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SG Atlantis: Pandora von Christian

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Kapitel 3: Kerguelen


--- Indischer Ozean, 27. Januar 2002, 04:45 Uhr Ortszeit ---


Der kleine Gleiter raste in weniger als zehn Metern Höhe über die dunklen Wellenkämme hinweg. An Bord befanden sich Zak, Larrissa und der Fremde, der sich als Altean zu erkennen gegeben hatte. Durch die Pilotenkanzel konnten sie einen feinen rötlichen Schimmer am östlichen Horizont erkennen: der neue Morgen, dem sie unaufhaltsam entgegenflogen.

Zak war sprachlos von den Ereignissen der letzten halben Stunde. Altean hatte seine Mikrowelle - eine alte Amada Radarange - mit wenigen Handgriffen in ihre Einzelteile zerlegt und aus diesen in Windeseile einen Handapparat gebastelt, der ihm die Fähigkeit verlieh, buchstäblich durch Wände zu gehen! Und indem sie sich alle bei den Händen gefaßt hatten, war es ihnen gelungen, unbemerkt zu fliehen (wenn man von der alten Dame im Nachbarhaus absah, die wahrscheinlich den Schreck ihres Lebens erlitten hatte). Zak konnte sich die dazu passende Schlagzeile bildlich vorstellen: ‚Sensationsreporter entkommt schießwütigen Illuminaten mit Hilfe von Radarange-Phaser!'

Kurz darauf waren sie im Golden Gate Park angelangt, wo Alteans getarnter Raumgleiter stand. Eine Minute später ließen sie Kalifornien hinter sich zurück, fünf Minuten später überflogen sie Miami und fünfzehn Minuten später erreichten sie die Westküste von Afrika. Indessen war die Sonne wie in einem Zeitraffer hinter ihnen gesunken und die Nacht brach über sie herein.

Aus Tante Catherines Mund von dieser Wundertechnologie zu hören, war die eine Sache, aber sie wirklich am eigenen Leib zu erleben, eine ganz andere. Wenn er bis jetzt auch nur den leisesten Zweifel an dieser ganzen verrückten Geschichte gehabt hatte, war dieser nun wie weggefegt. Was er hier miterlebte, war einfach SEN-SA-TIO-NELL! Das würde ihm mit Sicherheit den Pulitzerpreis einbringen. Und eine Titelstory im Peoples Magazine noch dazu!

Larrissa zeigte sich mal wieder weniger beeindruckt. ‚Alles nur Fassade!', dachte Zak bei sich.

Larrissa: "Also gut, was geschieht als nächstes?"

Altean: "Ich bringe euch zu einem Ort, an dem wir absolut ungestört sind. Dort kannst du dich der Wanzen entledigen und sie untersuchen. Sofern du dich mit solcher Elektronik auskennst."

Larrissa: "Ja."

Zak: "Wie bitte? Ja? Einfach nur ja?"

Larrissa: "Ja. Erwarte nicht, dass ich mehr darüber erzähle. Ich müßte dich danach töten."

Zak: "Du warst in einer Spezialeinheit? Das ist ja interessant."

Altean: "Black Ops, um genau zu sein. Projekt Ultra."

Larrissa: "Nie gehört. Wie kommst du auf diese wirre Idee?"

Altean: "Oh, euer Internet ist ein wahrer Informationsschatz, wenn man die richtigen Codebrecher benutzt."

Larrissa: "Wie bitte?!? Niemand ist in der Lage ..."

Zak: "Vergiß nicht, dass wir es hier mit einem Außerirdischen zu tun haben ..."

Larrissa (seufzt): "Ja ... natürlich ..."

Altean: "Sobald wir also eine gewisse Vertrauensbasis hergestellt haben ..."

Larrissa: "Einen Moment mal! Du stellst andere Leute als Verräter hin und erwartest dann, dass wir DIR glauben? Für wie leichtgläubig hältst du uns eigentlich?"

Zak: "Da muß ich Larrissa zustimmen. So leichtgläubig sind wir nicht."

Altean: "Soso. So leichtgläubig seid ihr nicht. Nun denn, wenn wir also immerhin festgestellt haben, dass wir nicht umittelbar den Tod des jeweils anderen anstreben, dann können wir vielleicht zusammenarbeiten."

Larrissa: "Inwieweit?"

Altean: "Nun, ob ihr es glaubt oder nicht, aber ich tappe im Moment genauso im Dunkeln wie ihr. Ich muß unbedingt herausfinden, welche Machtgruppen hier am Werk sind und welche Pläne sie verfolgen. Außerdem muß ich wissen was in ... äh ... letzter Zeit passiert ist. So innerhalb der letzten paar tausend Jahre, um genau zu sein. Ihr dagegen habt sicher auch eine Menge Fragen, die ich beantworten kann. Ich schlage deshalb vor, dass wir uns abwechselnd gegenseitig Fragen stellen und diese nach bestem Wissen und Gewissen beantworten."

Larrissa: "Ich dachte, unser Internet wäre ein wahrer Informationsschatz?"

Altean: "Leider nicht im Bezug auf die Dinge, die mich wirklich interessieren."

Zak: "Okay, dann möchte ich die erste Frage stellen!"

Altean: "Einverstanden."

Zak: "Wer oder was sind diese Roboterwesen, die in der großen Pyramide von Giseh wüten?"

(Schweigen)

Altean: "Roboterwesen?"

Zak: "Hey, so war das nicht abgemacht! Ich will eine Antwort, keine Gegenfrage!"

Larrissa: "Laß gut sein, Zak. Siehst du nicht, wie sehr ihn diese Frage erschüttert hat?"

Zak: "Du weißt die Antwort nicht?"

Altean: "Doch. Doch ... ich glaube ich kenne die Antwort. Aber ich muß ganz sichergehen. Was meinst du mit ‚wüten'?"

Zak: "Naja. Wüten eben. Herumrandalieren. Leuten die Köpfe abreißen ..." (schüttelt sich)

Altean: "Es sind Sentinels."

Larrissa: "Wächter?"

