbehaglich fühlte. Aber das war der Daniel Jackson, der durch das Universum gereist war, der Aliens bekämpft hatte und der außerirdische Raumschiffe geflogen hatte. Sie wusste, er konnte es schaffen und er würde die Erfahrung genießen.

Sam duschte Daniel und zog ihn an. Dann ließ sie ihn in seinem Stuhl sitzend und fernsehend zurück, um ihre Freundin zu kontaktieren. Bald war alles arrangiert und Sam und Daniel hatten eine Verabredung mit dem Pool um 12.00 Uhr Mittag. Sam dachte, es wäre besser zu gehen anstatt ein Taxi zu suchen, das Daniels Stuhl transportieren konnte. Vor allem, da das Wetter angenehm warm war. Daniel hatte Probleme, wenn es zu kalt oder zu heiß war. Also entschied Sam, heute wäre der ideale Tag, bequem die Straßen der Stadt zu durchstreifen. Sie wusste, sie würden eine Weile brauchen, doch es machte nichts aus, sie konnten die Sehenswürdigkeiten betrachten und sich an der Gesellschaft des anderen erfreuen.

Das Therapiezentrum befand sich am anderen Ende des Central Park und die beiden Freunde genossen ihren Spaziergang, stoppten, um die Jogger zu beobachten und den Ausblick bei zahlreichen Gelegenheiten zu genießen. Schließlich erreichten sie das Therapiezentrum und Sam bat in der Rezeption, ihre alte Freundin Jill von ihrer Ankunft zu unterrichten.

Sam und Jill hatten sich während ihres gemeinsam Einsatzes im Golfkrieg kennen gelernt und waren seitdem in Verbindung geblieben, obwohl sie selten Gelegenheit hatten, sich zu treffen. Jill hatte vor ein paar Jahren die Air Force verlassen und eine Familie gegründet. Nun arbeitete sie als Teilzeitkraft im Therapiezentrum, um in der Übung zu bleiben.

Sie und Sam umarmten einander warmherzig in der Empfangshalle, bevor sich Sam zu Daniel umdrehte und ihn vorstellte. „Jill, das ist Dr. Daniel Jackson“, verkündete sie stolz.

Sam hatte Jill bereits Daniels Behinderung beschrieben. Sie war also nicht geschockt von der im Stuhl zusammengekauerten Gestalt, die grüßend ihre Hand ausstreckte.
„Hallo und willkommen im Big Apple“, sagte sie, schüttelte seine Hand und lächelte den gutaussehenden jungen Mann vor ihr an. „Darf ich sie Daniel nennen?“
„Natürlich“, stimmte er zu, erwärmte sich für Sams Freundin, „und danke, dass Sie sich die Zeit dafür nehmen“, meinte er.
„Überhaupt kein Problem, Daniel“, versicherte ihm Jill. „Wenn Sie mir jetzt folgen wollen, zeige ich Ihnen den Umkleideraum.“
Daniel schob seinen Steuerknüppel vor und rollte hinter Jill her, Sam an seiner Seite trug die Tasche mit der nötigen Ausrüstung.

Glücklicherweise hatte Daniel seine frühere Verlegenheit überwunden, wenn er von Sam an- und ausgezogen werden musste ... und von einer Anzahl anderer Leute. Für jemanden, der immer ein bisschen prüde wegen seines Körpers gewesen war, überließ sich Daniel nun problemlos regelmäßig Fremden und Freunden. Wenn er Sam nicht erlauben konnte, ihm beim Duschen und Ankleiden zu helfen – ihm sogar mit seinen Inkontenenz-Einlagen behilflich zu sein und ihn auf die Toilette zu setzen und ihn wieder runterzuheben – wäre er nicht in der Lage, Jack die Erholung zu gewähren, die er benötigte. Erst hatte er es beschämend gefunden, doch er hatte sich selbst getadelt, dass er nicht in der Position war, wählerisch zu sein, wer ihm helfen würde. Letztendlich ließ er sich lieber von Sam bei seinen Toiletten-Bedürfnissen assistieren als die Schande einer nassen Hose zu ertragen.

Jill ließ Sam zurück, um Daniel beim Ausziehen zu helfen und ihn in seine Badehose zu stecken. Dann führte sie ihnen den Kran vor, der Daniel ins Wasser senken würde und erklärte seine Funktionsweise. Auch sie konnte erkennen, dass Daniel ein wenig ängstlich war, doch sie war es gewöhnt, mit Patienten in ähnlichen Situationen umzugehen. Und ihre Erfahrung bewies, wenn sie erst mal im Wasser waren, genossen sie es wirklich.

Mit Sams Hilfe hatte Jill Daniel bald sicher im Kran. Während Sam im Pool stand und Daniel ins Wasser führte, arbeitete Jill mit dem Mechanismus, der den Kran senkte. Daniel klammerte sich zuerst krampfhaft fest, bis sich Jill ihnen im Pool anschloss, den Kran ausklinkte und eine lange, neongelbe Schaumstoffschlange unter seine Arme schob. Nach den ersten panischen Minuten, weil er vollkommen der Gnade dieser beiden Frauen ausgeliefert war, die ihn vom Ertrinken abhalten sollten, entspannte sich Daniel und genoss das Gefühl.

Aus einem unerklärlichen Grund konnten sich Daniels normalerweise unbewegliche Gliedmaßen im Wasser frei bewegen und er verbrachte eine glückliche halbe Stunde mit dem Radfahren seiner Beine und Drehen seiner Arme. Das Gefühl der Freiheit, das er aus diesen simplen Bewegungen gewann, war all die Mühe wert, die sie aufgewendet hatten.

Er bedauerte es, als Jill verkündete, dass die Trainingseinheit vorbei war. Das Wasserbaby würde bald wieder in den unbeweglichen Klumpen in einem Rollstuhl verwandelt werden. Daniel wusste aus Erfahrung, dass er am Ende des Tages erschöpft sein würde, entschied aber, dass es die Mühe wert war. Und er beschloss, Jack zu überreden, ihn einmal ins örtliche Schwimmbad zu bringen, damit er seine Kühnheit beweisen konnte.

Aus dem Wasser gehievt, getrocknet, angezogen und in seinen Stuhl gesetzt, dankte Daniel Jill, dass sie sich die Zeit genommen hatte, sich mit ihm zu beschäftigen.
„Es war mir eine Freude, Daniel“, sagte sie, beugte sich nieder und küsste den jungen Mann auf die Wange. „Sam hat mir so viel von Ihnen erzählt, ich wollte Sie sowieso unbedingt kennen lernen.“
Daniel war ein wenig verblüfft. Sam hatte also über ihn gesprochen. Er fragte sich, was sie erzählt hatte. Vielleicht Ich habe einen Freund, der ein Krüppel ist, oder Ich habe einen Freund, der Archäologe ist.

Wie er erwartet hatte, war Daniel zu dem Zeitpunkt, als sie ihren langsamen Rückweg durch den Park und zum Hotel bewältigt hatten, total ausgelaugt. Sie hatten unterwegs für einen Starbucks-Kaffee angehalten, doch Sam konnte erkennen, wie müde Daniel aussah und hatte darauf bestanden, dass er ausruhte, sobald sie in ihren Zimmern wären.
„Wenn du jetzt rastest, können wir vielleicht später heute Abend zum Dinner ausgehen“, versprach sie, während Daniel den Mechanismus aktivierte, der seine Lehne zurücklegte und seine Beine anhob.
„Ich schlafe ja schon“, witzelte er, schloss seine Augen.
Sam pflanzte einen Kuss auf seine Stirn. „Sehe dich dann später“, meinte sie, ließ die Verbindungstüre zwischen ihren Zimmern angelehnt und machte es sich bequem, um ein Buch zu lesen, während Daniel schlief.


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Am folgenden Morgen machten sich Daniel und Sam auf den Weg zum New Yorker Kunstmuseum, wie es Daniel erbeten hatte. Sam erkannte erleichtert, dass der Hotelangestellte ihnen die richtigen Informationen betreffend die Eignung für Behinderte gegeben hatte. Bald tourten sie durch die Ausstellungen. Sam hatte darum gebeten, die Abteilung für Tiffany-Glas zu besuchen und Daniel tat ihr gerne diesen Gefallen. Nachdem sie dort fertig waren, machten sie eine Pause fürs Mittagessen, bevor sie die Richtung zur Ägypten-Ausstellung einschlugen.

Sam war noch immer unsicher, dass Daniel das ertragen konnte. Immerhin war das der Ort, an dem er den Tod seiner Eltern mitangesehen hatte, als der Tempel, den sie rekonstruierten, auf sie fiel. Daniel hatte in der Vergangenheit oft darüber gesprochen, wie ihr Tod ihn beeinflusst hatte. Wie er von einer Pflegefamilie zur nächsten geschleppt worden war. Niemand wollte das Kinder-Genie lange behalten. Das hatte offensichtlich einen lang andauernden Effekt auf Daniel, nur ein Ereignis in einer langen Reihe von vielen in seinem Leben, die ihm große Qualen bereitet hatten.

„Bist du okay?“ fragte Sam ängstlich, als sie den Eingang zur Ägypten-Ausstellung erreichten und Daniel stehen blieb.
„Gib mir nur eine Minute“, murmelte Daniel, starrte in die Räume, die sich vor ihm öffneten.

Er wollte das tun. Es war dreißig Jahre her, seit er dieses Gebäude zum letzten Mal betreten hatte und seitdem war eine Menge passiert. Es war an der Zeit, beschloss er, sich dem zu stellen und den Ort zu besuchen, an dem seine Eltern gestorben waren ... seinen Frieden mit dem Ort zu machen. Er hatte sich oft gefragt, wie sein Leben verlaufen wäre, wenn seine Eltern nicht getötet worden wären. Hätte er sich trotzdem dem Stargate-Programm angeschlossen? Hätte er Sha’uri geheiratet und wäre mit ihr auf Abydos geblieben? Daniel nahm an, die Multiple Sklerose hätte ihn auf jeden Fall zum Gefangenen gemacht und auf eine Art war er froh, dass seine Eltern und seine Frau nicht mehr am Leben waren, um ihn in seiner derzeitigen Verkörperung als hilfloser Krüppel in einem Rollstuhl zu sehen.

Er rollte in den riesigen Raum, in dem der Tempel von Dendur stand. Vor Daniel stand stolz und fest der Tempel, der schuld daran war, dass er in jungen Jahren zur Waise geworden war. Er bewegte sich näher heran, ließ dann den Steuerknüppel los und saß da, bewunderte den Anblick dieses ägyptischen Tempels, erbaut 15 vor Christus von dem römischen Herrscher Augustus und der Isis geweiht.

Ursprünglich stand der Tempel in Nubien, 75 Kilometer südlich des modernen Assuan. Der Tempel war abgebaut worden, um ihn vor den steigenden Fluten des Nasser-Sees zu retten, als der Assuan-Staudamm erbaut worden war. Er war konserviert und den ganzen Weg nach New York transportiert worden, überlegte Daniel, nur, um ihn zur Waise zu machen.

„Denkst du, dass die Dinge im Leben vorherbestimmt sind?“ fragte er Sam.
Sie hockte sich neben ihm hin. „Wieso fragst du?“ Sie wunderte sich, worüber Daniel nachdachte.
„Wenn dieser Tempel nicht vor all diesen Tausenden von Jahren erbaut worden wäre, wäre ich vielleicht mit zwei liebevollen Eltern aufgewachsen, hätte vielleicht nie diese Vorlesung gehalten, wäre vielleicht niemals eingeladen worden, mich dem Stargate-Programm anzuschließen, hätte vielleicht nie dich, Jack oder Teal’c kennen gelernt ...“ Er verlor sich. So viele Vielleicht.
„Das ist einen Gedanken wert“, grübelte Sam. „Aber auf eine Art bin ich froh, dass er gebaut wurde, oder ich hätte dich wahrscheinlich nie getroffen.“ Sie warf einen Arm um ihren Freund. „Das bedeutet nicht, ich wollte, dass dir all die fürchterlichen Dinge geschehen sollten“, setzte sie fort, obwohl sie nicht genau wusste, wie sie rüberbringen sollte, was sie meinte.
„Ich weiߓ, stoppte Daniel ihre Erklärung.

Die beiden Freunde betrachteten den Tempel ein paar Minuten lang stumm, dann packte Daniel den Steuerknüppel und bewegte seinen Stuhl näher heran. Er rollte langsam um den Tempel, untersuchte ihn genau. Wenn er seine Augen schloss, konnte er die Szene sehen, als der schwere Stein fiel, seine Eltern zerquetschte. Dieses Bild hatte ihn in den letzten dreißig Jahren in seinen Träumen verfolgt, doch er wollte diesen Tag nicht durch seine Erinnerungen verderben. Er wollte sich daran erinnern, wie glücklich seine Eltern gewesen waren, dass der Tempel endlich sicher eingetroffen war. Er wollte sich erinnern, wie er mit seinem Plüschkamel gespielt hatte, während seine Eltern die Rekonstruktion überwacht hatten. Er hatte zu viel Zeit mit traurigen Erinnerungen verbracht. Er wollte sich an die glückliche Zeit heute erinnern und sich daran erfreuen, dass er so wundervolle Eltern gehabt hatte, wenn auch nur für kurze Zeit.

Sam blieb zurück und bewunderte den Tempel, während Daniel ihn umrundete. Es war wirklich eine großartige Leistung gewesen, den Tempel zu retten und ihn hierher zu schaffen. Offensichtlich, so dachte sie, war die Leidenschaft, die Daniels lebenslange Liebe für die Archäologie beherrschte, ihm von seinen Eltern vererbt worden. Sie wollten diesen Tempel so dringend retten, dass sie tatsächlich seinen Transport und die Aufstellung hier bewerkstelligten. Das war ein passendes Denkmal für sie, entschied Sam.

„Sam, kannst du herkommen?“ rief Daniel.
Sie wendete ihre Augen von dem Tempel in Daniels Richtung, der ihr winkte. Ängstlich, ob etwas passiert war, eilte sie an seine Seite.
„Bist du okay, Daniel?“ fragte sie, besorgt, ob es ein Problem mit seinem Stuhl gab, ob er Schmerzen hatte oder die Behinderten-Toilette aufsuchen musste.
„Mir geht es gut“, vertrieb er ihre angstvolle Frage und deutete auf die Tempelwand vor ihm. „Ich kann diese Inschriften nicht erkennen.“ Er wies zur Basis der Tempelwand, wo einige undeutliche Gravierungen sichtbar waren. „Kannst du es?“
Sam starrte die Wand an. Doch selbst, als sie so nahe wie möglich an die Barriere herantrat, war sie nicht hundertprozentig sicher, was die Inschriften bedeuteten. „Ich erkenne sie nicht wirklich, Daniel“, gab Sam zu, kehrte zu dem ungeduldig wartenden Mann zurück. „Ich nehme an, es ist eine Art Hieroglyphen, nicht wahr?“ fragte sie. „Vielleicht werden sie im Führer erwähnt.“
Sie griff nach dem Buch in ihrer Tasche und blätterte darin herum, bis Daniel sie stoppte.
„Nein“, flüsterte er. „Ich denke, es ist ein Goa’uld-Text.“

Sam stoppte abrupt und starrte Daniel mit offenem Mund an. Wenn Dr. Daniel Jackson, Archäologe, Linguist und galaktischer Reisender, dachte, es wäre ein Goa’uld-Text, wer war sie dann, um zu argumentieren? „Bist du sicher?“ wisperte sie zurück.
Daniel schüttelte frustriert seinen Kopf. „Ich muss näher ran“, meinte er, blickte sich um, war sich jedoch bewusst, dass es für ihn keine Möglichkeit gab, seinen Stuhl nahe genug heranzumanövrieren, um die Gravierungen klar zu erkennen.
„Ich weiß nicht, wie du das schaffen sollst“, sagte Sam, hasste sich selbst dafür, dass sie diejenige sein musste, die Daniel an seine beschränkte Mobilität erinnerte.
„Du könntest es“, schlug er vor.
„Wie?“

Sam sah sich um. Es gab Sicherheitswachen bei beiden Ein- und Ausgängen und eine Barriere zwischen dem Tempel und den Besuchern. Sie verstand nicht, wie Daniel dachte, sie könnte irgendwie näher kommen, ohne aufgehalten zu werden.
„Hast du deinen Air Force-Ausweis dabei?“ fragte er, seufzte erleichtert, als sie nickte und auf ihre Jackentasche klopfte. „Okay, wir bitten darum, den Kurator sprechen zu dürfen, du lässt deinen Ausweis blitzen und quasselst ihm etwas vor über nationale Sicherheit. Du überzeugst ihn, dich durch die Barriere zu lassen, dann kannst du den Text kopieren und ihn mir zum Übersetzen bringen.“ Daniels Aufregung war deutlich zu spüren.
„Das könnte funktionieren“, überlegte Sam. „Bist du sicher, Daniel?“
„Aus der Entfernung kann ich nicht sicher sein“, gab er zu, „aber ich erinnere mich an keine Erwähnung einer Inschrift an dieser Stelle des Tempels in irgend einem Buch, das ich je gelesen habe.“
„Okay, gehen wir“, nickte Sam und gemeinsam traten sie zu dem Sicherheitsmann beim Ausgang, um ihre Bitte zu äußern.

„Das tut mir leid, Miss, ich kann den Kurator nicht für so eine Bitte stören“, erklärte der Wachposten mit steinernem Gesicht.
Seufzend langte Sam in ihre Tasche nach ihrem Ausweis. „Vielleicht, wenn Sie ihm sagen, Major Samantha Carter von der US Air Force und stationiert im Pentagon wünscht ihn in einer Angelegenheit von nationaler Sicherheit zu sprechen“, sagte sie, lächelte süß, während der Wächter den Ausweis anstarrte, dann seine Absätze knalle und Habt Acht stand.
„Selbstverständlich, Major“, nickte er. „Ich habe selbst vor ein paar Jahren in der Air Force gedient“, vertraute er Sam an. „Ich rede sofort mit dem Kurator.“
„Ich danke Ihnen, Greg“, sagte Sam, las den Namen von der goldfarbenen Plakette, die der Mann trug.

Greg ließ das Paar an der Türe wartend zurück und machte sich auf den Weg, um den Kurator zu verständigen. Er wunderte sich, wieso der Major näher an den Tempel heran wollte. Das Bauwerk stand jetzt seit dreißig Jahren hier und noch nie hatte jemand behauptet, er wäre ein Sicherheitsrisiko. Und wer war der junge Mann im Rollstuhl, der sie begleitete? Sicherlich war er nicht auch in der Air Force. Greg hatte mit der Zeit gelernt, dass viele Dinge ihn nichts angingen. Er griff zum Telefon und sprach mit dem Kurator.


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Der Kurator war nicht verfügbar, schickte jedoch seine Assistentin Elizabeth Ogden, um sich mit dem Major zu treffen. Die tüchtige junge Frau schüttelte Major Carter die Hand und wurde dann mit Dr. Daniel Jackson bekannt gemacht. Für einen Moment war sie völlig verblüfft. Sie hatte Geschichten gehört, dass ein Dr. Jackson von der akademischen Gemeinschaft wegen seiner merkwürdigen Ideen betreffend die Pyramiden und Außerirdische ausgelacht worden war. Und er war von der archäologischen Bildfläche verschwunden, schrieb keine einzige Zeile, nahm an keiner Ausgrabung teil. Sie nahm ganz richtig an, dass das der selbe Mann war.

Elizabeth riss sich zusammen und streckte ihre Hand aus, unsicher beim Anblick des Stuhles, ob er in der Lage sein würde zu reagieren. „Dr. Jackson, es ist mir ein Vergnügen, Sie kennen zu lernen. Ich bin Dr. Beth Ogden.“
Sie lächelte erleichtert, als Daniel ihren Handschlag zurückgab, wenn auch mit schwachem Griff.
„Ich danke Ihnen, Dr. Ogden“, lächelte er. „Major Carter wird unsere Wünsche erklären.“ Er ließ Sam für sie beide sprechen.

Nachdem Sam Beth Ogden die vereinbarte Geschichte erzählt hatte, stimmte Beth sofort zu, Sam über die Barriere treten und für Dr. Jackson Notizen über den Tempeltext machen zu lassen. Daniel und Beth sahen von der Barriere aus zu, während Sam darüber kletterte und – mit Papier und Stift bewaffnet – hinkroch, wohin Daniel deutete, gehorsam die Texte von der Basis der Wand kopierte.

