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SG Atlantis: Pandora von Christian

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Kapitel Bemerkung: (c) www.stargate-atlantis-pandora.de
Kapitel 2: Offenbarungen


--- Stationäres Orbit über Südamerika, 25. Januar 2002, 18:10 Uhr Ortszeit ---


Tanith hatte sein Privatquartier seit Stunden nicht verlassen. Immer noch starrte er gierig auf die Büchse der Pandora. Welche Geheimnisse enthielt sie? Welche Gefahren? Vorsichtig strich er über die Markierungen an der Außenseite des Zylinders. Silber eingelegte Schriftzeichen, die er nicht lesen konnte. Doch er wußte, dass es die Schriftzeichen der Antiker waren, die uralten Schöpfer des Nexus, dem er diente. Die Antiker hatten vieles erschaffen, bevor sie sich von einem Tag auf den anderen wie einen Lufthauch aufgelöst und den Lauf der Geschichte verlassen hatten.

Hatten sie auch die Goa'uld erschaffen?

Irgendetwas bewegte sich. Es war die Büchse. Die Formen des Zylinders veränderten sich, wurden kantiger. Tanith sprang auf und ließ den Gegenstand auf seinen Schreibtisch fallen. Was hatte er getan? Hatte er versehentlich einen geheimen Mechanismus aktiviert? Oder war dies eine eingebaute Funktion, ausgelöst durch die Entwendung der Büchse von ihrem Ruheort?

Jetzt begann sich das Objekt zu öffnen wie ein Blütenkelch. Gebannt starrte Tanith auf die Öffnung. Ob gut oder schlecht, jetzt würde er ihr Geheimnis erfahren.

Dann schoß die Kreatur aus der Öffnung hervor! War das ein Goa'uld? Blitzartig versenkte sie sich in der empfindlichen Haut von Taniths Hals. Er wollte schreien, bekam aber keine Luft mehr. Schwer fiel er zu Boden, bäumte sich noch einige Male auf und erschlaffte dann.

***

Altean war für einen Moment orientierungslos. Im einen Moment war er in den Neuronalen Aufzeichner gestiegen und hatte die Übertragungs-Sequenz eingeleitet, die dem Symbionten sein Bewußtsein verleihen würden. Im nächsten Moment WAR er der Symbiont. Seine Nano-Implantate reagierten innerhalb von Millisekunden. Sie erfaßten die unbekannte, gefährliche Situation und handelten, bevor er selbst reagieren konnte. Er fühlte, wie er durch die Luft flog und in den fremden, humanoiden Organismus vor ihm eindrang.

Und dort war etwas. Etwas feindliches. Kein anderer atlantischer Symbiont. Ein Goa-Uld! Ein primitiver Schmarotzer. Wieder handelten die Nano-Implantate und griffen die Lebensform an, die sich erst heftig, dann immer schwächer zur Wehr setzte. Schließlich schafften sie es, den Goa-Uld auszulöschen - ohne ihn jedoch zu töten. Sein Bewußtsein war gelöscht und er stellte keine Gefahr mehr dar, doch sein wertvolles genetisches Gedächtnis war weitestgehend intakt geblieben - vielleicht würden sich hier einige Erkenntnisse über die Vorfälle gewinnen lassen.

Als sich Altean endlich an seine neue Daseinsform gewöhnt hatte, waren zwei Standard-Stunden vergangen. Mühsam richtete er sich auf, bewegte fremde Muskeln, nahm fremdartige Sinneseindrücke war. Offensichtlich befand er sich in einem Menschen. Was war geschehen? Wo war er? Dies hier sah nicht wie Atlantis aus. Der Boden vibrierte in einem vertrauten Summen. Ein Raumschiff? Er blickte sich im Raum um und bemerkte einige technische Gegenstände, die ihm vertraut vorkamen. Erzeugnisse seines Volkes. Und doch waren sie seltsam verändert und wiesen ein primitives Design auf, dass ihm unbekannt und übermäßig kompliziert erschien.

Ein Schwindelanfall suchte ihn heim und er mußte sich setzen. Das alles ergab überhaupt keinen Sinn! Offensichtlich war etwas schiefgelaufen. Nur was? Vielleicht konnte ihm ja das Kurzzeit-Gedächtnis des von ihm übernommenen Wirtskörpers weiterhelfen, bevor es endgültig verblaßte. Danach würde er sich wohl oder übel dem Gedächtnis des Goa-Uld widmen müssen. Ein schwieriges, langwieriges Unterfangen, falls er sich nicht die Ausrüstung der atlantischen Labore zunutze machen konnte. Doch dazu mußte er erst einmal herausfinden, wo er sich überhaupt befand. Instinktiv spürte er, dass ihm die Zeit davonlief.

Er musste diese Frau aufspüren, der Tanith den Pandora-Behälter abgenommen hatte, und er wusste auch schon wie ihm das gelingen würde. Aber zuvor hatte er noch etwas anderes zu erledigen ...


--- Flugzeug zwischen Kairo und San Francisco, 25. Januar 2002, 22:15 Uhr Bordzeit ---


Larrissa schreckte aus dem Schlaf hoch und für einen Moment spannten sich alle Muskeln ihres Körpers an, während sie die Situation einschätzte. Dann entspannte sie sich wieder. Keine unmittelbare Gefahr.