Altean: "Genau. Vor ... langer Zeit lebte mein Volk auf diesem Planeten, den ihr Erde nennt. Wir hatten überall auf dem Planeten verteilt unsere Stützpunkte."

Zak: "Dein Volk? Die Goa'uld?"

Altean: "Nein, nicht die Goa-Uld ... Hm ... du sprichst das Wort ‚Goa-Uld' eigenartig aus. Aber laß mich erst deine Frage zuende beantworten. Der Name meines Volkes lautet in eurer Sprache ‚Antiker'. Wir hatten über den gesamten Planeten verteilt unsere Stützpunkte. Aber wir waren wenige, also hatten wir eine Menge Androiden, die uns zu Diensten waren. Für unseren Schutz sorgten die Sentinels."

Zak: "Roboter?"

Altean: "Kampfroboter. Hochintelligente Kampfroboter. Mein Volk hat sich sehr umfassen mit der Erschaffung und Manipulation künstlicher und halborganischer Lebensformen beschäftigt."

Zak: "Und warum töten sie jetzt Menschen? Sind sie außer Kontrolle geraten?"

Altean: "Ich weiß es nicht. Aber das war soweit ich mich erinnern kann auch nicht Bestandteil deiner Frage."

Zak: "Oh."

Altean: "Nun bin ich an der Reihe. Was sind eurer Meinung nach die Goa-Uld?"

Zak: "Goa'uld. Sie sind Würmer, die in den Körper eines Menschen eindringen können, um ihn dann zu kontrollieren. Außerdem sind sie falsche Götter, die vor langer Zeit über die Menschheit geherrscht haben - ob das vor oder nach deinem Volk war weiß ich nicht."

Altean: "Ich kann dir versichern, dass mein Volk niemals soetwas zugelassen hätte."

Zak: "Naja, auf jeden Fall sind sie von den Menschen vertrieben worden. Von der Bruderschaft vom Auge Ras, um genau zu sein. Das war vor etwa 6.000 Jahren. Inzwischen herrschen sie hier nicht mehr, dafür aber in der gesamten restlichen Galaxie, soweit ich das verstanden habe. Aber das müßtest du eigentlich wissen, denn einer von ihnen ist ... war ... Tanith."

Larrissa: "Und du siehst Tanith verteufelt ähnlich."

Altean: "Darf ich das als Frage auffassen?"

Larrissa: "Also gut. Wer genau bist du und was ist mit Tanith geschehen?"

Altean: "Ich bin Altean, ein Antiker. Ich habe vor mehr als 6.000 Jahren gelebt. Wann genau, weiß ich leider immer noch nicht, aber ich werde es herausfinden. Ich habe auf diesem Planeten gelebt und geforscht. Ich war ein Wissenschaftler. Mein Hauptforschungsbereich umfaßte eine Möglichkeit, den drohenden Untergang meines Volkes abzuwenden."

Zak: "Untergang?"

Altean: "Ja. Das Ende meiner Rasse. Wir spürten, dass es nahe war. Also arbeiteten wir an Wegen, unser Leben zu verlängern oder wenigstens noch etwas Zeit zu erkaufen. Meine wissenschaftliche Projekte befaßten sich mit den Goa-Uld."

Larrissa: "Wie das?"

Altean: "Ihr müßt verstehen als was ich die Goa-Uld betrachte. Sie sind Würmer vom Planeten Goa II. Daher der Name. Goa - Uld. Sie sind Parasiten, die in humanoide Lebensformen eindringen und mit diesen in einer symbiotischen Beziehung leben, die allerdings vollständig vom Goa-Uld gelenkt wird. Im Körper eines Humanoiden verfügt ein Goa-Uld über eine erstaunliche Regenerationsfähigkeit. Dazu kommt ein phantastisches Gedächtnis. Ein Goa-Uld vergißt niemals etwas und wird bereits mit dem Wissen seiner Eltern geboren. Für mich als Forscher war außerdem die Tatsache interessant, dass man das Bewußtsein eines Goa-Uld vollständig umprogrammieren kann. Und ich erzielte einen Durchbruch. Es gelang mir, die Kopie des Bewußtseins einer Versuchsperson vollständig auf einen Goa-Uld zu übertragen und den Wurm außerdem mit Hilfe von Nanoimplantaten so zu verbessern, dass seine Lebensdauer theoretisch unbegrenzt war."

Larrissa: "Hört sich unmenschlich an."

Altean: "Es war definitiv eine Grenzwissenschaft. Solche Versuche wären niemals vom Großen Konzil gebilligt worden, wäre es nicht um das Überleben unserer Rasse gegangen."

Zak: "Ich wage es gar nicht zu fragen, aber die Versuchsperson war ...?"

Altean: "Die Versuchsperson war ich."

Zak: "Und was passierte danach?"

Altean: "Ich weiß es nicht. Ich bin das Versuchsexemplar, verstehst du? Ich bin ein Goa-Uld-Symbiont, mit Nanoimplantaten verbessert und mit dem Bewußtsein meines Schöpfers versehen. Ich BIN in jeder Hinsicht Altean, und doch bin ich es nicht. Der Versuch war erfolgreich. Und gleichzeitig ein Fehlschlag."

Larrissa: "Du hast keine Ahnung was aus dem echten Altean und den Antikern geworden ist?"

Altean: "Nein. Keine."

Larrissa: "Und Tanith?"

Altean: "Ich habe ihn ausgeschaltet."

Larrissa: "Wie?"

Altean: "Ich war in der Büchse. Er hat sie geöffnet."

Larrissa: "Die Büchse! Die Büchse der Pandora!"

Altean: "Ja. Projekt Pandora. So hieß meine damalige Versuchsreihe. Die Büchse ist ein Stasisbehälter. Ich kann nur vermuten, dass man mich darin aufbewahrt hat. Ihr müßt verstehen, dass es für einen Antiker ein unvorstellbarer Frevel wäre, ein und die selbe Persönlichkeit in verschiedenen Körpern gleichzeitig am Leben zu wissen. Es widerspricht unserer Ethik."