Sie brauchte eine ziemliche Weile, wollte das so perfekt wie möglich hinkriegen, damit Daniel die besten Voraussetzungen hatte, den Text zu übersetzen. Endlich war Sam überzeugt, dass sie ihr bestes getan hatte, klopfte den Staub von ihren Kleidern, kletterte über die Barriere und reichte Daniel die Papiere.
„Ich danke Ihnen, Dr. Ogden, Sie waren eine große Hilfe“, sagte Daniel, steckte die Papiere vorsichtig an die Seite seines Stuhles, um sie genauer zu überprüfen, sobald sie sich in der verhältnismäßigen Sicherheit ihres Hotelzimmers befanden.
„Kann ich Ihnen sonst noch irgendwie behilflich sein?“ wollte die junge Frau wissen, neugierig, was das Paar vorhatte.
„Nichts im Moment, danke“, erwiderte Sam. „Sie waren sehr hilfreich.“
Beth Ogden wusste, sie würde bei dem Major nicht weiterkommen. Also schüttelte sie die Hände mit dem Paar und ging in ihr Büro zurück, entschlossen, den Text selbst zu untersuchen, sobald das Museum an diesem Tag geschlossen wurde.

Wieder im Hotelzimmer holte Daniel die Papiere hervor und schaffte es ungeschickt, sie auf dem Schreibtisch auszubreiten. „Sam.“ Er deutete auf die Schreibtischlampe, Sam griff aus und schaltete sie ein, bevor sie das Licht auf die Papiere richtete, damit Daniel sie besser betrachten konnte.
„Habe ich es gut genug hingekriegt?“ fragte Sam, besorgt, dass ihre Zeichnungen nutzlos sein könnten.
„Mmm“, war Daniels einzige Reaktion, da er bereits in den Text versunken war, der vor ihm ausgebreitet lag.

Sam lehnte sich zurück. Alles, was sie tun konnte, war warten. Sie hatte Daniel schon früher so völlig vertieft gesehen, als er noch Mitglied von SG-1 war. Es war immer ein Team-Witz gewesen, dass alles passieren konnte und Daniel es nicht merken würde, wenn er seinen Kopf in irgendwelchen uralten Texten vergraben hatte.

Eine Stunde verging, dann zwei, und Daniel konzentrierte sich noch immer auf die Papiere vor ihm. Sam fing an, sich ein wenig Sorgen zu machen. Sie wollte nicht, dass Daniel es übertrieb und auf ihre Uhr blickend erkannte sie, dass es beinahe Zeit für seine Medikamente war. Sie füllte ein Glas mit Wasser, prüfte den Terminplan und wählte die korrekten Pillen aus, legte sie in den kleinen Plastikbecher, der für diesen Zweck vorgesehen war und steckte einen Trinkhalm in das Wasserglas.
„Daniel“, unterbrach sie seine Arbeit, hielt ihm den Plastikbecher mit den Pillen hin.
Er hob seinen Kopf und starrte sie leer an.
„Zeit für deine Medikamente“, erinnerte ihn Sam.

Daniel riss sich aus seinen Übersetzungen. „Oh, entschuldige“, sagte er, hielt seine Hand auf.
Sam leerte die verschieden gefärbten Pillen hinein und er warf sie in seinen Mund, beugte dann seinen Kopf zu dem Trinkhalm, um die Medikamente mit dem Wasser runterzuspülen.
„Kannst du es übersetzen?“ fragte Sam, bevor sich Daniel erneut völlig in seiner Arbeit verlor.
„Gib mir nur noch ein wenig länger Zeit“, murmelte er, wendete sich wieder den Papieren zu.
Sam seufzte. Wenn er nicht bald zu arbeiten aufhörte, würde sie entweder ihn gewaltsam von den Papieren wegzerren, oder ihm die Papiere entreißen. Sie kontrollierte ihre Uhr und entschied, ihm noch eine halbe Stunde zu geben.

Nach 25 Minuten sank Daniel seufzend in seinem Stuhl zurück.
„Daniel?“ forschte Sam.
„Es ist Goa’uld“, erklärte er. „Ich muss mit Jack reden.“


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Jack O’Neill vermisste seinen Partner. Sicher, er hatte es fertiggebracht, seinen Schlaf nachzuholen und konnte die dringend benötigte Ruhe genießen, während Daniel weg war. Er wachte nicht jede Nacht auf, um Daniels Position im Bett zu verändern oder ihm ins Bad zu helfen. Und er musste nicht jeden Morgen früh aufstehen, um Daniel anzuziehen und in seinen Stuhl zu setzen, bevor er Frühstück machte und dann ins SGC fuhr. Er konnte am Abend seine Füße hochlegen, kam mit Fast Food und Bier aus. Er konnte fernsehen, wusste, dass er die ganze Nacht auf der Couch verbringen durfte, wenn er es wollte, oder ins Bett gehen, wenn er sich müde fühlte, ohne sich um Daniels Bedürfnisse sorgen zu müssen.

Jack liebte Daniel, er wollte derjenige sein, der sich um ihn sorgte, erkannte jedoch, dass er diese kleinen Pausen genauso dringend benötigte wie Daniel. Trotzdem machte er sich Sorgen. Er hatte Angst, dass Sam mit Daniel nicht zurechtkam, dass etwas schief ging, dass Daniel fallen würde oder sich eine Harnwegsinfektion einhandelte. Jack versuchte, seine Arbeit im SGC zu machen und sich an seinen Nachmittagen zu entspannen, doch tief in seinem Inneren machte er sich Sorgen.

Diesen Abend hatte er es sich gerade mit einem Bier und einer Schüssel Chips bequem gemacht, um die Hockey-Playoffs zu sehen, als das Telefon klingelte.
„Jack?“
„Daniel, was ist los?“ Jacks erster Gedanke war, das etwas passiert wäre. Doch dann dachte er daran, falls etwas schief gelaufen wäre, hätte Sam angerufen. Er wartete, dass Daniel fortfuhr.

Nachdem Daniel berichtet hatte, was er gefunden hatte, und dass Sam und er den ersten Flug am nächsten Morgen gebucht hatten, entspannte sich Jack ein wenig.
„Ich hole euch vom Flughafen ab“, versprach er, nachdem er sich einverstanden erklärt hatte, Teal’c zu kontaktieren, der ihnen mit der Übersetzung und deren Interpretation helfen würde.
„Ich liebe dich, Jack“, waren Daniels Abschiedsworte, dann wurde die Leitung unterbrochen.
Jack blieb allein zurück, grübelte über die Neuigkeiten nach, die Daniel ihm berichtet hatte, alles Interesse am Fernsehen war verschwunden.

Am folgenden Morgen war Jack früh aus dem Bett. Er rief im SGC an, um General Hammond wissen zu lassen, was geschehen war und seine Erlaubnis einzuholen, Teal’c zu kontaktieren und ihn ins SGC zurückzurufen. Während er zum Flughafen fuhr, lächelte Jack in sich hinein. Welche Probleme Daniel auch immer aus dem Text erkennen würde, sie würden SG-1 wieder zusammenbringen, wenn auch nur für kurze Zeit.

Er wartete ungeduldig in der Ankunftshalle auf das Erscheinen seines Partners und seiner alten Freundin. Nach – wie es ihm schien – einer Ewigkeit bemerkte er Sams blondes Haar in der Entfernung. Dann sah er Daniel, der seinen Rollstuhl durch die Menge auf Jack zumanövrierte.

Daniel stoppte seinen Stuhl vor Jack und hob sein Gesicht für einen Kuss. Das Paar war schon lange nicht mehr verlegen wegen seiner Situation. Daniel war glücklich, jeden wissen zu lassen, dass er Jack O’Neill liebte. Jack versuchte, seine Gefühle in der Öffentlichkeit zu verbergen, doch der Anblick seines Partners, nachdem sie ein paar Tage getrennt gewesen waren, vertrieb seine Hemmungen. Und nachdem er nicht in Uniform war, gab er den Kuss zurück und umarmte Daniel, bevor er ihn losließ, um Sam in eine warme Umarmung zu ziehen.
„Es ist wunderbar, Sie wieder zu sehen, Colonel.“ Sam gab die Umarmung zurück.
„Vergiss den Colonel, Sam“, erinnerte er sie, löste sich und hielt sie von sich weg, um sie genauer betrachten zu können.

Sam sah so liebenswert wie immer aus. Jack hatte immer eine Schwäche für sie gehabt. Und seit ihrer Rückkehr in ihr Leben vor ein paar Monaten respektierte und bewunderte er Sam noch mehr für ihre Akzeptanz von Daniels Zustand und ihre Bereitschaft zu helfen, wann immer es ihr möglich war.

„Jack, hast du Teal’c erreicht?“ fragte Daniel aufgeregt.
Jack nickte. „Er kommt morgen an“, berichtete er dem Paar, griff nach dem Gepäckwagen. „Der Van steht vor der Tür.“ Er führte sie aus dem Flughafengebäude und fuhr zurück zum SGC, wo sie frei reden konnten.


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Erst einmal in der Abgeschlossenheit des SGC, ließ Sam Jack und Daniel allein, suchte nach ihrer alten Freundin Janet. Es war lange her, seit sie das letzte Mal durch diese dunklen Korridore gewandert war, doch sie empfand es noch immer als ihr Zuhause. Sie liebte ihre Arbeit im Pentagon, aber in ihrem Innersten hatte sie noch immer das Verlangen, wieder hier – tief im Cheyenne Mountain – zu sein.

Sam stieß die Tür zur Krankenstation auf und lächelte, als Janet Fraiser, der medizinische Offizier der Basis, beim Anblick ihrer alten Freundin entzückt aufkreischte.
„Sam, es ist großartig, dich wiederzusehen!“ Janet umarmte ihre Freundin.
„Ich habe nicht erwartet, meinen Urlaub hier zu verbringen“, lachte Sam, gab die Umarmung zurück.
Janet ließ ihre Freundin los. „Was geht hier vor?“ wollte sie wissen.
Sie hatte ein Gerücht gehört, dass Daniel in New York einen Goa’uld-Text gefunden hatte, kannte jedoch keine Einzelheiten.
„Ich bin nicht sicher“, gab Sam zu. „Daniel wollte mit Jack und Teal’c sprechen. Ich denke, der General hat für morgen früh eine Konferenz arrangiert.“
„Also, was tust du heute Abend?“ fragte Janet.
„Gar nichts.“
„Na schön, das ist schnell geregelt, du kannst zu mir nach Hause kommen. Cassie will dich unbedingt sehen.“
„Großartig“, grinste Sam.
Es würde schön sein, mit Janet und Cassie wieder über alte Zeiten zu plaudern. Und sie wusste, Jack und Daniel würden einen Abend allein zu schätzen wissen.

Sie hatte recht, Jack konnte es nicht erwarten, Daniel nach Hause zu bringen. Erst einmal im Haus kniete er vor Daniels Stuhl nieder und umarmte seinen Partner. „Gott, ich habe dich vermisst“, murmelte er.
„Ditto“, sagte Daniel, seufzte erleichtert, als Jacks Arme ihn einhüllten.

Gleichgültig, wie oft er darauf bestand, seine Unabhängigkeit zu haben, er sehnte sich immer nach der Sicherheit der beiden starken Arme, die ihn nun eng umschlangen.

Während einer Mahlzeit später an diesem Abend war Daniel ungewöhnlich zurückhaltend über das, was er in dem Tempel gefunden hatte. Er hatte Jack bereitwillig alles über den Flug, das Hotel, seine Schwimmstunde erzählt. Und über die Ausflüge, die er und Sam unternommen hatten. Doch wenn Jack über das Kunstmuseum sprechen wollte, blockte Daniel ab.
„Nicht heute Abend, Jack, bitte“, bettelte er. Jack musste verwirrt und ein wenig verletzt ausgesehen haben, denn Daniel setzte rasch nach: „Muss ein paar Dinge in meinem Kopf auf die Reihe kriegen“, erklärte er. „Und ich muss wirklich ein paar Dinge mit Teal’c überprüfen, bevor ich sicher bin.“
Jack nickte verstehend. „Bett?“ schlug er vor.
„Machst du mir einen Antrag, Colonel?“ fragte Daniel, grinste den Mann, der ihm gegenüber saß, an.
„Verdammt richtig“, bestätigte Jack, stand auf und wartete, dass Daniel seine Bremsen löste und ihm folgte.

Er hielt die Schlafzimmertüre auf, während Daniel seinen Stuhl hineinmanövrierte, und schloss sie dann behutsam. Nun konnte er Daniel zeigen, wie sehr er ihn vermisst hatte.


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Teal’c traf pünktlich am folgenden Morgen ein, fand Jack O’Neill, Samantha Carter und Daniel Jackson am unteren Ende der Rampe wartend vor, gemeinsam mit General Hammond.
„Willkommen auf der Erde, Teal’c.“ General Hammond trat vor und streckte seine Hand aus.
„Es ist wirklich ein Vergnügen, Sie wiederzusehen, GeneralHammond“, sagte Teal’c, senkte seinen Kopf und schüttelte die Hand des Generals. Er hatte sich während seiner Zeit im SGC an dieses Begrüßungsritual gewöhnt, das die Tau’ri benutzten.
„Ich lasse Sie allein, damit Sie sich wieder miteinander vertraut machen können“, meinte Hammond, erfreut, das alte SG-1 erneut zusammen zu sehen. „Besprechungsraum in einer Stunde“, erinnerte er sie, bevor er in sein Büro zurückkehrte. Und zu den Bergen von Papierkram, die diese Einrichtung zu produzieren schien.

„Teal’c, Kumpel, schön, dich wiederzusehen.“ Jack boxte Teal’c zur Begrüßung in den Arm.
Sam trat vor und küsste Teal’c auf die Wange. „Wie geht es dir, Teal’c?“ fragte sie.
„MajorCarter, es ist mir eine Freude“, lächelte Teal’c die attraktive junge Frau vor ihm an.
„Hi, Teal’c“, mischte sich Daniel ein.
Teal’c senkte seinen Kopf in die Richtung, wo Daniel in seinem elektrischen Rollstuhl saß, ein schüchternes Lächeln umspielte seine Lippen. „DanielJackson“, meinte Teal’c, beugte seinen Kopf. „Ich bin glücklich, meine Unterstützung anbieten zu können.“
Daniel nickte. „Ich weiß das zu schätzen“, gab er zu.
„Okay, Kinder, wollen wir in der Cafeteria über alte Zeiten plaudern?“ schlug Jack vor.
Der Gateraum war kein Ort für eine SG-1-Wiedervereinigung. In der Cafeteria würden sie zumindest Gelegenheit zum Plaudern haben, bevor es Zeit für die Besprechung wurde.

Köpfe drehten sich beim Anblick von SG-1, wieder vereint und glücklich lachend bei Kaffee und Kuchen in der Cafeteria. Es war wie in alten Zeiten. Einige Leute kamen herüber, um mit Sam und Teal’c Hände zu schütteln und Jack wurde ein wenig ärgerlich, weil ihre Unterhaltung immer und immer wieder unterbrochen wurde.

Bevor sie es merkten, war die Stunde um. Sam blickte auf ihre Uhr. „Zeit, uns mit General Hammond zu treffen, Sir“, sagte sie. „Ich meine Jack“, korrigierte sie sich, als ihr früherer CO seine Augenbrauen hob.

Um den Tisch im Konferenzraum versammelt zu sein, brachte starke Erinnerungen hervor, wie die Dinge früher gewesen waren. Jeder bezog seinen alten Sitzplatz mit Ausnahme von Daniel, der warten musste, bis Jack einen der schweren Ledersessel aus dem Weg geschafft hatte, damit er seinen Stuhl positionieren konnte.
„Also, Dr. Jackson, was haben Sie für uns?“ wollte der General wissen.

Daniel war dank Jack und Sam gut vorbereitet. Er bedeutete Sam, die Mappe vor ihm zu öffnen, dann räusperte er sich.
„Grundsätzlich, General, wurde die Inschrift an der Basis des Tempels von Dendur im New Yorker Kunstmuseum seit dreißig Jahren ignoriert. Ich habe diverse Nachschlagewerke und die Arbeit meiner Eltern überprüft, und es stellte sich heraus, dass niemand den Markierungen nahe der Basis der westlichen Wand irgendeine Bedeutung beigemessen hat.“ Er pausierte und blickte um den Tisch in die Gesichter seiner Freunde und Kollegen, bevor er fortsetzte: „Die meisten Menschen – falls sie die Inschriften überhaupt bemerkten – dachten, es wären Notizen der Bauherrn, aber tatsächlich sieht es wie eine Ableitung von Goa’uld aus. Ich kann nicht alles übersetzen, ich hoffe, Teal’c wird mir dabei helfen können.“
Daniel grinste zu dem Jaffa, der seinen Kopf beugte.
„Es wird mir ein Vergnügen sein, DanielJackson“, sagte er feierlich.

Daniel fuhr fort: „Aber wenn das, was ich übersetzt habe, korrekt ist, General, enthält der Text Details einer Stargate-Adresse, die weder in der Abydos-Kartusche noch in den Informationen aufscheint, welche die Antiker in Jacks Gehirn runtergeladen haben.“
„Was ist das Besondere an dieser Adresse, Doktor?“ wollte der General wissen, unsicher, was Daniel versuchte zu sagen.
„Der Text besagt außerdem, ...“ er verstummte und blickte hinunter auf die Übersetzung vor ihm, „... er, der das Sternentor öffnete, muss ebenso die Geheimnisse von Semenchkare lösen.“ Alle starrten Daniel an, als er seinen Kopf von den Papieren auf dem Tisch hob. „Ahm, ich denke, dieser Er könnte ich sein“, meinte er, blickte sich nach Bestätigung um.
„Was sind die Geheimnisse von Semenchkare?“ fragte Sam.
„Wer zur Hölle ist Semenchkare?“ warf Jack ein.
„Semenchkare war ein Pharao im alten Ägypten, unmittelbar nach Echnaton und vor Tut-ench-Amun“, erklärte Daniel.
„Und?“ drängte Jack.
Daniel starrte Jack böse an. Es war wie in alten Zeiten, Daniel voller Informationen und Jack ungeduldig, auf den Punkt zu kommen.

„Und“, sagte Daniel, blickte finster in Jacks Richtung, „Echnaton ließ die Menschen von Ägypten nur noch einen Gott anbeten, anstatt der vielen verschiedenen Götter, die sie gewohnt waren zu verehren. Es wird angenommen, das Semenchkare ebenfalls diesen Glauben aufrecht erhielt, gemeinsam mit Echnatons Frau Meritaten. Es wird außerdem davon ausgegangen, dass in diesem Zeitraum die Geschichte von Moses aus dem Alten Testament stattfand. Und einige Menschen gaben Semenchkare die Schuld für die ägyptischen Plagen.“
„Denkst du, Semenchkare war ein Goa’uld?“ fragte Sam.
Daniel nickte. „Entweder er oder Echnaton“, meinte er, wusste, welchen Effekt diese Neuigkeiten auf die um den Tisch versammelten Menschen haben würden.
„Tja, wieso hat er sich bis jetzt nicht gezeigt?“ warf Jack ein. v Sie schienen in den letzten Jahren den meisten Systemlords begegnet zu sein und er wunderte sich, warum dieser anders sein sollte.