Sie befand sich an Bord eines Privatjets, flankiert von zwei gefährlich aussehenden Muskelprotzen, die angeblich nur zu ihrem Schutz anwesend waren. Statt dessen handelte es sich wohl eher um so etwas wie Gefängniswächter. Larrissa schätzte sie als gut ausgebildete Nahkämpfer ein - im Kampf gegen sie würden die beiden kaum länger als zehn Sekunden bestehen können. Aber sie legte es nicht auf einen Kampf an. Viel zu viele Dinge waren in den letzten Stunden passiert. Dinge, die einer Antwort bedurften.

Ihr gegenüber saß der Mann, der sie aus der großen Pyramide von Giseh "errettet" hatte. Er hatte sich als Sensationsreporter Zacharias McKraken ("Meine Freunde nennen mich Zak") vorgestellt. Wahrscheinlich ein Künstlername. Andererseits ... bei diesen verrückten Amerikanern konnte man nie wissen, vielleicht hieß er ja wirklich so. Der arme. Er machte einen blassen und schwächlichen Eindruck. Ein echter Waschlappen.

Als sie aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht war, hatte sie zuerst gedacht, sie wäre tot. Das hatte allerdings ganz und gar nicht zu dem staubigen, schäbigen Taxi gepasst, auf dessen Rücksitz sie gelegen hatte. Dieser Zak McKraken hatte auf dem Beifahrersitz gesessen und ihr rasch erzählt, was sich zugetragen hatte. In der großen Pyramide von Giseh waren irgendwelche Monstren erwacht und er hatte sie unter Todesgefahr und mit viel Glück dort herausgetragen. Und nun würden sie sich auf dem Weg in sein Hotel befinden, wo er seine Sachen packen und so schnell wie möglich von hier verschwinden würde.

Kairo! Sie hatte sich tatsächlich in Kairo befunden! Und wenn sie ihrer Uhr trauen konnte, war seit den Ereignissen im Azteken-Tempel nur eine knappe Stunde verstrichen. Diese unglaubliche Tatsache hatte erst einmal eine Weile gebraucht, um vollständig in ihr Bewusstsein einzusickern. Kein Mensch war in der Lage, die Strecke zwischen Brasilien und Ägypten in weniger als einer Stunde zurückzulegen - und das auch noch bewusstlos! Ihr standen nur drei Erklärungsmöglichkeiten zur Verfügung: Entweder sie hatte den Verstand verloren oder es handelte sich bei der ganzen Sache um einen sehr großangelegten Scherz. Oder aber es war alles wahr ... und das bedeutete ... sehr vieles. Viel mehr als nur eine Sensation, wie Zak es nannte. Ihr ganzes Weltbild wurde auf den Kopf gestellt.

Während sich das Taxi durch die Innenstadt von Kairo gequält hatte, war ihr klargeworden, dass tatsächlich die dritte Möglichkeit der Wahrheit entsprach, so unglaublich sie auch klingen mochte. Im Foyer des Hotels angekommen hatte sich bereits einer Gruppe schwarzgekleideter Männer zu ihrem Empfang eingefunden. Die Männer stellten sich als Vertreter des Ägyptischen Instituts vor, aber Larissa erkannte sie sofort. Sie entsprachen genau demselben Strickmuster wie die Kerle, die sie in Brasilien abgehängt hatte.

Leider war sie zu dem Zeitpunkt immer noch zu verwirrt und geschwächt gewesen, um ernsthaft Widerstand leisten zu können. Außerdem ergab sich hier die Gelegenheit, endlich zu einigen Antworten zu gelangen. Angst hatte sie vor den Leuten nicht. Sie hatte schon früher mit solchen Typen zu tun gehabt und war bisher noch immer als Sieger (oder wenigstens als Teilsieger) aus diesen Begegnungen hervorgegangen. Im Gegensatz zu dem, was sich bis dahin bereits zugetragen hatte, waren sie ihr als geradezu harmlos erschienen.

Inzwischen war sie sich da nicht mehr so sicher. Ihre Häscher schienen über erstaunliche Geldmittel zu verfügen. Schließlich kostete es schon eine ganze Stange Geld, einen Privatjet für einen Direktflug von Kairo nach San Francisco zu mieten - ganz zu schweigen davon, sämtliche Sicherheitsbestimmungen zu umgehen, denn die Leute an Bord waren besser bewaffnet als ein ganzes Bataillon.

Zak hatte sich erst geweigert, mitzukommen, und in der typisch weinerlichen Haltung, die sie schon bei ihm vermutet hatte, darauf bestanden, nichts mit ihr zu tun zu haben. Dann hatte sich jedoch herausgestellt, dass die Männer in erster Linie an ihm interessiert waren - was selbst Larrissa überraschte.

Weder Flucht noch Kampf stellten eine vernünftige Alternative dar, also befanden sie sich nun an Bord des Fliegers Richtung San Francisco. Dort würden sie hoffentlich einige Antworten erhalten. Und vielleicht auch eine Möglichkeit zur Flucht.

Zak sah nachdenklich zu ihr herüber.

"Was gibt es da zu glotzen?", fragte sie etwas brüsker als beabsichtigt.

"Ich habe mich gerade gefragt, was eine junge, attraktive Frau wie du ..."

"Ha!", unterbrach sie ihn, "Erspar mir bitte dieses Gewäsch! Wir leben nicht mehr im Mittelalter. Meine Eltern waren Weltenbummler und schon als Kind habe ich die ganze Welt kennen gelernt. Und bei diesem Leben bin ich im großen und ganzen geblieben. Dass man dabei auch die Bekanntschaft der düsteren Elemente unserer Gesellschaft macht, dürfte nahe liegen."

"Interessant ..."