Zak: "Und trotzdem hast du genau in diesem Bereich geforscht!"

Altean: "Ja. Es zeigt, wie tief meine Rasse in ihrer Verzweiflung gesunken ist. Vielleicht ... vielleicht sind meinem Schöpfer ja damals Zweifel gekommen und er hat beschlossen das Ergebnis des Experiments geheimzuhalten."

Zak: "Was für eine Geschichte! Völlig verrückt!"

Larrissa: "Ja. Aber verrückt genug dass sie stimmen könnte. Was ist das für eine Insel da vor uns?"

Altean: "Kerguelen Island. Der Ort der am weitesten von allem entfernt ist. Dort befindet sich außerdem eine unserer Stationen. Leider wird es jedoch nicht so einfach dort einzudringen wie ich gedacht habe."

Larrissa: "Warum das?"

Zak: "Sentinels."

Altean: "Exakt! Wenn sie in Ägypten ‚wüten', wüten sie wahrscheinlich auch hier. Aber wir müssen es riskieren. Ich muß unbedingt herausfinden, was mit Atlantis geschehen ist."

Zak: "Wie bitte? Atlantis?"

Altean: "Dort befinden sich meine Labore. Dort sind alle Informationen, die ich suche. Und auch alle Informationen die ihr sucht."

Zak: "Okay, okay! Schon gut. Aber Atlantis? Das ist ja ... völlig daneben."

Altean: "Wieso?"

Zak: "Das weiß doch jeder! Ich meine ... Atlantis ist untergegangen. Futsch. Tief unten auf dem Grund des atlantischen Ozeans. Falls es überhaupt stimmt. Ich meine ... was ich damit sagen will: Atlantis ist ein Mythos. Die MUTTER aller Mythen! Du kannst nicht im Ernst glauben, dass ich ..."

Altean: "Ilpotua Mon-Kai ptoun... "

Zak : "Was war das?"

Altean: "Nichts, nichts. Wir landen gleich. Kommt ihr mit mir oder nicht?"


--- Kerguelen Island, 27. Januar 2002, 05:15 Uhr Ortszeit ---


Erst im letzten Moment zog der Gleiter hoch und fegte dicht über die gischtumtobten Klippen hinweg. Den Insaßen bot sich das Bild einer urtümlichen, subpolaren Landschaft voller kräftiger Farben: das leuchtende Blau des jungen Morgenhimmels, das Tiefschwarz der zerklüfteten, vom Wind zerfressenen Felsen und das Grün der kargen Büsche und Heidekräuter, die kaum mehr als eine Handbreit über den Boden aufragten. Die Umgebung konnte eine gewisse außerirdische Qualität nicht verleugnen. Man hatte nicht mehr das Gefühl, sich noch auf der Erde zu befinden.

Altean schien die Gedanken seiner Begleiter zu lesen: "Laßt euch von diesem Anblick nicht täuschen. Ich habe auf dem Scanner einige Siedlungen ausgemacht. Wir müssen darauf achten, dass wir nicht zuviel Aufmerksamkeit erregen."

"Die Leute hier sind bestimmt friedlich", sagte Zak.

"Da wäre ich mir nicht so sicher", erwiderte Larrissa, "Wenn man so weit von der Zivilisation entfernt lebt, dann geht einem die Wildheit des Ortes in Fleisch und Blut über. Und man entwickelt eine gewisse Abneigung gegen Fremde. Am besten machen wir einen großen Bogen um diese Siedlungen."

"Niemand wird uns stören", sagte Altean, während er zur Landung ansetzte. "Der Eingang zur Forschungseinrichtung liegt sehr weit von der nächsten Siedlung entfernt."

Einen Moment lang hing der Gleiter regungslos in der Luft, dann fuhr er sein Fahrwerk aus und senkte sich langsam auf den Boden hinab. Die Pilotenkanzel öffnete sich und die drei stiegen aus.

"Ein gutes Gefühl, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Auch wenn es auf Kerguelen Island ist." Nachdenklich kratzte er sich am Kopf. "Kerguelen." Es nutzte nichts. Selbst wenn er die unglaubliche Tatsache laut aussprach, wirkte das ganze immer noch wie ein verrückter Fiebertraum. Zak seufzte. Es würde wohl noch eine Weile dauern, bis er sich daran gewöhnt hatte.

In der Zwischenzeit hatte Altean einen Knopf an seinem Armband betätigt. Eine Ladeluke fuhr zurück und gab den Blick auf einen kleinen Lagerraum am Heck des Gleiters frei. Er griff hinein und holte eine metallglänzende Kiste hervor. "Ich hatte nicht viel Zeit, also habe ich einfach alles eingepackt, was mir irgendwie von Nutzen erschien." Er öffnete die Kiste und zog ein paar seltsame Geräte hervor.

"Die kommen mir bekannt vor", sagte Larissa und deutete auf eine der kobraförmigen Waffen. "Ein Schuß aus der da hat mich in Südamerika erwischt. Das sind Betäubungswaffen."

"Richtig, aber nur beim ersten Treffer. Mehrere Treffer sind dagegen unweigerlich tödlich und vermögen sogar Materie aufzulösen", entgegnete Altean.

"Die Beschreibung kommt mir bekannt vor", sagte Zak und schnappte sich eine der Waffen. "Davon hat Tante Catherine erzählt. Zat'Ne .... Zat'Na ... Zat ... Hm ... irgendwas mit Zat jedenfalls. Hey, schau mich nicht so an!"

"Wie schaue ich dich denn an?", fragte Altean.

"Herablassend! Den Blick kenne ich ganz genau!"

Altean zuckte mit den Schultern: "Es ist völlig egal, wie diese Waffen genannt werden. Ich habe sie so modifiziert, dass ihre Schußrate deutlich höher liegt und sie schon mit einem Schuß verherenden Schaden anrichten können, selbst bei einem Sentinel."

"Nein danke", sagte Larrissa, "ich verlasse mich lieber auf meine Nahkampfkünste."