„Es gibt eine Theorie, dass eine Gruft – nur bekannt als KV 55, entdeckt in den frühen 1950ern – die Überreste von Echnaton enthält. Echnaton wurde als die Personifikation einer androgynen Gottheit. Und diese Gottheit – der Aton – wurde nicht nur als nicht existent angesehen, sondern als bösartige Wesenheit, die den König beherrschte. Es wurde angenommen, dass das bizarre Begräbnis, das im KV 55 vorgenommen wurde, wohl eher dazu diente, die Seele des Königs gefangen zu halten, anstatt sie zu zerstören.“

Daniel erkannte, das alles bedeutete für die Menschen um den Tisch nichts. Deshalb kam er zum Kernpunkt. „Es war vielleicht ein Versuch, den bösen – aber nichtsdestotrotz unsterblichen – Gott in seinem menschlichen Wirt gefangen zu halten.“
„Willst du sagen, dort draußen streift irgendwo ein Goa’uld herum?“ Jack wedelte mit seiner Hand.
„Grundsätzlich gibt es die Theorie, dass Echnaton an den Plagen von Ägypten Schuld hatte. Indem er ihn auf diese Art begrub, glaubte Semenchkare, er könnte den Fluch brechen. Als die Plagen während der Regierungszeit Tut-ench-Amuns trotzdem fortdauerten, wurde angenommen, dass auch Semenchkare schuld sein könnte, also wurde er auf die selbe Art neuerlich begraben, wie er Echnaton versiegelt hatte.“

Jack wollte unterbrechen, doch Daniel hielt seinen Finger hoch um anzuzeigen, dass er noch nicht fertig war.
„Als die lebende Verkörperung des Gottes Amun-Ra wurde von Tut-ench-Amun angenommen, dass er die Lebenskraft des Gottes Ra in sich trägt. Nachdem Tut-ench-Amuns Grab in der Nähe von KV 55 platziert wurde, wird geglaubt, dass der König – in seiner Personifikation von Ra – weiterhin die Erde besuchen und den Gefangenen von KV 55 bewachen könnte.“
„Aber Ra war ein Goa’uld“, warf Sam ein, verstand nicht ganz, worauf Daniel hinauswollte.
„Ja, das war er“, stimmte Daniel zu. „Außerdem wurde ihm die Wache für KV 55 übertragen, um – was immer sich darin befand – darin festzuhalten.“
„Also denkst du, da war ein Goa’uld oder so was in KV 55? Und als es geöffnet wurde, entkam dieses Ding
„Ja“, nickte Daniel. „Ich denke, wer auch immer die Schriftzeichen in die Wand des Tempels von Dendur gekratzt hat, wusste, dass irgendwann in der Zukunft jemand die Fähigkeit haben würde, durch das Stargate zu reisen und zu finden, wer oder was auch immer aus dem Grab entkommen war.“
„Wo fangen wir an zu suchen?“ fragte Hammond.
„Ein Teil des Textes ist eine Stargate-Adresse, Sir“, erinnerte ihn Daniel. „Wir müssen zu dieser Adresse gehen und von dort weitermachen.“
„Wir schicken eine MALP durch. Und wenn alles okay aussieht, kann SG-4 es überprüfen“, informierte der General die Leute an dem Tisch.

„Nein.“
Alle blickten zu Daniel.
„Ich muss mitgehen, General“, sagte er. „Denken Sie an den Text, den ich übersetzte. Er, der das Sternentor öffnete, muss ebenso die Geheimnisse von Semenchkare lösen. Ich muss derjenige sein, der durchgeht.“
„Daniel, wie zum Teufel willst du das anstellen?“ rief Jack, hasste sich dafür, derjenige sein zu müssen, der Daniel wieder einmal an seine Behinderung erinnerte.
„Ich weiß es nicht, Jack“, gestand Daniel.

Er war sich mindestens ebenso bewusst wie Jack – wenn nicht noch stärker – welche Einschränkungen die Multiple Sklerose bei ihm verursachte. Doch er wusste auch, es war kein Zufall, dass er schließlich das Museum besucht und die Inschriften gesehen hatte. Es war Schicksal, Karma, nenn es, wie du willst, aber er wusste, es war seine Bestimmung.

„Ich schlage vor, wir geben Dr. Jackson und Teal’c ein bisschen mehr Zeit, um den Rest des Textes zu übersetzen und entscheiden dann“, beschloss General Hammond. „Wir treffen uns wieder hier morgen um die selbe Zeit. Wegtreten.“

Er erhob sich aus seinem Stuhl am Kopfende des Tisches und ging in sein Büro. Er wusste, das Team dort draußen war das beste, das er hatte. Wenn irgend jemand zu einer Lösung für das Problem finden konnte, war das SG-1. Er stockte, erinnerte sich, das war nicht mehr SG-1. Das war ein am Schreibtisch sitzender Colonel, ein Major aus dem Pentagon, ein Außerirdischer und ein behinderter Archäologe. Hammond seufzte. Er würde einfach abwarten müssen und sehen, womit sie morgen auffahren würden.

An diesem Abend saßen Sam, Teal’c, Jack und Daniel in Jacks Esszimmer, diskutierten ihre Möglichkeiten, von denen keine zum Inhalt hatte, dass Daniel Jackson durch das Stargate ging.

„Aufhören!“ brüllte Daniel schließlich über ihre verschiedenen Ansichten und Vorschläge hinweg.
Sie verstummten und blickten zu ihrem Freund.
„Seht mal, ich muss einfach gehen, das ist alles“, erinnerte sie Daniel. „Alles, was wir tun müssen, ist, einen Weg zu finden, mich hinzubringen.“
„Daniel, da gibt es absolut keine Möglichkeit, dass du auf einem fremden Planeten herumlatscht“, widersprach Jack, obwohl er sehr gut wusste, dass Daniel nichts von seiner Sturheit verloren hatte, als er seine körperlichen Fähigkeiten einbüßte.
„Jack, wo es einen Willen gibt, gibt es auch einen Weg“, leierte Daniel herunter, sicher genug, auf keinen Fall aufzugeben.
„Da gäbe es einen Weg“, unterbrach Sam, ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, während sie nach einer Lösung suchte.
„Sam?“ half Jack nach.
„Wenn wir alle durch das Gate gehen, sobald die MALP das Gelände überprüft hat, könnten wir einen manuellen Rollstuhl für Daniel mitnehmen.“
„Ist das alles?“ fragte Jack, überrascht, dass anscheinend niemand an die anderen Schwierigkeiten dachte, denen sie sich stellen müssten.
„Nein“, setzte Sam fort. „SG-4 könnte auch mitkommen. Ich kann die medizinische Ausrüstung tragen, die Daniel braucht. SG-4 könnte den Stuhl tragen, falls das Gelände zu schwierig ist. Und Teal’c ...“, sie drehte sich zu dem großen Jaffa um, der neben ihr saß. „Du könntest Daniel tragen, falls es nötig wäre, nicht wahr?“
Teal’c nickte. „Das könnte ich tatsächlich.“
„Nein, nein, nein, nein, nein.“ Jack schüttelte seinen Kopf. „Das ist Wahnsinn. Was, wenn wir kämpfen müssen oder laufen, oder beides? Wie können wir zur selben Zeit Daniel beschützen?“
„Okay“, stimmte Sam zu. „Dann nehmen wir SG-4 und SG-5 mit. Dann haben wir genügend Leute, um jeden Angriff abzuwehren, während wir Daniel in Sicherheit bringen.“
„Das würde funktionieren, Jack“, meinte Daniel, sein Tonfall zuversichtlich.

Er wusste, er musste Jack auf seine Seite ziehen, wenn er zu der Adresse durchgehen wollte, die er entschlüsselt hatte. Er wartete, während Jack den Plan überdachte.

„Okay, na schön, es könnte klappen. Aber falls ihr meine Meinung hören wollt, es ist total verrückt ... jeder Teil davon“, sagte Jack, blickte in die erwartungsvollen Gesichter vor ihm und in das unlesbare Gesicht Teal’cs.
„Wir müssen eine Liste machen, mit den Dingen, die du brauchst ...“ Sam sprang auf, suchte nach Stift und Papier.

Und so verbrachte SG-1 den Rest des Abends um den Tisch versammelt und machte Pläne für ihre erste gemeinsame Mission nach langer Zeit.


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Am folgenden Morgen unterbreiteten sie General Hammond ihren Plan.
Er hörte genau zu, bevor er sprach. „Ich bin nicht glücklich bei dem Gedanken, dass Sie Dr. Jackson in seinem derzeitigen Zustand außerweltlich mitnehmen wollen“, informierte sie der General. „Aber falls Dr. Fraiser ihre Erlaubnis gibt, haben Sie grünes Licht.“
Daniel seufzte erleichtert. Nun war alles, was er tun musste, Janet so lange zu schmeicheln, bis sie ihn gehen ließ und er hatte freie Bahn.

Er hätte wissen müssen, dass es nicht so einfach wäre.

„Ich verbiete es kategorisch“, fauchte Janet in dem Moment, als Sam ihr ihren Plan unterbreitet hatte.
„Janet, bitte, ich muss gehen“, bettelte Daniel. „Was könnte schon passieren, was schlimmer wäre als das?“ wollte er wissen, deutete auf seinen elektrischen Rollstuhl.
„Du könntest getötet oder gefangen werden, Daniel, das könnte passieren“, erinnerte ihn Janet.
„Ich bin bereit, dieses Risiko einzugehen“, meinte er leise.

Obwohl er sich damit abgefunden hatte, in einem Rollstuhl zu leben – unfähig, die einfachsten Dinge selbst zu tun – würde Daniel es niemals vollkommen akzeptieren. Das war eine Chance, etwas anderes zu tun, etwas Aufregendes. Und falls er von der Mission nicht zurückkommen sollte ... auch damit konnte er leben. Er hatte ein interessantes und aufregendes Leben geführt, bis zu dem Zeitpunkt, als die Multiple Sklerose seinen Körper übernommen hatte. Falls er auf dieser Mission sterben sollte, würde er nichts bedauern, außer seine Freunde zurückzulassen.

„Du bist vielleicht dazu bereit, Daniel“, unterbrach Janet seine Gedanken. „Aber was ist mit denen, die du auf diese sinnlose Jagd mitnehmen willst?“
„Ich zwinge niemanden, mit mir mitzukommen, wenn er nicht will“, antwortete er, hob seine blauen Augen, um Janet anzuflehen.
Der Trick funktionierte.

„Du brauchst eine Menge Medikamente, ein Katheter wäre eine gute Idee und du musst einen manuellen Rollstuhl finden, der stark genug für das Gelände ist, aber auch leicht und bequem genug für dich“, schlug sie vor.
Daniel lächelte. Er hatte es geschafft, Janet stand auf seiner Seite.
„Ich könnte dich küssen“, sagte er, grinste zu der kleinen Ärztin hinauf.
„Und ich könnte dir eine knallen“, gab sie lachend zurück.

Es dauerte ein paar Tage, um alles vorzubereiten. SG-4 und SG-5 wurden in die Mission eingewiesen und die MALP wurde durchgeschickt, um das Gelände in unmittelbarer Nähe des Gates zu erforschen. Janet trug sämtliche Medikamente zusammen, die Daniel benötigen würde – und noch einige zusätzlich – und übergab sie Sams Obsorge, gemeinsam mit einer detaillierten Liste von Instruktionen. Jack durchstöberte das Internet, bis er einen passenden manuellen Rollstuhl für Daniel gefunden hatte. Und als er ankam, überreichte ihn Jack Sergeant Siler, damit er ihn Daniels Körper anpassen konnte. Teal’c verbrachte seine Freizeit im Trainingsraum. Er war der stärkste unter ihnen, doch für den Fall, dass er Daniel über lange Strecken tragen musste, wollte er topfit sein.

„Wie fühlt es sich an?“ fragte Janet, nachdem Jack Daniel vorsichtig in den neuen Stuhl gesetzt hatte.
„Nicht schlecht“, antwortete Daniel.
In Wahrheit war er nicht annähernd so bequem wie der elektrische, der sich um seinen zusammengesunkenen Körper zu modellieren schien und ihn sicher festhielt. In diesem Stuhl fühlte er sich unsicher, bis Sergeant Siler die ledernen Kissen hervorzauberte, die er entworfen hatte, um sie Daniels Oberkörper anzupassen. Sobald diese an Ort und Stelle waren, fühlte sich Daniel viel besser.

„Ich denke, das wird hinhauen“, verkündete er, grinste die Menschen an, die ihn umringten.
„Vielleicht sollten Sie noch ein paar Gurte anbringen, Siler“, schlug Jack vor, „nur um dafür zu sorgen, dass er bleibt, wo man ihn hinsetzt.“
Daniel starrte Jack böse an, doch sein Partner beschloss, ihn zu ignorieren.

Ein paar Tage vor ihrer Abreise hatte Janet Daniel in die Krankenstation gerufen und vorgeschlagen, dass es vielleicht besser wäre, für die Mission einen Katheter einzusetzen. Daniel war immer dagegen gewesen, es war sein letztes Festhalten an der Realität, in der Lage zu sein zu pinkeln, wann er es wollte. In letzter Zeit hatte er jedoch erkennen müssen, dass das Empfinden, pinkeln zu müssen, nachließ. Außerdem musste ihn Jack auf die Toilette und wieder runter heben. Daniel wusste, dass der Katheter den nächsten Schritt in seinem Verfall bedeutete, hatte deshalb versucht, das so lange er konnte hinauszuzögern.

Janet verstand seinen Widerwillen. Nachdem sie ihm jedoch alles erklärt hatte, wusste er, dass er der Prozedur zustimmen musste und Janet rief augenblicklich einen Pfleger. Gemeinsam hievten sie Daniel auf ein Bett in der Krankenstation und zogen die Vorhänge um ihn zu.

„Also ... du hast endlich nachgegeben und einen Foley bekommen“, sagte Jack nebenbei, während sie diese Nacht heimfuhren.
„Weiß es schon die ganze Welt?“ schnappte Daniel. Er war noch immer verlegen wegen der Prozedur, der er sich unterziehen musste, obwohl Janet sie auf vollkommen professionelle Art durchgeführt hatte. Dann überließ sie es dem Pfleger, Daniel zu zeigen, wie der Beutel gewechselt wurde.
„Nur das ganze SGC“, spottete Jack, fügte – als Daniel keine Antwort gab – hinzu: „Es ist keine große Sache, Daniel.“
„Vielleicht nicht für dich, Jack“, giftete Daniel. „Aber du hast keinen Schlauch in deinem Penis stecken und einen Plastikbeutel am Bein befestigt, richtig?“
„Es bewahrt uns vor einer Menge Trips auf die Toilette“, erinnerte ihn Jack. „Und diese Inkontenenz-Einlagen, die du so sehr hasst, können wir auch wegschmeißen.“
Daniel nickte. „Vielleicht ist es doch nicht so schlimm“, gab er zu. „Wenigstens hält es dich davon ab, mir dauernd meine Hosen runterzuziehen.“
Jack lachte. „Träum weiter, Dr. Jackson“, sagte er, griff rüber und tätschelte Daniels Bein.

Daniel legte seine Hand auf Jacks und das Paar lächelte sich zu. Das war bloß eine weitere Hürde, welche die beiden gemeinsam überwinden würden, genauso wie all die anderen, die ihnen in den letzten Jahren entgegengeschleudert worden waren.


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Endlich war alles bereit, SG-4, SG-5 und was einmal SG-1 gewesen war warteten am Fußende der Rampe. Daniel trug wieder seine Uniform und war sicher in dem angepassten, leichgewichtigen manuellen Stuhl festgeschnallt. Sergeant Siler hatte sich selbst übertroffen und an jeder Seite des Stuhles eine kurze Griffstange befestigt. Diese würden es vier Männern erlauben, den Stuhl an jeder Ecke anzuheben und Daniel über unebenen Grund zu tragen. So wurde Teal’cs Kraft für die gefährlicheren Abschnitte der Reise geschont.

General Hammond stand am Fenster im Kontrollraum und griff nach dem Mikrofon. „SG-1, 4 und 5, Sie haben grünes Licht“, verkündete er, beobachtete seine Leute, während sie langsam die Rampe hinaufstiegen und durch das Wurmloch traten. „Und viel Glück“, fügte er leise hinzu, als der letzte Mann durchgegangen war und das Wurmloch zusammenbrach.

Jack umklammerte mit beiden Händen fest die Griffe von Daniels Stuhl, Sam und Teal’c positionierten sich an den Seiten, hielten die Armstützen fest, um Daniel einen möglichst reibungslosen Durchgang zu verschaffen. Es gelang ihnen allen, das Gate auf ihren Füßen zu verlassen.

Nachdem Daniel es seit einigen Jahren nicht mehr gewöhnt war, durch das Gate zu gehen – und niemals, wenn er keine Kontrolle über seine Bewegungen hatte – sah er ein wenig grün um die Nase aus.
„Wirst du kotzen, Daniel?“ fragte Jack, blickte amüsiert in Daniels blasses Gesicht.
Daniel schüttelte seinen Kopf, schluckte den Mundvoll Galle, wagte jedoch nicht zu sprechen. Er würde Jack nicht die Genugtuung lassen und sich vor ihm übergeben.
„Okay, SG-5, Sie bewachen das Gate. Wir melden uns jede Stunde. Falls Sie zweimal nichts von uns hören, gehen Sie ins SGC zurück“, befahl Jack dem Team.
„Verstanden, Sir.“ Major Cooke salutierte und dirigierte seine Männer in Position, bereit, das Gate gegen alle Ankommenden zu verteidigen, bis SG-1 und SG-4 zurückkehrten.

Danach orderte Jack SG-4 auf ihre Positionen, gab an, dass Sergeant Squires dafür verantwortlich war, Daniels Stuhl zu schieben, während er die Gruppe anführte. Teal’c übernahm die Rückendeckung, die anderen Mitglieder von SG-4 und Major Carter umringten Daniels Stuhl.

Von Anfang an war der Marsch ziemlich reibungslos. Ein gut ausgetretener Pfad führte vom Stargate weg und der Sergeant hatte keine Probleme, Daniel den Weg entlang zu schieben. Daniel hatte seine Übelkeit überwunden und wirkte nun sehr aufgeregt, wieder einmal außerweltlich unterwegs zu sein. Er sah sich neugierig um, während die seltsame Gruppe auf dem Weg zum Tempel war, den die MALP gute fünf Klicks nördlich gezeigt hatte.

Die Reise vom Gate blieb ereignislos.
Offensichtlich genießt Daniel die Erfahrung, dachte Jack, als er sich umdrehte und nach seinem Kollegen sah.

Zu dem Zeitpunkt, als der Tempel in Sicht kam, begann sich auch Jack ein wenig zu entspannen, der verkrampfte Knoten in seinem Nacken löste sich allmählich. Sobald sie am äußeren Rand des Tempels eintrafen, befahl Jack Sam und Squires, Daniel zu bewachen, während er und die restlichen Mitglieder von SG-4 gemeinsam mit Teal’c sich einen Überblick in der Umgebung verschafften.

Anscheinend war alles in Ordnung, deshalb bedeutete Jack SG-4, ihm in den Tempel zu folgen.
„Fasst nichts an!“ brüllte Daniel den Männern nach, die dem Tempel betraten, frustriert, weil er nicht sofort hineingehen konnte.
„Wie kann er es wagen, das zu sagen?“ murmelte Jack Teal’c zu.

Über die Jahre war der Satz Fass nichts an zu Jacks Mantra geworden. Er hatte ihn Hunderte, wenn nicht Tausende Male ausgesprochen. Genau dem selben Mann gegenüber, der ihn nun ihm nachbrüllte.

Teal’c hob nur eine Augenbraue. „DanielJackson hat recht, O’Neill. Du hast die selbe Anweisung selbst oft von dir gegeben“, erinnerte Teal’c den Colonel.
Jack warf Teal’c einen bösen Seitenblick zu, versuchte zu beurteilen, ob er einen Witz gemacht hatte oder nicht. Teal’cs Gesicht war wie immer undurchschaubar und Jack musste sich mit einem einschüchternden Blick in die Richtung des Jaffa zufrieden geben.

Daniel wartete ungeduldig draußen mit Squires und Sam, während die anderen das Innere des Gebäudes durchsuchten. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bevor Jack in der Türöffnung erschien und ihnen bedeutete, näher zu kommen. Squires umfasste die Griffe und schob Daniel zum Eingang und bald erreichten sie die Steintreppe, die ins Dunkel hinunterführte. Sam, Jack und Teal’c griffen nach den anderen drei Stangen und halfen Squires, Daniel sanft hinunter und in den Tempel zu tragen.

„Wow“, war alles, was Daniel im ersten Moment herausbrachte. Unbewusst griff seine Hand aus und fühlte nach dem Steuerknüppel, damit er herumrollen und die Steinwände untersuchen konnte. „Jack!“ schrie er frustriert, als er erkannte, dass er nicht in seinem eigenen Stuhl saß und nicht in der Lage war, sich aus eigener Kraft zu bewegen.
Jack stand binnen einer Sekunde an seiner Seite, verstand augenblicklich, was Daniels Problem war. „Wo wollt Ihr beginnen, oh Meister?“ witzelte er, umfasste die Griffe des Stuhls und begann, Daniel langsam herumzuschieben, hielt an, wenn er darum gebeten wurde, was oft geschah.
„Sam, ich brauche Papier und einen Stift!“ rief Daniel.

