Undecisive by anja25ive
Summary: Michael ist zurück auf Atlantis und egal wie sehr Teyla versucht ihn als das zu sehen, was er ist, umso weniger gelingt es ihr…
Categories: Stargate Atlantis Characters: Michael, Teyla Emmagan
Genre: Oneshot, Vignette
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 2311 Read: 2830 Published: 19.12.10 Updated: 19.12.10
Story Notes:
Author's Note: Nachdem ich angefangen hatte die 3. Staffel noch einmal zusehen, setzte sich der Gedanke in mir fest, dass Teyla und Michael etwas mehr verbindet. Nachdem ich wie immer diesen Gedanken nicht losgeworden bin, entstand irgendwann das. (Allerdings mit einem etwas anderen Ausgang.)

Spoiler: 2.18 Michael, 3.01 No Man's Land







1. Undecisive by anja25ive

Undecisive by anja25ive
Es kam mir wie Stunden vor, wie eine Ewigkeit, die ich bereits hier stand und ihn beobachtete. Ihn, den Wraith, der uns geholfen hatte, das Wraith-Schiff zu erledigen. Ihn, den wir Michael getauft hatten, nachdem wir ihn in einen Menschen verwandelt hatten. Ihn, der mir seit geraumer Zeit nicht mehr aus dem Kopf ging. Ich konnte es mir selbst nicht erklären. Er war ein Wraith. Er war gefährlich. Er würde mich töten, wenn der Hunger in ihm brannte und das Bedürfnis sich zu nähren so stark war, dass er keine andere Wahl hatte. Er gehörte zu denen, die mein Volk und meine Familie getötet hatten, die dafür gesorgt hatten, dass Freiheit ein kostbares Gut geworden war. Angst und Schrecken hatten sie verbreitet. Sie waren skrupellos, nur darauf bedacht sich um ihre eigenen Bedürfnisse zu kümmern.
Egal wie oft ich mir Dinge ins Gedächtnis rief, egal wie oft ich an das Leid dachte, es noch immer in meinem Inneren spürte, es änderte nichts an der Tatsache, dass ich weiterhin hier stand und ihn beobachtete. Einfach abwenden. Einfach vergessen, was er gesagt hatte. Es klang so einfach. Doch ich bewegte mich keinen Zentimeter, blieb weiterhin hier stehen und sah ihm zu, wie er unruhig auf und ab ging. Er hatte nicht vergessen, was das letzte Mal mit ihm geschehen war, was wir das letzte Mal getan hatten, um zu verhindern, dass ganze Völker weiter unter den Wraith leiden müssten. Ich hatte meine Zustimmung gegeben, keine Zweifel an der Richtigkeit dieses Mittels gehabt. Es bedeutete so viel, es stand so viel Freiheit auf dem Spiel, es bedeutete ein Leben ohne Angst. Doch seine wenigen Worte, seine Anwesenheit ließen mich plötzlich daran zweifeln. Plötzlich stellte ich die Entscheidung, die wir alle getroffen hatten, in Frage. War es richtig, zu ändern was er war? War es richtig, ihm seine Vergangenheit zu nehmen? War es richtig, ihm ein anderes Leben aufzuzwingen, ohne sein Einverständnis?
Für einen Augenblick schloss ich die Augen und versuchte diese Zweifel zu verdrängen, weil ich sie nicht haben musste. Jahrelang hatte mein Volk unter den Wraith gelitten. Sie hatten verhindert, dass man auf natürliche Weise auf die andere Seite hinüber ging. So viele meines Volkes mussten einen qualvollen Tod sterben. So viele meines Volkes wurden nicht gefragt, ob sie bereit waren ihr Leben zu opfern. Sie hatten es einfach genommen - skrupellos, gierig, ohne Mitleid. Sollte ich jetzt Mitleid haben? Sollte ich all das vergessen, was meinem Volk, was ich und meine Familie erlitten hatten, nur weil er ein paar Dinge zu mir gesagt hatte, die ich jetzt nicht mehr vergessen konnte?
"Ein Wraith zu sein ist keine Krankheit."