"Komm bloß nicht auf den Gedanken, eine Story über mich zu schreiben!"

"Hm ...", seinem enttäuschten Gesichtsausdruck nach zu schätzen hatte er genau darüber nachgedacht.

"Vergiß es, okay? Ich habe kein Interesse an Publicity."

"Okay. Aber es würde mich auch persönlich interessieren. So von Mensch zu Mensch. Schließlich sind wir zusammen in diese Sache geraten und müssen auch zusammen damit fertig werden."

"Vergiß es. Du hast ja keine Ahnung, worauf du dich da einlässt. Ich arbeite am besten allein."

"Ich würde aber gerne mit dir zusammen arbeiten."

"Das hältst du eh keine Woche durch", sie beugte sich zu ihm vor, "Ich werde dir ein Geheimnis anvertrauen: Ich kann Männer nicht ausstehen. Und das lasse ich sie auch spüren."

Zak runzelte die Stirn: "Also, ich bin nicht einer von denen."

"Glaub mir. Die meisten Männer fangen an, mich zu verabscheuen, nachdem sie eine Weile mit mir zusammen waren."

"Das ist bei mir anders. Ich hab ein dickes Fell."

"Ach wirklich? Dann mach mir ein Kompliment."

"Ich mag blonde Haare."

"Ich auch. Deshalb habe ich meine ja auch blond gefärbt."

"Oh."

"Gewöhn dich besser gar nicht erst daran. Ich ändere meinen Geschmack, was die Haarfarbe anbelangt, öfter als einige Leute ihre Kleidung."

"Was ist mit deinem Geschmack bezüglich Leuten?"

"Wie meinst du das?"

"Naja, diese Leute hier. Die scheinen dir nicht unbekannt zu sein. Hast du schon mal für sie gearbeitet?"

"Das nicht. Auf jeden Fall meines Wissens nach nicht. Aber so sicher kann ich da nicht sein. Manchmal bleiben meine Auftraggeber gerne im Dunkeln. So wie dieses Mal. Aber ich habe trotzdem schon etwas von ihnen gehört. Man munkelt etwas von einer uralten Bruderschaft. Freimaurer. Tempelritter. Hermetiker. Aber noch älter. Verborgener. Und mächtiger."

"Typische Verschwörungstheorien. Fehlen nur noch Area 51 und das Stargate-Projekt", erwiderte Zak zweifelnd.

"Wer kann das schon mit Sicherheit sagen? Aber bedenke was uns in den letzen paar Stunden passiert ist. Wir sind da einer großen Sache auf der Spur."

Zak nickte nur und dachte an das Amulett, das immer noch verborgen auf seiner Brust ruhte.


--- Sauerland, 25. Januar 2002, 05:00 Uhr Ortszeit ---


Das Licht der Morgendämmerung hüllte den Leseraum der alten Stadtbibliothek von Erlingen in einen matten Glanz, während die Heizung mit wenig Erfolg gegen die von draußen eindringende Kälte ankämpfte. Bis auf den Bibliothekar war der Ort leer und verlassen.

Der alte Mann ließ den Stempel auf den Einband des Buches hinabsausen, danach legte er es zu den anderen auf einen Stapel, und während er mit der einen Hand schon das nächste Buch ergriff, drückte die andere den Stempel aufs Stempelkissen. Eine Bewegung, die er über die Jahrzehnte perfektioniert hatte. Stempeln. Nächstes Buch. Stempeln. Nächstes Buch.

Er wusste, dass der erste Besucher nicht vor zehn Uhr erscheinen würde - falls überhaupt jemand kam. Wie der Bibliothekar war auch die Bibliothek ein Relikt vergangener Tage, als ein Buch noch zu den wertvollsten Schätzen der Zivilisation gehört hatte, bevor ihm Playstation und Internet seinen Platz streitig machten. Und genau so wusste er, dass dieser Ort für immer geschlossen würde, wenn er seinen Hut nahm. Einige Bücher würden versteigert werden, andere würden einfach auf dem Müll geworfen. Man würde die Regale herausreißen und die Räumlichkeiten in etwas gewinnträchtigeres verwandeln - einen Schnellimbiß vielleicht ...

Und genau deshalb würde er auch niemals freiwillig gehen. Bis an sein Lebensende würde er diesen Ort - so theatralisch es auch klingen mochte - mit seinem Leben verteidigen.

Er schreckte aus seinen düsteren Gedanken hoch, als er die Gestalt bemerkte. Wie lange sich der Fremde bereits im Raum befand, konnte er nicht sagen. Er sah irgendwie arabisch aus. Etwa ein Terrorist, der die letzte Bastion der Zivilisation zerstören wollte? Nicht doch! Er wischte den Gedanken beiseite. Wurde er etwa tatsächlich langsam verschroben? Wenn er ehrlich war, gab es keinen einzigen vernünftigen Grund warum sich irgendjemand für die Stadtbibliothek Erlingen interessieren sollte.

Der Araber hielt ein kleines, metallisch glitzerndes Gerät in der Hand, in das er (auf Arabisch?) hineinsprach. Während sich der Bibliothekar noch wunderte, was es damit wohl auf sich hatte, begann der Apparat plötzlich deutlich verständliche Worte von sich zu geben.

"Guten Tag, mein Name ist Altean."

Fasziniert starrte der Bibliothekar auf das Gerät. Offensichtlich ein Apparat zur Übersetzung von Sprachen. Erstaunlich, was die Japaner inzwischen alles zustande brachten!