Er hatte einige Inschriften gefunden, die er übersetzen musste. Doch ohne in der Lage zu sein, sich auf dem Boden zusammenzukauern und nach Herzenslust zu kritzeln, wie er es gewöhnt gewesen war, war er auf Sams Fähigkeiten angewiesen, die Symbole und Zeichen für ihn genau wiederzugeben.

Daniel hatte nicht vor, das zuzugeben, aber er fand diese Reise anstrengender, als er es erwartet hatte. Er hatte begriffen, dass er der Gnade der anderen ausgeliefert war, alles für ihn zu machen. Doch bis zu dem Punkt, als er sich tatsächlich der Realität stellen musste, sich aus eigener Kraft nicht bewegen zu können, hatte er nicht erkannt, wie stressig das sein würde. Zum ersten Mal seit langer Zeit war Daniel völlig frustriert wegen seines physischen Zustandes. Er befand sich wieder in seiner archäologischen Welt, war jedoch nicht fähig, die Steine abzustauben, eine Radierung abzunehmen, ein Symbol zu kopieren. Er war – so dachte er, während er spürte, wie eine Welle reiner Panik ihn in den Griff bekam – ein vollkommen nutzloser Archäologe.

Er zwang sich, ruhig zu sitzen und Sam zu beobachten, die sich auf die Wand vor ihr konzentrierte. Er hatte keine Möglichkeit, das wusste er. Jeder wache Moment wurde mit dem Wissen verbracht, was er tun konnte, und noch öfter, was er nicht mehr tun konnte. Die meiste Zeit brachte er es fertig, seinen Zustand zu akzeptieren, doch so hilflos hatte er sich lange nicht mehr gefühlt und er war nicht sicher, ob er weinen oder schreien sollte, wegen der Frustration, die sich in ihm aufbaute.

Jack O’Neill war nicht die letzten paar Jahre Daniels Partner und wichtigster Pfleger, ohne in der Lage zu sein, Daniels Launen zu beurteilen. Und er spürte, was in Daniel vorging.
„Hey, Daniel, überlassen wir das Sam und bauen wir das Lager auf“, schlug er vor.
Da kam für eine Weile keine Reaktion und dann, gerade, als Jack sich fragte, ob er Daniel gewaltsam wegholen sollte, seufzte der Mann im Rollstuhl und nickte.
„Okay“, wisperte er, „gehen wir.“

SG-4 hatte bereits die Zelte aufgeschlagen und ein Feuer entfacht, um die Rationen aufzuwärmen, als Jack Daniel zu dem ihnen zugewiesenen Zelt schob. Ohne all die Bequemlichkeiten zu Hause würde Daniel für diese Nacht mit einer Campingliege klarkommen müssen. Jack wollte Daniel nicht zu früh ins Bett stecken, da er bezweifelte, dass Daniel überhaupt einen erholsamen Schlaf finden würde. Besser, er ließ ihn sitzen, bis er völlig erledigt war. Dann würde es Daniel vielleicht möglich sein, wenigstens für ein paar Stunden in einen erschöpften Schlaf zu fallen, entschied Jack.

Sie saßen mit SG-4 freundschaftlich vereint um das Lagerfeuer, tauschten Geschichten über vergangene Missionen aus und lachten über die selben alten Witze, bis Sam mit einem Bündel Blättern erschien und neben Daniels Stuhl niederkniete.
„Ich denke, ich habe alles“, meldete sie, wählte ein Blatt aus und hielt es für Daniel hoch.
Er nahm das Blatt mit seiner guten Hand und blickte angestrengt auf den Text, den sie sorgfältig kopiert hatte.
„Irgendwas Interessantes?“ erkundigte sich Jack, beobachtete amüsiert, wie Daniel von dem Blatt gefesselt wurde, das er hielt.
„Gib mir ein anderes“, befahl Daniel, ignorierte Jacks Frage total.
Jack hob eine Augenbraue in Sams Richtung. Das war der alte Dr. Jackson, vollkommen eingenommen von was immer er las oder untersuchte unter Ausschaltung seiner gesamten Umwelt.

Alle anderen aßen ihre Mahlzeit und plauderten, während Daniel weiterhin die Blätter überblickte, die Sam ihm reichte, bis Jack sie unterbrach.
„Das genügt, Daniel“, sagte er, nahm das letzte Blatt aus Daniels Hand und gab es Sam zurück.
„Jack“, stöhnte Daniel.
„Genug“, befahl Jack leise.
Es war nicht nötig, dass SG-4 ihren Wortwechsel mithörte.

„Okay“, setzte Jack fort, sobald er wusste, dass er Daniels volle Aufmerksamkeit hatte. „Wir machen es so: Du wirst essen, viel Wasser trinken und dann werde ich deinen Katheter wechseln und dich ins Bett stecken. Dann kann Sam dich mit deinen Medikamenten voll stopfen und du schläfst ein wenig.“
„Jack, es ist noch früh“, beklagte sich Daniel halbherzig.

Um die Wahrheit zu sagen, sein Rücken schmerzte, sein Kopf pochte und seine Beine fingen an, sich zu verkrampfen. Er wusste, Jack hatte recht, er musste sich wirklich ausruhen.

„Okay, ich gebe auf“, seufzte er, bevor Jack widersprechen musste. „Ich bin ein erbärmlicher Krüppel“, ächzte er, als Jack aufstand und die Bremsen des Stuhles löste.
„Sehe euch morgen früh“, verabschiedete sich Jack von allen, die um das Feuer saßen, manövrierte Daniels Stuhl ins Zelt und ließ die Klappe hinter ihnen zufallen.

Im Zelt hatte Jack Daniel bald vom Stuhl ins Bett umgesetzt. Daniel betonte, er hätte es bequem, doch Jack war nicht überzeugt. Er wechselte geschickt den Beutel von Daniels Katheter und überprüfte, ob alles okay war, bevor er nach Sam brüllte, sich ihnen anzuschließen.

Sam war vorbereitet. Sie trug alle nötigen Medikamente in einer Hand und eine Wasserflasche in der anderen. Janet hatte ihr genaue Instruktionen gegeben, welche Pillen wann zu verabreichen wären. Janet hatte geahnt, was Daniel sich geweigert hatte zuzugeben. Mit ihrem Wissen, wie sehr die Reise über holpriges Gelände in einem ungewohnten Rollstuhl und die Unmöglichkeit, bewegt zu werden, Daniels Spasmen und Krämpfe verstärken würden, hatte sie die Dosierung einiger seiner Medikamente erhöht und ein paar neue hinzugefügt in dem Versuch, die Symptome der MS im Zaum zu halten, bis sie nach Hause zurückkehrten.

Daniel akzeptierte die Medikamente dankbar. Nachdem er die Handvoll Pillen mit einem großzügigen Schluck Wasser runtergespült hatte, erlaubte er Jack, ihm beim Niederlegen zu helfen und schloss seine Augen. Die Erschöpfung, die er spürte, zeigte sich auf seinem blassen Gesicht und Jack und Sam wechselten besorgte Blicke, während sie Daniel beobachteten.

Jack nahm das Bett neben Daniels. Auf keinen Fall würde er Daniel allein lassen. Er konnte sich nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie erschreckend es sein muss zu erkennen, dass du vollkommen unfähig bist, auch nur eine Kleinigkeit selbst zu erledigen. Während er seinen Freund und Partner betrachtete, bewunderte er Daniel immer mehr, wie der mit den täglichen Problemen seiner Behinderung fertig wurde. Jack wusste nicht, wie Daniel die Kraft fand, sich weiterhin durch jeden Tag zu mühen. Doch so lange Daniel kämpfen musste, würde Jack hier sein und ihm auf jedem Zentimeter des Weges helfen.

Er vergewisserte sich, dass Daniel schlief. Dann hüllte er sich in die Air Force-Felddecke, schloss seine Augen und versuchte zu schlafen.


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Daniel war so erschöpft von den Aufregungen des Vortages, dass er ziemlich gut schlief, wenn man bedachte, dass er auf einem Feldbett lag, unfähig, seine Position selbst zu verändern und mit seitenweise außerirdischem Text, der in seinem Kopf herumwirbelte. Vage erinnerte er sich, dass Jack ihm geholfen hatte, sich während der Nacht von seiner linken auf die rechte Seite zu drehen, um ein Wundliegen zu vermeiden. Das nächste, was er danach merkte, war, dass Sam die Zeltklappe öffnete und heller Sonnenschein hereindrang.

„Morgen, Jungs!“ verkündete sie fröhlich, während sie sich Daniel mit der erforderlichen Anzahl von Pillen und einer Wasserflasche näherte.
„Gibt’s Kaffee?“ fragte er hoffnungsvoll, kippte das lauwarme Wasser hinunter.
„Ich habe gerade den Kessel aufgestellt“, versicherte sie ihm. „Wenn du auf bist und fertig, ist es auch der Kaffee.“
Daniel lächelte seinen Dank und sah hinüber zum Feldbett und zu der zusammengekauerten Masse unter der rauen Decke, die seinen Partner darstellte. „Bist du wach, Jack?“ rief er hinüber. „Ich habe viel zu tun. Ich muss zurück in den Tempel, den Text überprüfen ...“
„Okay, okay, ich bin wach“, grummelte Jack, warf die Decke zur Seite und schwang seine Beine herum, bis er auf der Kante des Feldbettes saß, Daniel gegenüber.

Er blickte Daniel genau an. Er sah besser aus als letzte Nacht, dachte Jack, aber er würde nicht glücklich sein, bis Daniel wieder auf der Erde war.
„Ich lasse euch zwei allein zum Aufstehen und Fertigmachen“, sagte Sam, lächelte ihre beiden alten Freunde an, als sie die Zeltklappe hob und hinausging.
„Wie fühlst du dich, Daniel?“ fragte Jack, schnürte seine Stiefel.
„Mir geht’s gut, Jack“, versicherte Daniel. „Aber ich muss wirklich los, es ist so viel zu tun.“
„Lass mich nur einem Ruf der Natur folgen und ich bin sofort bei dir“, versprach Jack, beugte sich vor und pflanzte einen Kuss auf Daniels Lippen.

In den guten alten Zeiten hatte das Paar ein ungeschriebenes Gesetz befolgt, dass sie außerweltlich oder in der Basis keinerlei physischen Kontakt riskieren würden, doch in den letzten Jahren war das kein Thema mehr. In der Abgeschlossenheit des Zeltes war Jack sicher, dass er vor neugierigen Blicken geschützt war. Und außerdem ... jedermann wusste, dass sie ein Paar waren.

Daniel wartete geduldig auf Jacks Rückkehr. Das war eine Fähigkeit, die er in den letzten paar Jahren auf die harte Tour gelernt hatte. Vergangen waren die Tage, in denen er aus dem Bett springen und seinen eigenen Kaffee kochen konnte. Schrittweise hatte er erfahren müssen, welche Einschränkungen das Fortschreiten der Multiplen Sklerose verursachte. Obwohl das vollkommen gegen seine Natur war, hatte er sich darin trainiert zu warten, bis jemand selbst die einfachste Aufgabe für ihn übernehmen konnte.

Jack wusste, wie sehr es Daniel verdross, völlig abhängig zu sein. Deshalb versuchte er immer, sich wenn möglich zuerst um Daniels Bedürfnisse und Wünsche zu kümmern. Nun erledigte Jack – genauso wie zu Hause – hastig seinen Besuch in den Büschen und eilte zurück, um Daniel zu assistieren. Nachdem er die neue Aufgabe bewältigt hatte, Daniels Katheter zu wechseln, hatte Jack Daniel bald mit Leichtigkeit – resultierend aus viel Übung – in seinem Stuhl abgesetzt und fertig gemacht, sich der Welt zu stellen. Er fixierte die offene Zeltklappe und schob Daniels Stuhl hinaus in den Sonnenschein der fremden Welt, die sie derzeit bewohnten.

„Morgen, Dr. Jackson“, rief Sergeant Squires, als Jack Daniels Stuhl in der Nähe der Überreste des Lagerfeuers parkte und losging, um ihm eine Tasse Kaffee zu holen.
„Guten Morgen, Sergeant.“ Daniel lächelte dem Mann zu, der neben dem Feuer hockte und mit Appetit aus einer Rationspackung aß. „Was ist das?“ Er deutete auf den Aluminium-Behälter.
Squires spähte in den Beutel, als ob die Antwort darin liegen würde. „Könnte Hühnchen sein.“ Er lachte, wusste über den Insider-Scherz bei SG-1 Bescheid.

Daniel lachte fröhlich bei dem alten Witz, und Sam sah erfreut, wie glücklich Daniel zu sein schien, als sie mit seinem Kaffee ankam. Sie war besorgt, dass Daniel verlegen sein könnte, wenn die anderen Teammitglieder sahen, dass man ihm mit seinem Essen helfen musste. Oder Sam beobachteten, wie sie seinen Kaffe für ihn hielt, während er die heiße Flüssigkeit durch einen Trinkhalm saugte. Sam bemerkte erstaunt, dass Daniel anscheinend nichts dagegen hatte.

Seit seiner Diagnose und allmählichen Verschlechterung hatte Daniel herausgefunden, dass er sich nicht als sozial Ausgestoßener sehen durfte und seine persönlichen Barrieren einreißen musste, wenn er noch eine Lebensqualität erhalten wollte. Anfangs war es schwer gewesen. Die Menschen starrten natürlich, doch er hatte entschieden, dass das ihr Problem war und nicht seines. Und wie schwierig es auch zuerst gewesen war ... er war weiterhin ausgegangen und hatte sein Leben gelebt, genauso wie jetzt. Daniel war entschlossen, dass er die Probleme anderer Leute, wenn sie mit seiner Behinderung konfrontiert wurden, nicht auf seine Schultern laden lassen würde.

Daniel wartete ungeduldig darauf, in den Tempel zurückzukehren. Letzten Abend hatte er einige Stunden damit verbracht, die Papiere zu überprüfen, die Sam geliefert hatte. Nun musste er Querverweise suchen und Teal’c bitten, alles noch einmal zu kontrollieren, bevor er absolut sicher sein konnte.

Wenn es ihm möglich gewesen wäre, nervös herumzuwandern, während alles eingepackt wurde, hätte er es getan. Stattdessen musste Daniel in seinem Stuhl sitzen und warten. Jack wusste, wie begierig Daniel war, in den Tempel zu gelangen, doch die Dinge mussten richtig erledigt werden. Und falls sie zu einem raschen Aufbruch gezwungen waren, konnten sie nicht ihr Zeug herumliegen lassen.

Nachdem alles verstaut war, gab Jack SG-4 den Befehl, außerhalb des Tempels Wache zu halten, während er, Teal’c und Sam – gemeinsam mit Squires – Daniels Stuhl vorsichtig über die Steintreppe hinunter und in das Dunkel dahinter trugen.

Endlich wieder vor den Inschriften abgestellt, wartete Daniel, während Teal’c auf dem sandbedeckten Boden kniete und den Text studierte, den Sam am Vortag kopiert hatte.
„Und?“ fragte Daniel, als Teal’c sich erhob und den Sand von seinen Knien klopfte.
„Deine Übersetzungen sind korrekt, DanielJackson“, verkündete Teal’c.
Daniel wusste nicht, ob er erleichtert sein sollte, dass er recht hatte, oder bestürzt darüber, was die Inschriften besagten.

„Daniel?“ murmelte Jack, wollte wissen, was Daniel herausgefunden hatte.
Daniel holte tief Luft. „Es ist kompliziert“, sagte er, machte es sich in seinem Stuhl bequem. „Es hat alles zu tun mit dem Aton, wie ich vermutet habe.“
„Erzähl mit mehr“, befahl Jack sanft.
Daniel runzelte seine Stirn, versuchte, sein Wissen für die Nichtarchäologen unter ihnen in einfache Worte zu fassen.

„Der Aton – die leuchtende Sonnenscheibe – ist nicht nur einzigartig in der ägyptischen Geschichte, sondern auch einer der kompliziertesten und umstrittensten Aspekte der Religion in Ägypten“, begann er zu erklären.
„Weiter“, ermutigte ihn Jack.
„Der Aton, der immer mit dem ketzerischen Pharao Echnaton assoziiert wurde, datiert vor diesem König, erhob sich jedoch zu einer universellen und beinahe alleinigen Gottheit während seiner Herrschaft. Die Aton-Mythologie war revolutionär und hatte einige weitreichende Konsequenzen.“
„Zum Beispiel ...?“ drängte Jack auf mehr Informationen.
„Die Beziehung des Aton zu den anderen Göttern war kompliziert und Echnaton könnte die Kulte einiger Gottheiten unterdrückt haben, deren Hauptperson Ra war.“
„Hätte wissen sollen, dass der wieder auftaucht“, kommentierte Jack zu niemand bestimmten, bevor Daniel ihn unterbrach.
„Obwohl die Priesterschaften dieser anderen Götter machtlos waren, die Religionsveränderungen aufzuhalten, die durch den Atonismus entstanden, wurden die Kulte der anderen Götter erneuert, als die Herrschaft des Königs endete. Die Tempel des Aton wurden rasch geräumt oder abgebrochen und Aton – oder der Goa’uld, der Aton war – wurde in KV 55 bestattet.“

Daniel pausierte, um seine Erklärungen einsinken zu lassen. Er beobachtete die Gesichter seiner Kollegen genau, während die Erkenntnis ihnen langsam dämmerte.
„Dort draußen läuft ein Goa’uld herum“, sagte Jack schließlich.
Daniel nickte. „Als KV 55 geöffnet wurde, entkam der Goa’uld und gelangte zu diesem Planeten, dessen Koordinaten ich in die Wand des Tempels von Dendur eingraviert fand.“
„Wie ...?“ wollte Sam wissen.
Daniel schüttelte seinen Kopf. „Keine Ahnung“, meinte er, „aber dieser Text besagt, dass irgendwo auf diesem Planeten eine weitere Inschrift existiert, die uns die Adresse der Heimatwelt liefert, zu der Aton ging.“
„Wo, denkst du, ist dieser Text?“ fragte Jack, starrte die Steinwände an, die sie umgaben.
„Noch nicht sicher, aber da ist noch immer einiges an Inschriften zu übersetzen“, antwortete Daniel. „Ich brauche bloß etwas mehr Zeit.“
„Die kriegst du“, versprach Jack, bewunderte, wie das Genie in Dr. Daniel Jackson noch immer den verkrüppelten Körper durchbrechen und alle überraschen konnte.

Teal’c bewegte sich vorwärts und stellte sich neben Daniels Stuhl. „Ich stehe zu deiner Verfügung, DanielJackson“, sagte er, erwartete Daniels Befehle.
„Danke, Teal’c“, gab Daniel zurück, blickte sich in dem Tempel um. „Ich denke, wir beginnen dort drüben.“ Er hob seinen Arm und wies auf eine Nische rechts vom Eingang.
„Ich übernehme das von hier, O’Neill“, informierte Teal’c Jack, umfasst die Griffe von Daniels Stuhl, löste die Bremsen und schob ihn zu der Wand, die Daniel bezeichnet hatte.
„Wir sind oben, falls ihr etwas braucht“, versicherte Sam dem Paar, doch da kam keine Antwort, beide waren vollkommen gefesselt von ihrer Suche nach dem fehlenden Text.

Sam und Jack lächelten einander zu, während sie die Stufen hinauf und in den warmen Sonnenschein stiegen.
„Glaube, wir können ein paar Strahlen einsaugen“, meinte Jack, fand einen passenden Felsen zum Anlehnen, legte seinen Kopf zurück und schloss seine Augen.

Er wusste, wenn Daniel erst einmal in eine Mission vertieft war, wäre er stundenlang beschäftigt. Jack beschloss im Geiste, ihm ein paar Stunden zu geben und dann auf einer Pause zu bestehen. Er wusste, dass Sam mit den Medikamenten auf dem laufenden war und fühlte sich beruhigt, das in ihren fähigen Händen zu lassen. Er hatte nichts zu tun, außer sich zu entspannen.