Immer wieder hallte dieser Satz durch meinen Kopf, immer wieder drängten sich diese Worte auf und immer wieder sah ich zu Michael, fragte mich, ob wir wirklich das Recht hatten ihm das zu nehmen, was er war. Niemand hatte ihn gefragt, welcher Rasse er angehören wollte. Das Schicksal hatte es für ihn entschieden. Er war als Wraith geboren und egal wie viel menschliche Gene er in sich trug, konnte man so einfach über das Dasein eines Lebewesens bestimmen? Aber er war ein Wraith, er tötete Menschen. War das nicht Grund genug diese Entscheidung für ihn zu übernehmen? War das nicht Grund genug, wenn man damit Millionen von Menschen retten konnte?
Ich wusste nicht mehr, was ich denken sollte. Vor ein paar Minuten hatte ich noch einen klaren Gedanken, wusste, dass es nur einen Weg gab, um ihn zu retten. Für die Wraith war er ein Verräter, niemals würden sie ihn wieder in ihre Gemeinschaft aufnehmen. Aber als Mensch würde er für die, die es wussten, immer ein Wraith sein. Jemand, dem man nicht vertrauen konnte, jemand, von dem man jeden Moment erwartete, dass er wieder das war, was er einst gewesen war, was in seinen Genen lag.
Mitgefühl. Egal wie sehr ich es verdrängte, egal wie sehr ich mir all die schlechten Dinge zurück ins Gedächtnis rief, die ich mit den Wraith verband, ich konnte mich nicht von dem Gefühl befreien, dass es falsch war, was wir taten.
"Ich möchte zu ihm", kamen die Worte schließlich über meine Lippen, ich nickte den Wachen zu und betrat das Quartier, das man ihm als ‚Gefängnis' zugeteilt hatte. Man konnte ihn nicht belügen. Michael wusste, dass man ihm nicht traute, trotz der Hilfe, die er ihnen hatte zukommen lassen. Man hatte ihn hier eingesperrt, weil man sich noch nicht entschieden hatte, was man mit ihm tun sollte. Ich wusste bereits, wie die Entscheidung ausfallen würde und bis vor ein paar Minuten hätte ich sie auch noch unterstützt, doch jetzt, wo ich in der Nähe der Tür stehen blieb und für einen Augenblick den Atem anhielt, als sein Blick mich traf, wurde mir bewusst, wie stark ich plötzlich an diesem Heilmittel zweifelte.
Und plötzlich erschrak ich, als ich mich dabei ertappte, wie ich mich mit ihm auf eine Ebene stellte. Würde ich es gut heißen, wenn man mich ohne mein Wissen in etwas verwandeln würde, was ich nicht war und niemals sein würde? Ich verstand ihn, ich verstand, was er mir sagen wollte, worum er mich ohne Worte gebeten hatte.
Aber er war ein Wraith. Michael war ein Wraith. Ich trat einen Schritt näher, ohne Angst, ohne Bedenken, ohne dieses ungute Gefühl, dass mir vor ein paar Minuten noch den Rücken hinunter gelaufen war. Zum ersten Mal fragte ich mich auch, warum ich mich so unwohl gefühlt hatte in seiner Gegenwart. War es die Tatsache, dass er ein Wraith war? Oder hatte ich Schuldgefühle? Nein, Schuldgefühle gingen zu weit. Schuldgefühle gingen über das hinaus, was ich Michael gegenüber empfand. Mitgefühl. Verständnis. Aber keine Schuldgefühle. Ich bereute nicht, dass wir ihn in einen Menschen verwandelt hatten. Es geschah im Sinne der Menschheit. Wir wollten sie retten, ich wollte mein Volk retten, ihm eine Zukunft ohne Angst, in Freiheit schenken. Es war etwas Anderes. Es war die Tatsache, dass ich glaubte, dass ich mich vor ihm nicht fürchten musste. Ich wusste nicht, ob ein Wraith in der Lage war das Prinzip Freundschaft zu verstehen, ob er in der Lage war so etwas wie Freundschaft zu empfinden, aber ich glaubte, dass ich für Michael so etwas wie einem Freund am nächsten kam. Ich glaubte, dass es daran lag, dass ich ihm in der Zeit als Mensch am nächsten war. Bestand Hoffnung? Bestand Hoffnung, dass etwas von Michael, dem Menschen, noch immer in ihm war, dass es ihn verändert hatte, dass ich es spürte?