Der Fremde drehte an einigen Knöpfen und sprach dann erneut. Wieder begann der Apparat prompt mit der Übersetzung: "Können Sie mich verstehen?"

"Ja ... ja. Natürlich. Verzeihen Sie, wie unhöfflich von mir. Mein Name ist Schmidt. Karl Schmidt. Ich ... äh ... leite diese Bibliothek. Was kann ich für sie tun?"

Wieder trat das Gerät in Aktion und dann: "Ich suche Sprachlexika verschiedener Sprachen. Und danach vielleicht einige Geschichtsbücher und technische Handbücher."

"Natürlich. Eigentlich brauchen Sie erstmal einen Bibliotheksausweis, aber dafür brauchen wir einen Computer, und so etwas modernes haben wir hier nicht. Kommen Sie einfach mit, ich zeig Ihnen wo die Bücher stehen."

Vielleicht würde das ja doch ein ganz interessanter Tag werden.


--- SGC Cheyenne Mountain, 26. Januar 2002, 00:10 Uhr Ortszeit ---


Dr. Janet Fraiser wischte sich die blutbesudelten Handschuhe an ihrem Kittel ab und ließ ihren Blick über das Not-OP schweifen, das auf Ebene 18 eingerichtet worden war. Die eigentliche Krankenstation lag in Trümmern, ebenso wie die meisten Räume unterhalb der zwanzigsten Ebene. Die Kämpfe waren heftig gewesen, davon zeugten nicht zuletzt die mehr als dreißig Verletzten und Schwerverletzten, die auf behelfsmäßigen Baren im ganzen Raum verteilt lagen. Gerade einmal zwei ausgebildete Sanitäter, dazu vier zwangsrekrutierte Helfer, standen Doktor Fraiser zur Verfügung.

Die Kämpfe waren heftig gewesen. ‚Oh ja, das waren sie', dachte Janet traurig, und musste an den Raum nebenan denken. Der Raum, in dem sie die Toten aufgebart hatten. Sie hatten weitaus mehr Tote als Verletzte zu beklagen. Die Fremden gingen mit einer unvorstellbaren Brutalität vor.

Es waren Maschinen. Roboter. Sie erinnerten entfernt an Jaffa in voller Rüstung, aber sie waren keine Jaffa. Sie waren weitaus schlimmer als jeder menschliche oder menschenähnliche Gegner, dem Doktor Fraiser jemals begegnet war. Sie bewegten sich mit einer katzengleichen Geschicklichkeit und kannten buchstäblich keine Gnade. Sie waren wie aus dem Nichts gekommen und schienen die Fähigkeit zu besitzen, sich nach Belieben von Ort zu Ort zu teleportieren. Allein ein Geräusch wie von zerberstendem Metall kündigte ihr Erscheinen an.

Doch die Fremden waren nicht unverwundbar und konnten schließlich - für einen viel zu hohen Blutzoll - besiegt werden. Im Moment wurde fieberhaft nach einer Möglichkeit geforscht, wie sie sich gegen einen erneuten Angriff schützen konnten. Doch das war schwierig, denn offenbar wusste niemand, wer der rätselhafte Angreifer war - selbst Teal'c und die zufällig gerade anwesende Delegation der Tok'ra tappten im Dunkeln. Bis auf weiteres war die Basis von der Außenwelt abgeschnitten, denn sie durften nicht riskieren, dass der unbekannte Feind nach außen drang. Aber konnten sie es überhaupt verhindern, wenn sich die Feinde problemlos durch jedes Hindernis teleportieren konnten?

Auch die Mitglieder von SG-1 waren mit der Untersuchung der Vorfälle betraut - zum Glück hatten sie die Attacke halbwegs unbeschadet überstanden. Im Moment versuchten sie den gewaltigen Datenmengen Herr zu werden, die sich aus dem Stargate ergossen, seitdem Sam es mit den neuen Einstellungen aktiviert hatte. Ob diese neuen Einstellungen die Metall-Monstren herbeigerufen hatten, wusste niemand mit Sicherheit zu sagen, aber die Vermutung lag natürlich nahe. Eine Re-Initialisierung der alten Einstellungen war leider nicht mehr möglich, weil auch der Anwahlcomputer der Zerstörungswut der Angreifern zum Opfer gefallen war.

Das einzige Gerät, das den Ansturm völlig unbeschadet überstanden hatte, war das Stargate selbst. Trotzdem hatte es sich verändert. Es glühte nun vor Energie und schwebte frei von allen Halterungen in der Luft. Der innere Ring befand sich in einer ununterbrochenen Kreisbewegung, die so schnell war, dass man die einzelnen Symbole nicht mehr erkennen konnte. Und es spuckte astronomisch hohe Datenmengen aus! Bei der Sprache, in der diese Daten verfasst waren, handelte es sich offensichtlich um die ausgestorbene Sprache der Antiker, von der einige Elemente auch im Lateinischen auftauchten.

Aber es war kein Latein, soviel hatten sie inzwischen leidvoll herausgefunden. Die Sprache war weitaus komplizierter und enthielt Begriffe, die den alten Römern niemals in den Sinn gekommen wären. Doch zum Glück standen ihnen zwei hervorragende Experten dieser alten Sprache zur Verfügung: Jack und Teal'c. Die beiden hatten sich während des Zeitschleifen-Vorfalls ausgiebig mit der Sprache beschäftigt und sprachen sie fast fließend. Womit nur noch das Problem der enormen Text-Menge blieb. Immerhin hatten sie inzwischen den Namen ihres neuen Feindes herausgefunden: Sentinels, was im Lateinischen soviel wie "Wächter" bedeutete. Die Aufgabe der Sentinels schien es zu sein, eine unbefugte Nutzung des Stargates zu verhindern. Ob es noch mehr von diesen Kampfrobotern gab und wo genau sie herkamen, hatte bis jetzt leider noch niemand herausgefunden.