„Jack!“
Jack seufzte. Er hatte bloß ein paar Minuten gedöst und beschloss, wer auch immer ihn rief, konnte ihn vergessen.
„Jack!“
Diesmal klang die Stimme lauter. Jack zog seine Kappe über seine Augen in einem Versuch, den Lärm auszusperren.
„O’Neill! DanielJackson benötigt deine Unterstützung.“
Teal’cs Stimme kam näher. Jack schob seine Kappe zurück und spähte hinauf in den Sonnenschein. Er kniff seine Augen zusammen, als Teal’c vortrat und die Sonne blockierte.
„Was?“ fragte Jack und Teal’c wiederholte seine Bitte.
Als das Verstehen endlich in Jacks Gehirn durchsickerte, war er sofort auf seinen Füßen. „Was ist los, Daniel?“ rief er besorgt, raste die Treppe hinunter in den Tempel.

Daniel drehte seinen Kopf. „Ich brülle seit einer Ewigkeit nach dir“, klagte er. „Ich muss aufstehen, um diese Inschriften zu sehen“, erklärte er, deutete zu einer Stelle der Wand hinauf. Ziemlich genau in Jacks Augenhöhe aber weit höher als Daniels, wenn er in seinem Stuhl saß.
„Entschuldige“, gab Jack zurück. „Ich habe in der Sonne gedöst.“
„Muss schön sein“, murmelte Daniel, während sich Jack niederbeugte und Daniels Füße von den Fußstützen des Rollstuhls hob, damit er die Stützen aus dem Weg klappen konnte.
Er zog Daniels schwache Arme um seinen Hals, platzierte dann seine Arme unter Daniels Hinterteil und hob ihn mit einer flüssigen Bewegung in eine stehende Position.

Eine der Launen seiner Krankheit war, dass Daniel – obwohl er nicht in der Lage war, selbst aufzustehen – für einen kurzen Zeitraum stehen konnte, wenn er erst einmal aufrecht war. Außerdem konnte er aus dieser stehenden Position mit Unterstützung ein paar Schritte schlurfen.

Nachdem Jack Daniel aufrecht und mehr oder weniger stabil hatte, ging er Schritt für Schritt rückwärts, erlaubte Daniel, qualvoll und langsam auf ihn zuzuwanken. Das war kein hübscher Anblick, dachte Jack, Daniel darauf reduziert zu sehen. Doch Janet Fraiser hatte ihnen beiden nachdrücklich klargemacht, wie wichtig es für Daniels Durchblutung und Urinfluss war, dass er sich jeden Tag eine Zeitlang bemühte, aufrecht zu stehen, wann immer es möglich war. An manchen Tagen – wenn Daniels Zittern oder Krämpfe schlimm waren – war es unmöglich, das zu tun. An anderen, guten Tagen brachte Daniel es fertig, im Haus herumzuschlurfen. Vorausgesetzt, Jack hielt ihn fest.

Schließlich hatte das Paar seinen langsamen Weg zu der Wand, die Daniel bezeichnet hatte, bewältigt. Jack manövrierte sich herum, damit er hinter Daniel stand, stützte ihn von hinten, während Teal’c eine Taschenlampe auf die Markierungen richtete, die Daniel näher betrachten wollte. Sam trieb sich mit dem griffbereiten Rollstuhl in der Nähe herum. Bereit, wenn Daniel entweder seine Inspektion beendet hatte, oder wenn seine Kraft nachließ. Was immer zuerst geschehen würde.

„Okay, ich bin fertig“, meldete Daniel, wartete, dass seine Pflegemannschaft agierte.
Innerhalb von Sekunden hatte Sam den Stuhl sorgfältig hinter ihm positioniert und Jack trat vor ihn, damit er ihn vorsichtig in dem Rollstuhl absetzen konnte.
„Danke, Leute“, seufzte Daniel, während Sam den Klettverschluss des Gurtes fixierte, den Siler angebracht hatte, damit Daniels schwacher Körper sicher im Stuhl sitzen blieb. Gleichzeitig hob Jack sanft Daniels Füße zurück auf die Fußstützen.

„Was jetzt?“ fragte Sam, unsicher, was Daniel als nächstes tun wollte.
„Jetzt muss ich diese Markierungen noch mal überprüfen und ...“
„Jetzt wirst du deine Pillen einnehmen und eine Pause machen“, unterbrach Jack.
„Jack, wir müssen heute damit fertig werden“, erinnerte ihn Daniel.

Er wusste genauso gut wie der Rest des Teams, dass General Hammond ihnen nur 24 Stunden auf dem Planeten gegeben hatte. Und diese Zeit würde bald um sein.
„Daniel“, sagte Jack, der Tonfall seiner Stimme bedeutete eine Menge.
„Okay, gib die verdammten Dinger her“, fauchte Daniel und Sam reichte ihm eine Auswahl an bunten Pillen, hielt dann die Wasserflasche für ihn, um sie hinunterzuspülen.
Daniel lehnte sich seufzend in dem Stuhl zurück. Er musste die Übersetzung fertig bekommen, bevor sie abreisten. Er fühlte sich schrecklich.

Auf jeden Fall hatte Daniel während seiner Beziehung mit der Multiplen Sklerose gelernt, dass er sich beherrschen musste. Realistisch gesehen konnte er sich bloß ein Hauptereignis pro Tag erlauben. Das konnte eine Therapie-Sitzung sein, ein Arbeitstag im SGC, ein Abendessen im Restaurant mit Freunden. Wenn er versuchte, mehr hineinzupressen, litt er an den Konsequenzen. Schwächende Müdigkeit, undeutliche und langsamere Aussprache, Brennen, Prickeln und Schmerzen in seinen Muskeln und seine Koordination ging vollkommen zum Teufel.

All diese Dinge wusste er nur zu gut, trotzdem hatte er alle dazu gedrängt zu denken, dass er damit fertig wurde, zu einer anderen Welt zu reisen und zwei Tage damit zu verbringen, antike Inschriften zu entziffern. Daniel erkannte, es war bloß ein törichter Traum. In Wahrheit konnte er niemals wiedererlangen, was er verloren hatte, konnte nie durch das Gate reisen und agieren, als ob alles wäre wie früher.
Gott, ich bin ein Idiot, dachte er, wartete, dass die Wirkung der Medikamente einsetzte.

Jack und Sam beobachteten Daniel ängstlich. Sie konnten sehen, wie sehr dieser Trip ihren Freund auslaugte. Jack, der es gewohnt war, jede Nuance von Daniels physischem Zustand zu erkennen, konnte das Zittern in seinen Gliedmaßen sehen und die Art, wie Daniels Gesicht blass wurde und sich seine Stirn runzelte, als die Muskelkrämpfe zuschlugen. Er wollte nicht mehr, als ihn nach Hause bringen und ins Bett stecken. Janet hatte Sam gewarnt, was die Reise Daniel antun würde, und sie war mit Pillen und Instruktionen ausgerüstet. Janet hatte heimlich die Dosierung an Clonazepam zum Beherrschen des Zitterns erhöht. Ebenso das Rivotril, das ihm etwas Erleichterung bei den Schmerzen verschaffte. Doch sie wusste genauso wie Jack, dass das beste für Daniel sein würde, heim zu kommen.

Als die Medikamente zu wirken begannen, richtete sich Daniel auf und öffnete seine blauen Augen, um seine beiden Freunde zu sehen, die ihn besorgt betrachteten.
„Mir geht’s gut“, versicherte er ihnen. „Ich muss nur diese Übersetzung mit Teal’cs Hilfe erledigen. Dann bin ich fertig.“
„Ich bin hier, Daniel Jackson“, verkündete Teal’c, kauerte sich neben Daniels Stuhl nieder.
„Großartig“, grinste Daniel, bevor er sich in einen alten Dialekt warf, den Teal’c für ihn interpretierte.

Seufzend trat Jack zur Seite und fuhr sich mit der Hand durch seine grauen Haare. Sam folgte.
„Er wird noch mal mein Tod sein“, gestand Jack seiner früheren Kollegin.
„Oder sein eigener“, fügte sie traurig hinzu.
Jack nickte. „Ich weiß, wir müssen ihm gestatten, sein eigenes Leben zu leben“, bekannte er. „Und Gott weiß, ich will nicht derjenige sein, der immer Nein sagt, aber ...“, er verlor sich.
„Er würde sich nicht ändern, Jack“, erinnerte Sam ihren ehemaligen kommandierenden Offizier, fügte zärtlich hinzu: „Und falls er das täte, wäre er nicht der Mann, den wir beide lieben.“

Jack nickte, vertraute seiner Stimme nicht. Er fuhr mit einer Hand über seine braunen Augen, rieb jede Tränenspur weg, bevor er sich zu Sam umdrehte. „Also, ich glaube, wir begleiten ihn einfach und sammeln die Scherben auf“, meinte er.
Sam nickte lächelnd. „Das trifft es so ziemlich.“

Die beiden standen einen Moment nebeneinander, blickten stumm über den Sand zu der Stelle, wo Daniel und Teal’c tief in ihre Konversation versunken waren.
„Okay“, beschloss Jack. „Er hat eine Stunde und dann zerre ich seinen Hintern hier raus, ob es ihm gefällt oder nicht.“
Sam umarmte Jack, etwas, das sich behaglich anfühlte – jetzt, wo sie nicht länger seinem Kommando unterstand. „Besser du als ich“, lachte sie, während sie zu ihren beiden Freunden wanderten.

Genau eine Stunde später bewegte sich Jack. „Okay, Daniel, das war’s!“ rief er, schlenderte zu seinem Partner, der sich noch immer mit dem Jaffa unterhielt.
„Jack, ich denke, wir haben es.“ Daniel blickte zu seinem Geliebten hoch, seine Augen glänzend und sein Gesicht gerötet vor Erregung.
„Du hast was?“ wollte Jack wissen.
„Die Adresse der Goa’uld-Welt, zu der Aton von hier ging“, erläuterte Daniel.
„Und das bedeutet?“ fragte Jack, erfreut, dass Daniel so aufgeregt war, jedoch unsicher, wohin das alles tatsächlich führen würde.
„Wir haben nun die Adresse einer Goa’uld-Heimatwelt, die in keinem unserer Systeme aufscheint“, erklärte Daniel. „Aton ging von hier weg, um eine Armee aufzustellen, die es mit Ras aufnehmen konnte. Damit wollte er Ra stürzen.“
„Aber Ra ist tot“, meinte Jack, sah Daniel fragend an.
„Aton weiß das nicht“, erinnerte in Daniel.
„Ach, du heiliger Bimbam!“ Jacks Gesicht war sehenswert.

Wenn der Gedanke an einen weiteren Systemlord dort draußen, der vorhatte, die Erde zu zerstören, nicht genügt hätte, Daniel Depressionen zu verschaffen, hätte ihn Jacks Miene laut auflachen lassen. „Wir müssen zur Erde zurück und die Tok’ra verständigen“, meinte er. „Wir müssen herausfinden, ob Aton noch an dieser Adresse lebt und ob er eine Armee hat oder nicht.“
„Okay, bewegen wir uns“, sagte Jack, schaltete sein Funkgerät ein und rief SG-5, die noch immer geduldig das Gate bewachten.

SG-4 bezog Position und gemeinsam mit Jack, Sam und Teal’c machten sie sich auf ihren langen Weg über das karge Gelände, Daniel – sicher in seinem Stuhl befestigt – in ihrer Mitte.


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Tatsächlich war es Daniel, der sie zuerst sah. Erst dachte er, es wäre nur der Wind, der den Sand aufwirbelte. Er erinnerte sich an seine Zeit in Ägypten, wenn der Sand plötzlich ohne Grund verblasen wurde und Gestalten in der Ferne aufzutauchen schienen. Er starrte die Figuren an, wusste, dass seine Sehkraft nicht so besonders war. Doch er war sicher, dass der vage Schatten zu einer menschlichen Gestalt wurde.

„Jack“, flüsterte er, nahm seine Augen nicht von den Figuren, die sich auf sie zu bewegten.
„Was ist?“ Jack war so besorgt, ob mit Daniel etwas nicht stimmte, dass er seine drängenden Gesten übersah.
„Schau.“ Daniel zeigte erneut und diesmal folgte Jack dem zitternden Finger, hob seine Sonnenbrille, um besser sehen zu können.
„Was zur Hölle ...“, murmelte Jack. „Alle aufpassen!“ rief er SG-4 zu. „Sam, bleib bei Daniel, Sie auch, Squires“, befahl er, „Teal’c mit mir.“
Der große Jaffa trat an O’Neills Seite, während die Gestalten näher kamen und menschliche Form annahmen.

Sie waren zu dritt, alle menschenähnlich, soweit es Jack feststellen konnte. Sie näherten sich der Gruppe von der Erde, hielten ihre Hände ausgestreckt, Handflächen nach oben.
„Sie sehen harmlos aus“, murmelte Jack, während er und Teal’c vortraten.
„Äußerlichkeiten können oft täuschen, O’Neill“, bemerkte Teal’c, hielt seine Stabwaffe vorsorglich angelegt und feuerbereit.

Die kleine Gruppe stoppte vor Teal’c und Jack, sie zeigten noch immer ihre offenen Hände und verbeugten sich tief vor dem Paar. Sie waren von durchschnittlicher Größe, hatten ziemlich blasse Haut und trugen die üblichen Wüstenroben mit einem hohen, kegelförmigen Kopfputz aus Silber, der im Sonnenlicht glänzte.
Jack und Teal’c verbeugten sich zur Antwort und warteten dann, um zu sehen, was die seltsame Gruppe von ihnen wollte.

„Ihr seid Besucher auf diesem Planeten?“ fragte eines der Lebewesen.
„Das sind wir tatsächlich und verlassen ihn gerade“, antwortete Jack, wies auf die Gruppe, die ein paar Meter entfernt wartete.
„Was ist euer Vorhaben hier?“ fragte das zweite Wesen.
„Wir kamen nur her, um ein paar Inschriften in dem Tempel dort hinten zu überprüfen“, erklärte Jack, wedelte in die Richtung des Tempels.
„Und habt ihr den Text entziffert?“ wollte der Dritte wissen.
„Ja ... eigentlich Daniel. Ich meine, Dr. Jackson, unser Archäologe, hat es geschafft“, versuchte Jack zu erläutern.

Die drei steckten wispernd ihre Köpfe zusammen, während Jack und Teal’c amüsierte Blicke wechselten. Schließlich trat einer der Fremden vor.
„Wer ist dieser Doktor Jackson, von dem du sprichst?“ fragte er.
Jack zeigte auf die nervös wartende Gruppe. „Er ist dort drüben“, meinte er, unsicher, wieso diese Leute das wissen wollten.
„Wir müssen mit ihm sprechen“, erklärte das Wesen und sie gingen los in die Richtung der kleinen Gruppe.
„Hey, wartet eine Minute!“ brüllte Jack, rannte los, um die drei einzuholen. „Wieso müsst ihr mit ihm sprechen?“

Die drei Wesen wanderten weiter, ignorierten Jacks Frage völlig. Seine Arme ergeben hochwerfend signalisierte Jack Teal’c, ihnen zu folgen und das Paar beeilte sich, die drei Außerirdischen einzuholen.

Sam und Daniel beobachteten verblüfft, wie die Gruppe auf sie zukam. Sergeant Squires hielt die Griffe von Daniels Stuhl fest und die restlichen Mitglieder von SG-4 griffen nach ihren Waffen, bereit, sie beim ersten Anzeichen von Ärger zu ziehen.
„Doktor Jackson?“ Eines der Wesen trat vor, ließ seine Augen über die kleine Gruppe gleiten.
„Ich bin Dr. Jackson“, sagte Daniel und das Wesen blickte überrascht zu dem Mann in dem Stuhl mit den Rädern hinunter.

Die drei verbeugten sich vor Daniel und einer trat vor, redete in einer Sprache, die keiner der anderen je zuvor gehört hatte. Offensichtlich verstand sie Daniel, weil er seinen Kopf beugte.
„Daniel, was geht hier vor?“ wollte Jack wissen, trat an Daniels Seite und stand beschützend neben seinem Stuhl.
„Sie wollen wissen, ob ich derjenige bin, der das Sternentor geöffnet hat“, antwortete Daniel, bevor er in eine fremde Sprache wechselte, welche die drei Lebewesen zu verstehen schienen.
„Was sagst du ihnen, Daniel?“ erkundigte sich Jack, wollte nicht von der Unterhaltung ausgeschlossen werden. Nur für den Fall, dass Daniel irgendwelche übereilten Versprechungen machte. Zum Beispiel ein Angebot, mit den drei Außerirdischen mitzugehen oder eine ähnlich verrückte Idee, zu der er sich vielleicht verleiten ließ.
„Ich sage ihnen nur, dass ich derjenige bin“, erklärte er. „Jetzt sei bitte still, Jack“, orderte Daniel leise.
Jack seufzte und presste seine Lippen zusammen. Er blieb neben Daniel stehen und war entschlossen, sich nicht wegzubewegen, was auch immer passieren würde.

Die Unterhaltung zwischen Daniel und den drei Lebewesen wurde fortgesetzt, während alle anderen bloß die Fortschritte beobachteten. Keiner von ihnen verstand ein Wort, das gesprochen wurde, außer Teal’c.
„Hey, T“, flüsterte Jack. „Kriegst du irgendwas davon mit?“
Teal’c hob seine Hand, um Jack zum Schweigen zu bringen. Es war eine Sprache, die er schon einmal gehört hatte, vor vielen Jahren. Und wenn er sich sehr konzentrierte, konnte er das eine oder andere Wort verstehen.

Jacks Frustration wuchs. Daniel sprach weiterhin mit den dreien und Teal’c lauschte ihrer Konversation, während er – gemeinsam mit SG-4 – wie Statisten herumstand.

Endlich verbeugten sich die drei Lebewesen und einer von ihnen trat vor, legte seine Hand auf Daniels Kopf. Jack kam näher um einzugreifen, doch Daniel lächelte, genauso wie die drei. Also vermutete Jack, dass alles gut verlaufen war.
„Okay, Daniel, willst du mich einweihen?“ fragte Jack, begierig, der Sache auf den Grund zu gehen.
„Das sind Priester des Semenchkare“, begann Daniel zu erklären. „Oder zumindest waren es ihre Vorfahren im alten Ägypten“, korrigierte er sich.
„Und was tun die hier?“ drängte Jack auf mehr Informationen.
„Ihre Vorfahren folgten Aton hierher, als er aus KV 55 entkam, doch sie konnten die Inschriften nicht lesen, die ihnen sagten, wohin er von hier gegangen war“, sagte ihm Daniel.
„Dann stammen sie von der Erde?“ fragte Sam, betrachtete die drei genau. Ihrer Ansicht nach sahen sie nicht wirklich wie Menschen aus.
„Nicht direkt“, versuchte Daniel zu erläutern. „Sie kamen von einem anderen Planeten und wurden von Ra beauftragt, Aton zu folgen und ihm zu berichten.“
„Dan wissen sie nicht, dass Ra tot ist?“ fragte Jack.
„Jetzt wissen sie es“, gab Daniel zurück, hatte es gerade den drei Priestern erklärt.
„Was wollen sie also von uns?“ Jack war besorgt, dass er nicht alle Informationen bekam, die er brauchte.
„Sie wollten wissen, ob ich es war, der das Stargate öffnete, weil ihre alten Texte ihnen sagten, dass derjenige, der das Sternentor auf der Erde öffnete, auch die Geheimnisse von Semenchkare enträtseln würde.“
„Und?“ beharrte Jack, verstand noch immer nicht, was vor sich ging.
„Und“, setzte Daniel fort, „ich habe das Stargate geöffnet. Und ich löste gerade die Rätsel von Semenchkare, indem ich die Gate-Koordinaten des Planeten herausfand, zu dem er verschwand.“
„Ist das alles?“ forschte Jack, wusste, dass da mehr war.
„Ich gab den Priestern die Koordinaten. Und nachdem sie die Tok’ra kennen, habe ich vorgeschlagen, sie sollten sie ebenfalls kontaktieren.“
„Was hatte dieses Hand auf dem Kopf-Zeug zu bedeuten?“ Jack drängte auf das letzte Bisschen Information.
„Nur ein Segen“, meinte Daniel lässig, versuchte, bei Jacks Gesichtsausdruck nicht zu grinsen.
„Oh, ein Segen ... sehr nett“, kommentierte Jack, sah von Daniel zu den drei Wesen, die geduldig warteten, bis Daniel alles erklärt hatte.

Der Älteste der drei sprach wieder zu Daniel. Dann – nachdem sie sich tief verbeugt hatten – drehten sie sich um und wanderten in die Wüste zurück. Daniel und seine Freunde sahen sie am Horizont verschwinden.