"Du hast diese Roboter nicht gesehen, Larrissa!", erinnerte sie Zak. "Rasiermesserscharfe, stahlharte Greifklauen. Da hast du mit Karate keine Chance."

"Krav Maga. Karate ist für kleine Kinder." Larrissa nahm zwei der Zat-Waffen und befestigte sie an ihrem Gürtel. "Aber du hast ganz recht. Besser man ist auf das Schlimmste vorbereitet. Gibt es sonst noch irgendetwas Nützliches in deinem Arsenal, Altean, oder hast du nur Waffen eingepackt?"

"Ich habe immer noch den Phasenunterbrecher, mit dem man durch Wände laufen kann und meinen tragbaren Scanner. Und diese Kommunikationskapseln hier. Sie ermöglichen uns nicht nur eine lautlose Kommunikation, sondern verleihen uns außerdem die Möglichkeit, das zu sehen, was die anderen im Team sehen."

"Wo werden die befestigt?"

"Gar nicht. Sie sind zum Einnehmen."

"Und wer garantiert mir, dass du mich nicht vergiften willst?"

"Niemand. Wenn du mir jetzt immer noch nicht das geringste Vertrauen entgegenbringst, sollte ich wohl doch besser allein gehen."

"Schon gut."

"Okay, können wir?", wollte Zak wissen.

"Ähm, Zak?"

"Ja, Larrissa?"

"Hast du irgendeine Form von Kampfausbildung erhalten?"

Zak zögerte. "Nein. Keine."

"Und du, Altean?"

"Ich habe alle Kenntnisse meines Schöpfers, und die Nano-Implantate in meinem Körper erhöhen meine Kampfkraft um ein Vielfaches."

Larrissa nickte. "Gut. Und du", wandte sie sich an Zak, "wirst dich zurückhalten und nicht den Helden spielen, verstanden? Das hier ist kein Spiel. Außerdem brauchen wir noch jemanden, der später von unseren Heldentaten berichten kann."

"Yes, M'am."


--- Kerguelen Island, 27. Januar 2002, 05:35 Uhr Ortszeit ---


"Es ist wirklich erstaunlich, wie wenig sich die Umgebung in den über 5000 Jahren verändert hat", stellte Altean erstaunt fest. "Ich kann mich zum Beispiel noch ganz genau an diesen Hügel hier erinnern. Gleich dort unten im Tal müßte der Eingang liegen."

"Warum sind wir nicht gleich dort gelandet?", wollte Zak wissen.

"Weil ich kein Risiko eingehen wollte. Wer weiß, ob sich nicht doch irgendetwas verändert hat."

Langsam stiegen sie in das Tal hinab. Auch hier bot sich ihnen das selbe Bild einer urwüchsigen Landschaft, die nur aus Felsen und Gestrüpp zu bestehen schien, an dieser Stelle durchschnitten von einem kleinen Bach. Außer einigen Seevögeln waren ihnen bis jetzt keine Inselbewohner begegnet.

Altean hielt vor einem Felseinschnitt an und warf einen prüfenden Blick auf seinen Scanner. "Wir sind da."

"Nichts zu sehen. Ist der Eingang getarnt?"

"Könnte man so ausdrücken. Es gibt keinen Eingang. Kannst du dir eine bessere Tarnung vorstellen?"

"Und wie ...?"

Altean tippte auf den Radarange-Phasenunterbrecher: "Wir können durch Wände gehen."

"Ja, richtig. Ähm ... bevor ich mich wieder dieser Teufelsmaschine anvertraue, möchte ich aber eine Frage beantwortet haben."

"Nur zu."

"Dieses Gerät erlaubt es uns, durch WÄNDE zu gehen ..."

"Richtig."

"... und warum fallen wir dann nicht einfach durch den Boden, wenn wir es einschalten?"

"Durch den Boden? Ach so. Hm, wie soll ich das in einfachen Worten erklären? Laß es mich so formulieren: Das Gerät funktioniert nur senkrecht zum Schwerkraftfeld. Für alles andere reicht seine Energie bei weitem nicht aus."

"Wo wir gerade von Energie sprechen, wieviel Schuß haben eigentlich diese Zat-Waffen?"

"Voll aufgeladen verfügen sie über 10 hoch 12 Ladungen."

"Wow."

"Können wir?"

***

Wie ein Flüstern glitten die drei Gestalten durch den Fels und materialisierten in einem röhrenförmigen Gang, der von einem gespenstischen roten Notlicht erhellt wurde. Das Licht entstammte einer Reihe von Röhren, die auf Kopfhöhe in die Wände eingelassen war. Die Luft hatte etwas klinisches an sich und zeugte von den Jahrtausenden, in denen sie durch die Wiederaufbereitungssystem zirkuliert war, ohne von einem einzigen Lebewesen geatmet zu werden. Es war kalt.

"Es ist ja kälter hier drin als draußen!", beschwerte sich Zak.

Larrissa warf ihm einen bösen Blick zu und deutete ihm an, nicht so einen Lärm zu machen. Langsam bewegte sich sich tiefer in den Gang hinein und sicherte nach allen Seiten.

"12 Grad Celsius", erklärte Altean flüsternd. "Das ist die Temperatur, in der sich mein Volk am wohlsten fühlte." Er schaute sich um. "Wenn ich mich recht ersinne, müssen wir dem Gang in dieser Richtung folgen, bis er auf eine größere Speiche trifft, die uns direkt ins Zentrum der Anlage führt."

Schweigend folgten sie dem Gang, bis sie an eine Schiebetür kamen, die sich automatisch öffnete, als sie näher kamen. Dahinter erblickten sie eine viel größere Röhe mit einem Durchmesser von über zehn Metern, die quer zu ihrer Bewegungsrichtung verlief. Eine Art Laufsteg führte enlang der Röhrenwand in düstere Entfernungen. Gleichzeitig drangen ihnen Geräusche und Gerüche an Ohren und Nase, die sie nicht einordnen konnten. Auch Altean zuckte nur mit den Achseln. Eines schien jedoch sicher - hier stimmte etwas ganz und gar nicht.