Währenddessen untersuchte Sam die Überreste der zerstörten Sentinels, um hinter das Geheimnis der Teleport-Fähigkeit zu gelangen. Janet würde ihr dabei später zur Hand gehen, sobald sie ihre Arbeit hier beendet hatte. Und sich dann, sehr viel später - falls sie dann noch am Leben war -, vielleicht etwas Schlaf gönnen. Und die Verstorbenen betrauern.


--- Stadtbibliothek Erlingen, Sauerland, 26. Januar 2002, 15:00 Uhr Ortszeit ---


Altean lehnte sich zurück und streckte seine schmerzenden Nackenmuskeln. Wie überaus empfindlich dieser Körper doch war! Er würde achtgeben müssen, dass er ihn nicht überanstrengte.

Innerhalb der letzten zehn Stunden hatte er an die hundert Bücher gelesen und das enthaltene Wissen ohne den geringsten Datenverlust in seinem Symbionten-Gedächtnis gespeichert. Als erstes hatte er die Sprache gelernt, in der die Bücher verfaßt waren. Danach hatte er sich die zehn gebräuchlichsten Sprachen dieser Welt verinnerlicht. Es folgte eine grobe Zusammenfassung der menschlichen Geschichte, die ihm leider keine genaueren Hinweise auf seine ehemalige Heimat lieferte. Nichts als wilde Gerüchte, Sagen und Mythen. Tief verborgen unter den gewaltigen Wassermassen des atlantischen Ozeans lag Atlantis. Würde er es jemals wiederfinden?

Er schüttelte den Anflug von Sehnsucht ab und nahm sich die technischen Handbücher vor. Erstaunlich, was die Menschen in der kurzen Zeit ganz ohne fremde Hilfe zustande gebracht hatten! Primitiv, aber doch erstaunlich.

Schließlich klappte er das letzte Buch zu und wandte sich dem Bibliothekar zu, der ihn den ganzen Tag über verstohlen beobachtet aber ansonsten nicht gestört hatte: "Karl. Es tut mir leid, dass ich mich Ihnen gegenüber so kurzangebunden verhalten habe, doch bin ich in großer Eile. Eines sollen Sie jedoch wissen: dieser Ort, an dem wir uns befinden, ist ein Hort alten Wissens, seit Jahrtausenden schon. Deshalb bin ich hierher gekommen."

Karl nickte. Offenbar kannte er die alten Sagen.

"Ich werde Ihnen gerne später mehr davon erzählen, wenn ich etwas mehr Zeit habe", fuhr Altean fort.

"Sie sind hier immer herzlich willkommen."

"Werden Sie mich verraten?", fragte Altean.

"Es wird nie jemand erfahren, dass Sie heute hier waren."

Ein Blick in die Augen des alten Mannes verriet Altean, dass er es absolut ernst meinte. Mochte nach all diesen Jahrhunderten noch ein Tröpfchen vom Blut der alten Wächter des Wissens erhalten sein, die einst über diesen Ort herrschten? Fast schien es so. Altean lächelte: "Gut, dann werde ich gerne wieder hierher zurückkommen. Später einmal."


--- San Francisco, 26. Januar 2002, 08:00 Uhr Ortszeit ---


Zak zeigte sich beeindruckt, während Larrissa ihr unbewegliches Pokerface aufrecht erhielt. Direkt nach ihrer Landung waren sie von einer Luxuslimousine abgeholt und zu einem Anwesen außerhalb von San Franscisco gefahren worden. Überall standen Wachen. Von hier zu fliehen würde sich als äußerst schwierig herausstellen.

Doch an eine Flucht dachte Zak ohnehin nicht mehr, als er die Gestalt erkannte, die sie in einem kostbar eingerichteten Büro im Innern des Anwesens empfing.

"Tante Catherine!"

"Mein lieber Junge!"

Die Begrüßung fiel sehr herzlich aus und selbst Larrissa zeigte sich etwas entspannter. Nach dem die üblichen netten Worte ausgetauscht waren, befahl die alte Dame den Wächtern, sich zurückzuziehen und deutete Zak und Larrissa an, in gemütlichen Sesseln Platz zu nehmen.

"Du hast sicher eine Menge Fragen auf dem Herzen, Zacharias."

"Allerdings. Wo befinden wir uns hier? Wer sind diese Leute? Was ...?"

Sie deutete ihm zu schweigen: "Das ist eine lange Geschichte." Sie seufzte laut. "Eine wirklich lange Geschichte. Aber laßt mich bitte am Anfang beginnen. Zunächst jedoch", wandte sie sich an Zak, "muß ich wissen, ob du das Amulett, dass ich dir geschenkt habe, noch bei dir trägst."

"Ich habe es keinen einzigen Tag aus den Augen gelassen." Zak zog das Schmuckstück hervor. Als Catherine es erblickte, huschten viele verschiedene Gefühle über ihr Gesicht. Offensichtlich hatte dieses Amulett in ihrem Leben bereits eine wichtige Rolle gespielt.

"Bitte steck es wieder weg, mein Junge. Ich weiß dass es gut bei dir aufgehoben ist. Es gab schon vorher jemanden, dem ich es überlassen habe, und du erinnerst mich in vielerlei Hinsicht an ihn. Das Amulett wird zweifellos noch eine große Rolle spielen. Trage es immer bei dir, aber lasse niemanden wissen dass du es besitzt."