„So, was machen wir jetzt?“ fragte Sam, unsicher, was als nächstes passieren würde.
„Jetzt kehren wir auf die Erde zurück und nehmen unsererseits mit den Tok’ra Kontakt auf“, antwortete Daniel. „Und wir müssen General Hammond informieren. Irgendwann in nächster Zeit wird es dort draußen einen großen Kampf geben.“
Er wedelte seinen Arm himmelwärts und Jack folgte seinem Blick in den leeren blauen Himmel über ihnen. Sie wussten beide, dass dort draußen im Weltraum noch immer Kriege geführt wurden. Und nun hatte sich ein weiterer Systemlord der Schlägerei angeschlossen. Sie mussten ins SGC zurückkehren und sich darauf vorbereiten, die Erde neuerlich zu verteidigen.


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Erst einmal sicher zurück im SGC, verschob Hammond die Abschlussbesprechung, bis Janet Fraiser Daniel das Alles klar gab. Er war erleichtert gewesen, sie alle sicher und gesund zurück zu haben, konnte jedoch sehen, dass Dr. Jackson überhaupt nicht gut aussah. Die besorgten Gesichter seiner Kollegen bestätigten seine Meinung.

Daniel versuchte, darauf zu beharren, er wäre in Ordnung, wollte bloß in seinen eigenen Rollstuhl gelangen und nach Hause fahren. Aber beide – Jack und Janet – bestanden darauf, dass er in der Krankenstation blieb.
„Ich will deinen Katheter kontrollieren und deine medikamentöse Behandlung überwachen, Daniel“, eröffnete ihm Janet. Sie betrachtete ihren Patienten und Freund kritisch. „Hast du irgendwelche neuen Symptome entwickelt?“ fragte sie. „Und ich will die Wahrheit.“ Sie wusste sehr gut, wie Daniel Dinge verbergen konnte, wenn er dachte, er könnte damit durchkommen.

Daniel seufzte resignierend. Er wusste, er hatte die Chance eines Schneeballes in der Hölle, heute nach Hause zu kommen. Genauso gut konnte er elegant nachgeben, beschloss er. „Ich bin einfach nur furchtbar müde“, sagte er.
„Ich sehe, dein Tremor ist schlimmer“, meinte Janet, griff nach seiner Karteikarte. „Was ist mit den Krämpfen?“
„Schlimmer in meinen Beinen“, gab Daniel zu.
„Okay, ich kann dir etwas geben, was dagegen hilft.“ Sie schrieb eine Notiz in seine Kartei, bevor sie ihn wieder genau betrachtete. „Undeutliche Sprache“, diagnostizierte sie.
Das war etwas, das Daniel nicht vor ihr verbergen konnte, deshalb nickte er zustimmend.
„Wie ist die Sehkraft?“ forschte Janet weiter, ließ keinen Stein auf dem anderen, während sie Daniels Symptome aus ihm herausschmeichelte.
„Doppelt und verschwommen“, sagte er freimütig.

Janet schüttelte traurig ihren Kopf. „Ich hätte dich niemals gehen lassen sollen“, murmelte sie, beendete ihre Eintragungen in der Kartei und reichte sie der Schwester, die neben ihr wartete. „Es wird wochenlang zusätzliche Physiotherapie und medikamentöse Behandlung brauchen, um dich auch nur in die Nähe deines vorherigen Zustandes zu bringen.“
„Wann vorher?“ witzelte Daniel, wusste sehr gut, was sie meinte.
Janet antwortete nicht, starrte ihren Patienten auf dem Bett nur böse an und zog die Vorhänge zu. „Ich muss deinen Katheter überprüfen, Daniel“, informierte sie ihn.
Er verzog sein Gesicht. Das war noch zu neu für ihn, um sich damit wohl zu fühlen und er spürte die Röte in seine blassen Wangen schießen.

Janet tat so, als hätte sie es nicht bemerkt, beschloss, es Daniel heimzuzahlen, dass er ihr solche Sorgen bereitet hatte. Zusätzlich waren da all die Selbstvorwürfe, die sie durchmachen würde, während sie zusah, wie er darum kämpfen musste, auf sein früheres Niveau physischer Fähigkeiten zurückzukommen. Sie nahm sich ein Herz und riss ohne Vorwarnung das Laken weg. Ohne auch nur einen Blick in Daniels Richtung zu werfen, injizierte sie eine schwache lokale Anästhesie, bevor sie den Katheter entfernte und durch einen neuen ersetzte. Sie fixierte den Beutel an dem Röhrchen und befestigte ihn an Daniels Bein, bedeckte ihn wieder mit dem Laken, bevor sie es wagte, sich seinen anklagenden blauen Augen zu stellen.

Während sie ihre Handschuhe auszog, riskierte Janet einen Seitenblick zu ihrem Patienten. Die Gesichtsröte verblasste ein wenig und war durch einen beleidigten Ausdruck ersetzt worden. Wie üblich zogen Daniels hübsches Gesicht und ausdrucksstarke blaue Augen sie auf seine Seite.
„Brauchst du eine Decke?“ fragte sie.
Er nickte und bevor er es merkte, war eine weiche, warme Decke sanft über ihn gelegt worden. Janet nahm seine Hand, kontrollierte, wie warm sie war und steckte sie stirnrunzelnd unter die Decke.

Die beiden blickten einander an, ihre Freundschaft hatte einen weiteren Kampf zwischen der Ärztin und dem Archäologen überlebt. Janet beugte sich lächelnd vor, pflanzte einen warmen Kuss auf Daniels Stirn.
„Willkommen zu Hause“, flüsterte sie, schob die Vorhänge zurück und ließ Jack näher treten.
„Hat sie dir das Leben schwer gemacht?“ fragte Jack, setzte sich neben Daniels Bett.
„So könnte man es nennen“, gab Daniel zurück, litt noch ein wenig an den Nachwirkungen des Katheterwechsels.

In Wahrheit hatte Jack von der anderen Seite des Vorhanges gelauscht, und er wusste genau, was zwischen den beiden vorgefallen war. Doch über die Jahre hatte er gelernt, sich nicht einzumischen.
„So, wie fühlst du dich?“ erkundigte sich Jack, besorgt wegen der Verschlechterung von Daniels Symptomen.
Daniel wusste es besser, als zu versuchen, irgend etwas vor Jack O’Neill zu verbergen. „Nicht gut“, gab er zu. „Vielleicht hätte ich nicht gehen sollen.“

Das Paar saß ein paar Minuten schweigend da, verdaute den Gedanken, bevor Daniel erneut sprach.
„Ich dachte wirklich, ich könnte das schaffen“, murmelte er, seine Aussprache erkennbar undeutlicher und langsamer als üblich.

Da gab es keine Antwort, die Jack geben konnte. Das war einfach eine weitere Sache, mit der Daniel fertig werden musste. Die Realisierung, dass sein Leben unwiderruflich für immer verändert worden war. Er tätschelte Daniels Hand und saß bei seinem Partner, bis die Schwester mit einer Vielfalt an Drogen hereinkam, die sie in die Infusion injizierte, auf welcher Janet bestanden hatte. Dann wurde Daniel vom Schlaf übermannt.

In dieser Nacht weigerte sich Jack, nach Hause zu fahren. Er wollte in Daniels Nähe bleiben für den Fall, dass er etwas benötigte. Janet argumentierte, dass ihre Schwestern sehr wohl fähig waren, Daniels Bedürfnisse zu befriedigen, doch Jack weigerte sich stur, nachzugeben. Am Ende erlaubte ihm Janet, für diese eine Nacht im Bett neben Daniels zu schlafen.

Er erwachte früh am nächsten Morgen, dank des Klapperns von Bettpfannen und des Summens menschlicher Stimmen. Er öffnete seine Augen und kontrollierte sofort das Bett neben ihm. Daniel schlief noch, sah für Jacks kritischen Blick jedoch ein wenig besser aus als letzte Nacht.

Jack sprang aus dem Bett, flüsterte der diensthabenden Schwester ein „Guten Morgen“ zu, marschierte geradewegs in den Umkleideraum, um ein paar saubere Kleider zu holen, bevor er duschen ging. General Hammond hatte die Abschlussbesprechung für 3.00 Uhr Nachmittag angesetzt, in der Hoffnung, dass das Daniel genug Zeit geben würde, sich genügend von seiner kleinen Expedition zu erholen und daran teilnehmen zu können.

Auf seinem Weg zu den Duschen rannte Jack mit Teal’c zusammen.
„Hey, Teal’c, schön, dich zu sehen“, rief er seinem alten Freund zu.
„Wie geht es Daniel Jackson?“ fragte Teal’c, kam sofort zum Thema.
„Müde und er begreift, dass er nicht hätte gehen sollen. Aber sonst wird er sich mit der Zeit erholen“, berichtete Jack.

Er lächelte den Jaffa an. Es war großartig, Teal’c wieder in der Basis zu haben. Und abgesehen von Daniels Zustand war es genau wie in alten Zeiten mit ihm und Carter in der Gegend. Pfeifend wanderte Jack zu den Duschen.

Sam hatte bei Janet und Cassie übernachtet, während sie in Colorado gewesen war. So auch letzte Nacht, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass Daniel okay war. Sie waren für eine Mädchen-Nacht nach Hause gefahren. Sam vermisste Janet und Cassie beinahe genauso sehr, wie sie es vermisste, ein Mitglied von SG-1 zu sein. Sie wünschte, sie könnte mehr Zeit mit ihnen verbringen, doch ihre Arbeit im Pentagon war anspruchsvoll. Der Versuch, engen Kontakt mit Jack und Daniel zu halten, genauso, wie die neuen Freundschaften in Washington zu genießen, machte es ihr schwer, mit Janet und Cassie so oft zusammen zu kommen, wie sie es gerne wollte.

Sie setzten Cassie bei der Schule ab und fuhren zum Cheyenne Mountain, plauderten unterwegs.
„Wird sich Daniel erholen?“ fragte Sam. „Ich hasse es zu glauben, dass der Trip ihm permanente Schäden zugefügt hat.“
„Noch mehr permanente Schäden“, korrigierte Janet ihre Freundin, behielt ihre Augen fest auf die Straße fixiert, während sie antwortete. „Ich weiß es ehrlich nicht, Sam“, musste sie zugeben, hasste es, ihre Freundin zu verletzen. „Jegliche Verschlimmerung von Multipler Sklerose kann sich beheben oder auch nicht“, fuhr sie fort. „Vielleicht ist er bloß erschöpft von der Reise. Wenn es so ist, korrigieren sich die undeutliche Aussprache und die Doppelbilder in den nächsten paar Tagen selbst.“
Sam nickte. „Was ist mit dem Zittern und den Krämpfen?“ erkundigte sie sich, besorgt wegen der Auswirkungen auf Daniels Fähigkeiten auf lange Sicht gesehen.
„Wir können mit seiner Drogentherapie herumspielen, um sie zu lindern“, versprach Janet, „und mit extra Physiotherapie-Sitzungen sollten wir in der Lage sein, ihn so mobil wie möglich zu halten.“

Das Paar fuhr stumm, beide tief in Gedanken versunken. Die Worte so mobil wie möglich hallten in Sams Kopf. Daniel war kaum mobil. Ohne seinen elektrischen Rollstuhl und Jacks konstanter Pflege wäre Daniel vollkommen bewegungslos und unfähig, auch nur eine Kleinigkeit für sich zu tun. Das war alles eine Fassade, dachte Sam, kämpfte die Tränen nieder.

Janet griff aus und legte ihre Hand auf Sams. „Lass dich nicht aus der Fassung bringen“, warnte sie ihre Freundin. „Daniel wird schon damit fertig werden und wir müssen für ihn stark sein.“
„Ich weiߓ, schniefte Sam. „Es ist nur so hart, ihn so zu sehen.“
„Ja, das ist es“, nickte Janet. „Aber Daniel braucht uns und wir schulden es ihm, für ihn da zu sein.“
„Du hast recht“, stimmte Sam zu, während Janet in den Parkplatz steuerte und den Motor abstellte.
„Lass uns gehen und nachsehen, wie viel Verwüstung er während der Nacht unter meinem Schwesternstab angerichtet hat“, schlug Janet vor und sie wanderten zum Eingang.

Tatsächlich hatte Daniel überhaupt keine Probleme verursacht. Er war vollkommen erschöpft und war nicht einmal aufgewacht, wenn das Pflegeteam alle paar Stunden seine Position verändert hatte. Janet und Sam erreichten die Krankenstation gerade rechtzeitig, um einen geduschten und rasierten Colonel O’Neill zu entdecken, der eine Tasse Kaffee unter Daniels Nase schwenkte in einem Versuch, ihn zum Wachwerden zu verleiten.
„Colonel“, ist das Kaffee, was du da herumschwenkst?“ rief Janet mit ihrer strengsten Stimme.
„Bloß ein kleiner Weckruf, Doc“, versicherte ihr Jack, wedelte weiterhin das aromatische Gebräu in Daniels Richtung.

Janet verschwand kopfschüttelnd in ihrem Büro. Sie würde in ihren weißen Mantel wechseln, die Nachrichten kontrollieren und dann den Nachtbericht ihres Schwesternteams entgegennehmen. Zu diesem Zeitpunkt – so überlegte sie – würde Jack Daniel aufgeweckt und ihm das strikt verbotene Gebräu eingeflößt haben.

Daniel erwachte langsam. Er war wund und steif und all seine Muskeln schmerzten. Er öffnete seine Augen und starrte auf den verschwommenen Anblick zweier O’Neills, von denen jeder einen Kaffeebecher schwenkte. Er blinzelte, doch die Doppelbilder blieben. Daniel seufzte, er hatte gewusst, dass das vielleicht passieren würde, konnte das einfach auf die Liste der anderen lästigen Symptome seiner Krankheit setzen.
„Hey, Jack“, krächzte er, lächelte das über ihm schwebende Gesicht schwach an. „Hilfst du mir auf?“ bat er, völlig unfähig, sich im Bett ohne Unterstützung zu bewegen.

Jack stellte den Kaffee auf den Schrank – aus der Schusslinie – während er Daniel in eine aufrechte Position hievte, ihn mit Kissen verankerte. Er strich die Bettdecke glatt und trat zurück, um beides zu bewundern. Seine Arbeit und die Person in dem Bett.
„Kaffee, Daniel?“ fragte er, griff nach dem Becher und steckte einen Trinkhalm hinein, bevor er ihn an Daniels Lippen hielt.
„Mmm“, seufzte Daniel anerkennend, während die starke Flüssigkeit langsam aus dem Becher verschwand.

Nachdem er den Becher leergetrunken hatte, war Daniel bereit, Jack in eine Konversation zu verwickeln. „Wie bald kann ich hier raus?“ wollte er wissen, als Jack den leeren Becher wieder auf den Schrank stellte.
„Das hängt von deinen Blutwerten ab und den Ergebnissen deiner bevorstehenden Untersuchung“, mischte sich Janet ein, bevor Jack antworten konnte.
„Morgen, Janet“, grinste Daniel die kleine Ärztin an, die neben seinem Bett stand und die Infusion kontrollierte, bevor sie Daniels Handgelenk hochhob, um seinen Puls zu prüfen.
„Okay, Jack, du kannst dich für ein paar Minuten rar machen, während ich Daniel untersuche“, befahl sie.

Jack streckte der Ärztin seine Zunge raus, was nur Daniel sehen konnte, zwinkerte und verließ die Krankenstation. Janet zog den Vorhang um das Bett und legte Daniels dicke medizinische Akte auf den Nachttisch, führte eine gründliche Untersuchung ihres Patienten durch.

Nachdem sie die Entdeckung, dass seine Sehkraft unverändert war, notiert hatte, dass seine Stimme ein wenig kräftiger als gestern klang und dass sein Zittern leicht nachgelassen hatte, setzte sich Janet auf die Bettkante und befragte Daniel.
„Wie sind die Spasmen?“ erkundigte sie sich. „Und ich will eine ehrliche Antwort, bitte.“
„Etwas besser, denke ich“, gab Daniel zu.
„Und wie fühlt sich der Katheter an?“
„Tut ein bisschen weh, aber ich gewöhne mich daran.“

Daniel zog eine Grimasse. Er hasste das Ding und er hasste es, das mit irgend jemandem diskutieren zu müssen. Jack und Janet hatten beide versucht, ihm zu versichern, dass es keine große Sache war, doch für ihn war es das sehr wohl. In seinem Geist war das sein letztes Festhalten an der Normalität, das ihm entrissen wurde, und er hasste es.

„Ich muss ihn kontrollieren“, warnte ihn Janet, bevor sie sanft die Bettdecke anhob, um zu sehen, wie viel Urin sich in dem Beutel während der Nacht angesammelt hatte. „Das ist gut.“ Sie lächelte ihren Patienten an. „Ich überlasse es Jack, den Beutel zu wechseln und dich rauszuheben und anzuziehen.“
Janet wusste, dass sich Daniel in Jacks Obsorge sicherer fühlte als bei jeder ihrer Schwestern, wie kompetent sie auch sein mögen.
„Danke“, sagte Daniel, gab das Lächeln zurück.
Es würde großartig sein, von hier raus in seinen eigenen Stuhl zu kommen und wieder herumzusausen. Er hasste es, im Bett zu stecken und von anderen abhängig zu sein.

Jack steckte seinen Kopf zwischen den Vorhängen herein. „Machen wir hau ruck?“ fragte er.
Daniel nickte und sah erfreut, dass Jack seine Kleider mitgebracht hatte und dass sein geliebter Rollstuhl in Sicht war.

Es dauerte eine Weile, bis Jack Daniel angezogen und in seinen Stuhl gesetzt hatte. Jack war leicht besorgt, dass Daniel viel weniger mobil erschien, als er es vor ihrem Trip gewesen war. Die Krämpfe in seinen Beinen machten es schwierig, ihm die Hose anzuziehen und Jack musste sich damit zufrieden geben, Socken über Daniels Füße zu ziehen, die Schuhe jedoch wegzulassen. Nicht, dass es wirklich wichtig wäre, Daniel würde niemals wieder irgendwohin gehen, dachte er betrübt.

Auch Daniel war ein wenig beunruhigt, wie schwach er war. Er versuchte, es vor Jack und Janet zu verbergen, wollte verzweifelt aus der Krankenstation verschwinden, war jedoch nicht sicher, wie lange er die Verstellung aufrecht erhalten konnte. Sobald Jack ihn in seine Kleider gestopft und ihn in seinen Stuhl umgesetzt hatte, seufzte er erleichtert. Daniel fühlte sich mobiler so viel besser, kontrollierte sein Leben eher, wenn er in seinem Stuhl saß und seine Hand leicht den Steuerknüppel umfasste. Einmal von dem bequemen Sitz des Twisters umschlossen, fühlte er sich, als ob die Welt seine Auster wäre. Nicht wirklich im wahren Sinn des Wortes, erkannte er wehmütig, doch er tat gerne so, als ob er ein unabhängiges Lebewesen wäre, das über sein Schicksal bestimmen konnte, wenn auch nur in seinem Geist.

Dieses Mal fühlte er sich in dem Stuhl allerdings nicht so wohl. Stirnrunzelnd versuchte er festzustellen, was genau der Unterschied war. Er führte eine mentale Überprüfung seines bewegungslosen Körpers durch, während Jack eifrig seine Sachen in eine Tasche packte.

Beine ... schmerzten noch und Spasmen in seinen Beinen und Füßen verursachten Jack offensichtlich ein Problem, notierte er, während er auf seine Füße hinunterblickte, die auf den Stützen zuckten. Ohne die Schuhe, da sie ihm Jack nicht anziehen konnte.

Im Geiste bewegte er sich seinen Körper hinauf zu seinem Hintern, der okay schien. Keine Druckstellen, Gott sei Dank, und der neue Katheter war eigentlich recht bequem, überlegte er.

Ein bisschen weiter hinauf zu seiner Brust. Daniel wusste, er hatte Glück, dass er keinerlei Probleme mit seiner Atmung hatte. Janet hatte erklärt, dass das tagelange zusammengesunkene Sitzen in einem Rollstuhl diese Art von Schwierigkeiten hervorrufen konnte, doch Jack war immer darauf bedacht, dass er ihn ein paar Mal täglich in eine stehende Position zerrte, was half, das zu vermeiden.