"Gibt es hier so etwas wie einen Alarm?", wollte Larrissa wissen.

"Wenn ja, dann haben wir ihn gerade ausgelöst", antwortete Altean.

"Sag mal, kennst du dich hier aus oder nicht?"

"Das hier ist nicht meine Basis. Ich war hier einige Male zu Besuch. Aber das ist lange her - wie du inzwischen weißt. Ich habe keine Ahnung,über welche Sicherheitssysteme diese Anlage verfügt."

"Sentinels?"

"Mit Sicherheit! Aber wären die Sentinels aktiv, wären wir schon auf sie gestoßen. Die Roboterwächter sind sehr gründlich."

Zak betrachtete die Reliefs an den Wänden: "All das hier sieht aus wie ... wie ..."

"... wie nichts was du bisher gesehen hast", half ihm Larrissa aus.

"Ja, schon. Aber gleichzeitig wirkt es auch ziemlich irdisch. Und altertümlich. Ich habe nicht den Eindruck, in einer hochmodernen Anlage zu stehen."

"Eure Vorfahren haben sicher vieles von unserer Architektur übernommen. Einige von ihnen verehrten uns wie Götter", erklärte Altean.

"Und das war euch nicht unangenehm?"

"Ein wenig schon. Aber solange kein Schaden daraus entstand, haben wir es hingenommen. Es ist nämlich fast unmöglich, einen Wilden davon zu überzeugen, dass man KEIN Gott ist."

"Du hältst uns also für Wilde."

Altean sah Zak an. Der Blick allein sprach Bände. Dennoch fügte er hinzu: "Die Religionsgläubigkeit von Urkulturen erfüllt erwiesenermaßen einige wichtige soziale Funktionen, dennoch ist sie nichts weiter als eine Massenpsychose. Aber keine Sorge, auch ihr Menschen werdet das eines Tages lernen. Und dann steht eurer Fortentwicklung nichts im Wege." Und damit ließ er Zak einfach stehen.

"...!"

Larrissa klopfte Zak beruhigend auf die Schultern: "Wahrscheinlich ist das seine Art dir zu sagen dass er dich mag. Kommst du?"


--- Außerhalb des Universums, kein Zeiteintrag ---


Schwer und mächtig wie ein roter Riesenstern flossen die Gedanken der Noo-Sphäre dahin. Klar, deutlich und fundiert, jenseits jeder menschlichen Vorstellungskraft. Alle Erkenntnisse hatten ewigen Bestand, kein Gedanke mußte zweimal formuliert werden.

Wie wollte man diesen Ort beschreiben, an dem Zeit und Raum ihre Bedeutung verloren hatten? Unendlich groß und unendlich klein. Überall und nirgends. Allbedeutend und unerheblich. Und nichts dazwischen.

Doch das Ganze war nicht universell. Es bestand aus einer gewaltigen Zahl einzelner Bewußtseine, von denen einige noch so jung waren, dass sie der Sphäre erst seit wenigen Herzschlägen angehörten. Herzschläge, die in Jahrtausenden gemessen wurden.

Eines dieser Bewußtseine verspürte plötzlich einen bekannten Klang; wie ein Echo, dass sich durch das Gewebe des Raums und Nicht-Raums fortpflanzte. Also löste es sich von der Sphäre und machte sich auf den Weg in die Existenz, magisch angezogen von dieser winzig kleinen Entität, die ihm so vertraut war.


--- Kerguelen-Forschungsanlage, 27. Januar 2002, 06:15 Uhr Ortszeit ---


Innerhalb einer halbe Stunde hatten sie eine beträchtliche Wegstrecke zurückgelegt, ohne auf irgendwelche Aktivitäten zu stoßen. Der Komplex erwies sich als riesig ... und monoton. Sie hatten Quartiere und Aufenthaltsräume passiert, die allesamt verlassen dalagen. Die "Computerterminals" - wie Altean einige seltsame Objekte nannte, die immer wieder einmal in die Wände eingelassen waren,- gaben ebenfalls kein Lebenszeichen von sich. Inzwischen führte sie Altean zu dem Ort, an dem er die zentrale Energie- und Steuereinrichtung vermutete.

"Das gefällt mir ganz und gar nicht", sagte Larrissa, der die Nackenhaare zu Berge standen. "Wenn das ein Hinterhalt ist, kommen wir hier niemals lebend wieder heraus."

Altean erwiderte nichts, sondern blickte voller Erstaunen auf einige Klappen in der Wand, die blitzschnell hochfuhren. Kleine Wesen, kaum größer als 30 Zentimeter, schälten sich aus den Schatten hervor und gingen zum Angriff über. Sie ähnelten Spinnen, allerdings entsprang ihrem Leib ein humanoider Oberkörper, an denen ein gefährlich glitzerndes Armpaar mit messerscharfen Greifklauen befestigt war. Mit ihren Spinnenbeinen erzeugten sie ein entnervendes metallisches Trommeln auf dem Boden, bis die vordersten von ihnen aprupt stehen blieben, um die letzten paar Meter bis zu ihren Zielen im Sprung fortzusetzen.

Bevor es jedoch soweit kam, taten die umgebauten Zat-Waffen ihre Wirkung. Blitze zuckten in unablässiger Folge und verwandelte die Metallspinnen in kleinste Schrott-Teilchen, die durch die Luft sausten, ohne weiteren Schaden anzurichten. Der Ozongeruch in der Luft wurde unerträglich.

"Rückzug!", rief Larrissa und wandte sich zur Flucht, wurde jedoch von Altean gestoppt: Auch hinter ihnen waren Kampfroboter erschienen und näherten sich ihnen unerbittlich.

"Wir sitzen in der Falle!", rief Altean. "Haltet euch an mir fest!"

Zak und Larrissa gehorchten, und Altean aktivierte den Phaser. In ihrer entstofflichten Form war es ihnen ein Leichtes, durch die Wand in einen parallel verlaufenden Gang zu springen. Mit einem gequälten Zischen gab das improvisierte Gerät zu erkennen, dass es für weitere Anwendungen nicht mehr zur Verfügung stand.