"Hey, mir hast du es die ganze Zeit über nicht gezeigt!", sagte Larrissa mit gespielter Entrüstung.

"Sehr gut." Catherine lächelte. "Doch nun laßt mich erzählen ..."

Und dann erzählte Sie ihnen ihre ganze Geschichte - vom Stargate, das ihr Vater bei Ausgrabungen in Gizeh entdeckt hatte, von der ersten Mission, bei der Daniel Jackson mit Hilfe von Jack O'Neill und seinen Leuten den Goa'uld-Herrscher Ra vernichtete, vom neugegründeten Stargate-Zentrum, das den Kampf gegen die Goa'uld - allen voran Apophis, den Erzfeind der Menschheit - fortsetzt, und auch von ihrer eigenen Reise durch das Stargate, um ihren lange verschollenen Verlobten Ernest Littlefield zu retten. Auch das Ringtransporter-System erwähnte sie, sowie ihre Vermutung, dass Larrissa durch ein solches vom brasilianischen Dschungel nach Ägypten gereist sei (Zak konnte sich zwar nicht an Ringe erinnern, die aus dem Boden oder der Decke hervorgeschossen kamen, aber er schwieg).

Danach berichtete sie ihnen von der Bruderschaft vom Auge Ras:

"Das 43. Jahrhundert vor Christi Geburt war vom Kampf der Menschen gegen ihre Unterdrücker, die Goa'uld, geprägt. Wie lange die Goa'uld uns bis dahin schon geknechtet hatten, ist für immer in den Abgründen der Geschichte verloren gegangen. In jenem Jahrhundert jedoch erhielt der Kampf Unterstützung durch einige außergewöhnliche Personen, die nicht nur den Mut hatten, es mit den falschen Göttern aufzunehmen, sondern auch geschickt genug waren, deren Technologie gegen sie zu wenden. Das war die Geburt der Bruderschaft. Die Mitglieder der Bruderschaft lernten den Umgang mit der Goa'uld-Technologie und einige von ihnen setzten sich sogar der Gefahr einer kurzzeitigen Beherrschung durch einen Goa'uld aus, um ihrem Körper das Naquada zuzuführen, dass für die Beherrschung der meisten Goa'uld-Apparate erforderlich ist.

Es war ein langer und blutiger Kampf, der auf beiden Seiten viele Opfer forderte, und über den in den Schriftrollen der Altvorderen berichtet wird. Schließlich gelang es der Bruderschaft, denn mächtigsten Goa'uld, der sich selbst Ra nannte, von der Erde zu vertreiben und das irdische Stargate zu versiegeln. An diesen Sieg schloß sich ein langer Zermürbungskrieg gegen die verbliebenen Streitkräfte der Goa'uld an, der über mehrere Generationen andauerte und schließlich mit der vollständigen Ausrottung der Goa'uld und ihrer Kultur endete. Ihre Namen finden sich noch heute in unseren Geschichtsbüchern, doch alle anderen Einflüsse auf unsere Gesellschaft, selbst ihre technischen Errungenschaften, wurden von der Bruderschaft ausradiert, damit nie wieder ein Goa'uld über die Menschen regieren würde.

Diese vollständige Kampagne des Vergessens schloß natürlich auch die Bruderschaft selbst ein, und so verschwand sie aus dem Licht und führte ihre Existenz als eine geheime Gesellschaft fort, die für immer ihren alten Traditionen verpflichtet blieb. Noch Jahrhunderte später wurden Überreste der Goa'uld und ihrer Kultur aufgespürt und von der Bruderschaft ausgemerzt. Nicht alle Taten der Bruderschaft waren von Mitleid gekennzeichnet, doch sie alle dienten letztlich einem höheren Ziel.

Und so ist es noch heute. Die Bruderschaft rekrutiert sich auf der einen Seite aus Söldnern, die nicht viel wissen, was sie preisgeben könnten, und die uns bei der Verfolgung unserer Ziele als Muskeln dienen, und zum anderen aus einem kleinen Kreis von Eingeweihten. Zu diesem Kreis aus Auserwählten gehört ihr nun ebenfalls.

Aber ich möchte euch nichts vormachen. Die Bruderschaft ist innerlich zerrissen. Die Traditionalisten sind der Meinung, dass die jüngsten Ereignisse deutlich zeigen, dass die amerikanische Regierung durch ihre verantwortungslose Nutzung des Stargates unseren Untergang heraufbeschwören wird, wenn man ihr keinen Einhalt gebietet. Sie setzen alles daran, das Stargate wieder zu schließen und für alle Zeiten zu vergraben. Ich jedoch bin anderer Ansicht. Bevor ich der Bruderschaft beitrat, hatte ich Gelegenheit, die Leute kennenzulernen, die mit dem Stargate-Projekt betraut sind. Das sind sehr fähige Leute.

Die Menschheit ist soweit, den Sprung zu den Sternen zu wagen und ihr Recht als galaktisches Volk einzufordern. Im Laufe der letzten Jahre wurden die Goa'uld schon mehrmals angegriffen und empfindlich geschlagen. Und wir haben Verbündete dort draußen. Ich finde, wir sollten das Wagnis eingehen. Und ich bin mit dieser Meinung innerhalb der Bruderschaft nicht allein. Dennoch muß ich meine Absichten geheim halten.