Arme ... der linke praktisch nutzlos, aber der rechte funktionierte bis zu einem gewissen Grad. Daniel bewegte seine kraftlosen Muskeln und fand heraus, dass seine Schulter definitiv schwächer war. Er konnte seinen Arm nicht von der Armstütze des Stuhles heben, wohin ihn Jack gelegt hatte. Er spürte kalten Schweiß seinen Rücken hinunter laufen, versuchte es noch mal. Noch immer nichts, obwohl er Arm und Hand noch genügend bewegen konnte, um den Steuerknüppel zu umfassen. Für einen Moment atmete Daniel ein wenig leichter.

Seine größte Angst war es, den Gebrauch seiner rechten Hand zu verlieren. Wenn das geschah, würde er vollkommen für jeden Handgriff von anderen abhängig sein, und dieser Gedanke machte ihm fürchterliche Angst.
Okay, bleib ruhig, sagte er sich. Was ist das nächste?

Nacken ... Sobald er über seinen Nacken nachdachte, wusste er augenblicklich, da lag das Problem. Der Grund, warum er in der Lage war, seine Beine und Füße zu betrachten, war der, dass sein Kinn kraftlos auf seiner Brust lag. So sehr er es auch versuchte, Daniel war zu schwach, seinen Kopf mehr als ein paar Zentimeter zu heben.

„Jack!“

Jack hörte die Panik in Daniels Stimme und wandte sich sofort um, wollte wissen, was das Problem war. Er kniete neben Daniels Stuhl nieder. Daniel sah blass aus und zitterte, doch davon abgesehen konnte Jack nichts Außergewöhnliches feststellen.
„Daniel?“ fragte er, unsicher, was los war.
„Jack, ich kann meinen Kopf nicht heben.“
Jack hörte das Entsetzen in Daniels Stimme und spürte ebenfalls die Panik in sich hochsteigen. Für einen Moment wusste er nicht, was er tun sollte, dann agierte er. „Janet!“ brüllte er aus vollem Hals, hob gleichzeitig zärtlich Daniels Kopf von seiner Brust.
Die Türe öffnete sich und die kleine Ärztin erschien. Jack atmete erleichtert auf.
„Janet, er kann seinen Kopf nicht hochhalten“, erklärte Jack.

Janet nahm das blasse, entsetzte Gesicht des Mannes im Rollstuhl und den grimmigen Ausdruck des Air Force-Colonels, der ihn festhielt, in sich auf. Sie trat vor und übernahm die Kontrolle über die Situation.
„Schaffen wir dich wieder ins Bett, Daniel“, schlug sie vor, bedeutete Jack, ihr mit dem Transfer zu helfen.
„Was ist mit mir los?“ wisperte Daniel, während er aus seinem Stuhl gehoben und auf das Krankenbett gelegt wurde.
„Machen wir ein paar Tests und dann sehen wir weiter“, meinte Janet, versuchte, ihren Patienten zu beruhigen.
Sie rief eine der Schwestern, herüber zu kommen und gab ihr einige geflüsterte Instruktionen.
„Was geht hier vor?“ wollte Jack wissen, nachdem die Schwester den Raum verlassen hatte.
„Ich möchte ein paar Tests mit Daniels Muskeln anstellen“, begann sie, den beiden Männern zu erklären.
„Wieso? Was ist passiert?“ drängte Jack.

Janet wollte gerade in diesem Moment nicht die schlechten Neuigkeiten verkünden, wusste jedoch, sie würde nicht damit durchkommen, nichts zu sagen, deshalb holte sie tief Luft. „Die Multiple Sklerose hat vielleicht Daniels Halsmuskeln angegriffen“, gab sie zu.
Jacks Herz sank. „Du meinst, das könnte permanent sein?” wollte er wissen.
Janet riskierte einen Seitenblick zu ihrem auf dem Bett liegenden Patienten. Daniels Augen waren geschlossen und seine Kiefer verkrampft. Das war nicht das erste Mal, dass er eine Prognose für seine Krankheit gehört hatte. Er wusste, weitere Verschlechterungen waren immer möglich, doch das bedeutete nicht, dass er darauf vorbereitet war.

„Warten wir erst mal ab“, schlug Janet vor, als die Schwester wieder ins Zimmer kam. „Okay, ich denke, sie sind jetzt für dich bereit“, sagte sie. „Jack, kannst du mir helfen?“
Sie zeigte an, dass sie die Bremsen des Bettes lösen und das Bett als Ganzes zu dem Raum schieben wollte, wo die Tests durchgeführt werden sollten. Jack war erleichtert, dass Daniel nicht unnötig herumgeschleppt werden musste und dankte Janet stumm für ihr Verständnis der Situation.

Sam und Teal’c warteten besorgt vor der Tür der Krankenstation, als Jack endlich herauskam, unbewusst seinen Nacken rieb, um die Verspannungen zu lösen. Er hatte ein paar Stunden damit verbracht zu beobachten, wie Daniel einen Test nach dem anderen durchmachen musste, bis er völlig erschöpft war. Jack hatte seinen Transport zurück in sein Zimmer überwacht. Dann – nachdem Daniel eingeschlafen war – hatte er Janet signalisiert, dass er verschwinden würde.
„Er wird eine Weile schlafen, Jack, gönn dir eine Pause“, schlug Janet vor.
„Es gibt da ein paar Dinge, die ich erledigen muss“, meinte Jack, grinste die Ärztin schwach an. „Behalte ihn für mich im Auge, tust du das?“
„Das weißt du doch, Jack“, nickte Janet, sah ihm traurig nach, als er die Krankenstation verließ.
Er sah mindestens zehn Jahre älter aus als heute Morgen, dachte sie.

„Wie geht es ihm?“ fragte Sam, hatte Angst vor den Neuigkeiten.
„Nicht gut“, murmelte Jack. Er bemerkte einen Stuhl im Korridor und sank darauf zusammen, ließ seinen Kopf in seine Hände fallen.
Sam und Teal’c warteten, bis Jack fähig war, sich zu bewegen, dann schlug Sam vor, loszugehen und etwas zu essen zu besorgen.
„Ich bin nicht so hungrig“, gestand Jack, während Sam ihn in Richtung der Cafeteria dirigierte, „und ich muss in der Nähe bleiben, falls Daniel etwas braucht.“
„Es wird mir ein Vergnügen sein, an deiner Stelle über DanielJackson zu wachen, O’Neill“, eröffnete Teal’c, bevor er zur Krankenstation zurückging.

Sam führte Jack zu einem freien Tisch in einer Ecke des Raumes, füllte dann ein Tablett mit Essen und ein paar Bechern Kaffee. Als sie zurückkehrte, hob Jack traurige braune Augen zu ihr und schüttelte seinen Kopf.
„Ich bin nicht hungrig“, wiederholte er, während sie ein Sandwich vor ihm auf den Tisch stellte.
„Versuch es einfach, bitte“, schmeichelte Sam, wendete alle Tricks an, indem sie hinzufügte: „Du musst für Daniel stark sein.“
Jack nickte, hob zögernd das Sandwich und biss hinein. Er kaute es teilnahmslos, Sam sah zu und wartete.

Nachdem Jack den größten Teil des Sandwichs gegessen und einen Becher Kaffee geleert hatte, seufzte er. „Ich muss einen Telefonanruf machen“, sagte er und erhob sich.
Sam folgte ihm zu seinem Büro und ließ sich auf der Schreibtischkante nieder, während er in seinem Aktenschrank herumwühlte.
„Ich hab’s!“ sagte er erleichtert, blätterte durch den Hefter, den er gefunden hatte.
„Was hast du?“ wollte Sam wissen, unsicher, was Jack tatsächlich vorhatte.
„Die Nummer der Firma, von der wir Daniels Rollstuhl haben“, erklärte Jack, suchte die Betriebsanleitung für den Twister und fing an, sie durchzulesen.
„Stimmt etwas nicht mit dem Stuhl?“ fragte Sam ein wenig verblüfft.
Jack nahm den Hörer und wählte eine Nummer. „Daniel kann seinen Kopf nicht hochhalten“, sagte er einfach, während er auf eine Reaktion am anderen Ende der Leitung wartete.
Sams Gesicht wurde weiß und plötzlich erkannte Jack, was für einen Schock er ihr verpasst hatte.
„Was?!“ Sam riss sich genügend zusammen, Jack zu befragen, während er auf eine Antwort wartete.
„Sein Nacken ist zu schwach, um seinen Kopf hochzuhalten“, wiederholte Jack. „Janet hat ein paar Tests durchgeführt, sie denkt, es könnte ein Fortschreiten der Krankheit sein.“
„Wen rufst du an?“ fragte Sam, neugierig, was so wichtig war, dass Jack diesen Anruf gerade jetzt machen musste.
„Die Firma, bei der wir Daniels Stuhl gekauft haben“, erklärte Jack. „Sie machen auch Kopfstützen und ich brauche eine so schnell wie möglich.“

Sam verstand. Wenn Daniel seinen Kopf nicht stützen konnte, würde er Hilfe brauchen. Sie wartete still, während Jack arrangierte, dass die Kopfstütze sofort am nächsten Morgen geliefert wurde. Er unterbrach die Verbindung und sprang auf.
„Wohin gehst du jetzt?“ Sam erhob sich und folgte ihm.
„Krankenstation“, murmelte Jack, während er zu den Fahrstühlen eilte.
Sam jagte ihm nach. „Langsam, Jack, oder du machst dich krank“, befahl sie, als er den Knopf drückte und frustriert herumtänzelte, darauf wartete, dass sich die Türen öffneten.
„Vielleicht ist er aufgewacht“, erläuterte Jack.
„Und wenn ... Teal’c und Janet sind bei ihm“, erinnerte sie den nervösen Colonel.
„Ich weiߓ, gestand er ein. „Aber ich denke trotzdem, dass ich dort sein sollte.“
„Ich weiߓ, murmelte Sam, drückte seinen Arm und sie betraten den Lift, fuhren zur Ebene der Krankenstation hinunter.


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General Hammond war über die Verschlechterung von Daniels Zustand informiert worden und hatte die Abschlussbesprechung neuerlich verschoben. Janet bestand darauf, dass Daniel in der Krankenstation blieb, bis sie sämtliche Testergebnisse zur Verfügung hatte. Außerdem hatte sie ihren ansässigen Physiotherapeuten geschickt, um mit Daniel zu arbeiten.

John Freer war erst kürzlich dem SGC zugeteilt worden. Aber er hatte Daniel Jackson bei ein paar Gelegenheiten getroffen und hatte ihn bereits einigen Trainingseinheiten unterzogen. Es war unbedingt notwendig, dass Daniel regelmäßig Physiotherapie bekam, um seine Gliedmaßen beweglich zu halten und zu helfen, die Krämpfe zu lindern, denen er ausgesetzt war, wenn er sich nicht so oft wie möglich bewegte.

Janet Fraiser hatte John kontaktiert und ihm von Daniels außerweltlicher Heldentat berichtet und von seinem derzeitigen körperlichen Zustand. John hatte alles fallen lassen, um Daniel für eine Sitzung reinzuquetschen.

„Hi, Dr. Jackson. Wie geht es Ihnen heute?” grüßte John, als er das Privatzimmer betrat, das Daniel zur Verfügung gestellt worden war.
„Einfach großartig, John. Ich habe gerade einen 15 Kilometer-Lauf und 100 Liegestütze erledigt und dachte, ich ruhe mich ein wenig aus“, witzelte Daniel, während er bewegungslos auf dem Krankenbett lag.
John lachte. „Okay ... tja, wenn Sie so ein Fitness-Fanatiker sind, glaube ich, ein paar unbedeutende Übungen werden keine große Sache sein, oder?“
Daniel verzog sein Gesicht, als John die Decke zurückzog und Daniels ausgezehrte Beine enthüllte, seine Füße von den Krämpfen verdreht, an denen er litt, obwohl Janet die Medikationen erhöht hatte.

Während der nächsten Stunde arbeitete John vorsichtig an Daniels Beinen, massierte sie und bewegte sie sanft. Obwohl er sehr vorsichtig war, wusste er, dass er Daniel Schmerzen bereitete. Doch jedes Mal, wenn er aufblickte, um seinen Patienten zu beobachten, nickte Daniel ihm zu, weiter zu machen, obwohl er blass war und ein dünner Schweißfilm seine Stirn bedeckte.

„Okay, die sind für heute fertig“, sagte John, legte die Decke wieder über Daniels schmerzende Beine. „Jetzt die Arme.“
John benutzte die selben Techniken an Daniels Armen. Er bemerkte, dass der rechte Arm etwas schwächer war, als bei ihrer letzten Sitzung. Da Daniel an das Bett gefesselt war, war es John aber nicht möglich, eine genaue Untersuchung seiner Schulterrotation vorzunehmen. Also musste er sich damit zufrieden geben, die Muskeln zu massieren und zu strecken und sich auf Daniels Gelenk und Finger zu konzentrieren, um maximale Beweglichkeit zu erreichen.

Schließlich griff John nach Daniels Nacken. „Ich muss Sie flach hinlegen, Daniel, wenn das okay ist“, erläuterte er, wartete auf Daniels Zustimmung.
„Was auch immer“, murmelte Daniel, wusste, er war Johns Gnade ausgeliefert.
Das als ein Ja nehmend, entfernte John die Kissen, die Daniels Oberkörper stützten und senkte ihn vorsichtig flach auf seinen Rücken.
„Können Sie Ihren Kopf von einer Seite zur anderen drehen?“ fragte John, beobachtete, wie Daniel langsam seinen Kopf drehte, erst nach links, dann nach rechts. „Gute Arbeit“, gratulierte John seinem Patienten. „Nun, können Sie Ihren Kopf heben?“
Daniel versuchte es, John konnte sehen, dass sich die Muskeln in seinem Nacken anspannten, doch Daniel war unfähig, seinen Kopf von dem Bett hochzuheben.
„Okay, kein Problem“, versicherte John seinem Patienten. „Wir können an Ihren Nacken- und Schultermuskeln leichter arbeiten, wenn Sie wieder in Ihrem Stuhl sitzen“, erklärte er.
„Wie zum Teufel kann ich im Rollstuhl sitzen, wenn ich meinen Kopf nicht halten kann?“ fauchte Daniel.

Dieses Benehmen war uncharakteristisch, aber John verstand, wie sich Daniel fühlte. Er war zornig, frustriert und hatte Angst wegen des plötzlichen Verlustes seiner Fähigkeiten. John hatte Daniels Akte gründlich studiert, bevor er zum ersten Mal den behinderten Archäologen getroffen hatte. Er wusste aus den Unterlagen, dass Daniels Krankheit sich seit ihrem Ausbruch langsam verschlimmert hatte. In den letzten drei Jahren war er jedoch mehr oder weniger stabil geblieben. Nun war es ein Schock für Daniel – der sich an die Art seiner Behinderung gewöhnt hatte – herauszufinden, dass sie sich um einen weiteren Grad verschlechtert hatte.
„Daniel, Ihr Kopf wiegt gut ein paar Kilo“, erklärte John. „Es braucht viel mehr Kraft und Anstrengung, Ihren Kopf vom Bett hochzuheben, als ein Bein oder einen Arm zu heben.“ Daniel starrte den Physiotherapeuten stumm an, während der fortfuhr: „Wenn Sie erst mal aufrecht sitzen, wird es einfacher für Sie sein, Ihren Kopf zu halten und mit Übungen und einer Kopfstütze am Rollstuhl werden Sie das sehr gut hinkriegen.“

Daniel blieb skeptisch, er hatte sich an seine Behinderung gewöhnt, konnte sie handhaben und er hatte gelernt, damit fertig zu werden. Er war nicht sicher, ob er einen weiteren Abstieg ertragen konnte, war nicht sicher, ob Jack sich weiterhin mit ihm abmühen konnte und wollte. Tränen füllten seine Augen und er war vollkommen unfähig, sie wegzuwischen. Er schluckte das Schluchzen hinunter, das zu entkommen drohte.

John bemerkte und verstand Daniels Verzweiflung. „Machen wir es Ihnen bequemer, sollen wir?“ Er stützte Daniel wieder geschickt mit einem Stapel Kissen und setzte sich auf die Bettkante. „Ich kenne Sie, seit ich ins SGC kam“, sagte John, „und ich habe Ihre Charakterstärke und Ihre Widerstandskraft immer bewundert.“
Daniel schüttelte schwach seinen Kopf, doch John setzte fort. „Sie haben eine Menge durchgemacht, Daniel, nicht nur körperlich, sondern auch mental und psychologisch.“ Er pausierte und wählte seine Worte sorgfältig. „Das ist ein Rückschlag, ich weiß, aber Sie können ...“, er korrigierte sich, „... wir können daran arbeiten, Sie werden damit fertig, Daniel. Sie können sich diesem Verlust anpassen und trotzdem ein wertvolles Leben führen.“

Daniel antwortete nicht. Er wollte es glauben, aber was, wenn das bloß der Beginn einer weiteren Verschlechterung war? Was, wenn er den Gebrauch seines rechten Armes verlor? Was, wenn er seinen Stuhl nicht mehr länger benutzen konnte? Was, wenn Jack nicht damit fertig wurde und er in ein Pflegeheim gehen musste?

John kannte all diese Fragen, die durch Daniels Kopf rasten, er wusste aber auch, dass Daniel sich da allein durcharbeiten musste, die Antworten finden, mit den Schwierigkeiten fertig werden, wenn sie auftauchten. Und er wusste auch, dass Daniel eine Armee von Menschen hatte, die ihn liebten und ihm helfen würden, damit fertig zu werden.

Er blickte auf, als sich die Türe öffnete und Jack O’Neill seinen Kopf hereinsteckte.
„Ich überlasse Sie Colonel O’Neills fähigen Händen und sehe Sie morgen“, versprach John, erhob sich und ging zur Tür.
Er lächelte dem müde wirkenden Colonel zu. John war über die Beziehung des Colonels mit dem Archäologen informiert worden, bald nachdem er in der Basis angekommen war und hatte damit keinerlei Probleme. Er war glücklich, dass Daniel jemanden wie Jack O’Neill hatte, der ihn liebte und sich um ihn kümmerte. Das Leben wäre viel schwerer für den behinderten jungen Mann, ohne einen solchen Menschen.

„So, Daniel, worauf hast du Lust?“ fragte Jack, pflanzte sich auf die Bettkante, die gerade von John Freer freigemacht worden war und beugte sich rüber, um Daniels Haar aus seiner Stirn zu streichen.
„Wann kann ich hier raus, Jack?“ seufzte Daniel. „Ich will nach Hause.“
„Ich weiß, Danny“, bemitleidete ihn Jack, „aber wir müssen auf Janets Entscheidung warten. Ich habe aber eine Überraschung für dich, wenn sie dir erst mal das Okay gibt“, versprach er.
„Kann ich es nicht schon jetzt haben?“ bettelte Daniel. „Was ist es?“
„Na, na, Dr. J, Geduld ist eine Tugend”, hänselte Jack, lachte über Daniels Schmollmund.
„Aber wenn du es mir jetzt gibst, würde es mir die Zeit vertreiben, solange ich hier feststecke, nicht wahr?“ meinte Daniel, fischte nach Informationen.

„Wer steckt hier fest?“ fragte Janet, betrat das Zimmer gerade rechtzeitig, um das Ende der Unterhaltung zwischen den beiden Männern mitzubekommen.
„Kann ich raus?“ Daniel blickte die Ärztin hoffnungsvoll an.
„Du kannst gehen, wenn wir deine Testergebnisse besprochen haben“, sagte sie, wischte augenblicklich das Grinsen aus den Gesichtern von Jack und Daniel.
Keiner der beiden war sicher, ob sie hören wollten, was Janet zu sagen hatte.

„Es gibt gute und schlechte Neuigkeiten“, stimmte sie an.

Das war ihre Chance, Dr. Daniel Jackson – Genie und mehrfache Doktortitel – für seine kürzlich begangenen außerweltlichen Heldentaten ordentlich den Kopf zu waschen und sie hatte vor, jede einzelne Sekunde zu genießen.