"Vor oder zurück?", fragte Larrissa.

"Definitiv vor!", antwortete Altean. "Der Rückweg ist viel zu weit. Wenn wir die Zentrale erreichen, haben wir vielleicht eine Chance, die Sentinels abzuschalten."

"Okay. Altean geht vor, ich sichere nach hinten. Vorwärts!"

Sie liefen los. Keine Sekunde zu früh, denn hinter ihnen öffneten sich erneut einige Wartungsklappen und entließen ihre tödlichen Verfolger. Immer wieder gab Larrissa Salven aus ihren Zat-Waffen ab und hielt die Spinnen damit auf Distanz. Von vorne kamen ihnen zum Glück keine weiteren Spinnen entgegen. So wie es aussah, waren sie gerade einem ausgeklügelten Hinterhalt entgangen, und die Maschinen mußten erst eine neue Taktik ausarbeiten. Das gab Grund zur Hoffnung. Solange sie den Sentinels immer einen Schritt voraus blieben, hatten sie eine Chance.

Sie erreichten einen großen Saal, der vielleicht so etwas wie eine Lagerhalle darstellte, denn einige kistenähnliche Objekte standen hier fein säuberlich aufgereiht herum. Niemand war zu sehen, aber den Geräuschen nach zu urteilen war der Feind nicht weit entfernt.

"Der Eingang zu den zentralen Räumen ist auf der anderen Seite", sagte Altean.

"Hm, unsere Verfolger bleiben zurück", merkte Larrissa an und warf einen mißtrauischen Blick in den Saal. "Laßt mich vorgehen."

"Und wenn es eine Falle ist?", fragte Zak.

"Fallen sind meine Spezialität", erwiderte Larrissa mit einem Lächeln. "Ich bin ein Grabräuber. Wenn es eine Falle ist, werde ich die Feinde ablenken, während ihr euch zur Zentrale durchschlagt."

Langsam und vorsichtig bewegte sie sich in den Gang, ihre Muskeln und Sinne bis zum äußersten angespannt. Alles blieb ruhig. Schritt für Schritt bewegte sie sich an den schweren Containern vorbei.

Da! Eine leichte Erschütterung. Irgendetwas ...

Der Behälter neben ihr platzte förmlich auf und sandte rasiermesserscharfe Splitter in alle Ecken des Raums, die Larrissa in Stücke gerissen hätten, wäre sie nicht geistesgegenwärtig davon gehechtet. Eine riesige Metallfaust, so groß wie Larrissa selbst, grub sich an der Stelle in den Boden, an der sie gerade noch gestanden hatte. Das Metallmonstrum, zu dem die Faust gehörte, war so groß wie ein Haus und so hart wie ein Panzer. Tückische rote Kamera-Augen suchten die Umgebung nach möglichen Feinden ab.

"Die spinnen, die Antiker", sagte Zak.

Larrissa sagte nichts. Sie sprang aus ihrer Deckung hervor und ging beidhändig feuernd zum Angriff über. Die Blitze hinterließen tiefe Furchen in der Oberfläche des Metallriesen, bremsten seine Angriffsbewegung aber in keinster Weise. Wieder zerschnitt seine tödliche Metallfaust die Luft und hätte Larrissa wie Papier zerschnitten, wenn sie sich nicht mit einer katzengleichen Rolle rückwärts aus dem Gefahrenbereich gebracht hätte.

"Los!", zischte Altean.

"Was? Bist du ...?", wehrte sich Zak, aber Altean zog ihn einfach mit. Während Larrissa weiter mit dem Metallmonstrum kämpfte, erreichten sie unbeschadet die andere Seite des Raums. Sie warfen sich durch die Tür und schlossen sie hinter sich.

Zum Glück erwartete sie kein weiterer Sentinel, sondern etwas, dass Zak mit viel Phantasie als Kommandozentrale erkannte. Als funktionierende Kommandozentrale! Überall blinkten verschiedenfarbige Lichter und auf holografischen "Monitoren" konnte man verschiedene Ansichten der Anlage erkennen. Sofort machte sich Altean an die Arbeit. Ein Kabel schoß aus seinem rechten Handgelenk und verband sich mit dem Computer.

Augenblicke später wandte er sich wieder an Zak, der die ganze Zeit mit einem mulmigen Gefühl die Tür im Auge behalten hatte: "Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht."

"Eine gute und eine schlechte Nachricht? Sag bloß dieser Ausspruch stammt von den Antikern."

"Ja. Aber das ist jetzt nicht so wichtig. Die gute Nachricht ist, dass wir etwas Zeit gewonnen haben, weil sich die Sentinels mit einem neuen Problem herumärgern müssen."

Zak verpaßte seinen Einsatz nicht: "Und die schlechte Nachricht?"

"Bei dem neuen Problem handelt es sich um eine Invasionsstreitmacht von Taniths früherem Auftraggeber. Anscheinend ist er mir schneller auf die Schliche gekommen als ich gedacht habe. Und hat es außerdem geschafft, meinen Aufenthaltsort herauszufinden. Ich vermute, dass der Gleiter einen Peilsender enthielt, den ich nicht gefunden habe."

"Oder sie haben Larrissas Peilsender erfaßt."

"Ja, das könnte sogar stimmen! Gut nachgedacht, Mon-Kai."

Zwei kurz aufeinanderfolgende Explosionen erschütterten den Raum und verhinderten, dass Zak die Frage stellen konnte, die ihm so sehr auf der Zunge brannte.

"Du mußt etwas tun!", rief er statt dessen. "Dieses Monstrum bringt sie noch um!"

"Ich versuche es ja schon die ganze Zeit!", erwiderte Altean genervt. Ein Blitz schoß aus dem Computer in seinen Arm und er wurde mit einem Schmerzensschrei zurückgeworfen. Dicker, öliger Dampf stieg aus der Konsole auf.

"Ich glaube ...", sagte Altean, dann wurde er bewußtlos. Zak war allein.