Und nun ist es zu einem Ereignis gekommen, das die ganze Angelegenheit verkompliziert, den Kampf innerhalb der Bruderschaft aber sehr wohl für die eine oder andere Seite entscheiden könnte. Das Stargate-Netzwerk hat eine unerwartete Veränderung erfahren, deren Folgen noch nicht abzusehen sind. Darüber hinaus regt sich etwas in den Ruinen des Altertums, die über den ganzen Globus verstreut liegen. Wir haben viele Mitarbeiter verloren, und die Überlebenden berichten von schrecklichen Roboterwesen. Ihr wißt wovon ich spreche."

Zak nickte, Larrissa schüttelte den Kopf.

"Und hier kommt ihr beide ins Spiel. Ihr seid nicht nur durch Zufall in diese Sache hineingezogen worden. Da ist auch noch eine andere Macht im Spiel. Was diese Macht noch für Überraschungen bereit hält, weiß ich nicht zu sagen.

Ich möchte, dass ihr dieser Sache auf den Grund geht. Klopft einfach ein bißchen auf den Busch. Steckt eure Nasen überall hinein. Ich übernehme eure Spesen und werde mich ansonsten nicht einmischen. Wenn ihr etwas wichtiges herausfindet, das meiner Sache dienlich ist, setzt ihr euch mit mir in Verbindung, und wenn ich etwas wichtiges herausfinde, verständige ich euch.

Ihr müßt natürlich im Geheimen operieren. Das bedeutet vor allem, Zak, dass du keinen Bericht über diese Geschehnisse veröffentlichen darfst. Zumindestens nicht, bis diese Sache entschieden ist - auf die eine oder andere Weise."

Zak nickte zustimmend: "Das ist überhaupt kein Problem. Was interessiert mich ein lausiges Reporter-Honorar heute, wenn ich in ein paar Jahren den Pulitzerpreis gewinnen kann?"

"Mach keine Scherze darüber, Zacharias!", erwiderte Catherine scharf. "Es geht hier um mehr als eine nur eine exotische Reportage. Es kann sehr gut sein, dass in den nächsten Tagen und Monaten das Schicksal der Menscheit entschieden wird. Und es kann sehr gut sein, dass ihr dabei eine große Rolle spielen werdet. Also widme dich dieser Sache bitte mit dem nötigen Ernst!"

"Ja, Tante Catherine."

"Werdet ihr mein Angebot annehmen?"

"Das ist doch überhaupt keine Frage!", sagte Larrissa. "Natürlich nehmen wir das Angebot an. Schließlich ist das genau das was wir ohnehin vorhaben."

"Sehr schön", sagte Catherine, "dann ist es also abgemacht. Der erste Hinweis befindet sich auf den Osterinseln. Die dortige Regierung hat alle unsere Agenten aufgespürt und eliminiert, und im Moment weiß niemand, was dort vor sich geht. Aber wenn ihr euch als als Touristen getarnt dorthin begebt, werdet ihr sicherlich einige interessante Tatsachen zu Tage fördern."

"Ich müßte vorher in meine Wohnung und ein paar Dinge sortieren", sagte Zak.

"Gut. Ich werde euch die Flugtickets und zwei Kreditkarten dorthin schicken lassen."

***

Nachdem die beiden gegangen waren, trat Colonel Simmons hinter dem Wandvorhang hervor, hinter dem er die ganze Zeit gelauscht hatte. Catherine lächelte ihn an: "Ich denke, ich habe die beiden zu glühenden Verehrern der Bruderschaft bekehrt."

"Sehr gut gemacht", lobte Simmons. "Aber ich weiß nicht ob es das Klügste ist, ihn mit dem Amulett davonziehen zu lassen, wenn es so mächtig ist."

Catherine lachte. Es war ein hässliches Lachen, wie das Knistern von altem Pergament: "Das Amulett ist nur wertloser Tand. Ein Schmuckstück aus einem seltenen Material, nichts weiter. Aber wenn es meinem Neffen das Gefühl gibt, etwas besonderes zu sein, dann erfüllt es seine Aufgabe ganz vorzüglich, finden Sie nicht?"

"Sie sind eine widerwärtige, intrigante Schlange," bemerkte Simmons.

"Ich nehme das mal als Kompliment," erwiderte Catherine.

"So war es gedacht. Und nun lassen Sie uns unsere nächsten Schritte planen. Wir müssen immer noch in den Besitz dieser verfluchten Büchse gelangen."


--- San Francisco, 26. Januar 2002, 16:00 Uhr Ortszeit ---


Zaks Wohnung lag in der Innenstadt. Angewidert blickte Larrissa auf die geballte Unordnung herab. Überall lagen Bücher, Zeitschriften, Essenreste, gebrauchte Kleidungsstücke und noch weitaus widerwärtigere Dinge herum. Über dem Ganzen lag ein muffiger Gestank und Larrissa meinte sogar einige Insekten gesehen zu haben, die sich eilig in die dunkleren Ecken der Wohnung zurückzogen, als Zak das Licht einschaltete. Auf der Skala der schlimmsten Junggesellenwohnungen würde dieses Prachtexemplar locker neun von zehn möglichen Punkten erhalten!

"Äh, anscheinend ist eingebrochen worden", log Zak. Larrissa glaubte ihm kein Wort.

Vorsichtig bewegte sie sich durch die Unordnung und setzte sich auf einen freien Platz des Sofas. Selbst der uralte, verfallene und mit Ungeziefer verseuchte Azteken-Tempel war einladender gewesen. Im Moment beschäftigten sie jedoch andere Sorgen.