"Die Entscheidungen sind getroffen", durchbrach seine scheinbar surreale Stimme meine Gedanken. Er sah mich an, als gäbe es nichts Anderes in diesem Raum. Es sollte mich beunruhigen. Ich sollte mich umdrehen und verschwinden. Ihm dem überlassen, was man beschließen würde.
"Was habt ihr beschlossen?" Erneut drang seine Stimme in meine Ohren und erst jetzt stellte ich fest, wie nah er mir gekommen war, dass er nur den Arm ausstrecken musste und meinem Leben wäre ein Ende gesetzt. Doch ich bewegte mich keinen Zentimeter, sah ihn an und versuchte noch immer mich selbst zu verstehen, versuchte zu verstehen, was mich so verändert hatte.
"Man wird Entscheidungen treffen, die dem Wohle der Menschheit dienen", antwortete ich und ich wusste, dass es ein Argument war, welches er nicht verstehen würde.
"Mir nehmen, was ich bin?", erwiderte er und der Vorwurf in seiner Stimme war deutlich zu hören. Hatte er kein Recht auf Leben? Hatte ein Mörder das Recht zu leben? Würde Michael jemals bereuen, was er getan hatte, würde er überhaupt verstehen können, was er als Wraith tat? Antworten, die ich mir selbst nicht geben konnte. Antworten, die vielleicht nicht einmal Michael selbst wusste.
"Ihr nährt euch von Tieren. Wir ernähren uns von euch. Wir sind uns ähnlich", sprach Michael weiter, legte seinen Kopf zur Seite und sah mich scheinbar noch eindringlicher an als zuvor.
"Das ist der Kreislauf der Natur", erwiderte ich und versuchte seinem Blick noch immer standzuhalten. "Wir ernähren uns von Tieren, damit wir überleben."
"Wir nähren uns an euch, damit wir überleben. Es ist der Kreislauf der Natur", wiederholte Michael meine eigenen Worte und ich wusste, dass ich in diesem Moment gegen mich selbst argumentiert hatte. Wir stellten Tiere nicht auf eine Ebene mit uns selbst und die Wraith stellten sich nicht mit uns auf eine Ebene. Aber waren wir so verschieden? Waren wir die niederen Wesen, die die Wraith nur als Nahrung ansehen durften?
Ich sollte aufhören, mir diese Fragen zu stellen. Ich sollte aufhören, in ihm mehr zu sehen, als nur den Wraith. Er war ein Wraith. Er hatte sich nicht verändert. Er würde mich töten, wenn sich die Gelegenheit dazu ergeben würde. Aber es gelang mir nicht. Ich sah mehr in ihm, versuchte noch immer daran festzuhalten, dass er Michael war, der Mann, der mir vertraut hatte.
"Sie werden nirgendwo zu Hause sein, wenn Sie das sind, was Sie sind", versuchte ich ihm verständlich zu machen, dass das der einzige Ausweg war.
"Das was ich bin, ist keine Krankheit." Seine Stimme erhob sich, zeigte deutliche Anzeichen von Wut, als er sich ein Stück zu mir hinunterbeugte. "Ich werde immer der sein, der ich bin. Eure Äußerlichkeiten werden mich nicht verändern."