--- Außenseite der Kerguelen-Anlage, 27. Januar 2002, 06:40 Uhr Ortszeit ---


Der Rauch lichtete sich und gab ein Bild der Zerstörung frei.

Wo Altean und seine Begleiter in die Kerguelen-Anlage eingedrungen waren, ohne einen einzigen Stein zu verschieben, hatten die Jaffa unter Nexus' Kommando einen riesigen Krater in den Fels gerissen, bis sie fündig geworden waren. Der marmorweiße Boden war übersäht mit rauchenden Trümmern und den von Stabwaffen-Treffern zerfetzten Überresten der Sentinel. Die Roboterwächter hatten mit furchtbarer Raserei auf diese Störung ihrer Ruhe reagiert, und so säumten auch einige tote Jaffa den neugeschaffenen Eingang. Immer noch griffen vereinzelte Sentinels an, konnten jedoch der geballte Macht der Jaffa nichts mehr entgegensetzen. Der Rest hatte sich tiefer in die Anlage zurückgezogen und harrte der Dinge die da kommen mochten.

Nexus achtete nicht auf das Chaos, dass sich um ihn herum abspielte. Erhaben wie ein Gott schritt er über die Trümmer hinweg und ließ die Überreste der besiegten Sentinels unter seinen Stiefeln knirschen.

Ein sehr alter Gedanke strich durch sein kaltes, maschinenhaftes Bewußtsein. Ein Gott zu sein! Wie großartig und verlockend war ihm diese Vorstellung in all den tausend Jahren seiner alten Existenz erschienen, und wie wenig bedeutete es nun in seiner neuen Existenz. Der Wandel, den die Replikatoren an ihm vollzogen hatten, nachdem sein zerschmetterter Leib aus dem Raumschiff geborgen war, hatte auch seinen Geist verändert und in vielerlei Hinsicht seinen Horizont erweitert.

Er war niemals ein Gott gewesen, das wußte er nun, und er war auch jetzt kein Gott. Aber er besaß Macht. Wahre Macht, die er sich nicht nur einbildete sondern tatsächlich spüren konnte. Sie hatten ihren Geist mit ihm verschmolzen und aus dieser Verbindung war etwas hervorgegangen, das weit über die Summe der Teile hinausging. Aber war es nicht immer so? Wenn du deinen schlimmsten Feind nicht besiegen kannst, dann verbünde dich mit deinem zweitschlimmsten Feind.

Sein Haß auf die Tau'ri entsprang nicht nur seiner Existenz als Goa'uld, sondern auch dem Chor aus Milliarden von Stimmen in seinem Kopf, die er wie ein Dirigent zu lenken wußte. Er war Nexus.

Und Apophis war Vergangenheit.


--- Kerguelen-Forschungsanlage, 27. Januar 2002, 06:40 Uhr Ortszeit ---


Larrissa wischte sich den Ruß aus den Augen, während sie in die nächste Deckung lief. Der riesige Sentinel hatte inzwischen seine Taktik geändert und feuerte nun kleine, zielsuchende Raketen auf sie ab. Zum Glück für Larrissa waren diese Raketen nicht besonders genau. Das mußten sie aber auch gar nicht sein, denn ihre Explosion zerfetzte alles innerhalb eines Radius von zehn Metern, und der Roboter schoß sie immer in Zweiersalven ab. Während sich der Saal allmählich in eine brennende Hölle verwandelte, sanken Larrissas Überlebenschancen beträchtlich.

Eine weitere Explosion erschütterte den Raum und Larrissa flog in einer Wolke aus Rauch, Feuer und Metallsplitter durch die Luft. Sie kam hart mit der Schulter auf und nutzte ihre Bewegung, um hinter eine weitere Kiste zu rollen. Sekundenbruchteile später tauchte sie aus ihrer Deckung hervor und erwiderte das Feuer auf den Metallgiganten. Sie war jetzt wirklich sauer! So sauer dass sie noch nicht einmal das Blut bemerkte, das ihr in die Augen lief.

Durch den dichten Qualm konnte sie eine Gestalt ausmachen, die sich aus der Deckung löste und wild feuernd auf den riesigen Sentinel zulief. War das Altean? Nein, es war Zak! Verdammt, hatte sie ihm nicht ausdrücklich gesagt ....

Für weitere Überlegungen blieb keine Zeit, denn die nächste Raketensalve raste auf ihre Deckung zu, während sich der Roboter der neuen Gefahr zuwandte. Larrissa handelte ohne zu denken. Sie sprang auf die Füße und unterlief die beiden Raketen, die sich keine fünf Meter hinter ihr in einen Orkan aus Feuer verwandelten. Doch diesmal nutzte sie die Druckwelle zu ihrem Vorteil, sprang in die Höhe, landete auf einem größeren Container und überbrückte die Entfernung zwischen diesem und dem breiten Rücken des haushohen Metallriesen in einem gewagten Salto vorwärts.

Ein Ritt auf einem tobenden Bullen war nichts im Vergleich zu dem was nun folgte. Dennoch war es für Larrissa einfacher, sich an dem Ungetüm festzuhalten, als es für jeden außenstehenden Beobachter - zum Beispiel Zak, der hakenschlagend aus der Schlagreichweite der gewaltigen Fäuste zu entkommen versuchte - erscheinen mochte. Tobende Bullen verspeiste Larrissa zum Frühstück.

Eine Salve nach der anderen jagte sie direkt in die "Kopfgegend" ihres Gegners, ohne damit einen erkennbaren Erfolg zu erzielen. Gerade als sie gänzlich die Hoffnung aufgeben wollte, verlor sie auch noch den Halt und stürzte kopfüber in die Tiefe. Nur mit viel Glück gelang es ihr noch, sich mit einer Hand am "Kopf" der Bestie festzuhalten, dafür entglitt ihr jedoch eine der Zat-Waffen und verschwand für immer in Rauch und Qualm. Kurz baumelte sie direkt vor dem, was wohl als Gesicht dieser Monstrosität durchgehen sollte, dann sah sie aus dem Augenwinkel eine blitzschnelle Bewegung und ließ sich fallen.