"Bist du dir sicher dass wir ihr vertrauen können?"

"Wem? Tante Catherine?"

"Ja."

"Absolut!" sagte Zak mit felsenfester Überzeugung. "Du kennst sie nicht so gut wie ich sie kenne. Sie meint es ehrlich. Und in mir hat sie immer so etwas wie einen Sohn gesehen. Sie würde mich niemals anlügen."

"Und doch wußtest du bis heute nicht, in welche geheimen Machenschaften sie verstrickt ist."

Zak zögerte. "Das nicht ... aber sie ..."

Ein Klingeln an der Tür unterbrach ihn.

"Wer könnte das sein?"

"Weiß jemand dass wir hier sind?"

"Außer der Bruderschaft? Ich glaube niemand."

Vorsichtig näherte sich Zak der Tür, während Larrissa nach der erstbesten Waffe griff: ein gefülltes Goldfischglas.

"Es ist ein Mann in einem Geschäftsanzug", sagte Zak, nachdem er durch das Guckloch geschaut hatte. "Hab ich noch nie gesehen."

"Öffne die Tür!", sagte Larrissa mit ruhiger Stimme und Zak gehorchte.

Im Türrahmen stand ... Tanith!

Larrissa zögerte keine Sekunde, sondern warf das Goldfischglas zielgenau und mit maximaler Wucht. Jeder normale Mensch wäre vor Schreck erstarrt oder erschrocken aus dem Weg gesprungen, doch der Fremde, der wie Tanith aussah, griff blitzschnell nach dem Glas und fing es mit einer Leichtigkeit aus der Luft, als hätte man ihm eine Orange zugeworfen.

"Susi!", rief Zak entsetzt und eilte auf das Goldfischglas zu. Der Fremde überreichte es ihm unversehrt. Mit einem bösen Blick in Richtung Larrissa brachte es Zak in Sicherheit und redete dabei beruhigend auf den völlig verstörten Goldfisch ein.

"Können wir bitte alle die Ruhe bewahren und davon absehen, Haustiere durch die Gegend zu werfen?", fragte der Fremde.

"Tanith!", erwiderte Larrissa, "warum sollte ich mich dir gegenüber freundlich verhalten?"

"Weil ich auf eurer Seite stehe. Zunächst einmal: ich bin nicht Tanith."

"Versuch nicht uns zu täuschen. Wir kennen die Wahrheit über dich und deine Freunde. Du bist Tanith, ein Goa'uld und Feind der Menschheit."

"Mein Name lautet Altean. Ich habe diesen Körper von Tanith genommen."

"Und deshalb sollen wir dir vertrauen?"

Tanith/Altean verzog mißmutig das Gesicht: "Ich erwarte gar nicht dass du mir vertraust. Oder der da." Er deutete auf Zak, der immer noch dem Goldfisch gut zuredete.

"Was willst du dann?" Larrissas Stimme hatte einen eisigen Beiklang angenommen. Sie erinnerte sich plötzlich daran, dass sie diesem Kerl noch eine zerbrochene Kniescheibe schuldig war.

"Ich möchte euch vor euren augenblicklichen Verbündeten warnen."

"Der Bruderschaft?", fragte Zak. Larrissa sah ihn ärgerlich an.

Er nickte. "Der Bruderschaft vom Auge Ras. Ganz genau. Was glaubst du warum ich dich so einfach aufgespürt habe?"

"Überrasch mich!", sagte Larrissa.

"Weil in deiner Kleidung insgesamt acht Wanzen verborgen sind, die von der Bruderschaft stammen."

Für einen Moment war Larrissa perplex, aber sie fing sich schnell wieder: "Woher soll ich wissen dass die Wanzen nicht in Wirklichkeit von dir stammen?"

"Weil die Wanzen von der Bruderschaft abgehört werden und jeden Augenblick ..."

Der Rest von Alteans Worten ging in lautem Maschinengewehrfeuer unter. Die drei warfen sich zu Boden, während rings um sie herum die Wohnung in Stücke geschossen wurde. Zak hielt seine Hände schützend über das Goldfischglas.

"Wer ist das?!?", rief Larrissa über den Lärm hinweg.

"Die Bruderschaft", erwiderte Altean. "Anscheinend will man kein Risiko eingehen!"

"Aber warum sollten sie uns beschießen?" Larrissa duckte sich noch etwas tiefer, als die Schreibtischlampe neben ihr vom Kugelhagel zerfetzt wurde.

"Die sind hinter mir her!"

"Aber wir sind mit ihnen verbündet!"

"Ihr seid denen völlig egal. Die wollen mich. Um jeden Preis. Und jetzt wo ich euch verraten habe, dass ihr nur Bauern in ihrem Spiel darstellt, seid ihr für sie auch nicht mehr von Nutzen."

"Es kann trotzdem alles eine Lüge sein!", rief Larrissa. "Was hindert mich daran, mich denen zu ergeben und dich auszuliefern?"

"Bitteschön", erwiderte Altean gelassen und wurde von einer weiteren Salve unterbrochen, die den Putz von den Wänden fetzte. "Wenn du das Risiko eingehen willst."

Larrissa traf eine Entscheidung: "Okay, hast du einen Weg, wie du uns hier herausbringen kannst?"

Altean überlegte kurz. "Ja, habe ich. Habt ihr eine Mikrowelle hier?"

Als die Söldner der Bruderschaft zwei Minuten später in die Wohnung stürmten, fanden sie nur noch einen verbrannten Fleck an der Wand vor.


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