Ich sollte ihm widersprechen, sollte ihm Glauben machen, dass das sein einziger Ausweg war - ein Leben ohne Vergangenheit, ein Leben mit einer Identität, die man ihm gegeben hatte, die man ihm aufgezwungen hatte, weil man ihm als Wraith keine andere Wahl ließ. Doch ich erkannte, dass in seinen Worten Wahrheit lag, dass wir uns zu einer höheren Macht aufspielten und darüber entschieden, wer ein Recht auf Existenz hatte und wer nicht. Aber es fiel so schwer, es sich einzugestehen. Es fiel so schwer, über all die Dinge hinwegzusehen, die in der Vergangenheit geschehen waren. Die Narben, die so schwer verheilt waren, zu vergessen. Sie saßen tief. Manchmal glaubte ich, dass ich sie bereits seit meiner Geburt besaß. Es waren Narben, die seinesgleichen hinterlassen hatten. Wie konnte ich jetzt hier stehen und ihn verstehen? Wie konnte ich hier stehen und alles in Frage stellen, was wir bis jetzt getan hatten?
Es war so falsch und dennoch fühlte es sich richtig an. Er war noch immer ein Wraith und das stand über allem. Das sollte die Entscheidung, für die ich ebenfalls gestimmt hatte, nicht in Frage stellen. Aber ich hatte Zweifel, ich war plötzlich so unentschlossen. Wusste nicht mehr, ob ich das unterstützen sollte, an das ich so fest geglaubt hatte.
"Wir schützen nur das Leben von vielen", sagte ich und wusste im selben Moment, als meine Worte verklungen waren, dass es meiner Stimme an Kraft fehlte. Wie konnte ich sie überzeugend vermitteln, wenn ich es selbst nicht mehr war? Ich fühlte mich gefangen. Ich konnte weder vor, noch zurück.
Hier stand ich nun und sah ihn an, als hoffte ich, dass er verstehen würde, dass unsere Absichten gut waren, dass wir niemanden verletzen wollten. Aber verletzten wir nicht ihn? Und wieder fragte ich mich, ob er, ein Wraith, ein Anspruch auf Rechte hatte. Rechte, die ihn schützen würden. Vielleicht war es aber auch richtig, sich vor ihm selbst zu schützen. Ich wusste es nicht und je länger ich hier stand, je länger ich vor ihm stand und ihn ansah, umso weniger fand ich eine Antwort. Wahrscheinlich würde ich sie nie finden. Ich würde sie nicht finden, weil ich erkannt hatte, dass ich Michael nicht vergessen konnte. Zuviel verband ich mittlerweile mit ihm, zuviel, das diese Zweifel niemals wegwischen würde. Dennoch war ich mir bewusst, dass ich allein und meine plötzliche Unentschlossenheit nichts daran ändern würde, was geschehen würde - was geschah, um die Menschheit vor dem sicheren Untergang zu bewahren.
Dann trat ich noch einen Schritt näher, ließ ihn näher an mich heran, als jemals zuvor. Langsam streckte ich meine Hand aus, zögerte für ein paar Momente, weil ich für einen kurzen Augenblick nicht sicher war, ob ich das Richtige tat. Aber was war schon das Richtige? Ich bemerkte, wie er mich für einen kurzen Atemzug unsicher betrachtete, wie er versuchte zu verstehen, was ich vorhatte. Ich wusste, dass es richtig war, für diesen einen Augenblick war es richtig. Sanft legte sich meine Hand um seine Wange, berührte sie, fühlte die eigenwillige Haut und dann glaubte ich, in seinem scheinbar erstauntem Blick, Michael zu erkennen. Ich lächelte kurz auf, hoffte, dass er meine Geste als das verstand, was sie bedeutete. Ich wusste, sie konnte nichts ändern, konnte nicht ungeschehen machen, was geschehen würde. Aber vielleicht gab sie ihm für einen Augenblick das Gefühl, das ich IHN verstand.
Mein Lächeln verschwand, als meine Hand die Berührung löste. Ich sah ihn einfach nur an, als meine andere Hand hinter dem Rücken hervor schoss und sich die dünne Nadel in seinen Hals bohrte. Meine Entscheidung war gefallen. Ich hatte sie über alle Zweifel hinweg getroffen, doch die Fragen waren geblieben, die leeren Antworten schwebten noch immer über mir, aber jetzt war es zu spät. Jetzt war es zu spät zu zweifeln, alles in Frage zu stellen. Jetzt hoffte ich nur noch darauf, dass er niemals die Erinnerung an seine Vergangenheit zurückerlangen würde.

THE END
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