„Die guten Neuigkeiten: Aufgrund der Testergebnisse bin ich ziemlich sicher, deine Muskelschwäche wurde vor allem von deinem unbesonnenen Ausflug und durch zu wenig Erholung verursacht.“
Jack sprach zuerst. „Du meinst, das ist keine Steigerung der MS?“
„Nicht, soweit ich aus den Testresultaten sehen kann“, sagte Janet, lächelte die beiden an. „Ich denke, Daniel, mit extra Physio und besonders guter Pflege solltest du in ein paar Wochen wieder normal sein.“

Das Wort normal benutzend, wusste Janet, dass Jack und Daniel klar war, es bedeutete, Daniel würde wieder so sein, wie er vor dem außerweltlichen Geschehen gewesen war und nicht normal in irgend einem anderen Sinn des Wortes. Daniel wusste, normal bedeutete für ihn, sein Leben in einem Rollstuhl zu verbringen mit nur einem Minimum an physischen Fähigkeiten, die ihm geblieben waren. Jack wusste, normal hieß für ihn, sich 24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche um sämtliche körperliche Bedürfnisse seines Partners zu kümmern und ihm sein Leben so angenehm wie möglich zu machen. Dies war ihr normal und sie waren begeistert, dass Janet Fraiser es ihnen zurückgab. Das Paar grinste einander an.

„Und die schlechte Neuigkeit ist ...“ Janet verstummte, genoss ihren Moment. „Die schlechte Neuigkeit ist, dass ich niemals – und ich wiederhole niemals – wieder zulassen werde, dass du mich zu so etwas Dämlichen überredest, Daniel“, sagte sie streng.
„Das war’s?“ fragte Jack.
„Das war’s“, antwortete Janet. Unfähig, die strenge Fassade aufrecht zu erhalten, grinste sie die beiden Männer breit an. „Jetzt verschwindet verdammt noch mal als meiner Krankenstation“, befahl sie. „Der General hat die Abschlussbesprechung für heute Abend 18.00 Uhr angesetzt“, informierte sie das Paar, während sie Daniels Akte nahm und zur Tür hinaus wanderte.

„Wow“, war alles, was Daniel sagen konnte, als sich die Türe hinter ihr schloss.
„Jack schüttelte seinen Kopf. „Ja, wow ... wirklich“, stimmte er zu.
„Jack, wo ist mein Stuhl und wo ist meine Überraschung?“ wollte Daniel wissen, begierig, aus dem Bett zu kommen, angezogen zu werden und eine Art von Normalität wiederzuerlangen.

Der Flug nach New York, gemeinsam mit der hastigen Rückreise ins SGC, der Trip durch das Stargate und sein erzwungener Aufenthalt in der Krankenstation hatte Daniels Routine durcheinander gebracht. Er hatte sich immer nach etwas Aufregung in seinem Leben gesehnt. Und nun, wo er wieder davon genascht hatte, war alles, was er wollte, zu seinem Alltag zurückzukehren.

„Bin in einer Minute zurück“, versicherte ihm Jack, ging los, um Daniels Stuhl und Kleider zu holen.
Er war genauso wie Daniel darauf versessen, Daniel aus dem Bett zu holen und hier raus zu bringen, bevor Janet eine Gelegenheit hatte, ihre Meinung zu ändern.


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Um präzise Achtzehnhundert saßen Jack, Sam, Daniel und Teal’c, gemeinsam mit Major Fryer von SG-4 um den Tisch im Konferenzraum, warteten auf General Hammonds Ankunft.
„Rühren, Leute.“ General Hammond wanderte in den Raum und nahm seinen Platz am Kopfende des langen Tisches ein, ließ seinen Blick über die Männer und die Frau gleiten. „Dr. Jackson“, wandte sich der General an den jungen Archäologen zu seiner Rechten, „haben Sie etwas Interessantes auf ...“, er überprüfte die Papiere vor ihm, „... P3X-455 gefunden?“

Es dauerte eine halbe Stunde, bis Daniel dem General erklärt hatte, was geschehen war, während alle anderen zuhörten und an verschiedenen Stellen während Daniels Bericht ihre Kommentare hinzufügten.
Daniel endete mit einem Vorschlag. „Ich denke also, wir sollten die Tok’ra kontaktieren und sie wissen lassen, was wir gefunden haben.“
„Denken Sie, Aton ist eine Bedrohung?“ wollte Hammond wissen.
Daniel nickte. „Ich fürchte, ja, General. Soviel ich herausgefunden habe, denke ich, es ist nur eine Frage der Zeit, bevor ein weiterer Angriff auf die Erde stattfindet“, meinte er bedrückt.
„Ich danke Ihnen, Dr. Jackson.“ Hammond schloss die Sitzung. „Ich rufe Jacob Carter selbst“, erklärte er Jack, während alle sich bereit machten, den Konferenzraum zu verlassen. „Und auch den Präsidenten.“ Er warf Daniel einen vorsichtigen Seitenblick zu, der mit Sam und Teal’c plauderte. „Bringen Sie ihn heim und kümmern Sie sich um ihn“, befahl er.
Jack nickte. „Das habe ich vor, Sir“, sagte er, salutierte dem General, bevor er sich Daniel zuwandte.

„Okay, Daniel, Zeit, nach Hause zu fahren.“
„Wir hatten eigentlich geplant, zum Abendessen auszugehen“, erklärte Daniel. „Bevor Teal’c weg muss“, setzte er hinzu.
„Nicht heute Abend, Daniel. Du bist gerade aus der Krankenstation rausgekommen, Herrgott noch mal“, stöhnte Jack, drehte sich zu Sam und Teal’c um. „Tut mir leid, Leute, wie wäre es morgen bei uns?“ schlug er als Alternative vor.
„Großartig“, nickte Sam, verstand völlig, dass Daniel nach Hause fahren und sich ausruhen musste.
„Tatsächlich wäre das äußerst akzeptabel, O’Neill“, stimmte Teal’c zu.
„Das ist also abgemacht“, meinte Jack, zufrieden, dass er Daniel endlich sicher nach Hause schaffen konnte.
„Sehe euch dann morgen, Leute“, sagte Daniel, stieß den Steuerknüppel seines Stuhles vor und bewegte sich zur Tür.
Jack schob sich vor ihn und hielt die Türe auf, während Daniel seinen Stuhl durchmanövrierte und zum Lift rollte, Jack ihm auf den Fersen.

Jack hatte Daniel seine Überraschung präsentiert, sobald er ihn angezogen und fertig gemacht hatte, um die Krankenstation zu verlassen. Er hatte arrangiert, dass die Kopfstütze für Daniels Stuhl ins SGC geliefert wurde. Glücklicherweise war sie eingetroffen, knapp bevor Janet Daniel die Freigabe erklärt hatte. Jack hatte sie am Stuhl fixiert. Sobald er Daniel zur Abfahrt bereit hatte, war Jack rausgeschlüpft, um den Rollstuhl zu holen, der im Korridor wartete.

Natürlich war Daniel von der Geschwindigkeit überrascht gewesen, mit der Jack diese Adaption beschafft hatte. Nachdem Jack es ihm in dem Stuhl bequem gemacht hatte, hatte die neue Kopfstütze den Halt geboten, den Daniels schwache Nackenmuskulatur benötigte, und er war begeistert darüber gewesen.
„Jack, es ist großartig“, sagte er, entspannte sich in dem Stuhl und grinste zu seinem Freund hinauf. „Wie hast du es geschafft, das so schnell zu bekommen?“ wollte er wissen.
„Ich bin nicht umsonst ein griesgrämiger alter Air Force-Colonel, Dannyboy“, erinnerte ihn Jack.
„Na schön, es ist wunderbar, griesgrämiger alter Air Force-Colonel“, lachte Daniel. „Ich danke dir.“
„Gern geschehen, jetzt glücklicher kleiner Archäologe“, antwortete Jack, sah erfreut, dass Daniel seine Depression von früher an diesem Tag überwunden hatte.

Nachdem Jack Daniel nach Hause gebracht, ihn aus dem Van geladen und ins Haus geschafft hatte, bestand er darauf, dass Daniel schnurstracks ins Bett ginge.
„Nein, noch nicht, Jack, bitte“, bettelte Daniel. „Ich bin tagelang in diesem fürchterlichen manuellen Stuhl gesteckt, war dann praktisch an ein Bett in der Krankenstation gefesselt. Ich will meine Freiheit genießen.“
Jack konnte nicht streiten. Er wusste, wie viel es für Daniel bedeutete, sich selbständig bewegen zu können. Und er war die letzten paar Tage von anderen Menschen abhängig gewesen, die alles für ihn tun mussten.
„Okay, ich gebe auf“, seufzte Jack, hielt ergeben seine Hände hoch. „Flitz herum, so viel zu willst. Ich mache uns das Abendessen“, rief Jack, während Daniel an ihm vorbei und ins Wohnzimmer rollte, wo die eingetroffene Post von ihrem Nachbarn und Haus-Sitter auf dem Kaffeetisch abgelegt worden war.

Während Jack eine Mahlzeit für sie bereitete, sortierte Daniel gut gelaunt die Post. Es war ein langsamer Prozess. Eigentlich konnte er nichts alleine öffnen und fand es sogar schwierig, einige der schwereren Umschläge hochzuheben. Doch in seinem Tempo brachte er es zumindest fertig, sie in einen Stapel für Jack, einen für ihn selbst und einen für den Mülleimer zu sortieren. Daniel lehnte sich zurück, betrachtete die verschiedenen Stapel mit einem Gefühl der Zufriedenheit, als Jack ihn rief.

„Daniel, Abendessen ist fertig!“
„Komme!“ gab Daniel zurück, hob seinen schwachen rechten Arm auf die Armstütze seines Stuhles und packte den Steuerknüppel.
Glücklicherweise brauchte es nicht viel Druck, ihn zu bewegen, da er so ziemlich seine ganze Energie mit der Post aufgewendet hatte, doch er schaffte es, sich in die Küche zu bewegen, wo Jack ihre Mahlzeit auf dem Tisch arrangierte.

Daniel wusste, er lief nur noch auf Reserve, aber er weigerte sich immer noch stur, seine Niederlage zuzugeben. Er erlaubte Jack, seinen Speziallöffel an seiner Hand zu befestigen und versuchte sein Möglichstes, etwas von dem köstlichen Rissotto aufzunehmen, das Jack zubereitet hatte.

Jack beobachtete Daniel sorgfältig von der anderen Seite des Tisches aus. Auch er war sich bewusst, dass Daniel ziemlich fertig war, wusste es jedoch besser, als sich bei dem starrköpfigen Archäologen einzumischen.
„Jack“, stöhnte Daniel schließlich, als er den Löffel zu seinen Lippen heben wollte und erneut versagte.
Jack bewegte seinen Stuhl um den Tisch herum, bis er neben Daniel saß, dann löste er den Löffel von Daniels Hand und füllte ihn mit dem Rissotto und hob ihn zu Daniels Mund.

Das Rissotto schmeckte köstlich und Daniel war beinahe am Verhungern, nachdem er sich die letzten paar Tage von Rationen und Krankenhauskost ernährt hatte. Also öffnete er seinen Mund und gestattete Jack, ihn langsam mit dem herrlichen Reis zu füttern. Nachdem alles aufgegessen war, hob Jack Daniels Glas – komplett mit Trinkhalm – und ließ es von Daniel leeren. Als Daniel fertig gegessen hatte, kehrte Jack zu seinem eigenen Teller zurück und löffelte rasch den lauwarmen Reis, während Daniel ihm neidisch zusah.

„Danke, Jack“, sagte Daniel leise, nachdem das Paar ihre Mahlzeit beendet hatte.
„Es war bloß Reis, Daniel“, winkte Jack ab, stand auf, um den Tisch abzuräumen.
„Du weißt, was ich meine.“

Jack wusste es, er wusste, dass Daniel es hasste, gefüttert werden zu müssen, dass er es beschämend fand, derart abhängig von anderen zu sein, selbst, wenn es sich um seinen Partner handelt. Und er wusste es besser, als auf ein Gespräch zu drängen, wenn Daniel müde und deprimiert war.
„Kaffee?“ fragte er, während er die Teller in den Geschirrspüler stellte.
„Warum nicht?“ Daniel bewegte seinen Stuhl von dem Tisch weg und rollte in Richtung der Diele.
„Schaltest du bitte den Fernseher ein?“ rief Jack ihm hinterher. „Ich denke, das Hockey-Endspiel läuft gleich.“

Daniel lächelte in sich hinein, griff nach der Fernbedienung. Typisch Jack, dachte er an etwas, das Daniel für ihn tun konnte, als Dank dafür, dass er Daniel gefüttert hatte. Es war nur eine Kleinigkeit, einen Knopf auf der Fernsteuerung zu drücken, damit Jack dem Fernseher lauschen konnte, während er den Kaffee machte. Doch es war etwas, das Daniel tun konnte und es bereitete ihm Vergnügen, selbst eine so kleine Aufgabe für den Mann, der so viel für ihn tat, bewältigen zu können.


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Sechs Wochen später.....

„Jacob kommt!“ Jack stürmte in Daniels Büro, überraschte den Archäologen.
„Klopfst du eigentlich nie an, Jack?“ beschwerte er sich, schwang seinen Stuhl herum und wandte sich der Türe zu.
Jack grinste und trat rückwärts wieder hinaus, schloss die Türe. Daniel seufzte genervt und wartete. Da war ein Klopfen an der Tür.
„Herein“, rief Daniel, versuchte, ein Grinsen zu verbergen, als Jack die Türe öffnete und hereinspähte.
„Darf ich reinkommen, Dr. Jackson?“ fragte er freundlich.
„Kommen Sie rein, Colonel O’Neill“, antwortete Daniel förmlich, Jack betrat das Büro und schloss die Türe hinter sich.
„Wann trifft Jacob ein?“ wollte Daniel wissen, kam auf die ursprüngliche Nachricht zurück.
„Darf ich mich setzen, Dr. Jackson?“ setzte Jack die Scharade fort.
„Jack!“ stöhnte Daniel, „wann kommt Jacob an?“
„Er ist auf dem Weg, deshalb bin ich gekommen, um dich zu holen“, erklärte Jack.

Daniel bewegte seinen Stuhl um den Schreibtisch und in den Korridor. Während sie auf den Lift warteten, setzte Daniel Jacks Befragung fort.
„Hat er irgendwas gesagt, dass er mit den Priestern gesprochen hat? Weiß er etwas über den Planeten des Aton?“
„Daniel, Herrgott noch mal, die Nachricht besagte bloß, er ist auf dem Weg. Es gab keine Details“, jammerte Jack, während er mit Fragen bombardiert wurde.

Jack wanderte zum Gateraum, Daniel rollte schnurstracks zum Besprechungszimmer und manövrierte seinen Stuhl gerade rechtzeitig zum Fenster, um zu sehen, wie Jacob Carter aus dem Gate trat, von General Hammond und Jack begrüßt wurde. Er sah sie Hände schütteln und dann zur Treppe gehen. Er hatte gerade genug Zeit, seinen Stuhl herumzuschwingen, als die drei Männer den Konferenzraum betraten.

„Daniel, es ist schön, Sie wiederzusehen“, sagte Jacob, schritt zu Daniel hinüber und streckte seine Hand zum Gruß aus.
Die Physiotherapie der letzten Wochen hatte sich bezahlt gemacht, Daniels rechter Arm und Schulter waren nun viel kräftiger. Er hob seine Hand und gab Jacobs Griff zurück.
„Es ist auch schön, Sie zu sehen“, lächelte er Sams Vater an. „Haben Sie Neuigkeiten für uns?“
„Das ist mein Junge. Verschwendet keine Zeit mit Höflichkeiten“, spottete Jack und nahm am Tisch Platz.
Auch Jacob und der General setzten sich und Daniel manövrierte seinen Rollstuhl an seinen Platz am Tisch.

Selmak wendete sich an die versammelte Gruppe: „Die Erde und die Tok’ra stehen tief in deiner Schuld, Dr. Jackson“, verkündete er, drehte sein Gesicht dem jungen Mann im Rollstuhl zu.
„Wie das?“ fragte General Hammond.
„Dr. Jackson entzifferte die Adresse einer Welt, nach der wir seit vielen Jahren gesucht haben“, erklärte Selmak. „Wir haben immer vermutet, dass Aton aus seinem Grab entkam, aber obwohl die Tempelpriester die Galaxis seit Tausenden von Jahren durchsuchten, wurde niemals auch nur eine Spur des Planeten gefunden, den er zu seiner Basis gemacht hat.“
„Und Daniel hat euch diese Information verschafft?“ fragte Jack, blickte erstaunt von Selmak zu Daniel.
„Tatsächlich hat Dr. Jackson nicht nur die Adresse der Welt gefunden, auf der Aton zuerst Zuflucht gesucht hat. Er hat auch Inschriften entdeckt, die Hinweise lieferten, wo wir seine Basis finden konnten.“
„Und ... haben Sie sie gefunden?“ erkundigte sich Hammond.
„Während wir sprechen, umkreisen Tok’ra-Schiffe den fraglichen Planeten, Vengera. Sie berichteten, dass Aton eine Menge Gefolgsleute versammelt hat und einen Angriff auf die Erde plant, die ihn vertrieben hat.“
„Auf uns?“
Jack blickte fragend zu Daniel. Der besprach sich kurz mit Selmak, nickte dann.
Selmak fuhr fort: „Wir besitzen das Überraschungsmoment und mit deiner Hilfe können wir diese Bedrohung für die Erde und die Allianz der Systemlords eliminieren.“
„Die bekommen Sie“, versicherte Hammond Selmak.

Der Tok’ra verbeugte sich und erlaubte wieder Jacob Carter, frei zu sprechen. „George, wir können Aton und seinen Planeten in die Luft jagen.“
„Wie?“ wollte Jack wissen, unsicher, welche Art von Plan den Tok’ra vorschwebte.
„Wir benutzen Prometheus“, erklärte Jacob.
„Und wie soll das einen ganzen Planeten zerstören?“ Jack wusste ganz genau, dass Prometheus nicht dafür vorgesehen war, Waffen zu führen.
„Die Tok’ra haben eine Bombe entwickelt, die Naquadah benutzt. Die bringen wir an Bord und fliegen unter Benutzung der Tarntechnologie in den Orbit um Vengera, setzen die Bombe ab und verschwinden wie der Teufel von dort, bevor sie explodiert“, sagte Jacob genießerisch.
Jack O’Neill und George Hammond wechselten Blicke.
„Es könnte funktionieren“, meinte Jack.

Hammond überdachte einen Moment lang das Vorhaben, bevor er seine Entscheidung traf. „Ich muss das Okay des Präsidenten einholen“, sagte er, „aber wenn die Stabschefs einverstanden sind, haben Sie grünes Licht.“
Jack boxte in die Luft. „Ja!“ brüllte er, bemerkte dann, dass Jacob, Hammond und Daniel ihn angrinsten. „Entschuldigung, Sir“, murmelte er, ließ seinen Arm sinken.

Selmak meldete sich zurück und sprach direkt zu Daniel. „Dr. Jackson, der Hohe Rat der Tok’ra möchte dir durch mich seine höchste Ehrung zuteil werden lassen“, verkündete er, präsentierte Daniel eine goldene Medaille. „Darf ich?“ bat er, beugte sich vor und legte den Orden um Daniels Hals.
„Wow ... danke“, murmelte Daniel, errötete bei der Ehre, die ihm erwiesen wurde.
„Hey, Medaillen-Mann“, hänselte Jack, wollte die Situation auflockern, obwohl Tränen seine braunen Augen füllten.
Daniel sah ihn mit gerunzelter Stirn an, bevor er Selmak antwortete. „Bitte, sag dem Hohen Rat von mir Danke, Selmak. Es ist mir eine Ehre, das zu akzeptieren“, meinte er, streckte seine Hand aus.
Selmak schüttelte sie, senkte dann seinen Kopf und ließ Jacob seine Gratulation hinzufügen.


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„Ich glaube das einfach nicht, Daniel“, sagte Jack, während die beiden Männer später an diesem Abend heimfuhren.
„Glaubst was nicht?“ fragte Daniel, winselte, weil Jack eine Katze knapp verpasste, welche die Straße überquerte.
„Du sitzt in diesem Rollstuhl, du kannst nicht gehen, du kannst dich nicht allein anziehen, du kannst nicht mal selbst pinkeln. Du brauchst für jede Kleinigkeit Hilfe. Und trotzdem bringst du es fertig, den Planeten zu retten“, stöhnte Jack.
Daniel kicherte. „Manche von uns haben es eben und manche von uns haben es nicht, Jack“, spöttelte er.
Jack schüttelte lachend seinen Kopf. „Wenigstens ist das Leben mit dir niemals langweilig“, meinte er. „Das Leben ist eine lange Entdeckungsreise.“
Daniel schloss sich dem Gelächter an. „Dem stimme ich zu“, sagte er.

ENDE
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