Über ihr ertönte ein unmenschliches metallisches Kreischen, und der Metallriese sackte wie vom Blitz getroffen nach hinten weg. Larrissa landete auf den Füßen und drehte sich mit schussbereitem Zat um. Doch die Gefahr war vorüber - ihr Gegner hatte sich selbst k.o. geschlagen.

***

Während Altean langsam wieder zu Bewußtsein kam, versuchten seine gebeutelten Sinne das verschwommene Gesicht vor ihm zusammenzusetzen, doch wie auch immer sie sich bemühten, er erblickte immer nur sein eigenes Gesicht. Jedoch nicht das Gesicht von Tanith, sondern das von Altean. Vom alten Altean!

"Wach auf. Wach auf", sprach das Gesicht mit sanfter Stimme. "Öffne deine Augen. Erkenne die Wahrheit."

Und dann war der Spuk vorbei und Altean befand sich wieder dort, wo ihn sein Bewußtsein verlassen hatte: am Boden vor der Konsole liegend, die versucht hatte, mit einem Kurzschluß sein Gehirn zu rösten.

"Na, gut geschlafen?", fragte Larrissa, die gerade mit Zak durch die Tür hereinkam. Sie sah furchtbar aus, über und über mit kleinen und größeren Schnittwunden übersäht.

"Der Sentinel?"

"Hat sich selbst in Altmetall verwandelt."

"Du siehst nicht gut aus."

Larrissa rollte mit den Augen: "Das hat Zak auch gesagt. Könnt ihr Männer eigentlich an irgend etwas anderes denken als das Aussehen einer Lady? Die paar Kratzer werden mich schon nicht umbringen. Wir haben dringendere Probleme vor uns."

"Allerdings", stimmte ihr Altean zu und versuchte das klamme Gefühl abzuschütteln, dass ihm seine kurze Vision verursacht hatte. "Bevor die Konsole verrückt spielte, konnte ich noch eine Szene am äußeren Perimeter der Anlage mitansehen. Offensichtlich ist uns Nexus persönlich auf den Fersen."

"Nexus?"

"Taniths Auftraggeber. Oder besser gesagt Ex-Auftraggeber. Ich kann euch später mehr von ihm erzählen. Für den Moment genügt es zu wissen, dass er hinter uns her ist und ein ganzes Regiment Jaffa zu seiner Verfügung hat."

"Na bestens!", maulte Zak. "Das heißt wir sitzen hier in dieser unterirdischen Anlage fest, umringt von verrückt gewordenen Kampfrobotern und einem Haufen Jaffa, die uns ans verlängerte Rückgrat wollen."

"Eine gute Zusammenfassung", sagte Larrissa.

"Nicht wahr? Ich stelle mir die Schlagzeile etwa folgendermaßen vor: ‚Das Insel-Duell: Zak MacKraken gegen den Rest der Welt'."

"Wir müssen hier weg."

"Was ist mit dem Gleiter?"

"Der ist bestimmt inzwischen entdeckt worden. So oder so schaffen wir es auf keinen Fall lebend aus dieser Anlage hinaus."

"Wie stellst du dir dann unsere Flucht vor?"

"Nun ...", Altean deutete auf eine Plattform in der Ecke des Raums. "Wir könnten einen Transmiter benutzen."

"Beamen? Und wohin?"

"Am besten direkt nach Atlantis. Dort ist meine ganze Ausrüstung. Und ich kenne mich dort am besten aus."

"Worauf warten wir dann noch? Unsere Feinde können jeden Moment durch diese Tür da gestürmt kommen!"

"So einfach ist das leider nicht. Wir brauchen zuerst noch einen Transmiter-Schlüssel."

"Einen Schlüssel?"

"Naja, wie ein Schlüssel sieht er eigentlich nicht aus. Mehr wie ein kreisrundes Objekt, mit dem man den Transmiter aktivieren kann. Normalerweise trägt man es um den Hals."

"So wie ein Amulett?"

"Ja, so ähnlich ..."

Zak und Larrissa wechselten einen Blick, und Larrissa zuckte nur mit den Schultern: "Schlimmer als jetzt kann es wohl kaum werden."

Also zog Zak sein Amulett hervor: "Etwa so wie dieses Amulett hier?"

Altean standen die Haare zu Berge, als er das Amulett erblickte: "Das allsehende Auge!" Für einen Moment war er wie gelähmt, dann faßte er sich langsam wieder: "Wo hast du das her???"

"Lange Geschichte. Wenig Zeit."

"Ja, ja, du hast recht. Nun, das da, das ist mehr als ein einfacher Transmiter-Schlüssel. Aber es funktioniert wie einer. Jetzt haben wir eine Chance."

"Okay. Ich gebe es dir zwar nur ungern, aber du kannst sicher besser damit umgehen", sagte Zak und machte Anstalten, das Amulett abzunehmen, doch Altean hob nur abwehrend die Hände.

"Nein, nein! Behalt es ruhig. Ich würde niemals wagen ... nun ... ich kann das Amulett wahrscheinlich ohnehin nicht einsetzen. Geräte wie dieses verfügen über einen eingebauten Mechanismus, der die Benutzung durch niedere und gefährliche Rassen unterbindet."

"Und du würdest als eine solche erkannt werden, weil du aus einem Goa'uld-Wurm entwickelt wurdest?"

"Nein, das wahrscheinlich nicht. Aber ich trage immer noch den besiegten Goa-Uld namens Tanith in mir."

"Wieso das? Ich dachte der wäre tod?"

"Das ist ja alles sehr interessant", warf Larrissa ein, "aber können wir das bitte auf später verschieben? Mir wird der Boden allmählich zu heiß hier!"

"Richtig, das geht vor! Was muß ich tun?"

"Komm einfach mit." Gemeinsam traten sie auf die Plattform.

"Und jetzt?"

"Denk an Altantis. Und an die Kombination 2X2 ..."

Das Licht brach über sie hinweg und sie waren verschwunden.


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